Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
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Karte:
Darstellung auf der Grundlage der TÜK 1 : 200 000, Region Dessau.
Mit Erlaubnis des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt vom 27.09.2007
Erlaubnisnummer: LVermGeo/A9-46562-2007-14
Titelbild: Herbststimmung an der Elbe bei Apollensdorf
Rücktitel: Septemberabend auf der Wittenberger Elbebrücke
© 2008 Uwe ZUPPKE und Iris Elz
Fotos: Iris Elz, Uwe Zuppke
Satz und Layout: Buch&media GmbH, München
Umschlaggestaltung: Kay Fretwurst, Freienbrink
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Printed in Germany
ISBN 978-3-7322-6912-9
B ei der Besteigung des Kilimandscharo, des höchsten Berges Afrikas, fragte eines Abends in der Horombo-Berghütte in 3.800 m Höhe unser afrikanischer Bergführer David, aus welcher Stadt in Deutschland wir kämen. Unser Erstaunen war grenzenlos, als er auf die Antwort »Wittenberg« bedeutungsvoll den rechten Zeigefinger hob und, jeden Buchstaben betonend, »Dok-tor Mar-tin Luther« sagte! Es war für uns faszinierend zu erfahren, dass selbst im fernen Tansania unsere Heimatstadt bekannt ist.
Als aber nach der Wiedervereinigung Deutschlands viele Besucher aus westlichen Bundesländern auch nach Wittenberg kamen, von denen wir mehrfach naturkundlich Interessierten die Umgebung von Wittenberg zeigen konnten, war deren Erstaunen groß, am Mittellauf der Elbe eine derart naturnahe Landschaft mit einer nicht erwarteten Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten vorzufinden.
Während also die Historie Wittenbergs weltbekannt ist, reicht der Bekanntheitsgrad der vielfältigen Naturausstattung der Wittenberger Umgebung nicht weit, obwohl gerade sie ein wesentlicher Faktor sein könnte, Besucher hierher zu führen.
Die Landschaft rund um Wittenberg weist eine deutliche Dreiteilung auf, die auch dem ortsunkundigen Besucher ins Auge fällt: Die Stadt liegt leicht erhöht am Nordufer der Elbe, die durch eine mehrere Kilometer breite, fast tischebene Talaue strömt, die im Norden von der hügeligen Wald-Offenland-Landschaft des Flämings als Teil des Südlichen Landrückens und im Süden von der hügeligen, fast geschlossenen Waldlandschaft der Dübener Heide begrenzt wird. Von dieser durch die Hügellandschaften scharf abgegrenzten Elbaue ist ein großer Teil ausgedeicht und bleibt dadurch den hochdynamischen Prozessen einer Flussaue ausgesetzt. Dadurch hat sie sich, obwohl sie von mannigfaltigen menschlichen Eingriffen beeinflusst und gestaltet wurde und somit eine Kulturlandschaft ist, einen hohen Grad an Natürlichkeit bewahrt, in der sich spezifische Lebensräume entwickelt haben.
Vom Autor (U. Z.) konnte in über 50-jähriger Beobachtungstätigkeit umfangreiches Datenmaterial über Beobachtungen und Erfassungen einer Vielzahl von Tier- und Pflanzengruppen gesammelt werden. Diese sind, ergänzt durch Aufzeichnungen weiterer Freizeitbeobachter und durch Recherchen im naturkundlichen Schrifttum, geeignet, die abwechslungsreiche Landschaft mit ihrer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt am Mittellauf der Elbe vorzustellen. Die auf umfangreichen Fotofahrten, insbesondere von der Koautorin (I. E.) gewonnenen Fotodokumente sollen einen repräsentativen Ausschnitt dieser einmaligen Natur und Landschaft vermitteln, sodass die Vielzahl der Besucher und Interessenten der Lutherstätten in Wittenberg auch zum Besuch der einzigartigen Umgebung dieser Stadt angeregt wird. Gleichzeitig möchten die Autoren durch Wort und Bild den unschätzbaren Wert dieses Naturraumes und die moralische Verpflichtung zum Schutz und zum Erhalt dieses Teils unserer Heimat verdeutlichen.
| Wittenberg, im Winter 2006 / 2007 | Die Autoren |
»Die Erde ist reich für jedermanns Bedarf,
aber nicht für jedermanns Gier.«
Mahatma Gandhi
Unmittelbar südlich der Lutherstadt Wittenberg mit ihren emporragenden Türmen der Schloss- und Stadtkirche, dem Rathaus und dem Lutherhaus, erstreckt sich eine offene, ebene Landschaft, die vom Frühjahr bis zum Herbst vom Grün weiter Wiesen beherrscht und vom mächtigen Strom der Elbe durchflossen wird. Diese weite Wiesenfläche wird durch Weidensträucher, Baumgruppen und Einzelbäume sowie durch kleinere und größere Gewässer belebt. Hinter dem Hochwasserdeich, der sich wie ein endlos langer Wall durch die Landschaft zieht, erstrecken sich fruchtbare Felder, auf denen Weizen, Gerste, Zuckerrüben, Mais, Raps und Kartoffeln wachsen. Weithin sichtbar in der ebenen Landschaft sind die Kirchtürme der Dörfer. Das ist die Elbaue, die hier im Elbknick bei Elster in dreieckiger Form im Norden und im Osten von der Elbe fast begrenzt wird und eine charakteristische Auenlandschaft mit deren typischer Flutdynamik darstellt. Allerdings ist sie nicht mehr eine ursprüngliche, natürliche, ökologisch intakte Landschaft, wie es manchmal aus dem Wunschdenken heraus formuliert wird. Die Regulierung des Elbelaufes mit seiner Eindeichung und die Nutzung der Landschaft mit der Rodung der Auwälder und der Umwandlung des Grünlandes in Ackerland haben eine Kulturlandschaft geschaffen, in der größere Teile wertvoller Lebensräume verloren gegangen sind, in der andererseits aber große Offenland-Lebensräume entstanden sind, die ohne Nutzung nicht bestehen bleiben würden. Insgesamt ist die Elbaue trotz dieser Einschränkung eine naturnahe Flussaue mit großer Bedeutung für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt.
Mit dem Erreichen des Norddeutschen Tieflandes strömt die Elbe als langsam fließender Tieflandfluss durch vorhandene Urstromtäler und konnte durch das vorhandene geringe Gefälle weit ausschwingen und eine breite Talaue bilden. In Höhe der Grenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt weitet sich diese bis dahin schlauchartig schmale Aue aus und erreicht hier Breiten von 10 bis 15 km. Nur ein schmaler Teil von etwa 1 bis 2 km Breite ist davon ausgedeicht und großflächig von Grünland bedeckt. Der weitaus breitere, der Überflutungsdynamik der Elbe entzogene Teil wird seit dem Mittelalter ackerbaulich genutzt und ist durch weite fruchtbare Feldfluren geprägt. Zahlreiche Städte und Dörfer haben sich hier gebildet und entwickelt und sind durch befestigte Wege und Straßen verbunden. Die Elbe windet sich, mehrere Altarme, wie die Alte Elbe Priesitz und Sachau, die Alte Elbe Pretzsch, den Klödener / Kleindröbener Riß, die Alte Elbe Bösewig und den Bleddiner Riß zurücklassend, in weiten Bögen in nördlicher Richtung bis zur Ortschaft Elster, wo die aus der Lausitz kommende Schwarze Elster als Nebenfluss einmündet. Hier knickt die Elbe fast rechtwinklig ab und fließt in westlicher Richtung weiter. Der Große Streng Wartenburg, die Alte Elbe Melzwig, der Dabruner und Booser Riß sowie die Wendel sind weitere Altarme und Altwässer bevor die Elbe die Lutherstadt Wittenberg mit ihrer historischen Altstadt und dem ausgedehnten Industriegebiet im Westen erreicht. Von hier fließt sie in weit ausgezogenen Flussschlingen weiter in westlicher Richtung, vorbei an der Stadt Coswig und der Stadt Wörlitz mit dem weltbekannten Wörlitzer Park als Bestandteil des sogenannten Dessau-Wörlitzer Gartenreichs, das von den anhaltischen Landesfürsten als »Verbindung des Schönen mit dem Nützlichen« maßgeblich gestaltet wurde. Hier beginnen auch größere Auwaldbereiche, die insgesamt gesehen einen der größten Auwaldkomplexe Mitteleuropas bilden. Dieser im Folgenden näher betrachtete Bereich ist ein Teil des Mittelelbegebietes, das sich in westlicher Richtung fortsetzt. Bei der Ortschaft Vockerode quert die Autobahn Berlin–München die Elbe. Nach der Kliekener Aue mit landschaftsprägenden Altwässern erreicht die Elbe die Stadt Roßlau. Zwischen dieser und den nachfolgenden nördlichen Bereichen der Stadt Dessau mündet die aus den sächsischen Mittelgebirgen kommende Mulde in die Elbe. Vorbei an weiteren größeren Auwäldern linksseits der Elbe wird die Stadt Aken erreicht. Unterhalb dieser durchfließt die Elbe den größten geschlossenen Auwaldkomplex in ihrer Aue, den Steckby-Lödderitzer Forst, das Kernstück des großen deutschen Biosphärenreservates »Mittelelbe«. Nach der Einmündung der im fränkischen Mittelgebirge entspringenden Saale windet sich die Elbe nun nordwestlich weiter, bevor sie dann auf einer weiten Strecke vorbei an Magdeburg in nördlicher Richtung der Nordsee entgegenströmt.
Die Entwicklung des heutigen Landschaftsbildes der Elbaue begann im Erdzeitalter des Quartärs vor etwa einer Million Jahren. Sowohl die mehrfachen Gletschervorstöße und Abschmelzphasen während der Eiszeiten im Pleistozän als auch die klimatischen Verhältnisse in der Nacheiszeit, dem Holozän, gestalteten die Landschaft und bewirkten ihre Vielgestaltigkeit und ihre heutige Schönheit.
Der Eisvorstoß der Elsterkaltzeit vor etwa 300.000 bis 380.000 Jahren formte den Untergrund, indem er durch den gewaltigen Druck der Eismassen riesige Gesteinsmassen abschürfte und weitertransportierte. Verstärkt durch die spülende Wirkung des in den Warmphasen abschmelzenden Tauwassers entstand im heutigen Elbtal eine riesige rinnen- oder wannenförmige Hohlform, eine frühelsterzeitliche Wanne (EISSMANN 1975). Das Schmelzwasser führte danach aber große Sedimentmengen mit sich, die diese Hohlform wieder auffüllten und eine starke Talsandschicht bildeten. Nachdem in der darauffolgenden Saalekaltzeit vor etwa 100.000 bis 250.000 Jahren der Eisrand den Fläming nördlich der heutigen Elbaue erreichte, ergossen sich in der nachfolgenden Warmzeit die Schmelzwassermassen in das ausgedehnte Breslau-Magdeburger Urstromtal und flossen nach Westen ab, jedoch ab Magdeburg noch nicht im heutigen Verlauf des Elbtals, sondern durch das heutige Ohretal. In unserem Gebiet reichte dieser Talboden in Nord-Süd-Richtung von Leetza bis Pretzsch oder von Apollensdorf bis Schleesen. Das vom Schmelzwasser mitgeführte feingeriebene Gesteinsmaterial lagerte sich als Talsand ab. Diese Sedimentation setzte sich in der letzten Eiszeit, der Weichselkaltzeit vor etwa 10.000 bis 85.000 Jahren, fort. Das Inlandeis dieser Periode erreichte nicht mehr die Landschaft an der Elbe
Der Talsand lagerte bei Wittenberg in einer Mächtigkeit von 12 bis 14 m. Die Ortschaften Elster, Gielsdorf, Leetza, Külso, Zörnigall, Dietrichsdorf, Iserbegka, Gallin, Mühlanger, Wittenberg bis Apollensdorf liegen auf den Resten dieses ursprünglichen Talbodens, der zum jetzigen Elbtal an der Geländestufe zwischen Apollensdorf und Elster 3 bis 5 m abfällt. Im nacheiszeitlichen Holozän, beginnend etwa vor 10.000 Jahren, lagerte wiederum der Fluss mitgeführte Sedimente ab, die als Auelehm von 1 bis 3 m Stärke den jetzigen Talboden bilden. Flusslaufverlagerungen von Süd nach Nord (REICHHOFF & REUTER 1978) ließen den stellenweise über 10 km breiten neuen Talboden entstehen.

Elblaufveränderungen zwischen Elster-Pretzsch und Coswig-Wörlitz
(nach Reichhoff & Reuter 1978)
1 Ablagerungen der Saalekaltzeit
2 holozäne Ablagerungen der Nebentälchen
3 Niederterrassen der Weichselkaltzeit
4 holozäne Auenablagerungen
5 Dünenaufwehungen
Gleichzeitig blieben alte Elbarme, Kolke, Risse oder sonstige Vertiefungen als Reste des ehemaligen Flusslaufes zurück, die auch heute entweder ständig oder temporär mit Wasser gefüllt sind. Bei diesen Flusslaufverlagerungen (Mäandrierungen) hat die Elbe den Uferrand abgetragen, verfrachtet und an anderen Stellen wieder abgesetzt. Auf diese Weise ist auch das 8 bis 10 m hohe Steilufer bei Griebo entstanden, wo die Elbe die pleistozäne Sanderterrasse des Flämings »angenagt« hat. Auch das Gefälle der Elbstraße in Wittenberg lässt sich so erklären. Im Osten Wittenbergs, am »Luthersbrunnen«, hat die Elbe einen Quellhorizont freigelegt, aus dem Quellwasser austritt. Weitere Flusslaufverlagerungen entstanden durch das »Flussspringen«, das in abflussstarken Zeiten spontan auftreten kann (REICHHOFF 2003). Durch die Winderosion in der vegetationslosen holozänen Landschaft lagerten sich an verschiedenen Stellen der Aue Sanddünenfelder ab, die heutigen »Sandberge« oder »Fuchsberge«, wie bei Wartenburg, Gallin, Dabrun, Pratau, Seegrehna und Mühlanger-Hohndorf. Als im Holozän das eiszeitliche Klima verschwand, entwickelte sich die Pflanzenbedeckung, zunächst als Waldsteppe, später dann zum Laubwald. Fossile Funde belegen das damalige Vorkommen von Auerochse, Wisent, Braunbär, Elch, Rothirsch und Biber. Mit dem Auftreten des Menschen beginnt dann schon bald dessen landschaftsveränderndes Wirken, dessen Intensität sich bis in die Gegenwart ständig erhöht hat.

Fast tischeben breitet sich die holozäne Aue an der mittleren Elbe bei Wittenberg aus.

Blick vom Steilufer bei Griebo auf ein Gleitufer der Elbe mit flächigen Sand- und Kiesablagerungen.
V erlässt man an einem Frühlingstag die Lutherstadt Wittenberg am Bahnhof Altstadt südwärts und geht an der Fußgängerampel über die sich unmittelbar an die Bebauung anschmiegende Eisenbahnlinie und neue Umgehungsstraße nach Süden, so hat man nach wenigen Metern den lauten Verkehrslärm hinter sich gelassen und befindet sich sogleich in einer naturbelassenen Landschaft. Über eine kaum merkliche Geländestufe, auf der die Stadt liegt, ist man in eine weite Wiesenlandschaft gelangt, die jetzt, soweit das Auge reicht, im frischen Grün der Wiesengräser und im leuchtenden Gelb des blühenden Löwenzahns prangt und deren flache Weite nur von vereinzelten Weidensträuchern unterbrochen wird. Hin und wieder spiegelt sich in einer Senke mit Resten des abgeflossenen Hochwassers der Himmel, von dem besonders an windstillen Tagen das unermüdliche Lied der Feldlerche erklingt. Auf einem schräg über die Wiese verlaufenden Weg erreicht man nach wenigen Hundert Metern eine Baumgruppe aus alten Stieleichen, Spitzahornen und Rosskastanien und befindet sich schon am Ufer der Elbe. Bei normalem Wasserstand kann man auf einer Buhne, die weit in den Fluss hineinragt, bis fast inmitten des Flusses gehen und schaut auf die jetzt ruhig, aber unaufhaltsam fließende Elbe. Die Buhnen als feste, leicht gegen die Stromrichtung gebaute Steindämme, zwingen das Wasser zur Strommitte. Das strömende Wasser mit seiner unbändigen Kraft würde sonst stets in jeder Sekunde am Ufer nagen und feste Bestandteile abspülen, sodass sich der Lauf der Elbe langsam, aber stetig verändern würde, wie er es in der langen Vergangenheit auch getan hat.
Die im Riesengebirge (Tschechische Republik) entspringende Elbe ist mit rund 1.091,5 km Länge (IKSE 1994), davon etwa 727 km auf deutschem Gebiet, einer der größten Ströme Mitteleuropas. Nachdem sie bis zum Elbeknick bei Elster in nordwestlicher Richtung geflossen ist, knickt sie hier fast rechtwinklig ab und fließt nun ab der Einmündung der Schwarzen Elster in Ost-West-Richtung, bevor sie nach etwa 65 km kurz vor der Saalemündung wieder nach Nordwesten umknickt. Das natürliche Gefälle der Elbe ist, nachdem sie das Gebirge verlassen hat, gering und beträgt von der Einmündung der Moldau in Böhmen bis nach Geesthacht unterhalb Hamburgs (ca. 690 km), bis wohin die Tidewirkung der Nordsee zu spüren ist, 152 m. Daraus ergibt sich ein durchschnittliches Gefälle von 0,22 m auf einen Kilometer, also 0,02 %. Am Pegel Wittenberg fließen bei mittlerem Abfluss in der Sekunde 363 m3 Wasser vorbei. Diese Menge schwankt von 130 m3 /s bei Niedrigwasser bis 1.490 m3 / s bei Hochwasser (IKSE 1995a).
Der Blick des auf der Buhne stehenden Wanderers in das Wasser reicht nicht weit. Es ist trüb von mitgeführten Schwebstoffen aus dem 148.268 km2 großen Einzugsgebiet des Flusses, wozu auch die der tschechischen und deutschen Nebenflüsse zählen, wie Upa, Metuje, Orlice, Loučná, Chrudimka, Doubrava, Cidlina, Jizera, Moldau, Ohře, Bilina, Ploučnice, Kamenice, Müglitz, Wesenitz, Weißeritz, Schwarzwasser, Schwarze Elster und weiter aufwärts Mulde, Saale, Nuthe, Ehle, Ohre, Tanger, Havel, Stepenitz, Aland, Seege, Ilmenau, Este, Wedeler Au, Luhe, Pinnau, Rhin, Oste. In diesem großen Einzugsgebiet durchfließen die einzelnen Flüsse die unterschiedlichsten Gesteins- und Bodenformationen vom Granit über Buntsandstein bis hin zu Kiesen und Sanden, die im unterschiedlichen Maße abgetragen und als gelöste Bestandteile im Wasser mitgeführt werden. Der Wittenberger Heimatforscher P. HINNEBURG hat durch einfache Messungen berechnet, dass bei mittlerem Wasserstand die Elbe in jeder Sekunde 64,5 kg gelöste Stoffe an Wittenberg vorbeiführt (PÄD. KREISKABINETT 1957), sodass die Elbe im Jahr die ungeheure Menge von rund 2 Mio. t mit sich trägt.
Wenn auch das Elbewasser recht trüb aussieht, hat sich die Sichttiefe des Elbewassers gegenüber vergangenen Jahren deutlich verbessert, denn bis 1990 war die Elbe »einer der am stärksten belasteten Flüsse Europas« (ATV-DVWK 2000). Die ungehemmte Einleitung ungenügend oder gar nicht gereinigten Abwassers aus Industrie, Landwirtschaft und Kommunen führte zu einem katastrophalen Zustand der Wasserbeschaffenheit der Elbe. Eine Vielzahl von wassergefährdenden Stoffen, wie Ammonium, Nitrate, Nitrite, Phosphate, Schwermetalle und organische Verbindungen, insbesondere halogenierte Kohlenwasserstoffe, führte die Elbe mit sich und machte das Wasser undurchsichtig, ungenießbar und stellenweise auch übel riechend. So betrug z. B. 1989 die Jahresfracht der Elbe allein an Schwermetallen 12 t Quecksilber, 6,4 t Cadmium, 110 t Blei, 240 t Kupfer, 2.400 t Zink, 190 t Chrom, 200 t Nickel und 52 t Arsen (IKSE 1996). Zur dringend notwendigen Verbesserung dieser Situation wurde 1990 nach dem Vorbild am Rhein die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) gegründet, in der, da Wasser keine Grenzen kennt, neben Vertretern aus Deutschland auch solche aus der Tschechischen Republik arbeiten. Bereits nach der Realisierung der ersten prioritären Aufgaben, wie der Bau von Kläranlagen in Pardubice, Českŷ Krumlov und an weiteren 12 Standorten in Tschechien sowie neben Dresden, Meißen, Wittenberg und Dessau von insgesamt 26 Kläranlagen in Deutschland, sank die Schadstoffbelastung des Elbewassers gravierend, wozu auch die Sanierung bzw. Schließung der industriellen Haupteinleiter wesentlich beitrug. Der Wassergütebericht der Elbe für das Jahr 2004 bescheinigt: »Aus wasserchemischer Sicht ist die Elbe insgesamt betrachtet auf einem guten Weg, wenngleich bestimmte Schadstoffe nach wie vor als ›problematisch‹ angesehen werden müssen und es nach wie vor Belastungsschwerpunkte auch im Bereich des deutschen Einzugsgebietes der Elbe, z. B. in der Mulde, gibt« (ARGE 2005).
Trotzdem kann man noch längst nicht bis auf den Grund der Elbe blicken und die zahlreich in ihr lebenden Fische beobachten. Dass aber Fische in der Elbe leben, bezeugen die auf den Buhnen sitzenden Angler, die entweder mit der Friedfischangel Plötzen, Bleie oder Barsche, mit der Wurfangel Raubfische, wie Hecht oder Zander oder mit der Grundangel Aale in der Elbe fangen. Zwar sind die Elbefische, besonders die langlebigen, immer noch mit Schadstoffen kontaminiert und noch nicht als Nahrungsmittel für die kommerzielle Vermarktung freigegeben (ARGE 2000), doch lassen sich passionierte Angler nicht vom gelegentlichen Verzehr abhalten. Die durch die ARGE ELBE erhobenen Rückstandsanalysen in den drei Fischarten Blei, Aal und Zander weisen immer noch Höchstmengenüberschreitungen gegenüber den Grenzwerten besonders bei Quecksilber sowie den organischen Verbindungen Hexachlorbenzol (HCB), Hexachlorcyclohexan (HCH) und Dichlordiphenyltrichloräthan (DDT) auf, sodass die traditionelle Elbfischerei, die in Wittenberg bereits 1422 nachweisbar ist (JÜNGEL 1988) und Mitte der 1950er-Jahre eingestellt werden musste, immer noch nicht wieder aufleben kann.
Die Anzahl der jetzt in der Elbe vorkommenden Fische würde jedenfalls die Aufnahme der gewerblichen Fischerei wieder rechtfertigen. Der an der Elbe stehende Betrachter kann zahlreiche, in kurzen Abständen immer wieder nach Anflugnahrung springende oder nach Kleinfischen jagende Fische beobachten. Schon 1991 konnte das Vorkommen von 25 Fischarten im Gebiet an der mittleren Elbe, davon 19 direkt in der Stromelbe, beschrieben werden (ZUPPKE 1992). Neuere Erfassungen ermittelten nunmehr 36 Arten (ZUPPKE 2004). Neben den verbreiteten euryöken Arten kommen auch wieder Arten mit Strömungspräferenz sowie Kieslaicher vor, wie Aland, Barbe, Döbel, Hasel, Rapfen, Ukelei und Quappe. Gegenüber der ursprünglichen Fischfauna dieses Elbeabschnitts (KLUGE 1899; BAUCH 1958) fehlen nur noch wenige Fischarten: Meerneunauge, Stör, Maifisch, Finte, Schnäpel, Meerforelle, Nase (in anderen Elbebereichen bereits wieder nachgewiesen), Flunder und Elritze. Etliche unempfindliche Fischarten haben die Zeit der starken Belastung in der Elbe überlebt, andere Arten haben aus kleinen Restbeständen in Nebengewässern die Elbe wieder besiedelt und weitere wurden durch aufwendige Wiedereinbürgerungsprogramme wieder angesiedelt, wie der Wels und der Lachs. Bemerkenswert waren der neue Nachweis des bisher als ausgestorben geltenden Flussneunauges (GAUMERT & ZUPPKE 2003) und die Entdeckung einer Fischart, von der bis dahin angenommen wurde, dass sie nur in den Zuflüssen zum Schwarzen und Kaspischen Meer vorkommt, dem Weißflossengründling (ZUPPKE 2000). Das Vorkommen dieser Vielzahl von Fischarten, von denen jede andere Ansprüche an den Lebensraum stellt, ist auch ein Zeichen für den trotz aller Belastungen und Beeinträchtigungen immer noch naturnahen Charakter der Elbe als Fließgewässer.
Dafür sprechen auch weitere Tierarten, die der aufmerksame Beobachter bei einem Gang am Flussufer feststellen kann. So weisen die am Spülsaum liegenden großen rotbraunen Chitinpanzer auf das Vorkommen der Chinesischen Wollhandkrabbe in der Elbe, die um 1910 aus ihrer ostasiatischen Heimat eingeschleppt worden ist und seitdem mit Ausnahme der Zeit der stärksten Belastung den Fluss zahlreich bewohnt. Die auf dem Ufer liegenden vollständigen Panzer mit Gliedmaßen, an deren vordersten sich scherenförmige Klauen befinden, sind die starren Körperhüllen, die beim Wachsen der Krabben abgestreift werden. Weitere eingewanderte und eingebürgerte Krebstiere in der Elbe sind der Amerikanische Flusskrebs aus Nordamerika, ein kleiner Flohkrebs von der Balkanhalbinsel und die Süßwassergarnele aus dem Mittelmeerraum (ZUPPKE 2005). Von Mitte Juni bis Mitte September kann man an diesem mittleren Abschnitt der Elbe neben anderen auch größere grüngelbe Libellen fliegen sehen, die ehemals am stärksten vom Aussterben bedrohte Asiatische Keiljungfer. Sie gehört zu den Libellen, die nur an sauberen, sauerstoffreichen Bächen und Flüssen vorkommen können, in deren sandigem oder kiesigem Untergrund ihre Larven eingegraben leben. Auch die schmucke blaugeflügelte Gebänderte Prachtlibelle ist wieder recht häufig zu sehen und auch die ausgesprochen rheophile Fließwasserart Grüne Keiljungfer wird wieder angetroffen (MÜLLER 1999). Ebenso auf saubere, unverschlammte Bodengründe angewiesen sind auch die Vertreter der Muscheln, von denen besonders die Entenmuschel und die Malermuschel sowie die Wander- oder Dreiecksmuschel in der Elbe vorkommen, was die mitunter am Spülsaum liegenden Schalen beweisen. Neuerdings kann der aufmerksame Sucher auch die kleinen Schalen der Grobgerippten Körbchenmuschel finden, die von der Nordsee kommend in jüngster Zeit ebenfalls eingewandert ist (JUEG & ZETTLER 2004). Allerdings werden im Rahmen der turnusmäßig durchgeführten Untersuchungen zum Makrozoobenthos (im Wasser lebende Kleinlebewesen) noch andere Schnecken und Muscheln festgestellt, wie Fluss-Napfschnecke, Blasenschnecke, Ohr-Schlammschnecke und Kugelmuschel sowie Arten der Gattungen Potamopyrgus und Bithynia (LAU 1997a). Ebenfalls ließen sich bei diesen Untersuchungen verschmutzungstolerante Wasserasseln, Egel, Zuckmücken-Larven und Wenigborster ebenso nachweisen, wie die an die Wasserbeschaffenheit höhere Anforderungen stellenden Köcherfliegen- und Eintagsfliegen-Larven, Süßwasserschwämme, Strudelwürmer und Moostierchen. Wichtig für die Besiedlung mit diesen Arten ist eine Strukturvielfalt der vorhandenen Substrate, wozu, wie die Untersuchungen von GRAFAHREND-BELAU & BRUNKE (2005) zeigen, auch Totholz gehört, das sich überaus positiv auf die Wiederbesiedlung der ehemals stark verunreinigten Elbe auswirkt.
Beim Gang am Elbeufer zeigt sich, besonders in Niedrigwasserperioden im Sommer und Frühherbst, der kilometerlange, nur durch die Buhnen unterbrochene helle Sandstrand, der mitunter als der »längste Strand Deutschlands« beschrieben wird. Der Fluss hat hier feinen Sand bis 1 mm Korngröße abgelagert und freigespült, der nur in lang gezogenen Flussbiegungen in Schotterbänke aus groben Kies und Steinen übergeht. Bedingt durch die wechselnden Wasserstände ist dieser Strand überwiegend vegetationslos. Erst ab Hochsommer bilden sich Schlammboden-Pflanzengesellschaften heraus mit jährlich unterschiedlicher Artenzusammensetzung und Pflanzendichte. Es sind mit Hirschsprung, Schlammling, Igelsamige Schuppenmiere, Niedriges Fingerkraut, Großes Büchsenkraut, Langes Zypergras, Scheidenblütgras, Elbe-Spitzklette, Verwachsenblättriger Zweizahn, Strahlender Zweizahn, Sumpfampfer, Kleines Flohkraut, Zypergras-Segge, Wilder Reis, Wurzelnde Simse und Schmalblättriger Ampfer (DAHL & FLADE 1994) Pflanzenarten, die nur im Wechselwasserbereich der Flussufer gedeihen können. Einige dieser Arten sind jedoch sehr selten und werden in manchen Jahren überhaupt nicht oder nur vereinzelt nachgewiesen. Für einige stellt auch das Elbtal einen Verbreitungsschwerpunkt dar. In Abhängigkeit von der Hochwasserlinie schließt sich an diese Zone der Spülsaum an, der vom Wiesen-Alant, der Elbe-Spitzklette, dem Milden Knöterich, dem Schnittlauch, dem Einjährigen Beifuß und Bouchons Fuchsschwanz beherrscht wird. Besonders auffällig ist der Schnittlauch, der im Mai / Juni langgezogene, schmalflächige Teppiche aus rosa Blüten bildet, die in dieser Zeit das Bild des Elbeufers bestimmen und der sogar aus den Fugen der Steinpackungen der Buhnen hervorquillt und in dieser Wildform in Deutschland außer in den Alpen nur am Mittel- und Unterrhein und an der Elbe vorkommt (JAGE 1992). Auch andere der genannten Pflanzenarten besitzen ihren Verbreitungsschwerpunkt hier im mittleren Elbetal. Diese flussufertypische Vegetation ist aber dem unmittelbaren Einfluss der Wasserstandsschwankungen des Flusses ausgesetzt, sodass sie einer starken Dynamik unterliegt. Der schwankende Flusspegel und die wechselnden Strömungsverhältnisse führen zu ständigen Sedimentverlagerungen und zur unterschiedlichen Durchtränkung des Uferbodens mit dem Flusswasser. Da die Flussuferpflanzen überwiegend einjährige Pflanzen (Annuelle) sind, können sie reagieren und entsprechend der wechselnden Bedingungen wechselnde Standorte innerhalb des Höhenprofils des Flussufers besiedeln. Derartig räumliche Verschiebungen der einzelnen Pflanzengesellschaften sind für die naturnahen Uferbereiche der mittleren Elbe, als Fluss mit einer ausgeprägten Auendynamik, typisch (WARTHEMANN 2005).
Dieses farbenprächtige Bild des Elbeufers hat auch einen charakteristischen akustischen Akzent – das melodisch pfeifende »diü« des Flussregenpfeifers, der in Abhängigkeit vom Wasserstand auf den vegetationsfreien Sand- oder Kiesflächen sein Gelege in einer flachen Mulde bebrütet und bei Störungen durch menschliche Annäherung niedrig über der nahen Wasserfläche abfliegt und dabei seinen markanten Erregungsruf ertönen lässt. Ansonsten fliegt an manchen Stellen der Flussuferläufer als seltener Bewohner der Elbeufer grell rufend ab. Seit den achtziger Jahren versucht der ursprüngliche Küstenvogel Austernfischer auch entlang der Elbe im Binnenland zu brüten. Im Gebiet an der mittleren Elbe gab es 1983 und 1985 die ersten Brutversuche dieser Art (SCHULZ 1983; SEIFERT 1986). Aus den landwärts sich anschließenden, mit Weidenbüschen durchsetzten Rohrglanzgrasbeständen ertönt das Lied des recht häufigen Sumpfrohrsängers sowie der Gartengrasmücke. Auch die Nachtigall, der Feldschwirl und die Dorngrasmücke kommen hier recht regelmäßig vor.
Die unmittelbaren Uferbereiche an der mittleren Elbe, besonders die Zwischenbuhnenbereiche mit den Sand-, Kies- und Schlickbänken, weisen eine Besiedlung mit einer typischen Laufkäferfauna auf (OELERICH & TIETZE 2005). Die von den Wellen feucht gehaltenen, vegetationsfreien Ufersäume werden von sonnen- und feuchtigkeitsliebenden Arten bewohnt, wie die Ahlenläuferarten Bembidion quadrimaculatum, B. octomaculatum, B. articulatum, B. bruxellense, der Uferraschkäfer und der Zwergahlenläufer. Als stark gefährdete Arten sind Bembidion argenteolum, Bembidion velox und Amara praetermisa hervorzuheben, die an regelmäßig überflutete Sandufer gebunden sind und nur noch in geringen Beständen an den großen Flüssen vorkommen. Aber auch große Laufkäferarten sind zwar, da sie überwiegend nachtaktiv sind, nur selten zu sehen, lassen sich aber mit speziellen Bodenfallen nachweisen, wie der Gekörnte Laufkäfer und der Ufer-Laufkäfer.
Unternimmt man in den Abendstunden einen Gang entlang des Elbeufers kann es geschehen, dass urplötzlich ein lautes Klatschen ertönt und Wellenringe auf der Wasserfläche anzeigen, dass ein größeres Tier abgetaucht sein muss. Das war dann mit Sicherheit ein hier heimischer Biber in seiner nur an mitteleuropäischen Gewässern vorkommenden Unterart, dem Elbebiber. Dieses größte europäische Nagetier, das in den Kriegs- und Nachkriegsjahren fast ausgestorben wäre, hat sich dank strenger Schutzmaßnahmen in seinem Bestand wieder erholt und besiedelt nunmehr wieder auch den Strom, wo er in der Nähe von Weidenhegern, die seine Nahrungsgrundlage bilden, seine markanten Baue aus Zweigen und Schlamm direkt am Ufer (mit dem Eingang unter Wasser) anlegt. Allein in der näheren Umgebung von Wittenberg kann man an 5 bis 7 Stellen am Elbestrom, meistens an der stromabgewandten Seite der Buhnen, den Bau als großen Knüppelhaufen erkennen.
Aber auch in der kalten Jahreszeit, wenn mächtige Eisschollen auf der Elbe treiben, hat der Fluss seine faunistische Bedeutung, so für den Rastaufenthalt oder der Überwinterung einer individuenreichen Wasservogelwelt. Da die Elbe selten zufriert, durch das Vorkommen von Zooplankton und Fischen sehr nahrungsreich ist und durch seine große Ausdehnung stets störungsarme und windgeschützte Wasserflächen als Ruhezonen bietet, halten sich in den Wintermonaten hier größere Scharen an Enten und Gänsen, aber auch Tauchern, Reihern, Kormoranen, Sägern und Schwänen sowie Möwen auf. So wurden im Rahmen der europaweit durchgeführten »Internationalen Wasservogelzählung« von den Wittenberger und Jessener Ornithologen auf der Elbe zwischen Strom-km 185 (bei Pretzsch) und 229 (bei Griebo) im Winter 2004 / 2005 an zentral festgelegten Stichtagen folgende Anzahlen überwinternder bzw. rastender Wasservögel gezählt (SEIFERT & BEICHE 2005):
| Oktober | 2004 | 2.077 |
| November | 2004 | 5.643 |
| Dezember | 2004 | 5.727 |
| Januar | 2005 | 8.099 |
| Februar | 2005 | 7.107 |
| März | 2005 | 31.629 |
Vogelarten wie Hauben- und Zwergtaucher, Grau-, Bless- und Saatgans, Blessralle, Brandgans, Höcker-, Sing- und Zwergschwan, Stock-, Krick-, Schnatter-, Pfeif-, Spieß-, Tafel-, Reiher- und Schellente sowie Gänse- und Zwergsäger bilden diese Scharen.
Die Darlegung der Vielzahl der Tier- und Pflanzenarten, die den Elbestrom besiedeln, zeigt eindringlich die immense Bedeutung, die dieser Fluss für die Erhaltung einer stromtaltypischen Fauna und Flora in Mitteleuropa hat und dass diese trotz der bereits über einen langen Zeitraum gleichzeitig erfolgten Nutzung als Wasserstraße für die Binnenschifffahrt nichts davon eingebüßt hat. Abgesehen davon, dass vermutlich bereits die hier ansässigen Slawen im 6. Jahrhundert schiffsähnliche Gebilde zur Überwindung des Flusses oder zum Fischfang benutzten und später böhmische Flößer die Elbe befuhren, wurde etwa ab dem 16. / 17. Jahrhundert die Handelstätigkeit auf der Elbe aufgenommen (JÜNGEL 1988). Anfang des 19. Jahrhunderts kam das erste Dampfschiff auf der Elbe zum Einsatz. Seit der Wende zum 20. Jahrhundert verkehrten dann Fahrzeuge mit einer Tragfähigkeit von über 1.000 Tonnen als 80–90 m lange Kähne in langen Schleppzügen auf der Elbe (FAIST 1994). In heutiger Zeit sieht der auf der Elbebrücke oder am Elbeufer stehende Betrachter Schiffe von bis zu 110 m Länge und 11 m Breite oder Schubverbände von 170 m Länge, die für den Verkehr auf der mittleren Elbe zugelassen sind. Neben diesen Frachtschiffen befahren aber auch Fahrgastschiffe die Elbe, deren Einsatzumfang gegenwärtig dadurch wieder zunimmt, dass zunehmend große Schiffe, wie die »Katharina von Bora«, »August der Starke« oder »Gräfin Cosel« eingesetzt werden. Auch für Übergänge über die Elbe wird die Kraft des Flusses genutzt. Neben den drei großen Brücken Torgau, Wittenberg und Roßlau werden in Dommitzsch, Pretzsch, Elster, Coswig und Aken noch 5 Gierfähren betrieben, die ohne Motorkraft und Belastung der Umwelt, nur durch die Strömung der Elbe getrieben, die Überfahrt von Menschen und Fahrzeuge vollbringen. Die erste hölzerne Brücke wurde schon 1428 in Wittenberg gebaut, nach deren Zerfall Friedrich der Weise von 1487 bis 1490 eine neue aus Eichenholz erbauen ließ (V. JAKOBS 2002).
Die mehrfach geäußerte Sorge um eine mögliche negative Beeinträchtigung der aquatischen Lebensgemeinschaften durch eine Zunahme der Tragfähigkeit der Schiffe und einem dafür erforderlichen Ausbau der Elbe sollte jedoch niemals in Konfrontation zwischen den einzelnen Interessen ausarten, sondern zu einer sorgfältigen und umfänglichen Abwägung führen. Die Elbe ist eine Lebensader in der Landschaft, die neben ihrer ökologischen Bedeutung auch vielen Nutzungen dient, wovon eine die Schifffahrt ist. Daher sollten die Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schifffahrt so gestaltet werden, dass die natürlichen dynamischen Prozesse des Flusses Elbe mit seiner Aue erhalten und gesichert bleiben. Dafür besteht eine große Verantwortung, denn im Vergleich mit anderen großen deutschen Flüssen, wie Rhein, Donau, Weser und Oder, hat die Elbe die größten stromtypischen Lebensräume und die vielfältigsten Lebensgemeinschaften fast entlang der gesamten deutschen Fließstrecke. Sie weist auf langen Strecken keine befestigten Ufer auf und enthält auf deutschem Gebiet mit der Staustufe Geesthacht nur einen Stau, der zudem mit der Inbetriebnahme der neuen Fischaufstiegsanlage im Jahr 1998 (ARGE 1998) ökologisch durchgängig gestaltet wurde. Die Ufer und Auen der Elbe befinden sich nach DAHL & FLADE (1994) »in einem wesentlich besseren Zustand« als die der meisten großen Ströme Europas.

Bei niedrigem Wasserstand zieht sich, wie hier bei Apollensdorf, ein kilometerlanger Sandstrand entlang der Elbe.

Als Langstreckenwanderer, der zum Laichen in den Atlantik zieht, ist der Aal ein typischer Bewohner der Elbe.

Die aus Ostasien eingeschleppte Wollhandkrabbe hat den gesamten Flusslauf besiedelt.

Im Mai / Juni bilden die Blüten des Schnittlauchs am Elbufer einen schmalflächigen rosa-violetten Teppich.

Die Elbe-Spitzklette mit ihren stachligen Früchten ist in ihrer Verbreitung auf das Elbtal beschränkt.

In einer flachen Nestmulde auf dem blanken Kies des Elbufers liegt das Gelege aus 4 Eiern des Flussregenpfeifers.

Vor dem Hintergrund der weltberühmten Schlosskirche, an der MARTIN LUTHER seine 95 Thesen angeschlagen hat, befindet sich am Ufer der Elbe eine mächtige Knüppelburg des Bibers.

Längst verkehren keine Dampfschiffe, wie hier das Frachtschiff »Burg« im Jahr 1965, mehr auf der Elbe.

Neben den Frachtschiffen prägen heute zunehmend moderne Fahrgastschiffe wie hier die MS »Dresden« den Schiffsverkehr auf der Elbe.

Im Winter bestimmen in längeren Frostperioden große Eisschollen das Bild der Elbe.
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