Nach-denken

„Erweitern Sie Ihr Blickfeld. Gehen Sie neue Wege. Streben Sie das Unmögliche an. Nehmen Sie den Kampf mit dem Unsterblichen auf!“ (David Ogilvy)

Zu jedem Bereich gibt es noch unzählige Informationen und Übungen. In diesem Buch sind deshalb viele Verweise zu anderen Menschen, Büchern oder Internetseiten. Dieses Buch kann nur ein Einstieg in die Gewaltvorbeugung sein.

Menschen denken gerne: „eine Ursache führt zu einer Wirkung“ (monokausal), z.B. gewalttätige Computerspiele führen zu gewalttätigen Jugendlichen.Wenn diese Spiele verboten werden, gibt es auch keine „bösen“ Jugendliche. Gewalt hat viele Ursachen und es gibt viele Möglichkeiten, Gewalt vorzubeugen.

Wichtig ist es die Erkenntnisse und die Theorien der Forschung in die Praxis einzubauen. In diesem Buch ist nur ein Auszug dieser Möglichkeiten und die Folgerungen der Theorien für die Vorbeugung lassen sich in folgenden Kernpunkten zusammenfassen:

Eine schnelle Lösung gibt es nicht. Mehr Verbote, höhere Strafen, Herabsetzung des Strafmündigenalters und neue Gesetze beruhigen nur die Öffentlichkeit und bewirken keine positive Entwicklung in unserem Land. „Vorbeugen“ ist besser als „Heilen“ (Prävention vor Intervention) und oft auch billiger. Dies könnte ein Hauptargument sein, warum Gewaltvorbeugung finanziert wird. Unterstützungen und Hilfen, besonderes in den Bereichen Familie und Schulen, können langfristig einen besseren Umgang der Menschen untereinander bewirken. Die gewaltfreie Gesellschaft sollte stets angestrebt werden und es sollte auch klar sein, dass sie nie erreicht wird.

Die Übungen in dem Buch passen nicht zu jeder Ziel- und Altersgruppe. Manche sind zu schwer, manche zu leicht. Da ist Ihre Kreativität gefragt. Wie können Sie diese Übung Ihrer Zielgruppe anpassen? Meistens reichen minimale Änderungen, eine kleine Hilfestellung oder eine Geschichte, in die diese Übung eingebettet wird.

Ein Austausch zwischen Profis (Erzieher, Lehrer, Pädagogen, Polizisten usw.) und Halbprofis (Eltern, Sportgruppenleiter usw.) sollte regelmäßig stattfinden. Wissen und Erfahrungen sollten zusammenfließen, etwas Sinnvolles ergeben und verschieden Maßnahmen koordiniert werden. Dank der neuen Medien sind Vernetzungen heutzutage unkomplizierter zu organisieren. Leider steht manchmal das eigene Ego oder der eigene Geldbeutel im Weg, wenn es um den Austausch von Wissen und eine effektive Vernetzung geht.

Veränderung verlangt Kraft und Ausdauer. Es reicht nicht, einmal etwas in der Ausbildung oder im Studium zum Thema Gewaltvorbeugung gehört zu haben. Eine ständige Weiterbildung und ein regelmäßiger Austausch sind notwendig, um in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vorbeugend arbeiten zu können. Ich habe Wissensvermittler kennengelernt, die nach dem Lehramtsstudium seit 30 Jahren keine Fortbildung mehr besucht haben. Dem gegenüber müssen Übungsleiter verschiedener Sportverbände nachweisen, dass sie sich regelmäßig fortbilden, auch wenn sie „nur“ ehrenamtlich arbeiten.

Es gibt keine Patentlösungen und deshalb ist es notwendig auf verschiedene Herausforderungen unterschiedlich zu reagieren. Dabei ist die eigene Beweglichkeit eine wichtige Voraussetzung. Wer meint: „Was gestern gut war, ist auch morgen gut“ hat die gleichen Denkstrukturen wie die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren, als sich die Bedingungen änderten und dabei ausstarben. Unsere Welt ist heute viel schnelllebiger und die Bedingungen ändern sich ständig. Darauf sollten wir ständig und angemessen reagieren.

„Vergessen du musst, was früher du gelernt.“ (Jedi-Meister Yoda)

Informationen

„Der wahre Zweck eines Buches ist, den Geist hinterrücks zum eigenen Denken zu verleiten.“ (C. D. Morley)

Da ich weiß, dass dieses Buch nicht vollständig ist und einige Entwicklungsmöglichkeiten hat, verweise ich hier (wie immer) auf weitere Informationen.

Literaturempfehlungen

Bärsch, Tim: Verhindern Sie Gewalt

Wie haben Personen in gewalttätigen Situationen ihr kreatives

Potential genutzt, um diese zu deeskalieren?

Über 100 Anregungen zum Thema Deeskalation fär 9,99 €

Bärsch, Tim / Rohde, Marian: Kommunikative Deeskalation

Wissen aus den Fachbereichen der Kommunikation, des NLP, der Stressforschung, der Kampfkünste, der Pädagogik, der Neurobiologie und der Psychologie für 9,99 €

Bärsch, Tim / Rohde, Marian: Deeskalation in der Pflege

Kommunikationstheorien, Deeskalationsstrategien, Vorbeugungsmaßnahmen, Sicherheitshinweise, Fixierungs- und Befreiungsgriffe für 9,99 €

Bärsch, Sibylle / Bärsch, Tim: Theorien zur Gewalt Forschungs-, Theorie-, Erklärungs- und Präventionsansätze 148 Seiten Wissen über Gewalt und Gewaltprävention für 6 € Bestellung nur über die Edition Zebra (siehe nächste Seite) Das Buch „Theorien zur Gewalt“ und die nachfolgenden Bücher mit Verlagsort Schwerte sind nur über die Edition Zebra der Gewalt Akademie zu bekommen.

Tel.: 02304 – 755190 Fax: 02304 – 755295 Internet: www.gewaltakademie.de Email: g.kirchhoff@aej-haus-villigst.de

 

  • Birkenbihl, Vera F.: Warum wir andere in die Pfanne hauen Paderborn 2005
  • Bohne, Michael: Feng Shui gegen das Gerümpel im Kopf; HH 2007
  • Feustel, Bert / Komarek, Iris: NLP-Trainingsprogramm, München 2006
  • GAV (Hrsg.): Impulse und Übungen - Teil 1 – 3; Schwerte 1996 – 2007
  • Gigerenzer, Gerd: Bauchentscheidungen; München 2008
  • Havener, Thorsten: Ich weiß, was du denkst; Hamburg 2009
  • Havener, T. / Spitzbart. M.: Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten; Reinbek 2010
  • Karkalis, André / Kernspecht, Keith R.: Verteidige Dich3; Burg / Fehmarn 2003
  • Küstenmacher, Werner Tiki / Seiwert, Lothar J.: simplify your life; München 2004
  • Meis, M. S. / Rhode, R.: Wenn Nervensägen an unseren Nerven sägen; München 2006
  • Pease, A. / Pease, B.: Die kalte Schulter und der warme Händedruck; Berlin 2006
  • Posselt, Ralf-Erik: Gewalt löst keine Probleme; Schwerte 2000
  • Prior, Manfred: MiniMax-Interventionen; Heidelberg 2007
  • Riederle, Josef: Kampfesspiele, Schwerte 2003
  • Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation; Paderborn 2004
  • Schlafhorst, Holger R. u.a.: Der Umgang mit Menschen; Ingelheim 2003
  • Schubart, W.: Gewaltprävention in Schule und Jugendhilfe; Brühl 2000
  • Schulz von Thun, F.: Miteinander Reden 1 - 3; Hamburg 2006
  • Schwarz, A. A. / Schweppe, R. P.: Praxisbuch NLP; München 2007
  • Watzlawick, Paul: Anleitung zum Unglücklichsein; München 2008

Weiterführende Literatur

  • Bandura, Albert: Aggression; Stuttgart 1979
  • Beaulieu, Danie: Klimazone Klassenzimmer; Heidelberg 2008
  • Birkenbihl, Vera F.: Kommunikation und Rhetorik; München 2003
  • Bongartz, Ralf / Meis, Mona Sabine / Rhode, Rudi: Angriff… ist die schlechteste Verteidigung; Paderborn 2003
  • Braune-Krickau, Michael / Langmaack, Barbara: Wie die Gruppe laufen lernt; Weinheim 1995
  • Brinkmann, Heinz U. / Frech, Siegfried / Posselt, Ralf-Erik: Gewalt zum Thema machen; Bonn 2008
  • Cleese, John / Skynner:… Familie sein dagegen sehr; Paderborn 2000
  • Gall R. / Kilb R. / Weidner J.: Konfrontative Pädagogik in der Schule; Weinheim 2006
  • Gerlach, Nicole M.: Mobbing; Schwerte 2009
  • Gilsdorf, R. / Kistner, G.: Kooperative Abenteuerspiele 1 + 2; Seelze-Veber 2002/3
  • Golemann, Daniel: Emotionale Intelligenz; München 1997
  • Grabs, Roland: Sportjugend gegen Gewalt; Duisburg 1997
  • Gruhl, Monika: Die Strategie der Stehauf-Menschen; Freiburg 2008
  • Gugel, Günther: Gewalt und Gewaltprävention; Tübingen 2006
  • Heckmair, Bernd / Michl, Werner: Erleben und lernen; Berlin 1998
  • Hees, Katja / Wahl, Klaus: Täter oder Opfer?; München 2009
  • Hofinger, Gesine (Hrsg.): Kommunikation in kritischen Situationen; Frankfurt 2005
  • Hurrelmann, Klaus: Lebensphase Jugend; Weinheim 1999
  • Jehn, Otto / Kilb, Rainer / Weidner, Jens (Hrsg.): Gewalt im Griff III; Weinheim 2003
  • Kernspecht, Keith R.: BlitzDefence - Die Strategie gegen den Schläger; Burg / Fehmarn 2000
  • Kernspecht, Keith R.: Der Letzte wird der Erste sein; Burg / Fehmarn 2004
  • Ketelsen R. / Schulz M. Zechert C.: Seelische Krise und Aggressivität; Bonn 2004
  • Kilb, Rainer / Kreft, Dieter / Weidner, Jens (Hrsg.): Gewalt im Griff I; Weinheim 1997
  • Korn J. / Mücke T.: Gewalt im Griff 2; Weinheim 2005
  • Kumbier, D. / Schulz von Thun, F. (Hrsg.): Interkulturelle Kommunikation; Hamburg 2006
  • Lohmann, Friedrich: Konflikte lösen mit NLP; Paderborn 2003
  • Maeyer, Gregie de / Vanmechelen, Koen: Juul; Weinheim 1997
  • Müller, Werner: Spielmann, Clown, Theatermacher; München 1994
  • O´Connor, Joseph / Seymour, John: Neurolinguistisches Programmieren; Freiburg 2004
  • Spitzer, Manfred: Lernen; München 2007
  • Taylor, David: the naked leader; Wien 2004
  • Weidner, J.: Anti-Aggressivitäts-Training für Gewalttäter; Bonn 1997

Internetseiten

Natürlich ist es keine angenehme Sache festzustellen, dass die Leute, die mit einem übereinstimmen, vollkommen wahnsinnig sind. (Philipp K. Dick, Valis)

www.aheyer.de

www.axel-dumschat.de

www.baer-sch.de

www.bayern.jugendschutz.de

www.coolness-training.de

www.dvnlp.de

www.ewto-gewaltpraevention.de

www.fassmichnichtan.de

www.faustlos.de

www.flora-silikat.de

www.friedenspaedagogik.de

www.gewaltakademie.de

www.holger-schlafhorst.de

www.jugend.essen.de www.kfn.de

www.konfrontative-paedagogik.de

www.labor-k.de

www.lehrerinfo-bayern.de

www.lidia-bayern.de

www.lions-clubs.de

www.prof-jens-weidner.de

www.rabe-training.de

www.schulberatung.bayern.de

www.schulen.regensburg.de

www.verfassungsschutz.de

www.wingtsunwelt.com

www.wikipedia.de

Autor

„Größe nicht bedeutend ist.“ (Jedi-Meister Yoda)

 

Tim Barsch

 

  • Mensch mit Jahrgang 1972, Sohn, Enkel, Vater, Ehe- und Mann u.v.m.
  • Diplom-Sozialarbeiter / Diplom-Sozialpädagoge
  • Anti-Aggressivitäts-, Coolness-, WingTsun- und Deeskalationslehrtrainer
  • Systemischer und NLP-Coach (ProC / DVNLP)
  • Erfahrungen in den Bereichen Gewaltprävention (alle Altersklassen), Kampfkunst, Sicherheitsdienst, Jugendamt und Erwachsenenbildung

Für Fragen, Anregungen, Kritik, Konzepterstellungen, Mitarbeiterschulungen und Fortbildungsangebote stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

BaER®-sch Deutschland

Bewältigung aggressiver Emotionen und Reaktionen Deeskalation, Gewaltprävention und Coaching Geschäftsführung: Tim Bärsch
Internet: http://www.baer-sch.de
Epost: kontakt@baer-sch.de

Allgemeines

 

„Die deutliche Sprache der Gewehre verstehen immer nur die Erschossenen.“ (Wolf Biermann)

Jede Gesellschaft bekommt die Jugend, die sie verdient. Schlimmer noch: Die Gesellschaft bekommt die Jugendlichen, die sie selbst prägen, erziehen und somit erschaffen. Gewalttätige Gesellschaften erschaffen gewalttätige Jugendliche. Doch kann man überhaupt etwas gegen Gewalt unternehmen. Jeder sollte natürlich erst einmal mit „the man in the mirror“ (Michael Jackson) anfangen. Bildlich zeigt es Bruce Lee in dem Film „Der Mann mit der Todeskralle“. Dort kämpft er erst in einem Spiegelsaal gegen sich selbst, bevor er den „bösen“ Endgegner besiegen kann. Also erst an dem Balken im eigenen Auge arbeiten, bevor man sein Gegenüber auf den Splitter in dessen Auge aufmerksam macht.

Gewalt ist allgegenwärtig. Hat die Gewaltbereitschaft zugenommen, abgenommen oder ist sie gleich geblieben? Ich möchte keine von diesen Thesen unterstützen, denn ich glaube nur den Statistiken, die ich selbst „bearbeitet“ habe.Was ist überhaupt Gewalt? Jemanden zu schlagen, ist auf jeden Fall Gewalt. Jemanden aufzuschlitzen auch. Aber was ist, wenn der „Aufschlitzer“ einen weißen Kittel trägt und mit einem Skalpell den Wurmfortsatz des Blinddarmes entfernen möchte? Was ist, wenn Sie jemanden anschreien, Ihr Kind zur Schule schicken oder jemanden im Straßenverkehr anhupen? Ist das dann immer Gewalt? Wir wissen, dass bereits der erste „geborene Mensch“ (Kain) laut Bibel ein Mörder war, laut Untersuchungen 2% der Steinzeitmenschen durch Keulenschläge auf dem Kopf starben, das Mittelalter brutal war, die Weltkriege erbarmungslos waren und es auch heute oftmals (un-)menschlich zugeht. 1776 war übrigens das letzte Jahr, in welchem keine Nationen gegeneinander Krieg führten.

Es wird niemals eine vollkommene Gewaltlosigkeit herrschen. Eine Welt voller Gandhis und Jesuse wäre eine reine Traumwelt. Jeder Mensch kann nur versuchen sich diesem Ziel anzunähern. Vielleicht kann man ja von der Natur lernen? Unsere nahen Verwandten, die Schimpansen, sind nicht viel anders als wir: Sie haben eine strenge Hierarchie, töten, mobben, setzen Waffen ein, vernichten andere Gruppen usw. Die Bonobos (auch nahe Verwandte) sind hingegen sehr friedlich, empathisch und freundlich zueinander. Was läuft da anders? Die Frauen regieren die Gruppe und immer wenn Stress aufkommt, haben sie Sex, egal mit wem.

0.1 Kinder sind wie kleine Menschen

„Der Mensch steht heute vor der Alternative: Untergang des Menschen oder Wandlung des Menschen.“ (Karl Jaspers)

Laut Weltgesundheitsorganisation gehört Gewalt zu den Haupttodesursachen und ist für 14% der männlichen Sterbefälle weltweit verantwortlich (7% bei den Frauen). Nach Schätzungen betragen die jährlichen Gesamtkosten der Opfer von Gewalttaten in den USA 507 Milliarden US-Dollar (6,5% des Bruttoinlandpro-duktes). „Generation Totschlag“ lautete die Überschrift auf Seite 1 der Zeitung „Die Woche“, „Die jungen Brutalos“ ist Seite-1-Überschrift von der „Welt am Sonntag“ und jede Woche kommen neue „Horrormeldungen“ von Jugendlichen in die Medien. Aus der Statistik des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden könnenSie entnehmen, dass sich die Zahl der Gewalttäter unter Kindern und Jugendlichen seit 1985 verdreifacht hat. 2005 wurden laut BKA 53,3% der Körperverletzungsdelikte auf Straßen, Wegen und Plätzen von Menschen unter 21 Jahren begangen. Laut Verkaufszahlen von Ballschlaginstrumenten aus Metall und Holz müsste Baseball in einigen mitteldeutschen Städten mit Abstand die Sportart Nummer Eins sein. Der Schaden durch hauptsächlich jugendliche Grafittisprayer beträgt jährlich 200 Millionen Euro. Laut dem Stern-Bericht „Die Sechzehnjährigen“ von Andreas Albers werden Jugendliche von einem großen Teil der Bevölkerung als egoistisch, gewalttätig und „party-geil“ angesehen. Rostock, Solingen, Mölln, Erfurt und Emsdetten sind nur einige Orte, mit denen die Bundesbürger gewalttätiges Verhalten von Jugendlichen in Verbindung bringen. In der Sozialen Arbeit arbeiten pädagogische Kräfte „gegen“ „einfach strukturierte“ Menschen mit „intellektuellen Einschränkungen“ aus der Unterschicht (abgehängten Prekariat), „merkbefreiten“ „Multi-Problem-Eltern“ und „bildungsungewohnten und -fernen“ Kinder in Stadtteilen mit „erhöhten Erneuerungsbedarf“. Etwa ¼ der Familien sind alleinerziehend plus fast ¼ „zusammengewürfelte“ Patchwork-Familien. Außerdem sind noch viele Doppelverdiener (Dink = double income no kids), Adoptivfamilien und Commuter-couples (ein Partner ist die Woche über weg) vorhanden. 6,8 Millionen Menschen und 1,7 Millionen Kinder in Deutschland leben von Arbeitslosengeld II (auch Hartz IV genannt - früher Sozialhilfe) und laut UNICEF leben insgesamt 2,5 Millionen Minderjährige auf Sozialhilfeniveau. Die Anzahl der übergewichtigen und essgestörten Kinder nimmt stark zu. In Deutschland sind 2005 insgesamt 25.400 Minderjährige zu ihrem Schutz in öffentlichen Einrichtungen untergebracht worden (im Durchschnitt 70 pro Tag). Die Pisa-Studie zeigt, dass Deutschland nicht so viele gebildete Schüler wie vergleichbare Länder hat. In den Familien findet eine Verschiebung der Macht meist durch Schuldgefühle der Eltern zu Gunsten der Kinder statt. Die Stresserkrankungen von Kindern nehmen zu und auch der Verbrauch von Medikamenten. Immer mehr Kinder und Jugendliche verweigern den Schulbesuch. Rund die Hälfte der 6-jährigen Jungen hat alle „wichtigen“ Medien (Fernseher, DVD, Computer und Spielkonsole) im eigenen Zimmer. Stetig findet ein Rückgang der stabilen langfristigen Beziehungen zu Erwachsenen statt, welcher sehr wichtig für die Entwicklung des Kindes ist. Die Scheidungsrate und auch die Unsicherheit in der Bevölkerung steigen beständig.Der Konsum von Drogen ist zu einer Normalität, auch schon im Kindesalter, geworden. In Deutschland sind 2,65 Millionen Kinder und Jugendlichen von der Alkoholabhängigkeit wenigstens eines Elternteiles betroffen. Etwa 2200 Neugeborene pro Jahr (jedes 300.) sind von einer Schädigung durch Alkoholmissbrauch betroffen.

Kinder

Gewalttätiges Verhalten entsteht oft in der Kindheit. Deshalb sollten auch die meisten Vorbeugungsmaßnahmen in diesem Zeitraum ansetzen. Hier bearbeite ich zunächst die „Kindheit“. Der Begriff Kind wird in zahlreichen Wissenschaften verwendet und jeweils anders beschrieben, z.B.:

  • ein Mensch, der sich in der Lebensphase der Kindheit befindet.
  • nach deutschem Recht ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist (siehe z.B. Jugendschutzgesetz § 2 Absatz 1, Strafgesetzbuch § 176 Absatz 1.).
  • im Jugendarbeitsschutzgesetz (§ 2) ist die Grenze jedoch erst bei 15 Jahren
  • nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz im Sinne von§7 SGB VIII Art. 1 ist ebenfalls Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, allerdings gilt nach SGB VIII als Kind auch, wer noch nicht 18 Jahre alt ist.
  • nach Begriffsbestimmung der Kinderrechtskonvention der UNO ist Kind, wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
  • in der Bibel und anderer Literatur bedeutet „Kind“ Einfachheit, Unschuld oder Erinnerung, das potentiell Mögliche der Zukunft.

Die Kindheit ist der Zeitraum im Leben eines Menschen von der Geburt bis zur geschlechtlichen Entwicklung (Pubertät). Kindheit ist dabei mehr ein kultureller Begriff als ein biologischer.

0.2 J(T)ugend

„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ (Sokrates)

Der Anteil der Täter zwischen dem 14. und 21. Lebensjahr bei Körperverletzungen liegt meist um die 50% (BKA-Statistiken) und viele Maßnahmen zur Gewaltvorbeugung setzen erst bei Jugendlichen an.

Stichworte zu der Jugend der verschiedenen Jahrzehnte in der BRD:

1900er: Kaiserreich, Jugend als Gefährdung und Unreife, Wandervögel

10er: Erster Weltkrieg, Jugend als Soldaten

20er: Weimarer Republik, Goldene Zwanziger, Bündische Jugend, Louis Amstrong, Fred Astaire

Ende 20er bis 1933: politische Unruhen, Massenarbeitslosigkeit

1933 bis 1945: Hitlerjugend, Zweiter Weltkrieg, „Wer die Jugend hat, hat die Zukunft“, Ausbildung zu „guten“ Soldaten, Widerstand (z.B. „weiße Rose“)

1945 bis 1949: Nürnberger Prozess, Entstehung der BRD und DDR, Wiederaufbau

50er: Wirtschaftsaufschwung, „Wunder von Bern“, „anspruchsloser“ Rock’n’Roll mit Stromgitarren, Kalter Krieg, Elvis und James Dean

60er: Vietnamkrieg, Kubakrise, Mondlandung? und Mauerbau, Mods und Hippies, „Peace“ und „Peace“ (Friedensbewegung und Drogen), Woodstock, Studentenbewegungen, RAF, Beatles und Peter Kraus

70er: Baby-Boomer (Jugendliche vor dem Pillenknick), Schulmädchen-Report, Abba, Boney M., Discotheken, „Kinder vom Bahnhof Zoo“

80er: Neue Deutsche Welle, Punk und „New Wave“, Null Bock, Generation „Golf“, AIDS, Turnschuhe, „Dallas“, „Denver“ und „Miami Vice“, Walkman

90er: Wiedervereinigung, Fußballweltmeister, Rechte Gedanken und „Hooligans“, Generation „Fun“, Playstation und PC, Techno und Rave, „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“

2000er: Handys und Klingeltöne, 11. September 2001 und „Kampf gegen den Terrorismus“, „Arschgeweihgeneration“, „chillen“, MP3, Retrowellen, Rollenbesetzungs(Casting)sendungen, „Wer wird Millionär“ und „Super-Nanny“

Die Begriffsbestimmung des Wortes Jugend ist heute nicht eindeutig. Weder in der Alltagssprache noch in der Fachsprache der Soziologie, der Psychologie oder der Pädagogik gibt es einen einheitlichen Bedeutungsinhalt des Begriffes Jugend. Der Begriff Jugend ist geschichtlich gesehen relativ jung und wurde erst um 1800 häufiger verwandt. Der Begriff des Jugendlichen war dabei ursprünglich doppeldeutig besetzt („Jugend ist Trunkenheit ohne Wein“) und diente auch zur Abgrenzung von einer Personengruppe, die als gefährdet erklärt wurde. Der Begriff bezeichnete dann z.B. in der Jugendhilfe der 1880er Jahre eine männliche Person aus der Arbeiterklasse zwischen 13 und 18 Jahren, der Neigungen zur Verwahrlosung, Kriminalität und eine Empfänglichkeit für sozialistisches Gedankengut unterstellt wurde.

Nach Meinung einiger Soziologen zeigen heute bereits Sechsjährige teilweise typisch jugendliches Verhalten. Sechsjährige achten auf ihre Kleidung, hören eigene Musik, grenzen sich von den Eltern ab und müssen ohne Mithilfe von ihren Erziehern Leistung in der Schule erbringen.

Im Gegensatz dazu haben einige Dreißigjährige ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen (z.B. Studenten), leben noch im Haushalt der Eltern und auf deren Kosten.

Während der Begriff Jugend in der Bevölkerung hauptsächlich mit negativen Schlagzeilen in Verbindung gebracht wird (Gewalt, Drogen, laute Musik), ist der Begriff jugendlich in unserer heutigen Gesellschaft positiv belegt mit vital, sportlich und gutaussehend.

Psychologische Begriffsbestimmung

Die Jugendphase ist der Lebensabschnitt eines Menschen nach dem Kindesalter und vor dem Erwachsenenalter. Durch das Eintreten der Geschlechtsreife (Pubertät) ist der gesamte Körper „in anatomische, physiologische und hormonale Veränderungen einbezogen.“

In der Jugendphase werden an die Person psychisch und sozial vorgegebene Erwartungen und Anforderungen gestellt, die so genannten „Entwicklungsaufgaben“. Diese lassen sich in vier große Entwicklungsbereiche teilen:

  • Entwicklung von geistigen und sozialen Fähigkeiten
  • Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle
  • Entwicklung eigener Handlungsmuster
  • Entwicklung eines Werte- und Normensystems