Thomas Fröhling

DIE LOTSEN

BERATER DER SCHIFFSLEITUNG

 

Thomas Fröhling

DIE LOTSEN

BERATER DER SCHIFFSLEITUNG

Koehlers Verlagsgesellschaft · Hamburg

Fotos: Thomas Fröhling, soweit nicht anders angegeben.

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eISBN 978-3-7822-1119-2
ISBN 978-3-7822-1078-2
Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg

© 2013 by Maximilian Verlag, Hamburg
Ein Unternehmen der Tamm Media
Alle Rechte vorbehalten.

Produktion: Inge Mellenthin

INHALT

Vorwort: Im Dienste aller

Einleitung: Ohne Lotsen geht es nicht

Grußwort: 50.000 Schiffe im Jahr

Lotsendienst damals

Die Stationen an Nord- und Ostsee

Unterwegs auf der Elbe

Ausbildung

Unterwegs auf der Ems

Modernste Technik im Einsatz

Fahrzeuge der Lotsen

Das Leben an Bord

Der Nord-Ostsee-Kanal

Das Gespräch

Lotsen auf dem Fluss

Versetzung mit dem Hubschrauber

Singende Lotsen am Kanal

Let’s have a Song, Boys

Wissenswertes

Danke

Bei schlechtem Wetter werden Lotsen mit dem Hubschrauber versetzt. Kapitäne, die es wünschen, erhalten weit in der Deutschen Bucht ihren Lotsen.

Die Anfahrt an ein Seeschiff ist bei schlechtem Wetter und hohem Seegang eine gefährliche Prozedur.

IM DIENSTE ALLER …

Trotz modernster Navigationstechnik, satellitengestützter Ortung und Schiffen, die mit allen technischen Raffinessen ausgestattet sind, kommt moderne Schifffahrt nicht ohne Lotsen aus. Daran hat der Technikwandel nichts geändert. Lotsen gibt es so lange, wie es Schiffe gibt. Die Steuerberater auf See sind nach wie vor die revierkundigen Berater des Kapitäns und unverzichtbar in Zeiten zunehmender Verkehre an den Küsten. Nicht nur die Anzahl der Schiffe steigt stetig, auch schlechteres Wetter macht die Navigation nicht leichter.

Die Lotsen an der Nord- und Ostsee kennen das Revier wie ihre Westentasche. Kein Kapitän kennt die Unwägbarkeiten und Feinheiten seines Fahrtgebietes so genau wie der Lotse, der an Bord kommt und für kurze Zeit seine Kenntnisse zur Verfügung stellt, damit Schiff, Besatzung und Ladung sicher in den Hafen gelangen. Der Lotse ist Gast an Bord: kommt, wenn er gebraucht wird, und geht, wenn das Schiff sicher am Kai liegt oder seine Fahrt ohne ihn fortsetzen kann. Dieses Buch schildert die Arbeit der Lotsen an der deutschen Nord- und Ostseeküste sowie in ihren Häfen und beschreibt die unterschiedlichen Anforderungen. Es zeigt die Männer, die meist im Verborgenen arbeiten, aber für die Schifffahrt unverzichtbar sind.

Thomas Fröhling

Rauf auf das Schiff, runter vom Schiff. Meist beginnt der Job mit immer denselben Handgriffen – dem Erklimmen von schwankenden Leitern und Treppen.

Der Arbeitsplatz des Lotsen an der Seite des Kapitäns.

OHNE LOTSEN GEHT ES NICHT

Schifffahrt ohne Lotsen ist und bleibt undenkbar. Die erfahrenen Nautiker sind lang gediente Kapitäne, jahrelang auf den Meeren unterwegs gewesen, haben Containerschiffe über die Ozeane gesteuert und sind unzählige Häfen angelaufen. Sie wissen um die Gefahren auf See und kennen die Tücken der Meere und Flüsse, wenn es darum geht, ein Schiff sicher an den Zielort zu geleiten. Mit Seefahrtromantik hat dies alles nichts zu tun, das gibt es nur im Fernsehen. Wie so oft im Leben dreht sich alles um Gewinnmaximierung, Zeit und Geld.

In hoch technisierten Zeiten sollte man glauben, Lotsen seien verzichtbar. Lotsenentgelte ließen sich einsparen, das Geschäft wäre ohne sie profitabler. Mit Radar, Satelliten-Ortung, einer Menge technischer und nautischer Gerätschaften sowie einer Beratung per Funkgerät ließe sich ein Schiffe ohne Lotsen in den Hafen lenken. Kann das funktionieren?

Während eines Probebetriebs auf der Elbe zeigte sich, dass Funkberatung durch einen Lotsen von Land aus nicht ausreicht. Neben Verständigungsschwierigkeiten waren es Mängel in der Umsetzung der Beratung. Die Anweisungen von Land wurden nicht, nicht richtig oder zu spät eingeleitet. Dies hätte im richtigen Schiffsbetrieb fatale Folgen – so waren sich alle Beteiligten einig. Selbst Kapitäne bevorzugen die persönliche Lotsenberatung auf der Brücke. Unverzichtbar ist ein direkter Ansprechpartner, der mit Rat und Tat zur Seite steht, der stets alle Faktoren im Blick hält, um Schiff, Besatzung und Ladung sicher zu leiten. Nautische Entscheidungen können nur auf der Brücke getroffen werden. Am Funk sind Wetter, Strömungen, Wind, Regen, Tide, Eisgang und Gegenverkehr schlecht einzuschätzen. Moderne Hilfsmittel sind als Verbindung zum nautischen Können eines Lotsen unumgänglich. Die Gesamtheit macht die Sicherheit an den Küsten aus.

Thomas Fröhling

Entschlossen und im richtigen Moment entscheidet sich der Lotse zum Sprung auf das Versetzboot. Bei rauer See und schwankenden Schiffen eine gefährliche Situation. Mit viel Geschick manövriert der Bootsführer den Versetzer an die Bordwand.

 

Der Arbeitsplatz des Lotsen: die Kommandobrücke eines Containerschiffs im dichten Nebel. Keine leichte Aufgabe. Radar und die Funkberatung sorgen dafür, dass auch unter schwierigsten Wetterbedingungen die Passage gefahrlos zu navigieren ist.

 

Häufiger Gast in Hamburg: die QUEEN MARY II der britischen Cunard-Linie. Für die Lotsen eine Herausforderung.

Albrecht Kramer und Michael Nicolaysen,
Ältermänner der Lotsenbrüderschaft »Elbe«, Hamburg

50.000 SCHIFFE IM JAHR …

Der Verkehr zu den Häfen der deutschen Nord- und Ostseeküste nimmt zu, die Schiffe werden immer größer. Die Schifffahrtsrouten sind stark befahren, das Wetter ist unberechenbar und wechselt von einer Stunde zur anderen. Ebbe und Flut, tückische Strömungen, große Untiefen und Hindernisse unter Wasser machen die Küsten zu einem gefährlichen Terrain. Das deutsche Seelotswesen ist zu jeder Zeit und unter allen Witterungsbedingungen der Garant für einen sicheren Zulauf zu allen Häfen. Lotsen stehen mit Fachwissen, Erfahrung und langjähriger Reviertätigkeit für die Sicherheit an Bord, den Anrainern und der Umwelt ein. Mit einer guten Struktur und straffen Arbeitsabläufen wird der stark anwachsende Verkehr mit steigenden Schiffsgrößen bewältigt. Lotsen beraten die Kapitäne und navigieren die Schiffe sicher zu ihrem Bestimmungsort. Allein in Hamburg verkehren jährlich mehr als 50.000 Schiffe auf der schmalen und stark frequentierten Elbe. Sie werden von revierkundigen Lotsen professionell und verlässlich navigiert – bei Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag.

Lotsen sind verpflichtet, regelmäßig Fort- und Weiterbildungsseminare zu besuchen. Ihre ständige Verfügbarkeit ist für Reedereien, Charterer, Kapitäne, Hafenbetriebe und Behörden von vitalem, wirtschaftlichem Interesse. Alle profitieren davon, dass Schiffe ihre Ladung sicher in die Häfen bringen und transportieren. Die Lotsen sorgen seit Hunderten von Jahren für einen reibungslosen An- und Ablauf der Verkehre.

Erster und zweiter Ältermann der »Elbe«-Lotsen: Albrecht Kramer und Michael Nicolaysen. Sie stehen der Lotsenbrüderschaft »Elbe« in Hamburg vor.

Warten auf den Moment. Versetzung auf ein Seeschiff.

 

Die Lotsenstation regelt den Einsatz der Lotsen. Das Telefon ist rund um die Uhr besetzt. Hier laufen alle Drähte zusammen.

LOTSENDIENST DAMALS

Lotsen sind kundige Berater des Kapitäns. Ihr Revier sind die Häfen, Küsten, Flussmündungen und Seekanäle der Nord- und Ostsee. Viele Jahre sind sie als »Trainee« im Einsatz, um von erfahrenen Kollegen die Gefahren, Untiefen und Strömungsverhältnisse der Seegebiete vor ihrer Haustür kennen und respektieren zu lernen. Erst dann sind sie befähigt, allein und eigenverantwortlich die ihnen überlassenen Schiffe durch die Fahrrinnen zu lotsen.

Der Kapitän verlässt sich voll und ganz auf die besonderen Kenntnisse des Lotsen. Oftmals lässt der Kapitän gerne das Ruder aus der Hand, um sich dem Rat des erfahrenen Fahrenskollegen anzunehmen. Trotz dieser Aufgabenverteilung ist der Kapitän nicht aus der Haftung entlassen: Wenn er erkennt, dass der Lotse ein strittiges Manöver einleitet, steht er in der Pflicht und würde haften, sollte das Schiff auflaufen. Denn zuletzt ist der Kapitän der Herr des Schiffes und trägt Verantwortung für Schiff, Besatzung und Ladung. Der Lotse ist Berater.

Die Anfänge des Lotsenwesens liegen im 14. Jahrhundert. Damals waren es revierkundige Fischer, die sich als Lotsen anboten. Die älteste überlieferte Lotsordnung stammt aus dem Jahr 1656 mit der Bezeichnung »Pilotage der Hansestadt Hamburg« und galt für den Lotsberuf als erste staatliche Zulassung. Die Lotsen in Cuxhaven wurden in dieser Gemeinschaft nach holländischem Muster zusammengefasst. Andere Städte folgten dem Hamburger Beispiel – der frühe Beginn der heutigen Brüderschaften, in denen die Lotsen zusammengeschlossen sind. Auf der Insel Borkum gründeten Fahrensleute 1707 ihre Lotsordnung, an der Weser 1723 als »Geestendorfer Privat-Lotsengesellschaft«.

Die ersten Lotsenschiffe brachte der Wind zu den Kunden. Später setzte die Motorisierung unter Dampf ein. Heute bringen moderne Swath-Tender die Nautiker zu den Schiffen.

Lotsenschiff DITMAR KÜEL Ditmar Koel war ein Kapitän, erfolgreicher Seeräuberjäger und von 1548 bis 1563 Bürgermeister von Hamburg.

Ein Relikt aus der Zeit, als man den Lotsendienst noch mit Bleistift und einem Blatt Papier beschrieb.

An der Ostsee wurde es 1784 etwas anders geregelt, als der Eider-Kanal in Betrieb genommen wurde. An der Kieler Förde entstand die erste offizielle staatliche Lotsenstation. Diese Lotsen waren städtische Bedienstete.

Die Entwicklung hielt bis in das 20. Jahrhundert an, als der Kaiser-Wilhelm-Kanal (Nord-Ostsee-Kanal) fertiggestellt wurde. Seit 1922 sind sie nicht mehr beamtet und dem Status der Elbelotsen angepasst.

Mit dem Staatsvertrag aus dem Jahre 1921 ging die Verwaltung der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich über.

Weitere Meilensteine der Lotsengeschichte:

  1919 schlossen sich die deutschen Seelotsen im Lotsenbund zusammen.

  Als 1954 die Bundesrepublik Deutschland entstand, ging mit dem Gesetz über das Seelotswesen eine einheitliche Regelung einher. Nur das Lotswesen in den Häfen ist noch Ländersache.

  1990 gründete sich die Lotsenbrüderschaft »Wismar/Rostock/Stralsund« im Zuge der Wiedervereinigung.

  2004 wurde das Gesetz über das Seelotswesen 50 Jahre alt.

In der Mannschaftsmesse der KAPITÄN BLEEKER in den 8oern. Hier trafen sich alle zu den Mahlzeiten oder um gemeinsam fernzusehen. Damals gab es nur wenig TV-Geräte an Bord.

Versetzboote aus einer längst vergangenen Epoche und Lotsenschiffe wie die SIMON VON UTRECHT (u. Mitte) oder die DITMAR KÜEL (u.).
Mit Dampfbetrieb und Ruderkraft versetzten seinerzeit die Mannschaften die Lotsen auf ihre Schiffe.

Der Steuerstand auf dem Stationsschiff ELBE. Tag und Nacht einsatzbereit. 365 Tage im Jahr.

STATIONEN AN NORD- UND OSTSEE

Von der niederländischen Küste bis zur polnischen Grenze reichen die sieben Seelotsreviere. Lediglich in den Häfen Hamburg und Bremerhaven bestehen eigene Lotswesen, die den Ländern zugeordnet sind – ansonsten ist das Lotswesen Bundessache. Fahrzeuge und Stationen werden vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen angeordnet.

Emden:

Das westlichste Revier hat eine Länge von rund 80 Seemeilen (ca. 40 km) und beginnt für große Tanker 20 Seemeilen nördlich der »Westerems«-Tonne und erstreckt sich über die Ems in Richtung Papenburg. Die dort ansässige Meyer Werft lässt mehrmals im Jahr ihre großen Kreuzfahrtneubauten über die Ems nach Emden und »Eemshaven« (NL) überführen.

In der Emder Lotsenstation am Außenhafen sind etwa 34 Lotsen beschäftigt, die jährlich knapp 7.500 Lotsungen durchführen. Neben den großen Autotransportern für die Volkswagen-Verschiffung gehören Schiffe mit Windenergieanlagen und auch Gas- und Kreidetanker zur Klientel der Emder.

In Nord- und Ostsee gibt es sieben Reviere und Lotsenstationen.

Das Lotsenhaus in Bremerhaven mit Blick auf den Außenhafen.