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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Gang der Arbeit
2 Die Weiterentwicklung der Insurance Mediation Directive: Die Insurance Distribution Directive
3 Umsetzung der Insurance Distribution Directive
3.1 Die IDD als konzeptionelle Grundlage
3.2 Die erste deutsche Umsetzung: der Referentenentwurf
3.3 Die zweite deutsche Umsetzung: der Gesetzesentwurf
4 Auswirkungen der Insurance Distribution Directive auf ausgewählte Bereiche der Versicherungswirtschaft
4.1 Auswirkungen auf Geschäftsprozesse von Versicherungsunternehmen
4.1.1 Produktpolitik
4.1.2 Sortimentspolitik
4.1.3 Vertriebspolitik
4.2 Auswirkungen auf den Versicherungsvertrieb
4.2.1 Regulierung der Tätigkeitszulassung
4.2.2 Regulierung der Tätigkeitsausübung
4.2.3 Regulierungsintensität der Vertriebskanäle
4.2.4 Folgen der Regulierungsintensität
4.3 Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer
5 Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der elektronischen Quellen
Juristische Quellen

Abbildung 1: Phasen der Produktentwicklung (in Anlehnung an Köhne)
Mit einem Anteil von 6,41 % am deutschen Bruttoinlandsprodukt und einer Mitarbeiterzahl von ca. 295.600 ist die Versicherungswirtschaft ein signifikanter Wirtschaftszweig in Deutschland.[1] Sie charakterisiert sich durch die Produktion und Vermittlung von Versicherungsprodukten, die mittels einer Ausgabe von Zustandsgarantien einen Risikotransfer bewirken[2], mit dem Ziel die Risikosituation des Versicherungsnehmers (im nachfolgenden VN) zu verbessern. Ein solcher Risikotransfer bedingt unter marktwirtschaftlichen Bedingungen, dass beide Parteien das Geschäft als nutzenstiftend empfinden. Zur Bewertung dieses Risiko-Nutzen-Verhältnisses werden entsprechende Risikoinformationen benötigt. Diese, wie z. B. die Eintrittswahrscheinlichkeit, kann das Versicherungsunternehmen (im nachfolgenden VU) zwar durch den Besitz von Erfahrungswerten aus seinem versicherten Kollektiv bestimmen. Allerdings besitzt nur der VN selbst Kenntnis über die vollständigen Risikoinformationen einschließlich eventueller gefahrenerhöhender Umstände. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Risikolebensversicherung, bei der das VU zwar die Eintrittswahrscheinlichkeit nach dem Alter des VN bestimmt[3], diese sich aber noch durch Vorerkrankungen signifikant erhöhen kann. Aus dieser Perspektive ist das VU der Prinzipal, der auf eine vollständige Bereitstellung der Risikoinformationen des VN als Agenten angewiesen ist. Es besteht eine Informationsasymmetrie zu Gunsten des VN. Aus einer anderen Perspektive existiert eine weitere Prinzipal-Agenten-Beziehung. Bei der Erläuterung des Versicherungsumfangs vertraut der VN als Prinzipal darauf, dass das VU ihm eine bedarfsgerechte Versicherungsleistung anbietet. Um dies festzustellen, ist der VN auf die Lieferung von Informationen über den Versicherungsumfang und die versicherten Risiken seitens des VU angewiesen. Das VU besitzt somit, verstärkt durch die in der Regel fehlende versicherungstechnische Fachkompetenz des VN, einen Informationsvorsprung gegenüber dem VN. Im Kontext dieser Beziehung befinden sich beide Akteure in einem doppelten Prinzipal-Agent-Konflikt. Deren zweifache asymmetrische Informationsverteilung stellt einen Anreiz für opportunistisches Verhalten beider Akteure dar, welcher bei unterschiedlichen Zielsetzungen weiter verstärkt wird[4], denn VU sind als Wirtschaftsunternehmen gewinnorientiert und könnten sich dadurch z. B. zum Einbau schwer verständlicher Ausschlüsse in den Versicherungsbedingungen verleiten lassen. Der VN wiederum kann seinen Nutzen durch die unvollständige Bereitstellung von Risikoinformationen und die damit einhergehende Untertarifierung maximieren. Durch den Einbezug eines Versicherungsvermittlers (im nachfolgenden VV) kann ein dritter Akteur als Intermediär in den Tauschprozess involviert werden.[5] Seine Aufgabe ist es, die zweifache asymmetrische Informationsverteilung durch Bereitstellung angebotsbezogener Informationen und nachfragebezogener Informationen abzubauen.[6] Sein Involvieren kreiert allerdings zwei weitere kritische Prinzipal-Agenten-Beziehungen, in denen er jeweils als Agent agiert, nämlich die zwischen VN und VV sowie die zwischen VU und VV.[7] Dabei entsteht ein Spannungsverhältnis, in dem der VV den Aufträgen seiner zwei Prinzipale gerecht werden muss. Verstärkt wird diese schwierige Interessensausgleichsfunktion[8] durch die traditionelle Vergütungssystematik der VV. Das vorherrschende Provisionsmodell[9] ermöglicht dem VV, im Rahmen seiner nachfragelenkenden Wirkung in der Beratung Produktempfehlungen auszusprechen, die ihm primär die höchste Vergütung einbringen und nur sekundär den Bedarf des VN abdecken. Die ursprüngliche positive Intention des Einsatzes eines VV kann sich dadurch für VU und VN negativ auswirken. 18.943 Beschwerden über VU und 336 Beschwerden über VV, die im Jahr 2015 beim Versicherungsombudsmann e.V. eingereicht wurden[10], sind ein Beleg für die Existenz eines solchen opportunistischen Verhaltens in der Versicherungswirtschaft. Gleichzeitig signalisiert dies einen Grad an Intransparenz innerhalb des Versicherungsvermittlermarktes, der aus Sicht der verschiedenen Akteure unterschiedlich intensiv ausgeprägt ist. Aus Sicht der VV und VU ist der Grad der Intransparenz aufgrund des jeweiligen Informationsvorsprungs und der eigenen versicherungstechnischen Expertise sicherlich geringer als aus Sicht der VN.[11] Zum Schutze des Verbrauchers und um einem Marktversagen vorzubeugen, gilt es somit dem entgegenzutreten. Ein mögliches Instrument zur Lösung ist die Einführung von Mindeststandards. Sie sollen dem Missbrauch von Informationsasymmetrien entgegenwirken, indem sie den Vermittlungsprozess mithilfe von Analyse-, Frage-, Beratungs-, Dokumentations- und Mitteilungspflichten[12] in ein prozessuales Korsett einbetten. Ein weiteres Instrument ist die Schaffung von Markteintrittsbarrieren, um ein Level an Fachkompetenz und einhergehender Beratungsprofessionalität der VV zu gewährleisten. Bereits die „Insurance Mediation Directive“[13] (im nachfolgenden IMD), die als erste Versicherungsvermittlungsrichtlinie von der europäischen Union umgesetzt wurde, hat mithilfe der oben genannten Instrumente das Ziel, eine qualitätserhöhende Wirkung auf die Beratungsleistung zu entfalten, verfolgt.[14] Dabei führte sie zwar zu einer Erhöhung der Beratungsqualität, aber nicht zu einer Verbesserung der Marktransparenz oder Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen zwischen den VV.[15] Die Folge war die Entwicklung einer zweiten europäischen Versicherungsvermittlungsrichtlinie, der „Insurance Distribution Directive“[16] (im nachfolgenden IDD). Anders als die IMD ist die IDD darauf ausgerichtet alle Vertriebskanäle einer Versicherungsvermittlung zu erfassen und greift erstmals tiefgreifend in die Geschäftsprozesse von VU ein.[17] [18] Diese neue Ausrichtung soll zu einer weiteren Verbesserung der Marktransparenz und zusätzlichen Steigerung der Beratungsqualität führen sowie gleichzeitig die Wettbewerbsbedingungen der VV harmonisieren.[19] Dabei ist es offensichtlich, dass sie, als zweiter Versuch der Europäischen Union (im nachfolgenden EU), die Rahmenbedingungen in der Versicherungswirtschaft neu definieren wird.
Die Arbeit hat das Ziel, die Auswirkungen der IDD auf die deutsche Versicherungswirtschaft aufzuzeigen. Dabei werden bisher feststellbare Auswirkungen sowie Ansätze für mögliche Auswirkungen dargelegt. Limitiert wird die Arbeit durch das noch nicht abgeschlossene deutsche und europäische Gesetzgebungsverfahren. Die Grundlage bildet der bis zum 20.05.2017 verfügbare Wissensstand.
Im Vorfeld erfolgt eine Analyse über die Umsetzungsgenauigkeit der IDD. Insbesondere die Überprüfung, ob sich der Telos der europäischen IDD in der deutschen Umsetzung wiederfindet, steht hierbei im Mittelpunkt. Aufgrund der Tatsache, dass die IDD die Angebotsseite der Versicherungswirtschaft reguliert, bilden diese nachfolgend den Ausgangspunkt der Auswirkungsuntersuchung, bei der folgende Sachverhalte im Mittelpunkt stehen:
Nach Erwägungsgrund 55 der IDD sollen VU „ein Verfahren für die Genehmigung jedes einzelnen Versicherungsprodukts unterhalten, betreiben und überprüfen“. In Verbindung mit den „Product Oversight Governance Arrangements“ (im Nachfolgenden POG-Anforderungen) nach Artikel 25 IDD ist es offensichtlich, dass die europäische Regulierung Einfluss auf die Produktions- und Vertriebsleistung von VU nehmen möchte. Aus diesem Grund soll untersucht werden, wie sich diese durch die IDD verändern wird.
Die Neujustierung der Markteintrittsbarrieren und Mindeststandards sowie die Erweiterung des Anwendungsbereichs[20] werden den Versicherungsvermittlungsmarkt nach der IMD erneut beeinflussen. Dabei ist es offensichtlich, dass sich die IDD nicht auf die Versicherungsvermittlung beschränkt, sondern eine ganzheitliche vertriebskanalunabhängige Perspektive einnimmt.[21] Daher sollen die Auswirkungen auf den Versicherungsvertrieb analysiert und die Frage beantwortet werden, ob es nach der IMD-Einführung einen erneuten Wandel der Wettbewerbsstruktur im Versicherungsvertriebsmarkt[22] geben wird.
Nach Erwägungsgrund 10 der IDD steht die Verbesserung des Verbraucherschutzes im Mittelpunkt der Regulierung. In Anbetracht der skizzierten möglichen Auswirkungen auf die Produktions-und Vertriebsleistung, sowie den Versicherungsvertriebsmarkt, sollen die kausalen Auswirkungen daraus für die VN aufgezeigt werden. Insbesondere die Frage, ob die Veränderungen zu einer Verbesserung der Beratungsqualität tendieren werden, soll beantwortet werden.
Übergeordnet steht dabei die kritische Reflektion der Auswirkungen mit dem Hauptziel der IDD, nämlich der Verbesserung des angestrebten Binnenmarktes für die Versicherungsvermittlung, kritisch formuliert die Umsetzung der verfehlten Ziele der IMD. Hierzu soll die vorliegende Arbeit ebenfalls eine abschließende Antwort liefern.
Die Arbeit ist in fünf Kapitel strukturiert. Nach der Einleitung folgt in Kapitel zwei die Darstellung der historischen Entwicklung der IDD. In Verbindung mit der Darstellung des technischen Entwicklungsprozesses innerhalb des europäischen Gesetzgebungsverfahrens soll der Leser ein besseres Verständnis der Notwendigkeit und anschließenden Umsetzung der IDD erhalten. Der Umsetzungsprozess wird in Kapitel drei behandelt. In Abschnitt 3.1. erfolgt die Einordnung der IDD als konzeptionelle Grundlage für das folgende deutsche Gesetzgebungsverfahren. In Abschnitt 3.2. wird der Referentenentwurf zur Umsetzung der IDD (im nachfolgenden Referentenentwurf)[23] präzise mit den Inhalten der IDD verglichen, um die entsprechenden Abweichungen bei der Umsetzung aufzuzeigen. Abschnitt 3.3. rundet die Abweichungsanalyse durch einen finalen Abgleich mit dem Gesetzesentwurf zur Umsetzung der IDD (im nachfolgenden Gesetzesentwurf)[24] ab. In Kapitel vier stehen die Auswirkungen der IDD im Mittelpunkt. Beginnend mit den Geschäftsprozessen der VU erfolgt in Abschnitt 4.1.1. die Betrachtung der Auswirkungen auf die Produktpolitik in ihren jeweiligen Facetten der Produktentwicklung (siehe Abschnitt 4.1.1.1.), der Produktgestaltung (siehe Abschnitt 4.1.1.2.) und des Produktmanagements (siehe Abschnitt 4.1.1.3.). Abschnitt 4.1.2. knüpft an diese Ergebnisse an und überprüft ihren Einfluss auf die Sortimentspolitik. Abschnitt 4.1.3. rundet die kausale Betrachtung durch eine Analyse der Auswirkungen auf die Vertriebspolitik ab. Der Verfasser begrenzt sich explizit auf diese Geschäftsprozesse, da Sie unmittelbar oder mittelbar durch die POG-Anforderungen und die umzusetzenden delegierten Rechtsakte[25] angesprochen werden. Eine vollumfängliche Untersuchung der Auswirkungen müsste u. a. noch die Kommunikations-, Prämien- und Schadenleistungspolitik umfassen. Diese Umsetzung ist aufgrund der Umfangrestriktion dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Abschnitt 4.2. ist den Auswirkungen auf den Versicherungsvertrieb gewidmet. Nach erfolgter Betrachtung der regulierungsinduzierten Veränderungen in der Zulassung (siehe Abschnitt 4.2.1.) und Ausübung (siehe Abschnitt 4.2.2.) von Versicherungsvertriebstätigkeiten erfolgt in Abschnitt 4.2.3. eine Analyse der Regulierungsintensität der Vertriebskanäle, um mögliche differenzierte Auswirkungen feststellen zu können. Die daraus resultierenden Folgen für die Akteure im Versicherungsvertrieb werden in Abschnitt 4.2.4. ausgewertet. Abschnitt 4.3. rundet die Auswirkungsanalyse mit einer Betrachtung der Folgen für die VN ab. Abschließend werden die ausgearbeiteten Erkenntnisse dieser Arbeit in Kapitel fünf resümiert.