Fußball-Teufel

erzählt von Marco Sonnleitner

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

 

 

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© 2012, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

 

Based on characters by Robert Arthur.

 

ISBN 978-3-440-13360-6

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Hokuspokus

»Hundertzwei, hundertdrei, hundertvier …«

Peters Stimme und das regelmäßige Auftippen des Balles hatten etwas Einschläferndes. Justus wippte in dem alten Schaukelstuhl gemächlich hin und her und spürte, wie seine Lider schwerer und schwerer wurden, während er in den zerschlissenen Sonnenschirm über sich sah. Der Erste Detektiv konnte überhaupt nicht nachvollziehen, wie man bei diesen mörderischen Temperaturen so versessen darauf sein konnte, einen Fußball mit allen Körperteilen außer Armen und Händen in der Luft zu halten. Seit mehr als einer halben Stunde ließ Peter den Ball tanzen, hetzte dabei kreuz und quer über den Schrottplatz, warf sich manchmal sogar in den Staub und jubelte lautstark, wenn er wieder einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt hatte. Unbegreiflich!

»Hundertzehn, hundert…siebzehn … Ah! Verflixt!« Peter musste einen großen Ausfallschritt machen, weil ihm der Ball zu weit vom Fuß gesprungen war. »Ja! Hab ihn!« Er erwischte das Leder nur gerade noch – »Hundertachtzehn …« – und kickte es hoch in die Luft. »Wohu, das war knapp!« Wieder musste er schnell hinterher. Doch dann bremste eine Bretterwand seinen Lauf. »Nein! Nicht!« Peter sah entsetzt nach oben. Mit einem trockenen Plong landete der Ball auf dem Dach der Freiluftwerkstatt, tippte zweimal auf und fiel ihm dann genau vor die Füße. »Mist!« Der Zweite Detektiv drehte sich erbost um und streckte zwei Finger in die Luft. »Nur noch zweimal und ich hätte einen neuen Rekord aufgestellt! Zwei mickrige Male!«

Justus gähnte herzhaft. »Und wieder ist die Welt um eine Tragödie reicher.«

»Ach, du verstehst das nicht. Pass lieber auf, dass dich der Schaukelstuhl nicht abwirft!« Peter hob den Ball auf und wollte schon zu einem neuen Versuch ansetzen, als ihm etwas einfiel. »Ah, Bob! Ich muss dir unbedingt etwas zeigen. Meinen neuesten Trick! Komm, mach mal grad mit.«

»Peter, bitte.« Bob sah seinen Freund lustlos an. »Es ist heiß, ich bin kaputt und ich würde gern dieses köstliche Doppelbrot zu Ende essen und mein Malzbier trinken. Tante Mathilda wird sicher jeden Moment die Mittagspause beenden. Dann heißt es wieder Möbel abschleifen. Ein andermal, ja?«

»Jetzt mach schon, Dritter! Das dauert eine Minute. Und der Trick ist wirklich genial. Er heißt Hokuspokus.«

Justus schmunzelte. »Verwandelst du dabei den Ball in ein Kaninchen, das dann schnell vor dem Gegenspieler Reißaus nimmt?«

»Sehr witzig. Los, Bob. Komm! Tante Mathildas Doppelbrot läuft dir schon nicht davon.«

»Na gut«, seufzte Bob. »Du gibst ja sowieso keine Ruhe.« Der dritte Detektiv legte sein Sandwich auf den Teller und trat unter dem Sonnenschirm hervor.

»Geh da rüber und stell dich in Position!« Peter schickte seinen Freund in eine halbwegs freie Ecke des Schrottplatzes und Bob trabte folgsam hinüber. »Okay!« Peter legte den Ball auf den Boden. »Ich laufe jetzt auf dich zu und du kommst mir ebenfalls entgegen und versuchst mir den Ball abzujagen, klar?«

»Klar.«

»Aber du musst richtig mitmachen, ja? Streng dich an!«

»Ja doch.« Bob schüttelte die Beine aus und ging leicht in die Knie.

»Prima.« Peter nickte. »Los geht’s.«

Der Zweite Detektiv dribbelte los. Geschickt trieb er den Ball in kurzen Stößen vor sich her, machte dabei kleine Schritte und beobachtete Bobs Bewegungen. Der lief ebenfalls in tänzelnden Schritten auf seinen Freund zu und fixierte dabei den Ball. Ihre Schuhe verursachten leise, schleifende Geräusche und wirbelten Staub auf, der in dünnen Fahnen Richtung Wohnhaus wehte. Justus sah kurz hin, schüttelte den Kopf und döste weiter.

»Okay, jetzt pass auf!«, rief Peter.

Bob konzentrierte sich. Peter führte den Ball mit dem linken Fuß. Dann übernahm er mit dem rechten, und nun ging alles blitzschnell. Der Zweite Detektiv schob den Ball mit dem rechten Fuß weit nach außen. Bob nahm an, dass Peter an seiner linken Seite vorbeiwollte, und verlagerte sein Gleichgewicht. Doch als der Ball für Peter schon fast außer Reichweite war, hob der Zweite Detektiv plötzlich den rechten Fuß über den Ball und zog ihn ruckartig wieder nach links. Das alles, ohne den rechten Fuß auch nur einmal abgesetzt zu haben. Bob stand wie festgenagelt auf dem linken Bein und musste hilflos mit ansehen, wie Peter rechts an ihm vorbeiging.

»Johu!« Peter stoppte ab, drehte sich um und strahlte. »Das ist der Hokuspokus-Trick! Super, nicht wahr?«

Bob nickte. »Wirklich toll. Kannst du das noch mal machen? Mir ging das ein bisschen zu schnell.«

»Sicher.« Peter legte sich den Ball vor. »Sieh her. Das alles muss eine fließende Bewegung sein.« Er wiederholte den Trick. »Du schiebst den Ball erst nach rechts, führst am äußersten Punkt den Fuß darüber hinweg und ziehst ihn wieder zurück. Dann nur noch am Gegner vorbei und bam!« Der Zweite Detektiv zog ab und jagte den Ball mit voller Wucht gegen einen Stapel Reifen.

Doch von dort prallte er nach links ab, flog gegen eine alte Klosett-Schüssel, rauschte an einer Plastikpalme vorbei und steuerte geradewegs auf einen Tisch zu.

»Oh nein!« Peter riss die Augen auf. Auch Justus und Bob registrierten mit Schrecken, wohin der Ball flog.

Im nächsten Moment fegte die Lederkugel mit lautem Klirren eine große, blau-weiße Porzellanschüssel vom Tisch, die in tausend Scherben zersprang.

»Ach, du heiliges Kanonenrohr!« Peter schlug die Hände vors Gesicht.

»Ups!«, machte Bob und Justus hob anerkennend den Daumen. »Jetzt verstehe ich, warum der Trick Hokuspokus heißt. Mit einem einzigen Schuss lässt du eine Suppenschüssel verschwinden und bescherst Tante Mathilda einen Herzinfarkt. Diese Schüssel hat sie gestern in einem Antiquitätenladen erstanden. Sie sollte die Zierde ihres Porzellanservices sein.«

»Auch das noch!« Peter erbleichte.

»Justus, Peter, Bob!«, hallte in diesem Augenblick Tante Ma­thildas Ruf lautstark über den Hof.

»Oh-oh!« Bob verzog das Gesicht zu einer sorgenvollen Miene. »Wenn man vom Teufel spricht.«

»Kommt ihr bitte mal?« Tante Mathilda stand am Hauseingang und winkte ihnen.

Die drei ??? sahen sich beklommen an. Dann liefen sie hinüber zum Haus. Peter mit butterweichen Knien. Tante Mathilda würde ihn teeren und federn. In Gedanken zählte er schon einmal sein Erspartes zusammen und überlegte, wo man eine solche Porzellanschüssel wohl noch einmal bekäme.

»Es ist etwas passiert!«, begann sie, als die drei Jungen in der Küche standen. Sie hob das Kinn und setzte einen gewichtigen Blick auf.

Peter zog den Kopf ein. Jetzt kommt’s …

»Susanne hat angerufen«, sagte Tante Mathilda.

Peter horchte auf. Susanne? Das war Tante Mathildas Schwester.

»Ihre Nachbarin, Mrs Pickleberry, hat ein ernsthaftes Problem. Ihr Hund ist verschwunden.« Sie sah die drei Detektive erwartungsvoll an.

Peter fielen zentnerweise Steine vom Herzen. Tante Mathilda wusste noch nichts von der Schüssel! Wenn er die Scherben verschwinden ließ und dann die gleiche Schüssel irgendwo fand, dann …

Tante Mathilda breitete die Hände aus. »Und?«

Justus nickte langsam. »Du meinst, wir als Detektive könnten uns dieses Problems annehmen?«

»Na, sicher meine ich das. Und Susanne ebenfalls. Für solche Fälle habt ihr doch euren Rätselclub gegründet, oder?«

»Ähm«, wand sich Justus, »na ja, also wir haben auch schon nach verschwundenen Tieren gesucht, das ist richtig.«

»Na also! Ausgezeichnet!« Tante Mathilda klatschte in die Hände. »Dann rufe ich Susanne gleich an und teile ihr mit, dass ihr auf dem Weg seid. Um die Möbel könnt ihr euch morgen wieder kümmern.« Sie lächelte die Jungen zufrieden an und rauschte hinaus in den Flur, wo das Telefon stand.

»Einen Hund suchen. Wie aufregend. Und bei der Hitze. Ganz toll!«, jammerte Bob.

»Ich fürchte, da gibt es kein Entrinnen«, stellte Justus schicksalsergeben fest.

Nur Peter lächelte glücklich.

»Ah, eins noch!« Mathilda drehte sich noch einmal um. »Bevor ihr euch aufmacht, seid bitte so lieb und bringt mir diese wunderschöne Porzellanschüssel ins Haus, die draußen auf dem Tisch neben der Freiluftwerkstatt steht.«

Hooked Nose

Tante Mathildas Schwester Susanne lebte in Santa Ynez, einem kleinen, verschlafenen Dorf am Rand der Santa Monica Mountains, etwas mehr als dreißig Autominuten von Rocky Beach entfernt. Die ganze Fahrt über unterhielten sich die drei Jungen über das Unbegreifliche: Tante Mathilda hatte Peter weder geteert noch gefedert. Ganz im Gegenteil. Sie hatte ihm die Sache mit der Schüssel nicht nur verziehen, sondern war nicht einmal böse geworden: So was könne ja mal passieren, halb so schlimm.

»Das muss dein zerknirschter Dackelblick gewesen sein, mit dem du ihr die Sache gebeichtet hast«, war Bobs Fazit, als sie vor Susannes Haus ausstiegen.

Peter zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist deine Tante wirklich allererste Sahne, Just, das steht fest.«

Der Erste Detektiv war immer noch einigermaßen erstaunt. »Wahrscheinlich hat Bob recht. Deine absolute Ehrlichkeit und deine aufrichtige Reue haben ihr Herz wie Butter in der Sonne dahinschmelzen lassen. Oder«, Justus grinste, »Onkel Titus hat deinen Schüsselschuss mitbekommen und ihr schnell irgendetwas in den Kaffee getan, bevor wir kamen.«

Peter und Bob lachten. Dann gingen sie durch Susannes gepflegten Garten und läuteten an der weißen Haustür.

Nach wenigen Sekunden wurde die Tür geöffnet. »Ah, da seid ihr ja!« Susanne nahm ihre Strickjacke vom Haken und trat auf die Veranda. »Kommt mit, wir gehen gleich zu Hermine hinüber.«

Justus musste immer an einen etwas zu dicken Pudel denken, der in einer Blumenwiese lag, wenn er Susanne sah. Ihre blondierte Dauerwelle, die große Nase und das unvermeidliche Kleid mit Blumenmuster ließen seiner Fantasie nicht sehr viel Spielraum.

»Die Arme ist völlig aufgelöst! Schrecklich, die Sache, ganz schrecklich. Dabei ist Buster so ein Lieber. Eine Seele von Hund!« Susanne steuerte auf das grüne Holzhaus rechts neben ihrem Haus zu. »Hermine! Sie sind daha!«, rief sie laut.

Justus grinste innerlich, als die Tür aufging. Noch ein dicker Pudel. Diesmal ganz in Braun und mit rotem Halsband. So wirkte der dünne Schal auf ihn, der sich um Mrs Pickleberrys faltigen Hals schlang.

»Hermine, das sind sie!« Susanne wies auf die drei Jungen, als hätte sie der Präsident persönlich geschickt. »Justus, Peter und Ron.«

»Das ist Peter und ich heiße Bob«, korrigierte der dritte Detektiv.

»Oh, natürlich.«

Mrs Pickleberry sah ehrfürchtig von einem zum anderen. »Und ihr meint, dass ihr meinen Buster wiederfindet?«

»Wir werden uns die größte Mühe geben, Mrs Pickleberry«, versicherte Justus. »Seit wann vermissen Sie Ihren Hund denn?«

»Seit gestern Abend.« Mrs Pickleberrys Augen wurden feucht.

»Und wo haben Sie ihn zuletzt gesehen?«

»Ich war mit ihm spazieren.« Sie deutete nach Nordosten Richtung Santa Monica Mountains. »Dahinten beginnt ein kleines Wäldchen. Aber plötzlich witterte mein Liebling irgendetwas und lief davon.«

»Und Sie sind ihm hinterher, haben gerufen, aber er kam nicht zurück?«, fragte Bob.

Mrs Pickleberry zögerte. »J… ja, ich habe gerufen. Mehrmals. Aber … ich bin ihm nicht hinterhergelaufen.«

»Weil Sie nicht tiefer in den Wald gehen wollten?«, vermutete Peter.

»N… nein, der Wald ist nicht so groß.«

Justus sah sie erwartungsvoll an. »Sondern?«

Susanne ergriff das Wort. »Hinter dem Wald liegt Hooked Nose.« Sie machte eine kurze Pause und sah zur Seite. »Da geht niemand hin.«

»Hooked Nose?«, fragte Bob nach. »Was ist das? Und wieso geht da niemand hin?«

»Es ist ein Berg. Oder vielmehr ein riesiger Felsen«, antwortete Susanne und wirkte auf einmal fast zaghaft. »Und es geht dort … nicht mit rechten Dingen zu.«

Hermine Pickleberry schauderte leicht. »Ganz und gar nicht.«

 

»Okay, da wären wir.« Justus trat aus dem Wald und nickte auf den Felsenhügel vor ihnen. »Sieht tatsächlich ein bisschen aus wie eine gewaltige Hakennase.«

Vor ihnen lag eine Anhöhe, auf der sich zahlreiche Felsen zu absonderlichen Gebilden auftürmten. Am merkwürdigsten nahm sich jedoch jener Felsenhügel in der Mitte aus, der an die fünfzig Meter hoch und so groß wie ein kleines Fußballstadion war. Auf seinem Gipfel thronte ein riesengroßer Felsbrocken, der die Gestalt einer Hakennase hatte. Um den Felsenhügel wuchsen etliche Baum- und Buschgruppen, aus denen die unterschiedlichsten Geräusche drangen: Zirpen, Zischeln, Rascheln. Niemand war zu sehen, auch Buster nicht.

»Dann wollen wir mal.« Bob formte die Hände zu einem Trichter. »Buster!«, rief er laut. »Buster! Wo bist du, mein Guter?«

Peter kramte die Tüte mit den Leckerlis aus der Tasche, die ihnen Mrs Pickleberry mitgegeben hatte, und raschelte laut damit. »Komm, Buster! Wir haben hier deine –«, er wandte sich an Justus: »Was ist das noch mal für ein Zeug?«

»Pansen. Der größte der drei Vormägen bei den Wiederkäuern.«

»Igitt.« Peter hob wieder die Stimme: »Deine Pansen. Lecker Pansen!«

Aber nichts tat sich. Buster ließ sich nicht blicken.

»Gehen wir mal rauf zu den Felsen«, entschied Justus. »Vielleicht hat sich Buster dort irgendwo verkrochen. Oder er ist verletzt.«

Die drei ??? stiegen die leichte Anhöhe hinauf und verteilten sich. Sie sahen hinter die kleineren Felsen, durchsuchten die Büsche und riefen ohne Unterlass nach dem Hund. Doch Buster blieb verschwunden.

»So ein Labrador ist doch nicht zu übersehen«, sagte Bob, als sie sich wieder versammelt hatten. Er blickte auf das Foto, das ihnen Mrs Pickleberry mitgegeben hatte. »Vielleicht ist er längst woanders?«

»Vielleicht ja. Vielleicht ist er aber auch in diese Höhle da gelaufen.« Justus deutete zum Hauptfelsen.

Am Fuße von Hooked Nose tat sich eine kaum mannsgroße Öffnung im Berg auf, die teilweise von Ästen eines danebenstehenden Baumes verdeckt war. Peter musste an das zahnlose Maul eines Riesen denken.

»Sehen wir nach.«

Am Eingang der Höhle blieben sie stehen und riefen noch einmal nach dem Labrador. Nichts rührte sich. Die drei ??? betraten die Höhle.

»Mann«, flüsterte der Zweite Detektiv und sah sich befangen um. »Für Höhlen habe ich ja nicht wirklich viel übrig. Und für solche, in denen es spuken soll, schon gar nicht.«

»Beruhige dich, Zweiter«, erwiderte Justus. »Bis zur Geisterstunde ist es noch eine Weile hin.«

»Hoffentlich wissen das auch die Geister«, unkte Peter.

Hinter der Öffnung begann ein niedriger Gang, der sich aber schon nach wenigen Metern zu einem kleinen Höhlendom öffnete. Durch dünne Felsspalten fiel staubiges Licht in die steinerne Kuppel.

Aber irgendetwas stimmte hier nicht.

»Habt ihr das gehört?« Bob blickte sich erschrocken um. »Da hat doch jemand geflüstert!«

Die Jungen lauschten. Zunächst war es totenstill. Doch dann war es wieder deutlich zu hören: ein dunkles Raunen, ein gequältes Flüstern wie von Wesen, die große Schmerzen litten. Und noch etwas war da.

»Kollegen.« Peter schluckte. »Spürt ihr das auch?« Der Zweite Detektiv sah an den Felswänden empor. Angst beschlich ihn, unerklärliche Angst.

Bob nickte und merkte, wie er eine Gänsehaut bekam.

Auch Justus nahm die geisterhafte Atmosphäre wahr. »Du hast recht.« Ein eigenartiges Gefühl überkam ihn. Eine innere Unruhe. Der Erste Detektiv wollte es sich nicht eingestehen, aber auch er spürte Unbehagen. Oder sogar Furcht? »Hier ist jemand. Oder etwas. Lasst uns verschwinden.«

»Nichts lieber als das.« Peter drehte sich um und lief Richtung Ausgang.

Draußen vor der Höhle atmeten die drei Detektive erst einmal durch.

»Was war das?« Bob nickte in Richtung Höhle. »Ich habe so etwas noch nie erlebt.«

Justus schüttelte den Kopf. »Ich kann es mir auch nicht erklären. Aber es war in der Tat äußerst merkwürdig. Sobald wir zu Hause sind, werde ich mich –«

Plötzlich war ein Winseln zu hören.

»Das kam von da hinten!« Peter lief zu einer Gruppe von Kreuzdornsträuchern. Justus und Bob folgten ihm. Der Zweite Detektiv kniete sich hin und sah unter die stachligen Büsche. »Buster? Bist du hier?«

Ein dünnes Winseln antwortete ihm.

»Er ist da drin!«, rief Peter. »Und ich sehe ihn auch. Buster, komm zu mir!« Er streckte die Hand aus.

Buster zögerte. Dann kroch er ganz vorsichtig nach vorn. Mit großen Augen und flach angelegten Ohren, den Schwanz fest zwischen die Hinterbeine geklemmt, robbte er Zentimeter für Zentimeter aus dem Gestrüpp.

»Der Arme zittert vor Angst«, sagte Peter. »Buster, was hast du denn?«

Plötzlich zuckte Buster zurück, legte sich auf den Boden und winselte wieder kläglich.

»Was habt ihr hier verloren?« Eine heisere Stimme, rau wie Schmirgelpapier.

Die drei Jungen fuhren herum. Und erstarrten!

Hinter ihnen stand ein riesenhaftes – Wesen. Ein Mann, gehüllt in einen bodenlangen, schwarzen Ledermantel. Auf seinem Kopf saß ein breitkrempiger Hut, sein Gesicht wurde von einer pechschwarzen Maske verdeckt, die nur die böse funkelnden Augen und den Mund frei ließ.

»Verschwindet von hier! Und lasst euch nie mehr blicken! Das nächste Mal …« Der dunkle Mann fuhr sich mit seiner Hand quer über die Kehle. »Habt ihr verstanden?«

Stumm vor Schrecken nickten die drei Jungen. Der Mann starrte jedem von ihnen noch eine Sekunde in die Augen, drehte sich dann um, dass die Mantelschöße flogen, und schritt davon.

Nein, er schritt nicht. Er humpelte leicht, wie Peter bemerkte. Und als er auf die Füße des Mannes blickte, erkannte er voller Entsetzen auch den Grund dafür. Der linke Fuß war kein Fuß. Peter konnte den Huf eines Pferdes erkennen!

Der mit dem Ball tanzt

»Hab ich das geträumt?«, stieß Peter hervor. »Der Kerl hatte einen – Pferdefuß!«

»Ich habe es auch bemerkt«, bestätigte Justus.

»Einen Pferdefuß!« Peter drehte den Kopf wie in Zeitlupe und blickte seine Freunde entgeistert an. »Wie, zum Teufel, ist so etwas möglich?«

Eine steile Falte bildete sich zwischen den Brauen des Ersten Detektivs. »Du hast deine Frage selbst beantwortet«, sagte er abwesend.

Peter verstand nicht. »Was?«

Bob hingegen wusste sofort, was Justus meinte. »In vielen alten Texten und Abbildungen wird der Teufel mit einem Ziegen- oder Pferdefuß dargestellt.«