Pam Grout
ENTFESSLE DEINE
KREATIVITÄT
52 Projekte für ein kreatives Leben
Aus dem amerikanischen Englisch
von Angelika Hansen
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »Art & Soul Reloaded«.
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Copyright © 2017 Pam Grout
Originally published in 2017 by Hay House Inc. USA
1. Auflage
© 2017 der deutschsprachigen Ausgabe by Irisiana Verlag,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: Geviert, Grafik & Typografie
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-22030-3
V001
Dies hier ist für Taz, der kreativste Mensch, der mir je begegnet ist.
Vorwort
Einführung
Erschaffen. Tanzen. Emporsteigen. – Wie dieses Buch funktioniert
TEIL 1: Ihren inneren Salieri bekämpfen
WOCHE 1: Strahlen Sie!
WOCHE 2: Kenne deinen Feind
WOCHE 3: Tun Sie das Richtige
WOCHE 4: Sie wissen bereits wie
WOCHE 5: Mut zum Mittelmass
WOCHE 6: Angst und Unsicherheit, weichet! Ich muss was Brillantes erschaffen.
WOCHE 7: Kleine Schritte
WOCHE 8: Die Musen herbeilocken
WOCHE 9: Zeit finden
WOCHE 10: T.E.T. – Tu es trotzdem
WOCHE 11: An die Arbeit, Freunde!
WOCHE 12: Künstler, heile dich selbst
WOCHE 13: Invasion der Körperfresser
TEIL 2: Das Göttliche anzapfen
WOCHE 14: »Es ist überall, einfach überall!«
WOCHE 15: Sie sagen, Sie wollen eine Revolution
WOCHE 16: Die wahren Geschenke der Kreativität
WOCHE 17: Das G-Wort
WOCHE 18: Goldgräber der Kunst
WOCHE 19: Ihre eigene Bibel schreiben
WOCHE 20: Auf die eigene Stimme hören
WOCHE 21: Gott zum Ruhm
WOCHE 22: Es war einmal …
TEIL 3: Kill Bill
WOCHE 23: Mythos Nr. 1: Um Kunst zu machen, braucht man Geld
WOCHE 24: Mythos Nr. 2: Um Kunst zu machen, braucht man die Zustimmung von Profis
WOCHE 25: Mythos Nr. 3: Kunst machen ist kein richtiger Job
WOCHE 26: Mythos Nr. 4: Echte Künstler haben auf der Kunstschule gelernt,wie man es richtig macht
WOCHE 27: Mythos Nr. 5: Wahre Künstler sind Genies
WOCHE 28: Mythos Nr. 6: Künstler haben viel mehr Talent als ich
WOCHE 29: Mythos Nr. 7: Kunst zu machen erfordert endlose Opfer
WOCHE 30: Mythos Nr. 8: Künstler sind Freaks, total anders als Sie und ich
WOCHE 31: Mythos Nr. 9: Bestimmte Voraussetzungen sind nötig, um Kunst machen zu können
TEIL 4: Kreatives Kapital erwirtschaften
WOCHE 32: Die Macht des lila Buntstifts
WOCHE 33: Ohne Glauben geht’s nicht
WOCHE 34: Den Brotkrumen folgen
WOCHE 35: Oh, was einem so alles einfallen kann!
WOCHE 36: Lieblingssteine, Muttern und Klebeband
WOCHE 37: Kreative Komplizen
WOCHE 38: Die kostbare Perle des Misserfolges
WOCHE 39: Mit Karacho und Caramba
WOCHE 40: Ja und …
WOCHE 41: Geschenke vom Universum
TEIL 5: Freude für die Welt
WOCHE 42: Machen Sie ein Lied draus
WOCHE 43: Arbeiten, um die Welt zu heilen
WOCHE 44: Keine halben Sachen – es geht ums Ganze
WOCHE 45: Was will das Universum durch Sie zum Ausdruck bringen?
WOCHE 46: Das innere wilde Kind
WOCHE 47: Mut
WOCHE 48: Zum Tango gehören immer zwei
WOCHE 49: A little help from our friends
WOCHE 50: Eine stolze Sippschaft
WOCHE 51: Das Leben feiern
WOCHE 52: Das einzige Buch, das ihr Leben verändern wird, ist das, was sie selbst schreiben
Nachwort
»Was ist, wenn Vorstellungskraft und Kunst nicht das Sahnehäubchen auf dem Kuchen sind, sondern der Urquell aller menschlichen Erfahrung?«
– ROLLO MAY, existenzialistischer Psychologe
»Gib zu, dass du ein Künstler bist. Gib zu, dass du es seit Anbeginn der Zeit gewusst hast.«
– RUMI, persischer Dichter des 13. Jahrhunderts
Ich habe dieses Buch vor 18 Jahren geschrieben. Bis zu E², dem internationalen Bestseller, der mein Leben verändert hat, war es mein absoluter persönlicher Favorit. Es entsprang meinen eigenen kreativen Fragen, meinem eigenen Ringen um die Kunst. Angetrieben von meinem Wunsch, mit dem größeren Ding da draußen in Kontakt zu kommen, das – soweit ich sagen konnte – mich irgendwie dazu ausersehen hatte, Autorin zu sein, mich aus mir unbekannten Gründen mit den Fähigkeiten gesegnet hatte, diesen Job zu machen.
Seither habe ich festgestellt, dass immer dann, wenn ich um die Hilfe meiner Musen, des Universums oder Gottes bat, mein Schreiben reibungsloser dahinfloss. Ich merkte, dass meine Kreativität am besten funktionierte, wenn ich meine eigenen verqueren Stimmen außer Acht ließ und einverstanden war, einfach da zu sein und wie eine Satellitenschüssel zu agieren.
Kreativität, so scheint es, hat viel gemeinsam mit Spiritualität – und vielleicht ist es letzten Endes dasselbe.
Sobald ich mich dem größeren Ding hingab, schienen alle möglichen unerwarteten Wunder eigens für mich arrangiert zu werden. Neue Schreibprojekte, der perfekte Spruch, die exakte Quelle, die ich brauchte, all das offenbarte sich auf überraschende, geheimnisvolle Weise.
Dennoch, die erste Inkarnation von E² (ursprünglich debütierte es als God Doesn’t Have Bad Hair Days) und die 18 Jahre alte Version dieses Buches erlitten das gleiche Schicksal. Beide waren bereits kurz nach ihrem jeweiligen Debüt vergriffen. Ironischerweise waren diese zwei persönlichen Favoriten die einzigen meiner 18 Bücher, bei denen es so lief.
Vor einigen Jahren erweckte ich Hair Days wieder zum Leben, gab ihm den Titel E², und schließlich fand es sein Publikum. Ich habe volles Vertrauen, dass es mit diesem Buch genauso laufen wird.
Also, was ich damit sagen will, ist: Ich liebe dieses Buch noch immer. Ich glaube, dass es eine zeitlose Botschaft enthält. Ich hoffe, Sie sehen das genauso.
»Früher war ich gefährlich. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist.«
– JUDITH MOORE, aus dem Film Wachgeküßt
Mein Leben lang war ich ein heimlicher Bohemien. In einer kleinen Stadt in Kansas aufgewachsen, Tochter eines Predigers, Schülerin mit Bestnoten und superbrav, sehnte ich mich in Wahrheit immer danach, ein wildes, ungeheuerliches Leben zu führen.
Nach außen hin war ich Pam Grout, junger Erfolgsmensch. Doch innerlich bin ich seit jeher Isadora Duncan gewesen.
Flüchtige Einblicke in dieses Alter Ego schlichen sich wann immer möglich heran. In der Volksschule ging ich im Pyjama zum Kuchenbasar in der Kirche und erzählte den Leuten, dass unsere Jugendgruppe Geld sammelte, um mich in ein nicht näher definiertes, aber »spezielles« Heim zu schicken. Das Ganze geschah, wie ich vielleicht hinzufügen sollte, ohne die Zustimmung meines Prediger-Vaters.
Im Clownskostüm, mit einer Nixon-Maske auf dem Kopf, fuhr ich auf Rollschuhen durch die Flure meiner Highschool. Ähnlich im College, wo ich wieder mit einer Maske und Rollschuhen auftauchte, allerdings trug ich diesmal einen Bikini und ein Schild, auf dem stand: »Auf zu Quadratlatschen-A-Go-Go«.
Nach dem College versuchte ich es in der freien Marktwirtschaft, stellte jedoch schnell fest, dass die obere Führungsebene dazu neigt, Flip-Flops und knöchelhohe Sneakers nicht gutzuheißen. Also begann ich, Artikel und Persönlichkeitsprofile von Menschen zu schreiben, die Häuser aus zusammengerollten Zeitungen bauen oder Nüsse sammeln und Filme über Meerschweinchen drehen.
So sehr ich den heiligen Franz von Assisi mag, bin ich dennoch zu der Erkenntnis gelangt, dass ich wilde Leute noch toller finde. Leute, die Bäume umarmen, auf Harleys durch die Gegend brettern, ihre Nasen piercen. Leute, die außerhalb der Glockenkurve leben, die der Norm den Rücken gekehrt haben. Jeder Art von Norm.
Trotz dieser krassen Verirrungen fühle ich mich die meiste Zeit immer noch wie Wackelpudding ohne Geschmack. Ja, ich möchte das Mark aus dem Leben saugen, Sorbas der Grieche sein. Doch gleichzeitig möchte ich, dass die Leute mich mögen.
Also folgte ich den Regeln. Mähte meinen eigenen Rasen. Achtete darauf, wohin ich trete, um sicherzugehen, dass ich alles richtig mache.
Eines Tages wachte ich auf und erkannte, dass mein kühnes Isadora-Duncan-Selbst einem faden, einsamen Leben Platz gemacht hatte. Anstatt mit den wilden Wölfen zu rennen, musste ich mir eingestehen, dass ich mit den lahmen Lemmingen dahinkroch. Meine verrückten Ideen, meine ungeheuerlichen, fantastischen Träume waren beiseitegedrängt worden, schwanden allmählich dahin, und an ihre Stelle waren die frisch gemähten Rasen der Vorstädte getreten.
Ich weiß nicht wirklich, wie es so weit kommen konnte. Es ist wie mit dem Frosch und dem Wasser. Man kann ihn nicht ins kochende Wasser werfen. Er würde schneller rausspringen, als Sie gebratene Froschschenkel sagen könnten. Doch wenn Sie die Hitze langsam höherdrehen, ein winziges Grad nach dem anderen, merkt er nicht einmal, dass er gekocht wird.
Genauso würden wir uns sofort zur Wehr setzen, wenn »jemand« – wer immer dieser »jemand« auch ist – versucht, uns mit dem Holzhammer die Originalität auszutreiben. Doch viele klitzekleine Nadelstiche später stimmen wir zu, verhalten uns zunehmend konform und geben alles auf, was Spaß macht und unser ursprüngliches, authentisches Selbst ausmacht.
Dieses Buch handelt davon, auszubrechen, sich zu befreien, aus dem kochenden Wasser zu springen, egal wie lange Sie schon vor sich hin geköchelt haben.
Ich habe gehört, dass wir lehren, was wir wissen möchten. In diesem Fall lehre ich, was ich tun möchte. Ich möchte mich als Engel verkleiden, ohne Gepäck reisen, am Morgen aufstehen und entscheiden, wer ich bin und was ich sein will. Ich möchte mit anderen Bohemiens rumhängen, Menschen, denen tolle Ideen mehr wert sind als tolle Häuser.
Ich möchte mich mit Freunden in Cafés treffen zum Schreiben. Ich möchte Samstagabende damit verbringen, Wände zu bemalen, Geschichten zu erzählen und Scharaden zu spielen. Ich möchte meine tanzende, verwegene, kühne Seite mit anderen teilen.
Jahrelang habe ich diese Seite verneint, mich stattdessen auf diese andere Person fixiert, dieses defekte Selbst. Ich war so damit beschäftigt, Affirmationen runterzuspulen, Bücher zu lesen und zu versuchen, diese gebrochene Heuchlerin zu heilen, dass ich vergessen hatte, dass mein »wahres Ich«, dieses verrückte, spleenige Leuchtkäfer-Ich, genau das ist, wonach ich gesucht hatte.
Ich hoffe, Entfessle deine Kreativität ist genau das, wonach Sie gesucht haben. Es geht darum, Kunst zu machen, keine Frage. Doch es geht auch darum, mehr zu werden, dieses authentische Selbst zurückzuerobern, das viele von uns zusammen mit der Malkreide unserer Kindheit abgelegt haben. Vielleicht ist Ihr Selbst nicht so unkonventionell oder »verrückt« wie meins (schließlich kommt Kreativität in den verschiedensten Formen vor), doch wir alle haben ein authentisches Selbst, dass im Laufe der Jahre in Tausende winzige Teile zerbrochen ist, genauso wie unsere früher so geliebte blau-grüne Malkreide.
In erster Linie aber ist Entfessle deine Kreativität die Aufforderung zu einem spirituellen Weg. Nicht nur bitten wir das größere Ganze darum, uns aufzurütteln und aufzuwecken, sondern vertrauen darauf, dass es unser Schicksal ist, etwas zu kreieren, zu erschaffen – der Weg, der uns zur Erleuchtung führt.
Der Autor Bernie Siegel nahm einmal an einer geführten Meditation teil, um Kontakt mit seinem inneren Führer aufzunehmen. Da er Arzt ist und in Yale studiert hat, würde man vielleicht vermuten, dass er sich auf jemand Berühmten eingestimmt hat, zum Beispiel den Engel Gabriel. Stattdessen, sagt er, kam ein Führer namens Frank durch.
Nun, in diesem Buch kriegen Sie einen Führer namens Pam, doch ich schätze, dass Sie und ich, wir gemeinsam mit den Musen und unseren Rad schlagenden, kreativen Lebensgeistern, so gut wie alles erreichen können.
»Krempeln wir die Ärmel hoch und lassen wir uns – durch Lachen, durch Hoffen – in die tiefsten Tiefen unserer Seele fallen. Lasst uns ungehobeltes, rabiates, vernachlässigtes Material hervorzerren. Dann lasst es uns singen, tanzen, schreiben, malen. Lasst uns das Unmögliche tun.«
– AARON DOUGLAS, Maler und Illustrator der Harlem Renaissance
Dieses Buch ist eine Lehrzeit, eine tatsächlich einjährige Reise zu Ihrer kreativen Seele.
Anders als manche Bücher, die Sie auffordern, den traurigen Sumpf aufzudecken, der Sie davon abhält, schöpferisch tätig zu sein, zielt Entfessle deine Kreativität direkt aufs Herz: Leg’ einfach los! Sie werden nicht nur alle möglichen ausgefallenen, originellen Aktivitäten entdecken, wie Gedichte mit Kreide auf Bürgersteige malen oder Dichterlesungen am Lagerfeuer, sondern jede Woche dazu eingeladen, ein kreatives Projekt in Angriff zu nehmen, wie zum Beispiel ein Selbstportrait oder einen Song.
Diese Projekte sollten einfach sein, kurz und schmerzlos.
Nichtsdestotrotz kann ich mir vorstellen, dass einige von Ihnen vielleicht protestieren und sich fragen werden, warum man sie auffordert, eine Giraffe zu kritzeln, oder irgendetwas in der Art.
Aber das liegt nur an der kulturellen Programmierung, die alte Leier, die besagt, dass Kunst nicht ernst genommen werden sollte. Die alte Leier, die darauf besteht, dass einen Rap-Song zu komponieren ziemlich idiotisch ist.
Doch ich sage: »Nicht drauf hören. Keine Grenzen setzen. Einfach tun.«
Die Projekte umfassen das gesamte Spektrum – vom Schreiben bis zu den visuellen und darstellenden Künsten, vom Singen bis zum Entwickeln von Ideen für ein neues Geschäftsmodell.
Geben Sie sich die Erlaubnis, völlig auszurasten. So wie Steve McQueen in Gesprengte Ketten, als er mit seinem Triumph-Motorrad über den Stacheldrahtzaun sprang, ist dieses Buch wie ein Ausbruch aus dem Gefängnis. Die Projekte stellen ein einfaches, doch subversives Werkzeugarsenal zur Verfügung, um die Art und Weise zu verändern, wie Sie sich selbst sehen und mit der Welt interagieren. Es ist darauf angelegt, vergnüglich, transformativ und manchmal chaotisch zu sein.
Es gibt nicht viele Anleitungen. Und das mit Absicht.
Einer der wichtigsten Leitfäden in diesem Buch lautet: »Sie müssen nicht wissen, wie«. Sie haben genug Seminare besucht, genug Bücher gelesen. Kunst zu erschaffen liegt Ihnen im Blut. Sie müssen einfach nur da sein und hinhören. Das Universum wird den Rest erledigen.
Wie der Regisseur Jon Favreau zu sagen pflegt: »Kreativität ist nicht etwas, das wir kontrollieren. Sie ist etwas, dessen wir uns bedienen.« Sie ist immer bei uns. Dieser unsichtbare, rund um die Uhr verfügbare kreative Geist rekrutiert Menschen wie Sie, neue und aufregende Projekte hervorzubringen. Er sucht kontinuierlich nach physischen Wesen, um Inspiration in eine Welt zu bringen, die danach lechzt.
Und wenn es im Moment auch nicht so scheinen mag, ist eine Verbindung mit diesem »größeren Ding« einzugehen das Wichtigste, was Sie jemals für sich selbst, und tatsächlich für die ganze Menschheit, tun können. Ich behaupte, es ist eine innere Notwendigkeit, so wichtig wie Nahrung und ein Dach über dem Kopf.
Ich habe dieses größere Ding benutzt, um 18 Bücher, 2 Drehbücher, 4 Theaterstücke und eine Fernsehserie zu schreiben. Und zwar, indem ich eine siebenzeilige Anrufung der Musen benutzt habe, die ich gleich an Sie weitergeben werde. Ihre eigene wird natürlich anders und genauso einzigartig sein wie Sie.
FACEBOOK-KONTAKT MIT DEN MUSEN
»Einen kreativen Geist zu besitzen ist letzten Endes so ähnlich, wie einen Collie als Haustier zu halten: Er muss was zu tun haben, oder er wird Ihnen endlos Schwierigkeiten machen.«
– ELIZABETH GILBERT, Autorin von Big Magic
Jedes der 52 Kapitel (eins pro Woche) enthält das zuvor erwähnte kreative Projekt, eine inspirierende Botschaft, plus drei zusätzliche … nennen wir sie mal »verrückte Aktivitäten«.
Doch bevor Sie überhaupt einen Pinsel oder einen Stift in die Hand nehmen oder Ihre Stepptanz-Zehen zucken lassen, werden Sie zunächst einmal um Hilfe bitten. Sie werden wahrscheinlich davon ausgehen, dass es für jede Aufgabe jede Menge Anleitungen gibt, die beachtet werden müssen.
Also wollen wir uns mal die beiden rudimentären, jedoch entscheidenden Übungen anschauen.
Übung Eins: Ja sagen! Der Trick, um die Musen anzulocken, ist total einfach. Zur Stelle sein. Das ist alles. Die einzige Voraussetzung. So wie alles, das irgendeinen Wert hat, erfordert Kreativität, dass Sie ihr Zeit widmen. Gleich in der ersten Woche werden Sie festlegen, wie viel Zeit Sie täglich für Ihre Kreativität brauchen, und sich daran halten.
Der kreative Saft steht uns allen gleichermaßen zur Verfügung. Er ist wie ein Grundwasserspiegel unter der Erde, den Sie durch Disziplin anzapfen. Dafür brauchen Sie nichts weiter als A) den Wunsch, und B) die Bereitschaft, zur Stelle zu sein und zu graben. Es ist tatsächlich so einfach. Talent spielt dabei keine Rolle.
Betrachten Sie das Ganze mal vom Standpunkt der Musen. Wenn Sie der Welt ein wichtiges Projekt zu geben haben, würden Sie dann irgendeinen unzuverlässigen, unentschlossenen Typen aussuchen, der zu viel Angst vor Verpflichtungen hat? Oder würden Sie jemanden wählen, der jeden Tag pünktlich zur Stelle ist und so loyal wie ein Hofhund?
Übung Zwei: Bitten. Das ist der Moment, wo das Bitten – auch Bittgebet genannt – ins Spiel kommt. Wenn Sie erst einmal die Aufmerksamkeit der Musen haben, bitten Sie diese zauberhaften Wesen einfach, Ihre Fähigkeiten – welcher Art auch immer – in ihrem Sinne einsetzen zu dürfen. Bitten Sie darum, ihr Kanal zu sein. Zeigen Sie Ihre Bereitschaft, Diktate aufzunehmen. Gehen Sie an die Sache heran, indem Sie bescheiden zugeben, ein wenig Hilfe brauchen zu können. Tatsächlich besteht Ihr kreatives Projekt für Woche 2 darin, Ihre ganz persönliche Anrufung der Musen zu schreiben. Bei mir ist es ein siebenzeiliger Appell, den ich seit vielen Jahren benutze. Ich schneide den Zettel aus und klebe ihn auf jedes Projekt, das ich mir vornehme. Selbst wenn es um eine Glückwunschkarte für meine Mutter geht, würde es mir nicht im Traum einfallen, sie ohne die Hilfe dieses Appells zu formulieren.
Zusätzlich zu den Projekten gibt es jede Woche einen Essay über Kreativität und etwas, das ich »Zumba für die Seele« nenne. Diese Aktivitäten basieren allesamt auf einem riesigen Stück Butterbrotpapier, das ich an die Tür meines Arbeitszimmers im Keller geheftet habe, als meine Tochter Taz vier war. Mir der gewichtigen Aufgabe als alleinerziehender Elternteil bewusst, war ich entschlossen, mein Bestes zu geben, um sie großzuziehen. Doch gleichzeitig wollte ich weder meinen kreativen Funken verlieren noch meinen freien Geist aufgeben. Also schrieb ich mit Edding Ideen und Aktivitäten auf das ellenlange Stück Butterbrotpapier, die ich tun konnte, um mein inneres Feuer lebendig zu halten. Lustige Projekte, die ich modellieren könnte, kreative Zündfunken, die uns beiden Spaß machen würden.
Außerdem gibt es jede Woche eine kurze Anekdote über einen bekannten Künstler, jemand, der erfolgreich ist, der »es geschafft hat«. Ich nenne diesen Teil des Buches »Sie sind in guter Gesellschaft«, weil Sie schnell feststellen werden, dass »wahre Künstler« genauso sind wie Sie und ich – genauso menschlich, genauso ängstlich.
Viele von uns machen den Fehler anzunehmen, dass die großen Meister jeden Morgen aufstehen, sich einen Kaffee machen und anfangen, Geniales von sich zu geben. Weil sie uns die Sterne und den Mond zeigen, und weil sie uns an Orte führen, wo wir noch nie waren, vergessen wir, dass auch sie zuerst ihren Koffer packen mussten.
Erinnern Sie sich, wie in Der Zauberer von Oz Dorothys Hund, Toto, den Vorhang beiseite zieht, der Oz, den Großen und Schrecklichen, verbirgt? Nach all der Arbeit, um den Besen zu bekommen; nach all den Begegnungen mit fliegenden Affen, nach all der Einschüchterung, entdecken Dorothy und ihre Freunde, dass der Große Oz ein Durchschnittstyp ist, genau wie sie.
Auch kreativ arbeitende Künstler haben mit ihrer Unsicherheit zu kämpfen. Sir Laurence Olivier litt unter ungeheurem Lampenfieber; John Steinbeck fühlte sich oft wie ein totaler Versager; und George Orwell hatte sein Leben lang mit mangelnder Beliebtheit und Unsicherheit zu kämpfen.
Tatsächlich ist der einzige Unterschied zwischen Ihnen und »denen«, dass sie weiter schrieben und auf der Bühne standen, auch wenn ihnen das Herz bis zum Hals schlug und ihre ängstlichen inneren Stimmen lauthals kreischten.
Sie machten einfach weiter. Sie baten um Hilfe. Sie sagten Ja.
TEIL 1
Ihren inneren Salieri bekämpfen
»Sei Loki. Sei Coyote. Sei bereit, den Suppentopf der Welt ins Wanken zu bringen. Spucke auf die Sterne, zeige dem Gremium deinen nackten Hintern, jauchze in der Kirche.«
– JANE YODER, Autorin
Wenn Sie den Film Amadeus (1984) gesehen haben, wissen Sie alles über Antonio Salieri, den Wiener Hofkomponisten, der eine, sagen wir … komplizierte Beziehung mit Mozart hatte. Die künstlerische Gabe des Komponisten erkennend, war Salieri extrem eifersüchtig auf seinen jungen Schützling und tat alles, was in seinen Kräften stand, um ihn zu sabotieren.
Das ist der Grund, warum ich die Stimme, die ständig probiert, jeden noblen Versuch, kreativ zu sein, zu ersticken, meinen inneren Salieri nenne. Es ist die Stimme, die eine Barriere zwischen mir und allem aufbaut, was die höheren Kräfte mich zu tun auffordern. Die Stimme, die mir sagt, dass ich nicht gut genug bin, um irgendetwas von Wert zustande zu bringen. So wie ich es sehe, ist dieser hinterlistige Feind die eigentliche Ursache für alle Depressionen und alles Unglück auf der Welt.
Die gute Nachricht ist, dass Sie diesen bösen Geist mit Disziplin in einen Käfig verbannen und sein Gefängniswärter werden können. Die Essays für die folgenden 13 Wochen geben einen Überblick über die vielen Verkleidungen, derer sich dieser Feind bedienen wird. Sich selbst gegen diesen inneren Salieri zu bewaffnen, ist ein Prozess, der täglich aufs Neue ausgefochten werden muss und der nur erfolgreich sein kann, indem Sie zur Stelle sind, ihm ins Gesicht starren, um Hilfe bitten und Ihren Trenchcoat lüften, um der Welt Ihr wahres nacktes inneres Ich zu zeigen, ohne sich um die Reaktionen zu scheren.
»Dieses kleine Licht, das meins ist. Ich werde es erstrahlen lassen.«
– Kirchenlied
Die meisten Bücher sagen Ihnen, wie Sie etwas kriegen können – ein heißes Sexleben, dünnere Schenkel, einen höheren Gewinn bei Ihren Investitionen. Entfessle deine Kreativität ist ein Buch, das Ihnen sagt, wie Sie etwas geben können, wie Sie tief in Ihr Inneres greifen und den künstlerischen Segen ans Licht holen können, der Ihre persönliche Gabe ist, Ihr einzigartiges Talent. Das Geschenk, das kein anderer geben kann.
Vielleicht ist es ein Gedicht, das an Ihr Herz klopft. Oder vielleicht ist es ein Song, der Sie nachts wach hält; eine Geschäftsidee, die Sie nicht in Ruhe lässt. Ein Traum, den Sie immer wieder zu ignorieren versuchen und sich dabei denken: »Ausgeschlossen! Ich könnte nie so singen oder tanzen. Ich könnte nie diese Geschäftsidee verwirklichen.«
Die Zeit ist gekommen, den Traum nicht länger beiseitezuschieben.
Jeder Traum, der jemals durch Ihren Kopf getänzelt ist, ist eine Aufforderung des Universums. Eine Aufforderung, die sagt: »Ich brauche dich.«
An dem Tag, als Sie auf die Welt kamen, wurde Ihnen das Geschenk der Kreativität in die Wiege gelegt. Es ist ein Geschenk, das die Welt braucht. Gut möglich, dass Ihr Song es nie zum Karaoke-Hit schafft oder in die Top 40 kommt. Doch irgendjemand da draußen muss ihn hören. Vielleicht ist es die 92-jährige Nachbarin, die bettlägerig ist und jedes Mal kichern muss, wenn sie Sie vor ihrem Schlafzimmerfenster singen hört: »Ich wünscht’, ich wär’ ein Wiener Würstchen.« Reicht das nicht schon als Grund?
Zuweilen scheint es eine beängstigende Aufgabe zu sein, Ihre Stimme dem Chor anderer Stimmen zuzugesellen. Sie fragen sich:
Was kann ich zu der wunderbar vielfältigen Kunst auf der Welt beitragen?
Wie kann ich es wagen, mich in eine Reihe mit Michelangelo, James Cameron, Prince zu stellen?
Ich würde sagen, die bessere Frage lautet: Wer sind Sie, es nicht zu tun? Welches Recht haben Sie, die Stimme zu leugnen, die Ihnen jeden Morgen, jeden Nachmittag und jeden Abend ins Ohr flüstert, wenn Sie sich endlich zurückziehen, müde und erschöpft davon, ständig die Hand des Großen Ideengebers auszuschlagen?
Aber ist nicht bereits alles gesagt worden?
Bis wir nicht Ihre ganz persönliche Version der Geschichte von dieser wilden Welt voller Freuden hören, ist noch viel zu sagen. Jeder Mensch betrachtet den Sonnenuntergang mit etwas anderen Augen.
Wir alle sehnen uns nach einem reichen, erfüllten Leben. Wir alle haben die gleiche wiederkehrende Sehnsucht, unsere Verteidigungsmechanismen aufzugeben, in der Lage zu sein, unsere Gaben zu verschenken und Schönes zu empfangen. Wenn wir ein Musikstück komponieren oder einem Lehmklumpen Form geben, winden wir uns aus der Zwangsjacke heraus und begrüßen die grenzenlosen, permanenten Möglichkeiten des Lebens mit einem glückseligen Ja, ja, ja!
Alexander Papaderos, Gründer eines Klosters und Friedenszentrums auf Kreta, hat immer die Scherbe eines gebrochenen Spiegels in seiner Brieftasche. Als kleiner Junge hatte er den Spiegel neben einem Motorrad gefunden, das jemand zu Schrott gefahren und in der Nähe seines Dorfes liegen gelassen hatte. Er versuchte stundenlang, den Spiegel wieder zusammenzusetzen. Doch leider fehlten ein paar Stücke, also blieb ihm keine Wahl außer aufzugeben, doch nicht bevor er das größte Stück herausgebrochen hatte und es so lange an einem Stein wetzte, bis es glatt und rund war. Papaderos verbrachte einen großen Teil seiner Kindheit damit, mit dieser Scherbe zu spielen. Er entdeckte, dass er mit der Scherbe das Sonnenlicht in dunkle Ritzen und Spalten scheinen lassen konnte.
Genau darum geht es in diesem Buch. Ihre Scherbe des Spiegels ist nur ein Fragment. Niemand weiß genau, wie groß und unermesslich »das Ganze« wirklich ist. Doch wenn Sie Ihre kleine Scherbe nehmen und sie richtig halten, können Sie ein Licht in die dunklen Ecken der Welt senden.
Sie haben die Wahl. Sie können Ihren Spiegel benutzen, um Licht erstrahlen zu lassen. Oder Sie können ihn in Ihrem Portemonnaie aufbewahren. Fest steht, der Spiegel wird nie vollkommen sein ohne Sie.
Los geht’s!
ANALYSIEREN SIE IHRE ZEIT
»Hast du den Mut, nach den Träumen zu greifen, die dich auserwählt haben?«
– PRINCE EA, Dichter und Rapper
Da dies das Jahr ist, in dem Ihr Leben explodiert (auf die bestmögliche Weise), lassen Sie uns mit ein bisschen kreativer Ermittlung beginnen. In der nächsten Woche notieren Sie einfach die Zeit, die Sie für Facebook, Twitter und andere soziale Medien aufwenden. Das ist alles. Schreiben Sie einfach die Zahl der Minuten (Stunden?) auf, die Sie mit Likes, Kommentaren und dem Scrollen durch Status-Updates verbringen.
Einer Untersuchung von 2015 zufolge (und ich bin mir sicher, dass es inzwischen mehr geworden ist) verbringt der durchschnittliche Facebook-Benutzer jeden Tag 40 Minuten mit Scrollen und Checken seiner neuen Posts. Sie sollten eventuell auch den Zeitaufwand notieren, den Sie mit dem Glotzen in eine Kiste verbringen. Damit meine ich Ihren Fernseher.
Nächste Woche, sobald Sie erkannt haben, wie viel Zeit Sie mit diesen beiden Aktivitäten zubringen, werden Sie die Hälfte dieser Zeit (sagen wir 20 Minuten) mit dem kommunizieren, was Künstler im Laufe der Jahrhunderte »die Musen« genannt haben. Ich garantiere Ihnen, die Dinge, die Sie entdecken werden, sind so viel interessanter, unterhaltsamer und lebensverändernder als alles, was Sie jemals auf Facebook finden werden.
Neben dem Analysieren Ihrer Zeit schreiben Sie jeden Tag drei Ideen auf. Egal, worum es dabei geht. Sie müssen nicht gut sein. Vielleicht sind sie sogar richtig schlecht. Und das ist total okay. Diese Übung ist einfach ein Training für Ihre Vorstellungskraft.
Zusammen mit meiner To-do-Liste und täglichen Träumereien notiere ich stets drei neue Ideen. Jeden Tag, ohne Ausnahme. Manchmal sind sie echt lächerlich. Wie eine Handtasche, die auf einer Seite schwarz und auf der anderen braun ist, damit sie zu Ihren Schuhen passt, je nachdem welche Seite nach außen zeigt. Manchmal habe ich gar nicht unbedingt den Wunsch, diese Ideen jemals umzusetzen, wie zum Beispiel meine Idee einer landesweiten Kleiderbörse für Menschen mit der gleichen Kleidergröße, damit man sich eine breit gefächerte Garderobe zusammenstellen kann, ohne zu den 10,5 Millionen Tonnen Kleidung beizutragen, die jedes Jahr auf Mülldeponien landen. Zu anderen Zeiten sind meine Ideen sinnvoll, und ich führe sie tatsächlich aus. Zum Beispiel jeden Tag etwas herzuschenken. Hin und wieder sind sie absolut genial. Zum Beispiel eine neue Buch- oder Drehbuch-Idee, wovon Sie eine gerade in der Hand halten.
Hauptsache ist, nicht zu urteilen. Es geht darum, Ihre geschrumpfte Vorstellungskraft zu trainieren. Genau wir Ihr Körper eine physische Therapie braucht, damit Sie wieder gehen können, nachdem Sie zwei Wochen lang flach auf dem Rücken gelegen haben, braucht Ihr Ideenmuskel, wegen mangelnder Benutzung eingetrocknet, eine Imaginations-Therapie.
Vertrauen Sie mir. Es wird jeden Aspekt Ihres Lebens verändern. Sie werden klarer im Kopf, schneller, produktiver. Sie werden glücklicher sein, neugieriger. Wenn Sie eine gute Idee brauchen (sagen wir, Sie verlieren einen wichtigen Klienten oder planen eine Geburtstagsparty), wird es ein Kinderspiel sein, eine aufzurufen. Wenn Ihr Ideenmuskel eine gut trainierte Kampfmaschine ist, können Sie dank ihm zahllose neue Pfade erforschen und stoßen auf jede Menge neuer Portale innerhalb Ihrer mentalen Architektur.
Zumba für die Seele
Gehen Sie in einen Secondhandladen und kaufen Sie die verrücktesten Klamotten, die Sie finden.
Lernen Sie drei wenig bekannte Fakten über Martin Luther King Jr.
Backen Sie Kekse in der Form von Körperteilen.
Sie sind in guter
Gesellschaft
Trotz all seiner Erfolge leidet Steven Spielberg noch immer unter Unsicherheit. Er sagt, es sei so, als hätte man große Ohren – das ändert sich nicht, nur weil man einen Oscar gewinnt.