
Veronika Bellone, Thomas Matla
Praxisbuch
Trendmarketing
Innovationskreislauf und Marketing-Mix für KMU
Campus Verlag
Frankfurt/New York
Über das Buch
Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bilden seit jeher das Rückgrat der Wirtschaft. Doch sie stehen vor großen Herausforderungen. Megatrends wie die Digitalisierung verändern das Marktumfeld und es kommt zunehmend darauf an, mögliche Auswirkungen von Megatrends auf das eigene Unternehmen zu prognostizieren. Die Autoren geben den KMU mit ihrem Praxisbuch einen nutzenorientierten Leitfaden an die Hand, mit dem sie Schritt für Schritt lernen, Innovationspotenziale zu erkennen, Innovationen zu entwickeln sowie zielgerichtet und ganzheitlich im Unternehmen zu implementieren.
Vita
Veronika Bellone ist Professorin für Marketing und Entrepreneurship an der Fachhochschule für Wirtschaft Nordwestschweiz, unterrichtet an der Hochschule Luzern das Fachgebiet Franchising im CAS Dienstleistungsmarketing und ist mit ihrer Unternehmensberatung in den Bereichen Franchise-, Marketing- und Trend-Consulting aktiv.
Thomas Matla ist seit 1996 als selbstständiger Marken- und Marketing-Berater für kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland tätig, seit 2008 auch als Partner der Bellone Franchise Consulting GmbH in der Schweiz. Er arbeitet unter anderem als Gastdozent. Seine Spezialisierungen sind der bedürfnisorientierte Markenaufbau und ein markenorientiertes, ganzheitliches Marketing.
Einleitung
Teil IKMU vor neuen Herausforderungen
KMU-Definition
KMU in Deutschland
KMU in der Schweiz
KMU in Österreich
KMU-Autoren-Interviews
Interview mit Philipp Hofmann, V-ZUG AG
Schweizer Perfektion für zuhause
Interview mit René Gurka, BigRep GmbH
Interview mit Peter Kaeser, VIU VENTURES AG
Interview mit Friedemann Findeis, L’Osteria
L’Osteria – Italienische Systemgastronomie mit fränkischen Wurzeln
Interview mit Gabriele Ottino, Doodle AG
Interview mit Heiko Müller, Riese & Müller GmbH
Von den Erfindern des Birdy zum Produktsortimenter
Interview mit Ronald Focken, Serviceplan
Interview mit Prof. Dr. Alexander Repenning, PH FHNW
Interview mit Jörg Kornbrust, Knauthe Rechtsanwälte
Teil IITrends und ihre Wirkungsweisen
Vom Automobil zur Systemgastronomie
Von der Informationstechnologie zur Biotechnologie
Trends verbinden sich
Trend und Gegentrend
Nutzen und Innovation
Teil IIIMegatrends
Megatrend Digitalization
Sharing Economy
Wertegemeinschaften
Internet of Things
Mobile Revolution
Gegentrend Digital Detox
Entschleunigung
Digitalization to go
Megatrend Individualism
Data Processing
Gegentrend Commons
Individualism to go
Megatrend Globalization
Vielfalt und Spezialisierung
Gegentrend und Konvergenz
Globalization to go
Megatrend Demographic Change
Die »neuen Alten«
Wohnkonzepte
Gegentrend Kinderwunsch
Demographic Change to go
Megatrend Sustainability
Die hybriden LOHAS
Müll zu Geld machen
Das Feld bestellen
Gegentrend Gewinnmaximierung
Sustainability to go
Megatrend Healthstyle
Reality-Check von Kopf bis Fuß
Arbeiten 4.0
Essen als Religion
Gegentrend Hedonismus
Healthstyle to go
Megatrend Urbanization
Gegentrend Suburbanisierung
Urbanization to go
Teil IVDer Marketing-Mix als Trendwerkzeug
Marketing als Erfolgstreiber
Der neue 13-P-Marketing-Mix
PRODUCT: Produkt, Leistungen, Services
PRICE: Preis, Rabatte, Konditionen
PLACE: Standort, Distribution, Platzierung
PROMOTION: Werbung, Kommunikation, Medien
PEOPLE: Unternehmensmenschen, Führungskräfte, Mitarbeiter
PROCESS: Prozesse, Abläufe, Vorgänge
PHYSICAL EVIDENCE: Physikalischer Beweis, Gebäude, Geschäfte
PURPOSE: Ziel, Zweck, Absicht
PERFORMANCE: Leistung, Big Data, Werte
PARTNERSHIP: Partnerschaft, Kooperation, Co-/Networking
PROPULSION (Antrieb): Technologien, Maschinen, Software
PROPELLENT (Treibstoff): Kunden, Motive, Kundenbindung
PROTECTION: Schutz, Patente, Marken
Teil VDer 13-P-Marketing-Mix als agiles Werkzeug
Kundenbedürfnisplanetensystem
Corporate Values als Resonanzfelder
Der Marketing-Mix wird agil
Teil VIVorarbeiten zum Trendmarketing
Einstimmung auf Neues
Neue Unternehmenskulturen
Neue Kompetenzen
Neue Team-Organisationen
Die neue Funktion: Innovation Coaching
Neue Zeitrechnung: Zwischenergebnisse zählen
Neue Arbeitsräume: Labs und Playgrounds
Neue Prozessstruktur: visuell und agil
Teil VIIInnovationskreislauf zum Trendmarketing
Erkennen
In der ersten Phase unseres Innovationskreislaufs geht es um die Evaluation von Innovationspotenzialen über externe und interne Recherchen.
Externes Recherchieren
13-P-Marketing-Mix zur Trendrecherche
Externe Recherche Product/Wirtschaft
Die Trend-Ideen-Liste
Externe Recherche: Product/Kultur
Externe Recherche: Product/Sport
Externe Recherche: Price/Wirtschaft
Externe Recherche: Price/Kultur
Externe Recherche: Place/Wirtschaft
Monobrand-Stores in verschiedenen Formaten
Partnership for Places
Vertriebs- und Wachstumsstrategie Franchising
Globales Online-Geschäft mit regionalen Unterschieden
Der Standort als Bühne
Externe Recherche: Promotion/Wirtschaft
Externe Recherche: Promotion/Kultur
Externe Recherche: Promotion/Sport
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Digitalization
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Individualism
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Globalization
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Demographic Change
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Sustainability
Nachhaltige Berichterstattung
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Healthstyle
Externe Recherche: Promotion/Megatrend Urbanization
Externe Recherche: People
Externe Recherche: Process
Externe Recherche: Physical Evidence
Differenzierung durch neuen Gestaltungsspielraum
Fünf-Sinne-Erlebnis im Shop
Externe Recherche: Purpose
Nachhaltigkeitspreise
Soziale Preise
Kulturelle Preise
Externe Recherche: Performance
Externe Recherche: Partnership
Externe Recherche: Propulsion
Externe Recherche: Propellent
Externe Recherche: Protection
Internes Recherchieren
Zu guter Letzt
Auf Schatzsuche gehen
Bewerten
Vom Prüfen zum Loslassen von Ideen
Entwickeln
Schritte, die Sie im Prototyping beachten sollten
Ausrichten
Ausrichten am Beispiel
Pilotierung
Testziele der Pilotierung
Zielsetzung der Testphase im Sinne der strategischen Anbindung
Laufzeit der Testoperation
Form der Pilotierung
Ort für die Pilotierung
Ganzheitliche Pilotierungsbegleitung mit dem 13-P-Marketing-Mix
Überprüfen
Überprüfen mit der BWA und dem 13-P-Marketing-Mix
Überprüfen: Product
Überprüfen: Price
Überprüfen: Place
Überprüfen: Promotion
Überprüfen: People
Überprüfen: Process
Überprüfen: Physical Evidence
Überprüfen: Purpose
Überprüfen: Performance
Überprüfen: Partnership
Überprüfen: Propulsion
Überprüfen: Propellent
Überprüfen: Protection
Multiplizieren
Standardisierung
Unternehmensprofilierung
Organisation, Kontrolle, Reflexion
Teil VIIIPraxis-Checklisten
Checkliste: 7 Megatrend-Potenziale
Checkliste: 13-P-Marketing-Mix-Innovationspotenziale
Checkliste Innovationskreislauf
Teil IXBlueprints
Blueprint: Bauer, Megatrend: Digitalization, Innovationstreiber: Performance
Produkt
Price
Place
Promotion
People
Process
Physical Evidence
Purpose
Performance
Partnership
Propulsion
Propellent
Protection
Blueprint: Handwerk, Megatrend: Urbanization, Innovationstreiber: Propulsion
Product
Price
Place
Promotion
People
Process
Physical Evidence
Purpose
Performance
Partnership
Propulsion
Propellent
Protection
Blueprint: Gastronomie, Megatrend: Digitalization, Innovationstreiber: Propulsion
Product
Price
Place
Promotion
People
Prozess
Physical Evidence
Purpose
Performance
Partnership
Propulsion
Propellent
Protection
Blueprint: Hotelkette, Megatrend: Sustainability, Innovationstreiber: Partnership
Product
Price
Place
Promotion
People
Process
Physical Evidence
Purpose
Performance
Partnership
Propulsion
Propellent
Protection
Blueprint: Handel, Megatrend: Healthstyle, Innovationstreiber: Propulsion
Product
Price
Place
Promotion
People
Process
Physical Evidence
Purpose
Performance
Partnership
Propulsion
Propellent
Protection
Blueprint: Hersteller/Handel, Megatrend: Individualization, Innovationstreiber: Place
Place
Product
Price
Promotion
People
Process
Physical Evidence
Purpose
Performance
Partnership
Propulsion
Propellent
Protection
Danksagungen
Literatur
Quellenverzeichnis
Zeitschriften
Internet
Anmerkungen
Register
»Schau mir in die Augen, Kleiner.« Und wirklich, wenn man neben ihm sitzt, hat man das Gefühl, von ihm wahrgenommen zu werden. Der kleine humanoide Roboter Myon, in unschuldigem Weiß gehalten, schaut einen mit seiner Kameralinse an und da ist nichts Befremdliches. Wenn er läuft, dann etwas linkisch, wie ein Kleinkind, das die Welt erkundet. Und er ist ebenso lernfähig. Lernen durch Imitation. Das ist seine vorläufige Bestimmung und hat ihm bereits 2015 eine Rolle in der Komischen Oper Berlin eingebracht. Mit Myon will man Intelligenz als solche erforschen und deren Entstehung. Myons Väter an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin haben mit der 1,25 m großen Gestalt einen Sympathieträger geschaffen. Im direkten Kontakt wird erlebbar, wie diese Wirkung über Farbe, Bewegung und Größe zustande kommt. Und davon profitieren jetzt auch die Studierenden der Beuth-Hochschule, die mit Myon (und seinen geklonten Brüdern) in Lehrveranstaltungen interagieren und so Optimierungen vorantreiben.
Bereits 2013 schickte ein dänischer Professor seinen Avatar, einen mechanischen Doppelgänger, in die Vorlesung. Hier wurde unter anderem die Wirkung von menschenähnlichen Robotern getestet. Bezeichnend war, dass die männlichen Studierenden zunächst gar nicht bemerkten, wer ihnen da vorne etwas erzählte. Den Studentinnen hingegen fiel die teilweise Asynchronität von Lippenbewegung und Ton auf, wodurch sie den Fake schneller entlarvten.
Natürlich tut sich bei solchen Versuchen die Frage auf, wann und in welcher Form die persönliche Anwesenheit im Beruf durch Roboter oder Online-Programme substituiert werden kann. Wie werden sich Unternehmenskultur und Kundenbeziehungen verändern? Um solchen und anderen Fragen aktiv mit Lösungsansätzen für unsere Kunden wie für unseren persönlichen Arbeitseinsatz begegnen zu können, verfolgen wir seit Jahren ganz direkt diese Veränderungsdynamik. Unter anderem durch (Auslands-)Reisen, Messebesuche und Reality Checks vor Ort. So ist unter anderem auch der Kurs »White Space« für die Fachhochschule Nordwestschweiz entstanden. Marketing-Unterricht in einer neuen didaktischen Lernform, mit dem Ziel, Zukunftsmodelle ganz pragmatisch zu entwickeln. Ohne Avatar, aber in einer Kombination aus Off- und Online-Gestaltung. Den Erfahrungsbericht »White Space« lesen Sie im Kapitel »Praxis: Innovationskreislauf zum Trendmarketing«.
Bewegungserkennung und Imitation, wie sie Myon eigen sind, sind auch das Herzstück von Monkey Business. Die interaktive Installation von Ralph Kistler, Jan M. Sieber und Susann Maria Hempel wurde auf der ersten deutschen »Maker Fair« (Messe für Robotik und 3-D-Printing) 2013 in Hannover gezeigt. Mit einem elektrifizierten Stofftier-Äffchen, das die Bewegungen seines Gegenübers nachahmt, haben wir uns durch Tanz- und Verrenkungseinlagen gewunden. Wer sich hier zum sprichwörtlichen Affen machte, war Teil der Inszenierung. Ähnlich dem Einsatz von Myon als Opernstar wurde auch über ein Kunstprojekt der Zugang zu einer neuen technologischen Nutzung, zu Robotik und Automatisierung, anregend dargestellt. Drohnen, »damals« im Jahr 2013 vor allem für militärische Zwecke genutzt und marketing-technisch noch als »Luftnummer« verschrien, flogen durch die Messehalle. 3-D-Drucker produzierten noch allerlei bescheiden anmutende Spielzeuge, deuteten aber bereits die Potenziale und Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten an. Nur zwei Jahre später besuchten wir die erste 3-D-Printshow in Berlin. Hier wurden hoch professionell die konkreten Einsätze des 3-D-Drucks in der Medizin, im Prototyping, in der Fahrzeugtechnik und Kreativwirtschaft gezeigt. Beide Messen haben ihren Ursprung im Ausland und fanden bereits mehrmals statt, bevor sie erstmals nach Deutschland kamen. Aber die hiesige Nachfrage bei Privat- wie Firmenkunden war groß, die neuen Technologien und deren Möglichkeiten live auch für eigene Zwecke zu prüfen. Welche Perspektiven sich dabei auftun, können Sie in unserem Interview mit René Gurka, Co-Gründer und CEO der BigRep GmbH aus Berlin-Kreuzberg, lesen. Das Unternehmen war auf der 3-D-Printshow ebenfalls vertreten und gilt als Vorreiter des großformatigen 3-D-Drucks.
Wie fühlt man sich in einem selbstfahrenden Auto? Wir lesen fast täglich über neue Anbieter und Tests im Straßenverkehr. Die Selbsterfahrung ist dann noch einmal ganz anders. Zu untersuchen, welches die vertrauensaufbauenden Merkmale sind und wie andere Verkehrsteilnehmer auf einen selbstfahrenden Postbus reagieren, ist nicht nur Google, Tesla & Co. vorbehalten. Wir stellen Ihnen in Teil III in unserem Erfahrungsbericht »Vom Pferdewagen zum Mobilitätskonzept« den SmartShuttle im nahegelegenen Sitten (Kanton Wallis, Schweiz) vor.
Wir möchten Ihnen mit unseren Interviews, die wir mit innovativen Köpfen aus der mittelständischen Wirtschaft geführt haben, sowie mit Erfahrungsberichten Veränderungsmöglichkeiten aufzeigen. Verstärkt durch die Vorstellung von sieben Megatrends. Zur konkreten Nutzung und Übertragung dieses Potenzials bieten wir Ihnen unser neu entwickeltes Universalwerkzeug, den 13-P-Marketing-Mix. Mit ihm können Sie komplexe Informationen in fassbare und praktikable Aufgaben zerlegen. In den Phasen unseres Innovationskreislaufs – vom Erkennen der Trendpotenziale bis hin zur Umsetzung – zeigen wir Ihnen den Einsatz des Werkzeuges. Um die Kundenbedürfnisse als ausschlaggebende Erfolgsfaktoren der Kundenorientierung im Auge zu behalten, bieten wir Ihnen eine neu entwickelte Übersicht zeitgemäß erweiterter Kriterien zum Abgleich.

Abbildung 1: Prof. Veronika Bellone

Abbildung 2: Thomas Matla
Wie andere Unternehmen zu innovativen Ideen kommen und diese umsetzen, haben wir in Spotlights und Fundstücken zusammengefasst. Sie finden diese themenbezogen in den einzelnen Kapiteln. Mit den abschließenden Blueprints wollen wir Ihnen anhand von sechs Branchenbeispielen (Handwerk, Handel, Hersteller, Hotellerie, Landwirtschaftsbetrieb, Gastronomie) die ausschlaggebenden Trends, die Innovationstreiber und deren Umsetzungsmöglichkeiten vorstellen.
Wir wünschen Ihnen erfolgreiche Innovations-Entwicklungen und -Umsetzungen!
Veronika Bellone & Thomas Matla
im Oktober 2016, Zug und Berlin
Teil I
Kleine und mittelständische Unternehmen bilden das Rückgrat der Wirtschaft. Dieses Rückgrat wird zunehmend von den sich ständig beschleunigenden technologischen Entwicklungen und stattfindenden gesellschaftlichen Veränderungen des 21. Jahrhunderts beansprucht. Unter den Schlagworten »Big Data«, »Internet der Dinge«, »Generationenwandel«, »Nachfolgeregelungen«, »Employer Branding«, »Generation Y«, »Disruption«, »Agilität« sowie »Nachhaltigkeit« und »Innovation« nimmt auch für KMU der Druck zur Veränderung zu.
Die dahinterliegenden, antreibenden Trends rechtzeitig zu erkennen, richtig zu deuten, als Herausforderung zu verstehen sowie als Chance zu nutzen, dazu will das Praxisbuch Trendmarketing in die Lage versetzen. Deshalb gehen wir an dieser Stelle auf die äußerlich homogen erscheinende Unternehmensgruppe der KMU differenzierender und genauer ein.
Im deutschsprachigen Raum wird der Begriff KMU sehr uneinheitlich gebraucht. In den Medien wie in der Literatur existieren unterschiedliche Begriffe, wie »kleine und mittlere Unternehmen«, »kleine und mittelständische Unternehmen« und »Mittelstand«. Klare Abgrenzungen, was darunter zu verstehen ist, gibt es oft nicht. Welche Unternehmen als KMU zu klassifizieren sind, richtet sich mal nach der Anzahl der Mitarbeiter, mal nach dem Jahresumsatz, manchmal nach beiden Werten, in jeweils wechselnden Größenordnungen. Wir halten uns in unserer Definition aus Gründen der Praktikabilität an die Publikationen des Statistischen Bundesamtes, Wirtschaft und Statistik, mit der Beschränkung auf die beiden Größenklassen »Tätige Personen« und »Jahresumsatz«.
Zur Größenklasse der KMU zählen somit:
Kleinstunternehmen mit bis zu neun tätigen Personen und einem Jahresumsatz von bis zu 2 Millionen EUR
Kleine Unternehmen mit bis zu 49 tätigen Personen und einem Jahresumsatz von bis zu 10 Millionen EUR
Unternehmen mit bis zu 249 tätigen Personen und einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen EUR
Unternehmen mit mehr als 249 tätigen Personen und einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro werden damit automatisch zu Großunternehmen gerechnet. Das hat uns jedoch nicht davon abgehalten, zu Anschauungszwecken auch das ein oder andere größere Familien- oder Großunternehmen beispielhaft zu nennen, wenn es interessante Impulse setzen kann.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes1 im Jahr 2013 zählten 99,3 Prozent der 2,16 Millionen deutschen Unternehmen zur Gruppe der KMU. Der Anteil der Großunternehmen betrug 0,7 Prozent. Bezogen auf die Beschäftigten, also die tätigen Personen, erreichten KMU einen Anteil von 60 Prozent. In Kleinstunternehmen waren davon 18,3 Prozent, in kleinen Unternehmen 22,4 Prozent und in mittleren Unternehmen 19,3 Prozent der Personen tätig. KMU erzielten einen Umsatzanteil an den Gesamtumsätzen von 31,8 Prozent. Auf Kleinstunternehmen entfielen davon 6,2 Prozent, auf Kleinunternehmen 11,1 Prozent sowie auf mittlere Unternehmen 14,4 Prozent. Der KMU-Anteil an den Bruttoinvestitionen betrug 41,4 Prozent und der Anteil an der erwirtschafteten Bruttowertschöpfung 47,1 Prozent.
Die 0,7 Prozent der Großunternehmen erwirtschafteten mit 40 Prozent der tätigen Personen 68,2 Prozent des Gesamtumsatzes, tätigten 58,6 Prozent der Bruttoinvestitionen in Sachanlagen und vereinten 52,9 Prozent der Bruttowertschöpfung auf sich.
Kleine und mittlere Unternehmen sind in den einzelnen Wirtschaftsbereichen unterschiedlich stark vertreten. Einen besonderen Schwerpunkt für KMU, mit einem großen Anteil am Umsatz und der Bruttowertschöpfung (jeweils mehr als 80 Prozent im Jahr 2011), bilden die Wirtschaftsbereiche Baugewerbe, Gastgewerbe sowie Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern. Im Außenhandel sind KMU eher weniger aktiv. Das verarbeitende Gewerbe und der Bereich Energieversorgung werden eher von Großunternehmen dominiert.
2011 befanden sich die meisten KMU in den Wirtschaftsbereichen »Handel« und »Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« (577 000 KMU), »Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« (372 000 KMU) sowie »Baugewerbe« (243 000 KMU). Der KMU-Anteil lag in allen Branchen über 95 Prozent, mit der Ausnahme »Energieversorgung« (71 Prozent).
Die meisten tätigen Personen waren dabei im Baugewerbe anzutreffen (92 Prozent), gefolgt vom Gastgewerbe (89 Prozent) und dem Grundstücks- und Wohnungswesen (89 Prozent).
Die Struktur der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland hat sich im Vergleich der Jahre 2005 und 2011 nur geringfügig verändert. Strukturelle Verschiebungen sind laut Statistischem Bundesamt nicht zu erkennen. Es gab weder wesentliche Veränderungen innerhalb der KMU-Gruppen noch hin zu Großunternehmen.
Wie die Kennzahlen belegen (Anzahl KMU-Unternehmen, tätige Beschäftigte, Umsatz), kommt den KMU in Deutschland eine tragende Rolle in der Wirtschaft zu. Ganz wesentlich wird es daher sein, wie sie sich aktuell und zukünftig auf Trends und Veränderungen einstellen und diese als Chancen mit den Unternehmen nutzen.
In der Schweiz machen KMU, ähnlich dem Bild in Deutschland, mit 99,8 Prozent der Unternehmen die überwältigende Mehrheit aus. Sie stellen zwei Drittel der Arbeitsplätze. Dies entspricht rund 2,5 Millionen Vollzeitstellen.
504 462 Kleinstunternehmen – hier Mikrounternehmen genannt – bilden mit 89,6 Prozent den größten Anteil, gefolgt von 48 413 kleinen Unternehmen mit einem Anteil von 8,6 Prozent und 8 744 mittleren Unternehmen, die 1,6 Prozent ausmachen (Stand 2013).
Nach den drei Wirtschaftssektoren aufgeteilt, rekrutiert sich der überwiegende Teil (74 Prozent) der KMU aus dem tertiären Sektor, das heißt aus dem Handel, dem Dienstleistungsbereich, der Telekommunikation und der Gastronomie. Im Sekundärsektor mit Förderindustrien, dem verarbeitenden Gewerbe, der Energie- und Wasserversorgung sowie dem Baugewerbe sind knapp 16 Prozent vertreten und im Primärsektor mit Land- und Forstwirtschaft sind es 10 Prozent.2
Gemäß einer Studie der Credit Suisse (2015), zu der 900 KMU in der Schweiz befragt wurden, sind die Einschätzungen zu den Zukunftserwartungen am Standort Schweiz wie der allgemein wirtschaftlichen Entwicklung eher pessimistisch. Allerdings sind diesbezüglich markante Branchenunterschiede zu erkennen. Während KMU aus der Informations- und Kommunikationstechnologie überwiegend optimistisch in die Zukunft blicken, sehen sich die traditionelle Industrie sowie der Handel von einer unsicheren Konjunkturentwicklung, dem starken Franken und sich verschärfenden regulatorischen Rahmenbedingungen bedroht.3 Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsinformationsdienstes Bisnode D&B (April 2016) bestätigt eine Zunahme von Insolvenzen um 9 Prozent gegenüber der Vergleichsperiode im Vorjahr. Auffällig ist dabei, dass dieser sich vor allem in vom Eurokurs abhängigen Branchen vollzog. Betroffen sind vor allem Unternehmen im Maschinen- und Präzisionsinstrumentenbau sowie Einzelhandel und das Gastgewerbe.4
Aus einer anderen Untersuchung von Ernst & Young Basel (EY), in der 700 Unternehmen befragt wurden, geht hervor, dass die Digitalisierung bislang noch wenig für das eigene Geschäftsmodell genutzt wird. Viele dieser Unternehmen stammen aus der Baubranche oder dem Handel.5
Es wird in Zukunft noch mehr darauf ankommen, neue Wege in der Unternehmensführung und Unternehmensinnovierung zu definieren, um kaum veränderbaren Rahmenbedingungen nicht ausgeliefert zu sein, sondern aktiv entgegenzutreten.
Die Anzahl der KMU liegt anteilsmäßig bei 99,7 Prozent und in Zahlen ausgedrückt sind das 326 900 Unternehmen. Mit den gesamthaft 1,9 Millionen Beschäftigten der KMU werden 456 Milliarden Euro Umsatz generiert.6
Mit rund 90 Prozent Kleinstunternehmen ist Österreich ähnlich wie die Schweiz ein Land der Einzelkämpfer und Kleinunternehmer. Auch wenn das Rating der österreichischen KMU betreffend Bonität überwiegend gut ist, stehen die Geschäftsmodelle trotzdem oft auf wackeligen Beinen. Laut wirtschaftsblatt.at vom Oktober 2015 gibt es pro Werktag rund 22 Insolvenzen. Ein Medianeinkommen von 11 000 Euro netto pro Jahr und eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von rund zwölf Stunden pro Tag sind die Zahlen, wenn man in diese Kleinunternehmen hineinschaut. Damit steht Österreich nicht allein da, die Selbstausbeutung der Mikrounternehmer ist auch in Deutschland und der Schweiz gang und gäbe.
Bei den Kleinunternehmen mangelt es auch hier an strategischer Planung und Unternehmensführung, die aktuelle Einflüsse adaptiert und integriert.7