Zuallererst gilt mein Dank meiner angestammten Mannschaft: Charlee Rodgers für aufmerksames Lesen und stichhaltige Kommentare, meiner Lektorin Jennifer Brehl und meinem Agenten Nicholas Ellison, der vor ein paar Jahren sagte: »Hey, wie wäre es mit einem Buch über Walgesänge? Ich weiß nicht … angenommen, sie hätten einen Sinn. Lass dir was einfallen.« Etwaiges Lob oder Vorwürfe diesbezüglich gehen an Nick. Wie immer gilt mein Dank Dee Dee Leichtfuss, meiner »freischaffenden Leserin«. Vielen Dank auch an Galen und Lynn Rathbun dafür, dass sie ihre Studien zur Rüsselspitzmaus unterbrachen, um mir Einblicke in das Leben der Feldforscher zu gewähren und den Kontakt zu den Leuten bei der NOAA (National Oceanic and Atmosphere Administration) herzustellen.
Mein Dank gilt Kurt Preston für geologische Informationen, Dr. David Kirkpatrick für Informationen zur Genetik, Mark Joseph für seine telefonische »Einführung ins Sonar«, und Bret Huffman für hilfreiche Hinweise zum Rasta-Pidgin-Slang.
Der Hintergrund zu Genen, Evolution und Memen stammt aus den Büchern von Richard Dawkins: Das egoistische Gen, Der blinde Uhrmacher und anderen; außerdem aus Daniel Dennetts Buch Darwins gefährliche Idee und aus Susan Blakmoores ausgezeichnetem Werk The Meme Machine. Diese Titel kann ich zum weiteren Lesen nur empfehlen. Wenn Sie damit durch sind, könnte es allerdings sein, dass Sie ein paar von meinen Büchern lesen und viel fernsehen müssen, damit Sie am Ende wieder blöd genug sind, um in der modernen Welt funktionieren zu können. Glücklicherweise bin ich in dieser Hinsicht hochbegabt und schon bald genesen, danke der Nachfrage.
Den Algorithmus zur Längenberechnung, von dem im ersten Kapitel die Rede ist, hat Dr. John Calambokidis vom Cascadia Research Collective entwickelt. Sowohl dafür als auch für viele andere Beiträge auf diesem Gebiet gebührt ihm unsere Anerkennung.
Viele Anekdoten, die ich für Flossen weg! verwendet habe, wurden mir von den Forschern selbst zugetragen. Die Geschichte von den japanischen Walfängern, denen der Anblick einer Pottwalkuh mit ihrem Kalb zu Herzen ging (Kapitel 30), hat mir Bob Pittman von Southwest Fisheries Science Center erzählt. Die Geschichte vom Pacific-Biological-Research-Project, bei dem das Militär eine Machbarkeitsstudie finanzierte, um die Verwendung von Seevögeln als Träger biologischer Waffen zu studieren, habe ich von Bobs Frau Lisa Ballance, die ebenfalls im Southwest Fisheries Science Center der NOAA arbeitet.
Vielen Dank auch an Dr. Wayne Perryman von der NOAA, der mir stundenlang Geschichten erzählt und mich mit Informationen über das Alltagsleben der Forscher ausgestattet hat. Danke außerdem an Dr. Perryman dafür, dass er mich eingeladen hat, in Kalifornien persönlich an den Beobachtungen der Grauwale teilzunehmen, ohne dass ich jedes Mal die Pizza holen musste.
Vielen Dank an Jay Barlow vom Southwest Fisheries Sciene-Center der NOAA für Informationen zu Forschungsprojekten der Navy und den Beziehungen zwischen Forschern und Navy. Das meiste davon musste ich leider weglassen, um Captain Tarwater nach Maui versetzen zu können, aber trotzdem: Danke, Jay!
Mein Dank gilt auch Carol DeLancey vom Marine Mammal Program der Oregon State University, die mir die grandiose Geschichte von der Glattwalkuh erzählte, die das Schlauchboot einiger Forscher als Diaphragma benutzte, während die Forscher von herumtastenden Walpimmeln attackiert wurden (Kapitel 8) – was Dr. Bruce Mate tatsächlich passiert ist. Allerdings habe ich es etwas ausgeschmückt, denn ich glaube nicht, dass die Bullen in das Boot ejakuliert haben – und aus Dr. Mate ist auch keine Lesbe geworden.
Für Informationen zur Unterwasser-Akustik und zum Wesen und zur Reichweite von Blauwalrufen, wovon ich das meiste komplett ignoriert habe, danke ich Dr. Christopher G. Fox vom Hatfield Marie Science Center in Newport, Oregon. Chris’ Beschreibung eines nicht identifizierbaren, anhaltenden Pulsierens tief unten im Pazifischen Ozean, irgendwo vor der chilenischen Küste, war die erste Inspiration für die unterseeische Stadt Gooville.
Für die Insidergeschichten zum Hafenleben in Lahaina und das Liebesleben der Forscherinnen geht mein Dank an Rachel Cartwright und Captain Amy Miller, die das Kuh/Kalb-Verhalten der Buckelwale studieren – im Winter auf Maui und im Sommer in Alaska.
Dank auch an Kevin Keyes, sowohl für seine Wal- und Delfingeschichten, als auch für die unendliche Geduld, mir das Kajakfahren auf dem Meer beizubringen – und das »Kaltwasser«-Sicherheitstraining, das mir wahrscheinlich bei dem Versuch, mich unter die Tiere zu mischen, das Leben gerettet hat.
Schließlich danke ich von ganzem Herzen Dr. Jim Darling. Flip Nicklin und Meagan Jones, die mir zwei Winter lang erlaubt haben, mitzufahren und sie bei ihren Forschungen auf Maui zu beobachten. Darüber hinaus haben sie großzügig ihre Zeit geopfert, um meine Fragen sowohl persönlich als auch per E-Mail zu beantworten. Während die meisten Informationen über Buckelwale und ihren Gesang in Flossen weg! von diesen Fahrten stammen, sind die Ungenauigkeiten und Freiheiten, die ich mir hinsichtlich der Informationen geleistet habe, einzig und allein auf meinem Mist gewachsen. Mit den Anekdoten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die ich bei diesen Leuten – die allesamt ihr Leben der Forschung auf diesem Gebiet widmen – aufgeschnappt habe, ließen sich ohne weiteres zwei Bücher füllen. Kurz gesagt, dieses Buch wäre ohne ihre Hilfe gar nicht möglich gewesen. Freundlichere, intelligentere, engagiertere Menschen als diese wandeln nicht über das Antlitz unserer Erde.
Zur Unterstützung ihrer anhaltenden Forschungsarbeit über den Gesang und das Verhalten der Buckelwale schicken Sie Ihre steuerabzugsfähigen Spenden an:
Whale Trust
300 Paani Place
Paia, HI 96779
Der ehemalige Journalist Christopher Moore arbeitete als Dachdecker, Kellner, Fotograf und Versicherungsvertreter, bevor er anfing, Romane zu schreiben. Er wird von der Kritik zu Recht immer wieder mit Douglas Adams und Terry Pratchett verglichen. Seine Romane haben in Amerika längst Kultstatus, und auch im deutschsprachigen Raum wächst die Fangemeinde beständig. Christopher Moore liebt – nach eigenen Angaben: den Ozean, Elefanten-Polo, Käsecracker, Acid Jazz und das Kraulen von Fischottern. Er mag aber weder Salmonellen noch Autoverkehr und erst recht nicht gemeine Menschen. Christopher Moore lebt in Cambria, Kalifornien.
»Wissenschaft, von der man nichts versteht, sieht immer aus wie Zauberei«, sagt Kona in Kapitel 30. Normalerweise halte ich mich lieber an die Magie, weil man dafür nicht so viel Mathe braucht, aber für Flossen weg! war es unerlässlich, etwas Wissenschaft mit einfließen zu lassen. Da so vieles in Flossen weg! dem Reich der Magie entstammt, empfinde ich es nur als fair, Ihnen – edler Leser – eine Vorstellung davon zu vermitteln, was hier Fakt ist und was nicht.
Der Wissensstand im Bereich der Cetologie – speziell zu Fragen der Verhaltensforschung – wächst in derart atemberaubendem Maße, dass man kaum noch sicher sein kann, ob das, was gestern stimmte, auch heute noch gilt. (Das ist in meinem Leben nicht viel anders – von daher passte es ganz gut.) Kaum vierzig Jahre beschäftigt sich die Wissenschaft nun mit den Buckelwalen, und erst im letzten Jahrzehnt entstanden Studien, mit deren Hilfe nach einer Verbindung zwischen dem Gesang und sozialer Interaktion geforscht wurde. (In diesem Zusammenhang ist die Frage berechtigt: Was kann bei einem Tier, dessen Stimme Tausende Kilometer weit reicht, als Interaktion gelten?) Während ich diese Zeilen schreibe – im September 2002 – ist manches, was den Gesang der Buckelwale angeht, nach wie vor ein Rätsel. (Auch wenn die Wissenschaft sehr wohl weiß, dass er sowohl in den New-Age-Abteilung von Musikgeschäften als auch in tropischen Gewässern zu finden ist. Dafür gibt es keine vernünftige Erklärung. Allerdings hat man bisher noch keine Buckelwale in der New-Age-Abteilung eines Plattenladens aufgescheucht.)
Niemand hat bislang den Paarungsakt der Buckelwale gesehen, geschweige denn gefilmt, und wenn es auch den Anschein haben mag, als hätte der Gesang etwas mit der Paarung zu tun, da nur die Bullen singen, und das auch nur während der Paarungszeit, konnte bisher noch niemand eine direkte Verbindung zwischen dem Gesang und der Paarung nachweisen. Theorien gibt es mehr als genug: Die Bullen markieren ihr Territorium, sie dokumentieren mit dem Gesang, wie groß und stark sie sind, sie rufen ihre Freunde, sie sagen nur »Huhu« – alles ist möglich, oder nichts davon. Tatsache bleibt, dass es sich beim Gesang der Buckelwale – ungeachtet seines Zwecks – um die komplexeste nichtmenschliche Komposition auf Erden handelt. Egal ob Kunst, Gebet oder Paarungsruf, es ist ein ganz erstaunliches Erlebnis, Zeuge dieses Gesangs zu werden. Vermutlich wird es – selbst wenn die Wissenschaft eine Erklärung gefunden hat – ein magischer Moment bleiben, sobald sie ihre Stimme erheben.
Vom Gesang mal abgesehen, entspricht doch vieles der Wahrheit, was in Flossen weg! zum Verhalten und zur Biologie der Wale beschrieben wird – zumindest soweit wie möglich, ohne die Geschichte allzu sehr zu überfrachten. (Ausgenommen die Walschiffe, die Walbengel und der Hinweis darauf, dass alle Killerwale Kevin heißen. Das habe ich mir ausgedacht. In Wahrheit heißen alle Killerwale Sam. Ha!) Die akustischen Daten und deren Analyse sind im Großen und Ganzen Kokolores. Zwar sammeln Wissenschaftler ihre Daten tatsächlich auf die beschriebene Art und Weise, aber deren Analyse ist ein Produkt meiner Fantasie. Anmerken möchte ich allerdings, dass sich niederfrequente Walrufe im Wasser tatsächliche Tausende Kilometer weit fortpflanzen.
Es stimmt, dass sich die Walforscher jeden Winter im Hafen von Lahaina drängen, und es stimmt auch, dass regelmäßig Vorträge im Besucherzentrum der Schutzstation stattfinden, aber die Bosheit, die Rivalität und die beschriebenen Spannungen zwischen den Forschern entsprechen nicht der Wahrheit, ebenso wenig wie die Beschreibungen und Charaktere der einzelnen Figuren. Spannungen zwischen Neurotikern sind einfach interessanter als die Beschreibung engagierter Profis, die ihre Arbeit tun und gut miteinander auskommen, was in Wahrheit der Fall ist. Im Zweifel sollte man einfach davon ausgehen, dass ich mir das alles ausgedacht habe.
Wir sollten keine Wale töten,
denn sie beflügeln unsere Phantasie.
Dr. James Darling
Hey, ich dachte, sie wären schon gerettet! Niemand hört gern: »Wir freuen uns, dass Ihnen unsere Geschichte über den Regenwald mit den vielen niedlichen Tieren und den reizenden Eingeborenen gefallen hat, DENN NÄCHSTE WOCHE WIRD DAS ALLES NUR NOCH VERKOHLTE WÜSTE SEIN!« Ich tue es auch nur ungern, aber Sie sollten wissen, dass viele Informationen über den Schutz der Wale unzutreffend sind. Die Tiere sind noch nicht wirklich gerettet.
Japaner und Norweger gehen nach wie vor auf Walffang und töten mit offizieller Genehmigung jährlich bis zu fünfhundert Minkwale zu »Forschungszwecken« (das Fleisch landet auf europäischen und asiatischen Märkten). Trotz gegenteiliger Argumente der Verfechter eines »freien Marktes« ist der Walfang in Japan keineswegs ein gewinnbringendes Geschäft. Er wird von der Regierung subventioniert, und um die Nachfrage zu schüren, verteilt man Walfleisch an den Schulen, damit sich die Kinder an den Geschmack gewöhnen. (Guter Gedanke. Sehnen wir uns nicht alle nach der Kantinenküche unserer Jugend? Mmmh, Erbsenbrei.) Verdeckt arbeitende Biologen (Spionage-Freaks) haben mit Hilfe von DNS-Proben Fleisch gefährdeter Spezies (darunter auch vom Blauwal) in Walfleischdosen gefunden, die mit »Minkwalfleisch« beschriftet waren. (Also tötet jemand Blauwale.)
Von Forschungszwecken abgesehen, ist das Fangverbot, das die Internationale Walfangkommission für große Wale ausgesprochen hat, nach wie vor in Kraft, aber mehrere Nationen versuchen mit aller Kraft, dieses Verbot aufzuheben, und finanzieren Studien, die beweisen sollen, dass sich die Population der großen Wale – einschließlich der Buckel- und Grauwale – soweit erholt hat, dass die Jagd wieder beginnen kann. Die amerikanische Position in der Internationalen Walfangkommission (IWC) wird erheblich durch den Umstand geschwächt, dass man für den Eingeborenenwalfang eintritt – die Jagd eingeborener Völker zur Existenzsicherung. In Wahrheit zielen die Argumente der Eingeborenen, die sich für den Walfang einsetzen, nur selten auf die Existenzsicherung ab, sondern eher darauf, dass die Jagd eine »kulturelle Tradition ihres Volkes ist, die erhalten werden muss«. Das ist natürlich kompletter Schwachsinn. Bei Amerikanern europäischer Herkunft hat es Tradition, Völkermord an Eingeborenen zu begehen, was aber nicht beachtet, dass wir damit jetzt wieder anfangen sollten. Nicht alle alten Ideen sind auch gute Ideen.
Es stimmt zwar, dass sich manche Walspezies zu erholen scheinen (Grau- und Buckelwal), aber andere Populationen haben nach wie vor zu kämpfen, und manche – wie der Nordamerikanische Glattwal – könnten demnächst von unserem Planeten verschwunden sein (nicht wegen des Walfangs, sondern – wie ein Walforscher sagt, dessen Namen ich nicht nennen möchte – »weil sie dumm wie Brot sind und nicht aus dem Weg gehen, wenn sie ein Schiff kommen hören.« Verdammt, ich lande fast im nächsten Graben, wenn mir ein Eichhörnchen vor den Kühler läuft, und von denen gibt es Millionen. Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass ich einen schlingernden Supertanker gefährden würde, um einem der letzten Glattwale auszuweichen.) Jüngste Untersuchungen gehen davon aus, dass es auf der ganzen Welt keine dreihundert Nordamerikanischen Glattwale mehr gibt. (Es lassen sich nur Schätzungen anstellen, weil die Wissenschaftler nicht genügend Tiere finden, als dass sie ernstlich was zu zählen hätten – und wenn man ein Tier findet, muss man wahrscheinlich auf Teufel komm raus loszählen und dann mit Algorithmen und Computerprojektionen extrapolieren.) Glücklicherweise jedoch erholen sich manche Populationen, und obwohl die japanische Regierung anscheinend eine Bande von Großwildjägern ist, scheint die japanische Bevölkerung die Wale lieber zu beobachten als zu essen, so dass der Druck, die Jagd fortzusetzen, auf Dauer abnehmen dürfte.
Der Hammer dabei ist vermutlich, dass die größte Bedrohung für Meeressäuger durch den Verlust ihres Lebensraums und die Verschmutzung – und nicht durch die Jagd – entstehen dürfte. (Ja, aber … Verlust des Lebensraums? Haben die nicht den ganzen Ozean zur Verfügung?) Größtenteils sind unsere Meere große, nasse Wüsten mit Millionen Quadratkilometern, in denen das Leben rar gesät ist. Es war abzusehen, dass die menschliche Bevölkerung früher oder später mit den Meeressäugern um die Nahrungsquellen konkurrieren würde, und angesichts größerer Nachfrage und verbesserter Fangmethoden sind einst reiche Fischgründe irgendwann tot und leer wie kahl geschlagene Wälder. Hydroelektrische Dämme, mit denen die Wanderung von Lachsen und anderen Spezies in ihre Laichgebiete verhindert werden soll, nehmen schon jetzt Einfluss auf die Populationen der Meeressäuger, die sich von ausgewachsenen Lachsen ernähren.
Die Verschmutzung durch Industrie und Landwirtschaft gelangt früher oder später ins Meer. Nun sollte man annehmen, dass die ungeheure Wassermenge diese Chemikalien verdünnt, und das geschieht auch – bis die Chemikalien von einem Mechanismus eingesammelt werden, der sich »Nahrungskette« nennt. Neuere Studien von Gewebeproben einiger Zahnwale (Killerwale und Delfine, die weit oben in der Nahrungskette stehen), ergaben ein so hohes Maß an Toxinen, dass der Speck dieser Tiere als Sondermüll gilt. Momentan werden Studien erstellt, die ergründen sollen, ob die abnehmende Population der Meeressäuger an der Westküste Nordamerikas nicht vielleicht auf die niedrigeren Geburtsraten und das geschwächte Immunsystem der Tiere zurückzuführen ist, die sich von vergiftetem Fisch ernähren. (Ach ja: Raten Sie mal, wer noch ganz oben in der Nahrungskette steht?)
Sie brauchen Hilfe? Passen Sie auf: Sich Sorgen um den Zustand unserer Meere zu machen, heißt nicht, dass man irgendwie durchgeknallt ist, ein Weichei und Baum-Umarmer, sondern es heißt, dass man nachdenkt. Die Gesundheit allen Lebens auf diesem Planeten hängt von der Gesundheit der Meere ab. Es ist ein stetes Geben und Nehmen. (Sogar jemand, der für das Prinzip von Angebot und Nachfrage eintritt, muss zugeben, dass es kein Angebot und entsprechend keine Nachfrage mehr geben wird, wenn ein Fisch erst wegen Überfischung ausgestorben ist.) Achten Sie also darauf, was Sie essen, und nehmen Sie keinen gefährdeten Fisch zu sich (den Schwarzen Seehecht beispielsweise). Und schütten Sie beim Ölwechsel Ihr altes Öl nicht in den Gully, es sei denn, Sie wollen, dass Ihr nächster Krabbenteller nach Motoröl schmeckt. Oder gefällt Ihnen vielleicht die Vorstellung, dass Ihre eigenen Kinder mit Flossen zur Welt kommen?
Und sehen Sie sich ein paar Wale an. Keine gefangenen Tiere, sondern wilde. Am Ende dreht sich immer alles nur ums Geld, und solange es profitabler ist, wenn sich die Menschen Wale ansehen wollen, wird es diese Tiere geben. Falls Sie nicht am Meer leben und auch nicht hinfahren können, kaufen Sie sich ein Wal-Video. Es kann bestimmt nicht schaden.
Ansonsten schreien sie einfach wahllos irgendwelche Leute an, dass sie aufhören sollen, die Wale zu töten. Es könnte sich durchsetzen. Bestimmt.
(»Möchten Sie vielleicht Pommes dazu?«
»Schnauze! Hört auf, Wale zu töten!«
»Danke vielmals. Fahren Sie weiter, bitte.«)
Amy nannte den Wal »Pummelchen«.
Er war sechzehn Meter lang, breiter als ein Stadtbus und wog vierzig Tonnen. Ein wohlplatzierter Schlag seiner mächtigen Schwanzflosse könnte das Fiberglasboot mühelos zersplittern, und an die Besatzung würden nur noch rote Pfützen in den Fluten vor Hawaii erinnern. Amy beugte sich über die Reling und ließ das Hydrophon zum Wal hinunter. »Guten Morgen, Pummelchen« sagte sie.
Nathan Quinn schüttelte den Kopf. Er musste aufpassen, dass ihm bei Amys zuckersüßem Getue nicht übel wurde, während er verstohlen einen Blick auf ihren Hintern warf und sich dabei ein wenig schäbig fühlte. Wissenschaft konnte eine komplexe Angelegenheit sein. Nate war Wissenschaftler. Amy war ebenfalls Wissenschaftlerin, aber in Khaki-Shorts sah sie einfach umwerfend aus, rein wissenschaftlich betrachtet.
Unter ihnen sang der Wal, und das Boot vibrierte bei jedem Ton. Vorn am Bug fing die Reling an zu summen, und Nate spürte, wie die tieferen Töne in seinem Brustkorb widerhallten. Der Wal war bei einem Teil des Liedes angekommen, den man »die grünen Melodien« nannte, eine lange Tonfolge, die sich anhörte, als kurvte ein Krankenwagen durch Wackelpudding. Ein weniger geübter Zuhörer hätte vielleicht angenommen, der Wal sagte »Hallo« und freute sich des Lebens, wollte alle Welt wissen lassen, dass es ihn gab und er gut drauf war, aber Nate war ein erfahrener Zuhörer, vielleicht der erfahrenste von allen, und für seine geübten Ohren klang es, als sagte der Wal … tja, im Grunde hatte er keine Ahnung, was der Wal eigentlich sagte. Deshalb dümpelten sie ja hier draußen vor Maui in einem kleinen Motorboot herum und würgten um sieben Uhr morgens ihr Frühstück herunter: Niemand wusste, wieso die Buckelwale sangen. Seit fünfundzwanzig Jahren belauschte, beobachtete, fotografierte Nate die Tiere und piekste sie mit Stöcken, aber er hatte immer noch keine Ahnung, wieso sie eigentlich sangen.
»Er ist bei seinen ›Ribbits‹, sagte Amy, als sie den Teil des Walgesangs erkannte, der normalerweise kam, kurz bevor das Tier auftauchte. »Ribbit« war der wissenschaftliche Begriff für dieses Geräusch, denn genau so hörte es sich an – wie ein Quaken. Wissenschaft konnte manchmal ganz einfach sein.
Nate spähte über die Reling und sah den Wal, der etwa fünfzehn Meter unter ihnen kopfüber im Wasser hing. Fluke und Brustflossen waren weiß, ein leuchtend blaues V im dunkelblauen Wasser. Das große Tier lag still, als schwebte es durchs All, wie der letzte Wächter einer ausgestorbenen Rasse Weltraumreisender, nur gab es Laute von sich, die eher zu einem daumengroßen Baumfrosch als zu einer archaischen Superrasse gepasst hätten. Nate lächelte. Er mochte die »Ribbits«. Der Wal schlug einmal kurz mit seinem Schwanz und war für Nate nicht mehr zu sehen.
»Er kommt rauf«, sagte Nate.
Amy nahm ihre Kopfhörer ab und griff sich die vollautomatische Nikon mit dem 300 mm-Objektiv. Eilig zog Nate das Hydrophon hoch und rollte das nasse Tau am Boden vor seinen Füßen auf. Er wandte sich dem Kontrollpult zu und ließ den Motor an.
Dann warteten sie.
Hinter sich hörten sie einen Wal ausblasen. Beide fuhren herum und sahen eine Säule aus Wasserdampf in der Luft hängen, aber sie war weit entfernt, gut dreihundert Meter hinter ihnen, zu weit, als dass es ihr Wal sein konnte. Das war das Problem mit diesen Gewässern zwischen Maui und Lanai. Es gab dort so viele Wale, dass es oft nicht einfach war, den einen, den man beobachtete, von den hunderten anderer zu unterscheiden. Die Menge der Tiere war Segen und Fluch zugleich.
»Ist das da unser Bursche?«, fragte Amy. Alle Sänger waren männlich. Zumindest soweit sie wussten. Die DNS-Tests hatten es ergeben.
»Glaub ich nicht.«
Weiter links blies noch einer aus, erheblich näher. Nate konnte die weiße Fluke, die beiden Schaufeln seiner Schwanzflosse, unter Wasser sehen, selbst auf hundert Meter Entfernung. Amy startete ihre Stoppuhr. Nate schob den Gashebel nach vorn, und schon waren sie unterwegs. Amy drückte ein Knie gegen die Konsole, um sich abzustützen, und hielt die Kamera auf den Wal gerichtet, während das Boot durch die Wellen pflügte. Drei-, viermal würde er ausblasen, dann seine Fluke zeigen und abtauchen. Amy musste bereit sein, wenn der Wal tauchte, um ein gutes Bild von seiner Schwanzflosse zu bekommen, damit er identifiziert und katalogisiert werden konnte. Als sie bis auf dreißig Meter herangekommen waren, nahm Nate Gas weg und hielt das Boot in Position. Noch einmal blies der Wal, und sie waren so nah dran, dass sie etwas von dem Sprühnebel abbekamen. Er stank nicht nach Fisch und Mundgeruch wie die Wale, mit denen man es in Alaska zu tun hatte. Buckelwale fraßen nichts, wenn sie vor Hawaii waren.
Der Wal zeigte seine Fluke, und Amy schoss zwei Bilder mit der Nikon.
»Braver Junge«, sagte Amy zu dem Wal. Sie drückte ihre Stoppuhr.
Nate stellte den Motor ab, und das Boot schaukelte in der sanften Dünung. Er warf das Hydrophon über Bord, dann drückte er den Aufnahmeknopf am Rekorder, der mit einem elastischen Band am Pult befestigt war. Amy legte die Kamera auf den Sitz vor dem Pult, dann nahm sie ihr Notizbuch aus der wasserdichten Tasche.
»Er ist bei genau sechzehn Minuten«, sagte Amy, checkte die Tauchzeit, hielt sie in ihrem Notizbuch fest und schrieb Zeit und Bildziffern auf den Film, den sie eben verschossen hatte. Nate las ihr die laufende Nummer vom Rekorder vor, dann Längen- und Breitengrad vom tragbaren GPS-Gerät. Amy legte die Aufzeichnungen weg, und sie lauschten. Diesmal waren sie nicht direkt über dem Wal, konnten ihn aber aus den Lautsprechern des Rekorders singen hören. Nate setzte seine Kopfhörer auf und lehnte sich zurück.
So war das mit der Feldforschung. Augenblicke frenetischer Aktivität, gefolgt von endlosen Phasen des Wartens. (Nates erste Ex-Frau hatte einmal angemerkt, das sei in ihrem Sexualleben auch nicht anders gewesen, aber da waren sie schon nicht mehr zusammen, und sie hatte ihm nur eins auswischen wollen.) Im Grunde war es mit dem Warten vor Maui nicht so schlimm … zehn, fünfzehn Minuten am Stück. Als er im Nordatlantik über Glattwale geforscht hatte, musste Nate manchmal wochenlang warten, bis er einen Nordkaper fand, den er beobachten konnte. Normalerweise nutzte er die Tauchzeit, um darüber nachzudenken, ob er sich nicht besser einen richtigen Job hätte suchen sollen, einen, bei dem man auch Geld verdiente und die Wochenenden frei hatte, oder wenigstens irgendwas, bei dem die Ergebnisse seiner Arbeit greifbarer waren, wie etwa beim Versenken von Walfangschiffen – als Pirat und Retter.
Heute gab sich Nate alle Mühe, Amy nicht dabei zu beobachten, wie sie sich mit Sonnencreme einrieb. Amy war eine Schneeflocke im Land der Sonnenbräune. Die meisten Walforscher verbrachten viel Zeit unter freiem Himmel, auf dem Wasser – größtenteils ein unerschrockener Haufen, der gern an der frischen Luft war, Leute, die ihre von Wind und Sonne gegerbten Gesichter wie Kriegsveteranen stolz zur Schau trugen. Es gab nur wenige ohne diesen semipermanenten Waschbären-Look um die Augen und sonnengebleichtes Haar oder so eine schuppige, kahle Stelle am Hinterkopf. Amy dagegen hatte milchweiße Haut und glattes, kurzes, schwarzes Haar, so dunkel, dass manche Strähnen in der Sonne Hawaiis blau leuchteten. Sie trug kastanienbraunen Lippenstift, was in dieser Umgebung so atemberaubend unpassend wirkte, dass es schon fast komisch war. Sie sah aus wie die Königin der pazifischen Gruftis, was tatsächlich auch einer der Gründe war, weshalb ihre Anwesenheit Nate derart verwirrte. (Er sagte sich: Ein wohlgeformter Hintern – selbst halb nackt – war nur ein wohlgeformter Hintern, aber hängte man einen wohlgeformten Hintern an eine blitzgescheite Frau und fügte einen Hauch Unbeholfenheit hinzu, schon hatte man … na ja, Probleme.)
Nate sah nicht hin, als sie den Sonnenschutzfaktor 50 auf ihren Beinen verrieb, auf Knöcheln und Füßen. Er sah nicht hin, als sie sich auszog – bis auf ihr Bikinioberteil – und Sonnencreme über Brust und Schultern verteilte. (Die Tropensonne kann einen sogar versengen, obwohl man Kleider trägt.) Vor allem aber achtete Nate nicht darauf, wie sie seine Hand nahm, Sonnencreme hineinspritzte, sich dann umdrehte und ihm bedeutete, dass er sie auf ihrem Rücken verteilen sollte, was er auch tat – wobei er sie nicht näher beachtete. Professionelle Zurückhaltung. Er war bei der Arbeit. Er war Wissenschaftler. Er lauschte dem Lied des Megaptera novaeangliae (»Großer Flügel von Neuengland« hatte ein Wissenschaftler diesen Wal getauft und damit eindeutig bewiesen, dass Wissenschaftler zu viel trinken), und er war keineswegs verzaubert von ihrem bezaubernden Hintern, da er in der Vergangenheit schon vergleichbare Daten gesammelt und ausgewertet hatte. Nates Analyse zufolge verwandelten sich bezaubernde Hintern in 66,666 Prozent aller Fälle in Ehefrauen, und Ehefrauen verwandelten sich in exakt 100 Prozent aller Fälle in Ex-Ehefrauen – plus/minus fünf Prozent, was auf den nachehelichen Sex zurückzuführen war.
»Soll ich’s dir machen?«, fragte Amy und streckte die Hand aus, mit der sie am meisten Erfahrung im Verreiben von Sonnencreme hatte.
Geh gar nicht erst darauf ein, dachte Nate, nicht mal im Scherz. Eine falsche Antwort auf so einen Satz, und schon konnte man seine Stellung an der Universität verlieren, wenn man denn eine hätte, was bei Nate nicht der Fall war, aber trotzdem … Daran dachte man nicht einmal.
»Nein, danke, dieses Hemd hat extra einen eingewebten UV-Schutz«, sagte er und stellte sich vor, wie es wäre, wenn Amy es ihm machte.
Misstrauisch musterte Amy sein ausgewaschenes T-Shirt mit der Aufschrift WE LIKE WHALES CONFERENCE ’89 und verteilte den Rest Sonnencreme an ihrem Bein. »Ach was«, sagte sie.
»Weißt du, ich wünschte wirklich, ich könnte rausfinden, wieso die Burschen singen«, sagte Nate, nachdem der Kolibri seiner Gedanken sämtliche Blumen im Garten gekostet hatte und wieder bei diesem Plastikgänseblümchen angekommen war, das einfach keinen Nektar geben wollte.
»Echt wahr?«, erwiderte Amy todernst und dennoch lächelnd. »Aber wenn du es rausgefunden hast, was machen wir dann morgen?«
»Herumprahlen«, antwortete Nate grinsend.
»Ich würde den ganzen Tag lang tippen, Ergebnisse analysieren, Fotos vergleichen, Tonaufnahmen archivieren …«
»Uns ein paar Donuts holen«, fügte Nate hilfreich hinzu.
Amy fuhr fort, zählte die Liste an den Fingern ab: »…leere Tonbänder besorgen, die Autos und Boote waschen, rüber zum Fotolabor laufen –«
»Nicht so eilig«, unterbrach Nate.
»Wie? Du willst mir die Freude vorenthalten, rüber zum Fotolabor zu laufen, während du dich im wissenschaftlichen Ruhm sonnst?«
»Nein, du darfst zum Labor laufen, aber Clay hat jemanden eingestellt, der die Autos und Boote wäscht.«
Eine zarte Hand wanderte zu ihrer Stirn, als wäre sie einer Ohnmacht nah, die Südstaatenschönheit, von Schwermut umfangen. »Wenn ich falle und über Bord gehe, lass mich nicht ertrinken.«
»Weißt du, Amy«, sagte er, während er die Armbrust auspackte, »ich weiß nicht, wie ihr es in Boston gehalten habt, aber in der Verhaltensforschung wird von Assistenten eigentlich nur erwartet, dass sie sich über erniedrigende Hilfsarbeiten beklagen. So war es, als ich dabei war, so ist es seit Jahrhunderten, immer schon. Selbst Darwin hatte jemanden auf der Beagle, der ihm die toten Vögel archiviert und die Karteikarten sortiert hat.«
»Hatte er nicht. Darüber habe ich nie was gelesen.«
»Natürlich nicht. Niemand schreibt über Forschungsassistenten.« Wieder grinste Nate, feierte seinen kleinen Sieg. Er merkte, dass er seinen Pflichten dieser Assistentin gegenüber nicht ausreichend nachkam. Clay, sein Partner, hatte sie vor gut zwei Wochen eingestellt, und mittlerweile hätte Nate sie eigentlich terrorisieren müssen. Stattdessen hatte sie ihn im Griff wie einen Sklaven bei Starbucks.
»Zehn Minuten«, sagte Amy mit einem Blick auf den Timer ihrer Uhr. »Willst du auf ihn schießen?«
»Es sei denn, du möchtest.« Nate legte den Pfeil in die Armbrust. Er stopfte den Anorak, in den sie die Armbrust »einwickelten«, unter die Konsole. Es war politisch höchst unkorrekt, im Hafen von Lahaina eine Waffe bei sich zu führen, um damit auf Wale zu schießen, und deshalb versteckten sie die Armbrust im Anorak und taten, als hinge die Jacke auf einem Bügel.
Amy schüttelte heftig den Kopf. »Ich fahre das Boot.«
»Du solltest es ruhig lernen.«
»Ich fahre das Boot«, wiederholte Amy.
»Niemand fährt das Boot.« Zumindest kein anderer als Nate. Zugegeben, die Constantly Baffled war nur ein Acht-Meter-Mako-Speedboot, und an einem windstillen Tag wie heute hätte selbst ein aufgeweckter Vierjähriger damit umgehen können. Trotzdem: Er fuhr dieses Boot. Niemand anders. Männer empfanden nun mal erhebliches Unbehagen bei dem Gedanken, dass eine Frau Gewalt über ein Speedboot oder gar eine Fernsehfernbedienung haben mochte.
»Er kommt rauf«, sagte Nate. Sie hatten jetzt eine Aufnahme des gesamten, sechzehnminütigen Liedes. Er stoppte den Rekorder und zog das Hydrophon herauf, dann ließ er die Maschine an.
»Da«, sagte Amy und deutete auf die weißen Flossen und die Fluke, die sich unter Wasser bewegten. Der Wal blies nur zwanzig Meter vor ihrem Bug aus. Nate gab Vollgas. Amy wurde glatt von den Füßen gerissen und klammerte sich gerade noch rechtzeitig an die Reling neben der Ruderkonsole, als das Boot einen Satz nach vorn machte. Nate blieb rechts neben dem Wal, kaum zehn Meter abseits, als das Tier zum zweiten Mal auftauchte. Er hielt das Ruder mit der Hüfte, hob die Armbrust an und schoss. Der Bolzen prallte von dem gummiartigen Rücken ab. Wie eine bleistiftgroße Plätzchenform trennte die hohle Spitze Haut und Fettgewebe heraus, bis das breite Plastikende ein weiteres Eindringen verhinderte.
Der Wal hob seinen Schwanz aus dem Wasser und schlug ihn in die Luft, gab ein Geräusch von sich, als knackte ein mächtiges Gelenk, als er die massigen Schwanzmuskeln anspannte.
»Er ist genervt«, sagte Nate. »Nehmen wir eine Messung vor.«
»Jetzt?«, fragte Amy. Normalerweise warteten sie den nächsten Tauchzyklus ab. Offensichtlich fürchtete Nate, der Wal könnte weiterziehen, obwohl sie erst die Hautprobe genommen hatten. Sie konnten ihn verlieren, bevor eine Größenmessung vorgenommen war.
»Jetzt. Ich schieße, du bedienst den Entfernungsmesser.«
Nate nahm das Gas zurück, damit er die Schwanzflosse auch wirklich ganz in den Sucher bekam, wenn der Wal abtauchte. Amy schnappte sich den lasergesteuerten Entfernungsmesser, der aussah wie ein Fernglas für Zyklopen. Indem sie genau ermittelten, wie weit der Schwanz entfernt war, und diesen Wert mit der Schwanzgröße auf dem Bild verglichen, konnten sie die Größe des Tieres relativ genau berechnen. Nate hatte einen Algorithmus gefunden, mit dem sie die Länge eines Wales mit 98 %iger Genauigkeit ausrechnen konnten. Noch vor wenigen Jahren hatten sie im Flugzeug sitzen müssen, wenn sie wissen wollten, wie lang ein Tier war.
»Fertig«, sagte Amy.
Der Wal blies aus und wölbte seinen Rücken zu einem hohen Buckel auf, als er sich zum Tauchen bereitmachte (deshalb nannte man sie »Buckelwale«). Amy richtete den Entfernungsmesser auf den Walrücken. Nate hielt das Teleobjektiv auf dieselbe Stelle, und die kleinen Motoren zur Autofokussierung summten leise, glichen die Bewegungen des Bootes aus.
Der Wal zeigte seine Fluke, hob den Schwanz hoch in die Luft, und dort sah man – statt der markanten, schwarzweißen Zeichnung, nach der Buckelwale identifiziert wurden – in dreißig Zentimeter hohen schwarzen Buchstaben die Worte FLOSSEN WEG!
Nate drückte den Auslöser. Vor Schreck fiel er rückwärts in den Kapitänssitz und riss dabei den Gasgriff nach hinten. Die Nikon sank auf seinen Schoß.
»Ich glaub’s nicht!«, rief Nate. »Hast du das gesehen?«
»Was gesehen? Ich hab hier dreiundsiebzig Fuß«, sagte Amy, während sie den Entfernungsmesser abnahm. »Von da, wo du bist, wahrscheinlich sechsundsiebzig. Was waren deine Bildziffern?« Sie griff nach dem Notizbuch, als sie sich zu Nate umdrehte. »Bist du okay?«
»Alles klar. Bild Nummer sechsundzwanzig, aber ich hab ihn verpasst«, log er. Sein Hirn blätterte in einem gewaltigen Stapel Karteikarten, durchforstete eine Million Artikel, die er gelesen hatte, suchte eine Erklärung für das, was er eben gesehen hatte. Es konnte unmöglich wahr sein. Der Film würde es beweisen. »Dir ist keine ungewöhnliche Zeichnung aufgefallen, als du das Foto gemacht hast?«
»Nein, dir?«
»Nein, vergiss es.«
»Ganz ruhig, Nate. Wir kriegen ihn, wenn er wieder hochkommt«, sagte Amy.
»Kehren wir um.«
»Willst du denn keine Längenmessung vornehmen?« Um die Daten zu komplettieren, brauchten sie ein Erkennungsfoto, eine Tonaufnahme von mindestens einem vollständigen Liedzyklus, eine Hautprobe zur Ermittlung von DNS und Toxinen – und eine Längenmessung.
»Kehren wir lieber nach Lahaina zurück«, sagte Nate und starrte die Kamera auf seinem Schoß an. »Du fährst.«