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Inhaltsverzeichnis

PERSONEN DER HANDLUNG
PROLOG
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
EPILOG
ANMERKUNG DES AUTORS
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EPILOG

Samstag, 28. Mai 2011
Nordatlantik, 62.40 N / 11.20 W
Geschwindigkeit 7, Tiefe 400, Kurs null-fünf-drei

 

Die Viper 157 tastete sich langsam durch die GIUK-Lücke nach Nordosten, Meter für Meter Mütterchen Russland entgegen. Gelegentlich ließ Kapitän Gregor Wanislaw noch mehr Fahrt wegnehmen, sodass sie nur noch fünf Knoten machten, was gerade ausreichte, um ohne zu rollen noch per Notantrieb an die Oberfläche zu kommen, sollte die Atomanlage ausfallen. Er war ein sehr umsichtiger U-Boot-Kommandant.

Sie befanden sich jetzt westlich der Faröer, leicht östlich der Linie Island-Britische Inseln und nahmen Kurs auf das Norwegische Becken. Kapitän Wanislaw war überzeugt, vorsichtig genug gewesen und nicht entdeckt worden zu sein. Doch er irrte sich. Die US-Lauschstationen an der Ostküste Grönlands und an der irischen Südostküste hatten beide kurz ein Signal erfasst, das sich langsam nach Nordosten bewegte.

Jede Station hatte das Signal einem U-Boot zugeordnet, in Island waren sogar genügend Daten eingelaufen, um eine nähere Spezifizierung vorzunehmen: »Russisches Atom-U-Boot, wahrscheinlich Akula-Klasse. Was anderes kommt auf befreundeten oder russischen Netzen nicht infrage.« Der entscheidende Hinweis dazu stammte von den Briten und deren ultrageheimer Überwachungsstelle in der Nähe von Machrihanish an der schottischen Westküste. Die dortigen Sonar-Spezialisten, die wesentlich näher am Objekt lagen als ihre amerikanischen Kollegen, hatten bereits zwei Tage zuvor die Viper geortet und sie umgehend identifiziert: russisches Atom-U-Boot, in großer Tiefe, langsame Fahrt, mit großer Sicherheit eine Akula-Klasse, Serie II.

Sie konnten das U-Boot schnell in einem hundert Seemeilen großen Planquadrat einordnen, was im Verlauf der folgenden achtundvierzig Stunden durch zwei weitere Erfassungspunkte schließlich auf ein Planquadrat von zehn Seemeilen eingegrenzt werden konnte. Für das SOSUS-System wurde im Bereich der vorhergesagten Position, sollte das U-Boot das nächste Kabel passieren, höchste Alarmbereitschaft ausgerufen.

Zwei US-Angriffs-U-Boote patrouillierten bei diesem verdecktesten aller verdeckten Einsätze, von Satelliten geführt, im Abstand von fünfzig Seemeilen im nördlichen Bereich der GIUK und näherten sich der arglosen Viper immer mehr an.

 

 

Samstag, 28. Mai, 18.00
An Bord der USS Cheyenne, Nordatlantik

 

»Rohr eins – fertig machen.«

»LOS!«

»Lenkung der Waffe übernommen, Sir.«

»Waffe armieren.«

»Waffe armiert, Sir.«

Nach zwei Minuten ...

»Noch zweitausend Meter bis zum Ziel.«

»Sonar ... auf aktiv schalten ... ein einzelner Ping.«

»Aye, Sir.«

 

 

Samstag, 28. Mai, 18.04
An Bord der Viper 157

 

»Sonarraum an Kapitän ... aktives Signal ... sehr laut ... Peilung eins-drei-fünf ... SSN der USA, ganz bestimmt ... nah ... ganz nah.«

Kapitän Wanislaw reagierte umgehend: Angriff, keine Verteidigung: »Rohr zwei fertig machen ... Ziel auf Peilung eins-drei-fünf ... Entfernung dreitausend Meter ... Tiefe hundert ... Rohr los, sobald Sie bereit sind.

Rudergänger: hart nach Steuerbord ... Steuerkurs null-drei-fünf ... fertig machen zum Gegenangriff ... volle Kraft voraus ... Tiefenruder oben zehn ... Tiefe zweihundert Meter.«

»Sonarraum an Kapitän ... aktives Torpedosignal ... hat uns wahrscheinlich erfasst ... direkt voraus, Abstand neunhundert Meter!«

Kapitän Wanislaw vollführte das klassische, wenngleich verwegene russische Verteidigungsmanöver, indem er direkt in den Laufweg des ankommenden Torpedos hineinsteuerte. Zu spät allerdings gab er seinen letzten Befehl – »Täuschkörper!« –, als der große drahtgelenkte Gould-Mk-48-Torpedo kurz vor dem Turm in den Bug des U-Bootes einschlug.

Er riss ein riesiges Loch in die Druckhülle des Bootes, noch im gleichen Augenblick brachen donnernd die Wassermassen durch die Schotten, als wären diese aus Sperrholz. Kapitän Wanislaw war mit seiner Besatzung – wie sechs Wochen zuvor der Großteil der Besatzung auf der Ark Royal – auf der Stelle tot.

Die Viper 157 sank in dem dreizehnhundert Meter tiefen Gewässer, nur wenige Seemeilen vor dem Norwegischen Becken, wo der Nordatlantik auf die gewaltige Tiefe von mehr als dreitausendsechshundert Meter abfällt.

 

 

Vier Wochen später: Samstag, 25. Juni, 9.00
Chevy Chase, Maryland

 

In Admiral Morgans Miene zeigte sich ein feines Lächeln, als er die Titelseite der New York Times überflog. Der einspaltige Artikel oben links verkündete den Rücktritt des britischen Premierministers.

Morgan freute sich im Stillen immer, wenn ein linker Politiker abtreten musste. Was ihm jedoch noch mehr ins Auge stach, war der Hinweis auf einen Artikel auf Seite drei, der das Verschwinden eines russischen Atom-U-Boots betraf.

Die Story stammte von der Nachrichtenagentur Tass in Moskau. Die Überschrift, die sich über zwei Spalten zog, sprach von einem »vermissten, vermutlich gesunkenen« U-Boot.

Der Admiral las den Artikel sehr aufmerksam: »Die Viper, ein Neuntausend-Tonnen-Atom-U-Boot der russischen Marine der Akula-Klasse, Rumpfnummer K-157, ist im Nordatlantik verschwunden.

Offizielle Marinestellen gehen davon aus, dass es im Norwegischen Becken nordöstlich der Faröer gesunken sei. Aufgrund der Größe des Suchgebiets und der mehr als dreieinhalb Kilometer tiefen Gewässer sind keinerlei Rettungsoperationen geplant.

Russischen Marinekreisen zufolge reagierte die Viper auf die letzten drei Satellitenmeldungen nicht mehr. Alle Versuche einer weiteren Kontaktaufnahme wurden dadurch erschwert, dass das Boot einige hundert Seemeilen vor der Küste operierte.

Die Viper gilt seit mindestens drei Tagen als vermisst, weshalb das potenzielle Suchgebiet bei einer angenommenen Durchschnittsgeschwindigkeit von zehn Knoten nahezu eine Million Quadratkilometer beträgt. Es kam zu keinen weiteren Kontakten zwischen dem U-Boot und seiner Basis. Die russischen Marinebehörden gehen mittlerweile davon aus, dass das Boot mit allen Besatzungsangehörigen gesunken ist.

Der Sprecher von Admiral Rankow, des Oberbefehlshabers der russischen Marine, ließ vergangenen Abend verlauten: »Leider liegen uns keine Informationen über die Ursachen des Unfalls vor. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehen wir von einem wahrscheinlich in großer Tiefe aufgetretenen Ausfall des Atomreaktors aus. Die wahren Ursachen werden wohl nie aufzuklären sein.«

Admiral Morgan verriet keinerlei Gefühlsregung. Er legte die Zeitung zur Seite, als Kathy mit Kaffee und Toast hereinkam.

»Hast du das über das russische U-Boot gelesen?«, fragte sie. »Ich hab’s soeben auf CNN gesehen.«

»Klar«, erwiderte Arnold Morgan. »Haben ja lange genug gebraucht, bis sie den Verlust des Bootes zugegeben haben.«

»Du gehst mit den Russen immer so hart ins Gericht«, sagte seine Frau lächelnd. »Der arme Admiral Rankow, so ein reizender Mensch ... und außerdem weißt du doch genauso wenig wie sie, wann das Boot wirklich gesunken ist.«

»Ach, nein?«, murmelte der Admiral finster.

ANMERKUNG DES AUTORS

Bei diesem, meinem neunten Techno-Thriller, der in der Zukunft spielt und gefährlich hart am Wind segelt, musste ich mit meinen Quellen vorsichtiger umgehen als sonst.

Aus Gründen, die dem Leser hoffentlich einleuchten, wünsche ich nicht, dass hochrangige Offiziere auf beiden Seiten des Atlantiks mit den brisanten Themen in Verbindung gebracht werden, denen ich in diesem Buch nachspüre.

Daher beschloss ich, von niemandem direkte Ratschläge oder Hinweise anzunehmen. Die Geschichte selbst basiert auf den dezidierten Ansichten von Berufsoffizieren, die sie im Lauf der Jahre mir gegenüber immer wieder geäußert haben.

Dieses Buch tritt erneut eine Reise in den kalten Südatlantik an und befasst sich mit der emotionsbeladenen Frage, wem die abgelegenen Falklandinseln denn nun gehören. Dabei habe ich mich – ganz unvermeidlich – der Vielzahl an Informationen bedient, die ich vom Kommandeur der britischen Einsatzgruppe im Falklandkrieg 1982, Admiral Sir John »Sandy« Woodward, erhalten habe, an dessen vor vierzehn Jahren abgefasster Autobiografie ich selbst mitgewirkt habe.

Diesmal fiel ich ihm nicht mit irgendwelchen Kleinigkeiten auf die Nerven, noch trieb ich ihn wegen detaillierter Erklärungen zu nautischen Hightech-Dingen in den Wahnsinn, einem Gebiet, auf dem er als weltweit ausgewiesener Experte gilt und ich immer ein Laie bleiben werde.

Ich arbeitete in meinem abgeschiedenen Kämmerlein und sponn mir aus höchst kontroversen Ansichten diese meine Geschichte zusammen. Ihre versteckte Botschaft wird hoffentlich allen aktiven und pensionierten Offizieren gefallen. Und jenen Politikern, denen wir unsere Verachtung entgegenbringen, eine abschreckende Lehre sein.

Alle Fehler und eigenwilligen Meinungen, ob technischer, taktischer oder strategischer Natur, sind ausschließlich auf meinem Mist gewachsen und sollten nicht irgendwelchen hochrangigen Offizieren zur Last gelegt werden, deren Bekanntschaft und Freundschaft ich seit Langem wertzuschätzen weiß.

Dies trifft auf etwa ein Dutzend Personen zu, vor allem aber auf Admiral Woodward, der zumindest in diesem Fall seine Hände in blütenreiner Unschuld waschen darf und mit meinem gelegentlich in ätzender Säure getauchten Stift nicht das Geringste zu tun hat.

 

– Patrick Robinson, 2005