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Die evangelische Pfarrkirche von Sersheim

Einblicke in fast 1.000 Jahre Kirchengeschichte

Copyright © Christian Hensel

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1. Auflage (Dezember 2015)

ISBN: 978-3-73926-707-4

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Dieses Buch ist auch direkt bei der Kirchengemeinde am Büchertisch erhältlich.

Besucheradresse: Schlossstraße 1, 74372 Sersheim

Titelbild: »Südseite der Kirche von der Schlossstraße aus gesehen.«

Inhaltsverzeichnis

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, HERR Zebaoth!

Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen:

Deine Altäre, HERR Zebaoth!

Psalm 84,2.4.

Herzlich willkommen…

…in unserer Sersheimer Johanneskirche!

Zugegeben: Sie ist einfach. Aber auf diese Weise eben einfach schön. Kein überladenes Museum, keine erhabene Halle, die einen erschaudern lässt. Nein, einfach ein Haus zum Wohnen, zum Wohlfühlen und zum Feiern.

Die eigentliche Schönheit einer Kirche liegt ja nicht in ihrer baulichen Substanz, sondern in der Gemeinde, die dieses Haus bewohnt und die hier Gott in ihrer Mitte feiert. Denn dass ER hier wohnt – daran hängt hier wirklich alles.

Natürlich: Gott wohnt überall, in seiner ganzen Schöpfung. Aber hier in der Kirche – da will er uns begegnen. Hier bleibt er kein Unbekannter, sondern einer, der uns anspricht und sich uns zeigt. Einer, der uns aufrichtet und tröstet, manchmal sogar den Weg zeigt oder uns ermahnt. Oder uns einfach nur erfreut.

Wer das erlebt, wird die Kirche lieb gewinnen wie der Beter des 84. Psalms (siehe oben). Und er wird es mit Schmunzeln sehen, wenn Schwalben in den Löchern hinter den Balken des Turmes ihre Jungen aufziehen. Auch wenn sie dabei viel Dreck machen – sie sind hier zu Hause. Sie leben hier mit ihrer Familie in der Nähe Gottes.

Und genau dafür ist die Kirche mit dem angebauten Gemeindezentrum da: Dass wir hier in seiner Nähe wohnen können als „Familie Gottes“. Hier dürfen wir uns wohlfühlen. Hier dürfen wir zu Hause sein. Und hier dürfen wir an seinen Tisch kommen und nehmen, was wir brauchen – zu diesem Leben und zum ewigen Leben.

Ihr Pfarrer Johannes M. Rau

Grundriss der Kirche

Die Anfänge von Sersheim

Der Ort Sersheim liegt am südlichen Rand des Naturparks Stromberg-Heuchelberg in einem weiten Tal an dem Fluss Metter. Der Name Sersheim stammt von Sareshaim und bedeutet Heimstätte des Saro (sarwa stammt aus dem Gotischen und bedeutet Rüstung oder Waffen, saro bedeutet Kampfrüstung). Es wird vermutet, dass Sersheim schon in der römischen Zeit bewohnt war und die römischen Soldaten die Furt durch die Metter benutzt haben. Darauf hin deuten noch Mauerreste eines römischen Gutshofes sowie das Römersträßle im Süden der Markung.

Sersheim (damals noch Sareshaim) wurde erstmals am 21. Juli 792 im Schenkungsbuch (Lorscher Codex; Codex Laureshamensis) der damals neu gegründeten Benediktinerabtei Lorsch urkundlich genannt. In dieser Urkunde schenkten ein Walther und dessen Bruder Salaher dem heiligen Nazarius, der im Kloster Lorsch beigesetzt wurde, zwei Höfe sowie Ackerland und Wiesen aus Sareshaim. Diese lateinische Urkunde liegt nicht mehr im Original vor und lautet übersetzt:

»Ich; in Gottes Namen, Walther und mein Bruder Salaher schenken dem hl. Nazarius, dem Märtyrer, dessen Leib im Kloster Lorsch ruht, wo der ehrwürdige Abt Richbod [von 784 bis 804 Abt] seines Amtes waltet, 2 Höfe im Enzgau im Dorf Saresheim und 60 Tagwerk Ackerland und Wiesen zu 10 Fuhren. Durch Vertrag bekräftigt im Kloster Lorsch am 12. Tag vor Anfang August im 24. Jahr des Königs Karl [21. Juli 792].«

Im Schenkungsbuch des Klosters Lorsch liegt eine zweite Urkunde aus dem Jahre 892. In ihr wurden die Besitzungen in Sarawasheim zwischen dem Abt Gerhard (von 883 bis 893 Abt) und Wolfbrand von Mühlhausen zum Vorteil ihrer örtlichen Lage getauscht. Mit dieser Urkunde endet zugleich die Herrschaft des Klosters Lorsch in Sersheim. Die Übersetzung lautet:

»Im Namen Christi wurde vereinbart zwischen dem ehrwürdigen Abt Gerhard des Klosters des heiligen Nazarius in Lorsch und einem Mann namens Wolfbrand, dass sie ihre Besitztümer unter sich vertauschen. Es gibt als der genannte Abt dem genannten Mann im Enzgau im Dorf Lenginfeld und in Sarawasheim und in Gumboldhausen alles was er haben will, dagegen gibt der besagte Mann im selben Gau im Dorf Mülnhausen 4 Höfe und in Hadaresheim alles, was er haben will. Die Abmachung wurde durch Vertrag bekräftigt im Kloster Lorsch im 5. Jahr des Königs Arnulf.«

Etwa 200 Jahre später waren Teile des Dorfes Sarßheim im Besitz von Konrad von Beutelsbach (er wurde später Konrad I. von Württemberg) und seiner Frau Werntrud. Um das Jahr 1110 vermachte Konrad von Beutelsbach seinen Besitz seinem Bruder Bruno von Beutelsbach. Dieser war Abt im Benediktinerkloster Hirsau, zu damaliger Zeit eines der bedeutendsten Klöster in Deutschland. Die lateinische Urkunde im Schenkungsbuch des Klosters Hirsau lautet übersetzt:

»Konrad von Beutelsbach, Bruder des zum Abt gewählten Bruno und seine Frau Werntrud geben … in Sarßheim ein Weideland und was immer ihm dort gehört mit Ausnahme von 3 Huben.«

Bis 1360 gehörte Sersheim dem Grafen Konrad von Vehingen [Vaihingen], das nach seinem Tod an den Grafen von Württemberg überging. Die Ortsherrschaft wurde durch deren Lehnsleute, die Herren von Sachsenheim, ausgeübt. Aber auch andere Adelsfamilien und Klöster hatten in dem Dorf Besitzungen. 1436 unterstellte sich ein Zehntel des Dorfes der württembergischen Herrschaft. Das Dorf gehörte 1589 vollständig zu Württemberg und war dem Amt Sachsenheim unterstellt. Bei der Reorganisation der württembergischen Verwaltung um 1806 kam das Dorf zunächst zum Oberamt Bietigheim, kurze Zeit später zum Oberamt und späteren Landkreis Vaihingen/Enz. Bei der Kreisreform 1973 wurde Sersheim in den Landkreis Ludwigsburg eingegliedert. Gleichzeitig lief jedoch die Gemeindereform ab und die Eigenständigkeit von Sersheim war durch eine mögliche Eingemeindung nach Vaihingen/Enz bedroht. Sie konnte jedoch im Rahmen einer Verwaltungsgemeinschaft mit Vaihingen/Enz bestehen bleiben.

Das Sersheimer Wappen erinnert an die Herrschaft des Klosters Hirsau. Zwischen den beiden Hörnern befinden sich drei rote Kugeln. Diese Kugeln sind die ikonographischen Heiligenattribute des heiligen Nikolaus von Myra, der im Kloster Hirsau besonders verehrt wurde. Er soll je einen großen Goldklumpen durch das Zimmerfenster von drei verarmten Jungfrauen geworfen haben, um sie vor der Prostitution zu bewahren. Das Büffelgehörn mit Grind weist auf die Herren von Sachsenheim hin, die bis 1561 die Ortsherrschaft innehatten.

Wappen von Sersheim

Die Feldkirche Johanneskapelle

Die ehemalige Feldkirche Johanneskapelle stand am Ufer des Flusses Metter außerhalb des Dorfes Serszheim in der Nähe der heutigen Unteren Mühle (Fessler Mühle). Von dieser Kirche führte der Johannespfad direkt zu dem im Jahr 1230 gegründeten Nonnenkloster Rechentshofen des Zisterzienserordens. Die ehemalige Klosteranlage südöstlich von Hohenhaslach ist seit 1648 württembergische Domäne. Heute erinnern die Flurnamen Kapellenäcker oder Johannisgärten an diese Feldkirche.

Die Zahl an Feldkirchen war gegen Ende des Mittelalters ziemlich hoch – für Herzog Christoph von Württemberg zu hoch. Auch in dem Gebiet um Serszheim standen einige dieser Feldkirchen. Daher erließ der Herzog am 7. Mai 1555 einen Erlass, die Feldkirchen in seinem Herzogtum einzureißen, um ein End für Abgöterey etc. zu schaffen, da sie seiner Meinung nach vor Gott ein Grewel waren. Am 16. Mai 1555 wurde ein neuer Befehl erlassen, da der vorausgegangene Befehl vom 7. Mai offensichtlich missverstanden wurde: Es sollten nur die Feldkirchen eingerissen werden, in denen nicht mehr gepredigt wurde und in welchen keine Toten begraben waren.

Die Feldkirche Johanneskapelle wurde hernach im Jahre 1556 abgetragen. Daraus lässt sich schließen, dass zu dieser Zeit in dieser Kirche nicht mehr gepredigt wurde, sondern nur noch in der Fleckenkirche (Kirche im Ort) Serszheim. Der geistliche Verwalter Wendel Lauinger von Vayhingen vermerkte am 10. Januar 1556:

»Zu Serszheim stett ein Capel ist bey menschen gedechtnuß gebautt, heyszt zu Sant Johannsz ist den v Serszheim bevollen abzubrechen, darunter hett man ein Loch gleych einem Ristloch [Luftloch] in einem Kern [Keller] hinein gemaurett und so jemandt ein Kindt, das nitt hett deyen wellen gehabt, hat mansz zu Serszheim insz Loch gestossen, hett esz darin geweintt, so ist das Kindt gestorben, so esz geschwiegen so ist dasz Kindt wid zu im selben komen und gesundt worden und stett dasz Loch sambt der capellen noch.«

Am Rand dieses Dokumentes steht: abbrechen die Stein zum Pfarhaus und kirchen gebrauchen. Daher sind zwei besondere Steine der ehemaligen Johanneskapelle bis heute erhalten geblieben. Sie wurden neben dem Eingangsportal auf der Südseite der Pfarrkirche eingemauert. Der Stein auf der linken Seite stellt das von zwei Engeln getragene Haupt des Heiligen Johannes des Täufers in einer Schüssel dar. Dieses Bildnis wird auch Johannisschüssel genannt. Darunter stand die Jahreszahl 1471 oder 1477. Diese Angaben stammen 1955 von Herrn Pfarrer Paul Adolf Pfleiderer, der sie damals noch erkennen konnte. Der Stein auf der rechten Seite stellt eine Sonne dar. Beide Steine sind inzwischen stark verwittert.

linker Stein: Johannisschüssel.

rechter Stein: Sonne.

Von einer Feldkirche in Sersheim wird auch in einem Schriftstück des 16. Jahrhunderts berichtet:

»Was für fürneme Walfarten vor Jarn im Fürstenthumb Wurtemperg gewesenn, unnd auch an selbige Ort Capellen gebauwt wordenn.