Alles Wissenswerte zur richtigen Kaninchen-Haltung von A bis Z
Wie man Kaninchen als Haustier ein artgerechtes und möglichst gesundes Leben bieten kann – darauf finden die Leser in diesem Buch Antworten. Es enthält wertvolle Informationen vom Einzug der Tiere über die Unterbringung, die tägliche Versorgung und gesunde Ernährung bis hin zur Betreuung bei Krankheit und im Alter.
Aus dem Inhalt:
•Herzlich willkommen! Kaninchen ziehen ein
•Artgerechte Gehege für drinnen und draußen
•Guten Appetit – gesundes Futter für Kaninchen
•Kaninchen verstehen und beschäftigen
•Pflege und Gesundheit
Sonja Tschöpe blickt auf fast 20 Jahre Zusammen leben mit Kaninchen zurück, die in Innen- sowie in Außenhaltung leben durften. Als ausgebildete Tierheilpraktikerin und Ernährungsberaterin hat sie sich auf die Behandlung von Kaninchen spezialisiert.
Artgerecht halten, pflegen und verstehen
Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.
Impressum
Copyright © 2020 Cadmos Verlag GmbH, München
Covergestaltung: Gerlinde Gröll, Cadmos Verlag GmbH
Gestaltung und Satz vom Innenteil: Christoph Senechal, Das Agenturhaus, München
Lektorat: Ing. Barbara P. Meister, MA, FachLektor.at
Coverfoto/Rückseite: Shutterstock/Oleksandr Lytvynenko
Fotos im Innenteil: animals-digital.de, Diana von Droste, fotonatur.de, Sven Hümpel, Inga Klaedtke, schanz-fotodesign.de, tierfotoagentur.de, Sonja Tschöpe, Patrick Vogel, fotosfuereuch.de, shutterstock.com, Pixabay.com
Zeichnung: Lisa-Marie Schmidt
Druck: Graspo CZ, a.s., Zlín, www.graspo.com
Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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Alle Rechte vorbehalten.
Printed in EU
ISBN 978-3-8404-4023-6
eISBN 978-3-8404-6470-6
Vorwort
Das Kaninchen im Porträt
Systematik
Unterschiede zwischen Feldhasen und Wildkaninchen
Herkunft und Verbreitung
Lebensweise
Unser Hauskaninchen
Herzlich willkommen, Langohr!
Streicheltier oder Zappelphilipp?
Kind und Kaninchen
Eins plus eins gleich nie allein
Kosten
Woher nehmen?
Welches Kaninchen soll ich nehmen?
Vor dem Einzug
Die ersten Tage im neuen Zuhause
Zusammenführung
Das Langohr-Traumzuhause
Innenhaltung
Balkonhaltung
Außenhaltung
Einrichtung
Naturnahe Ernährung – guten Appetit!
Frische Wild- und Wiesenkräuter, Küchenkräuter
Gesundes Futter aus der Natur
Heu
Salate und Gemüse
Obst
Samen
Getreide
Trinkwasser
Rationiert oder ad libitum?
Futterumstellung
Fütterung während der Jahreszeiten
Diätfutter für Kaninchen
Überflüssige Kaninchenkost
Zusammenleben mit Kaninchen
Mit Kaninchen durch das Jahr
Kaninchen verstehen
Beschäftigung
Ab in den Urlaub!
Gesundheit und Pflege
Wellness für Langohren
Hygienemaßnahmen
Impfungen
Entwurmung
Kaninchen mit Handicap
Krankes Langohr – was nun?
Tierarztwahl
Der Gang zum Tierarzt
Vorsorge und Erste Hilfe bei Gesundheitsproblemen
Patientenversorgung
Kranker Mensch – was tun?
Nachwuchs
Paarung und Tragezeit
Geburt
Abgabe
Scheinträchtigkeit
Gedanken zur sozialen Prägung
Kaninchen im Ruhestand
Dinner für Oldies
Altersgerechter Lebensraum
In der Ruhe liegt die Kraft
Abschied nehmen
Trauernde Kaninchen
Anhang
Literatur
Empfehlenswerte Internetseiten
Danksagung
Register
Kaninchen – die kleinen Heimtiere mit den langen Ohren und dem Wackelnäschen – haben nicht nur mich regelrecht verzaubert. Sie sind in den Fünfzigerjahren als Familienmitglieder in die Haushalte gehoppelt und haben Herzen erobert. Seit Jahren teilen sie sich mit Meerschweinchen, Hamster & Co. den dritten Platz der in Deutschland beliebtesten Haustiere, direkt hinter Hund und Katz.
Fast 20 Jahre durfte ich an der Seite bezaubernder Langohren verbringen und so einiges im Zusammenleben lernen. Wenn ich rückblickend die Haltung von Kaninchen betrachte, so hat sich unglaublich viel zum Positiven für die Tiere verändert. Und das ist gut so! Je tiergerechter nämlich Haltung und Ernährung sind, umso besser ist es für die Gesundheit und damit für die Lebenserwartung der Tiere. Das Kaninchenleben artgerecht zu gestalten, ist dabei sehr viel einfacher, als man denkt. Man muss dazu nur hinaus in die Natur blicken und sich bewusst machen, wie Wildkaninchen leben. Selbstverständlich gehört auch das Ablegen verstaubter „Traditionen“ dazu, wie die Haltung eines einzelnen Kaninchens in einem viel zu kleinen Käfig und das Versorgen mit Trockenfutter.
Ich habe die Haltung meiner Kaninchen im Laufe unseres gemeinsamen Lebens weitestgehend an ihre natürlichen Bedürfnisse angepasst. Früher wurde ich oft belächelt und ernte auch heute noch den einen oder anderen verwunderten Kommentar dazu, wie viel Platz meinen Tieren zur Verfügung stand und welche Versorgung sie erhielten. Das erreichte höhere Lebensalter zeigte mir jedoch sehr deutlich, dass ich auf einem richtigen Weg war.
Das Zusammenleben mit Tieren ist nichts Starres, nichts Endgültiges! Dieser Ratgeber soll Ihnen dabei helfen, das Verhalten und die Bedürfnisse der zauberhaften Langohren als Hauskaninchen besser zu verstehen und bei Bedarf anzupassen.
Ich wünsche Ihnen von Herzen viel Freude mit Ihren gesunden und zufriedenen Kaninchen!
Alles Liebe,
Sonja Tschöpe
Gestatten? Langohr, Hase, Karnickel, Wackelnäschen ... Das Kaninchen trägt viele Kosenamen, und seit es das Zusammenleben des Menschen als Haustier bereichert, wurde schon vieles über Haltung, Ernährung und Pflege niedergeschrieben. Besonders für neue Kaninchenhalter ist es oft schwer, aus dieser Fülle von Informationen herauszufiltern, was das Beste für diese Tierart ist. Ein Blick zu den wilden Verwandten lässt vieles leichter verstehen und macht sehr schnell deutlich, wie man das Zusammenleben mit Kaninchen möglichst tiergerecht gestalten kann. Im Übrigen sind sämtliche Hasen, ganz gleich ob Stallhase oder Hasenkaninchen, schlichtweg Hauskaninchen.
Kaninchen sind Säugetiere und gehören zur Ordnung der Hasenartigen (Lagomorpha) und nicht, wie häufig angenommen, zur Ordnung der Nagetiere (Rodentia).
Das als Haustier lebende Kaninchen (Oryctolagus cuniculus f. domestica) ist die domestizierte Form des Europäischen Wildkaninchens (Oryctolagus cuniculus). Männliche Tiere werden als Rammler bezeichnet, weibliche Tiere als Häsin. Aufgrund ihrer Größe werden insbesondere die kleinwüchsigen, bis maximal 2 Kilogramm leichten Kaninchen Zwergkaninchen genannt. Korrekter wäre jedoch der Titel Hauskaninchen, unter den alle als Haustiere lebenden Kaninchen fallen, egal wie leicht oder schwer sie sind.
Das „echte“ Zwergkaninchen (Brachylagus idahoensis) ist eine wild lebende Art aus dem Nordwesten der USA, die sehr eng mit dem Baumwollschwanzkaninchen (Sylvilagus) verwandt ist.
Bei Kaninchen und Hasen handelt es sich um zwei verschiedene Tierarten, die zwar miteinander verwandt sind, sich jedoch in vielerlei Hinsicht stark unterscheiden. Die Bezeichnung eines Kaninchens als „Hase“ ist somit nicht korrekt. Selbst das reinrassige Hasenkaninchen und der sogenannte Stallhase gehören zu den Kaninchen und sind keine Kreuzungen aus Kaninchen und Hase. Letzteres ist aufgrund einer unterschiedlichen Chromosomenzahl genetisch bedingt unmöglich: Hasen besitzen 48 Chromosomen, Kaninchen hingegen nur 44.
Zu den Echten Hasen (Lepus) gehören der Feldhase (Lepus europaeus) und der Schneehase (Lepus timidus). Sie sind derzeit die einzigen Vertreter dieser Gattung in Mitteleuropa.
Sowohl das Wildkaninchen als auch der Hase wird den Doppelzähnern (Duplicidendata) zugeordnet, da beide hinter den sichtbaren Nagezähnen je einen stiftförmigen zweiten Zahn besitzen.
|
Feldhase |
Wildkaninchen |
Äußeres |
Groß, schlank, sehr lange Ohren |
Klein, rundlich, kürzere Ohren |
Gewicht |
3 bis 6 Kilogramm |
1,5 bis 2,5 Kilogramm |
Lebensraum |
Lauftier, offene Wiesen, Felder (offenes Lager) |
Grabetier/Höhlenbewohner, Schutz bietende Gegenden mit Hügeln und sandigen Böden (Erdbau) |
Sozialverhalten |
Einzelgänger |
Leben in unterschiedlich großen Kolonien |
Fluchtverhalten |
Langstreckenläufer (bis zu 70 Stundenkilometer schnell), kein Warnsignal |
Kurzstreckenläufer, Warnsignal durch „Trommeln“ mit den Hinterläufen |
Fortpflanzung |
48 Chromosomen, 2 bis 4 Würfe pro Jahr, 1 bis 2 Jungtiere, Nachwuchs ist behaart, die Augen sind geöffnet (Nestflüchter) |
44 Chromosomen, 4 bis 6 Würfe pro Jahr, 3 bis 4 Jungtiere, Nachwuchs ist nackt, blind (Nesthocker) |
Ursprünglich stammen Kaninchen aus Mitteleuropa und wurden bereits im Mittelalter auf der Iberischen Halbinsel entdeckt. Bevor sie als Hauskaninchen in den Fünfzigerjahren den Weg in die Kinderzimmer fanden, wurden sie hauptsächlich als Nutztiere gehalten. Sie dienten als Fleisch- und Pelzlieferanten. Die Handelsreisenden und Entdecker konnten die Kaninchen dank ihrer geringen Größe sehr einfach transportieren und somit rund um den Globus mitnehmen. Da sie sich sehr schnell vermehrten, hatten die Reisenden stets genügend Fleisch und Pelz bei sich. Per Schiff gelangten die Kaninchen so in ferne Länder und konnten sich auch in Gebieten ausbreiten, in denen es sie ursprünglich nicht gab.
In freier Natur kann man Wildkaninchen in vielen Teilen Europas sowie in Nord- und Südamerika, Teilen Südafrikas, Neuseeland und Australien antreffen.
Nicht überall wurde die Einfuhr von Europäischen Wildkaninchen als etwas Positives gewertet, so zum Beispiel in Australien: Um 1788 wurde aus ungefähr zwei Dutzend eingeführten Kaninchen sehr bald eine Landplage. Sie fraßen den einheimischen Tieren das Futter weg und bedienten sich auf den Feldern der Einwohner. Da natürliche Feinde fehlten, konnten sie sich rasant vermehren. Sämtliche Versuche, die Zahl der Tiere zu verringern, sei es durch Erschießen, Aufstellen von Fallen oder Vergiften, schlugen fehl. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Bestand auf mehrere 100 Millionen Tiere geschätzt. Die Einwohner halfen sich, indem sie in den Fünfzigerjahren das Myxomatosevirus verbreiteten und so die Anzahl an Wildkaninchen drastisch reduzierten. Allerdings wuchs die Population nach Abklingen der Seuche erneut, und bis heute versuchen die Australier mit unterschiedlichen Methoden, die Kaninchenbestände unter Kontrolle zu halten.
Wildkaninchen leben in sozialen Verbänden unterschiedlicher Größe. Häufig sind es mehrere Rammler mit weiblichen Tieren und dem gemeinsamen Nachwuchs, die eine Sippe von etwa zehn oder sogar deutlich mehr Kaninchen bilden. Sie bewohnen meist selbst gegrabene, unterirdische Baue, die bis zu 45 Meter lang sein können und in der Regel mehrere Ausgänge ins Freie haben. Ihre Anpassungsfähigkeit und ihr Lernvermögen lassen es aber auch zu, dass sie oberirdisch leben und dann dichtes Gestrüpp und unübersichtliches Gelände als Rückzugsort wählen. Oft sind Wildkaninchen am Stadtrand in der Nähe von Feldern und Gärten heimisch, ebenso in Stadtparks und auf Friedhöfen. Sie bevorzugen trockene Gebiete.
Obwohl die anbrechende Dämmerung manchen Wildkaninchen sicherer erscheint, verlassen viele ihr geschütztes Versteck auch tagsüber, um Nahrung zu sich zu nehmen. Sie bleiben jedoch in der Nähe ihres Zufluchtsortes, um sich bei Gefahr blitzschnell in Sicherheit bringen zu können. Ihr Siedlungsplatz ist übersichtlich. Sie nutzen etwa 200 Meter um ihren Hauptbau herum und erweitern diesen Radius zur Nahrungssuche auf bis zu 600 Meter.
Wildkaninchen ernähren sich von verschiedensten Pflanzen. Dies sind von Frühjahr bis Spätherbst insbesondere diverse Gräser, Wildkräuter, Zweige mit Blattwerk, Rinde, Wurzeln, Samen sowie Feldfrüchte. Während der Wintermonate fressen sie trockene Halme und Laub sowie Rinde. Auf den jahreszeitlichen Wechsel sind sie gut eingestellt, und durch eine sehr gute Futterverwertung kommen sie selbst durch magere Zeiten, ohne Mangel leiden zu müssen.
Im Frühjahr, wenn das erste Grün sprießt, markieren die ranghohen Rammler der Sippe das Revier. Sie reiben dazu ihr Kinn an Pflanzen und Gegenständen in ihrem Lebensraum. Verstärkt werden kann diese Markierung durch Absetzen von Harn und Kot.
Im Frühjahr beginnt auch das Werben um die Häsinnen. Zwischen Frühling und Herbst wird vier- bis sechsmal das Paarungsspiel abgehalten. Etwa einen Monat nach der erfolgreichen Verpaarung gebärt die Häsin drei bis vier Jungtiere in einem von ihr eigens für den Nachwuchs errichteten Bau (Satzröhre), der meist in der Nähe des Familienbaus liegt. Die Nestmulde hat sie in der Nacht vor der Geburt mit Fell aus ihrer Wamme (Brust) und ihrem Bauch sowie Moos und Grashalmen gut ausgepolstert. Sie säugt die Jungen, die nackt und mit geschlossenen Augen auf die Welt kommen (Nesthocker), nur einmal am Tag über vier bis sechs Wochen. Erst dann verlassen die Jungtiere erstmals das Nest. Dank ihrer Instinkte und durch Beobachtung lernen sie schnell, was sie fressen dürfen und was giftig ist. Ihre Mutter ist zu dieser Zeit bereits anderweitig beschäftigt und oft erneut trächtig, sodass die Jungtiere ihre eigenen Wege innerhalb der Sippe gehen. Solange sie noch nicht geschlechtsreif sind, gibt es wenig Probleme mit den anderen Rammlern und Häsinnen. Sind sie erwachsen, verlassen sie ihre Familie. Dann graben sie in der Nähe der Sippe einen eigenen Bau und gründen eigene Wohngemeinschaften.
Wildkaninchen können (ebenso wie Feldhasen) Geburtenkontrolle betreiben. Sind die Lebensumstände ungünstig für die Aufzucht des Nachwuchses, zum Beispiel weil das Nahrungsangebot zu knapp ist, können die Häsinnen bereits vorhandene Föten zurückbilden.
Zu den Feinden der Wildkaninchen zählen Greifvögel, Marder, Iltis, Fuchs, Luchs und ebenso der Mensch. Auch Hunde und Katzen können ihnen gefährlich werden, insbesondere jungen sowie alten oder kranken und geschwächten Tieren. Als Fluchttiere sind Kaninchen für Auseinandersetzungen mit den meist deutlich größeren Feinden nicht geschaffen, obwohl sie muskulöse Hinterläufe besitzen und kräftig zubeißen können. Ihre Rettung ist oft die Flucht in den nahe gelegenen Bau.
Gefahren im Alltag (Fressfeinde, Straßenverkehr, Jäger) und Krankheiten wie Myxomatose begrenzen die durchschnittliche Lebenserwartung von Wildkaninchen auf nur drei bis vier Jahre.
Während es Wildkaninchen und Feldhasen in jeweils beschränkter Größe und Fellfarbe gibt, weisen Hauskaninchen in ihrem Aussehen eine enorme Vielfalt auf. Einige haben kurzes Fell, andere sehr langes. Manche haben Stehohren, während andere mit herabhängenden Ohren durchs Leben hoppeln. Selbst Gewicht und Größe können sehr unterschiedlich sein. Die Bandbreite reicht von sehr kleinen, leichten Zwergen (1 Kilogramm) bis hin zu den großen schweren Rassen (> 10 Kilogramm).