9

Daphne hing schon seit Stunden an der Kette, als die Aktivität in der Küche des Diners langsam nachließ. In einem Zustand ständiger Angst war es schwer, die verstrichene Zeit richtig einzuschätzen, aber sie war sicher, dass es nicht später sein konnte als nachmittags. Sie nahm an, dass die Kundschaft von Mama Hunt’s vor allem ihr Frühstück und ihr Mittagessen hier einnahm. Möglicherweise würde der Betrieb noch einmal zunehmen, wenn der Abend kam, aber das schien nicht sehr wahrscheinlich. Das Summen der Unterhaltungen im Speisesaal hatte abgenommen und es wurden keine Mahlzeiten mehr zubereitet. Die meisten Küchenmitarbeiter schienen Feierabend gemacht zu haben. Diejenigen, die noch da waren, machten sauber und räumten auf. Der Tisch, auf dem die Schlachter die unglücksselige Frau mit ihren Schneidinstrumenten methodisch auseinandergenommen hatten, war jetzt blitzblank. Man hätte beinahe glauben können, dieses entsetzliche Ereignis habe gar nicht stattgefunden.

Aber es war passiert, und Daphne wusste, dass dasselbe auch ihr zustoßen würde, wenn sie nicht irgendeinen Ausweg aus ihrem Dilemma fand. Aber so, wie es aussah, musste dafür schon ein echtes Wunder geschehen.

Bald verließen die letzten noch gebliebenen Arbeiter die Küche. Der letzte schaltete die Neonlampen an der Decke aus und ließ Daphne und ihre Mitgefangenen in einer Dunkelheit zurück, die nicht vollständig war. Ein paar Energiesparlampen leuchteten über verschiedenen Kochstellen auf, als die Deckenlichter ausgingen. Daphne nahm an, dass sie dazu dienten, dass jemand, der sich nach der regulären Arbeitszeit in der Küche noch um irgendetwas kümmern musste, das tun konnte, ohne das Licht noch einmal ein- und ausschalten zu müssen. Was immer auch der Grund war, sie war froh, zumindest noch etwas sehen zu können.

Die schweren Handschellen, die man ihr angelegt hatte, scheuerten ihre Haut auf. Von Zeit zu Zeit überkam sie der Drang, ihre Unterarme anzuspannen und einen hilflosen Versuch zu unternehmen, den Reiz zu lindern. Das führte jedoch nur dazu, dass es noch schlimmer wurde. Ebenso quälend war es, so viele Stunden aufgehängt zu sein. Sämtliche Gelenke in ihren Armen und Schultern wimmerten förmlich vor Schmerz, und sie hatte keine Möglichkeit, ihn zu lindern. Ihr graute vor der Aussicht, die ganze Nacht so dahängen zu müssen. Mehrere Tage in diesem Zustand würden ihr vielleicht dauerhaft den Verstand rauben.

Aber jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte, wie sie sich aus dieser Situation befreien könnte, war das deprimierende Ergebnis, dass sie einfach keine Lösung fand. Ihr fielen einfach keine realistischen Möglichkeiten ein. Zuerst hatte sie sich noch mit Fluchtfantasien abgelenkt, die von Hollywood-Actionfilmen inspiriert waren. Die knallharten Filmheldinnen waren immer irgendwie in der Lage, auf einfallsreiche Art aus Notlagen zu entkommen. Wäre sie Michelle Rodriguez oder Milla Jovovich gewesen, hätte sie sich durch irgendeinen allen Naturgesetzen trotzenden, athletischen Kraftakt befreien können.

Die trostlose Realität ihrer Lage nahm diesen Fantasien bald ihre Anziehungskraft. Hollywoodträume waren nur etwas für Leute, die noch Hoffnung hatten, und sie hatte keine mehr. Sie hatte kaum noch genug Energie, um ihren Kopf zu drehen und ihre still und unbeweglich dahängenden Mitgefangenen anzusehen. Noch viel weniger war sie in der Lage, irgendeine Hollywood-Stuntfrau zu imitieren.

Und was dann? Willst du einfach aufgeben?

Diese herausfordernde Stimme in ihr überraschte sie. Sie hatte sich nicht mehr erhofft, als ihrem Leid zumindest für eine Weile zu entgehen. Aber natürlich wollte ein Teil von ihr immer noch überleben. Sie war ein Mensch. Etwas in ihr würde immer weiterleben wollen, egal was passierte. Bis zu diesem Moment war sie jedoch sicher gewesen, ihre Hoffnungslosigkeit habe die Oberhand über diesen Überlebensdrang gewonnen.

Sie schaute die kurvige, blonde Frau an, die neben ihr hing. »Hey … du da. Bist du wach?«

Daphne wartete.

Die Blonde gab nicht zu erkennen, ob sie sie gehört hatte. Der fette Mann links von ihr war ebenso reglos und schien von nichts Notiz zu nehmen. Entweder waren sie bewusstlos, oder sie trauten sich nicht, mit ihr zu sprechen. Daphne hatte Verständnis dafür, aber ihr wiedererwachter Selbsterhaltungstrieb nahm keine Rücksicht darauf.

Sie sprach etwas lauter. »Komm schon, Blondie, ich weiß, dass du mich hören kannst. Beantworte mir nur eine Frage. Es würde nichts bringen, wenn ich anfange zu schreien, oder?«

Nach einem langen Augenblick seufzte die Frau auf eine so erschöpfte Art, dass es herzzerreißend war. So klang das Seufzen eines Menschen, der sich vollkommen aufgegeben hatte. »Schreien wird dir nicht helfen. Das wird dich nur müde machen und dich vielleicht dein Leben kosten. Noch wichtiger, es wird vielleicht mich das Leben kosten. Also lass es, okay?«

Daphne machte ein unverbindliches Geräusch. »Wie heißt du?«

»Ist das wichtig? Wir sind sowieso schon tot, wir alle. Namen sind was für Personen. Wir sind keine mehr. Wir sind nur … Fleisch.«

»Mir ist es wichtig. Und wir sind nicht nur Fleisch.« Daphne war überrascht, wie wütend sie war. Diese Frau war nicht ihre Feindin. Aber die Heftigkeit ihres Tonfalls blieb. »Und falls du den Scheiß wirklich glauben würdest, hättest du nicht so viel Angst, wegen mir getötet zu werden. Sag mir deinen Namen.«

Ein weiteres erschöpftes Seufzen. »Ich heiße Kate.«

Daphne lächelte. »Danke. Ich bin Daphne. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich mich freue, dich zu treffen, Kate, aber …«

Kate knurrte nur. »Ja.«

Daphne nickte in Richtung des fetten Mannes, der immer noch keine Anzeichen erkennen ließ, ob er bei Bewusstsein war. »Was ist mit ihm los? Kennst du ihn?«

»Dickerchen? Nee. Und aus dem kriegst du auch nichts raus. Die haben ihm die Zunge rausgeschnitten. Ich weiß nur, dass er schon länger hier ist als ich.«

»Und wie lange ist das genau?«

»Fünf oder sechs Tage? Ich bin mir nicht sicher. Man verliert nach ’ner Weile den Überblick.«

Daphne starrte den Fetten noch etwas länger an. Sie hatte keine Ahnung, was er vor dem Unglück, das ihn hierhergebracht hatte, für ein Mensch gewesen war. Aber ihre Intuition sagte ihr, dass er einmal einen beträchtlichen Kampfgeist besessen hatte – eine Ahnung, die dadurch verstärkt wurde, dass seine Entführer sich dazu entschlossen hatten, ihm nicht nur die Zunge, sondern auch die Füße zu entfernen. Natürlich war es ebenso gut möglich, dass das seine Strafe für irgendeine mutige Tat gewesen war. Was auch immer davon stimmte, er musste irgendetwas getan haben, das die, die ihn gefangen hielten, gewaltig geärgert hatte. Und egal ob er vielleicht ein streitlustiges Arschloch war – das hier hatte er nicht verdient.

Das hier hat keiner verdient.

Während sie ihn ansah, ließ der fette Mann einen Furz los, ein lang anhaltendes, lautes Geräusch, das Daphne dazu brachte, zusammenzuzucken und sich zu wünschen, sie könne aus dem Raum laufen. Der Gestank war abscheulich. Auf den Furz folgte ein Platschen, mit dem ein Schwall Durchfall auf dem Boden unter ihm landete. Zwischen seinen Fürzen rülpste er ein paarmal und verströmte einen widerlichen Atem, der nach Tod roch. Daphne kam die Galle hoch und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Trotz dieser dramatischen Verdauungsstörungen blieb der dicke Mann bewusstlos.

Daphne würgte. »Oh, Scheiße … oh, Scheiße. Mein Gott.«

Kate lachte. »Tut mir leid. Das ist nicht witzig. Ich hätt dich warnen sollen. Das macht er manchmal.«

Daphne würgte wieder und spuckte etwas Gallenflüssigkeit aus. Die Kette, an der sie hing, verdrehte sich, während sie hin und her schaukelte. Sie stieß einen Laut aus, der nach purem Elend klang. »Oh, fuck.« Sie wimmerte. »Ich hab grad gemerkt, dass ich pissen muss.«

Kate machte ein Geräusch, das wohl Mitgefühl zum Ausdruck bringen sollte. »Sorry, aber du wirst dir ans Bein pissen müssen. Hier drin kann’s ziemlich widerlich werden, bis sie uns am Morgen sauber machen.«

»Warum machen die sich überhaupt die Mühe? Warum bringen die uns nicht gleich um?«

»Weil die nicht nur Kannibalen, sondern auch Sadisten sind. Die haben Spaß dran, uns zu foltern und zu erniedrigen.«

Daphnes ohnmächtige Wut flammte erneut auf. »Diese kranken Wichser soll der Teufel holen. Wie kommen die mit dieser Scheiße durch?«

»Anscheinend machen sie das seit Generationen und haben den ganzen Ablauf immer mehr verfeinert. Die …«

Daphne runzelte die Stirn. »Die was?«

Kate warf ihr einen verängstigten Blick zu. »Sei still. Da kommt jemand. Mach die Augen zu. Tu so, als ob du schläfst.«

»Aber ich hör gar nichts.«

Kate antwortete nicht. Sie hatte sich bereits schlafend gestellt.

Daphne hörte immer noch nichts. Sie starrte die Doppelschwingtür an, die die Küche vom Speisesaal trennte, und strengte sich an, durch die Plastikfenster irgendeine Bewegung zu erkennen. Alles, was sie sah, war ein sehr schwaches Licht, von dem sie nicht wusste, woher es kam.

Aber dann schwang die Tür auf. Eine schlanke Gestalt zeichnete sich einen Augenblick lang im dämmrigen, leicht bläulichen Licht ab. Irgendetwas an ihrer Haltung ließ erkennen, dass die Gestalt weiblich war. Dann fiel die Schwingtür wieder zu und die Umrisse der Person wurden eine Zeit lang von der Dunkelheit verschluckt. Daphne hörte das Klicken hoher Absätze. Es war also eine Frau. Die Frau summte leise eine Melodie, die Daphne vage bekannt vorkam.

Ein paar Momente später trat die Frau aus dem Dämmerlicht heraus und ihr Gesicht wurde erkennbar. Daphne durchlebte einen neuen Anflug von Angst. Sie kannte dieses Gesicht. Und ihre letzte Begegnung mit dieser Person war nicht gerade freundlich verlaufen.

Lexus hatte ihre Hostessenuniform gegen ein ärmelloses, gelbes Sommerkleid mit gekräuseltem Saum eingetauscht. Sie blieb vor Daphne stehen und spähte mit einem grausamen Lächeln zu ihr hinauf. »Du warst heute gemein zu mir. Du hast dich über meinen Namen lustig gemacht.«

»Tut mir leid.«

»Da wett ich drauf.« Lexus lachte. »Jetzt.«

»Bitte tu mir nichts …«

Lexus grinste höhnisch. »Du bist lächerlich. Schau dich an, hängst da wie ein Tier. Hilflos. Erbärmlich. Wertlos.«

Daphne stiegen Tränen in die Augen, aber unter ihrer Angst brannte eine frische Wut. Die Worte ihrer Peinigerin rührten an ihrem Stolz. Die Wahrheit war, dass sie immer geglaubt hatte, besser zu sein als die meisten anderen Menschen. Sie stammte aus einer wohlhabenden Familie, war klüger und attraktiver als der Durchschnitt. Bis heute hatte sie ein beinahe unanständig leichtes Leben gehabt, das sie im Leerlauf führen konnte, während andere sich um sie kümmerten, sie hegten und pflegten, sie vergötterten. Vielleicht war dies die Strafe des Schicksals für ihre Arroganz.

Aber Daphne glaubte nicht an Dinge wie das Schicksal oder göttliches Eingreifen. Das Chaos war die treibende Kraft hinter allem, was existierte. Die Dinge geschahen einfach, und manche waren gut, manche schlecht.

Und manche einfach völlig krank.

Lexus trat zwischen Daphne und Kate und verschwand aus ihrem Blickfeld. Es gefiel Daphne überhaupt nicht, nicht sehen zu können, was die Schlampe tat. Die Erinnerung an das, was Vivian Hunt dieser anderen Frau angetan hatte, war noch zu frisch.

Das Rätsel löste sich einen Moment darauf, als Lexus mit einem Klappstuhl aus Metall zurückkam, den sie direkt vor Daphne aufstellte. Wenn sie ein kleines Stück vorwärtsgeschaukelt wäre, hätte sie ihre Füße darauf abstützen können, aber sie vermutete, dass das nicht das war, was das Mädchen im Sinn hatte.

Lexus zog sich ihr gelbes Sommerkleid über den Kopf, warf es beiseite und setzte sich auf den Stuhl.

Daphne legte die Stirn in Falten. »Was hast du denn jetzt vor?«

»Wirst du gleich rausfinden. Bevor wir anfangen, möchte ich dir empfehlen, dich nicht zu wehren, wenn du nicht willst, dass ich dir den Rest deines Lebens zur Hölle mache. Wirst du dich wehren, Schlampe?«

Daphne hatte keine Ahnung, was Lexus vorhatte; sie ahnte nur, dass es wahrscheinlich etwas Widerliches war. Aber sie hatte schließlich keine Wahl.

»Ich wehr mich nicht.«

Lexus lächelte. »Gut. Hey, man kann nie wissen. Vielleicht wird’s dir sogar gefallen.«

Daphne erwiderte nichts.

Da hab ich irgendwie meine Zweifel.

Lexus schob ihren nackten Hintern an den Rand der Sitzfläche. Dann nahm sie Daphnes linken Fuß am Knöchel und hob ihn an ihr Gesicht. Sie lächelte wieder und warf Daphne einen Blick zu. »Ich mag hübsche Füße. Und deine gehören zu den hübschesten, die ich je gesehen hab.«

Sie zog den Fuß näher zu sich und drückte sich mit einer Wange an seine weiche Sohle, stöhnte, als sie ihn berührte. Sie hielt ihn still und rieb auch die andere Wange an ihm. Dann schob sie eine Hand zwischen ihre Beine und stöhnte wieder. Daphne empfand für einen Moment Verachtung für die Frau, die sich an ihrem Fuß aufgeilte. Der Gesichtsausdruck der kleinen Fußfetischistin war schwärmerisch und ihre Augen wurden glasig. Sie hatte nicht gelogen, als sie gesagt hatte, dass sie hübsche Füße mochte. Daphne spürte nicht den Ekel, mit dem sie gerechnet hatte. Im Gegenteil, sie sah hier etwas, das sie sich zunutze machen konnte.

Daphne lächelte. »Hast recht. Das ist schön.«

Lexus stöhnte.

Daphne fing an, eine aktive Rolle bei dieser fetischistischen Spielerei zu übernehmen. Sie bewegte ihren Fuß sanft über das Gesicht der Frau und ließ gelegentlich einen Zeh in ihren offenen Mund gleiten. Das versetzte Lexus in eine wilde Ekstase. Nach ein paar Minuten ließ sie Daphnes Knöchel los und griff sich mit beiden Händen zwischen die Beine. Ihr Stöhnen wurde immer lauter, bis sie fast schrie.

Kurz darauf blickte sie verwirrt auf, als Daphne ihren Fuß wegzog.

»Was zur Hölle …«

Lexus konnte nicht mehr ausweichen. Daphnes Fuß traf mit einem wuchtigen Tritt ihr Kinn und erzeugte ein die Zähne zum Klappern bringendes, Bewusstsein auslöschendes Klack, das fast so laut war wie das Brechen ihres Genicks.

Daphnes Herz raste, während die Bewegung sie zurückschwingen ließ.

Kate hörte auf, sich schlafend zu stellen. »Ach du Scheiße! Du hast diese Schlampe umgebracht.«

Daphne schaukelte wieder nach vorne. »Ich weiß.«

Kate schüttelte den Kopf. »Einerseits, gut gemacht. Andererseits steckst du jetzt wirklich tief in der Scheiße.«

Das tote Mädchen rutschte vom Klappstuhl und sackte zu Boden.

Daphne war völlig klar, dass das vielleicht das Leichtsinnigste war, was sie je getan hatte. Sie hatte sich nicht bewusst dazu entschieden. Es war einfach passiert. In gewisser Weise wünschte sie sich, sie könnte es rückgängig machen. Andererseits verschaffte es ihr eine unbestreitbare Befriedigung, eins dieser Redneck-Arschlöcher tot zu sehen.

Vielleicht war sie doch nicht so machtlos, wie sie geglaubt hatte.

10

Das tote Ding auf dem Bett hatte sich bis jetzt nicht gerührt. Es war zum Verrücktwerden. Nicht das kleinste Anzeichen einer Reanimation war zu erkennen. Sienna wäre von allem begeistert gewesen – einem einzigen Zucken eines Fingers oder Flattern eines Augenlids –, aber die Leiche von Arlene Baker blieb vollkommen regungslos.

Sienna konnte das nicht verstehen.

Sie hatte das Ritual genauso durchgeführt, wie sie es bei ihren erfolgreichen Wiederbelebungsversuchen mit kleinen Tieren getan hatte. Stirnrunzelnd kaute sie auf ihrem schwarz lackierten Daumennagel und ging noch einmal jeden Schritt durch.

Duftkerzen brannten in jeder Ecke des Zimmers. Sie hatte den Großteil des Inhalts einer Flasche Absinth getrunken und einige mentale Übungen gemacht, um den nötigen Zustand zu erreichen, in dem sie einen Kanal zwischen den Welten der Lebenden und der Toten öffnen konnte, den sogenannten ›Zustand der Ekstase‹, von dem in den meisten alten Texten die Rede war.

Und dann war da noch Spooky.

Spooky war eine Ratte, eins von mehreren Nagetieren, die sie bei ihren Erkundungstouren in den Kriechkeller unter Jodis Haus gefangen hatte. Vor ihrem endgültigen Auszug aus dem Haus der Langweiler – wie sie es nannte – hatte sie die Gläser mit ihren letzten paar Exemplaren in ihrem Rucksack verstaut. Nachdem alle anfänglichen Ritualvorbereitungen abgeschlossen waren, hatte sie Spookys Glas herausgeholt, den luftdurchlässigen Deckel abgeschraubt und der verängstigten Kreatur erlaubt, in ihre Hände zu krabbeln. Lächelnd hatte sie betrachtet, wie ihre Schnurrhaare zuckten und ihre Augen hin und her blickten. Sienna fand Ratten bezaubernd.

Aber ihre Zuneigung für das Tier hielt sie nicht davon ab, ihm die Kehle durchzuschneiden. Sein Blut spritzte ins Zentrum des Pentagramms, das sie mit schwarzem Stargazer-Lippenstift auf den Boden gezeichnet hatte. Die Erinnerung daran, wie das Ding in ihrer Hand gezappelt und gequiekt hatte, ließ sie einen wohligen Schauer verspüren, ähnlich dem, was sie gefühlt hatte, nachdem sie Arlene umgebracht hatte.

Alles hatte sich richtig angefühlt.

Nicht bloß richtig, sondern perfekt.

Sie war so tief in ihrem meditativen Zustand versunken, dass sie eine Zeit lang jedes Gefühl für ihren Körper verloren hatte. Die Welt um sie herum war zurückgewichen und ein strahlendes, weißes Licht hatte sie eingehüllt. Sie empfand eine Glückseligkeit, die so rein war, dass sie für eine Weile vergaß, was der Zweck ihres Handelns war. So war es auch die anderen Male gewesen, aber nicht so intensiv. Jeder, der ritualistisches Know-how hatte, konnte theoretisch einen ähnlichen Zustand erreichen, aber bei Sienna wurde er noch verstärkt durch ihr angeborenes magisches Talent. Das Gefühl der Macht, das sie durchströmte, war so berauschend, dass ein Teil von ihr wollte, dass es nie wieder aufhörte. Als die physische Welt um sie herum wieder Gestalt annahm, hatte sie damit gerechnet, zu sehen, wie Arlenes Leiche sich auf dem Bett wand und regte. Es hätte ihr bisher größter Erfolg sein sollen, die notwendige letzte Vorbereitung darauf, ihren Vater zurückzuholen.

Stattdessen bot sich ihr dieses abscheuliche Bild abgrundtiefen Scheiterns.

Siennas Hände ballten sich zu Fäusten. »Komm schon, du ekelhafte, alte Nutte. Steh auf, verdammt noch mal.«

Ein langer Moment verging. Arlene blieb regungslos.

Sienna stampfte mit dem Fuß auf. »Scheiße!«

Immer noch nichts.

Sie nahm einen Schluck aus der fast leeren Absinthflasche, wobei sie auf und ab ging und nachdachte. Der offensichtliche Unterschied zwischen ihren früheren Versuchen und dem, was sie hier erreichen wollte, lag im Maßstab. Ein Mensch war ein viel komplexeres Geschöpf als ein Hase oder eine Katze. Daher lag es nahe, dass zur Wiedererweckung eines Menschen zum Leben – oder zum Untod – erheblich mehr übersinnliche Kraft nötig war, als das Töten eines Nagetiers erzeugen konnte. Das ergab eine Menge Sinn. Sie beschloss, beim nächsten Mal den Einsatz zu erhöhen. Blieb die Frage, was für ein Tier sie bei der Durchführung des Rituals benutzen sollte.

Eine Ziege vielleicht?

Hmm …

Ziegen wurden oft bei Santería-Ritualen verwendet, von denen manche Ähnlichkeit hatten mit dem, was sie versuchte. Auch Satanisten wurde nachgesagt, dass sie bei ihren Zeremonien Ziegen benutzten, obwohl das wahrscheinlich eher ein Mythos der Popkultur als die Realität war. Trotzdem war das Ziegenopfer bei magischen Ritualen so verbreitet, dass es ein vielversprechendes Maß an Kraft verhieß, vielleicht sogar genug, um den Lebensfunken in Arlene anzufachen.

Das einzige Problem war, dass sie nicht genau wusste, wo sie eine gottverdammte Ziege herkriegen sollte. Damals, in den alten Tagen von Hopkins Bend, wäre das kein Problem gewesen. Viele der alten Familien hatten auf ihren Grundstücken Ziegen und andere Viecher gehalten, üblicherweise in kleinen, mit Maschendraht umzäunten Arealen. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich ein Tier von so einem Ort zu schnappen, obwohl man dabei natürlich das Risiko eingegangen wäre, dass einem der übellaunige Grundstücksbesitzer eine Ladung Schrot in den Hintern jagte. Aber in Bedford war diese alte, hinterwäldlerische Lebensweise weniger ausgeprägt. Ihr fiel niemand aus der Stadt ein, der sich Ziegen hielt. Ein paar Farmen lagen in der Gegend verstreut, aber dort wäre es schwer, sich Zutritt zu verschaffen.

Scheiße.

Sie grübelte darüber nach, wie es möglich wäre, sich auf eine Farm zu schleichen und sich mit einem störrischen Stück Vieh aus dem Staub zu machen, ohne erwischt zu werden, als sie ein Klopfen aus dem Erdgeschoss hörte. Ihre Stirn legte sich in Falten. Sie senkte die Flasche und starrte durch die offene Tür in den Flur.

Das Klopfen kam wieder, diesmal lauter. Sie konnte hören, wie die marode, alte Tür im Rahmen klapperte. Es war unmöglich, das Klopfen einfach zu ignorieren. Wer immer es war, würde sich sicher genötigt fühlen, herauszufinden, warum all der Krach, den er veranstaltete, keine Reaktion hervorrief. Es gab nicht mehr viele Leute, die es noch kümmerte, was mit Arlene Baker geschah, oder die sogar vorbeigekommen wären, um nach ihr zu sehen. Aber die wenigen, die es noch gab, würden sich nicht so einfach abwimmeln lassen.

Und jeder, der neugierig genug war, um sich selbst hereinzulassen und herumzuschnüffeln, würde ihr sicher einige unangenehme Fragen stellen, sobald er einen Blick in dieses Zimmer geworfen hätte. Dass Arlene gestorben wäre, nachdem man sie lange Zeit vernachlässigt hatte, hätte niemanden überrascht. Es wäre leicht gewesen, das auf natürliche Ursachen zu schieben – wären da nicht all diese schwarzmagischen Utensilien.

Sienna stellte die Absinthflasche weg und durchwühlte ihren Rucksack. Als sie gefunden hatte, was sie suchte, verließ sie den Raum und ging mit schnellen Schritten durch den Flur. Das Klopfen ertönte wieder und ihm folgte eine tiefe, männliche Stimme, die nach Arlene rief. Zuerst dachte Sienna, es wäre Delmont, aber das ergab keinen Sinn. Dieser Riesenlulatsch hatte einen eigenen Schlüssel. Und die Tür war nicht abgeschlossen.

Die Stimme rief wieder Arlenes Namen. Sienna rief zurück, während sie die Wendeltreppe hinunterging. »Einen Moment!«

Als sie an der Haustür angekommen war, gab sie sich alle Mühe, ein Gesicht zu machen, das Arglosigkeit und Hilfsbereitschaft zum Ausdruck brachte. Ihre Gesichtsmuskeln verzerrten sich und fühlten sich seltsam an, als sie sich Mühe gab, diesen Ausdruck richtig abzubilden. Sie wünschte, sie hätte einen Spiegel. Als ihr klar wurde, dass dieser Versuch sie nur noch merkwürdiger aussehen lassen würde als gewöhnlich, entschied sie sich stattdessen für ein aufmerksames, aber ansonsten ausdrucksloses Gesicht und öffnete die Tür.

Der gut aussehende Junge auf der Veranda war etwa in ihrem Alter. Er trug die Standardkleidung der Männer vom Land – Flanellhemd, Jeans und Stiefel –, hatte den strammen Körper eines Landarbeiters und das Lächeln und die markanten Gesichtszüge eines Teenieschwarms. Dazu kamen stechende blaue Augen, die seinen verträumten Charme fast ins Absurde steigerten.

Sienna gaffte ihn an. »Wer zum Teufel bist du und wo kommst du her?«

Das strahlende Lächeln des Jungen wurde noch breiter und ließ sie beinahe ohnmächtig werden. »Ich heiße Bradley Cummings. Mein Daddy ist Horace Cummings. Wir haben eine Farm, ein Stück die Straße runter.« Er hob einen Arm und zeigte in die ungefähre Richtung, die er beschrieben hatte. »Daddy hat mich geschickt, um nach Miss Arlene zu schauen.«

»Ach ja? Und warum sollte er das tun, verdammte Scheiße?«

»Junge, Junge, du fluchst aber ganz schön viel.«

Sienna grinste. »Hast du’n Scheißproblem damit?«

Die Wangen des Jungen bekamen eine Spur Farbe, während er ihrem lüsternen Blick für eine Weile standhielt. Aber dann wandte er den Blick ab und schaute nervös auf den Boden. »Meine Mama lässt uns immer einen Dollar ins Fluchglas stecken, wenn wir ein schlimmes Wort benutzt haben. Ich darf nicht mal emm-ih-ess-tee sagen.«

»Du lieber Gott, Scheiße noch mal.«

Bradley runzelte die Stirn. »Du solltest den Namen des Herrn nicht missbrauchen.«

»Verdammt, du willst mich doch verarschen.«

Bradley war jetzt sichtlich ängstlich und unruhig. Jede vulgäre oder blasphemische Äußerung ließ ihn zusammenzucken und aussehen, als würde er gleich anfangen zu weinen. »Bitte rede nicht so.«

»Wieso nicht? Ist doch ein verficktes freies Land, oder nicht?«

Bradley bemühte sich, die Fassung zu behalten. Nach einigen Augenblicken gelang es ihm, sich zu beruhigen. Als er weitersprach, war er offensichtlich entschlossen, zum nächsten Punkt der Tagesordnung überzugehen. »Bist du ’ne Verwandte von Arlene?«

»Wir sind Cousinen.«

Bradley legte die Stirn in Falten. »Ich hab dich hier noch nie gesehen.«

»Ich komm nicht oft hier raus.«

»Wie geht’s Miss Arlene denn? Mein Daddy wird das wissen wollen. Er hat sie schrecklich gerne. Sie kennen sich schon seit ’ner Ewigkeit.«

»Tja, du kannst deinem Vater sagen, dass es ihr wunderbar geht, Bradley. Ist ihr nie besser gegangen.« Sienna fing an, die Tür zuzuschieben. »Wenn du nichts dagegen hast – ich erledige für Arlene ein paar Sachen im Haus und sollte damit jetzt weitermachen.«

Bradley legte eine Hand an die Tür, um sie aufzuhalten. »Warum hast du die andere Hand hinter dem Rücken?«

Sienna lächelte und zeigte ihm den Hammer. Es war gut, dass sie ihn in letzter Zeit nicht benutzt hatte, um irgendetwas totzuschlagen. Es wäre schwer gewesen, eine Erklärung für an ihm klebendes Blut und Hasenhirn zu finden. »Wie ich schon sagte, ich mach ein paar Arbeiten hier im Haus. Im Moment bin ich dabei … zu hämmern.«

Bradley drückte etwas fester gegen die Tür. Sienna war gezwungen, den Türknauf loszulassen, als sie nach innen schwang. »Vielleicht sollte ich mich mal umsehen. Irgendwas fühlt sich hier nicht richtig an. Mein Daddy würde mir nie verzeihen, dass ich nicht selbst nach Miss Arlene geschaut habe, wenn sich später vielleicht rausstellt, dass mit ihr was nicht in Ordnung ist.«

Sienna trat von der Tür zurück. »Wie du willst.«

Bradley kam herein und ging auf die Wendeltreppe zu. Er spähte zum Treppenabsatz im ersten Stock hinauf und sah dann wieder zu Sienna zurück, die sich ihm leise genähert hatte. »Ist sie da oben im Schlafzimmer?«

Jetzt, da Bradley im Haus war, waren ihre Möglichkeiten, ihm eine Lügengeschichte aufzutischen, begrenzt. Ihr wurde nun klar, dass sie sich ein wenig mehr Mühe hätte geben sollen, ihn abzuweisen, aber dafür war es jetzt zu spät. Sie hatte sich vielleicht etwas zu sehr von seinem Aussehen ablenken lassen, um einen klaren Kopf zu behalten.

»Klar. Aber ich muss dich warnen – sie ist im Moment nicht gerade sehr gesprächig.«

Bradley warf ihr einen komischen Blick zu. Er beugte sich näher an sie heran und rümpfte die Nase, als er ihren Atem roch. »Du hast getrunken. Und zwar ’ne Menge.«

»Na und?«

Seine Miene wurde geringschätzig. »Du solltest nicht trinken. Mama sagt, berauschende Branntweine sind einer der Wege, wie der Teufel Menschen in seine Fallen lockt.«

»Deine Mama klingt wie ’ne ziemliche Spaßbremse.« Sie lächelte spöttisch, schob sich noch näher an ihn heran und versuchte, den sinnlichen Tonfall einer Verführerin zu treffen. »Ich wette, sie hat auch was gegen Sex.«

Bradleys Blick fiel auf ihre Brust und blieb erstmals für einen Augenblick dort kleben. Seine Wangen bekamen Farbe und er zwang sich, wieder in eine andere Richtung zu schauen. Zu sehen, wie durcheinander er war, gefiel Sienna. »Du kannst mir ruhig auf die Titten schauen, wenn du willst. Macht mir nichts aus.«

Bradleys Wangen wurden jetzt dunkelrot. »Ich, äh …«

Sie fasste ihn am Arm, drückte ihn leicht. »Muss dir nicht peinlich sein. Du kannst mich ficken, wenn du willst.«

Sienna war selbst überrascht über die Direktheit ihres Vorschlags. Eigentlich gehörte es nicht zu ihrem Plan für diesen Tag, Sex mit einem Fremden zu haben. Andererseits hatte auch Mord ursprünglich nicht zu ihrem Plan gehört. Aber sie hatte gelernt, dass es im Leben hilfreich war, flexibel zu bleiben und offen für neue Möglichkeiten zu sein. Das war grundsätzlich wichtig. Sicher würde selbst Bradley begreifen, was für eine gute Idee das hier war. Er musste ständig geil und frustriert sein, wie die meisten Kerle in seinem Alter.

Oder vielleicht auch nicht.

Er schob ihre Hand von seinem Arm und ging die Treppe hinauf. »Sex ist auch eine der Fallen des Teufels.«

Sienna grinste höhnisch. »Lass mich raten. Auch das stammt aus Mamas gesammelten Weisheiten.«

»Ganz genau.«

Ihre Lust wurde urplötzlich von Wut ersetzt, wurde völlig von ihr verzehrt. »Und was glaubst du, was deine Mama über mich zu sagen hätte?«

»Sie würde sagen, du sollst aufhören, dich wie eine Hure Babylons anzuziehen, und dich mit Jesus versöhnen.«

Ihre Wut wurde stärker, als sie ihn weiter die Stufen hinaufsteigen sah. Sie war kein Engel und hatte viele moralisch fragwürdige Dinge getan, aber das bedeutete noch lange nicht, dass man ihr ins Gesicht sagen durfte, sie sei eine Hure.

Sie rannte hinter ihm her und hatte wieder dieses mulmige Gefühl, als die verrotteten Stufen sich gefährlich unter ihren Schritten durchbogen. Als der aufdringliche, lästige Landarbeiter im ersten Stock angekommen war, holte sie ihn ein.

Er schaute zu ihr zurück. »Was ist das für ein fürchterlicher Gestank? Das riecht, als wär hier oben irgendwas gestorben.«

Sienna sagte nichts, aber ihr Griff um den Hammer wurde fester.

Bradley stieß ein entsetztes Keuchen aus, als er das Zimmer am Ende des Gangs betrat. Sienna blieb gleich hinter der Tür stehen und sah zu, wie er geschockt auf das Bett zutaumelte. Was immer er auch erwartet hatte, in diesem Zimmer zu sehen – das hier war es nicht.

Er zitterte und sah Sienna mit entsetztem Blick an. »Was hast du mit Miss Arlene gemacht? Und warum lächelst du?«

»Du bist ein sehr langweiliger Junge. Weißt du das eigentlich?«

Er fing an, in seiner Hüfttasche zu wühlen.

»Was machst du da, Bradley?«

In seiner Hand kam ein Handy zum Vorschein. »Ich ruf die Polizei.« Durch seine Zittrigkeit konnte er das Handy nicht richtig festhalten und es fiel auf den Boden. »Du bist böse. Böse.«

Er ging auf die Knie, um das Telefon aufzuheben.

Sienna schürzte die Lippen.

Hmm …

Bradley hatte sich exakt in der Mitte des Pentagramms, das sie mit ihrem Lippenstift gezeichnet hatte, auf ein Knie heruntergelassen. Sie hob den Hammer und stürmte so schnell auf ihn zu, dass er nicht mehr reagieren konnte. Er starrte auf das Bett und mühte sich mit den Daumen auf dem Tastenfeld des Handys ab, als der Hammer auf seinen Schädel krachte.

Das Telefon flog ihm aus der Hand und rutschte unter das Bett. Bradley fiel vornüber und war auf allen vieren, als der Hammer seinen Kopf erneut traf. Aus der Wunde in seiner Kopfhaut strömte Blut. Er rollte sich auf den Rücken. Wo sein Kopf lag, färbte der Rand des Pentagramms sich dunkelrot.

Seine Augen füllten sich mit Tränen und er hob die zitternden Hände, um weitere Schläge abzuwehren. »Bitte … nein … bitte …«

Sie kniete sich neben ihn. »Doch.«

Sie hob den Hammer und schlug ihm damit direkt ins Gesicht. Der Hieb zerbrach mehrere seiner perfekten Zähne und füllte seinen Mund mit Blut. Der nächste Schlag verwandelte seine Nase zu Brei, der danach ließ eine Augenhöhle zusammenfallen. Sein Körper zuckte, während sie weiter auf ihn einschlug. Ihr gefiel das Geräusch, das der flache Hammerkopf erzeugte, während er seine Knochen pulverisierte. Seine Blase entleerte sich und seine Jeans wurde fleckig. Nach ein paar weiteren Schlägen hörte sie auf, lehnte sich zurück und sah zu, wie er sich krampfhaft schüttelte und nach Luft schnappte.

Sienna hatte Gründe dafür, ihm noch nicht den Gnadenstoß zu geben. Zum einen wollte sie ihn leiden sehen. Sein hilfloses, verzweifeltes Gegurgel faszinierte sie, auch die Blutblasen, die aus seinem Mund aufstiegen. Dieses Interesse beruhte auch auf intellektueller Neugier. In diesem Augenblick war ihr Verstand wie eine Videokamera, die das Gesehene aufnahm und speicherte, um später auf dieses Dokument zurückgreifen zu können, das zeigte, wie der menschliche Körper auf Gewalteinwirkung reagierte. Aber der wichtigere Grund war, dass die Verzögerung seines Ablebens ihr die perfekte Gelegenheit verschaffte, ihre Reanimationstheorie einem Test zu unterziehen. Sie brauchte keine Ziege mehr. Was konnte mehr magische Kraft entfalten als ein Menschenopfer?

Nachdem sie noch ein paar Momente zugesehen hatte, wie Bradley kämpfte und immer schwächer wurde, packte Sienna die Absinthflasche und trank den Rest ihres Inhalts. Dann legte sie den Hammer weg und holte ihr Messer. Sie legte es dem Jungen an die Kehle, schloss ihre Augen, bündelte ihre Energien und wiederholte die Beschwörungsformeln für die Reanimation. Die Raumtemperatur sank, während die Klinge mit herrlicher Leichtigkeit durch das zarte Fleisch glitt. Blut spritzte aus der durchtrennten Halsschlagader, befleckte ihre Hände und wurde kalt, als die unnatürliche Temperaturänderung einsetzte. Sienna ließ das Messer fallen, hob die Hände zum Gesicht und bemalte es mit dem Blut des Toten. Ihre Stimme wurde lauter und die Kerzenflammen flackerten. Die Trance, in die sie diesmal geriet, ließ ihr Hirn fast explodieren vor reinem Vergnügen.

Als sie wieder die Augen öffnete, wand sie sich in einem orgastischen Rausch am Boden, und irgendetwas über ihr – etwas auf dem Bett – stöhnte. Aber das Geräusch ließ nach, als dieses schöne, weiße Licht sie wieder einhüllte.

11

Das Schweigen in Jodi Bakers gemietetem Haus war drückend. In Jodis ersten paar Jahren in dieser neuen Stadt war es der geschäftige Mittelpunkt der Aktivitäten der Familie Baker gewesen. Die Zimmer hatten verschiedene Mitglieder des Baker-Clans abwechselnd bewohnt, von denen einige ebenfalls aus Hopkins Bend geflohen waren. Die meisten von ihnen waren nach einigen Jahren weitergezogen, sodass Jodi und ihre Schwester die einzigen dauerhaften Bewohnerinnen gewesen waren, obwohl auch Delmont sich die meiste Zeit über hier aufhielt.

Delmont war im Allgemeinen kein sehr beliebter Mann, und in besonderem Maße traf das auf die Familie Baker zu, in der die meisten der Ansicht waren, dass die Story, die Arlene nach ihrem sogenannten Unfall erzählt hatte, ein großer Haufen Pferdescheiße sei. Dabei spielte es keine Rolle, dass die Gesetzeshüter beschlossen hatten, ihrer absurden Schilderung Glauben zu schenken. Der Mann hatte versucht, eine der ihren zu töten, und alle wussten es. Er war der Hauptgrund, aus dem kaum noch Verwandte zu Besuch kamen.

Und jetzt war auch Sienna nicht mehr hier.

Abgesehen von der Frau im Keller – und die zählte nicht richtig, weil sie eine zukünftige Mahlzeit war – war Jodi die einzige Person im Haus. Diese Leere deprimierte sie fürchterlich. Jodi saß am Küchentisch und klammerte sich an einem Gin Tonic fest. Sie starrte in ihren Drink und fragte sich, wie sie es hatte zulassen können, dass die Dinge so schiefgelaufen waren.

Das Gerücht, dass Arlenes Unfall eigentlich ein fehlgeschlagener Mordversuch gewesen war, entsprach der Wahrheit. Jodi wusste das, weil sie mit Delmont darüber gesprochen hatte, bevor es passiert war. Tatsächlich war es ihre Idee gewesen, Arlene umzubringen. Sie hatte sich in hilfloser, vollkommen blinder Lust nach Delmont gesehnt, seit sie nach Bedford gekommen war, hatte sich verzweifelt gewünscht, ihn ganz für sich allein haben zu können. Aber sie war nicht dumm. Sie wusste, dass die Leute reden würden. Deshalb hatte sie sich dafür ausgesprochen, dass sie sich Zeit nehmen und den perfekten Weg finden sollten, die Schlampe loszuwerden. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Delmont sich eines Nachts betrinken und ungeduldig werden, dass er die Angelegenheit impulsiv selbst in die Hand nehmen würde. Dieser Idiot hatte die Sache natürlich vermasselt, hatte es nicht geschafft, seine nutzlose Frau zu erledigen.

Rückblickend fragte sich Jodi, ob es nicht einer dieser kolossalen Fehler gewesen war, von denen ein Mensch sich nie wieder erholte, dass sie ihm überhaupt erst diesen Gedanken in den Kopf gesetzt hatte. Seitdem hatte dieser Fehler nie aufgehört, immer neue Konsequenzen nach sich zu ziehen. Und jetzt waren alle verschwunden, die ihr je etwas bedeutet hatten – mit nur einer Ausnahme.

Jodi nippte an ihrem Drink und starrte auf ihr stummes Handy.

Delmont war vor einer Weile gegangen, um irgendeine nicht näher benannte Sauerei aufzuräumen, wegen der ihn einer seiner Jägerkumpels angerufen hatte. Er hatte ein eingespieltes Team von Männern, deren Aufgabe es war, hinter den Jägern aufzuräumen und alle Autos oder andere Besitztümer verschwinden zu lassen, die ihre Beute zurückgelassen hatte. Es kam nur selten vor, dass Delmont nach so einem Anruf für mehr als ein paar Stunden wegblieb.

Es war jetzt schon über drei Stunden her.

Möglicherweise war der Job kompliziert und erforderte mehr Zeit als üblich. Sie wusste, dass es noch zu früh war, um sich Sorgen zu machen, aber ihre Beunruhigung wuchs trotzdem mit jeder Minute, angetrieben von einem Bauchgefühl, dass so stark war, dass es fast an Gewissheit grenzte. Das Problem war, dass sie ihn in der letzten Stunde schon dreimal angerufen und ihm immer verzweifeltere Sprachnachrichten hinterlassen hatte. Ihm noch einmal auf die Mailbox zu sprechen würde nichts ändern. Sie versuchte, sich einzureden, dass der Mann sein Telefon entweder verloren oder vergessen hatte, es aufzuladen. Das waren schließlich völlig vernünftige Erklärungen dafür, dass er sich nicht meldete.

Aber sie konnten sie kein bisschen beruhigen.

Fuck.

Sie nahm wieder ihren Drink und kippte den Rest davon hinunter. Nachdem sie gründlich darüber nachgedacht hatte, sich noch einen zu mixen, fiel ihr eine bessere Möglichkeit ein, sich die Zeit zu vertreiben, bis Delmont zu ihr zurückkam.

Jodi schnappte sich ihr Handy und ging in den Keller.

Die gefesselte Beute schrie hinter dem schmutzigen Lumpen in ihrem Mund, als sie Jodi sah. Ihre Augen wurden so groß, dass sie aussahen, als würden sie gleich aus den Höhlen springen. Jodi grinste. Das arme Ding erinnerte sich wahrscheinlich noch gut an ihren letzten Besuch. Das Entsetzen dieser Kreatur zu sehen, nahm ihrer eigenen Unruhe ein wenig den Stachel. Außerdem motivierte es sie dazu, diesen Besuch mindestens so unvergesslich zu gestalten wie den vorigen.

Auf einem Tisch in der Mitte des Raums war ein breites Sortiment verschiedener Werkzeuge aufgereiht, von denen viele im Verlauf der letzten paar Tage bereits ausführlich zum Einsatz gekommen waren. Das war noch etwas aus der alten Zeit, das ihr fehlte. Menschenfleisch zu essen war ein unvergleichlicher Genuss, aber dieses Fleisch zu misshandeln, während es noch lebte, war fast genauso gut. Es war Tradition. Von allen im Haushalt wurde erwartet, dass sie sich daran beteiligten, selbst von den Kindern. Nichts war wichtiger, als die jungen Leute richtig zu erziehen und sie an die alten Gebräuche heranzuführen. Das Mannsvolk trieb die Sache natürlich noch weiter und verschaffte sich an der Jagdbeute sexuelle Befriedigung. Für Jodi gehörte das nicht dazu. Sie fand nur Gefallen daran, die Dinger zu quälen.

Nachdem sie für eine Weile verschiedene Möglichkeiten erwogen hatte, legte sie ihr Telefon auf den Tisch und nahm ein Schnitzwerkzeug mit kurzer, gebogener Klinge in die Hand.

Sie näherte sich dem Fang und hielt ihm die Klinge vor das Gesicht, damit er sie gut im Blick hatte. Dann lachte sie. »Ich glaub nicht, dass das hier schon mal einer an dir benutzt hat. Siehst du, wie krumm die Klinge ist?« Sie drehte das Werkzeug, damit ihr Opfer sehen konnte, was sie meinte. »Das ist gut, um Fleischstückchen aus deinen saftigeren Stellen zu schaben, aus den Oberschenkeln und den Titten zum Beispiel. Was meinst du? Klingt das gut?«

Die Fesseln, die die Knöchel und Handgelenke des Beutetiers umschlossen, waren an der Ziegelmauer hinter ihm befestigt. Es hatte ein wenig Platz, sich zu bewegen, aber es konnte nicht weit nach vorn, ohne dass die Schlinge um seinen Hals sich zuzog und ihm die Luft abschnürte. Das dicke Seil der Schlinge war an einem Balken über ihm festgebunden und bot nicht viel Spielraum. Mittlerweile wusste es das natürlich, aber dieses Wissen hielt es nicht davon ab, zurückzuweichen, als Jodi mit dem Schabwerkzeug auf es zukam. Jodi kicherte, als die Schlinge enger wurde und sich das Gesicht der Kreatur langsam rötete. Sie schob ein paar Finger unter das Seil und lockerte es ein wenig für das arme Ding.

»So. Ist das besser?«

Die Beute ließ den Kopf hängen und schluchzte in ihren Knebel. Ihr Atem drang pfeifend durch die Nase.

»Ich weiß, dass du Angst hast, aber es wird besser für dich sein, wenn du dabei stillhältst. Wenn’s dich beruhigt, dann denk dran, dass es noch nicht Zeit ist, zu sterben.« Jodi grinste. »Noch nicht.«

Endlose Ströme von Tränen flossen über die geröteten Wangen des Dings.

Als das Schabwerkzeug ihm zum ersten Mal ins Fleisch schnitt, schrie es und riss heftig an seinen Fesseln. Die Schlinge zog sich zu und sein Gesicht wurde wieder rot, sodass Jodi sie erneut lockern musste. Nachdem es sich noch ein paarmal auf diese Weise die Luftzufuhr abgeschnitten hatte, hatte das Ding seine Lektion gelernt und hielt still, damit Jodi ohne Unterbrechungen an ihm herumschneiden konnte.

Die Sache zog sich noch eine Weile hin, und Jodi konnte sich etwas entspannen. All die Anspannung fiel von ihr ab, und bald hatte sie Delmont und sein beunruhigendes Schweigen vergessen. Als sie das Gefühl hatte, sich lange genug an der Beute zu schaffen gemacht zu haben, sammelte sie die herausgeschabten Fleischbrocken ein und nahm diese und ihr Telefon mit in die Küche. Sie legte das Fleisch in eine Pfanne, fügte Öl und Gewürze hinzu und stellte sie auf eine Herdplatte. Aber sie war nicht hungrig. Ihre Absicht war, die Mahlzeit wieder in den Keller hinunterzubringen, wenn sie fertig war, um das Beutetier zu zwingen, sein eigenes, leckeres Fleisch zu essen.

Das Fleisch brutzelte schön, als sie auf den Gedanken kam, nach der Uhrzeit zu sehen. Beim Blick auf ihr Handy runzelte sie die Stirn. Noch eine halbe Stunde war vergangen, ohne dass Delmont sich gemeldet hätte. Ihre Unruhe war wieder voll da.

»Scheiß drauf.«

Sie gab eine Nummer ein, die sie auswendig kannte, und hielt sich das Telefon ans Ohr.

Floyd Poteete nahm beim zweiten Klingeln den Hörer ab. Er lallte ein wenig, als er fragte: »Was gibt’s, Jodi Lynn?«

Jodi legte die Stirn in Falten. »Hast du was getrunken?«

Floyd rülpste. »Nur ’n bisschen. Gibt’s irgendein Problem, Mädchen? Du klingst so aufgewühlt.«

Jodi berichtete Floyd von ihrer Sorge um Delmont. »Deswegen musst du für mich nach Hopkins Bend fahren und mal nach ihm schauen, okay?«

Floyd stöhnte. »Herrgott, Frau. Du machst dir vor Angst in die Hose wegen nix und wieder nix.«

»Willst du, dass ich Delmont später erzähle, dass du mir nicht helfen wolltest?«

Er grummelte irgendetwas Unverständliches.

»Was war das?« Jodis Tonfall war schneidend. »Ich hab dich nicht verstanden.«

Floyd seufzte. »Wir machen’s. Meine Güte.«

»Gut. Ruf mich an, wenn du irgendwas erfährst.«

Sie legte auf.

Der köstliche Duft von gebratenem Fleisch erfüllte jetzt die Küche. Der Geruch brachte Jodis Nase zum Zucken und machte ihr den Mund wässrig. Sie kam zu dem Schluss, dass sie doch Hunger hatte. In der Gewissheit, dass sie die vorerst beste Lösung für das Delmont-Problem gefunden hatte, füllte sie das Fleisch in eine Schüssel und trug es in den Keller hinunter, wo sie sich mit dem Beutetier eine schmackhafte Mahlzeit teilen würde.

12

Die Kugel, die Jessica abfeuerte, durchschlug Billy den linken Bizeps. Heulend vor Schmerz fiel er auf die Straße. Es war reines Glück, dass die Kugel kein lebenswichtiges Organ getroffen hatte. Jessica hatte viel zu schnell auf ihn gezielt, als dass der Schuss wirklich präzise hätte sein können. Ihr einziges Ziel war gewesen, ihn davon abzuhalten, sich die Schrotflinte zu holen. Wenn die Kugel stattdessen seinen Schädel getroffen und ein Stück seines Hirns herausgesprengt hätte, wäre das für sie ein ebenso gutes Ergebnis gewesen. Es war Zufall, dass er noch am Leben war.

Sie machte einen großen Bogen um den schreienden, sich windenden Mann, ging zur Schrotflinte und hob sie auf. Dann blickte sie in beide Richtungen die Straße hinunter, um zu sehen, ob noch jemand in der Nähe war und zuschaute. Das schien nicht sehr wahrscheinlich zu sein – aber sie hatte auch nicht damit gerechnet, einem Kerl zu begegnen, der sich als Cop ausgab. Diese Gegend war einmal ein Geschäftsviertel gewesen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag das Geschäftsgebäude eines ehemaligen Gebrauchtwagenhändlers. Die üblichen farbenfrohen Wimpel flatterten im leichten Wind, aber der große Parkplatz war leer und die Fenster des Ausstellungsraums waren mit Brettern vernagelt. Dasselbe galt für alle anderen ehemaligen Geschäfte in der Umgebung, darunter ein Pfandhaus, eine CVS-Apotheke und ein Sonnenstudio. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sich in letzter Zeit Menschen hier aufgehalten hatten. Selbst die Grafitti, die sie hier und dort gesehen hatte, hatten alt und verblichen ausgesehen.

Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass sie fürs Erste allein waren. Aber dieser Kerl, den sie getötet hatte, sah wie ein Einheimischer aus. Er hatte wahrscheinlich in einer der Nachbarstädte gelebt. Es war gut möglich, dass er Freunde hatte, die in Hopkins Bend nach ihm suchen würden, wenn er plötzlich verschwand. Daher hatte es für sie immer noch Priorität, so bald wie möglich einen Ort zu finden, an dem sie sich verbarrikadieren und für eine Weile unsichtbar bleiben konnte. Es gab da nur noch ein paar Kleinigkeiten, um die sie sich vorher kümmern musste.

Sie verstaute die Schrotflinte auf der Ladefläche des Pick-ups und ging zurück zu Billy, der blutend auf der Straße lag. Als er sah, dass sie mit der Pistole auf ihn zielte, hob er seinen unverletzten Arm und flehte sie mit Tränen in den Augen an, ihn am Leben zu lassen.

Obwohl sie sich immer noch im Klaren darüber war, dass sie rücksichtslos und effizient handeln musste, nahm sich Jessica noch einen Moment Zeit, um ihre wenigen Optionen abzuwägen. Ihn sofort zu töten war die einfachste Lösung. Es hätte ihr ermöglicht, schneller zu arbeiten, und noch viele andere Vorteile mit sich gebracht. Aber es konnte auch von Vorteil sein, eine Geisel zu haben. Sie konnte ihn unter Umständen als Trumpf bei Verhandlungen einsetzen. Oder als menschlichen Schutzschild.

Billy schniefte. »Bitte töte mich nicht. Bitte …«

Jessica warf einen genaueren Blick auf seinen verletzten Arm. »Du hast Glück gehabt. Das ist ’n glatter Durchschuss.«

Er verzog das Gesicht vor Schmerz. »Was heißt das?«

»Die Kugel ist komplett durch deinen Bizeps gegangen. Sie steckt nicht mehr in dir drin. Das wäre schlimmer.«

»Aber du bringst mich doch sowieso um, oder nicht?«

»Kommt drauf an.«

Billy zog eine Grimasse. »Auf was?«

»Darauf, ob du dich benimmst. Das heißt, keine weiteren Fluchtversuche und andere Dummheiten mehr. Denn wenn du noch mal Dummheiten machst, werde ich dich töten. Du musst dir darüber im Klaren sein, dass du mich weder überlisten noch überrumpeln kannst. Kannst du das akzeptieren oder muss ich dir eine Kugel in den Kopf schießen?«

»Was hab ich denn für ’ne Wahl?«

Jessica kniete sich neben ihn und setze ihm den Schalldämpfer an die Stirn. »Das ist nicht so ganz der unterwürfige Tonfall, den ich mir gewünscht hatte.«

Billys Stimme wurde höher und er atmete schneller. »Tut mir leid, tut mir leid! Scheiße, ich mach alles, was du willst, was immer du sagst, ich versprech’s! Bitte nicht umbringen.«

Jessica packte seine erhobene Hand und sagte: »Du stehst jetzt auf.«

Billy machte große Augen. Dazu fühlte er sich noch nicht bereit. »Warte …«

Jessica wartete nicht.