Benedikt Sommerhoff
QM im Wandel
Personenzentriertes Innovations- und Qualitätsmanagement
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Print-ISBN 978-3-446-45573-3
E-Book-ISBN 978-3-446-45993-9
ePub-ISBN 978-3-446-46957-0
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© 2021 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München
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Lektorat: Lisa Hoffmann-Bäuml
Herstellung: Carolin Benedix
Coverrealisation: Max Kostopoulos
Titelmotiv: © Max Kostopoulos
Dieses Buch widme ich den für Qualität, das Qualitätsmanagement und für deren Weiterentwicklung so engagierten Leiterinnen, Leitern und Mitgliedern der DGQ-Fachkreise sowie all denen, die mir bei meinen Blogbeiträgen, Artikeln und Vorträgen und in Diskussionen so klug widersprochen und eigene Impulse eingebracht haben, sodass meine Analysen stimmiger, meine Thesen schlüssiger und meine Schlussfolgerungen reifer und brauchbarer werden konnten.
Titelei
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Worum es geht
2 Herausforderungen
2.1 Welt 4.0
2.1.1 Welt im Umbruch
2.1.1.1 Vertraut, aber vergangen – die schwere Moderne
2.1.1.2 Kaum zu fassen – die flüchtige Moderne
2.1.2 Paradigmenwechsel
2.1.3 Dynamiken der Welt 4.0
2.1.4 Herausforderungen der Welt 4.0
2.1.5 Herausforderungen für das Innovationsmanagement
2.1.6 Herausforderungen für das Qualitätsmanagement
2.2 Wirksamkeit
2.2.1 Wirkungsverlust durch Überformalisierung
2.2.2 Grenzen der Wirksamkeit von Standards
2.2.3 Managementsysteme an der Leistungsgrenze
2.2.4 Wirksamkeitsverlust einst wirksamer Programme
2.2.5 Herausforderungen zur Wirksamkeit
2.3 Akzeptanz
2.3.1 Akzeptanz des Innovationsmanagements
2.3.2 Akzeptanz des Qualitätsmanagements
2.3.3 Herausforderungen zur Akzeptanz
2.4 Antwort: Personenzentriertes Innovations- und Qualitätsmanagement
3 Wissensgebiete Mensch und Organisation
3.1 Qualität und Innovation
3.1.1 Was ist Qualität?
3.1.2 Was ist Innovation?
3.1.3 Die Verbindung von Qualität und Innovation
3.1.4 Qualitäts- und Innovationsrisiken
3.1.5 Innovationstreiber Nichtqualität – Ambivalenz des Fehlers
3.2 Mensch
3.2.1 Schöpfer von Qualität und Innovation
3.2.2 Rezipient von Qualität und Innovation
3.2.3 In unterschiedlichen Rollen
3.2.4 Der Mensch als Kompetenzträger
3.2.5 Der Mensch als Ressource
3.2.6 Der Mensch als sozialer Interakteur
3.2.7 Der Mensch im Qualitäts- und Innovationsmanagement
3.2.7.1 Der Mensch im Qualitätsmanagement
3.2.7.2 Der Mensch im Innovationsmanagement
3.3 Organisation
3.3.1 Organisationsstruktur
3.3.1.1 Aufbauorganisationsformen
3.3.1.2 Rechtsformen
3.3.2 Organisationskultur
3.3.3 Die drei Seiten der Organisation
3.3.4 Organisation als Ort sozialer Vernetzung und Interaktion
3.3.5 Das Ökosystem der Organisation
3.3.6 Alternative Arbeitsweisen und Organisationsformen
3.3.7 Organisationsentwicklungsziele Resilienz und Reifegrad
3.4 Führung und Management
3.4.1 Führen und geführt werden
3.4.2 Entscheidungsfindung und Problemlösung
3.4.3 Managen und Governance
3.4.4 Prägung durch Managementschulen
3.4.5 Strategie
3.4.6 Kritik der Managementkonzepte
4 Elemente eines PersonenzentriertenInnovations- und Qualitätsmanagements
4.1 Das PIQ-Modell
4.2 Die vier Eckpunkte des PIQ-Modells
4.2.1 Fokus Mensch
4.2.2 Fokus Kultur
4.2.3 Fokus Struktur
4.2.4 Fokus Fachlichkeit
4.3 Die vier Seiten des PIQ-Modells
4.3.1 Organisations-DNA
4.3.2 Performanz
4.3.3 Kollaboration
4.3.4 Qualitäts- und Innovationsstreben
4.4 Die sechs Kanten des PIQ-Modells
4.4.1 Organisatorische Infrastruktur
4.4.2 Wertschöpfungsprozesse
4.4.3 Fachethos
4.4.4 Kompetenz
4.4.5 Werte
4.4.6 Rolle
5 Redesign zum Personenzentrierten Innovations- und Qualitätsmanagement
5.1 Auf- und Ausbau des Innovationsmanagements
5.2 Integration
5.2.1 Kooperation von Innovations- und Qualitätsmanagement
5.2.2 Integriertes Management
5.3 Organisationsentwicklung
5.4 Differenzierung zwischen Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement
5.5 Agiles Qualitätsmanagement
5.6 Deformalisierung
5.7 Digitalisierung der Qualitätssicherung: QS 4.0
5.7.1 Automatisierung und Autonomisierung
5.7.2 Virtualisierung
5.7.3 Qualitätssicherung digitaler Produkte und Prozesse
5.8 Integration der Qualitätssicherung in die Wertschöpfung
5.9 Kollektive Qualitätssicherung des Liefernetzes
5.10 Wie uns das Redesign gelingt – die Transformation
5.10.1 Transformation der Fachgebiete
5.10.2 Transformation in der Organisation
6 Glossar und Definitionen
8 Literatur und Links
Literatur
Links
Der Autor
Vorwort |
Dieses Buch erscheint genau zur passenden Zeit. Es gibt Antworten auf aktuelle Herausforderungen von Organisationen unserer Welt, indem es vielschichtige Hintergründe erläutert, neue Zusammenhänge herstellt und damit Sinn stiftet. In klaren Worten verbindet es die funktional-operative mit der dynamisch-gestalterischen Perspektive des Qualitäts- und Innovationsmanagements und stellt dabei die handelnden Akteure, die Menschen im betrieblichen Umfeld, in das Zentrum der Überlegungen.
Denn über kaum einen anderen Begriff identifizieren sich Unternehmen und Institutionen so sehr wie über „Qualität“. Kaum etwas anderes erfordert stetige Anstrengung zur Weiterentwicklung und ist zugleich so volatil wie diese Eigenschaft. So müssten alle auf die Erzeugung von Qualität ausgerichteten Tätigkeiten und ihre Akteure wertschätzend wahrgenommen werden. Auf der langen Reise, auf der sich das moderne Qualitätsmanagement herausgebildet hat, herrscht dennoch oftmals das Missverständnis vor, das Qualität immer noch im Sinne eines einmalig anzustrebenden optimalen Zustands, als einen absoluten Wert an sich interpretiert. Zugleich wird das auf Erzielung von Qualität ausgerichtete Qualitätsmanagement als methodengetrieben, als Element einer planerisch-retrospektiven Perspektive aufgefasst. Dem stellt dieses Buch einen erfrischend klaren, systemischen Standpunkt entgegen. Diese Betonung des systemischen Denkens löst den Widerspruch zu vorherrschenden Ansätzen, die auf direkte Wirkung fokussieren, auf. Es setzt auf das Durchbrechen der Kette von hochfrequenten, kleinteiligen Eingriffen. Denn diese werden mangels Verständnis des Wirkzusammenhangs erforderlich, weil eine erwünschte Wirkung vielleicht teils erreicht wird, zugleich damit aber weitere unerwünschte Nebeneffekte ausgelöst werden.
Aber wie soll sich Handeln ändern, wenn sich paradigmatisch als beständig angenommene Wirklichkeiten nicht mehr in Übereinstimmung mit einer sich wandelnden Welt bringen lassen? Was, wenn in neuen Wettbewerbsarenen scheinbar größere Agilität und Durchsetzungskraft zählen oder die Adressaten von Leistungen ihr Verhalten ändern, neue Prioritäten und Zielvorgaben setzen und lieb gewonnene Gewissheiten infrage stellen? Sind alle bisherigen Anstrengungen vergeblich? Hier setzt das Buch mit konkreten Erklärungen und Lösungen an. Ein Perspektivwechsel tut not, und der Autor dieses Buch stößt ihn an und zeigt nachhaltig erfolgreiche Wege auf, Hindernisgründe für eine Veränderung zu erkennen und Gestaltungsräume zu öffnen. Viele technische Innovationen der Vergangenheit haben mehr oder weniger ähnliche, in Dekaden zu bemessende Zeitintervalle von der Entdeckung über den Durchbruch bis zu ihrer allgemeinen Verbreitung benötigt. Doch kaum eine Veränderung erweiterte unsere Welt wie die Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnik, die mit zunehmender Rechenleistung unserem Erleben die Ebene der Virtualität hinzufügte. Diese Veränderung wird oftmals als vierte industrielle Revolution bezeichnet. Die ausgelösten Megatrends der Globalisierung, der sinkenden Eintrittsbarrieren in sich dynamisch verändernden Märkten, aber auch den sich in sozialen Netzwerken und einem in Unmittelbarkeit und Menge überwältigenden neuen Erlebnis von Kommunikation vor dem Hintergrund des zunehmenden Multilateralismus bewirken Spannungen im Gefüge der wirtschaftlichen Wertschöpfung und der sozialen Strukturen. In diesem Umfeld haben die Erzeugung und die Ausgestaltung neuer Ideen, ihr Durchsetzen den Begriff des Innovationsmanagements hervorgehoben.
Veränderungen in dieser neuen Wirklichkeit werden oft von tatsächlichen Verwerfungen begleitet und als Krisen wahrgenommen. Diese fordern erworbene Gewissheiten der vermeintlich fest gefügt empfundenen Wahrheit heraus. Organisation sind dabei herausgefordert, den in ihnen tätigen Menschen Sicherheit zu geben, nicht durch Anordnungen, sondern durch wertebezogene Erklärungen. Hier verbinden sich elementare Überzeugungen mit dem Qualitätsmanagement. Zwar gibt es große Gestaltungshistorien, die viele Themen, werden diese in der Tiefe betrachtet, als erschöpfend behandelt erscheinen lassen. Und tatsächlich würde dies in einer eindimensionalen, methodisch-technologiegetriebenen Fokussierung auf die adressierten Themenfelder so wirken. Dem widersetzt sich das Buch. Tatsächlich eröffnet es durch seine personenbezogene, erklärende und sinnstiftende Perspektive neue Ansatzpunkte, die engeren, gegeneinander abgegrenzten Felder im Sinne einer Organisationsentwicklung breiter weiterzuentwickeln und zukunftsfähig zu gestalten.
Diesen Ansatz gewählt zu haben ist das Verdienst des Autors des vorliegenden Buches. Er verbindet die scheinbar miteinander konkurrierenden Entwicklungen des vermeintlich konservativen Qualitäts- und des vermeintlich progressiven Innovationsmanagements und bildet so den Hintergrund, vor dem die handelnden Personen und ihr Verhalten im Mittelpunkt stehen. Vier Schlüsselbegriffe – Mensch, Kultur, Struktur und Fachlichkeit – identifiziert der Autor, die es erlauben, die Bedürfnisse und das Verhalten der handelnden Menschen in einer rahmengebenden Organisation mit den zur gestalterischen Verfügung stehenden Technologien und Werkzeugen zu erkennen. So entwickelt sich ein Erklärungsmodell für die zentralen Elemente einer erfolgreichen synergetischen Entwicklung.
Im Zusammenwirken der vier Eckpunkte entsteht das Gerüst, Verständnis für Wirkzusammenhänge zu gewinnen, Sichten auf Abhängigkeiten zu beschreiben, neue Einsichten zu erlangen und Handlungsoptionen auszugestalten. Diese Fähigkeit, Dinge zu beschreiben, wie sie sind, und zu erklären, warum sie sind, wie sie erscheinen, ist die besondere Leistung des Buchs. Es entwirft eine facettenreiche neue Wahrnehmung der Zielsetzung von Qualitäts- und Innovationsmanagement und ist ein verlässlicher Ratgeber, neuen Herausforderungen bislang unentdeckte Aspekte abzuringen und ihnen erfolgreich zu begegnen.
Den zahlreichen Lesern sei eine angenehme und anregende, ermutigende und anspornende, jedenfalls neue Ansichten erschließende Lektüre gewünscht – und eine erfolgreiche, zielführende Umsetzung der neuen Erkenntnisse!
Aachen, Frühjahr 2021
Robert Schmitt
Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen
Lehrstuhlinhaber für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement
Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Qualität e. V.
1 | Worum es geht |
Oft geht es um die Wurst. Hier geht es in erster Linie um uns Menschen. Um uns selbst und die anderen, mit denen wir und die mit uns interagieren. Unter anderem geht es auch um Management und Führung, um Innovation und Qualität sowie ihre Kombination zum Innovations- und Qualitätsmanagement. Doch es geht immer auch ums Glücklichsein, um Lebensqualität und um unsere Perspektiven in der schnelllebigen Welt 4.0. Diese Welt ist im Umbruch.
Worum geht es?
Unsere Herausforderung besteht darin, das Qualitätsmanagement, das unter anderen Rahmenbedingungen in anderen Zeiten entstanden ist, für unsere neue Zeit mit ihrer schnellen, unvorhersehbaren Innovationsdynamik neu zu gestalten. Und weil Innovation das prägende Element dieser Zeit ist, gehört zu dieser Herausforderung, das Qualitätsmanagement mit dem Innovationsmanagement zu verbinden.
Um im Umbruch zu bestehen, brauchen wir neue Strategien sowie geeignete Konzepte, sie umzusetzen. Und damit diese wirken, benötigen wir in vielen Organisationen auch neue Strukturen und weiterentwickelte Managementsysteme. All das verändert letztlich auch unsere Aufgaben und Rollen im Unternehmen.
Es gibt Tausende Bücher über Management, Führung, Organisation. Viele sind hervorragend und liefern nützliche Anleitungen und Erklärungen. Die meisten sind redundant und befassen sich mit den immer gleichen Themen und Lösungsansätzen, versuchen aber, ihre Lösungsansätze als grundlegend neu darzustellen und oft genug als Heilslehre zu positionieren. Nur wenige bringen ganz neue Gedanken und Ideen ins Spiel, liefern neue nützliche Modelle und erhellende Erklärungsmuster für Phänomene, die uns beschäftigen, oder nutzen neue, bessere didaktische Konzepte, die uns leichter, besser und mehr verstehen lassen, worauf es beim Management und Führen einer Organisation ankommt. Auch die Leser- und somit die Zielgruppen unterscheiden sich, sodass einige der Bücher bestimmte spezifische Gruppen besonders gut adressieren. Welche neuen Aspekte bringt also dieses Buch in die Diskussion und in die Praxis ein? An wen richtet es sich? Was bringt es?
Was ist neu?
Neu ist, die Themen Innovation und Qualität und letztlich Innovationsmanagement und Qualitätsmanagement miteinander auf ungewohnte Weise zu verbinden. Neu oder ungewohnt ist auch, das Qualitäts- und das Innovationsmanagement für Führungskräfte, Innovations- und Qualitätsexperten anders als üblich zu begründen, zu beschreiben und neue Paradigmen dafür zu formulieren. Überfällig ist, aufzuzeigen, in welche Sackgassen das Qualitätsmanagement geraten ist, seine Mythen zu entzaubern und neue Wege aufzuzeigen.
Dabei geht es nicht nur darum, eine Vision für ein neu gedachtes integriertes Innovations- und Qualitätsmanagement zu skizzieren, sondern für Praktiker darzulegen, wie sich Innovationsmanagement und Qualitätsmanagement konkret weiterentwickeln, neu ausgestalten und schlüssig miteinander verbinden lassen.
Die Beschäftigung mit dem Qualitätsmanagement nimmt viele Ressourcen in Anspruch, insgesamt in der Volkswirtschaft, aber auch in einzelnen Unternehmen. Daran gemessen ist Qualitätsmanagement ein wichtiges Thema und eines, das sehr effektiv gehandhabt werden muss. Es ist aber in vielen Unternehmen zu beobachten, dass das Qualitätsmanagement heute in einem erschöpften Zustand ist. Seine Wirkung lässt zu wünschen übrig, es gibt zu viele Qualitätsprobleme, Fehler, Rückrufe und zu viel Verschwendung. Sein Ansehen und seine Akzeptanz haben gelitten, Qualitätsmanagement ist zu vielen und allzu oft ein bürokratisches Ärgernis. Es herrscht also Handlungsbedarf.
Innovation hingegen ist eines der meistgenutzten und überwiegend positiv besetzten Schlagworte. Die deutsche Industrie gilt nach wie vor als innovativ. Allerdings erscheinen andere Länder und Regionen heute als innovative Treiber der bedeutsamen digitalen Transformation. Hinsichtlich Innovation stützen wir uns in Deutschland allerdings sehr, vielleicht viel zu sehr auf klassische Entwicklungsprozesse und auf frühere Erfolge. Auch hier ist also Weiterentwicklung notwendig.
Bei „Vision“ und „neu gedacht“ müssten allerdings Alarmglocken läuten, aus mindestens zwei Gründen. Zum einen steht uns so viel gutes „Altgedachtes“ zur Verfügung. „Neu Gedachtes“ muss vorhandenes Wissen nicht hinwegfegen, es darf auf ihm aufbauen und sollte erkennen, welche ausreichend guten Ansätze bereits vorhanden und im Einsatz oder noch nicht gut genug genutzt sind. Leser mögen Vorhandenes mit neuen Augen sehen, es neu bewerten und Möglichkeiten finden, seine Wirkung zu verbessern.
Zum Zweiten gibt es gerade in Zeiten des Wandels einen Hang zu radikalen Konzepten. Die Veränderungsnotwendigkeit in vielen Unternehmen ist gravierend. Wir haben aber auch schon erlebt, dass viele Organisationen mit der Adaption radikaler Konzepte sowie mit der notwendigen Weiterentwicklung zeitgemäßer Kulturen und der Schaffung neuer, zeitgemäßer Strukturen scheitern. Es muss einen Weg geben, sich auch mit geringerer Radikalität zu verändern, ein Vorgehen, das die Menschen umsetzen können und wollen. Deswegen gilt es bei aller Begeisterung für die eigenen Ideen, maßvoll zu bleiben und die Praktikabilität der hier beschriebenen Ansätze in einem typischen, „normalen“ Unternehmen immer im Auge zu behalten.
Wer sind die Adressaten?
Dieses Buch hat drei Gruppen von Adressaten. Zum Ersten sind es Führungskräfte und Organisationsentwickler. Zum Zweiten sind es Qualitätsmanager und Qualitätssicherer. Zum Dritten sind es Innovationsmanager und Chief Digital Officers (CDOs).
Die drei Adressatengruppen unterscheiden sich deutlich, und es erscheint zunächst einmal schwierig, sich an drei unterschiedliche Zielgruppen gleichzeitig zu wenden. Diese Gruppen verbindet, dass alle eine Verantwortung für Organisationsentwicklung haben. Sie haben eine gemeinsame, eine kollektive Führungsaufgabe. Sie sollen eine Organisation gestalten, steuerungsfähig machen und sie letztendlich steuern. Sie sollen sie am Leben erhalten, und mehr noch, sie sollen sie nachhaltig erfolgreich machen. Eine gleiche Diskussionsgrundlage, ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen, resultierender Aufgaben und geeigneter Lösungsansätze erleichtern diesen Gruppen ein konzertiertes, aufeinander abgestimmtes Vorgehen.
Jeder Leser dieses Buchs wird es vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen und des eigenen Wissens sehr individuell rezipieren und anwenden. Die jeweils aufgabenspezifisch und persönlich gefärbte Interpretation der Inhalte dieses Buches ist allerdings nützlich, für die eigene Organisation oder auch organisationsübergreifend eine heute dringend notwendige, durchaus auch kontroverse Grundsatzdiskussion über Innovations- und Qualitätsmanagement zu führen und gemeinsam Ideen für Experimente zu gewinnen, mit denen sich das eigene Unternehmen weiterentwickeln lässt.
Alle drei Gruppen zweifeln und verzweifeln oft an den über Jahrzehnte etablierten Vorgehensweisen des Qualitätsmanagements, seinen Ritualen und Usancen. Alle drei ringen um geeignete Ansätze für das Innovationsmanagement. Dieses Buch soll den Führungskräften und den unterschiedlichen Spezialisten für Organisationsentwicklung, Qualitätsmanagement und Innovation zeigen, dass ein integriertes Innovations- und Qualitätsmanagement keine bürokratische Last sein muss, sondern neu verstanden und neu angegangen hilft, die Organisation in turbulenten Zeiten zu stärken und ihre Anpassungsfähigkeit zu erhöhen.
2 | Herausforderungen |