Im Mai 2019 hat Konstanz als erste Stadt in Deutschland den Klimanotstand ausgerufen und ist damit dem Beispiel von anderen Städten rund um die Welt (wie Vancouver, Basel und London) gefolgt. Damit werden alle Entscheidungen der Stadt unter der Berücksichtigung des Klimaschutzes getroffen. Und was noch wichtiger ist: Mit diesem Schritt erkennt eine öffentliche Stelle – in diesem Fall die Stadtverwaltung – offiziell an, dass der Klimawandel jeden betrifft und dass jetzt gehandelt werden muss. Seitdem rufen auch andere Städte den Klimanotstand aus, oder sie diskutieren darüber.
Die Bewegung »Fridays for Future«, also »Freitage für die Zukunft«, entstand nach dem Vorbild der schwedischen Schülerin Greta Thunberg, die 2018 beschloss, freitags nicht mehr in die Schule zu gehen, sondern die Welt auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Dazu schwänzt sie seitdem jeden Freitag die Schule und demonstriert für ein besseres Klima. Mit ihren Reden konnte sie schnell und sogar weltweit viele Anhänger unter anderen Schülern finden. Immer mehr Schüler und Studenten gehen inzwischen freitags auf die Straßen und demonstrieren für mehr Klimaschutz. Der Protest wird von ihnen selbst organisiert – mittlerweile sollen schon an die 2 Millionen Menschen daran beteiligt sein. Greta Thunberg wurde deshalb sogar als »Ambassador of Conscience« geehrt – das bedeutet »Botschafterin des Gewissens« –, der höchsten Auszeichnung, die man von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International bekommen kann.
Ziel der Demonstrationen ist, dass die Politiker mehr gegen den Klimawandel unternehmen. Die Schüler glauben, dass sie durch den Schulstreik die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Bis jetzt ist ihnen das auch gelungen – in Deutschland gehen mittlerweile jeden Freitag einige Zehntausend Schüler und Studenten auf die Straßen. Und weil sich die Proteste auch über viele andere Länder der ganzen Welt erstrecken, bekommt das Thema noch wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Die Medien der ganzen Welt sorgen damit für Gesprächsstoff. Die Schüler organisieren die Proteste selbst über Chatgruppen im Internet.
Eine der wichtigsten Aussagen der Teilnehmer ist, dass ihrer Meinung nach zu wenig und zu langsam gehandelt wird, um unser Klima nachhaltig zu schützen. Ziel der Politik in Deutschland ist zum Beispiel, dass die Temperatur der Erde bis zum Jahr 2100 um weniger als 2 Grad Celsius ansteigen soll. Um das umzusetzen, sind aber noch keine Lösungen beschlossen worden. Man überlegt, welcher Weg dazu der richtige ist. Deshalb fordern die Schüler in ihren Protesten ein schnelleres Handeln von Seiten der Politik. Die Politiker sehen das Ganze etwas anders, denn in den letzten Jahren wurden bereits für ganz Europa geltende Lösungen gefunden, um zum Beispiel den umweltschädlichen CO2-Ausstoß zu verringern (s. auch Seite 41). Sie sind aber auch der Ansicht, dass man nicht einfach so eine ganze Gesellschaft »umkrempeln« kann. Denn an allem, was schlecht für das Klima ist, sind Menschen beteiligt. Wenn man allein den Kohleabbau betrachtet, der aus Sicht der Schüler am besten sofort abgeschafft werden sollte, muss man laut den Politikern auch bedenken, dass viele Menschen von dieser Arbeit leben. Das heißt, es ist nicht so einfach, alles nach dem Klimaschutz auszurichten, weil sich unsere Gesellschaft in den letzten 200 Jahren darauf spezialisiert hat, modern zu leben, und dabei aber leider auch begonnen hat, das Klima zu schädigen. Es wird sich zeigen, ob und inwieweit die Proteste der Schüler wirkungsvoll sein werden. Gegner der Proteste sind der Meinung, dass sich die Jugend zwar für wichtige Themen interessieren und sich auch beteiligen sollte, dies allerdings in ihrer Freizeit und nicht während der Schulstunden.
Die Ausrufung des Klimanotstandes in verschiedenen Städten ist jedenfalls schon einmal ein Zeichen dafür, dass die Proteste wahrgenommen werden. Für die Einwohner ändert sich deswegen aber erst einmal nichts. Es geht vielmehr darum zu zeigen, dass man handeln möchte. Wie und in welchem Ausmaß das dann passiert, kann jede Verwaltung selbst beschließen. Die Stadt Konstanz hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 komplett klimaneutral zu werden. Das bedeutet, die klimaschädlichen Gase in der Atmosphäre werden durch sie dann nicht weiter erhöht. Außerdem soll bis dahin ein jährlicher Bericht über den Fortschritt bei der Verminderung der CO2-Ausstöße abgegeben werden.
Überlieferungen besagen, dass es schon vor 4000 Jahren Menschen gab, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen ließen. In Deutschland werden pro Jahr ungefähr 150 Babys geboren, bei denen nicht festgelegt werden kann, ob sie männlich oder weiblich sind. Doch erst in den letzten Jahren wurde das Thema auch immer mehr in der Öffentlichkeit besprochen. Menschen mit dem dritten Geschlecht können sich auf unterschiedliche Weise von den beiden gängigen Geschlechtern unterscheiden. Da gibt es zum einen die biologische Seite: In diesem Fall ist es nicht möglich, ein Geschlecht aufgrund der typischen Geschlechtsmerkmale von Mann und Frau zu benennen. Dann gibt es die soziale Seite: Einige Menschen können oder wollen sich nicht in die gängigen Geschlechterrollen einfügen – sie fühlen sich weder als Frau noch als Mann.
Lange wurde nicht geklärt, wie man hierzulande damit umgehen soll, bis 2017 eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Klarheit schuf. Laut diesem Urteil gibt es nun auch offiziell ein drittes Geschlecht, oft abgekürzt mit »d« für »divers«. Darunter werden alle zusammengefasst, die entweder wegen ihrer körperlichen Voraussetzungen oder wegen ihrer persönlichen Einstellung nicht zu Mann oder Frau gezählt werden können oder wollen. Für diese Menschen, die man »intersexuell« nennt, hat das den Vorteil, dass sie sich nun nicht mehr für ein Geschlecht entscheiden müssen, wenn es zum Beispiel darum geht, bei Behörden oder Ärzten Formulare auszufüllen. Dennoch gibt es auch unter den intersexuellen Menschen viele verschiedene Ausprägungen. Die Einführung des dritten Geschlechts in Deutschland ist ein Schritt, den auch andere Länder, zum Beispiel Australien, Dänemark, Indien, Kanada, die Niederlande, Österreich und einige mehr, unternommen haben.
Wenn man sich mit dem Begriff »Gendern« beschäftigen möchte, muss man zuerst wissen, was das überhaupt bedeutet. »Gender« kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt »Geschlecht«. Aber es geht dabei nicht um das Geschlecht im biologischen Sinne, also darum, ob jemand, körperlich gesehen, ein Mann oder eine Frau ist. Gender meint das »soziale« Geschlecht. In der deutschen Sprache passiert es oft, dass wir jemandem automatisch ein bestimmtes Geschlecht zuordnen – zum Beispiel, was manche Berufsbezeichnungen betrifft, obwohl diese Berufe sowohl von Frauen als auch von Männern ausgeübt werden. Man spricht etwa vom Bäcker, obwohl es natürlich auch Bäckerinnen gibt. Oder von Lastwagenfahrern, obwohl auch einige Frauen diesen Beruf ausüben. Das Gendern soll dabei helfen, dass sich alle gleichberechtigt fühlen, und das geschieht in diesem Fall über die Sprache: Sie soll immer beide Geschlechter berücksichtigen. Dazu haben sich verschiedene Schreibweisen entwickelt, zum Beispiel Bäcker/ in oder BäckerIn. Auf diese Weise stecken in den Wörtern beide Möglichkeiten, und keiner muss das Gefühl haben, nicht so wichtig zu sein wie das andere Geschlecht. Für diejenigen, die sich zu dem dritten Geschlecht (s. Seite 15) zählen, gibt es eine weitere Schreibweise: Bäcker*in. Der Stern soll zeigen, dass es außer den beiden Geschlechtern männlich und weiblich auch noch andere Formen gibt.
Wenn man anfängt, über diese verschiedenen Schreibweisen nachzudenken, oder sie dann auch mit in die Sprache übernimmt, fällt erst auf, wie oft wir bestimmte Dinge einem Geschlecht zuordnen. Doch trotzdem hat die ganze Sache auch einen Haken. Jeder, der schon einmal einen längeren Text verfasst hat, weiß, wie schwierig es werden kann, wenn man dabei gendert. Denn in diesem Fall müssen immer alle Möglichkeiten der Schreibweise miteinbezogen werden. Das würde dann zum Beispiel so aussehen: »Wenn der/die Bäcker*in ihre/seine Schicht beendet hat, trifft er/sie sich mit ihrem/ seinem Freund*in im Zug nach Hause, in dem heute zwei Zugführer*innen eingeteilt sind.« Das kann auf Dauer dann doch etwas schwierig werden. Deshalb wird in den meisten Texten entweder nur die Variante mit dem Schrägstrich verwendet, oder es wird darauf hingewiesen, dass nicht gegendert wird. In dem Fall wird dann alles in der männlichen Form geschrieben (der Bäcker), aber jeder weiß, dass daran gedacht wurde, auch die anderen mit einzubeziehen. Manchmal wird innerhalb eines Textes aber auch einfach immer wieder zwischen den Endungen abgewechselt – so wird auch klar, dass ans Gendern gedacht wurde.
Ist das denn wirklich alles unbedingt nötig, fragt man sich jetzt. Eigentlich schon, denn man hat herausgefunden, dass sich Menschen unterschwellig durch die Sprache beeinflussen lassen. Wenn also zum Beispiel bei einem Berufsbild immer nur die Rede von der männlichen Variante ist, dann geht man unbewusst automatisch davon aus, dass dieser Beruf auch eigentlich nur für Männer richtig ist. Das wäre allerdings schade, denn was wäre unsere Welt ohne Ärztinnen, Polizistinnen oder Lehrerinnen? Es ist also doch verblüffend, was die Sprache alles bewirken kann. Und in unserer modernen Welt, in der alles immer aufgeschlossener wird, ist es dann im Grunde nur logisch, wenn man auch ans Gendern denkt.
Das Thema Brexit hat nicht nur die Briten in den letzten Jahren in Atem gehalten, sondern die gesamte Europäische Union. Der Begriff setzt sich aus »Britain« (Großbritannien) und »Exit« (Austritt) zusammen. Gemeint ist damit der Austritt Großbritanniens aus der EU.
Die Europäische Union in ihrer heutigen Form wurde 1992 gegründet, inzwischen besteht sie aus 28 Mitgliedsstaaten. Politische Entscheidungen, die ganz Europa betreffen, werden in der Union von den Ländern gemeinsam getroffen. Dabei geht es zum Beispiel um wirtschaftliche Belange, Bildung oder Umweltschutz. Auch Deutschland ist Mitglied in der EU. Im Jahr 2002 wurde für viele der Staaten sogar eine neue, einheitliche Währung eingeführt – darum bezahlt man in diesen Ländern nun mit dem Euro.
Großbritannien wurde zwar auch ein Mitglied der EU, doch es gab immer wieder Probleme, denn die Briten waren mit einigen Regelungen nicht einverstanden. Da war zum Beispiel der Streit um die neue Währung, denn die Briten wollten ihre eigene – das Pfund – beibehalten und haben es ja am Ende auch getan. Außerdem wollten sie bei einigen Entscheidungen der EU nicht mitmachen. Das war zum Beispiel während der Finanzkrise in Griechenland ein großes Thema – die Briten wollten sich nicht an dem finanziellen Aufbau des Landes beteiligen. Es war also schon immer ein bisschen schwierig, Großbritannien richtig in die EU einzugliedern, aber man hatte Lösungen gefunden. Trotzdem stieß der damalige britische Premierminister David Cameron immer wieder auf Widerstand im eigenen Land, weil viele Bürger die Mitgliedschaft in der EU ablehnten. Der Premierminister ist Regierungschef von Großbritannien, etwa so wie bei uns die Bundeskanzlerin. Deshalb entwarf er schließlich das sogenannte EU-Referendum: Die Bürger von Großbritannien sollten in dieser Volksbefragung die Möglichkeit bekommen, selbst darüber abzustimmen, ob sie in der EU bleiben wollen oder nicht.
Am 23.06.2016 war es dann so weit – die Mehrheit der Bürger Großbritanniens wollte einen Austritt aus der EU. Das Ergebnis war knapp: 51,9 Prozent hatten dafür gestimmt. David Cameron war aber ein Befürworter der EU und kündigte deshalb nach diesem Ergebnis seinen Rücktritt an. Die neue Premierministerin hieß ab Juli 2016 Theresa May. Ihre Aufgabe war es von nun an, den Austritt aus der EU zu »regeln«, also Verhandlungen mit den anderen Ländern der EU zu führen, damit Großbritannien möglichst unbeschadet austreten kann. Im Jahr darauf stellte sie den offiziellen Antrag auf Austritt aus der EU. Von da an fanden Verhandlungen statt, für die May zwei Jahre Zeit haben sollte. Doch diese waren nicht so einfach wie gedacht und zogen sich deshalb in die Länge.
Größter Streitpunkt war dabei Irland – diese Insel gehört nämlich auch zu Großbritannien. Sie besteht aus zwei Gebieten: Nordirland und der Republik Irland. Durch den Friedensvertrag von 1998 wurde zwar geregelt, dass Nordirland und Irland getrennt sind, dies aber die Bewohner nicht beeinflussen darf. Und ebendiese Abmachung würde durch den Brexit in Gefahr geraten: Denn dann wären Nordirland und Irland durch eine EU-Grenze getrennt. Irland würde sich noch innerhalb der EU befinden, Nordirland aber zu Großbritannien gehören und damit aus der EU austreten. Das hätte zur Folge, dass es entgegen dem Friedensvertrag eine bewachte Grenze zwischen den beiden Ländern gäbe. Dieses Problem sollte durch den sogenannten Backstop geregelt werden. Der beinhaltet, vereinfacht gesagt, ein wirtschaftliches Abkommen zwischen Großbritannien und Irland, das beiden Ländern ermöglicht, sich langsam an den Brexit zu »gewöhnen«. Wenn das geschafft ist, soll es neue Verhandlungen geben.
Doch mit genau diesem Backstop sind viele Mitglieder der britischen Regierung nicht zufrieden. Die Zeit wurde knapp und der Streit im englischen Parlament immer größer. Auch die Mitglieder der EU verloren langsam die Geduld, da kein Ende der Verhandlungen in Sicht war.
Ende 2018 wurde dann endlich ein Abkommen von Seiten der EU unterschrieben. Das Problem dabei war nur, dass die Mitglieder des englischen Parlaments immer noch nicht zufrieden damit waren. Das Ganze ging so weit, dass man darüber abstimmte (in einem sogenannten Misstrauensvotum), ob Theresa May noch Premierministerin bleiben sollte – sie wurde dabei aber nicht abgewählt.
2019 wurde klar, dass ein »geregelter« Brexit, der im Frühjahr schließlich stattfinden sollte, nicht mehr umzusetzen war. Alles deutete nun darauf hin, dass nur noch ein ungeregelter Brexit möglich ist, was nicht nur für Großbritannien, sondern auch für alle anderen EU-Staaten zu großen wirtschaftlichen Problemen führen würde. Die Premierministerin musste ein weiteres Misstrauensvotum über sich ergehen lassen, das sie aber auch überstand.
Die EU hatte Großbritannien eine weitere Verlängerung der Frist bis Oktober 2019 zugebilligt. Dann musste der Brexit aber endgültig vollzogen werden, egal, ob geregelt oder ungeregelt – das nennt man auch den »harten Brexit«. Theresa May legte aufgrund der Unstimmigkeiten im Juli 2019 ihr Amt nieder. Boris Johnson wurde ihr Nachfolger. Er ist für einen Austritt Großbritanniens aus der EU.
Zu diesem Zeitpunkt war sich die Bevölkerung Großbritanniens aber gar nicht mehr so sicher, ob sie den Brexit wirklich durchsetzen wollte. Denn angefangen hatte ja alles nur mit einer sehr kleinen Mehrheit. Wenn man gerade die jungen Menschen zu diesem Thema befragte, sah es so aus, als würden mehr von ihnen dafür stimmen, doch in der EU zu bleiben.
In der heutigen Zeit sind die Begriffe »Migranten« oder »Flüchtlinge« fast täglich Thema. Aber kennt auch jeder den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen?
Migranten sind Menschen, die freiwillig innerhalb eines Landes oder über Grenzen hinweg in andere Länder umziehen. Grund dafür ist meistens die Arbeitssituation in ihrem Heimatland. Sie suchen einen Job – finden vor Ort aber keinen geeigneten und sehen woanders bessere Chancen. Manchmal migrieren (»wandern«) Menschen aber auch einfach nur deshalb, weil es ihnen in einem anderen Land besser gefällt. Migranten kommen freiwillig hierher und können auch jederzeit wieder zurückkehren.
Bei Flüchtlingen sieht das ganz anders aus: Ihnen droht in ihrer Heimat Gefahr. Meistens weil sie einen anderen Glauben haben oder weil sie nicht mit der herrschenden Regierung einverstanden sind. Oft ist es auch der Krieg, der die Menschen dazu zwingt, ihre Heimat als Flüchtlinge zu verlassen. Im Grunde steckt die Antwort im Begriff: Flüchtlinge oder Geflüchtete sind Menschen, die vor etwas fliehen oder geflohen sind. Sie verlassen ihre Heimat im Gegensatz zu den Migranten nicht freiwillig und können auch erst einmal nicht mehr zurückkehren.
Seitdem im Jahr 2015 Hunderttausende Menschen nach Europa geflüchtet sind, ist das Schlagwort »Flüchtlingskrise« nicht nur in aller Munde, sondern auch täglich in der Presse. Das heißt, jeder hat von diesem Thema gehört, und die meisten haben sich auch ihre Meinung dazu gebildet. Trotzdem ist nicht für jeden wirklich klar, worum es dabei eigentlich geht. Denn was hat diese Krise überhaupt ausgelöst, und warum kommen alle Flüchtlinge nach Europa? Und haben wir überhaupt eine echte Flüchtlingskrise?
Im Grunde gehören große Völkerwanderungen schon immer zur Geschichte der Menschheit. Schon vor vielen Tausend Jahren zwangen Naturkatastrophen, Kriege oder Seuchen die Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen – und das nur, um zu überleben. Sie hatten also keine andere Wahl. Das Problem der heutigen Flüchtlinge – die meistens aus Kriegsgebieten fliehen oder in ihrem Heimatland religiös verfolgt werden – ist, dass sie ein Visum benötigen, also eine Einreisegenehmigung, und dieses nicht haben. Deshalb wenden sie sich an sogenannte Schleuser. Die Schleuser verlangen viel Geld dafür, dass sie die Flüchtlinge nach Europa bringen. Das Ganze passiert auf verbotene Weise, indem die Flüchtlinge zum Beispiel auf völlig überfüllten Booten über das Mittelmeer herkommen, in der Hoffnung, dass sie von einem der europäischen Ländern aufgenommen werden. Bei diesen Fluchten passieren oft schreckliche Unfälle, oder die Boote sind so überfüllt, dass immer wieder Menschen dabei ums Leben kommen. Die Bilder davon erreichen uns beinahe jeden Tag über die Presse.
In Europa gilt das Asylrecht. »Asyl« ist das griechische Wort für »Heim«. Das Asylrecht besagt, dass Menschen, die sich auf der Flucht befinden und um ihr Leben fürchten müssen, Unterschlupf in der EU bekommen. Asylberechtigt sind Menschen, die in ihrem Heimatland politisch verfolgt werden. 1951 wurde dazu die erste Regelung ins Leben gerufen: die Genfer Flüchtlingskonvention (eine Konvention ist ein Bündnis verschiedener Länder). In diesem Vertrag wurde festgelegt, wie mit Flüchtlingen umgegangen werden soll. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention gilt ein Mensch als Flüchtling, wenn er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, der Religion, seiner Staatsangehörigkeit oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt oder bedroht wird.
Aber warum gibt es im Moment eine solche Flüchtlingskrise? Die EU (Europäische Union) war nicht auf einen derartigen Ansturm von Flüchtlingen, wie er 2015 stattfand, eingestellt. Aufgrund der Situationen, die in manchen Ländern immer schlimmer wurde, sahen sich immer mehr Menschen dazu gezwungen zu fliehen. Es gab und gibt immer noch keine EU-weiten und einheitlichen Gesetze dazu, wie man mit dem Flüchtlingsstrom umgehen soll – oder wie die Flüchtlinge »verteilt« werden sollen, also wie viele jedes Land aufnehmen muss. Die einzige momentan gültige Regelung ist die sogenannte Dublin-Verordnung. Sie besagt, dass ein Flüchtling in dem Land, das er als Erstes betreten hat, einen Antrag auf Asyl stellen muss. Das Problem ist aber, dass viele der europäischen Länder, die am Mittelmeer liegen und in denen die meisten Flüchtlinge ankommen, selbst Probleme haben. Sie würden es nicht schaffen, die Flüchtlinge so lange zu unterstützen, bis sie ihr Leben selbst meistern können. Das wirkt sich auch auf die Auffanglager aus, in denen sie zunächst untergebracht werden. Dort herrschen teilweise menschenunwürdige Zustände, sodass viele Flüchtlinge weiterziehen und ihr Glück in anderen Ländern, wie Deutschland oder Österreich, versuchen. Darauf sind dann aber wiederum diese Länder nicht eingestellt – die Bearbeitung der Asylanträge dauert immer länger, weil zu schnell zu viele Menschen angekommen sind. Inzwischen versucht die EU, eine Lösung zu finden, indem man festlegen möchte, welches Land wie viele Flüchtlinge aufnehmen soll. Dabei achtet man auf die Größe des Landes, die Anzahl der Arbeitslosen im Land, die wirtschaftliche Situation und darauf, wie viele Flüchtlinge das Land bisher schon aufgenommen hat.
Seit einigen Jahren wird in der Politik in verschiedenen Ländern wieder verstärkt über das »bedingungslose Grundeinkommen«, das sogenannte BGE, nachgedacht. Das BGE ist eine bestimmte Geldsumme, die jeder Bürger bekommen soll (wenn sich die Idee durchsetzen sollte). Es würde ähnlich wie das Kindergeld monatlich überwiesen werden – an jeden: den Manager, den Postboten und den Arbeitslosen. Es wäre also egal, ob man arbeitet oder nicht – alle würden die gleiche Summe bekommen. Der Sinn der Sache ist, dass auf diese Weise jeder sein Leben grundsätzlich finanzieren könnte. Es müsste also keiner mehr Angst davor haben, nicht genug Geld zu haben, um Miete, Essen, Telefon oder Heizkosten bezahlen zu können. Im Moment sind sich die Politiker noch nicht einig, ob ein BGE eingeführt werden soll – und wenn, in welcher Höhe. Was das betrifft, gibt es nämlich noch sehr unterschiedliche Vorstellungen. Die einen fordern einen Betrag, der so hoch wäre, dass man ein schönes Leben führen könnte, ohne zu arbeiten. Andere sprechen vom minimalen bedingungslosen Grundeinkommen. Das wäre dann genau so viel, dass man nicht unter die Armutsgrenze abrutscht. Man müsste nicht zwingend arbeiten, aber hätte deswegen noch kein vollkommen sorgloses Leben.
Wie sieht es also mit der Lust zu arbeiten aus, wenn man genug zum Leben bekommt? Schon in der 1970er-Jahren gab es Studien zu der Frage, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen die Menschen dazu verleiten würde, nicht mehr zu arbeiten. Dies war nicht der Fall. Diejenigen, die das BGE erhielten, arbeiteten zwar ein paar Stunden weniger. In der Zeit widmeten sie sich dann aber ihren Kindern oder der Suche nach einem besseren Job. Viele nutzten die Möglichkeit auch, um sich zum Beispiel an Abend- oder Volkshochschulen weiterzubilden.
Befürworter des BGE berufen sich auf diese Studien und sagen, dass die Menschen freiwillig viel mehr und auch eher das Richtige für ihre berufliche Zukunft tun würden als unter dem Zwang von beispielsweise Hartz IV. Denn in diesen Programmen kommt es oft vor, dass man in Maßnahmen »gesteckt« wird, die weder weiterhelfen noch die richtigen sind. Wenn man sich dagegen selbst aussuchen könnte, was einen interessiert, wären die Erfolgsaussichten viel größer. Wird man dagegen ständig zu etwas gezwungen, entwickelt man weniger Lust dazu, selbst tätig zu werden und sein Einkommen und damit das eigene Leben zu verbessern.
Mit dem BGE würde man den Grundbetrag grundsätzlich erhalten, egal, ob man zusätzlich arbeitet oder nicht. Wenn man sich aber dazu entscheidet, arbeiten zu gehen, würde man alles, was man damit verdient, dazubekommen. Das heißt, der Lebensunterhalt wäre in jedem Fall durch das BGE gesichert und der Spaß am Geldverdienen wieder möglich. Dazu käme, dass die Menschen, die dann mehr verdienen würden, auch mehr kaufen könnten, und das würde wiederum der Wirtschaft zugutekommen. Das hört sich gut an – aber wer soll das alles bezahlen?
Dazu gibt es verschiedene Überlegungen, die auch immer dem jeweiligen Land und seiner Lage angepasst werden müssen. Ein System, das zum Beispiel in Schweden funktionieren würde, könnte für ein anderes Land eine finanzielle Katastrophe bedeuten. Grundsätzlich gibt es zu der Frage, wie das BGE bezahlt werden soll, folgende Ideen:
Trotzdem gibt es auch hier die andere Seite der Medaille. Denn nicht alle würden das BGE dazu nutzen, um dann mit zusätzlicher Arbeit noch etwas mehr zu verdienen. Es gäbe auch hier die schwarzen Schafe, die auf Kosten der anderen nur vom BGE leben würden. Außerdem könnte es passieren, dass die nachfolgenden Generationen keinen Ehrgeiz mehr entwickeln, denn zum Überleben wäre dann ja sowieso immer genug da. Und letzten Endes könnte das BGE auch dazu führen, dass immer mehr Menschen aus armen Ländern einwandern, um ein einfacheres und besseres Leben zu führen – und das, wenn sie möchten, ohne zu arbeiten. Dazu kommt, dass durch das BGE die Schere zwischen Arm und Reich sogar noch größer werden könnte. Denn wenn diejenigen, die nur vom BGE leben würden, zum Beispiel in einer Stadt wohnen, in der die Mieten sehr hoch sind, wären sie gezwungen, dorthin zu ziehen, wo es günstiger ist. Im Extremfall würden dann zum Beispiel die ärmeren Menschen auf dem Land leben und die reicheren in der Stadt. Das könnte auf Dauer zu großer Unzufriedenheit und früher oder später zu Streit führen.
Am Ende ist die Idee eines BGE einfach noch zu unausgereift, um sie bald umsetzen zu können. Man müsste noch mehr Studien durchführen, um zu sehen, wie man am besten damit umgehen sollte. Wenn man es richtig anstellt, kann das BGE aber auch die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich in Schach halten. Dazu käme, dass die Menschen mehr Lust und Freude am Arbeiten entwickeln könnten. Das funktioniert aber alles nur, wenn genau bedacht wird, was zu tun ist, damit nicht doch eine Gruppe der Gesellschaft benachteiligt wird oder eine zu große Belastung für das Land entsteht.
Man hört immer wieder, dass die Lebenserwartung der Menschen stetig ansteigt – und das ist erst einmal ein Grund zur Freude. Aber mit dem hohen Alter, das inzwischen vor allem in den westlichen Industrieländern – wie beispielsweise Deutschland – erreicht werden kann, steigt auch die Altersarmut an. Sie ist ein typisches Thema unserer modernen Welt – aber gibt es eigentlich auch schon Lösungen für dieses Problem? Und wie wird die Lebenserwartung überhaupt errechnet?
Man überlegt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Lebensalter erreicht werden kann. Um das zu ermitteln, wird jedes Jahr das Lebensalter der Menschen innerhalb einer Gesellschaft bis zum Tod aufgezeichnet. Danach werden die zukünftigen Erwartungen bestimmt. So kann man dann abschätzen, wie lange die Menschen einer bestimmten Zeit in der Regel leben werden. Normalerwiese ist die Lebenserwartung von Frauen höher als die der Männer. Das liegt meistens an den körperlichen Voraussetzungen und an der Lebensweise. In Deutschland hat sich die Lebenserwartung seit Mitte des 20. Jahrhunderts stetig erhöht. Das heißt, die Menschen werden immer älter, und folglich gibt es immer mehr alte Bürger in unserer Gesellschaft.