Für einige recht inspirierende Ideen bedanke ich mich herzlich bei dem Künstler Norbert Schill aus Potsdam.
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© 2014 Viola Eigenbrodt / Christiane Hoff
Illustrationen: Peter Verwunderlich, Meran
Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH
ISBN: 978-3-7386-8220-5
Im Bau des Hamsterfuchses war es ordentlich, denn er liebte Sauberkeit und aufgeräumte Regale. Nur so konnte er die große Unordnung, die in seinem Kopf herrschte, besser in den Griff bekommen. Er war von brillantem Geist und ausschweifender Fantasie und liebte es, die anderen Tiere mit seinen Ideen zu unterhalten und zu verblüffen. Und sie kamen gern zu ihm oder er zu ihnen, denn er war alles andere als ein Stubenhocker. Mit seinen braunen Knopfaugen und dem weichen goldenen Fell war er die Künstlerpersönlichkeit im Zauberpark, wo sich niemand wunderte, dass es überhaupt so etwas wie einen Hamsterfuchs gab. Vom Fuchs hatte er die Klugheit geerbt und vom Hamster die Sammelleidenschaft. In seinem Falle waren es jedoch nicht Schätze oder so profane Dinge wie Lebensmittelvorräte, die er sammelte, sondern er hortete Inspirationen, die er fein säuberlich dem Alphabet nach in seinen Regalen verstaute.
Außer ihm wohnten in den Büschen, Bäumen und Sträuchern des Zauberparks noch Amselpapageien, Hundemäuse, Moskitobienen und Schneiderameisen. Das Gelände des Zauberparks hatte einmal zum Schloss eines seltsamen Königs gehört. Dieser war weder Fisch noch Fleisch gewesen, weswegen sein Garten den ungewöhnlichen Mischwesen, von denen hier die Rede ist, als sehr geeigneter Aufenthaltsort erschien, denn sie waren nicht überall gern gesehen. Hier aber durften sie sein, was und wie sie waren, und keiner störte sich an ihnen. Allerdings blieben sie dennoch vorsichtig und versteckten sich, wenn Menschen in die Nähe kamen.
Alles hätte gut sein können, würde nicht über dem Hamsterfuchs ein böser Zauber gelegen haben, der, wie im Märchen üblich, nur durch eine gute Fee aufzuheben war. Sie müsste, um ihn vom Zauberbann zu erlösen, an seinem linken Auge drehen. Das hatte sich bisher noch niemand getraut, allerdings war die Auflösung dieser bösen Verwünschung auch nahezu unbekannt.
Weil der Braunäugige früher zu viel gejagt und dadurch seine Familie, das Katzenmeerschweinchen und ihre Jungen, vernachlässigt hatte, verhängte die große alte Flederelster den Bann über ihn. Er durfte, nachdem ihn seine Gefährtin mit den Kindern verlassen hatte, nur noch allein dichten und denken. Außerdem durfte er keine reiche Beute mehr in seinen Bau hineinbringen, sondern nur noch das, was er tatsächlich zum Leben brauchte. Käme aber eines Tages plötzlich und unerwartet über die Wolken, den Himmel und durch den Äther eine Zauberin und würde für ihn neue Worte dichten, dann könnte der Zauberbann gebrochen werden.
Ihr müsst wissen, dass im Zauberpark noch eine Bärenhäsin fehlte. Und eine gute Fee mit großen braunen Augen konnte sich jederzeit in dieses Mischwesen verwandeln. Doch leider fehlte dem Hamsterfuchs, der sonst so klug und um keinen Einfall verlegen war, die Vorstellung, wo sie sein könnte. Über dem Meer, hinter den sieben Bergen oder war sie vielleicht schon unbemerkt im Zauberpark?
Wie könnte er sie finden, denn allmählich mochte er nicht mehr so viel allein sein und in seinem aufgeräumten Hamsterfuchsbau wurde es ihm langweilig, trotz der vielen säuberlich aufgereihten Inspirationen. Er war nämlich im Grunde ein geselliger Bursche, der gerne aß und trank, viel lachte und intelligente Späße machte. Und so kam er nach längerem Nachdenken auf die Idee, sämtliche Schlupfwinkel, Wege und Grünanlagen im Zauberpark zu durchschnuppern, ob die Fee sich vielleicht irgendwo versteckt hielt. Und überall dort, wo er bereits gewesen war, wollte er die abgesuchten Wege mit einer Schleife kennzeichnen. Überlegt, getan.
So kam es, dass es kurze Zeit später im Zauberpark aussah, als ob er zu einem einzigen riesigen Weihnachtsgeschenk geworden wäre, denn überall klebten bunte Bänder an Ästen und Gräsern. Die Amselpapageien, Hundemäuse, Moskitobienen und Schneiderameisen schüttelten die Köpfe. »Das kann aber auf keinen Fall so bleiben«, krächzte die Flederelster, »wie sieht das denn aus! Und am Ende werden uns noch die Menschen aufgrund der vielen Bänder auf die Spur kommen. Entferne das schnell wieder!«, befahl sie missmutig dem Hamsterfuchs. Doch bevor der beginnen konnte, alle Wegezeichenschleifen wieder abzuschneiden, schwebte etwas über hohe Berge, tiefe Flüsse und grüne Wiesen herab. Der guten Fee mit den großen braunen Augen, die von ihrer kleinen goldenen Wolke hoch oben, links neben der Sonne einen wirklich ausgezeichneten Blick hatte, gefiel der bunte Schleifenwald so sehr, dass sie beschloss, sich dorthin zu begeben.
Und plötzlich und unerwartet stand vor dem verdatterten Hamsterfuchs eine Bärenhäsin mit dunkelbraunem Fell, einer hübschen roten Schnauze und lachte ihn mit ihren frechen Augen an oder aus. Dem Hamsterfuchs fiel vor Überraschung beinahe die Schere aus der Pfote und er fragte sich kurz, ob er sich wohl besser aus dem Staube machen sollte, denn die Bärenhäsin gefiel ihm ausnehmend gut, aber er fürchtete, er wäre ihr nicht gut genug. Doch sie lächelte ihn einfach nur an, streckte die rechte Tatze aus und drehte sein linkes Auge herum, ohne dass er auch nur den allergeringsten Piekser oder Schmerz gespürt hätte. Das lag daran, dass sie dabei ein neues Wort gedichtet und leise geflüstert hatte, und das hieß Hamsterbären- und Hasenfuchskinder.
Da fiel der böse Zauber von ihm ab. Lachend ergriff er die Pfote der Bärenhäsin und führte sie durch den Park heim zu seinem Bau, denn alles war nun gut geworden.
Auf einer alten Trauerweide lebten einst viele bunte und verschiedenartige Vögel. Der Baum stand allein inmitten eines großen Gartens, der zu einer halb verfallenen Villa gehörte, neben der ein Flüsschen mäanderte. Keine Menschenseele weit und breit, die gefiederten Bewohner der Lüfte hatten hier alle Freiheit der Welt. Schon von weitem war ihr vielstimmiges Piepen, Singen, Zwitschern, Trällern oder auch Kreischen zu hören, und wer näher kam, den erwartete ein wahres Wunder.
Die Tiere lebten nämlich in einer Art Vogel-Stadt zusammen, in der jeder Vogel seine bestimmte Aufgabe hatte. Die kluge Eule, die mit ihren großen Augen alles sah und der man demzufolge nichts vormachen konnte, war die Oberbürgermeisterin. Die Elstern waren die Polizei, was sich allerdings als eindeutige Fehlbesetzung herausgestellt hatte, denn sie ließen gern auch mal etwas unterm eigenen Gefieder verschwinden, wenn sie zu Schatzüberfällen gerufen wurden. Die Stare waren unnahbare Minister und die Krähen die Lehrer, wobei von denen keine der anderen ein Auge aushackte, auch wenn es in der Vogelschule so manches Mal drunter und drüber ging. Die Bachstelze führte am Flüsschen eine florierende Kneipe, wo am Abend die Rotkehlchen zur allgemeinen Unterhaltung Gassenhauer schmetterten, begleitet vom Specht am Schlagzeug. Manche fanden, dass er als Drummer ein wenig einfallslos war, aber meckern ist ja bekanntlich einfacher als selber besser klopfen.
Die Amseln regelten den Verkehr, wobei sie um ihren Job nicht zu beneiden waren, denn wenn die Äste der Weide vom Sturm gepeitscht wurden, war jedes Mal ihre schöne Astordnung dahin. Die Finken waren auch nicht viel besser dran, ihnen oblag die Sauberkeit, aber das war ein fast unmögliches Unterfangen, denn trotz aller Ver- und Gebote schiss ein Großteil der Trauerweidenbewohner hin, wo es ihnen gerade gefiel.
In der Bank ging es streng hierarchisch zu, an den Schaltern arbeiteten graue Wellensittiche, während ihre Chefs maßgeschneiderte grün-gelbe Anzüge trugen. Die rot-gelben Aras waren baumbekannt, denn sie sagten bei den beliebten Krallenwurfwettbewerben an den Samstagabenden lautstark die Spieler an. Als bunte Truppe waren schließlich die Papageien überall einsetzbar, zumal sie fraglos alles nachplapperten, was ihnen gesagt wurde.