Farrah Rochon, Brenda Jackson, Kate Hoffmann, Lindsay Evans

TIFFANY EXTRA HOT & SEXY BAND 78

IMPRESSUM

TIFFANY EXTRA HOT & SEXY erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
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© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY EXTRA HOT & SEXY
Band 78 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2016 by Farrah Roybiskie
Originaltitel: „Passion’s Song“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: KIMANI PRESS
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Sandra Roszewski

© 2016 by Brenda Streater Jackson
Originaltitel: „Possessed by Passion“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: KIMANI PRESS
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Victoria Werner

© 2011 by Peggy A. Hoffmann
Originaltitel: „The Mighty Quinns: Kellan“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: BLAZE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Ulrike Pesold

© 2016 by Lindsay Evans
Originaltitel: „Bare Pleasures“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: KIMANI PRESS
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Johannes Heitmann

Abbildungen: AS Inc / shutterstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733752910

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL

 

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FARRAH ROCHON

So sexy – und so unerreichbar

Früher ist ihr nie aufgefallen, wie sexy er ist. Jetzt verbringt April mit Damien aufregend lustvolle Stunden. Bis sie entdeckt, dass er dabei ist, ihren größten Traum zu zerstören …

BRENDA JACKSON

Eine Woche gehörst du mir

Damals auf der Highschool hat sie Nein gesagt – doch jetzt macht die sinnliche Hunter ihm plötzlich diesen Vorschlag: Eine Woche Sex ohne Verpflichtungen. Genug, um Tysons Verlangen nach ihr für immer zu stillen?

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Dunkle Geheimnisse – und brennendes Verlangen

Erst hat er ihr das Leben gerettet – und jetzt findet Gelsey Nacht für Nacht erotische Erfüllung in seinen Armen. Doch was, wenn Architekt Kellan erfährt, wer sie wirklich ist?

LINDSAY EVANS

Sinnliche Verschwörung in Miami

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So sexy – und so unerreichbar

1. KAPITEL

„Dieser Abend schreit nach einem guten Glas Wein!“

April Knight blickte sich in ihrem Wohnzimmer um. Der Boden war überhäuft von Zetteln, Notizen und kreischend bunten Textmarkern. Und sie war noch lange nicht fertig. Es gab so viel zu tun, dass sie sich am liebsten in ihr Bett verkrochen und die Decke über den Kopf gezogen hätte. Aber das war natürlich keine Lösung.

Sie seufzte. „Vielleicht werden es auch zwei Gläser Wein.“

Simeon Wilkes, der gemeinsam mit ihr für A Fresh Start arbeitete, verzog skeptisch die Mundwinkel. Auch er investierte viel Zeit in das Sommerprogramm, das sie hier in ihrer Heimatstadt New Orleans für Teenager anboten. „Ich bin nicht sicher, ob Alkohol eine wirklich gute Idee ist“, sagte er. „Aber was soll’s. Ich nehme ein Bier.“

„Ich nehme heute auch gerne ein Glas Wein. Und das, wo ich normalerweise überhaupt nicht trinke“, ergänzte LaDonna Miller, die Chefin von A Fresh Start, und seufzte leise.

April erhob sich lachend. „Alles klar. Ich bin gleich wieder da. Die Pizza müsste auch jederzeit kommen.“

Genau in diesem Moment klingelte es an der Tür.

Simeon sprang auf. „Ich kümmere mich um die Pizza, du um die Getränke“, sagte er zu April.

Leichtfüßig wie eine Katze ging er zur Tür. April blickte ihm nach und fühlte sich einmal mehr daran erinnert, dass sie deutlich älter war als Simeon. Mit fünfunddreißig Jahren spürte sie gelegentlich ihre Knie beim Aufstehen …

Über sich selbst fast unmerklich den Kopf schüttelnd ging sie in ihre Küche. Vor zwei Jahren, als sie beschlossen hatte, als Solocellistin ein wenig kürzer zu treten und nach New Orleans zurückgekehrt war, hatte sie dieses Haus gekauft. Es war perfekt für sie, und sie fühlte sich wohl hier. Außer an Abenden wie diesen, die viel zu viel Arbeit mit sich brachten.

April zog eine Flasche Rotwein aus dem Weinregal und unterdrückte ein Seufzen. Sie würden heute noch Lösungen finden müssen. Ihnen lief die Zeit davon …

Gerade, als sie mit dem Wein, zwei Gläsern und einer Flasche Bier für Simeon ins Wohnzimmer zurückkehren wollte, summte ihr Handy.

April erwartete eigentlich eine Nachricht von ihrem ehemaligen Künstleragenten Carlos Munoz, der gerade noch eine ausstehende Zahlung von einer Produktionsfirma eintreiben wollte, für die April zuletzt gearbeitet hatte. Doch stattdessen sah April einen anderen Namen auf dem Display.

Damien Alexander.

Ihr Herz machte einen Sprung und begann dann wie rasend zu schlagen. Dummes Herz … Mit zittrigen Fingern öffnete April die Textnachricht.

Hi. Ich würde gerne mir dir reden. Können wir uns morgen treffen?

April versuchte, möglichst unverfänglich zu antworten.

Hallo, Fremder. Klar. Komm zu A Fresh Start. Das Gebäude gegenüber der Katharinenkirche.

Nur wenige Sekunden später kam bereits die Antwort.

Ich bin um 11 Uhr da. Bis morgen.

April starrte für einen Moment auf ihr Telefon, unsicher, ob sie nochmals schreiben sollte. Wirkte das vielleicht zu engagiert? Oder würde Damien sie für unhöflich halten, wenn sie jetzt nicht mehr antwortete?

„Was solls!“ April steckte das Handy in die Tasche zurück und ging mit den Getränken zurück ins Wohnzimmer.

Zu ihrer Überraschung war auch Nicole Russell jetzt da, eine der Tanzlehrerinnen bei A Fresh Start. „Was machst du denn hier? Ich dachte, du hast einen Auftritt in Mandeville?“

„Das wurde abgesagt“, antwortete Nicole.

„Oh, das tut mir leid!“, sagte April. „Ich weiß, dass du dich darauf gefreut hast. Soll ich dir auch ein Glas für den Wein holen?“

Nicole schüttelte den Kopf. „Danke, nein. Ich brauche nichts.“

Alle bedienten sich an Pizza und Getränken, dann brachte LaDonna den Grund ihres Treffens zur Sprache. „Wir müssen uns schnellstens etwas überlegen, sonst ist A Fresh Start erledigt“, sagte sie.

„Sieht es wirklich so schlimm aus?“, fragte Nicole.

„Allerdings. Wir haben mehr als ein Dutzend Kinder weniger als noch im letzten Sommer und müssen wirklich etwas tun, um das Angebot wieder attraktiver zu machen. Die Kids hängen auf der Straße herum. Das ist keine gute Entwicklung.“

April runzelte die Stirn. „Wir können natürlich niemanden zwingen, bei unserem Sommerprogramm mitzumachen“, wandte sie ein. „Aber es ist wichtig, dass wir die Kinder davor bewahren, auf der Straße rumzuhängen. Dann geraten sie wenigstens nicht auf die schiefe Bahn.“

„Richtig“, sagte LaDonna. „Leider verlieren wir die meisten Teilnehmer deshalb, weil wir nur im Sommer das Programm anbieten. Alles andere ist aber utopisch, das können wir als Freiwillige nicht leisten. Wir haben viel zu wenig Mitarbeiter.“

„Und zu wenig Geld“, warf Simeon ein.

Alle in der Gruppe nickten. Sie kannten die Probleme mit den Finanzen. Das Programm basierte auf Spenden und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Sie konnten sich keine großen Sprünge erlauben.

„Wir müssen einen Weg finden“, sagte April entschlossen. „Es gibt so begabte Kinder dort draußen. Sie brauchen Förderung. Ich bin nicht dazu bereit, auch nur eines dieser Kinder seiner Chancen zu berauben, nur weil wie die Finanzen nicht geregelt kriegen. Es muss eine Möglichkeit geben! Und wir werden sie auch finden!“

Sie stand auf und ging zum Whiteboard, das LaDonna mitgebracht hatte. „Los“, sagte sie und zückte einen Stift. „Was können wir tun, um Geld aufzutreiben?“

LaDonna erhob sich ebenfalls und hielt einige Blätter Papier in die Höhe. „Wir brauchen nur das hier“, sagte sie. „Das könnte die Lösung sein.“

Alle blickten die Chefin des Projektes an.

„Was ist das?“, fragte Simeon.

„Formulare, um eine staatliche Förderung zu beantragen. Es werden Projekte unterstützt, die Kindern und Jugendlichen nach der Schule oder in den Ferien ein Programm bieten.“

„Klingt nach der perfekten Lösung“, sagte Simeon.

„Ja. Aber sie sind sehr wählerisch. Wir müssen dafür sorgen, dass sie A Fresh Start für förderungswürdig halten.“

April legte den Kopf schief. „Okay. Was sind die Kriterien?“

„Steht alles hier in den Unterlagen. Ich schlage vor, wir gehen alles gemeinsam durch und erstellen dann einen Plan. A Fresh Start soll so attraktiv für die Geldgeber wirken, dass sie gar nicht anders können, als uns in die Förderung aufzunehmen.“

April grinste. Sie spürte Tatendrang in sich aufsteigen. Die Chance auf ein Förderprogramm gab ihr neue Motivation. Den Kindern im Viertel wirklich helfen zu können, lag ihr am Herzen. „Dann lasst uns anfangen“, sagte sie und klatschte in die Hände. „Das wird viel Arbeit, aber das schaffen wir!“

Damien Alexander fluchte, als sein neuer Mercedes über ein Schlagloch fuhr und schmutziges Regenwasser über die Fahrerseite des Wagens spritzte.

In diesem Teil der Stadt reihte sich eine schlechte Straße an die andere, und es war nicht zu vermeiden, sich das Auto zu ruinieren.

Freiwillig hätte er sich diesen Treffpunkt auch niemals ausgesucht, aber er hatte April nichts anderes vorschlagen wollen. Er hatte schließlich mit ihr reden wollen, da war es nur fair, dass er auch zu ihrem Arbeitsplatz fuhr. Auch, wenn er mit diesem Viertel keine guten Gefühle verknüpfte.

Als Damien die Katharinenkirche erreichte, suchte er sich einen Parkplatz. Vor dem Aussteigen schaltete er vorsorglich die Alarmanlage ein, dann ging er zu dem Gebäude, in dem sich A Fresh Start befand. Früher hatte es zur Kirche gehört, nun hatten April und ihre Kollegen dort die Möglichkeit, Kindern aus dem Viertel zu helfen. Damien bewunderte sie für ihren Einsatz. Als er in dieser Gegend aufgewachsen war, hatte es niemanden gegeben, der sich um die Kids kümmerte. Diese Arbeit war so wichtig.

Ohrenbetäubender Lärm hallte ihm entgegen, als er die Tür öffnete. Er trat ein und fand April in einem Raum mit einer Horde von Schülern, die Musikinstrumente in den Händen hielten.

April war gerade damit beschäftigt, einem Mädchen mit einem Cello zu helfen. Damien sah, wie sie geduldig erklärte, was die Schülerin besser machen konnte, bis der richtige Ton voll durch den Raum klang.

April nickte zufrieden, dann wandte sie sich um und erblickte Damien an der Tür. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Noch 5 Minuten“, sagte sie und bedeutete ihm zu warten.

Damien nickte, lehnte sich gegen den Türrahmen und kreuzte die Arme vor der Brust. Er konnte warten. Und dabei April beim Unterrichten beobachten.

Wie lange war es her, dass sie sich gesehen hatten? Sicher ein halbes Jahr. Sie waren sich auf einer Weihnachtsparty bei Freunden über den Weg gelaufen. Damien hatte damals gerade einen stattlichen Geldbetrag für A Fresh Start gespendet, und April hatte ihm dafür gedankt. Sie hatten ausgemacht, sich möglichst bald auf einen Kaffee zu treffen und über alte Zeiten zu plaudern, doch es war nie etwas daraus geworden.

Damien betrachtete April und merkte irritiert, dass er sie heute anders wahrnahm als früher. Sie waren immer nur Freunde gewesen. Jetzt aber sah er zum ersten Mal, wie bildschön April war, wie grazil sie sich bewegte und mit welchem Elan sie die Schüler unterrichtete.

Er mochte ihre sanfte und dennoch bestimmte Art, das Funkeln in ihren Augen und die Wärme ihres Lächelns.

Damien schluckte schwer. Was war denn nur plötzlich los mit ihm? April war … eben April! Hatte er nie zuvor bemerkt, was für eine anziehende Frau sie war?

Der Unterricht endete, und April kam zu ihm herüber.

Damien lächelte ihr zu. „Danke, dass du dir Zeit für mich nimmst“, sagte er.

April erwiderte das Lächeln. „Wie könnte ich nicht? Schließlich bist du einer der begehrtesten Junggesellen der Stadt.“

„Oh, fang bitte nicht damit an!“ Damien schloss genervt die Augen. „Ich komme mir langsam vor wie auf einer Treibjagd.“

April lachte. „Okay, keine weiteren Junggesellenwitze für die nächste Stunde. Versprochen.“

„Eine ganze Stunde bekomme ich mit dir? Ich fühle mich geehrt.“

April prustete los. „Komm, lass uns gehen. Ich brauche einen Kaffee.“ Bevor sie den Raum verließen, deutete sie noch auf die Instrumente. „Siehst du das? Die ganzen Instrumente haben wir von deiner Spende für die Kinder kaufen können. Sie lieben den Musikunterricht. Ich kann dir nicht genug dafür danken, Damien.“

Damien hoffte inständig, dass April nicht ihre Meinung ändern würde, sobald sie den wahren Grund für seinen Besuch erfuhr …

Sie gingen zum frisch renovierten Café nebenan und setzten sich an einen Tisch. Damien ließ den Blick schweifen. Es war wirklich schön geworden, gemütlich und trotzdem hell, mit einer angenehmen Atmosphäre. Ein Ort, den er so in diesem Viertel nicht erwartet hatte. Durch die bodentiefen Fenster sah man sogar einen im Hinterhof angelegten Garten.

„Ich bin beeindruckt“, sagte er zu April. „Ihr stellt hier wirklich etwas auf die Beine. Aber davon hätte ich eigentlich ausgehen müssen. Du machst keine halben Sachen.“

„Allerdings“, erwiderte April und musste erneut lächeln.

Das Café war eine der Neuerungen im Gebäude. Hier konnten Teenager nicht nur ein Praktikum in der Gastronomie machen, was ihre späteren Jobchancen erhöhte. Die Einnahmen aus dem Café flossen auch direkt wieder in neue Projekte.

Das Café wurde von den Anwohnern gut angenommen, meistens gab es kaum einen freien Tisch.

Damien holte am Tresen zwei Tassen Kaffee. Gerade, als er sie auf den Tisch stellte, steuerte ein junger Mann auf ihn und April zu. Er war Mitte zwanzig und sehr attraktiv.

„Entschuldigt die Störung“, sagte er, als er neben April stehen blieb. „Ich wollte nur fragen, wann ich heute Abend bei dir sein soll?“

Damien spürte einen Druck auf der Brust. Konnte es sein, dass April mit diesem Typen ausging? Wieso hatte er nicht darüber nachgedacht, dass es vielleicht einen Mann in ihrem Leben gab?

„Komm einfach um sieben vorbei“, sagte April.

„Alles klar. Bis später.“ Der Mann lächelte und ging wieder.

April blickte Damien an. „Also – was ist so dringend, dass du den Weg hierher auf dich nimmst?“

„Ich bin nicht gerade oft in der Gegend, das stimmt“, erwiderte Damien. „Aber zuerst etwas Grundsätzliches: Datest du gerade jemanden?“

April starrte ihn ungläubig an. „Wie bitte?“

„Dates. Verabredungen. Romantik, Liebe, eine Beziehung? Gibt es da etwas, was ich wissen sollte?“

April atmete tief durch, und Damien verstand auch, warum. Sie beide kannten sich seit der Highschool, und sie waren immer Freunde gewesen. Über ihr Liebesleben hatten sie in all der Zeit eigentlich nie gesprochen. Es war einfach nicht von Interesse gewesen. Natürlich war April jetzt überrascht.

April straffte die Schultern. „Wenn du so direkt fragst … Nein. Es gibt niemanden.“

Erleichterung durchflutete Damien. „Gut“, sagte er und lehnte sich zurück. „Ich möchte dich nämlich um einen Gefallen bitten. Und es ist eine ziemlich große Sache.“

April wusste nicht, was sie von Damien halten sollte. Normalerweise hatte er immer alles unter Kontrolle. Doch heute war irgendetwas anders als sonst. Er wirkte unsicher und nervös. Das war so ungewöhnlich, dass sie es fast ein wenig beängstigend fand.

Damien trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. „Der Grund, weshalb ich dich treffen wollte, ist …“

„Kann ich euch noch etwas bringen?“

April wandte den Kopf. Neben ihrem Tisch stand Jessica, eine Teenagerin, die im Café aushalf. Und wie so gut wie jede Frau auf diesem Planeten, schien sie innerhalb von Sekunden in Damien verliebt zu sein. Er hatte einfach eine unglaublich anziehende Aura …

„Danke, wir sind bereits versorgt“, sagte April und deutete auf die Kaffeetassen auf dem Tisch.

Jessicas Lächeln erstarb. „Oh. Okay. Wollt ihr gar nichts essen?“

„Nein, danke. Ich melde mich, wenn wir etwas brauchen.“

Jessica schluckte schwer, doch ihr Gesicht hellte sich deutlich auf, als Damien ihr sein schönstes Lächeln schenkte. „Vielen Dank für deine Mühe“, sagte er.

Jessica lief knallrot an und eilte kichernd an den Tresen zurück.

April seufzte leise. Teenager konnten wirklich anstrengend sein …

Erst jetzt bemerkte sie, dass Jessica nicht die Einzige im Raum war, die von Damien beeindruckt war. Alle Frauen im Café musterten ihn mehr oder weniger unverhohlen.

Ich kann es ihnen nicht verdenken. Ich kann ja auch kaum die Augen von ihm abwenden …

Damien Alexander war schon immer sehr attraktiv gewesen. Dunkle Augen, ein markantes Gesicht mit deutlichen Wangenknochen und sinnlichen Lippen – wie konnte man diesen Mann nicht interessant finden? Außerdem war er groß, mit breiten Schultern und schmalen Hüften. April hatte sich schon vor vielen Jahren in ihn verliebt. Und sich schnell eingestanden, dass sie bei Damien niemals eine Chance haben würde. Und genau deshalb behielt sie ihre Gefühle für sich.

Es genügte, dass andere Frauen sich für Damien zum Affen machten. Sie würde ganz sicher niemals eine von diesen werden. Für niemanden.

Es hatte lange gedauert, bis sie akzeptiert hatte, dass sie und Damien niemals ein Paar werden würden. Aber eine gute Freundschaft war doch auch viel mehr wert, oder? Wenn sie nur endlich ihre Gefühle für ihn endgültig loslassen könnte …

„Bevor du mir sagst, warum du hier bist, muss ich doch noch einmal auf diese Junggesellensache zurückkommen“, sagte April. „Wie kam es dazu? Du, einer der Top-Ten-Bachelors?“

„Müssen wir wirklich darüber reden?“

„Ja. Wir müssen.“

April war fast vom Stuhl gefallen, als sie vor Kurzem im New Orleans Stadtmagazin geblättert und dort einen Bericht über Damien gefunden hatte. Gut hatte er ausgesehen auf dem Foto. Maßgeschneiderter Anzug, lässig … Ein Traummann eben.

Damien räusperte sich. „Ich nehme an, ich entkomme diesem Verhör nicht?“

„Nein. Vergiss es.“

Damien seufzte. „Okay. Also gut. Vor einigen Monaten rief mich einer der Journalisten vom NOLA-Magazin an und fragte, ob sie einen Bericht über mich veröffentlichen dürften. Du kennst mich, ich lasse mir nie eine Chance auf kostenlose Werbung entgehen. Also habe ich zugesagt. Ich hätte niemals gedacht, dass die Sache solche Wellen schlagen würde. Mal ehrlich, wer liest denn dieses Käseblatt?“

April lachte. „Ich zum Beispiel. Und seitdem diese Top-Junggesellen-der-Stadt-Serie gedruckt wird, haben sie ganz sicher noch jede Menge andere Leser gewonnen. Die Idee war genial. Freu dich doch, du hast jede Menge Werbung bekommen.“

„Das ist aber nicht die Werbung, die ich mir erhofft hatte! Ich wollte meine Firma in den Fokus rücken, nicht mich! Ich verkaufe Immobilien, April. Jetzt stehe ich auf der Freiwildliste für alle möglichen Frauen!“

„Nicht, dass das etwas Neues für dich wäre, oder?“ Damien war nie ein Kind von Traurigkeit gewesen und umgab sich gerne mit schönen Frauen.

Damien seufzte. „Ich habe aber weder Zeit noch Lust darauf, mich jagen zu lassen! Ich bin kein Heiratskandidat. Ich will keine Beziehung. Und deshalb wollte ich dich treffen.“

„Oh. Ich versuche, das nicht als Beleidigung zu verstehen“, sagte April.

Damien grinste schief. „Okay, das klang jetzt falsch. So war es nicht gemeint.“

„Schon okay. Worum geht es denn jetzt genau?“

Damien schluckte schwer. „Also … Du weißt ja, dass ich mit Immobilien handle. Und jetzt habe ich einen sehr interessanten Deal in Aussicht. Es geht um die Brache rund um North Galvez und die Kentucky Street.“

„Das Gelände kenne ich“, sagte April. „Alles abrissreif. Was willst du damit, das ist nicht gerade in der Innenstadt?“

„Glaube mir, ich habe Großes damit vor. Und wenn das alles funktioniert, bin ich ein gemachter Mann. Aber leider kann ich die finanziellen Mittel nicht alleine aufbringen. Da kommst du ins Spiel.“

April hob die Augenbrauen. „Normalerweise komme ich auf dich zu, wenn Geld fehlt. Zum Beispiel für A Fresh Start. Ich bin Cellistin, keine Bank. Ich fürchte, ich kann dir da nicht helfen, so gerne ich es würde.“

Damien nickte. „Das ist mir bewusst. Und Geld ist auch nicht die Hilfe, die ich von dir brauche.“

April merkte, wie sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen ausbreitete. „Sondern?“

Damien blickte ihr fest in die Augen. „Ich möchte, dass du meine Liebste wirst.“

2. KAPITEL

April starrte Damien mit offenem Mund an. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Damien wollte sie als Freundin? Das musste ein Missverständnis sein!

„Lass mich erklären, worum es geht“, sagte Damien jetzt.

„Ich bitte darum“, murmelte April.

In diesem Moment ertönte ein lauter Knall am anderen Ende des Cafés. Ein Tisch fiel um, und zwei Mädchen im Teenageralter gerieten lautstark aneinander.

April war sofort voll im Bilde. Sie sprang auf und hastete auf die beiden zu. „Auseinander!“, rief sie und zog eines der Mädchen vom anderen weg, bevor der Kampf ernsthafte Folgen haben konnte.

„Seid ihr verrückt geworden? Was ist hier los?“

Die beiden Mädchen starrten finster auf den Boden. Niemand antwortete.

April wandte sich an die restlichen Gäste des Cafés, die sich inzwischen um sie versammelt hatten. „Alle setzen sich bitte wieder hin. Es ist nichts geschehen. Keine Sorge. Manchmal muss man hier die Hitzköpfe wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringen, aber ich habe das im Griff.“

Erleichtert sah sie, dass alle Gäste wieder Platz nahmen. Zumindest dem Café schien diese Eskalation gerade nicht direkt geschadet zu haben.

„Also?“, wandte sie sich erneut an die Mädchen. „Ich würde jetzt mal den Mund aufmachen an eurer Stelle.“

Erneutes Schweigen.

April seufzte. „Ihr wisst doch, dass wir hier klare Regeln haben. Es wird nicht gekämpft. Egal, was vorgefallen ist. Es tut mir leid, aber ich muss euch rauswerfen.“

„Wie bitte?“ Die Mädchen starrten sie an. „Du setzt uns vor die Tür?“

„So sind die Regeln. Und ihr kennt sie.“

„Aber wir haben doch gar nicht …“

April hob beschwichtigend die Hand. „Ich kann das nicht endgültig entscheiden. Ms. LaDonna wird sich darum kümmern. Ihr geht jetzt in ihr Büro und erzählt ihr alles. Sie entscheidet dann. Klar?“

Die Teenager schlichen mit gesenkten Köpfen davon, und April wandte sich tief durchatmend zu Damien um. „Du meine Güte … Ich hasse es, wenn so etwas passiert.“

„Wie oft kommt das vor?“, fragte er.

„Zum Glück nicht sehr häufig. Das hier war die zweite brenzlige Situation in diesem Jahr. Ich bin immer froh, wenn wir Schlimmeres abwenden können.“

„Du machst das sehr gut“, sagte Damien. „Das weiß ich ja noch aus eigener Erfahrung.“

„Richtig, ich erinnere mich.“

April war zu ihrer Schulzeit mehr als einmal die Schlichterin gewesen, wenn Damien in Streitigkeiten hineingeraten war. Nicht immer erfolgreich, und dann hatte sie hinterher seine Wunden mit Pflaster versorgt. Niemals, ohne ihn wissen zu lassen, wie enttäuscht sie von ihm war, dass er sich auf solche sinnlosen Kämpfe überhaupt einließ.

Damien hatte schon damals das Gefühl gehabt, dass er in Aprils Gegenwart ein besserer Mensch war. Und ein besserer Mensch sein wollte. Das hatte sich niemals geändert, und wahrscheinlich wäre er heute nicht da, wo er war, hätte es April in seinem Leben nicht gegeben.

„Und? Fliegen die Mädchen raus?“, fragte er.

April nickte. „Für diesen Sommer ganz sicher. Sie können dann nächstes Jahr wieder mitmachen.“

„Ihr habt also wirklich strikte Regeln.“

„Ja. Sonst funktioniert es nicht.“

Sie setzten sich wieder, und April blickte Damien an. „Wo waren wir vorhin stehen geblieben?“

Damien atmete erneut tief durch. „Also … Ich muss Investoren finden, um das neue Projekt verwirklichen zu können. Und dafür muss ich mich auf allen möglichen Veranstaltungen hier in der Stadt herumtreiben und diese Menschen für mich und meine Ideen gewinnen. Das kann ich nur, wenn ich jemanden an meiner Seite habe, der mich begleitet. Ich möchte aber keine Beziehung eingehen, und mich auch noch auf eine Frau konzentrieren müssen. Mein Fokus muss völlig auf dem Business liegen, verstehst du? Ich brauche jemanden an meiner Seite, um den ich mich nicht kümmern muss, und auf den ich mich in so einer Gesellschaft verlassen kann.“

April lehnte sich zurück und kreuzte die Arme vor der Brust. „Verstehe ich das richtig? Ich soll an deiner Seite hübsch aussehen und dafür sorgen, dass andere Frauen denken, du wärst vom Markt? Damit du dich in Ruhe um deine Geschäfte kümmern kannst?“

Damien zögerte kurz, dann zuckte er mit den Schultern. „Ja. Genau genommen geht es darum.“

April runzelte die Stirn. „Warum ausgerechnet ich? Du hast jede Menge Exfreundinnen, die du fragen könntest. Oder hassen die dich alle?“

Damien seufzte leise. „Natürlich könnte ich eine Exfreundin fragen. Aber ich möchte nicht, dass sich diese dann vielleicht wieder Hoffnungen macht.“ Er beugte sich vor und blickte April eindringlich an. „Bitte, April. Ich verspreche dir, dass es für dich kein großer Aufwand wird. Drei oder vier Events, auf die du mich begleiten musst, das ist alles. Gut, vielleicht fünf. Aber mehr ganz sicher nicht.“

„Ich muss nicht sofort zusagen, oder?“

Eigentlich hatte Damien darauf gehofft, aber wenn April Zeit zum Überlegen brauchte, musste er ihr diese zugestehen.

„Natürlich nicht“, sagte er. „Allerdings ist die erste Veranstaltung bereits am Freitagabend. Ich müsste also bald Bescheid wissen, ob du mir den Gefallen tun möchtest.“

Er legte eine Hand auf Aprils. „Bitte. Denk darüber nach. Und dann sag zu.“

Einen Moment war es still. Dann nickte April. „Ich denke darüber nach. Jetzt muss ich los, meine nächste Unterrichtsstunde beginnt gleich. Ich melde mich später bei dir.“

Damien erhob sich gemeinsam mit ihr, küsste sie auf die Wange und lächelte. „Danke, dass du nicht sofort abgelehnt hast. Ich hoffe das Beste. Bis später.“

Er winkte April noch einmal zu und verließ das Gebäude.

Ich möchte, dass du meine Liebste wirst.

April atmete tief durch. Die Erinnerung an Damiens Worte brachte ihr Herz noch immer dazu, schneller zu schlagen.

Dabei war alles nur Show. Er wollte sie nicht als Freundin, sondern als Fassade. Wie dumm, dass April tatsächlich für wenige Sekunden gehofft hatte, er könnte mehr von ihr wollen.

„Du bist eben dämlich“, murmelte April und schloss den Geigenkoffer ein wenig ruppiger als nötig. „Aber immerhin hast du dich nicht wie eine Idiotin verhalten.“

„Führst du mal wieder Selbstgespräche?“

April wirbelte herum und sah Nicole an der Tür zum Musikzimmer stehen. Sie musste lachen. „Hast du mich erschreckt! Ich dachte, es sind schon alle gegangen!“

Nicole lachte ebenfalls. „Ich konnte mir das nicht verkneifen, entschuldige.“ Sie kreuzte die Arme vor der Brust und grinste breit. „Wie ich hörte, hast du dich heute mit Damien Alexander getroffen. Ich wusste nicht, dass ihr euch kennt.“

April legte einen Finger an ihr Kinn. „Lass mich überlegen … Ich glaube, ich habe dir noch von einer Menge anderer Menschen, die ich kenne, nichts erzählt. Wo soll ich anfangen?“

„Scherzkeks. Wie vertraut seid ihr beide denn? Wenn du verstehst, was ich meine?“

„Neugierig bist du gar nicht, oder?“ April musste erneut lachen. „Damien und ich sind zusammen zur Schule gegangen. Wir kennen uns schon ewig.“

„Ihr seid also nur Freunde?“

„Ja. Nur Freunde.“ Warum kroch ihr Enttäuschung bei dieser Antwort in Mark und Bein?

„Wundervoll!“ Nicole strahlte. „Dann hast du sicher nichts dagegen, mich ihm vorzustellen?“

April räusperte sich. „Glaub mir, Damien sucht definitiv nicht nach einer Frau.“

Nicole starrte sie an. „Sag jetzt bitte nicht, dass er schwul ist!“

„Was? Nein. Er hat nur gerade kein Interesse an Dates. Zu viel zu tun, beruflich.“

„Und trotzdem hat er die Zeit gefunden, um dich hier zu treffen? Das finde ich bemerkenswert.“

April seufzte leise. „Wie gesagt, wir sind nur Freunde.“

Kein Grund auszuflippen, nur weil ein attraktiver und erfolgreicher Junggeselle hier auftauchte. Um sie zu sprechen. Oder?

Immerhin hatte Damien Gründe dafür gehabt, und die waren nicht gerade romantischer Natur gewesen. Das würde ihr ganz sicher heute Abend noch schwer auf der Seele liegen, während sie mit Wein, ihrer Lieblingsserie und einem riesigen Becher Eiscreme auf der Couch saß …

In diesem Moment kam LaDonna herein. „Ich habe gehört, Damien Alexander war heute hier? Ist er noch da?“

April rollte mit den Augen. „Gibt es jemanden in diesem Laden, der es nicht mitbekommen hat? Nein, er ist schon wieder weg. Er hat viel zu tun.“

„Schade. Ich hätte ihm gerne persönlich für seine Spende im letzten Jahr gedankt.“

„Wirklich schade, dass du ihn nicht gesehen hast“, sagte Nicole grinsend. „Er ist mindestens einen Blick wert.“

„Genügt es nicht, dass du ein Auge auf Simeon geworfen hast?“, fragte April.

„Moment mal“, antwortete Nicole. „Wenn, dann hat Simeon ein Auge auf mich geworfen. Und ich habe ihm klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass ich kein Interesse habe.“

„Hast du nicht“, sagten April und LaDonna gleichzeitig.

Nicole hob eine Braue. „Wie bitte?“

„Ganz ehrlich, du sendest widersprüchliche Signale. Kein Wunder, dass er sich noch immer Hoffnungen macht“, sagte LaDonna.

Nicole runzelte die Stirn. „Okay. Ich werde darüber nachdenken. Aber ich merke es ehrlich gesagt nicht einmal.“

LaDonna seufzte. „Lassen wir dieses Thema. April, zurück zu Damien Alexander. Wie gut kennst du ihn?“

„Wir sind schon ewig befreundet und sind zusammen zur Schule gegangen.“

„Okay …“ LaDonna straffte die Schultern. „Meinst du, du könntest ihn dazu überreden, hier bei A Fresh Start mitzumachen?“

„Wie, mitmachen?“, fragte April überrascht. „Du meinst als Freiwilliger? Ich denke nicht, dass er Zeit dafür hat. Er muss eine Firma führen und hat sehr viel um die Ohren.“

„Es muss ja auch nicht ständig sein. Vielleicht eine Stunde pro Woche? Samstags? Ich würde hier gerne einen Kurs anbieten, in dem die Kids lernen, wie man mit Geld umgeht. Und Damien Alexander scheint mir dafür der ideale Kursleiter zu sein.“

April dachte einen Moment darüber nach. LaDonna hatte recht, die Kinder und Teenager lernten nirgends, wie man Geld sparte, es anlegte und wie man sich damit ein gutes Leben aufbaute. Das Thema war wichtig, und Damien könnte sicher eine Menge Inspiration bieten.

Aber würde er sich darauf einlassen, einmal in der Woche herzukommen? April hatte sich schon darüber gewundert, dass er zu ihrem Treffen heute hier erschienen war. Sie wusste, dass er das Viertel lieber mied. Und er hatte seine Gründe dafür. Es war seiner Familie hier nicht gerade gut gegangen, als er hier aufgewachsen war.

Aber inzwischen hatte sich auch hier eine Menge getan. Die Lage war viel entspannter als früher. Doch auf diesem Ohr schien Damien taub zu sein. April konnte sich nicht vorstellen, dass er sich wirklich dazu überreden lassen würde, regelmäßig herzukommen.

Obwohl …

April musste lächeln. Warum war ihr diese Idee nicht sofort in die Gedanken gekommen?

„Gebt mir einen Tag“, sagte sie zu LaDonna und Nicole. „Oder zwei. Dann gehört Damien Alexander zum Freiwilligenteam von A Fresh Start.“

April war bisher nicht bewusst gewesen, dass Damiens Büro in einem der teuersten Gebäude der Stadt lag. Doch natürlich passte das zu seiner Immobilienfirma.

April wusste, dass ein guter Eindruck zählte. Während ihrer unzähligen Konzertreisen hatte schließlich auch sie die Erwartungshaltung ihrer Zuhörer erfüllt, und sich den Regeln gefügt. Heute bevorzugte sie ein eher einfaches Leben, aber das war eben ihr persönlicher Stil.

Als April in den Fahrstuhl stieg, fand sie sich inmitten perfekt gekleideter Geschäftsleute wieder. Am liebsten wäre sie wieder ausgestiegen und hätte die Treppe genommen, aber Damiens Büro befand sich im obersten Stockwerk.

Immerhin gab ihr die Fahrt bis in die einunddreißigste Etage Gelegenheit, über das bevorstehende Gespräch nachzudenken. Wie würde Damien reagieren, wenn sie ihm ihre Begleitung anbot, dafür aber seinen Einsatz bei A Fresh Start forderte?

Es war gut möglich, dass er es dann doch vorzog, eine seiner Exfreundinnen als Begleitung mitzunehmen. Aber sie musste es wenigstens versuchen. Außerdem hatte sie das merkwürdige Gefühl, dass Damien wirklich verzweifelt war, und dass es einen Grund gab, weshalb er ausgerechnet sie, April, zu den Empfängen mitnehmen wollte. Wenn ihm wirklich so viel daran lag, spielte ihr dieser Umstand gerade in die Hände …

Im obersten Stockwerk angekommen, verließ sie den Fahrstuhl. Schon von Weitem sah sie das Logo von Damiens Firma Alexander Properties, und Stolz erfasste sie. Vor fünf Jahren, als Damien seine Firma gründete, hatte sie ihn bei der Auswahl dieses Logos beraten.

Als sie am Empfang ankam, blickte ihr eine attraktive Frau mit einer pinkfarbenen Brille entgegen. „Guten Tag“, sagte sie. „Kann ich Ihnen helfen?“

„Ja, ich möchte Damien Alexander sprechen“, sagte April. Die Frau runzelte die Stirn, und April kam der Gedanke, dass seit dem Zeitungsartikel über Damien wahrscheinlich reihenweise Frauen hier auftauchten, die ihn unter fadenscheinigen Gründen sprechen wollten …

Doch dann lächelte die Sekretärin. „Jetzt weiß ich, warum Sie mir bekannt vorkommen. Sie sind die Cellistin! April Knight, richtig?“

„Ja, das stimmt“, erwiderte April verdutzt.

Das Lächeln der Sekretärin wurde breiter. „Ich bin Clarissa. Ich habe ihr Foto auf einem Klassikmagazin gesehen. Damien hat es aufgehoben.“

April merkte, dass ihr Herzschlag für einen Moment aussetzte. Damien bewahrte Zeitschriften mit ihrem Foto darauf auf? Das war … merkwürdig.

„Eine Sekunde, bitte. Hallo, Ryan!“ Clarissa grüßte einen blonden Mann, der gerade an den Empfangstresen trat. Er war in der typischen Kluft der Fahrradkuriere gekleidet und nahm ein kleines Päckchen von ihr entgegen.

„Bis nächste Woche“, sagte sie, als er sich zum Gehen wandte. April sah deutlich, dass Clarissa dem jungen Mann auf den knackigen Hintern blickte, während er zum Fahrstuhl zurückging.

„Ich liebe diese durchtrainierten Typen“, sagte die Sekretärin dann und lachte leise. „Kommen Sie mit, April. Damien hatte gerade noch eine Telefonkonferenz, aber er müsste gleich fertig sein.“

April folgte Clarissa in einen Empfangsraum. Sie hatte dunkle, edle Holzmöbel erwartet, doch Damien hatte das Büro in minimalistischer Eleganz ausgestattet. Glas, Stahl, viel Licht.

Wieder einmal wurde April bewusst, dass sie Damien eigentlich kaum kannte. Sie hatten seit der Schulzeit nicht mehr viele Berührungspunkte gehabt.

Damals hatte sie sich vorgestellt, wie es wäre, mit Damien verheiratet zu sein, Kinder zu haben und in einem schönen Haus zu leben. Sie hatte davon geträumt, in einem Sinfonieorchester eine feste Stelle zu haben, während Damien Profi-Footballer war.

Aber es war gänzlich anders gekommen. Und dieser Gedanke gab April einen Stich ins Herz.

„Ich kann warten, wenn Damien noch zu tun hat“, sagte April. „Ich habe keine weiteren Termine.“

Doch in diesem Moment bog Damien bereits um die Ecke. Clarissa hatte ihn über ihr Headset angerufen und informiert, dass April auf ihn wartete. Offenbar hatte er sofort alles stehen und liegen lassen.

„Hey“, sagte er und lächelte April zu. „Das ist ja eine Überraschung!“

„Ich hätte wohl besser vorher anrufen sollen“, erwiderte April. „Hast du ein paar Minuten Zeit für mich?“

„Geht es um deine Antwort auf meine Frage?“

April nickte und sah zu Clarissa hinüber, die aufmerksam das Gespräch verfolgte. „Können wir unter vier Augen miteinander reden?“, fragte sie Damien dann.

„Natürlich. Gehen wir in mein Büro.“

April folgte ihm in ein Büro, das ebenso geschmackvoll eingerichtet war wie der Rest der Firmenräume.

„Setz dich“, sagte Damien. „Möchtest du etwas trinken?“

April schüttelte den Kopf und ließ sich in einen Sessel sinken. „Danke, nein. Um es kurz zu machen. Ja, ich tue dir den Gefallen. Aber die Sache hat einen Haken.“

Damien hob neugierig eine Augenbraue. „Ach ja? Und der wäre?“

„Du musst auch mir einen Gefallen tun.“

Damien lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Ich bin gespannt.“

April atmete einmal tief durch. Sie merkte, dass sie jetzt doch ein wenig nervös wurde. Wie würde Damien auf ihr Angebot reagieren?

„Du bist natürlich als erfolgreicher Geschäftsmann ein großes Vorbild für alle Jugendlichen im Viertel“, begann sie schließlich. „Und A Fresh Start liegt dir am Herzen, sonst hättest du nicht immer wieder dafür gespendet.“

„Richtig. Können wir jetzt bitte zum Punkt kommen?“

„Geduld ist nicht gerade deine Stärke, oder?“

„Nein. Aber ich lebe ganz gut damit. Also, worum geht es?“

„Okay. Also … Spenden sind großartig und wichtig, aber unser Programm kann nur laufen, wenn sich Menschen beteiligen. Wenn sie da sind, höchstpersönlich. Und die Kinder und Jugendlichen ganz konkret unterstützen.“

Damien runzelte die Stirn. „Du meinst damit aber nicht mich, oder?“

„Doch. Natürlich.“

„Wie bitte? Ich soll mich um einen Haufen Teenager kümmern? Ich kann Kinder nicht leiden, und pubertierende Wahnsinnige noch viel weniger!“

„Das ist mir egal. Für die Kinder und Jugendlichen bist du ein großes Idol. Sie wollen alle so sein wie du. Das müssen wir nutzen.“ Sie legte den Kopf schief. „Erinnere dich doch bitte mal an dich in diesem Alter. Wäre es nicht gut gewesen, einen Mentor zu haben?“

„Oh, guter Schachzug, April …“

April lächelte. „Ich weiß. Ernsthaft, Damien! Es ist wichtig, dass die Kids jemanden erleben, der etwas aus sich gemacht hat. Und dessen Chancen auch nur begrenzt waren. Das wird sie motivieren!“

„Ohne deine Hilfe hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft“, sagte Damien ernst. „Das weißt du, April.“

April merkte, dass ihr warm ums Herz wurde. Sie lächelte. „Trotzdem. Du hast dich darauf eingelassen. Und hart für deinen Erfolg gearbeitet. Die Kids bei A Fresh Start verdienen jetzt ebensolche Hilfe, wie du sie bekommen hast. Findest du nicht auch?“

Damien kreuzte die Arme vor der Brust. „Was genau möchtest du von mir?“

„Ich möchte, dass du einen Kurs bei uns gibst. Darüber, wie man mit Geld umgeht. Die meisten dieser Kinder haben keine Ahnung und auch keine guten Vorbilder.“

Damien stöhnte leise auf. „Du weißt, wie beschäftigt ich bin?“

„Ja. Das weiß ich. Genau wie ich, und trotzdem möchtest du, dass ich dich auf die Veranstaltungen hier in der Stadt begleite. Hast du eine Ahnung, wie viel Aufwand so etwas für eine Frau bedeutet? Haare, Make-up, ganz abgesehen von der schwierigen Wahl der richtigen Kleidung … All das erfordert Stunden!“

Damien hob resignierend die Hände. „Gut, ich habe es verstanden.“

„Wir haben alle viel zu tun, Damien. Ich bitte dich lediglich um eine Stunde Zeit in der Woche. Sechs Termine. Denk bitte darüber nach, wie wertvoll deine Arbeit sein wird!“

Damien seufzte leise, doch er schwieg.

April setzte nach. „Nur eine Stunde in der Woche, Damien. Ich kann dir auch bei der Kursplanung helfen. Alles kein Problem.“

„Moment! Ich habe noch nicht zugesagt!“

„Stimmt. Aber wenn du möchtest, dass ich dich zu diesen Events begleite, dann wirst du den Kurs halten müssen.“

Damien starrte sie an. „Das ist der Deal?“

„Das ist der Deal.“

„Das ist Erpressung!“

„Stimmt. Aber für einen guten Zweck.“

Damien lachte hart. „Jetzt wird meine beste Freundin zu der Frau, die mich in der Hand hat? Großartig!“

„Es ist für einen guten Zweck“, wiederholte April stoisch. „Und wenn ich so dafür sorgen kann, dass die Kids besser zurechtkommen, dann werde ich eben zur Erpresserin.“

Damien strich sich durch die Haare. „Seit wann bist du so? Irgendwie mag ich diese Seite an dir. Abgesehen davon, dass du mich erpresst.“

April merkte, dass sie rot wurde. Glücklicherweise stand Damien gerade auf, um sich ein Glas Wasser einzuschenken.

„Warum soll ausgerechnet ich das machen?“, fragte Damien dann. „Es gibt jede Menge erfolgreiche Geschäftsleute.“

„Du bietest dich geradezu an.“ April zögerte kurz, dann beschloss sie, die Karten offen auf den Tisch zu legen. „Wir bewerben uns mit A Fresh Start für eine Förderung durch öffentliche Gelder“, fuhr sie fort. „Damit wir unser Programm das ganze Jahr über anbieten können, nicht nur im Sommer. Dein Name in unserem Kursleiterteam wird für Eindruck sorgen.“

Damien starrte sie an. „Ich kann auf keinen Fall das ganze Jahr über Kurse bei euch geben!“

„Das musst du auch nicht. Wie gesagt, es geht nur um sechs Wochen. Aber dein Name wird uns Aufmerksamkeit bringen.“

Damien lachte. „Ich fasse es nicht. Und wenn ihr die Fördergelder eingestrichen habt, kann ich wieder gehen? Das klingt nicht nach der ehrlichen April, die ich kenne.“

„Auch in diesem Fall heiligt der Zweck die Mittel“, antwortete April kühl. „Es geht um die Kinder.“

Sie merkte, dass sich die Röte auf ihren Wangen vertiefte. So sehr sie sich auch bemühte, locker zu wirken. Damien wusste immer ganz genau, wie er sie aus dem Konzept bringen konnte.

Er grinste. „Du bist hinreißend.“

„Was meinst du?“

„Wie du dich für A Fresh Start einsetzt. Und alles damit rechtfertigst. Während unserer Schulzeit war für dich nicht mal eine Stunde Schuleschwänzen akzeptabel, und jetzt pokerst du mit Regierungsgeldern.“

„Ich pokere doch nicht!“

Damien lachte erneut. „Es ist okay, April. Manchmal muss man tun, was getan werden muss. Ich mag auch diese neue Seite an dir.“

Verdammt! Warum reagierte sie nur immer so extrem auf Damien? Wieso konnte sie seinem Lächeln nicht widerstehen? Und warum war er so unverschämt attraktiv? Selbst nach all den Jahren fühlte sie sich noch zu ihm hingezogen.

„Und?“, sagte sie schließlich. „Akzeptierst du unseren Deal?“

„Erst, wenn du zusagst, mich gleich morgen zum ersten Empfang zu begleiten.“

April blieb der Mund offen stehen. „Gleich morgen?“

Damien nickte.

„Und das wusstest du schon die ganze Zeit?“

„Ich war nicht sicher, ob ich wirklich in der Stadt sein würde. Aber jetzt bin ich hier und würde gerne mit dir zu der Wohltätigkeitsveranstaltung gehen. Es ist eine Ausstellung, für die Künstler sich mit Autismus beschäftigt haben.“

„Oh, ich habe davon gehört“, sagte April. „Die Kampagne ist sehr interessant, und die Einnahmen gehen an die Autismus-Stiftung. Wenn ich richtig informiert bin, möchten sie, dass man zu dem Event möglichst in Blau erscheint, oder?“

„Richtig. Und es werden jede Menge interessante Leute kommen. Menschen, mit denen ich sehr gerne Geschäfte machen möchte, um ehrlich zu sein. Ich denke, es kann nicht schaden, sich auf dieser Veranstaltung blicken zu lassen und Kontakte zu knüpfen. Michael Berger von der McGowan Group soll zum Beispiel dort auftauchen.“

„Die McGowan Group verfügt über jede Menge Geld“, sagte April ernst. „Und sie sind in sehr viele Unternehmen eingebunden.“

„Du kennst die Firma?“

„Ich arbeite für eine Nonprofit-Organisation, Damien. Ich kenne jeden, der regelmäßig Geld zur Verfügung stellt und ein potenzieller Sponsor ist.“

„Die McGowan Group investiert immer wieder auch in Bauprojekte. Deshalb steht eine Zusammenarbeit mit ihnen ganz oben auf meiner Liste“, sagte Damien. „Um den bestmöglichen Eindruck zu machen, brauche ich dich an meiner Seite, April. So, wie du bist. Intelligent, kultiviert – und vor allem nicht mit mir verbandelt.“

Damien machte einen Schritt auf sie zu und streckte die Hand aus. „Also, schlägst du ein?“

April blickte auf Damiens Hand. Man sah noch ganz fein die Narben auf dem Handrücken. Damien wirkte in seinem maßgeschneiderten Anzug, als wäre er in eine wohlhabende Welt hineingeboren worden, aber April wusste um seine Vergangenheit. Und sie wollte gerne mehr erfahren über den Mann, der er inzwischen geworden war. Damien lieferte ihr den perfekten Anlass dafür.

April nahm Damiens Hand. „Gut. Ich bin dabei.“

3. KAPITEL

Damien las aufmerksam den Vertrag durch, den er mit einer Firma abgeschlossen hatte. Es war einer dieser Deals, die er liebte: unkompliziert, schnell abgewickelt, und alle Seiten waren zufrieden.

Ganz anders also als der Deal, den er April gestern zugesagt hatte …

Damien legte die Unterlagen zur Seite und schloss für einen Moment leise seufzend die Augen. Hatte er sich wirklich überreden lassen, an Samstagen einen Kurs im Lower Ninth Ward-Viertel zu geben? Wie hatte das nur passieren können? Seitdem er vor zwei Jahren in seine Heimatstadt New Orleans zurückgekehrt war, hatte er die Gegend gemieden, in der er aufgewachsen war. Und jetzt sollte er ausgerechnet dort irgendwelche Kids darin unterrichten, besser mit ihrem Geld umzugehen? Er musste vollkommen verrückt sein …

Doch das war nur eines der Probleme, die ihm bewusst geworden waren. Seit gestern sah er April definitiv mit anderen Augen. Sie war nicht mehr nur die gute Freundin aus der Schulzeit, sondern eine erschreckend attraktive Frau. Bisher war ihm das nie so deutlich bewusst geworden, aber sie hatten ja auch kaum miteinander zu tun gehabt.

Das würde sich ändern. Von nun an würde er sie regelmäßig treffen. Konnte er damit umgehen? Es machte ihn nervös, dass die Situation sich mehr und mehr seiner Kontrolle entzog. Und zugleich war es auf eine seltsame Art spannend. Er konnte nicht mehr zurück, selbst, wenn er es gewollt hätte.

Es klopfte an der Tür, und Clarissa steckte ihren Kopf herein. „Bist du bereit für das Meeting?“

Damien wandte sich ihr zu. „Ja. Ich bin in einer Minute da. Ist alles vorbereitet?“

Clarissa nickte. „Wir sind so weit. Mei Lui ist nicht im Büro, er sieht sich das Gebäude an der Ecke Clearview und Veterans an. Aber er hat eben Bescheid gegeben, dass es sehr gut aussieht.“

„Hervorragend“, erwiderte Damien und nickte zufrieden.