CHRISTIAN FALK

BAYERN INSIDER

TRAINER • TROPHÄEN • INTRIGEN

CHRISTIAN FALK

BAYERN INSIDER

TRAINER • TROPHÄEN • INTRIGEN

Ein Reporter enthüllt die größten Geheimnisse des Rekordmeisters

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

1. Auflage 2022

© 2022 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Vermittelt durch die Günter Berg Literary Agency, Hamburg und Berlin

Redaktion: Dr. Ulrich Korn

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Umschlagabbildung: Imago Images: Avanti, Horstmüller, Laci Perenyi, Poolfoto UCL

Satz: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts.

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7423-1986-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1724-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1725-1

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INHALT

Vorwort: Boulevardreporter im digitalen Zeitalter

Prolog: Die Sehnsucht nach dem Henkelpott

Aufwärmen: Eine neue Bayern-Legende macht sich auf den Weg

1 Pep Guardiolas Abschied ohne Champions-League-Ära (Rückrunde 2015/16)

2 Der Anfang vom Ende mit Carlo Ancelotti (Saison 2016/17)

3 Neue Hoffnungen durch Jupp Heynckes (Saison 2017/18)

4 Keine echte Chance mit und für Niko Kovač (Saison 2018/19)

5 Triple innerhalb neun Monaten mit Hansi Flick (Saison 2019/20)

6 Nachspielzeit

Dank: You’ll never walk alone

Über den Autor

VORWORT: BOULEVARDREPORTER IM DIGITALEN ZEITALTER

Ich bin ein »Bayern Insider«. Mein Handy ist mein Schreibblock, mein Aufnahmegerät, meine Videokamera und mein News-Ticker zugleich. Die Zeiten im Sportjournalismus haben sich geändert, seit ich vor 20 Jahren das erste Mal als Jungreporter mit Stift und Ringblock am Trainingszaun des FC Bayern an der Säbener Straße stand. Sind die Zeiten durch das Internet schlechter geworden? Nein. Sind sie aufregender geworden? Definitiv!

Ein Reporter ist im Internetzeitalter nicht mehr der Gate-Keeper, der entscheiden kann, wann die Neuigkeit und welche Nachricht an die Öffentlichkeit gelangen. Dafür kann ich heute eine Breaking News selbst innerhalb von Sekunden um die Welt schicken und damit einen Sturm an Reaktionen hervorrufen. Der Journalist ist nicht mehr der alleinige Herr über die Berichterstattung. Er ist eine noch wichtigere Instanz geworden, um die vielen Meldungen einzuordnen. Ich tue das auf Twitter, Instagram, Facebook & Co (»True« or »Not true« – das ist hier die Frage). Wirkten die sozialen Kanäle bei ihrem Siegeszug durch die Medienlandschaft für die Journalisten zunächst wie gefährliche Gegner im Kampf um die Gunst der Leser, sind sie nun mein engster Verbündeter.

Die neuen Fußballhelden gewähren heutzutage selbst und freizügig den Einblick durchs Schlüsselloch ihrer Kabinen auf ihren Social Accounts. Für solch exklusive Inhalte hatten wir Journalisten einst hartnäckig recherchieren müssen. Jetzt gibt es die zuvor streng gehüteten Geheimnisse kostenlos und quasi in Echtzeit, mit der Einschränkung: Die Stars verraten nur das, was ihrem Image nützt. Die wirklich interessanten, pikanten und teils kompromittierenden Details geben sie ihren Followern nicht preis. Die Geschichten hinter den Bildern, mit denen sie die eigentliche Story nur andeuten, wollen wir Reporter weitererzählen.

Je mehr die Stars ihre Follower neugierig machen, desto mehr Leser führen sie am Ende auf unsere Seiten der Bild. So wächst auch meine Follower-Zahl mit denen der Stars stetig mit. Viele Fußballfans kennen mich nicht unbedingt als den Reporter Christian Falk, wenn sie mir auf den Münchner Straßen begegnen. Sie hören meinen Podcast »Bayern Insider« oder sehen die gleichnamige Sendung auf Bild TV. Sie folgen mir unter @cfbayern auf den vielseitigen Kanälen im World Wide Web. Schrieb ich vorher fast exklusiv für den deutschsprachigen Raum, habe ich nun Leser von England bis China. Meine Begegnungen mit den Stars halte ich in einem Blog fest, aus dem ich viele Anekdoten in diesem Buch aufgreife. TV, Podcast, Skype-Schalte oder Youtube-Sendung – die Plattform ist egal, die Möglichkeiten für guten Journalismus sind so groß wie nie. Das Wichtigste an meinem Job bleibt immer gleich: Es geht um die Story, die wir erzählen wollen. So wie um den Spaß, den es mir macht, sie zu recherchieren.

Ich bin Journalist. Ich bin Fußballreporter. Ich bin nun auch Podcaster, Moderator, Blogger und Influencer. Aus Leidenschaft berichte ich über den FC Bayern.

PROLOG: DIE SEHNSUCHT NACH DEM HENKELPOTT

Bevor ich Journalist wurde, war ich wie jeder angehende Fußballreporter ein leidenschaftlicher Fan. Der englische Erfolgsautor Nick Hornby hat in seinem wunderbaren Buch Fever Pitch über seine Fan-Obsession für den FC Arsenal eine Lebensbeichte abgelegt. Der Vollblut-Gunner erzählt darin, dass er nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet habe, Sportjournalist zu werden. Er schreibt: »Viel Geld dafür zu bekommen, über den Sport zu schreiben, den ich liebe, ist eine meiner dunkelsten Ängste und lässt mich schaudern.« Seine Angst begründet er damit, dass er als Reporter ein Spiel seines geliebten FC Arsenal verpassen könnte, weil er an jenem Tag eventuell in Anfield über Liverpool berichten müsse. Was für Hornby der FC Arsenal ist, war für mich seit Kindheitstagen der FC Bayern.

Bei allein fünf Münchner Meisterschaften in meinen ersten zehn Lebensjahren dürfte das als gebürtiger Bayer unausweichlich gewesen sein. Der Engländer Hornby und ich unterscheiden uns jedoch in einem entscheidenden Punkt: Während der Arsenal-Fan seine Erfüllung in Freud und noch mehr Leid auf der Tribüne von Highbury fand, dem alten Arsenal-Stadion, dem heute noch alle nachweinen, wollte ich meinen Helden viel, viel näher sein – nicht getrennt durch Sitzschalen oder Zäune im Olympiastadion. Ich wollte ihre Handlungen auf dem Rasen und abseits des Spielfelds von Angesicht zu Angesicht mit ihnen bereden und hinterfragen. Darum wurde ich Reporter.

Heute feiert der FC Bayern seine Erfolge in der Allianz Arena. Die Kinder, die ab dem Sommer 2020 eingeschult wurden, kennen nur den Deutschen Meister FC Bayern. Junge Bayern-Fans wissen so gut wie nichts über das Leid der Niederlage. Seit 2013 gewannen die Münchner die Schale achtmal in Folge. Das ist selbst für den erfolgsverwöhnten Rekordmeister ein Rekord. Diese goldene Ära starteten die Bayern 2013 mit dem Triple, dem Gewinn der Meisterschaft, des DFB-Pokals und der Champions League innerhalb einer Saison. Die junge Fan-Generation ist in einem Zeitalter der absoluten Bayern-Dominanz aufgewachsen.

Ich bin Ende der 70er-Jahre geboren. Meine Generation erlebte ebenfalls viele Bayern-Meisterschaften. Sie quälte aber auch eine Sehnsucht. Die Sehnsucht nach dem Henkelpott.

Die großen Erfolge in Europa hatte ich aufgrund meines Geburtsjahrgangs 1978 knapp verpasst. Wir alle kannten die Bilder, auf denen Kapitän Franz Beckenbauer 1974 erstmals den damaligen Europapokal der Landesmeister in den Himmel von Brüssel stemmte (nach einem 4:0 im Wiederholungsspiel gegen Atlético Madrid). Ein Jahr später wiederholte sich das Szenario in Paris (nach einem 2:0 über Leeds United). Beckenbauer, Müller & Co triumphierten 1976 ein drittes Mal in Folge im Glasgower Hampden Park (nach einem 1:0 über AS Saint-Étienne).

In den 80ern gewann ich als heranwachsender Fan nur die internationale Erfahrung, dass der FC Bayern ein europäisches Endspiel zwar erreichen, aber nicht gewinnen kann. Es war ein Münchner Jahrzehnt der Europapokal-Frustration mit den bitteren Höhepunkten der Bayern-Finalniederlagen 1982 in Rotterdam (0:1 gegen Aston Villa) und in 1987 in Wien (1:2 gegen den FC Porto).

Für mich ist es heute oft noch ein unwirkliches Gefühl, wenn ich den Helden meiner Kindheit aus »meinem« ersten Bayern-Kader inzwischen regelmäßig als Reporter begegne. Hans Dorfner, der sich bei meinem Stadiondebüt in der Saison 1989/90 gegen Köln (5:1) in die Trefferliste eintragen durfte, versichert mir stets, dass ich eines seiner besten Spiele live erlebt habe. Den damaligen Torschützenkönig Roland Wohlfahrt kann ich heute auf seiner Privatnummer anrufen, was als jugendlicher Fan noch unvorstellbar war. »Wiggerl« Kögl lernte ich als Berater von Thomas Müller kennen, Raimund Aumann ist Fan-Betreuer beim FC Bayern, Hans Pflügler arbeitete lange im Klub-Marketing. Mit Manni Schwabl spiele ich Schafkopfen, und für Klaus Augenthaler mache ich die Ausnahme, Weißbier zu trinken statt Helles.

Augenthaler stand als Kapitän dieser Generation zweimal im Finale des Europapokals der Landesmeister (1982 und 1987). Diese Spielerära, die meine Fan-Liebe zum FC Bayern entfachte, hat mir meinen großen Fußballtraum nicht erfüllt: In dieser Zeit gewannen die Bayern nie den Europapokal der Landesmeister, die heutige Champions League. Große Spieler gewinnen Meisterschaften, Legenden gewinnen den Europapokal.

In meinem Buch Inside FC Bayern nehme ich die Leser mit, wie ich als Jungreporter den Champions-League-Sieg der Generation Oliver Kahn und Stefan Effenberg 2001 in Mailand (5:4 im Elfmeterschießen gegen Valencia) erlebte. Vor allem aber beschreibe ich darin den Weg der Generation um Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, die ich als Journalist hautnah bis zum legendären Triple 2013 begleitete.

In Bayern Insider möchte ich von der aktuellen Bayern-Generation erzählen und ihrem Weg zu den historischen Titeln 2020 in Meisterschaft, DFBPokal und Champions League. Angeführt von den alten 2013er-Helden Thomas Müller und Manuel Neuer, angetrieben von titelhungrigen neuen Leader-Typen wie Joshua Kimmich und Robert Lewandowski. Dieses zweite Triple der Klubgeschichte ist geprägt durch eine der schwersten Krisenzeiten des Fußballgeschäfts, sportlich bei Bayern durch einen sanften Umbruch innerhalb der Mannschaft und durch härtere Brüche mit einigen Trainern.

Legenden schreiben Geschichte, wir Reporter an ihrer Seite schreiben sie auf.

AUFWÄRMEN: EINE NEUE BAYERN-LEGENDE MACHT SICH AUF DEN WEG

München, die Säbener Straße im Sommer 2009. Ich suche wieder einmal nach Müller. Die einzige Absperrung zum Trainingsgelände des FC Bayern bildet eine Schranke vor der Toreinfahrt; Autos hält sie auf, Fußgänger spazieren einfach daran vorbei. Im Durchgang liegt rechter Hand eine Tür, die zu den Spielerkabinen führt und nicht selten offen steht. Roque Santa Cruz hatte mich einmal nach dem Training durch den Seiteneingang geschleust, um ein Interview zu führen, während er sich umzog. Heute suche ich aber Müller.

Bevor unter Trainer Jürgen Klinsmann in der Sommerpause 2008 das Trainingsgelände umgebaut wurde, führte der Weg vorbei an der verglasten Front des »Insider«. Das Klub-Restaurant bot Besuchern selbst beim Abschlusstraining freien Blick auf den Hauptplatz. Inzwischen befindet sich hier die Mitarbeiterkantine. Wenige Meter weiter ist das Treppenhaus, das einst zur Kartenvorverkaufsstelle im ersten Stock führte, wo die Fans für Restkarten Schlange standen. Seit der FC Bayern in der Allianz Arena spielt, gibt es hier keine Schlangen und auch keine Heimspieltickets mehr. Das Stadion ist immer ausverkauft.

Die Büros von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge liegen eine Etage höher. Fans, welche die Bayern-Bosse an der Säbener Straße treffen wollen, brauchen keinen Termin oben in der »Chefetage«, nur ein bisschen Geduld. Sie warten einfach unten vor der Tür des Treppenhauses. Auf dem ersten Parkplatz steht das Auto von Rummenigge, daneben das von Hoeneß, der es bewusst immer um ein paar PS höher als die der Spieler tunen ließ. Hasan »Brazzo« Salihamidžić hatte zu Spielerzeiten seinen Manager einmal gefragt, als ich danebenstand, warum dieser so viele PS bei seinem eher gemütlichen Fahrstil brauchte. Hoeneß ließ Brazzo daraufhin wissen: Der Boss muss schließlich mehr Power als seine Stars unter der Haube haben!

Januar 2020: Sportdirektor Hasan Salihamidžić fährt ab sofort mit dem ehemaligen Dienstwagen von Uli Hoeneß, einem Audi RS6, zur Arbeit an der Säbener Straße vor. Selbst die Initialen auf dem Kennzeichen hat Brazzo übernommen: S für Susi und U für Uli Hoeneß. Bei der Szene denke ich mir: Anscheinend habe nicht nur ich mir die Anekdote mit dem gepimpten Bayern-Boss-Wagen gemerkt.

Zurück im Sommer 2009: Hier, bei den Autos der Bayern-Bosse, haben Fans wie Reporter gute Chancen, Müller abzupassen. Die Kabine der Amateure liegt im Erdgeschoss. An diesem Tag aber warte ich nicht. Ich biege rechts ab und gehe vorbei am Jugendhaus, in dem einst Talente wie Bastian Schweinsteiger wohnten. Und da steht Müller schon und beobachtet die Talente aus seiner Amateurmannschaft: Gerd Müller, der Bomber der Nation, Rekordtorschütze der Bundesliga mit fabelhaften 365 Toren in 427 Spielen. Der Welt- und Europameister, der mit 68 DFB-Treffern mehr Tore auf dem Konto hat als Länderspiele (62). Eine Legende zum Anfassen. Selbst beim Fragenstellen ist Müller meist schneller als sein Gegenüber. Seine erste Frage an mich lautet: »Und? Wann spielen wir jetzt mal Tennis?«

Gerd Müller hat dreimal den Europapokal der Landesmeister gewonnen. Auch heute noch ist er beim Freizeitkick so motiviert wie einst in einem WM-Endspiel. Das Gleiche gilt für Tennis. Der Mann will nie verlieren! Und ich befürchte: Ich habe nicht den Hauch einer Chance gegen ihn, obwohl ich 33 Jahre jünger bin.

»Gerd, lass uns lieber mal einen Espresso bei Fausto trinken«, entgegne ich. Ich hatte zu viel von Gerd Müllers Ehrgeiz gehört, als dass ich den Mut gehabt hätte, mich auf dieses Match einzulassen. »Fausto«, das ist Müllers Stammitaliener in der Schönstraße, bei dem Gerd keine fünf Fahrminuten entfernt von der Säbener Straße nach jedem Training auf dem Heimweg seinen Espresso und eine Coca-Cola an der Theke zu trinken pflegt. Nie mehr Alkohol, natürlich. Gerd Müller, dem seine einstige Alkoholsucht fast alles gekostet hatte, trank seit Jahren keinen Tropfen mehr. Auf Drängen von Uli Hoeneß hatte er 1991 eine Entziehungskur gemacht, bekam dafür im Anschluss den Job als Jugendtrainer beim FC Bayern. Müller steht für mich für alles, was den deutschen Rekordmeister beschreibt: Weltruhm gepaart mit Bodenständigkeit. Dazu die Bayern-Familie, die auf einen aufpasst, wenn es bei einem gerade mal nicht so läuft.

Müller taxiert mich durch seine Brille mit einem treuherzigen Blick, dann schmunzelt er und klopft mir aufmunternd auf die Schulter. »Aber Tennis spielen wir irgendwann auch noch!« Daraufhin beantwortet mir der WMTorschützenkönig von 1970 (mit zehn Toren) gleich vor Ort meine Fragen.

Gerd Müllers Einschätzungen waren mir immer besonders wichtig, wenn sich ein neues Jugendtalent auf den Weg macht, in seine Fußstapfen zu treten. Ich interviewte ihn zu dem Peruaner Paolo Guerrero, befragte ihn zu Sandro Wagner. Gerd förderte zusammen mit seinem Chef Hermann Gerland alle Talente, doch auf die Stürmer hatte er natürlich ein besonderes Auge. Wenn sie trafen, steckte er ihnen stets eine Tafel Schokolade zu. Diesmal wollte ich Gerds Meinung zu einem potenziellen Nachfolger hören, der seinem Namen alle Ehre machen könnte: Müller, Thomas Müller.

»Freilich bekommt der Thomas immer von mir seine Schokolade«, bestätigt mir Gerd. Der größte Stürmer aller Zeiten hatte meist nur freundliche Worte für die jüngere Torjägergeneration, die er fördern und nicht demotivieren wollte. Mir fällt sofort auf: Bei Thomas Müller ist er an diesem Tag besonders enthusiastisch. Er selbst sei ja der »König des Strafraums« gewesen, wählt Gerd für sich selbst ungewohnt große Worte, nur um daraufhin den neuen Müller noch größer zu zeichnen. Thomas sei doppelt so gefährlich wie er, weil der junge Müller lange Wege vor seinem Abschluss mache. Er komme mit seinem Antritt von hinten, bei dem die Gegner nicht mithalten könnten. Thomas würde ein Großer werden, daran gäbe es für Gerd keinen Zweifel.

Wenn der beste Stürmer aller Zeiten so sehr von einem jungen Angreifer schwärmt, macht es mich umso neugieriger. Leider kenne ich Thomas Müller zu diesem Zeitpunkt noch nicht persönlich.

August 2013: »Na? Wann spielen wir Tennis?«, fragt mich Gerd. Ich bin erleichtert, weil ich dadurch weiß: Er erkennt mich. Das ist in diesen Tagen alles andere als selbstverständlich. Wir ehren Gerd Müller an diesem Montag in Hamburg mit dem Sport-Bild-Award für sein Lebenswerk. Der FC Bayern hat seine Legende mit einer eigenen Maschine einfliegen lassen, Karl-Heinz Rummenigge begleitet ihn. Was die Gäste im Saal nicht wissen, ich aber schon: Müller ist seit Längerem an Alzheimer erkrankt, die Demenz weit fortgeschritten. Es gibt daher eine klare Abmachung für die Verleihung. Müller soll nicht auf der Bühne sprechen, das wird sein Laudator übernehmen. Die Rede auf Müller hält: Franz Beckenbauer.

Für Eingeweihte ist es beeindruckend zu sehen, wie der Kaiser diese Herausforderung meistert. Denn Müller selbst weiß nicht, dass er besser nicht sprechen soll. Seine Erkrankung ist ihm nicht bewusst und für die Öffentlichkeit geheim. Immer wenn der Bomber der Nation auf der Bühne Anstalten macht, etwas sagen zu wollen, erzählt Beckenbauer stattdessen eine neue Anekdote, die den Saal zum Lachen bringt. Das hört sich dann so an:

Der Kaiser dreht sich mit dem Mikro ein wenig weg vom Bomber und wechselt ins Jahr 1964. »Die Jungen kamen. Ein Gerd Müller!«, legt Beckenbauer los. Müller neben ihm beginnt zu strahlen. Daraufhin fragt Beckenbauer das Publikum: »Kennt ihr den SprongeBob? Dieses Quadrat?« Mein Chefredakteur Matthias Brügelmann, der die Moderation leitet, korrigiert den Kaiser beim Namen der Comic-Figur: »SpongeBob.« Beckenbauer nickt dankend: »Schwamm! So hat er ausgeschaut.« Er, das ist in dem Fall Gerd Müller. Beckenbauer beschreibt seine ersten Eindrücke vom zukünftigen Bomber der Nation. »Das kann doch kein Torjäger sein!«, habe er gedacht. »Das ist doch unmöglich!« Aber, fährt der Kaiser fort: »Er war’s.« Der quadratische Müller sei so gut im Training gewesen, dass selbst seine Mitspieler bei den Versuchen, ihn zu stoppen, verzweifelten. So habe der knallharte Vorstopper Georg »Katsche« Schwarzenbeck fluchend gedroht: »Heute hauen wir ihn um! Und wenn er am Samstag nicht spielen kann, das ist uns wurscht! Wir lassen uns nicht mehr verarschen!« Das Ergebnis dieses Vorsatzes schildert Beckenbauer ebenfalls in seiner Laudatio: Er, der Fußballkaiser, habe ausgespielt links am Boden gelegen. Schwarzenbeck, der für seine gnadenlosen Grätschen in ganz Europa gefürchtet war, kauerte hilflos rechts neben ihm. Und Müller? Der schoss ungestört ohne die von ihm abgeschüttelten Verteidiger vorne sein Tor.

Nur einmal kommt Müller bei Beckenbauers Ausführungen kurz zu Wort, als er die Parole »Taxi Maier« wiederholt. Mit diesen Worten hatte Gerd immer beim Franz an dessen Haustür in Grünwald geklingelt, um ihn auf seinem Weg aus Straßlach vor den Spielen abzuholen. Beckenbauer räumt ein, dass er nicht der Pünktlichste gewesen sei. Der bescheidene Müller, der sich nie über die Gruppe stellen wollte, pochte aber auf die Einhaltung der Zeit. »Wann kommst du denn endlich? Wir kommen zu spät!«, habe Müller ihn stets gedrängt, so Beckenbaubauer. Müller habe gefürchtet: »Die anderen fahren davon!« Daraufhin habe der Franz seinen Freund mit den Worten beruhigt: »Gerd, es wird alles passieren. Aber dass die ohne uns zwei losfahren, das passiert nie.« Ergänzend fügt Beckenbauer dem Publikum zugewandt an: »Und ist auch nie passiert!!« Im Saal krümmen sich die Gäste vor Lachen, bevor sie sich anschließend für Standing Ovations zu Ehren von Gerd Müller erheben.

In diesem Gänsehautmoment beobachte ich nur Gerd: Der beste Stürmer aller Zeiten blickt gerührt in den Saal, als alle applaudieren. Dass Müller selbst keine Rede gehalten hat, war niemandem aufgefallen. Die Ehrung sollte der letzte öffentliche Auftritt Gerd Müllers gewesen sein. Die Angreiferlegende lebt bereits im Pflegeheim, als der FC Bayern zwei Jahre später seine Erkrankung öffentlich machen wird. Tennis haben wir natürlich auch nicht mehr gegeneinander gespielt. Heute bereue ich es. Am Sonntagmorgen, dem 15. August, stirbt Gerd Müller nach langer Krankheit im Alter von 75 Jahren.

November 2009, wenige Monate nach meinem Gespräch mit Gerd über Thomas Müller: Mein Interviewpartner und ich sitzen uns erstmals gegenüber. Ich erzähle Thomas Müller eine Geschichte, und die geht so: Anfang Juli des vergangenen Sommers läutete bei Bayern-Manager Uli Hoeneß das Telefon. Am Apparat war Rudi Völler, Manager von Bayer Leverkusen. Völlers Trainer Jupp Heynckes hatte die Saison zuvor noch für die letzten fünf Ligaspiele den FC Bayern trainiert. Dabei waren ihm zwei Talente aufgefallen, die ihm sein Leverkusener Sportdirektor nun besorgen sollte: Thomas Müller und Holger Badstuber. Hoeneß bedankte sich für das Interesse – und lehnte entschieden ab.

Es ist Thomas Müller selbst, dem ich diese Anekdote erzähle. Tatsächlich ist sie ihm nicht neu. »Unser Co-Trainer Hermann Gerland hat mich darüber informiert«, bestätigt mir Müller die damalige Leverkusener Anfrage. Dem jungen Müller wurde die Entscheidung über einen möglichen Wechsel nicht nur abgenommen, er war erst gar nicht gefragt worden. Zu jenem Zeitpunkt schwitzte Müller bereits in der Vorbereitung unter Louis van Gaal, der junge Spieler wie Müller, Badstuber und David Alaba förderte. Schmunzelnd fügt Thomas an, während er mich anstrahlt: »So, wie es gelaufen ist, kann ich mich nicht beschweren.« Das kann man wohl so sagen.

Müller fläzt sich entspannt in einem beigefarbenen Plüschsessel, er trägt einen dunkelblauen Trainingsanzug, wohlgemerkt: keinen Bayern-roten. Der Termin findet auch nicht in München beim FC Bayern statt. Wir treffen uns zu unserem Debütinterview rund 700 Kilometer entfernt von der Säbener Straße. Wir sitzen im Hotel der U21-Nationalmannschaft in Rimini, die sich auf das Spiel gegen San Marino vorbereitet. Für ein Interview mit einem U21-Spieler war ich noch nie so weit gereist. Aber ich hatte das Gefühl: Dieser Müller ist es wert.

Das Talent Müller hatte in dieser Saison bisher alle elf Ligaspiele bestritten, vier Tore vorbereitet, drei Treffer selbst erzielt, und zwar dank seines Trainers Louis van Gaal, der zum Gesetz gemacht hatte: »Müller spielt immer!« Der kometenhafte Aufstieg Müllers beim FC Bayern vollzog sich so schnell, dass sich die Interviewanfragen bei ihm immer mehr häuften. Die Medienabteilung des Klubs sah sich gezwungen, den Shootingstar vor der Presse abzuschirmen, um den Jungen vor dem Rummel zu schützen. Silenzio stampa lautete die Maßnahme, die der ehemalige Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge mit Vorliebe aus dem Italienischen zitierte. Für uns Bayern-Reporter hieß das übersetzt: Interviewverbot mit dem Jungstar!

Die Interviewzugänge sind stetig weniger geworden, seit ich 1999 zum ersten Mal als junger Reporter dem Bayern-Training zuschaute. Damals konnte ich die Stars noch auf dem Weg zu ihren Autos abgreifen, heute steigen sie in einer Tiefgarage unter dem Kabinentrakt in ihre Dienstfahrzeuge. In meinen rund 20 Jahren als Boulevardjournalist habe ich gelernt, dass man für die direkten Zugänge oft Umwege machen muss. So, wie es sich für mich stets gelohnt hat, die Stars von morgen nicht selten schon gestern kennengelernt zu haben. Da ich Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm bereits kannte, bevor sie ihren Durchbruch als Nationalspieler schafften, und sie mir bereits zuvor interessant erschienen waren, hatte ich immer einen emotionalen Vorsprung bei den späteren Weltmeistern. Bei Thomas Müller kam es ähnlich.

Weil ich in München keine Chance hatte, das Talent Müller beim FC Bayern kennenzulernen, fliege ich stattdessen zu einem Spiel der U21-Nationalmannschaft. Der Trick dabei: Der DFB hat anders als der FCB kein Interviewverbot für Müller ausgesprochen, und das Thema meines Interviews mit Müller ist: sein Durchbruch beim FC Bayern. Müller bemerkt den Schachzug sofort. »Bei Bayern wissen sie nichts davon, dass du hier bist, oder?«, fragt er mich. Mit einem gequälten Lächeln zucke ich entschuldigend mit den Schultern. Würde Müller nun kalte Füße bekommen? Aus Angst, seinen Arbeitgeber zu verärgern? Thomas blickt mich und meinen Fotografen an, dann grinst er: »Ihr seid mir vielleicht zwei Schlawiner!« Dann bedeutet er mir, dass wir mit dem Interview beginnen können.

Der junge Mann hat Selbstbewusstsein und trifft seine eigenen Entscheidungen, das imponiert mir. Die U21-Nationalmannschaft logiert in Rimini für ein Länderspiel gegen das nahe gelegene San Marino. Mein Gefühl täuscht mich nicht, dass Müller sich durch den Antrittsbesuch des Chefreporters der Sport Bild geschmeichelt fühlen würde. »Wahnsinn, dass du für das Interview extra aus München angereist bist«, sagt Thomas offen heraus, so wie es seine Art ist. Ich räume ein, dass ich ansonsten bei der A-Nationalmannschaft in Gelsenkirchen wäre, die dort gegen die Elfenbeinküste antritt. Auch Müller hätte eigentlich dabei sein sollen. Ich wusste: Bundestrainer Jogi Löw hatte den jungen Bayern ursprünglich für seinen Kader vorgesehen. Angesichts der tragischen Ereignisse um Nationaltorhüter Robert Enke, der Suizid begangen hatte, verzichtete Löw aber auf ein Debüt von Müller. Die Berichterstattung über die Nationalmannschaft war aufgrund des tragischen Tods von Enke derart überschattet, dass ein Debüt eines neuen Hoffnungsträgers nicht gepasst und der Bundestrainer auch Thomas Müller damit keinen Gefallen getan hätte. Klar war auch: Bei der A-Nationalmannschaft hätte die Presseabteilung das Talent – wie schon zuvor der FC Bayern – ebenfalls für Interviewtermine gesperrt. Nicht aber bei der U21, denn hier ist Müller mit seinen Profispielen einer der Routiniers.

Welche Story aber schreibe ich jetzt über den Jungspund, der doch ein arger Schlacks ist? Es herrscht eine so lockere Atmosphäre, dass ich geradeheraus frage: »Sag mal, Thomas. Bist du nicht ein echter Spargeltarzan für einen Bundesligaprofi?« Müller könnte jetzt irritiert, wenn nicht gar beleidigt sein über eine solch unverblümte Behauptung eines ihm noch fremden Journalisten. Er stutzt kurz, fängt dann lauthals an zu lachen, und weshalb, darüber klärt er mich gerne auf: »Genau das sagt Gerd Müller auch immer über mich!« Der Bomber der Nation war tatsächlich wesentlich stämmiger als Thomas. Nicht umsonst nannte einst Trainer Zlatko »Tschik« Čajkovski den Gerd liebevoll »kleines dickes Müller«. Bei einer Körpergröße von 1,86 Metern schwankt Thomas’ Gewicht dagegen zwischen 73,5 und 75 Kilo. »Gerd meinte, ich bräuchte noch mehr Kampfgewicht!« Müller junior liefert mir dank Müller senior damit den Stoff für meine erste kleine Story über ihn. Es ist der Auftakt einer langjährigen und niemals langweiligen Spieler-Reporter-Beziehung.

1 PEP GUARDIOLAS ABSCHIED OHNE CHAMPIONS-LEAGUE-ÄRA (RÜCKRUNDE 2015/16)

Pep Guardiola ist im Juni 2013 beim FC Bayern angetreten, um zu beweisen, dass er auch mit einem anderen Klub als dem FC Barcelona die Champions League gewinnen kann, insbesondere: ohne Superstar Lionel Messi. Beim deutschen Rekordmeister sah Guardiola das Spielerpotenzial für seine Ziele rund um Kapitän Philipp Lahm und dem weltbesten Torhüter Manuel Neuer. Darum steckte er noch zu Zeiten als Barca-Trainer bei einem Turnier in München dem damaligen Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in einer Loge der Allianz Arena einen Zettel mit seiner Handynummer zu. Aus selbigem Grund unterschrieb der Katalane in seinem Sabbatjahr den Bayern-Vertrag, den ihm Präsident Uli Hoeneß in seiner New Yorker Wohnung am Central Park vorlegte.

Später erfahre ich: Damals ließ sich Guardiola eine Klausel zusichern, die seine Ziele in München untermauerten: eine Millionenprämie, sollte er mit dem FC Bayern die Champions League gewinnen. Die Höhe des Betrags hat mir nie jemand beim FC Bayern offiziell bestätigt. Gerüchten zufolge soll die Summe in der Klausel drei Millionen Euro betragen haben. Letztlich ist die Höhe der Summe in der Titel-Klausel auch egal, denn sie würde nie an Guardiola ausgezahlt werden.

April 2016: Es ist das dritte und letzte Vertragsjahr Pep Guardiolas beim FC Bayern. Der Halbfinaltrip nach Madrid wird für Uli Hoeneß erst seine zweite Bayern-Reise (nach der Partie bei Benfica Lissabon) seit seiner Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung. Beim Abflug schütteln wir uns die Hände. »Lange nicht gesehen«, begrüßt mich Hoeneß mit einem Lächeln und ich gebe zu, dass ich mich wirklich freue, ihn wieder als Mitglied im Tross des FC Bayern zu sehen. Als wir das letzte Mal gemeinsam am Münchner Flughafen vor einem Auswärtsspiel zum Gate gingen, war das Urteil über Hoeneß noch nicht gefällt. Ich erinnere mich daran, dass Hoeneß darüber sprach, wie schwierig es für ihn sei, sein Schicksal nicht mehr in der Hand zu haben. Wie ohnmächtig und hilflos es ihn machte, darauf warten zu müssen, dass ein anderer über seine Zukunft entscheidet. In Hoeneß’ Fall war das ein Richter. Die Fremdbestimmung muss für den Bayern-Macher, der sein ganzes Leben lang wie kaum ein anderer über seinen Weg bestimmen konnte, eine der schlimmsten Erfahrungen gewesen sein. Damals verabschiedeten wir uns auf der Gangway mit dem Versprechen, dass wir am Jahresende unbedingt unser traditionelles Essen abhalten müssten, falls die Geschichte für Hoeneß gut ausgehen sollte. Es kam bekanntlich anders. Die Verabredung fiel zwei Jahre in Folge aus. Für unser traditionelles Jahresabschlussessen 2016 hingegen schaut es zum Zeitpunkt unseres erneuten gemeinsamen Champions-League-Fluges mit der Mannschaftsmaschine des FC Bayern gut aus.

Dienstag, Madrid, der Tag vor dem Match. Hasan Salihamidžić und ich stehen neben dem Spielfeld, während vor uns Trainer Pep Guardiola den Rasen des Estadio Vicente Calderón vor dem Abschlusstraining inspiziert. Hasan ist quasi als mein Kollege zum Champions-League-Halbfinale gegen Atlético Madrid mitgereist. Für den klubeigenen Sender »FC Bayern TV« moderiert Brazzo Beiträge. Hasan und ich kennen uns bereits seit der Jahrtausendwende, als wir beide unsere Laufbahnen an der Säbener Straße begannen: er als kommender Bayern-Star, ich als Bayern-Reporter. Aus Freude über unser jetziges Wiedersehen haben wir bereits viele Anekdoten aus den Zeiten des Champions-League-Siegs 2001 um Elfmeterkiller Oliver Kahn ausgetauscht. Brazzo erzählt, zwei Wochen lang habe die Mannschaft danach gefeiert. Wie alle Finalhelden sei er die 14 Tage fast durchgängig betrunken gewesen. Nach dem Endspiel in Mailand (5:4 gegen den FC Valencia), bei dem ich auch im Stadion saß, ging es für die Hitzfeld-Truppe in die USA. Erst per Dienstreise nach New York, wo die Mannschaft ein Freundschaftsspiel absolvieren musste. Statt mit dem Team danach wieder zurück in die Heimat zu fliegen, verlängerte Brazzo den US-Trip zusammen mit Thorsten Fink und Michael Wiesinger sowie den Physiotherapeuten Gerry Hoffmann und Fredi Binder. Mitorganisator Jens Jeremies musste leider absagen; wegen seiner Knieoperation hatte er schon das Finale verpasst.

Das Treiben in Las Vegas schildert mir Brazzo so: Die Reisegruppe um Salihamidžić zockte tagsüber nicht in den Casinos, sondern lieber Schafkopf am Hotelpool, abends gingen sie in die Shows. Es ist ein typisches Phänomen, dass ich bei Spielern schon öfter beobachtet habe: Was früher ihre intimsten Geheimnisse waren, erzählen sie mir nach ihrer Karriere als alten Wegbegleiter völlig offen. Oft denke ich mir: Wenn ich das damals alles schon gewusst hätte … Wahrscheinlich ist es aber für beide Seiten besser so.

Im Moment aber schweigen Hasan und ich, beobachten stattdessen Pep Guardiola. Brazzo scheint sich beim Anblick des Trainers am Mittelkreis bewusst zu sein – wie ich übrigens auch –, dass es für Guardiola eine ganz besondere Spielvorbereitung ist.

Pep Guardiola gewann als Trainer mit dem FC Barcelona 2009 und 2011 die Champions League. Es ist das dritte Jahr seiner Münchner Amtszeit. Der Spanier hat zu dem Zeitpunkt längst seine Zukunft bei Manchester City ab dem Sommer klargemacht. Das Projekt der Guardiola-Bayern ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollendet. Meister wurde der Spanier bereits in den beiden Spielzeiten zuvor mit den Münchnern und wird es auch diese Saison werden. Das hätten mit dem Triple-Kader, den er von Jupp Heynckes übernommen hatte, wohl auch andere Trainer geschafft. Guardiola ist genervt, weil die Bayern-Fans von ihm ebenfalls den Champions-League-Sieg erwarten. Und weil wir deutsche Journalisten ihn immer wieder danach fragen. Guardiola fühlt es nicht nur, es ist für alle eine Tatsache: Seine Trainerleistung beim FCB wird einzig und allein an einer Frage gemessen: Kann er auch mit dem FC Bayern die Champions League gewinnen? Wenn er ehrlich zu sich selbst wäre, müsste er sich eingestehen: Er selbst erwartet den Sieg in der Königsklasse von sich auch.

Der Champions-League-Triumph mit seinem zweiten Klub als Trainer wäre für Guardiola die Bestätigung, dass er unabhängig ist vom FC Barcelona. Zumal sein Nachfolger Luis Enrique mit Barca im vergangenen Sommer 2015 ebenfalls das Triple gewinnen konnte. Noch wichtiger für Guardiola: Er will unabhängig von Lionel Messi die Königsklasse gewinnen, mit dessen Namen die beiden Pep-Triumphe in der Königklasse 2009 und 2011 unweigerlich verknüpft sind. Stets schwebt der Schatten über Guardiola, mit Messi könnten auch andere Trainer die Champions League gewinnen, Guardiola aber nicht ohne Messi. Besonders bitter für Pep: Auch das direkte Duell gegen Messi hat der Spanier verloren, als er mit Bayern 2015 im Halbfinale an Barcelona scheiterte (0:3, 3:2). Beim vorentscheidenden Hinspiel hatte der argentinische Weltfußballer zweimal getroffen. Es war das zweite Scheitern Guardiolas im Halbfinale gegen ein Team aus seiner Heimat, nachdem er bereits 2014 gegen Real Madrid chancenlos gewesen war (0:1, 0:4).

Für Pep heißt es 2016: Gewinnt er in seinem dritten Amtsjahr zum Abschluss die Champions League, schreibt der Katalane sein Münchner Märchen zu Ende. Ein Ausscheiden allerdings wäre für ihn ein Albtraum und würde seiner bisher national so erfolgreichen Ära nachhaltigen Schaden zufügen.

Brazzo und ich sitzen auf Atléticos Reservebank und verfolgen das Abschlusstraining. Nach 15 Minuten ist es allerdings mit den Einblicken für uns Journalisten vorbei. Ab dem Zeitpunkt müssen die TV-Kameras abgeschaltet werden, die Fotografen das Fotografieren einstellen und die Reporter packen ihre Blöcke weg. Ab jetzt findet die letzte Einheit vor dem Match unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Trainer wollen mit ihrem Team an den letzten geheimen Details feilen. Natürlich werden wir Reporter versuchen, die Aufstellung des Trainingsmatches herauszubekommen, die auch die Startelf für den kommenden Spieltag sein könnte. Sehen können wir sie nicht, daher müssen wir uns auf unsere Informanten in der Mannschaft verlassen. Das Stadion müssen wir nun verlassen.

Im Pressebus setzen Hasan und ich uns in die begehrte letzte Reihe, wie es die Lausbuben gerne auf Klassenfahrt machen, um bei ihrem Treiben ungestört zu sein. Als Brazzo sieht, dass ich gerade einen Tweet absetze, schnappt er sich mein Handy. »Twitter ist doch längst out«, belehrt er mich. »Ich bin schon längst auf Snapchat unterwegs, das ist die Zukunft!« Bevor ich mich versehe, hat mir Brazzo schon die App heruntergeladen und stellt sie mir ein. Daraufhin knipsen wir ein gemeinsames Selfie. Dank des Champions-League-Siegers Hasan Salihamidžić gebe ich mein Debüt auf Snapchat.

Abends sind wir Journalisten ins »Asador Casa Juan« eingeladen, ein Steakhaus mit spanischer Tapas-Karte. Es ist Tradition, dass der FC Bayern die Reporter, die den Rekordmeister in der Champions League regelmäßig bis in die letzten Winkel Europas begleiten, am »Pre-match Day«, wie die UEFA den Tag vor dem Spiel nennt, zum Essen bewirtet. Überall an der Wand des Restaurant-Eingangsbereichs hängen Bilder von Prominenten, die sich mit dem Lokalchef beim Besuch ablichten ließen.

Ich entdecke ein Foto von Toni Kroos. Der Weltmeister wechselte 2014 vom FC Bayern zu Real Madrid. Ich mache ein Selfie mit dem gerahmten Foto und schicke es Toni, der mit den Königlichen in wenigen Minuten im anderen Halbfinale bei Manchester City antritt. Das Spiel läuft während des Essens nebenbei auf einem Fernseher, der extra für uns im Restaurant aufgebaut wurde. Ich sitze noch nach Mitternacht bei einem Brandy »Cardenal Mendoza«, als Tonis Antwort kommt. Sie besteht nur aus einem Zwinker-Smiley. Kroos hat allen Grund zu guter Laune. Mit einem 0:0 legte Real den Grundstein für den Finaleinzug (das Rückspiel wird Madrid mit 1:0 gewinnen).

27.4.2016

Champions League, Halbfinale, Hinspiel: Atlético Madrid vs. FC Bayern 1:0 (Tor: Saúl)

Mittwoch, Estadio Vicente Calderón: Als ich den Spielberichtsbogen in Händen halte, kreise ich als Erstes einen Namen ein: Thomas Müller. Pep Guardiola hat den Münchner an Nummer sechs der Reservistenliste und damit auf die Bank gesetzt. Zwei Plätze auf der Liste nach Franck Ribéry, einen nach Mario Götze. Mein erster Gedanke dazu: Geht das schief, wird Guardiola heftig Gegenwind bekommen. Allen voran von mir.

Zwei Stunden später ist klar: Es ging schief. Erneut scheitert Guardiola bei dem Versuch, einen Trainersieg mit einer unerwarteten Aufstellung im Halbfinale zu landen. Die spielentscheidende Szene: Saúl Ñíguez startet in der 11. Minute sein Dribbling, das Guardiola diese Nacht noch in seinen Träumen verfolgen dürfte. Bayerns Thiago lässt den Atlético-Profi laufen, statt einzuschreiten. Danach umkurvt Saúl anscheinend mühelos Xabi Alonso, Juan Bernat sowie David Alaba, bevor er gegen den machtlosen Manuel Neuer links unten abschließt. Ich bin von dem Solo so fasziniert, dass ich angelehnt an die Netflix-Serie twittere: »Better call Saúl«. Die Kollegen von der Süddeutschen Zeitung müssen wohl einen ähnlichen Gedanken haben, den sie noch etwas süffisanter formulieren. In ihrer Einzelkritik schreiben sie über Thiago: »Better foul Saúl«. Mit diesem Wortspiel gelingt ihnen die Überschrift des Tages.

Müllers Bankplatz ist wie erwartet das Thema bei der Pressekonferenz (PK) nach dem Spiel. Thomas befeuert die Diskussion, indem er nach Abpfiff feststellte, dass er über seine Reservistenrolle vom Trainer nicht eingeweiht worden war. Überraschend konnte die Maßnahme dennoch nicht für ihn gekommen sein. In keinem der bisher fünf Halbfinalspiele unter Guardiola hatte Müller volle 90 Minuten absolviert. Wie hoch der Stellenwert Müllers beim FC Bayern ist, bekommt Pep bei der PK bei dem Versprecher in einer Journalistenfrage zu hören. Der Kollege fragt, warum der Trainer Lionel Messi auf die Bank gesetzt habe. Guardiola schaut verdutzt, bis der Reporter seinen Fauxpas korrigiert. Der Journalist meine natürlich Müller.

Ganz falsch war das nicht. Für den FC Bayern ist Müller das, was Messi für den FC Barcelona ist, mit dem Unterschied: Ein Messi würde wohl bei jedem Klub Weltklasse sein. Was Müller betrifft, war ich überzeugt: Eine derart dominante Rolle wie bei Bayern könne Thomas nur in München spielen. Dieser Klub war wie für ihn gemacht – und umgekehrt. Guardiola versucht seine Maßnahme daraufhin auf der Pressekonferenz taktisch zu erklären: »Ich wollte einen Linksfuß auf links und einen Rechtsfuß auf rechts haben. Und ich wollte einen Mittelfeldspieler mehr haben.« Für Pep schloss das Müller aus, auch wenn sich dieser im Mittelfeld am wohlsten fühlt.

Das Thema Müller verfolgt Guardiola seit seinem Amtsantritt. Irgendwie wollen der Welttrainer und der Münchner Publikumsliebling nicht zusammenpassen. Umso mehr nerven Pep die ständigen Fragen zu Müller. Zwei Tage nach der Rückkehr in München bekommt Guardiola sie erneut von uns Journalisten zu hören. Wenn Pep lügt, dann lobt er gern. Wer daran zweifelt, kann gerne bei Triple-Abwehrchef Dante nachfragen. Allzu oft hat Guardiola den Brasilianer mit seinen Super-Super-Superlativen gelobt und beteuert, er hätte »am liebsten 1000 Dantes im Team«. Dennoch setzt er Dante in seiner Amtszeit erst auf die Bank, dann schiebt er ihn im Sommer 2015 bei erster Gelegenheit zum VfL Wolfsburg ab.

Jetzt greift Guardiola auf seine Superlative zurück, die ihm kein Journalist im Presseraum mehr abnimmt, um von seiner Müller-Zwickmühle abzulenken. »Ich liebe zu spielen mit Thomas Müller«, fühlt sich Guardiola genötigt, eine Liebesbekundung an den Bayern auszusprechen. »Er hat einen Riecher, er hat eine Nase!«, sagt Pep, um sich an selbige zu fassen. Tatsächlich zeigt seine anschließende Rechtfertigung, wie die Nerven bei ihm in Sachen Müller-Fragen blank liegen. »Es ist die gleiche Idee mit Lewandowski in Lissabon«, führt Guardiola das Rückspiel im Viertelfinale als Beleg an. Guardiola hatte sich bei Benfica tatsächlich getraut, Bayerns Stürmer Nummer eins, Robert Lewandowski, auf die Bank zu setzen. Wer Lewandowski kennt, kann sich denken, wie es in ihm gebrodelt haben musste. Ich muss es mir nicht denken, ich weiß es. Guardiola aber argumentiert ungerührt weiter: »Was ist der Grund, warum war Lewandowski in Lissabon kein Thema?« Dann unterrichtet Pep die Reporterschar und auch mich: »Weil, wir haben gewonnen, my friends! Haben gewonnen. Darum kein Thema Lewandowski. Aber warum Thema Thomas Müller? Weil wir haben verloren.« Daraufhin folgt leichtes Gelächter im Saal, denn: Bayern hatte in Lissabon gar nicht gewonnen, sondern lediglich 2:2 gespielt. Das zweite Tor erzielte übrigens: Thomas Müller.

September 2020: Ich sitze mit Felix Magath im Harlachinger Café »Amandînes et Chocolats«, in dem auch viele Bayern-Stars nach ihrem Training gerne verkehren. Magath war mein zweiter Bayern-Trainer, den ich als Jungreporter journalistisch begleiten durfte. Magath war es auch, der als Coach Philipp Lahm beim VfB Stuttgart entschieden gefördert hatte, als die Bayern ihren zukünftigen Weltstar zur Ausbildung an die Schwaben ausliehen. Ich spreche mit Magath über eine These, die Lahm mir gegenüber kürzlich aufgestellt hatte. Sie lautet: Die Zeiten des Tiki-Taka-Fußballs seien vorbei!

Dass die These ausgerechnet von Philipp ausgesprochen worden war, der als Musterschüler von Guardiola gilt, überraschte mich. Denn Guardiola schwor auch bei Manchester City weiterhin auf seine Philosophie. Vielleicht würde es Pep nun bereuen, dass er Lahm als den intelligentesten Spieler bezeichnet hatte, den er je trainierte. Nicht nur ich fand Philipps Aussage schlau und schlüssig. »Da gebe ich Philipp absolut recht«, antwortet mir Magath und geht sogar noch weiter: »Für den Zuschauer ist das Ballhalten, wie ich es nenne, nur langweilig, und ein Spitzenteam hat das eigentlich nicht nötig. Das Tiki-Taka war eine kurzzeitige Fehlentwicklung im Fußball. Auch beim FC Barcelona hat es nicht wegen einer Traineridee funktioniert, sondern allein wegen eines Lionel Messi, der auch aus dem Nichts ein Spiel entscheidet.« Magaths Argumentation: Bei Bayern sei das unter Guardiola ähnlich gewesen. Ohne Lewandowski, der verlässlich seine Tore schießt, wäre auch das Pep-Kapitel in München weniger glamourös in die Klubgeschichte eingegangen. Magaths Urteil über Guardiola ist vernichtend. Seine These ist jene, die Guardiola am meisten fürchtet und wohl verflucht. Magath spricht sie aus: »Messi hat die Titel geholt, nicht Guardiola. Ohne Messi funktionierte dieses System nirgends mehr so erfolgreich für Guardiola.« Ansonsten, fährt Magath fort, hätte Guardiola die Königsklasse auch mit dem FC Bayern oder Manchester City längst gewonnen.

International mag Magath nicht die Erfolge als Trainer vorweisen können, wie sie Guardiola in seiner Vita hat. Allerdings: Magath konnte hierzulande als erster Trainer der Ligageschichte das Double verteidigen, natürlich mit dem FC Bayern. Mehr als diese zwei Doubles und eine weitere Meisterschaft hat auch Guardiola in seiner Münchner Zeit nicht erreicht. Im Gegensatz zu Magath stand Guardiola für diese Leistung ein der Ligakonkurrenz weitaus überlegenerer Kader zur Verfügung, von dem Magath nur träumen konnte. Felix Magaths Urteil über seinen Nachfolger lautet daher, was dessen internationale Erfolge nach der Barca-Zeit bei Bayern und Manchester City betrifft: »Da hat es aber maximal nur bis zum Champions-League-Halbfinale gereicht, was aus meiner Sicht für diese beiden Klubs nichts Außergewöhnliches ist.«

3.5.2016

Champions League, Halbfinale, Rückspiel: FC Bayern vs. Atlético Madrid 2:1 (Alonso, Lewandowski; Griezmann)

Dienstag, Allianz Arena: Im Rückspiel beugt sich Guardiola den Forderungen nach Müller, lässt ihn erstmals 90 Minuten in einem Halbfinale durchspielen. Auswärts kein Tor erzielt zu haben wird sich aber rächen. Der Treffer von Antoine Griezmann reicht, um das Aus trotz der Bayern-Tore durch Xabi Alonso und Robert Lewandowski zu besiegeln.

Guardiola scheitert zum dritten und letzten Mal mit dem FC Bayern im Halbfinale. Die Vorstellungen von Klub und Trainer haben nie zusammengepasst, insbesondere, was die Transferpolitik betrifft. Pep dachte immer ein wenig zu groß für finanzielle Bayern-Pläne. So wollte der Spanier beispielsweise Marc-André ter Stegen als Neuer-Ersatz nach München lotsen, doch Ter Stegen wurde lieber Stammtorhüter beim FC Barcelona. Das erneute vorzeitige Aus in der Königklasse ist der Abschluss keiner Champions-League-Ära, wie sie sich die Münchner Verantwortlichen und Fans von der Kombination aus dem Welttrainer und dem Triple-Sieger Bayern (unter Vorgänger Jupp Heynckes) erhofft hatten. So wie wir Reporter auch. Nur sind wir es, die das auch schreiben.

2 DER ANFANG VOM ENDE MIT CARLO ANCELOTTI (SAISON 2016/17)

Saison 2016/17

Champions League, Gruppe D: FC Bayern, Atlético Madrid, FK Rostow, PSV Eindhoven

Zugänge: Mats Hummels, Renato Sanches

Abgänge: Mario Götze, Medhi Benatia, Pierre-Emile Kordt Højbjerg, Sebastian Rode, Holger Badstuber

21.10.2015 @cfbayern

Er kommt, wenn Pep geht. Bayern: Erste Kontakte zu Ex-Real-Trainer Carlo Ancelotti (Bild der Titelseite von Sport Bild)

20.12.2015, 11.56 Uhr @FC Bayern München

»Offiziell: #Guardiola verlässt FCB zum Saisonende. Neuer Trainer wird Carlo #Ancelotti (56/Vertrag bis 2019)

Juli 2016, Allianz Arena: Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ist sichtlich stolz, den Mann seiner Wahl vorzustellen. In der Vergangenheit waren die Cheftrainer des FC Bayern stets nur mit der Zustimmung von Uli Hoeneß eingestellt worden. Die Entscheidungsfindung in Sachen Ancelotti fällt allerdings in eine Phase, in der der Ex-Präsident aufgrund seiner Steuerverurteilung kein Amt bei Bayern innehat. So bestimmt den Trainer allen voran Karl-Heinz Rummenigge.

Bei der Präsentation wird schnell klar, warum sich Rummenigge für Ancelotti als Guardiola-Nachfolger entschied. Im Einspielfilm, den der FC Bayern vorbereiten ließ, werden vor allem die drei Champions-League-Triumphe von Trainer Ancelotti mit dem AC Mailand (2003, 2007) und Real Madrid (2014) herausgestellt. Der 57-jährige Italiener spürt offensichtlich den Erwartungsdruck, denn er versucht, bei seinen ersten Worten an die Presse als Bayern-Trainer gegenzusteuern. »Das Resultat können Trainer nicht kontrollieren. Dann wäre ich ein Zauberer«, sagt Ancelotti.

Was ich bereits in Erfahrung gebracht habe: Eine Extraprämie im Falle eines Champions-League-Siegs hat sich natürlich auch Ancelotti in seinen Vertrag schreiben lassen. Erneut wird mir zugetragen, dass die Höhe der Summe in der Klausel bei drei Millionen Euro liegt. Wie bei Pep Guardiola wird mir auch diesmal keiner der Bayern-Offiziellen das Gerücht bestätigen. Daher kann ich es auch nicht schreiben. Aus juristischen Gründen betone ich auch an dieser Stelle: Solange der Betrag nicht bestätigt ist, bleibt er ein Gerücht. Weil ich aber die Quelle kenne, möchte ich sagen: ein sehr gutes Gerücht.