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Inhaltsverzeichnis




















LITERATUR

Jörg Albrecht: Jedem sein zweites Leben, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 21. Juni 2009, Nr. 25, 49.

Benedikt XVI.: Deus caritas est, Nr.10.

Joseph Campbell:The Power of Myth, New York 1991.

Sean Coughlan: Wake up to the Joys of Sleep, in: The Irish Times, 15. April 2009,S.15.

Madeleine Debrel. Gott einen Ort sichern, hrsg. von Annette Schleinzer, Ostfildern 2002.

Karlfriedrich Graf Dürckheim: Vom doppelten Ursprung des Menschen. Als Verheißung, Erfahrung, Auftrag, Freiburg 1984.

Robert Ellsberg,The Saints’ Guide to Happiness, New York 2003.

Elaine V. Emeth/Janet H. Greenhut: The Wholeness Handbook. Care of Body, Mind, and Spirit for Optimal Health, New York 1991.

Christian Feldmann: Was uns unbedingt angeht, in: Publik-Forum Nr. 11, 4. Juni 2004.

Hans-Volkmar Findeisen: Frei gemauert in der Erde, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 20. März 2011,Nr.11,8.

Dwight Garner: Meaning of Silence in a Noisy World, in: Süddeutsche Zeitung vom 31. Mai 2010.

Richard J. Gilmartin: Pursuing Wellness. Finding Spirituality, Mystik, CT 1996.

Josef Goldbrunner: Heiligkeit und Gesundheit, Freiburg 1946.

Josef Goldbrunner: Seelsorge – eine attraktive Aufgabe. Bausteine zu einer Pastoraltheologie, Würzburg 1990.

Woty Gollwitzer-Voll (Hrsg.): Du bist mein Arzt. Gebete für kranke Menschen, München 2003.

Kathleen Hall: Alter your Life, Oak Haven 2009, in: Los Angeles Times vom 15. August 2009.

Daniel Hell: Was stimmt? Depression. Die wichtigsten Antworten, Freiburg 2008.

C.G. Jung: Der Mensch und seine Symbole, Olten 1988.

C.G. Jung: Ein großer Psychologe im Gespräch. Interviews, Reden, Begegnungen, Freiburg 1994.

Lavina Kase: The Confident Leader: How the Most Success People go from Effective to Exceptional, Mc Graw-Hill, 2009.

Guido Kreppold: Jesus – Heiland oder Medizinmann? Regensburg 2000.

Antje Krug: Heilkunst und Heilkult. Medizin in der Antike, München 1993.

Robert Lax: Mit Robert Lax die Träume fangen, Freiburg 2006.

Kenneth Leech: Soul Friend. The Practice of Christian Spirituality, San Francisco 1977.

Manfred Lütz: Lebenslust.Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult, München 2002.

Thomas Merton: Der Mönch und die sieben Stufen. Ein Leben in Selbstzeugnissen, Düsseldorf 2000.

Thomas Merton: Christliche Kontemplation. Ein radikaler Weg der Gottessuche, München 2010.

J. Philipp Newell: Echo of the Soul. The Sacredness of the Human Body, London 2000.

Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum, München 2005.

Ronald Rolheiser: Entdecke den Himmel in dir. Eine Spiritualität für das 21. Jahrhundert, München 2002.

Huston Schmith: The World’s Religions, New York 2009.

Saint-Thierry: Meditative Gebete, 1993.

Francis Thompson: Health and Holiness, London 1905.

Henry David Thoreau: Walden oder das Leben in den Wäldern, Zürich 1979.

Henry David Thoreau: Aus den Tagebüchern 1837 – 1861, hrsg. von Susanne Schaup, Oelde 1996, 37

Francis Thompson: Health and Holiness, London 1905.

Roger Walsh: Essential Spirituality, New York 1999.

Andrew Weil: Aging naturally, in: TIME Oktober 2005, 48 – 56.

James D. Whitehead and Evelyn Eaton Whitehead, Holy Eros, New York 2009.

Rainer Wieland: Das Buch der Tagebücher, München 2010.

Meike Winnemuth: Wohlsein, in: Süddeutsche Zeitung Magazin vom 7. Januar 2011, Nr. 1.

Richard J. Woods: Wellness. Life, Health and Spirituality, Dublin 2008.

HEILIGKEIT UND GESUNDHEIT

Möchtest du heilig werden?

Möchtest du heilig sein oder zumindest heilig werden? Die Begeisterung wird sich vermutlich in Grenzen halten. Heilig sein, heilig werden – das klingt irgendwie verstaubt. Da fallen einem vielleicht gleich die Figuren von Heiligen ein, die uns Mitleid erweckend in altehrwürdigen Kirchen anblicken und uns dabei vielleicht voll Schrecken und Grauen an Ermahnungen aus Kindertagen erinnern: »So sollst du einmal werden!« Genauso aber wollen wir eben nicht sein oder werden: abgehärtet, entrückt wirkend, blutleer, lebensfremd usw.

So wird von manchen Heiligen berichtet, dass sie seufzend zum Essen gingen. Der hl. Alfons etwa dachte, wenn er sich zum Essen hinsetzte, nur an das Leiden der Seelen, die sich im Fegefeuer befanden, und mit Tränen in den Augen bestürmte er die heilige Jungfrau, die Kasteiungen anzunehmen, die er mit dem Essen auf sich nehme. Von der hl. de Monfort wird berichtet, dass sie zuweilen bitterlich weinte, wenn sie aß. Der hl. Augustinus spricht von der Schlinge der Begierde, die Essen und Trinken zu einem gefährlichen Vergnügen machen. Wen wundert es da, dass niemand ein Heiliger werden will. Dass es auch andere Heilige gibt, dafür ist die hl. Teresa von Avilla ein Beispiel. Sie bat darum, von sauertöpfischen Heiligen verschont zu werden (vgl. Ellsberg 2003, 6).

Andere wieder denken bei dem Wort »heilig« vielleicht an die heilige, katholische Kirche oder was auch immer im Zusammenhang mit Kirche oder auch darüber hinaus als heilig bezeichnet wird und sagen sich: »Danke, das ist nichts für mich!« Offensichtlich haben sich »Verkümmerungen und Verbiegungen leiblichen und seelischen Lebens« so sehr mit der Vorstellung des Heiligen verknüpft, dass man von einem, der so lebt »fast nur noch mit einem Lächeln sagen kann: ›Er ist ein Heiliger‹ – und damit seine Sonderbarkeit entschuldigen will« (Goldbrunner 1946, 12). Eben ein sonderbarer Heiliger.Wer aber möchte das schon sein?

Heilig zu sein oder heilig zu werden, scheint nicht länger attraktiv zu sein, nichts, das erstrebenswert ist. Ja, es wirkt eher verstaubt und museal. Frage ich dagegen jemanden: »Willst du gesund sein oder gesund werden?«, werde ich sicher sofort auf volle Zustimmung treffen. »Na, also, das ist doch keine Frage. Natürlich!« Wünschen wir jemanden etwas, zum Beispiel anlässlich seines Geburtstages, dann fehlen mit Recht nicht die besten Wünsche für die Gesundheit. »Danke, das ist ja das Wichtigste«, hören wir dann oft als Antwort.

Würden wir unseren Wünschen hinzufügen: »Ich wünsche dir, dass du heilig bleibst oder heilig wirst«, wird der Jubilar eher eigenartig berührt sein und nicht so richtig wissen, was er mit einem solchen Wunsch anfangen soll. Dabei handelt es sich im Grunde genommen um – fast – den gleichen Wunsch, wenn auch Gesundheit im Kontext von Heiligkeit noch einmal eine eigene Note erhält.

Heilig sein, meint ganz sein

Wenn ich hier von heilig spreche, dann denke ich zunächst an ein Verständnis von heilig, das heilig sein versteht als ganz sein. Die Aufforderung im Buch Genesis (17,1) im Alten Testament kann ich dann auch so verstehen: »Geh vor mir her und sei ganz!« Sei ganz Mensch – mit Leib und Seele, im Wissen und in der Erfahrung, dass du Gott im Rücken hast, umfangen bist vom Heiligen.

Heilig bin ich, verhalte ich mich, werde ich, wenn ich ganz bin, »Ja« zum Leben sage, das Leben in und aus der Beziehung mit Gott heraus umarme.Wenn ich Lust am Leben und Eifer für das Leben habe. Bereit bin, mich mit allen meinen intellektuellen, emotionalen, sozialen und spirituellen Fähigkeiten und Begabungen auf das Abenteuer des Lebens einzulassen. Und das vom Anfang an bis zum Schluss. Dann lasse ich die Sorge für andere Menschen zu, fühle und leide mit ihnen, lache, bin traurig, freue mich an den guten und schönen Dinge des Lebens (vgl. Ellsberg 2003, 6). Sehr treffend beschreibt das der Prediger Salomons im Buch Kohelet (3,1.4 – 8):

»Alles hat seine Stunde.
Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es
eine bestimmte Zeit:
eine Zeit zum Weinen, eine Zeit für die Klage
und eine Zeit für den Tanz;
eine Zeit zum Steinewerfen
und eine Zeit zum Steinesammeln,
eine Zeit zum Umarmen
und eine Zeit, die Umarmung zu lösen,
eine Zeit zum Suchen und eine Zeit zum Verlieren,
eine Zeit zum Behalten und eine Zeit zum Wegwerfen,
eine Zeit zum Zerreißen
und eine Zeit zum Zusammennähen,
eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden,
eine Zeit zum Lieben und eine Zeit zum Hassen,
eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden.«

Wenn du ganz bist, dann hält das Heilige Einzug in deinen Alltag, in dein Leben, in deine Welt. In die Welt. Das Heilige ist dann nicht länger fremd und dir gegenüber. Ist nicht länger nur das ganz Andere, das Ferne. Sondern es ist nah, bei dir. In dir. Ein solches Verständnis von heilig entfernt sich nicht von seiner religiösen Grundbedeutung, sondern weitet sie.

Heiligkeit ist Gesundheit

Vor allem aber tritt heilig zu sein nicht in Konkurrenz zu gesund sein, stellt schon gar nicht einen Gegensatz dazu dar. Wer heilig sein oder heilig werden will, muss und darf dafür nicht seine Gesundheit opfern. Vielmehr trägt er zu seiner Heiligkeit bei, indem er an seiner Gesundheit interessiert ist, seinen Leib und seine Seele ehrt. So meint denn auch der inzwischen verstorbene Pastoraltheologe Josef Goldbrunner in einem Vortrag mit dem Titel Heiligkeit und Gesundheit (Goldbrunner 1946, 9): »Der heilige Gott ist blühendes, strömendes Leben. Er ist heil, in ihm ist kein Makel der Krankheit (und nicht das Gift des Todes). In Gott ist unser Heil, in seiner Nähe werden wir geheilt an Leib und Seele. Streben nach gottgleichem Leben schafft Heil. Je mehr das Bemühen um Vollkommenheit Gott ähnlich ist, also heilig macht, umso mehr müssten wir gesunden an Leib und Seele: Heiligkeit ist Gesundheit«.

Das ist die besondere Note, die auftaucht, wenn gesund sein mit heilig sein in Verbindung gebracht wird. Sie macht darauf aufmerksam, dass Gesundheit auch eine geistliche Dimension hat: »In Gott ist unser Heil, in seiner Nähe werden wir geheilt an Leib und Seele.« Die geistliche Dimension stellt eine zusätzliche Bereicherung dar. Sie will dazu beitragen, dass wir unseren Leib, unsere Psyche, unsere Seele als Verbündete verstehen, die auf ihre je eigene Weise zu unserem Wohl beitragen wollen. Sie fordert uns auf »ganz zu sein« mit Gott im Rücken. Wenn wir das tun, befinden wir uns auf dem Weg zur Heiligkeit.

Die Aufgabe der geistlichen Dimension unterscheidet sich damit von Vorstellungen, die sie als Gegenkraft zu Körper, Psyche und den Kräften, die mit ihnen verbunden werden, sehen. Die geistliche Dimension und Heiligkeit werden nicht gleichgesetzt mit einer Lebensauffassung, die auf die Abtötung des Leibes und seiner Bedürfnisse und die Beschneidung der psychischen Wünsche abzielt. Solange Heiligkeit jedoch als Abtötung unserer leiblichen und psychischen Bedürfnisse verstanden wird, kann der Weg zur Heiligkeit tatsächlich in die Krankheit führen. Dann trifft die Aussage zu: »Heiligkeit bringt den Leib in die Krise, macht krank!« (Goldbrunner 1946, 9). Tatsache ist, dass viele Männer und Frauen, um heilig zu werden, dem Leben entsagt und ihren Leib geschunden haben. Doch Heiligkeit ist auf Gesundheit aus. Das schließt nicht aus, dass es auch in der Krankheit eine Heiligkeit gibt. Ja, ein gesunder Umgang mit unserer Krankheit als Ausdruck unserer Heiligkeit gesehen werden kann. Auch bewahrt uns Heiligkeit nicht vor Krankheit. Krankheit stellt eine Wirklichkeit in unserem Leben dar, der wir nicht entrinnen können. Heiligkeit kann uns helfen, unsere Krankheit besser zu ertragen, in ihr gegebenenfalls auch einen Sinn zu sehen. Auch kann uns die Erfahrung von Leid und Dunkelheit näher zu Gott bringen. Heiligkeit zeigt sich so gesehen auch im gesunden Umgang mit unserer Krankheit, unserer Endlichkeit, unserem Sterben und Tod. Sie gehören zu unserer Ganzheit. Blenden wir sie aus, verstümmeln wir uns, sind wir nicht länger heilig, ganz, gesund.

Wir wissen um unsere menschliche Gebrechlichkeit, um Krankheit, Leid und Tod, die zum ganzen Leben und damit zu unserer Heiligkeit gehören. Doch es ist unsere Aufgabe, das zu unterstützen, zu hegen und zu pflegen, was zu unserer Lebendigkeit, zu unserer Gesundheit, zu einem Leben in Fülle beiträgt und nicht das, was uns davon wegführt. »Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch«, sagt Irenäus von Lyon. Heiligkeit ist davon beseelt, uns ganz zu machen, zu unserer Gesundheit beizutragen. Daraus ergibt sich, dass wir achtsam, liebevoll mit uns umgehen. Unseren Leib und unsere Seele heiligen und ehren.

Auch manche Heilige haben das erst lernen müssen. Es ist die gleiche hl. Hildegard, die einmal meinte: »Gottes Wohnung pflegt nicht in einem gesunden Leib zu sein«, uns aber auch dazu auffordert: »Tu deinem Leib Gutes, damit die Seele darin baumeln kann«. Und Franz von Assisi bekennt, als es zu spät war: »Ich war zu hart gegen Bruder Esel.« Aus dem Bruder Esel war inzwischen »Bruder Leib« geworden (vgl. Goldbrunner 1949, 16).

Tanze den Tanz des Lebens

Um gesund zu bleiben, heilig zu sein und zu werden, musst du dich immer wieder darauf besinnen, was es meint, ganz zu sein mit Gott im Rücken. Dann aber kann es geschehen, dass du einfach der Aufforderung »Geh vor mir her und sei ganz« nachkommst und dich ohne langes Überlegen dem Tanz des Lebens überlässt, der dich erhebt aus dem Trott des Alltags, dem Festgelegten. Der verhindert, dass du dein Leben total reduzierst, da etwas abschneidest, dort etwas wegdrückst – bis du am Ende in die paar Bretter eingesperrt bist, die deinen Sarg ausmachen. Die letzte Ruhestätte. Und das war es dann.

Überlässt du dich mitten im Leben, mitten im Alltag dem Tanz des Lebens, dann wagst du vielleicht ein Lächeln, traust dir eine Berührung zu. Sprichst ein »Guten Tag« oder »Grüß Gott« aus, lässt einen Gedanken oder eine Sehnsucht zu, Verhaltensweisen, die du dir vielleicht sonst versagen würdest. Du lässt das Leben in dir sprudeln, lebst von deinem eigentlichen, ursprünglichen Leben her. Vor allem aber – lebst du – nach deinem Rhythmus, und wirst nicht gelebt nach einem von außen vorgegebenen Rhythmus, der dir mit der Zeit die Freude am Leben nimmt, dich krank macht.

Viele tanzen schon lange nicht mehr den Tanz des Lebens. Sie müssen sich nicht wundern, dass sie krank sind oder dabei sind, krank zu werden. Ist es da nicht einen Versuch wert, sich auf die Einladung einzulassen, heilig zu werden, Leib und Seele zu ehren, ganz zu sein und zu werden mit Gott im Rücken?

Also: »Willst du heilig werden?« Ich kenne bei mir selbst tausend Gründe und Einwände, die dagegen sprechen. Tausend gesellschaftliche, kirchliche Begrenzungen usw., die das vereiteln können. Dir wird es ähnlich ergehen. Doch noch einmal: »Willst du heilig, ganz, gesund werden?« Das aber heißt, dass du das, was das Leben ach, was sage ich, Gott, dir zugesagt und zugedacht hat, wirklich lebst, ursprünglich lebst, das Leben spürst, den kosmischen Tanz tanzt! Und: Hand aufs Herz, tust du alles, was in deiner Macht steht, bei allem, was es schwer macht – um wirklich zu leben, ganz zu sein, heilig zu werden?

Wenn du gesund, heilig werden willst, musst du dich dafür entscheiden. Du musst etwas dafür tun. Du kannst nicht einfach die Hände in den Schoß legen und darauf warten, dass das ein anderer für dich erledigt. Und so wichtig es ist, auch körperliche Krankheit und seelische Not als Teil des ganzen Lebens zu akzeptieren, gilt es, das Leben, die Gesundheit zu umarmen, alle Kräfte zu mobilisieren, die ihren Beitrag dazu leisten können, gesund und heilig zu sein und zu werden. »Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz«, heißt es bei Lukas (12,34) im Neuen Testament. Es hängt von dir ab, ob du gesund, ganz, heilig wirst oder krank.Wofür du dich entscheidest.

Dabei darfst du darauf vertrauen, dass es eine höhere Macht gibt: Gott, der in allem und hinter allem wirkt. Das entbindet dich nicht von eigenen Anstrengungen, das erlaubt nicht, auf psychologisches und medizinisches Wissen und Können zu verzichten, um gesund, ganz, heilig zu werden. Es meint, dass es eine Macht und Kraft gibt, die größer und mächtiger ist als alle unsere persönlichen und wissenschaftlichen Bemühungen, der wir uns überlassen dürfen und überlassen müssen, wollen wir ganz, heilig werden.

Auch wenn alles anscheinend gegen den Strich läuft, dir Ungemach begegnet, du krank wirst, leiden musst,Verzicht erfährst, gerade dann kannst du dich baden im Fluss des ursprünglichen Lebens, dessen Fließen du dich überlässt. Fällst du ein in den Tanz der ächzenden Schöpfung, in den Reigen von Leben, Tod und Auferstehung, dich der Unaufhaltsamkeit des von Ewigkeiten her bestimmten Prozesses überlassend, überlässt du dich dem Ewigen, Gott. Dann tanzt du mit ihm den kosmischen Tanz, der Aufbegehren,Trauer, Verzweiflung, Todeskampf und schließlich Ergebung kennt. Den Tanz, bei dem der dich unsichtbar führt und hält, der von Ewigkeit und zu Ewigkeit hin den Takt dieses Tanzes bestimmt. »Wer sich einmal dem Schicksal überlassen hat, der ist befreit« (Hermann Hesse).

Ich denke an den Oberarzt, der demütig sagt: »Es liegt in Gottes Händen, wann Ihre Mutter stirbt.Wir haben das Unsere getan und tun es, alles Weitere müssen wir ihm überlassen. « Oder ich denke an den Vater, der nach dem Fliegerangriff mit seiner Familie den Bunker verlässt und angesichts seines in Trümmern liegenden Hauses mit den Worten Hiobs (1,21) sagt: »Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gelobt!« Es ist eine Einstellung, die dich nicht die Hände in den Schoß legen lässt, die zugleich aber auch all dein Tun und Bemühen einordnet in etwas, das größer, mächtiger ist, dadurch aber deine Anstrengungen nicht überflüssig macht, sondern sie mit Gelassenheit paart. Es ist die Offenheit für das Geheimnisvolle, die Offenheit für das Wirken einer geheimnisvollen Macht, von der eine Gelassenheit und schließlich auch Zuversicht ausgeht, die sich heilend auf dein Leben und damit auf deine Gesundheit auswirkt.

In dieser Einstellung kannst du sprechen:

Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen
Von welchen mir Hilfe kommt.
Meine Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen;
der dich behütet, schläft nicht.
Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht.
Du behütest mich;
du bist mein Schatten über meiner rechten Hand,
dass mich des Tages die Sonne nicht steche
noch der Mond des Nachts.
Du behütest mich vor allem Übel,
du behütest meine Seele;
du behütest meinen Ausgang
und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.
Nach Psalm 121,1 – 8