Vorwort zur 8. Auflage

„Es gibt nichts Beständigeres als die Unbeständigkeit.“ Diese Erkenntnis von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen gilt auch für die Methoden der Unternehmensbewertung. Obwohl hier die Grundzüge der dominierenden Bewertungsmethoden (Ertragswert- und Discounted Cashflow-Verfahren) gefestigt erscheinen, werden sie im Detail von der Wissenschaft, der Praxis und der Rechtsprechung permanent in Frage gestellt, weiterentwickelt und umformuliert. So haben das Debt Beta und die Wertfindung mittels Roll-Back in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und das Bundesverfassungsgericht schwächte in der Zwischenzeit die Bedeutung der vereinfachenden, substanzwertorientierten Bewertungstechniken, indem es dem Stuttgarter Verfahren die Legitimation für das Steuerecht entzog.

Neben den konzeptionellen Änderungen führen uns allen die letzten, turbulenten Börsenjahre und die lang anhaltende Niedrigzinsphase mit Negativzinsen deutlich vor Augen, wie schnell gut gemeinte und durchdachte Bewertungstools, wie das Capital Asset Pricing Model, an ihre praktischen Grenzen stoßen, so dass ihre unreflektierte Anwendung zwar zu modelltheoretisch eleganten, aber häufig auch zu falschen Bewertungsergebnissen führt. Und die Corona-Pandemie verdeutlich einmal mehr, wie überraschend unkalkulierbar die Zukunft ist.

Auch in der aktualisierten 8. Auflage sind wir unserem Lehrkonzept treu geblieben. Natürlich haben wir in ihr die Entwicklungen in der Literatur aufgenommen. Inhaltlich stehen dort – wie auch in unserem Buch – nach wie vor die Ertragswertverfahren und die DCF-Methoden im Fokus. Dabei ist es uns wichtiger, den Lesern und Leserinnen (und angehenden Unternehmensbewerter:innen) aufzuzeigen, was sie tun, wenn sie bestimmte Verfahren anwenden und an welche Grenzen sie dabei stoßen, als die im Umlauf befindlichen Bewertungsmodelle mit allen ihren Spielarten umfassend darzustellen. Die ökonomische Auseinandersetzung mit den einzelnen Bausteinen der Standardmodelle nimmt deshalb einen breiten Raum ein. Wie in der Vorauflage veranschaulichen wir, soweit möglich, die einzelnen Bewertungsverfahren mit ihren zentralen Abwandlungen an durchgängigen Beispielen und räumen dabei der kritischen Auseinandersetzung mit den jeweils getroffenen zentralen Bewertungsannahmen einen hohen Stellenwert ein. Wir hoffen, dass auch diese Auflage den Zugang zur Unternehmensbewertung und den gängigen Bewertungstechniken mit all ihren Vor- und Nachteilen erleichtert.

Unser besonderer Dank gebührt Frau Noellè-Alicia Stein, M.Sc. für ihren akribischen und unermüdlichen Einsatz beim Erstellen der Neuauflage. Sie wurde dabei tatkräftig unterstützt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Frankfurter Lehrstuhls und der Hochschule Harz: Herr Carsten Conrad, Frau Uta Halwas-Bruckner, Frau Dr. Theresa Ummenhofer, Herr Dr. Nicholas Zeitler und Frau Sabrina Schmidt. Auch ihnen gebührt unser Dank. Auf Seiten des Verlags Recht und Wirtschaft danken wir besonders Frau Dipl.-Ök. Gabriele Bourgon. Sie hat bereits die Erstauflage aus der Taufe gehoben, mit uns über die Jahre hinweg aufkommende „Kinderkrankheiten“ bekämpft. Ebenfalls danken wir Frau Nadine Grüttner – sie hat uns bei dieser Auflage mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

Frankfurt am Main, im März 2021

Inga Dehmel

Michael Hommel

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

anderer Auffassung

Abs.

Absatz

abzgl.

abzüglich

AER

The American Economic Review (Zeitschrift)

AG

Aktiengesellschaft

AK

Anschaffungskosten

AktG

Aktiengesetz

a.M.

am Main

APV

Adjusted Present Value

Aufl.

Auflage

Aufw.

Aufwand, Aufwendungen

AV

Anlagevermögen

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

Bd.

Band

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift)

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BilRuG

Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Bio.

Billion(en)

BStBl.

Bundessteuerblatt

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

c.p.

ceteris paribus

CAPM

Capital Asset Pricing Model

CDAX

Composite DAX

CNN

Cable News Network

CoStHG

Corona-Steuerhilfegesetz

DAX

Deutscher Aktienindex

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DBW

Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift)

DCF

Discounted Cashflow

ders.

derselbe

d.h.

das heißt

dies.

dieselben

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

EBIT

Earnings Before Interest and Taxes

EBITDA

Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization

EBT

Earnings Before Taxes

ESt

Einkommensteuer

EStG

Einkommensteuergesetz

et al.

et alteri, et alii

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EVATM

Economic Value Added (eingetragenes Warenzeichen der Stern Stewart Company)

EZB

Europäische Zentralbank

FAUB

Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft

FB

Finanz Betrieb (nunmehr: Corporate Finance) (Zeitschrift)

FCF

Free Cashflow

ff.

fortfolgende

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

FTE

Flow to Equity

FTSE MIB

Financial Times Stock Exchange Milano Italia Borsa

GAAP

Generally Accepted Accounting Principles

GewSt

Gewerbesteuer

GewStG

Gewerbesteuergesetz

ggf.

gegebenenfalls

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GoB

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

HARA

hyperbolische absolute Risikoaversion

HBR

Harvard Business Review (Zeitschrift)

HGB

Handelsgesetzbuch

HK

Herstellungskosten

Hrsg.

Herausgeber

i.d.F.

in der Fassung

i.d.R.

in der Regel

i.H.v.

in Höhe von

IAS

International Accounting Standard(s)

IDW

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.

IDW ES 1

Entwurf des IDW Standards 1

IDW-FN

IDW Fachnachrichten

IDW S 1

IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (i.d.F. 2008)

IFRS

International Financial Reporting Standard(s)

inkl.

inklusive

insb.

insbesondere

int. ed.

international edition

JACF

Journal of Applied Corporate Finance (Zeitschrift)

JBF

Journal of Banking & Finance (Zeitschrift)

JFE

Journal of Financial Economics (Zeitschrift)

JFQA

Journal of Financial and Quantitative Analysis (Zeitschrift)

Jg.

Jahrgang

JoB

Journal of Business (Zeitschrift)

JoF

Journal of Finance (Zeitschrift)

KG

Kommanditgesellschaft

KSt

Körperschaftsteuer

KStG

Körperschaftsteuergesetz

LG

Landgericht

LiFo

Last in – First out

Ltd.

Limited

LuL

Lieferungen und Leistungen

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

MSc

Management Science (Zeitschrift)

Mio.

Million(en)

Mrd.

Milliarde(n)

N/A

not applicable

NBER

National Bureau of Economic Research

NOPAT

Net Operating Profit after Taxes

NOPLAT

Net Operating Profit Less Adjusted Taxes

Nr.

Nummer

NTJ

National Tax Journal (Zeitschrift)

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

p.a.

pro anno, per annum

rd.

rund

REconStat

Review of Economics and Statistics (Zeitschrift)

REXP

Deutscher Rentenindex

rkr.

rechtskräftig

Rn.

Randnummer

RWZ

Zeitschrift für Recht und Rechnungswesen

S.

Seite

S&P

Standard & Poor’s

sog.

so genannt, -e, -er, -es

Soli

Solidaritätszuschlag

SolzG

Solidaritätszuschlaggesetz

Sp.

Spalte

ST

Der Schweizer Treuhänder (Zeitschrift)

stpfl.

steuerpflichtig

SWOT

Strengths, Weaknesses, Opportunities and Threats

TAR

The Accounting Review (Zeitschrift)

TCF

Total Cashflow

u.a.

unter anderem

UntSt

Unternehmensteuer

US

United States

USA

United States of America

US-GAAP

United States Generally Accepted Accounting Principles

v.H.

vom Hundert

vgl.

vergleiche

VW

Volkswagen Aktiengesellschaft

WACC

Weighted Average Cost of Capital

WC

Working Capital

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift)

WISU

Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift)

WP

Wirtschaftsprüfer

WPg

Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

z.B.

zum Beispiel

ZBB

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

zfbf

Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfhF

Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

zzgl.

zuzüglich

Symbolverzeichnis

a

relative Beteiligungshöhe am Eigenkapital des Unternehmens

Aj

Handlungsalternative j

AV

Anlagevermögen

BU

Bezugsgröße des zu bewertenden Unternehmens

BV

Bezugsgröße des Vergleichsunternehmens

BezugsgrößeU

Bezugsgröße des zu bewertenden Unternehmens

BezugsgrößeA

Bezugsgröße der Alternativanlage

BörsenkapitalisierungV

Börsenkapitalisierung des Vergleichsunternehmens

BWSteuerdifferenz

Barwert der Steuerdifferenz

Capital

gebundenes Kapital

CF

Cashflow

CFnach UntSt

Cashflow nach Unternehmensteuern

CFr

realer Nettocashflow

CFvor UntSt

Cashflow vor Unternehmensteuern

CFA

sicherer, ewig fließender und gleich bleibender Einzahlungsüberschuss aus der Alternativanlage

CFj

Cashflow der Handlungsalternative j

CFjs

Cashflow der Handlungsalternative j im s-ten Umweltzustand

CFmax

Maximalwert der Cashflowbandbreite

CFmin

Mindestwert der Cashflowbandbreite

CFobjektiviert

objektivierter Cashflow

CFPrognose

prognostizierter Cashflow

CFs

Cashflow bei Eintritt des s-ten Umweltzustands

CFU

sicherer, ewig fließender und gleich bleibender Einzahlungsüberschuss aus dem Bewertungsobjekt

cov(.)

Kovarianzoperator

di

Dividendenrendite der Aktie i

Di

Dividende der Aktie i

dm

erwartete Dividendenrendite des Marktportfolios

Dm

Dividende des Marktportfolios

e

Eulersche Zahl

EBITU

EBIT des zu bewertenden Unternehmens

EBITV

EBIT des Vergleichsunternehmens

Marktwert des Eigenkapitals eines unverschuldeten Unternehmens

Marktwert des Eigenkapitals eines verschuldeten Unternehmens

EVA

Economic Value Added

EW

Ertragswert

EWmit Steuer

Ertragswert nach persönlichen Steuern

EWohne Steuer

Ertragwert ohne persönliche Steuern

EWU

Ertragswert des zu bewertenden Unternehmens

FCF

Free Cashflow

FCFUntSt

Free Cashflow nach Unternehmensteuern

FK

Marktwert des Fremdkapitals

FKNetto

Marktwert des Fremdkapitals abzüglich Marktwert des Tax Shield

FTE

Flow to Equity

FTEUntSt

Flow to Equity nach Unternehmensteuern

FTEnach ESt

Flow to Equity nach Unternehmen- und nach Einkommensteuer

g

Inflationsrate

gj

Inflationsrate in der Periode j

Gesamter CFnach UntSt

gesamter Cashflow nach Unternehmensteuern, der allen Kapitalgebern zur Verfügung steht

GewinnU

Gewinn des zu bewertenden Unternehmens

GewinnV

Gewinn des Vergleichsunternehmens

Marktwert des Gesamtkapitals eines unverschuldeten Unternehmens

Marktwert des Gesamtkapitals eines verschuldeten Unternehmens

GPKäufer

Grenzpreis des Käufers

GPU

Grenzpreis des zu bewertenden Unternehmens

GPVerkäufer

Grenzpreis des Verkäufers

H

Hebesatz

i

Zinssatz (allgemein, nominal, risikolos)

iFK

Fremdkapitalzinssatz

ie

einheitlicher Basiszinssatz

iESt

Rendite nach Einkommensteuer inklusive Solidaritätszuschlag

iobjektiviert

Zinssatz (objektiviert)

ir

Realzins

ist

stetige Spot Rate

iot

Rendite einer Nullkuponanleihe mit Laufzeit t = 0 bis t

I

Investitionsauszahlung

kWACC

gewogene durchschnittliche Kapitalkosten mit Steueranpassung

kWACC, TCF

gewogene durchschnittliche Kapitalkosten ohne Steueranpassung

ki

Kursgewinnrendite der Aktie i

km

erwartete Kursgewinnrendite des Marktportfolios

KAPt

das zu Beginn des Jahres t in der Finanzinvestition angelegte Kapital

KW

Kapitalwert

ln

natürlicher Logarithmus

mBezugsgröße

Multiplikator der Bezugsgröße

mCF

Cashflow-Multiplikator

mEBIT

EBIT-Multiplikator

mGewinn

Gewinnmultiplikator

mGewSt

Steuermesszahl

mUmsatz

Umsatzmultiplikator

max!

Maximum-Operator

MVA

Market Value Added

n

Anzahl der Beobachtungen

NCF

Nettocashflow

NOPAT

Net Operating Profit after Taxes

ps

Eintrittswahrscheinlichkeit des s-ten Umweltzustands

PA

Preis der Alternativanlage

Pt

Preis, den ein Kapitalanleger heute entrichten muss, um Anspruch auf eine Geldeinheit zum Zeitpunkt t zu erzielen

PU

Preis des zu bewertenden Unternehmens

PV

Preis des Vergleichsunternehmens

q

Ausschüttungsquote

qm

durchschnittliche Ausschüttungsquote des Marktportfolios

ri

Erwartungswert der Rendite des Wertpapiers i

rm

Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios

Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios nach Unternehmen- und vor Einkommensteuern

Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios nach Unternehmen- und nach Einkommensteuern

r(EK)

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber

r(EK)u

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines

unverschuldeten Unternehmens

r(EK)v

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines verschuldeten Unternehmens

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines unverschuldeten Unternehmens nach Unternehmensteuern

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines unverschuldeten Unternehmens vor Unternehmensteuern

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines verschuldeten Unternehmens nach Unternehmensteuern

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines verschuldeten Unternehmens nach Unternehmen- und nach Einkommensteuern

Erwartungswert der Rendite der Eigenkapitalgeber eines verschuldeten Unternehmens vor Unternehmen- und vor Einkommensteuern

Rbf

Rentenbarwertfaktor

ROIC

Return on Invested Capital

RW

Restwert

s

(einfacher Gewinn-)Steuersatz

sESt

Einkommensteuersatz inklusive Solidaritätszuschlag

sESt ohne Soli

Einkommensteuersatz ohne Solidaritätszuschlag

sGewSt

Gewerbesteuersatz

sKSt

Körperschaftsteuersatz inklusive Solidaritätszuschlag

sKSt ohne Soli

Körperschaftsteuersatz ohne Solidaritätszuschlag

sSoli

Solidaritätszuschlag

sTS, UntSt

Steuerrückerstattungszinssatz infolge des Tax Shield

sUntSt

Unternehmensteuersatz inklusive Solidaritätszuschlag

effektiver Einkommensteuersatz inklusive Solidaritätszuschlag (auf Kursgewinne)

nominaler Gewerbeertragsteuersatz

S

Steuerzahlung

SESt

Einkommensteuerschuld inklusive Solidaritätszuschlag

SF

Steuerzahlung auf Erträge aus Finanzanlage

SGewSt

Gewerbesteuerschuld

SKSt

Körperschaftsteuerschuld inklusive Solidaritätszuschlag

SKSt ohne Soli

Körperschaftsteuerschuld ohne Solidaritätszuschlag

SU

Steuerzahlung auf den Cashflow des Unternehmens

(CF)

Sicherheitsäquivalenter Cashflow

t

Zeitindex

T

Planungshorizont

TCF

Total Cashflow

TCFUntSt

Total Cashflow nach Unternehmensteuern

TSUntSt

Tax Shield nach Unternehmensteuern

TSM

Marktwert des Tax Shield

u(.)

Nutzenoperator

UmsatzU

Umsatz des zu bewertenden Unternehmens

UmsatzV

Umsatz des Vergleichsunternehmens

var(.)

Varianzoperator

Vi

Wert der Aktie i

Vm

Wert des Marktportefeuilles

w

Wachstumsrate (nominal)

wUmsatz

Wachstumsrate der Umsätze

wr

Wachstumsrate (real)

wThesaurierung

thesaurierungsbedingte Wachstumsrate

WC

Working Capital

Wgf

Wiedergewinnungsfaktor

x

Merkmal

z

Risikozuschlag

zmax

maximal zulässiger Risikozuschlag

Zs

Umweltzustand s

α

Alpha-Faktor, Durchschnitt der unsystematischen Renditen

β

Beta-Faktor, Formparameter

βFK

Beta-Faktor des Fremdkapitals

βu

Beta-Faktor des unverschuldeten Unternehmens

βv

Beta-Faktor des verschuldeten Unternehmens

ε

Störvariable

γ

Merkmal

γ̂

Regressionswert

γ̂ = g(x)

Regressionsfunktion

τ

Formparameter

μ(.)

Erwartungswertoperator

1. Kapitel: Grundkonzeption der Unternehmensbewertung

Fall 1: Barwert, Ertragswert und Rentenbarwertfaktor

Sachverhalt:

Herr Glück kauft im Dezember 2019 von seinem Weihnachtsgeld (5 000 Euro) Lose der Klassenlotterie. Er macht seinem Namen alle Ehre, zieht den Hauptgewinn und erhält von der Lotterie fünf Jahre lang, jeweils am Jahresende und beginnend am 31.12.2020, einen Betrag von 40 000 Euro. Mit dem Losgewinn erfüllt sich Herr Glück einen lang gehegten Traum. Er bucht im Reisebüro unverzüglich eine Weltreise im Wert von 200 000 Euro. Leider kann er die Reise nicht in bar bezahlen. Deshalb finanziert er die Reise bei seiner Hausbank durch die Aufnahme eines Kredits, den er aus dem Lottogewinn zurückzahlen will. Die Hausbank verlangt 10 % Zinsen p.a.

Aufgabenstellung:

I. Barwert, Ertragswert und Kapitalwert

1. Erläuterung

In einer Welt mit Zinsen ist der Konsumwert zukünftiger Einzahlungen geringer als der Nominalwert der Einzahlungen. Kann z.B. jemand wählen, ob er ein Bargeschenk über 100 000 Euro heute oder erst in zehn Jahren erhält, so wird er sich für die sofortige Auszahlung entscheiden, denn er kann dann das Geld bei der Bank anlegen und hat in zehn Jahren mit Zins und Zinseszins einen höheren Betrag als 100 000 Euro zur Verfügung. Einzelne, zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallende Beträge können deshalb nur dann sinnvoll miteinander verglichen werden, wenn der Bewerter das Zeitmoment in der Rechnung beachtet; denn Einzahlungen sind zum Bewertungsstichtag umso weniger wert, je weiter sie in der Zukunft liegen, und Auszahlungen sind umso belastender, je näher der Zahlungszeitpunkt liegt.1

Die finanzmathematischen Funktionen des Barwerts, des Ertragswerts und des Kapitalwerts tragen dieser Grundüberlegung Rechnung. Sie ermöglichen dem Bewerter den Vergleich von Zahlungsströmen, auch wenn die durch ein bestimmtes Investitionsprojekt hervorgerufenen Ein- und Auszahlungen im Zeitablauf nach Größe, zeitlichem Anfall und/oder Dauer unterschiedlich sind.2

Der Barwert ist die flexibelste Wertangabe. Er besagt nur, welchen Wert eine Investition zu einem bestimmten Zeitpunkt hat. In der Wahl des Zeitpunkts ist der Bewerter aber frei. Dieser kann mit dem Beginn der Investition zusammenfallen, aber auch deutlich davor oder danach liegen. Der Barwert gibt den Gegenwartswert (present value) an, den der Zahlungsstrom zu diesem beliebig gewählten Zeitpunkt hat. Der Bewerter errechnet ihn, indem er „alle vor dem Bezugszeitpunkt anfallenden Zahlungen bis zum Bezugszeitpunkt aufzinst und alle nach dem Bezugszeitpunkt anfallenden Zahlungen abzinst und dann die Summe aller auf den Bezugszeitpunkt umgerechneten Zahlungen bildet“3.

Der Ertragswert einer Zahlungsreihe ist hinsichtlich des Bewertungsstichtags enger definiert als der Barwert. Er ist ausschließlich zukunftsgerichtet und gibt den Wert an, den eine zukünftige Zahlungsreihe am aktuellen Bewertungsstichtag t = 0 besitzt.4 Der Bewertungsstichtag (Tag, auf den die Bewertung erfolgt) darf aber nicht mit dem Tag verwechselt werden, an dem die Bewertung durchgeführt wird (Bewertungstag). Ökonomisch beschreibt der Ertragswert einer Investition den „Betrag, den man alternativ am Kapitalmarkt anlegen muss, um einen gleichen Einkommensstrom wie aus dem Investitionsobjekt [...] zu erhalten“5.

Der Ertragswert (EW0) einer Zahlungsreihe wird ermittelt, indem die zukünftigen, einzelnen Zahlungen oder gleichbedeutend Cashflows einer Periode (CFt) mit dem Diskontierungszinssatz (i) auf den Bewertungsstichtag (t = 0) abgezinst und anschließend addiert werden.6 Die Berechnungsformel lautet:

Für den Fall einer ewigen (unendlich lang laufenden) nachschüssigen Rente (gleich große Zahlungen) kann die Berechnung des Ertragswerts vereinfacht werden:

Den Ausgangspunkt zur Ableitung dieser Formel (2) bildet die Berechnung gemäß Gleichung (1):

Sind die jährlichen Nettocashflows gleich hoch, laufen sie ewig und werden sie aus Sicht des Bewertungsstichtags nachschüssig gezahlt, kann der Index im Zähler entfallen und die Formel lautet:

Schreibt man die Formel aus, so resultiert daraus:

Werden anschließend beide Seiten der Gleichung mit (1 + i) multipliziert, so ergibt sich:

Wird nun von dieser Gleichung die vorherige Gleichung subtrahiert, so folgt:

und es verbleibt die Gleichung:

EW0 · i = CF.

Die Auflösung der Gleichung nach EW0 liefert die Formel für den Ertragswert einer ewigen Rente:

Der Kapitalwert (KW0, net present value)7 ergänzt den Ertragswert um die (regelmäßig negative) Anfangsinvestition (I0) und entspricht der Differenz zwischen dem Ertragswert eines Investitionsprojekts im Zeitpunkt t = 0 und dessen Investitionsauszahlung:8

bzw.

(4) KW0 = – I0 + EW0.

Ökonomisch bestimmt der Kapitalwert einer Investition den Betrag, „den der Investor im Zeitpunkt t0 zusätzlich konsumieren (oder anlegen) kann, wenn er z.B. einen Kredit zum Zinssatz i aufnimmt, die Investition durchführt und mit den Einzahlungen aus der Investition den Kredit einschließlich der Zinsen zurückzahlt“9. Der Investor erkennt an ihm, ob die Investition für ihn einen finanziellen Mehrwert schafft und – wenn ja – wie hoch dieser ist. Jede Investition, die einen Kapitalwert größer als null aufweist, ist vorteilhaft und sollte durchgeführt werden, da ein positiver Kapitalwert die Konsummöglichkeiten des Investors erhöht. Eine Realisierung des Investitionsprojekts sollte dagegen unterbleiben, wenn dessen Kapitalwert kleiner als null ist, da ein negativer Kapitalwert die Konsummöglichkeiten des Investors verringert.10 Stehen mehrere Investitionen zur Auswahl, so ist diejenige zu favorisieren, die den größten Kapitalwert liefert.

2. Anwendung auf den Fall: Ertragswert und Kapitalwert des Glücksspielgewinns von Herrn Glück

Geht Herr Glück etwas naiv davon aus, dass ihm der Nominalwert des Lottogewinns i.H.v. 200 000 Euro (= fünf Jahreszahlungen zu 40 000 Euro) als Vermögenszuwachs zur Verfügung steht, und bucht er eine entsprechend teure Reise, so übersieht er, dass er die Einzahlungen aus dem Lottogewinn erst viel später erhält und bekommt die Folgen seines Missgeschicks in den darauffolgenden Jahren zu spüren. Zahlt Herr Glück nämlich den i.H.v. 200 000 Euro aufgenommenen Kredit nur mithilfe der jährlichen Lottogewinneinzahlungen zurück, so steht am Ende der Darlehenslaufzeit (2024) noch ein Restkredit i.H.v. 77 898 Euro aus:

Tabelle 1: Tilgungsplan des Darlehens i.H.v. 200 000 Euro

(in €)

2020

2021

2022

2023

2024

Darlehen zum 1.1.

–200 000

–180 000

–158 000

– 133 800

–107 180

Schuldzinsen zum 31. 12.

–20 000

–18 000

–15 800

–13 380

–10 718

Tilgung aus Gewinn

40 000

40 000

40 000

40 000

40 000

Darlehen zum 31. 12.

–180 000

–158 000

–133 800

–107 180

–77 898

Herr Glück vergaß im Rahmen seiner Berechnung den Zinseffekt. Der Investor muss zukünftige Zahlungen diskontieren und den diskontierten Betrag mit heutigen Zahlungen vergleichen, um zu ökonomisch sinnvollen Ergebnissen zu gelangen. In seiner allgemeinen Form gibt der Bruch den Diskontierungsfaktor an. Er besagt, mit welchem Faktor der Cashflow einer bestimmten Periode (t) multipliziert werden muss, um zu seinem Ertragswert zu gelangen. Für Herrn Glück errechnet sich bei einem relevanten Marktzins von 10 % der Gegenwartswert des Lottogewinns unter Anwendung der Ertragswertformel (1):

Der Gegenwartswert eines über fünf Jahre in konstanten Raten ausgezahlten Lottogewinns i.H.v. insgesamt 200 000 Euro beträgt bei 10 % Zinsen nur 151 631,47 Euro. Je weiter die Auszahlung des Gewinns in der Zukunft liegt, umso geringer ist ihr (Konsum-)Wert. Die Richtigkeit des Ergebnisses lässt sich am Beispiel des Darlehens darstellen:

Tabelle 2: Tilgungsplan des Darlehens i.H.v. 151 631,47 Euro

(in €)

2020

2021

2022

2023

2024

Darlehen zum 1.1.

–151 631,47

126 794,62

–99 474,08

–69 421,49

–36 363,64

Schuldzinsen zum 31. 12.

–15 163,15

–12 679,46

–9 947,41

–6 942,15

–3 636,36

Tilgung aus Gewinn

40 000

40 000

40 000

40 000

40 000

Darlehen zum 31. 12.

126 794,62

–99 474,08

–69 421,49

–36 363,64

0

Nur wenn Herr Glück bei seiner Weltreise auf einige Annehmlichkeiten verzichtet, für sie (nur) 151 631,47 Euro aufwendet und diesen nun geringeren Konsum durch eine Kreditaufnahme finanziert, ist es ihm möglich, das Darlehen zuzüglich anfallender Zinsen vollständig aus dem Lottogewinn zurückzuzahlen. Damit zeigt sich: Der Ertragswert des Lottogewinns beträgt – bei 10 % Zinsen und nur dann – exakt 151 631,47 Euro.

Herr Glück musste 5 000 Euro investieren, um die Lose zu erwerben. Vermindert er nun den Ertragswert des Lottogewinns (151 631,47 Euro) um diese anfänglichen Investitionsausgaben, so erhält er den Kapitalwert der Investition i.H.v. 146 631,47 Euro, also den Betrag, um den Herr Glück durch den Lottogewinn tatsächlich reicher geworden ist:

KW0 = –I0 + EW0 = –5 000 + 151 631 = 146 631,47 €.

II. Rentenbarwertfaktor

1. Erläuterung

Der Rentenbarwertfaktor erleichtert das Berechnen des Ertragswerts. Er erlaubt es dem Bewerter, bestimmte Zahlungen zusammenzufassen und ihren Barwert in einem einzigen Rechenschritt zu ermitteln. Die Verwendung des Rentenbarwertfaktors (Rbf) setzt aber voraus, dass konstante Zahlungsströme (Cashflows in Form einer Rente) über eine bestimmte Anzahl von zusammenhängenden Perioden vorliegen und ein gleichbleibender Diskontierungszinssatz anzuwenden ist. In diesem Fall berechnet sich der Ertragswert der Rente zu Beginn des Rentenzeitpunkts mit:11

Der Rentenbarwertfaktor kann – bei Vorliegen eines in der Höhe konstanten Zahlungsstroms CF (Rente) über T Perioden und einem gleichbleibenden Diskontierungszinssatz – direkt aus der Gleichung (1) – Ertragswertformel – abgeleitet werden:12

Der Zeitindex (t) im Zähler kann dann entfallen, so dass gilt:

Werden nun beide Seiten der Gleichung mit (1 + i) multipliziert, so resultiert daraus:

Wird nun von dieser Gleichung die vorige subtrahiert, so folgt:

Und die Gleichung vereinfacht sich zu:

Wird nun der erste Term auf der rechten Seite (CF) mit erweitert, so ergibt sich:

Die Multiplikation der beiden Seiten der Gleichung mit führt zu:

Das Ausklammern von CF liefert die Formel zur Berechnung des Ertragswerts mithilfe des Rentenbarwertfaktors (Gleichung (5)):

2. Anwendung auf den Fall: Ertragswert und Rentenbarwertfaktor des Glücksspielgewinns von Herrn Glück

Herr Glück erhält aus dem Lottogewinn drei Zahlungsreihen: Zehn Jahre lang 8 000 Euro (beginnend am 31.12.2020), 15 Jahre lang 7 000 Euro (beginnend am 31.12.2030) und fünf Jahre lang 3 000 Euro (beginnend am 31.12.2045).

Der Bewerter kann den Barwert dieser Zahlungen im Einzelnen – Schritt für Schritt – ermitteln:

Er muss dann aber dreißig Zwischenwerte errechnen. Einfacher löst sich die Aufgabe unter Einsatz des Rentenbarwertfaktors. Der Rentenbarwertfaktor beträgt bei einem konstanten Alternativzins von 10 % und

  • bei einer Periode von zehn Jahren:

  • bei einer Periode von 15 Jahren:

  • bei einer Periode von fünf Jahren:

Dabei ist noch zu beachten, dass der Bewerter unter Einsatz des Rentenbarwertfaktors einen Wert erhält, der dem Barwert der nachschüssig gezahlten gleichbleibenden Zahlungen zu Beginn des jeweiligen Zahlungszeitraums entspricht, ab dem die bewerteten konstanten Zahlungen fließen. Während also unter Verwendung des Rentenbarwertfaktors der Bewerter für die Zahlungen der ersten zehn Jahre den Barwert dieser Cashflows zum Bewertungsstichtag (1.1.2020) erhält, bezieht sich der Barwert des zweiten kontinuierlichen Zahlungszeitraums auf den 1.1.2030 und der Barwert der letzten Zahlungsperiode auf den 1.1.2045. Diese Barwerte sind ihrerseits noch einmal abzuzinsen, um zum Ertragswert des Lottogewinns zu gelangen. (Bei exakter Berechnung – ohne Rundung – ergibt sich der zuvor ermittelte Betrag.)

III. Annuitätenfaktor

1. Erläuterung

Weichen die Zahlungsströme einer Investition von den Konsumwünschen des Investors ab oder soll ein Vergleich mit anderen Zahlungsströmen erfolgen, kann auf einem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt „rechnerisch durch Auf- und Abzinsung und praktisch durch Geldanlage oder -aufnahme die ursprüngliche Struktur einer Zahlungsreihe in eine andere Struktur“13 überführt werden, ohne dass der Kapitalwert sich ändert. Will der Bewerter unregelmäßige Zahlungen in eine Reihe uniformer Zahlungen überführen, so gelingt dies unter Einsatz der Annuitätenmethode. Sie transformiert die nicht uniforme Investitionsauszahlungsreihe in einen gleichbleibenden nachschüssigen Zahlungsstrom (Rente), indem sie den Kapitalwert durch den Rentenbarwertfaktor dividiert.14

Der Ertragswert einer gleichbleibenden, periodisch wiederkehrenden Zahlung lässt sich gemäß Gleichung (5) mit dem Rentenbarwertfaktor berechnen:

Wird diese Gleichung nach dem Cashflow (= Rentenbetrag oder Annuität) aufgelöst:

und bildet man den Kehrwert des Rentenbarwertfaktors, so vereinfacht sich die Gleichung zu:

Dieser Kehrwert des Rentenbarwertfaktors wird als Annuitäten- oder Wiedergewinnungsfaktor (Wgf) bezeichnet. Er rechnet einen im Zeitpunkt t = 0 zur Verfügung stehenden Geldbetrag bei gegebenem Zinssatz (i) und gegebener Laufzeit (T) in eine über T Perioden jeweils am Periodenende ausgezahlte Rente um.

2. Anwendung auf den Fall: Nachschüssige Rentenzahlung des Herrn Glück

Im gegebenen Fall ist der Annuitätenfaktor für fünf Jahre bei einem Zinssatz von 10 % p.a. zu berechnen und mit dem Ertragswert des Lotteriegewinns i.H.v. 70 733,47 Euro zu multiplizieren:

Herr Glück kann sich bei einer Verzinsung von 10 % fünf Jahre lang jeweils eine Reise im Gegenwert von 18 659,31 Euro leisten und die Reisekosten vollständig aus dem Lottogewinn bezahlen. Zwar muss Herr Glück seinen Konsum über eine Kreditaufnahme finanzieren, da die Lottogesellschaft den Gewinn erst später überweist. Der Kredit wird aber – einschließlich seiner Verzinsung – vollständig durch die zukünftigen Gewinngutschriften ausgeglichen. Die Zahlungsströme sehen wie folgt aus:

Tabelle 3: Nachschüssige Rentenzahlung von 18 659,31 Euro

(in €)

2020

2021

...

2024

2025

2026

...

2048

2049

Darlehen zum 1.1.

0

–10 659

...

–49 470

–65 076

–63 584

...

–5 207

–2 727

Schuldzinsen zum 31. 12.

0

–1 066

...

–4 947

–6 508

–6 358

...

–521

–273

Cashflow aus Lottogewinn

8 000

8 000

...

8 000

8 000

8 000

...

3 000

3 000

Konsum: Reise

–18 659

–18 659

...

–18 659

0

0

...

0

0

Darlehen zum 31. 12.

–10 659

–22 385

...

–65 076

–63 584

–61 942

...

–2 727

0

Weiterführende Literatur

Brealey, Richard A./Myers, Stewart C./Allen, Franklin,

Principles of Corporate Finance, 19. Aufl. (int. ed.), Boston u.a. 2020, S. 20–45

Kruschwitz, Lutz/Lorenz, Daniela,

Investitionsrechnung, 15. Aufl., München 2019, S. 46–78

Schmidt, Reinhard H./Terberger, Eva,

Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie, 4. aktualisierte Aufl., Wiesbaden 2006, S. 128–151

Fall 2: Zweckabhängige Unternehmensbewertung: Ermittlung von Entscheidungs- und Schiedswerten

Sachverhalt:

Steuerberater Heinrich Tippe hat kürzlich seinen 92. Geburtstag gefeiert und sich auf Drängen seiner Enkel entschlossen, etwas kürzer zu treten. Deshalb plant er den Verkauf seiner Steuerberatungskanzlei zum 31.12.2019. Die Bilanz seiner Kanzlei hat folgendes Aussehen:

Tabelle 4: Bilanz der Kanzlei „Tippe“

Bilanz (in €) zum 31.12.2019

Software, Lizenzen

40 000

Eigenkapital

187 000

Grundstück Neudorf

100 000

Jahresüberschuss

25 000

Betriebsausstattung

158 000

Rückstellungen

3 000

Forderungen aus LuL

7 000

Verbindlichkeiten aus LuL

5 000

Bank und Kasse

15 000

Bankdarlehen

100 000

Bilanzsumme

320 000

Bilanzsumme

320 000

Die zugehörige Kapitalflussrechnung (Cashflow-Rechnung) weist das nachstehende Bild auf:

Tabelle 5: Cashflow-Rechnung der Kanzlei „Tippe“

Cashflow-Rechnung (in €)

2019

Honorareinzahlungen

360 000

Honorare Vereine

0

Miete Neudorf

8 000

Summe Einzahlungen

368 000

Löhne

224 000

Büromieten

42 000

Fachliteratur

15 000

Telefon, Porto

4 000

Grundstücksauszahlungen Neudorf

3 000

Ersatzinvestitionen in das AV

10 000

Sonstige laufende Auszahlungen

39 000

Zinsauszahlungen

6 000

Summe Auszahlungen

343 000

Nettocashflow

25 000

Zusätzlich informiert Sie Tippe darüber, dass er die örtlichen Sportvereine in Steuerfragen kostenlos berät und daher jährlich auf ein Honorar von 5 000 Euro verzichtet. Tippe ist auf die Erhaltung seiner Geschäftsausstattung bedacht. Er investiert daher regelmäßig in einer Höhe, die den Wertverlust seiner Vermögensgegenstände ausgleicht. Im Übrigen sind die Auszahlungen und Einzahlungen des Geschäftsjahres 2019 stabil. Tippe erwirtschaftet den Nettocashflow von 25 000 Euro seit Jahren und geht auch für die Zukunft von entsprechenden Zahlungen aus.

Tippe ist risikoscheu. Er plant, das Geld aus dem Verkauf des Unternehmens bei seiner Hausbank langfristig zu 5 % anzulegen. Wäre er bereit, mehr Risiko zu übernehmen (was er nicht ist), so könnte er seinem Portfolio Aktien beimischen und eine – kapitalmarkttypische – Durchschnittsrendite von 8,5 % erzielen.

Carlo Neumeier ist an dem Erwerb der Kanzlei interessiert. Er kennt die Kanzlei schon seit seiner Kindheit und hat sich schon immer gewünscht, sie zu erwerben. Neumeier hat gerade seine Steuerberaterprüfung erfolgreich abgelegt und möchte ein Kaufpreisangebot abgeben. Er teilt Ihnen mit, dass er auf dem Gebiet der internationalen Besteuerung sehr beschlagen ist, sich sein Können sehr schnell herumspricht und er allein durch sein spezielles Fachwissen jährliche Mehreinnahmen von 30 000 Euro erzielen wird. Natürlich würde er als rational handelnder Unternehmer auch die Sportvereine zukünftig entgeltlich beraten (Einzahlungszuwachs = 5 000 Euro). Auch kann Carlo Neumeier die jährlichen Raumkosten, die der Kanzlei „Tippe“ durch das Anmieten eines großen Archivs und einer üppig ausgestatteten Bibliothek entstehen, deutlich senken. Neumeier ist nämlich bereits Eigentümer einer gut gehenden Unternehmensberatung, die er in eigenen Räumen betreibt. Wenn die Mitarbeiter dort ein wenig zusammenrücken, kann er auf der frei gewordenen Fläche Archiv und Bücher unterbringen. Die damit verbundene Mietersparnis beläuft sich auf 10 000 Euro.

Carlo Neumeier müsste den Kaufpreis bei seiner Hausbank zu 10 % refinanzieren.

Aufgabenstellung: