Cover

Editorische Notiz

Zur Wahrung der Anonymität habe ich die Namen der Eltern und Kinder in meinen Beispielen »Aus der Sprechstunde« geändert.

Zu Gunsten des Schreib- und Leseflusses habe ich auf das Gendern verzichtet. Dieses Buch richtet sich gleichermaßen an Mütter wie auch an Väter und alle weiteren Menschen, die ein Kind auf seinem Weg durch das Leben begleiten dürfen.

Einige sehr kurze Textteile sind dem Kursmaterial meiner digitalen Beratungsplattform für Resilienz in der Mutterschaft starkemuetter.com entnommen.

Die Übungen und Reflexionsfragen können innerlich aufwühlen. Solltest du das Gefühl haben, dass sich dabei Themen in dir zeigen, mit denen du nicht allein sein willst oder kannst, suche dir bitte adäquate professionelle Begleitung.

Für meine und deine Kinder

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Jeannine Mik

Erste Schritte

Unsere Elternschaft – Herausforderung und Chance zugleich

Resilienz – was ist das?

8 Schlüssel der Resilienz für dein Kind und dich

1. Akzeptanz – Dem Leben zustimmen

2. Optimismus – Blick in Richtung Licht

3. Selbstwirksamkeit – Ich kann etwas ändern

4. Verantwortung übernehmen – Umgang mit Fehlern

5. Beziehungen gestalten – Ich bin nicht allein

6. Lösungsorientierung – Was uns weiterbringt

7. Zukunft planen – Die Fülle des Lebens einladen

8. Kohärenzgefühl – Vertrauen

Resilienz im Familienalltag

Die Freiheit deines Kindes

Die 8 Schlüssel im Alltag mit deinem Kind

Nachwort – Mit Liebe durch den Schmerz

Danksagung

Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Vorwort von Jeannine Mik

Es ist zwar schon einige Jahre her, aber ich kann mich noch gut an die Denkfalte auf meiner Stirn erinnern, die der Begriff »Resilienz« auslöste, als ich ihn das erste Mal hörte. »Was ist das?«, fragte ich mich, als ich von Leandra Vogts Profession las, »und warum kenne ich das nicht?« Zwar schoss das englische Wort resilience durch meinen Kopf, aber dennoch konnte ich mir keinen Reim darauf machen. Und dann war Leandra Vogt auch noch Trainerin in diesem Bereich. Wie spannend! Meine Neugier war geweckt. Also setzte ich mich mit dem Thema Resilienz auseinander, las, stellte Fragen und bekam Antworten. Es war für mich die Entdeckung eines wichtigen Schlüsselbegriffs, als ich die Bedeutung der Resilienz verstand: für unsere Kinder, für uns Eltern … ja, für jeden Menschen.

Resiliente Menschen kennen sich selbst und nehmen sich an, wie sie sind. Sie gehen bestmöglich mit dem um, was ihnen das Leben bietet, und wissen um ihre persönlichen Ressourcen. Zugleich bringen sie die Kraft auf, durch Veränderungen zu gehen, wenn sie sinnvoll und notwendig sind. Resiliente Menschen freuen sich über die süßen Seiten des Lebens, aber sie halten auch seine Bitterkeit aus. Wir Eltern wünschen uns für unsere Kinder, dass sie mit beiden Beinen im Leben stehen, zuversichtlich und voller Vertrauen sind und dass sie zu resilienten Erwachsenen werden, die »so schnell nichts umhaut«.

Natürlich sollen wir unsere Wünsche für unsere Kinder nicht über sie drüber stülpen – auch wenn wir es noch so »gut meinen«. Ihnen tausendmal zu erzählen, was alles gut für sie wäre, macht uns bestenfalls zu nervigen Erwachsenen und anstrengend. Deshalb ist die Resilienz, die Widerstandskraft der Seele, besonders für uns so wichtig. Wir sind eingeladen, sie nicht nur zu erforschen, sondern sie in uns selbst zu stärken. Selbst tun und – einmal mehr, so auch hier – mit gutem Beispiel vorangehen. Denn was wir Eltern vorleben, hinterlässt bei unseren Kindern einen bleibenden Eindruck. Unser Vorbild prägt sie.

Ich bin davon überzeugt, dass viele Eltern diese Tatsache in ihrem Familienalltag ab und zu vergessen oder sich ihrer nicht gänzlich bewusst sind. Womöglich unterschätzen wir auch einfach, wann wir Vorbild sind und glauben, dass nur die Dinge zählen, die wir tun, wenn unser Gehirn gerade ganz gut funktioniert und wir entspannt und halbwegs bei uns sind. Und ja, auch diese Handlungen zählen. Aber eben nicht nur. Wir Eltern sind immer Beispiel für unsere Kinder. Wenn wir Dinge meistern und auch, wenn wir unseren Lösungsweg noch suchen. Wie wir mit Herausforderungen umgehen, zählt. Wie wir mit unseren Gefühlen umgehen und ob wir uns erlauben, unseren Emotionen einen angemessenen Raum zu geben, prägt ebenso. Unser eigenes Emotionsmanagement ist die Blaupause für unsere Kinder: Gestehen wir es uns ein, wenn wir unsicher sind oder Angst haben? Wie gehen wir mit unserer Wut um? Merken wir es, wenn wir gestresst sind und wie sorgen wir für Erleichterung? Auch die Dinge, die wir lieber verstecken – vor uns selbst und vor anderen – und all jenes, was wir nicht von uns preisgeben möchten, ist da. Zum Beispiel, wenn wir uns nicht trauen, auf unser Bauchgefühl zu hören oder uns verbiegen, um von anderen Menschen angenommen zu werden – obwohl wir tief im Inneren spüren, dass uns das nicht guttut. Auch das gestaltet den Rahmen, den wir für uns und unsere Kinder schaffen, mit. Es hat Einfluss. Das, was wir vorleben, wird zum Normal unserer Kinder. Zu ihrem »so macht man das«. Von uns lernen unsere Kinder auch, wie man Liebe ausdrückt, was Nähe und Geborgenheit bedeuten, und ob man sich in engen Beziehungen mit anderen Menschen sicher fühlen kann. Vorbild sind wir also nicht nur, wenn die Sonne scheint sondern als die Menschen, die wir in unserer Ganzheit sind.

Dieses Wissen bringt uns Eltern in die Verantwortung. Und es birgt jede Menge Chancen auf gemeinsames Wachstum, echte Nähe und Verbundenheit. Wenn wir selbst vorangehen und entschlossen sind, unsere eigene Resilienz zu stärken, zeigen wir unseren Kindern, wie das geht. Wie schön ist das denn? Wir tun etwas, das für uns gut und wohltuend ist und schlagen auf diese Weise sprichwörtlich zwei Fliegen mit einer Klappe. Dabei dürfen wir lernen, wachsen, Fehler machen und unseren Kurs korrigieren. Perfektion ist nicht nötig. Ja, unser ehrliches Bemühen ist das, was zählt! Und weil wir uns auf die Reise machen, können unsere Kinder sich zurücklehnen, vertrauen und aus sich selbst heraus entdecken, wie man diese Sache mit den seelischen Abwehrkräften so macht. Sie können frei erforschen und haben dabei jemanden an ihrer Seite, der sie bei Bedarf an die Hand nimmt: Uns, ihre Eltern. Wahrscheinlich kennen wir selbst den Weg nicht wie unsere Westentasche, aber zumindest sind wir losgegangen. Und unsere Kinder werden uns auch immer wieder überraschen! Zum Beispiel, wenn wir feststellen, dass sie uns mit ihrem angeborenen Optimismus und diesem Grundvertrauen in die Welt sogar den ein oder anderen Schritt voraus sind.

Dieses Buch kann dabei dein Begleiter sein auf eurem Weg. Ein Kompass, den du zur Hand nimmst, um Orientierung zu finden. Leandra Vogt hat die Grundlagen von Resilienz sowie ihre Relevanz für den Familienalltag einfach nachvollziehbar und somit leicht zugänglich gemacht. Eine vielversprechende Basis für ein von Vertrauen geprägtes Miteinander und eine Zukunft voll resilienter, zuversichtlicher Menschen. Ich wünsche mir, dass dieses Buch in viele Familien und Herzen Einzug hält.

Jeannine Mik im März 2021

Erste Schritte

Unsere Elternschaft – Herausforderung und Chance zugleich

Das Leben kann hart sein – wie stärke ich mein Kind für die herausfordernden Seiten des Lebens?

Was kann ich tun, wenn mir selbst manchmal die innere Kraft dafür fehlt?

Wie unterstütze ich mein Kind bei starken Wutanfällen, sodass es nicht glaubt, es sei falsch?

Wie begleite ich meine Kinder durch einen Geschwisterstreit, ohne ihnen das Gefühl zu geben, ich würde eines der beiden bevorzugen?

Wie kräftige ich das Selbstbewusstsein und die Selbstliebe meines Kindes, wenn es in der Kita oder Schule Konflikte gibt oder es dort gar Ausgrenzung erlebt?

Vielleicht kommt dir der ein oder andere Gedanke in diese Richtung bekannt vor?

Herausforderungen, Stresssituationen und Krisen gehören zum Leben genauso dazu wie die pure Freude und das Glücklichsein. Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder einen Weg auf der Sonnenseite des Lebens finden können. Doch tatsächlich all die Schattenseiten auf dem Lebensweg unserer Kinder zu lichten liegt leider nicht immer in unserer Hand.

»If life gives you lemons, make lemonade!«, heißt es so schön. Das Leben steckt voller Überraschungen. Manchmal geschieht uns Unverhofftes, geraten wir in Situationen, die wir nicht freiwillig in unser Leben eingeladen hätten. Genauso geht es auch unseren Kindern. Sicherlich wäre es schön, wenn wir als Eltern die Welt von heute auf morgen so umgestalten könnten, wie wir es uns wünschen. Jegliche Form der Gewalt und Ungerechtigkeit wären ausgelöscht. Trauer und Wut existierten nicht und wir würden in Frieden und Freude jeden Tag frei von jeglichem Stress und Zeitdruck erleben. Wäre das nicht wunderschön?

Machen wir uns nichts vor! Wir müssen uns trauen, anzunehmen, dass unsere Kinder in Zeiten aufwachsen, in denen Krieg, Armut, Klimakrise und Tierleid leider (noch) Teil ihrer Welt sind. Ebenso die alltäglicheren Sorgen wie ein Streit unter Freunden, Liebeskummer, die Sehnsucht nach Oma und Opa oder auch nur ein Glas Orangensaft, verschüttet über den Frühstückstisch: Die Herausforderungen des Lebens kommen. Und sie kommen von ganz allein.

Ist es da für uns als Eltern nicht viel sinnvoller, nach Wegen zu suchen, die nicht die Augen vor den Herausforderungen verschließen, diese nicht umgehen wollen, sondern auf denen wir unsere Kinder im Vorhinein stärken und mit genügend Ressourcen versorgen, die sie durch diese Welt und diese Zeiten tragen?

Wie kann ein solcher Weg aussehen? Wie können wir es als Eltern anstellen, dass unsere Kinder in ihrer Kraft bleiben – auch dann, wenn das Leben ihnen mal die besagten »lemons« zuspielt?

Bedürfnisorientiert, bindungsorientiert, auf Augenhöhe und Co. – die neuen Wege der Erziehung geben unseren Kindern Kraft von innen heraus. Das wird dir auch dieses Buch bestätigen. Sie stehen häufig im Gegensatz zu dem, was unsere eigenen Eltern und Großeltern uns vorlebten und noch heute empfehlen. Wo früher Schreienlassen, Strafen, Zwang und Drohungen zum erwünschten Gehorsam und der vermeintlich lebensnotwendigen Härte führen sollten, gehören diese Erziehungspraktiken heutzutage der Vergangenheit an … Oder auch nicht!

Möglicherweise kennst du auch jene Momente, in denen dein eigener, alter Schmerz, verursacht durch diese überholte autoritäre Erziehung, zum Vorschein kommt? Momente, in denen du dir voller Erschöpfung nur noch die Ohren zuhalten möchtest und du deinem Kind ganz anders begegnest, als du es eigentlich vorhattest.

Was, wenn du selbst nach innerer Kraft und Lebensfreude suchst? Was, wenn du dich mit deinen eigenen Kindheitserfahrungen noch nicht wirklich beschäftigt hast, jedoch wahrnimmst, dass du einen anderen Weg gehen willst? Was, wenn du in alte Muster gefallen bist und das Gefühl hast, das nicht kontrollieren zu können? Was dann?

Wie stärkst du dein Kind wirklich nachhaltig, ohne deine Fehler und eigenen Themen zu ignorieren oder zu übergehen?

Folgender Auszug aus dem Gedicht »Von den Kindern« von Khalil Gibran kann uns einstimmen – ich habe es im wunderbaren Buch Mama, nicht schreien von Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter für mich entdeckt:

»Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter
der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.
Sie kommen durch euch,
aber nicht von euch.
Und obwohl sie mit euch sind,
gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,
aber nicht eure Gedanken.
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.«

Unser Bewusstsein für unseren eigenen Weg durch die Kindheit steht eng im Zusammenhang mit den Entscheidungen, die wir für unsere Kinder treffen. Was auch immer wir für das Beste halten, beruht auf unserem eigenen Schatz an Erfahrungen. Sich dessen bewusst zu werden, möglichst frei von Verurteilungen, erweist sich als einer der wichtigsten Schritte, die wir gehen können.

Was wir dabei womöglich entdecken, ist, dass der Wunsch danach, Antworten im Außen zu finden, einer tiefen Unsicherheit und Verwirrung geschuldet ist, die durch den gewaltigen Wertesprung zwischen zeitlich gar nicht so weit voneinander entfernten Generationen ausgelöst wird.

Haarsträubende Erziehungsmethoden haben sich in Zeiten von Diktatur und Nationalsozialismus in Europa in vielen Köpfen eingebrannt – und die Spuren dessen tragen viele von uns noch heute in sich. Gleichzeitig wollen wir neue, liebevolle Wege gehen, doch fehlen uns oft sowohl das Wissen als auch die Routine dazu. Wir sehen unsere Chancen und geraten täglich an unsere eigenen Grenzen.

Dieses Buch begleitet dich dabei, Resilienz für dein Kind und dich zu fördern, ohne die Wege deiner Eltern und Großeltern zu verteufeln – auch dann nicht, wenn die Erinnerungen daran tief schmerzen. Wir räumen auf, lassen los, was uns nicht mehr dient, und schaffen Platz in unserem Inneren wie auch in unserem Außen für Neues.

Du darfst lernen, sowohl dein Kind als auch dich selbst so anzunehmen, wie ihr seid. Statt uns zu bewerten und vermeintlich negative Facetten von uns auflösen zu wollen, betrachten wir diese auf eine neue, lösungsorientierte Weise.

Das Wort »Krise« setzt sich in der chinesischen Schrift aus zwei Schriftzeichen zusammen, die sich auch als »Gefahr« und »Chance« deuten lassen. Hier zeigt sich sehr schön, dass noch alles offen ist: Eine zunächst als Bedrohung erlebte Situation kann sich als Möglichkeit zu etwas Positivem erweisen. Eine Schwierigkeit kann uns dazu bringen, bisher unbekannte Wege zu gehen – und auf diesen über uns hinauszuwachsen!

Das Leben in seiner Fülle auszukosten und zu lieben heißt also, auch dann, wenn Herausforderungen auftauchen, wenn schmerzvolle Erfahrungen gemacht werden, den Lebensmut zu behalten und in Freude weitergehen zu können: Das ist Resilienz.

Die acht Schlüssel der Resilienz, die ich dir in diesem Buch vorstellen werde, öffnen uns Räume zu all jenen Fähigkeiten, Haltungen und Eigenschaften, die wir brauchen, um Lebensfreude zu kultivieren und zu innerer Kraft zu gelangen. Wir gehen stark in und durch die Krise. Leben wir resilient, so zeigen uns die Tiefen neue Facetten von uns selbst und unserer Lebenswelt, welche unser Verständnis bereichern. In den Höhen finden wir die Liebe, die Kraft und die Freude: alles was das Leben lebenswert macht und uns für Wachstumsphasen von innen heraus stärkt.

Resilient zu leben bedeutet, seinen Mitmenschen auf Augenhöhe zu begegnen und verlässliche, liebevolle Beziehungen zu gestalten. Und zwar unabhängig davon, wie alt unsere Mitmenschen sind, wie sie sich fühlen oder welche Auffassung sie vom Leben haben. Resilient zu leben bedeutet, die Realität wahrzunehmen und ressourcenorientiert zu denken.

Schnell wirst du beim Lesen dieses Buches feststellen, dass der Grundstein für die Ausbildung der persönlichen Resilienz in der Kindheit gelegt wird. Eine Information, die für uns als Eltern und für alle anderen Menschen, die mit Kindern in Kontakt sind, von besonderer Bedeutung ist. Insbesondere die verlässlichen Beziehungen sind es, die die Resilienz unserer Kinder fördern. Hier bestätigt sich, dass der bedürfnisorientierte Erziehungsansatz auf Augenhöhe mit deinem Kind der Weg ist, der deinem Kind Kraft fürs Leben gibt. Und nicht etwa das vermeintliche Abhärten durch den »Schubs ins kalte Wasser«.

Wenig sinnvoll ist es auch, wenn wir Eltern uns selbst unter Druck setzen, uns beschämen oder verurteilen, wenn wir einen Fehler gemacht haben. Schließlich dienen wir unseren Kindern als Orientierung und Vorbild. Resilienz in der Familie zeichnet sich durch die Bedürfnisorientierung für alle Familienmitglieder aus. Denn erst dann, wenn wir uns in Selbstliebe und Wohlwollen begegnen, kann die Lebensfreude, nach der wir für uns und unsere Kinder streben, nachhaltig kultiviert werden.

Im englischen allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff »resilience« fest verankert. Im Projektmanagement und in den Abteilungen der Human Ressources großer Firmen sind die beeindruckenden Forschungsergebnisse rund um das Resilienztraining längst bekannt. Es ist an der Zeit, dass wir dieses Wissen in unsere Familien tragen.

In diesem Buch wird nicht nur dein Kind, sondern wirst auch du als Mama oder Papa anhand einer Vielzahl von Übungen entlang den acht Schlüsseln geführt, in denen die zentralen Schutzfaktoren der Resilienz vereint sind. Du lernst, all die Fähigkeiten, Haltungen und Eigenschaften, die unsere Resilienz begünstigen, in dein Familienleben praxisnah zu integrieren.

Du bist eingeladen, ganz genau hinzuschauen und ein Bewusstsein für deine eigene Kindheit und deine Erziehungserfahrungen zu entwickeln. Hemmende Überzeugungen, Enttäuschungen und Narben könnten sichtbar werden, was es dir ermöglicht, dein Kind mit einem ganz neuen Bewusstsein für Erziehung für das Leben zu stärken.

Das 8-Schlüssel-Resilienzkonzept hilft dir dabei, in deinen eigenen Erziehungserfahrungen die Chance zu erkennen und aus dem neuen Bewusstsein heraus für dich selbst Entscheidungen zu treffen, die achtsam und im Einklang mit deinen persönlichen Werten getroffen werden.

Der Bruch mit den Werten der Generationen unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern wird in liebevoller Akzeptanz und Lösungsorientierung vollzogen. Aus diesem neuen Bewusstsein heraus erlebst du den Alltag mit deinem Kind völlig neu: Du erkennst deine eigenen Grenzen und weißt um deine Stärken. Du begegnest deinem Kind als authentisches Selbst, was einer der besten Wege ist, die Entwicklung genau dieser Kompetenzen auch für dein Kind möglich zu machen.

Du erhältst zahlreiche konkrete Übungen, mit denen ihr Ressourcen aufbauen könnt, die sowohl deinem Kind als auch dir selbst im turbulenten Familienalltag helfen.

Du liest Geschichten von anderen Eltern, die ich durch ihre Herausforderungen begleiten durfte, und beobachtest auf diese Weise gemeinsam mit mir erstaunliche, berührende Prozesse, die durch ein Resilienztraining in Kombination mit einer bedürfnisorientierten Familienbegleitung angestoßen wurden.

Außerdem führe ich durch die »All time classics« des Familienalltags, die uns manchmal an den Rand des Wahnsinns treiben. Zahnputzverweigerung, Wutanfall und Co. betrachten wir anhand der acht Schlüssel aus einer neuen Perspektive.

Dieses Buch soll dir in keiner Weise »den einen Weg« preisen, den es als Eltern zu beschreiten gilt. Ich gehe auch nicht davon aus, dass ich die Antworten auf alle Fragen kenne. Doch weiß ich um die große Kraft, die die Resilienzförderung in der Familie in sich trägt.

Dabei spielt es keine Rolle, ob du Mama oder Papa bist, Oma oder Opa oder ob du als Pädagogin, Tante, Onkel oder Nachbar im Kontakt mit »deinem« Kind stehst. Relevant sind diese Erkenntnisse für uns alle. Jedoch gilt es zu beachten, dass viele von uns in Zeiten groß geworden sind, in denen Männer und Frauen, Jungen und Mädchen grundlegend unterschiedlich sozialisiert wurden. Ich erinnere mich sehr gut daran, allein auf den Flur geschickt worden zu sein, wenn ich im Kindergarten in der »Jungsecke« mit Autos spielen wollte. Und so sind die Welten, in die wir durch eine bewusste Selbstreflexion eintauchen, durchaus unterschiedlich. Die Inhalte in diesem Buch richten sich sowohl an Frauen als auch an Männer. Durch meine enge Zusammenarbeit mit vielen Müttern können manche Perspektiven in diesem Buch eher in Richtung Mutterschaft tendieren. Für Väter sind sämtliche Tools, Informationen und Übungen jedoch nicht weniger relevant.

Es geht hier nicht darum, dich und dein Kind zu »optimieren« und euch zu stahlharten Kriegern der Sonne zu formen, die mit einem Dauergrinsen durchs Leben schreiten. Ebenfalls soll dir dieses Buch keinen »Regenschirm« in die Hand drücken, der dich vor der Nässe schützt. Das ist nicht im Sinne der Resilienz.

Denn wir können uns gewiss sein, dass die Naturgewalten des Lebens ihren Weg finden werden, uns den Schirm aus den Händen zu reißen. Resilient zu leben bedeutet nicht, sich von Belastendem abzuschirmen und die Trauer, die Wut oder den Hass von uns zu schieben. Viel eher bedeutet Resilienz, die innere Kraft in sich zu kultivieren, die uns durch den stärksten Sturm trägt, und uns dabei hilft, auch diese tiefen und starken Gefühle und Erfahrungen zu umarmen. Mit der Resilienz, die wir in uns tragen, gehen wir bewusst durch den Regen hindurch oder kommen auf die hilfreiche Idee, uns einen Unterschlupf zu suchen. Wir haben stets einen Föhn in der Tasche oder wissen, wo wir uns einen solchen besorgen können. Anstatt Teile des Lebens von uns abzuschirmen, stattet uns die Resilienz mit allem aus, was wir brauchen, um das Leben in seiner Fülle zu lieben – und durch den Regen zu tanzen.

Wie du dieses Buch nutzen kannst

Dieses Buch soll keine weitere trockene Informationsquelle sein, die in der Theorie tolle Ansätze verkauft, dir für deinen tatsächlichen Alltag aber nicht wirklich etwas bringt. Es soll dich nicht belehren und auch keine Gebrauchsanweisung für dein Kind darstellen.

Viel eher möchte ich dich einladen auf eine Reise, die uns wissenschaftliche Einblicke und wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft unserer Kinder schenkt. Letztlich führt uns diese Reise unweigerlich durch die Vergangenheit unserer eigenen Kindheit.

Um Klarheit und ein wissenschaftliches Fundament für alles Weitere in diesem Buch zu schaffen, erklären wir zunächst noch genauer, was »Resilienz« bedeutet, dann gebe ich einen kurzen Einblick in die Resilienzforschung. Wir betrachten die verschiedenen Faktoren, die die innere Stärke deines Kindes entweder begünstigen oder auch an ihr rütteln können.

Im Hauptteil stelle ich dir die acht Schlüssel der Resilienz für dein Kind und dich einen nach dem anderen vor. Anhand der Praxisbeispiele und durch zahlreiche Impulse und Übungen verankern wir diese Ressourcen in deinem Alltag, in dem wir diese acht Schlüssel auch tatsächlich anwenden. Mein Ressourcenkoffer, erprobt in Beratungen und Resilienztrainings, ist üppig gefüllt und offeriert viele Anregungen, die ihr auf eurer ganz persönlichen Reise zur Resilienz umsetzen könnt.

Folgende strukturierende Elemente in den acht Schlüssel-Kapiteln möchte ich dir kurz vorstellen:

Merkzettel

Kennst du das? Viel gelesen und nichts davon behalten? Ich habe für dich Merkzettel zusammengestellt. Du findest sie am Ende jedes Kapitels zu den Resilienz-Schlüsseln. Dort sind die Erkenntnisse zusammengefasst aufgelistet, die für deinen Familienalltag relevant sein könnten und vielleicht sogar einen der begehrten Plätze am Familienkühlschrank erhalten dürfen.

Ressourcenkoffer

Den Übungen vorangestellt sind meine sogenannten Fragenküsse für dein Kind und dich. Angelehnt an das Konzept der Psychotherapeutin Dr. phil. Carmen Kindl-Beilfuß1 habe ich sorgfältig ausgewählte Fragen eingebunden, die dich und dein Kind zur liebevollen Selbstreflexion einladen sollen. Inspiriert durch Fabienne Bergs fantastisches Übungsbuch2 habe ich die darin enthaltenen Fragen an die häufigsten Themen des Familienalltags angepasst. Tatsächlich wirst du feststellen: Fragen können wie Küsse schmecken – und sie sorgen für Klarheit und ein offenes Bewusstsein.

Nachdem wir uns den Fragen zur Selbstreflexion unserer bisherigen Wahrnehmung im Innen und Außen gewidmet haben, gehen wir zum handlungsorientierten Teil über. Sowohl für dein Kind als auch für dich habe ich praxiserprobte und sehr kraftvolle Übungen , die dein Kind und dich stärken können, in den Ressourcenkoffer gepackt.

An dieser Stelle ist es mir wichtig, zu erwähnen, dass dich die Inhalte der Übungen stark herausfordern können und dich möglicherweise an deine Grenzen bringen. Wenn du das Gefühl hast, es überrollt dich, suche dir bitte Hilfe. Es ist kein Zeichen von Schwäche, um Hilfe zu bitten. Es verhält sich genau andersherum: Es ist ein Zeichen großer Stärke, zu erkennen, wo die eigenen Grenzen liegen, und sich dann die Unterstützung zu suchen, die man braucht.

Ebenfalls ist es mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass sämtliche Übungen für Kinder, die in diesem Buch vorgestellt werden, nur dann ihre Wirkung entfalten können, wenn die Kinder Freude an ihnen haben. Nötigen wir sie dazu, und sei es aus den löblichsten Motiven, so kann aus diesem Zwang heraus eine gegenteilige Wirkung resultieren. Mit diesem Buch möchte ich dir zeigen, wie du dein Kind von innen heraus stärken kannst. Dazu ist es notwendig und eine unabdingbare Voraussetzung, dass dein Kind aus seinem Inneren heraus agieren darf. Das bedeutet, dass sämtliche Übungen, die sich für dein Kind nicht stimmig anfühlen, verworfen werden dürfen. Welch große Chance darin liegen kann, sich gänzlich von Zwang und der vermeintlichen Disziplin in der Erziehung abzuwenden, erfährst du in diesem Zusammenhang.

Um dir und deinem Kind die größtmögliche Fülle an Ideen zur Resilienzförderung für euren individuellen Alltag mitzugeben, findest du im Koffer eine weiterführende Ressourcenliste mit zusätzlichen Ideen zur Resilienzförderung für dein Kind und dich! Diese Übungen könnt ihr täglich, wöchentlich, einmal im Monat oder auch im Quartal anwenden – eben so, wie es euch dient und in euren individuellen Familienalltag passt. Im Vordergrund sollte bei jeder Übung für dein Kind die Freude stehen, bei jeder Übung für dich selbst die Erkenntnis.

Um das Zusammenspiel der acht Schlüssel vertiefend darzustellen, male ich dir im Teil »Resilienz im Familienalltag« anhand typischer Situationen konkret aus, was Ressourcenstärkung im Familienalltag tatsächlich bedeuten kann und welch große Wirkungen möglich sind.

Ich möchte dir in diesem Buch eine authentische Begleiterin sein. Daher teile ich auch einige meiner persönlichen Erfahrungen mit dir. Ich möchte dir auf diese Weise einen Einblick geben in die Reise der Resilienz, die bereits hinter mir liegt.

Ich wünsche dir von Herzen neue, stärkende Erkenntnisse, während du durch diese Seiten blätterst. Ich wünsche dir nachhaltige Freude und viele Aha-Momente, die dich in deiner Elternschaft bereichern.

Lass uns gemeinsam diesen Weg antreten – den Weg, der vermutlich niemals endet. Lass uns den Weg antreten, der Fehler nicht verteufelt, sondern der uns einen sinnvollen und liebevollen Umgang mit ihnen aufzeigt. Lass uns den Weg der Resilienz einschlagen, der die Fülle des Lebens anerkennt und sie mit vollem Herzen und in Freude auslebt.