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Aufgenommen in die Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek NB Bern, 2018
© 2018 Manfred A. Wagenbrenner
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783746052618
Für meine Kinder
Stefan Dennis und Tamara Maria,
die am Untersee aufgewachsen sind.
Wer kennt ihn nicht, den Bodensee? Den See, umgeben von den drei Ländern, Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Doch wer kennt die alten Geschichten von Burgen, Schlössern, Klöstern, von Fischerdörfern und Städten, von seinen Inseln und seinen Bewohnern. Wer kennt die Erzählungen über seine Fischer und Bauern? Wer hat schon von den Fürsten, Rittern und Mönchen, die am See lebten, gehört?
Geschichten aus längst vergangener Zeit, die diese Landschaft und die Menschen am Grossen See prägten? Geschichten, ohne die die Bodenseeregion nicht das wäre, was sie heute ist, eine Region mit einer grossartigen Vergangenheit, die noch heute an vielen Orten sichtbar ist. Man muss nur genau hinschauen, oder nagucke, oder aheluga, oder aneluege.
Habe ich sie gwundrig gmacht, sind sie wundrig gwore, oder habe ich nur einfach ihre Neugierde geweckt, dann lesen sie die Geschichten in diesem Buch.
Ihr Manfred A. Wagenbrenner
Orte, an denen sich die Geschichten und Sagen
vom Bodensee zutrugen.
Als Gott der Herr die dunkeln Kräfte der werdenden Natur erregt,
und zu dem schöpfrischen Geschäfte die Wasser und den Grund
bewegt und als sich nun die Tiefen senkten, die Berge rückten auf
den Platz, die Ebnen sich mit Bächen tränkten, in See'n sich schloß
der Wasser Schatz:
Da schuf sich auch die Riesenkette der Alpen ihrer Thäler Schoos,
da brach der Strom im Felsenbette aus seinem Eispalaste los. Er
trat heraus mit freud'gem Schrecken, er wallet hell in's offne Land
und ruht in einem tiefen Becken als blauer See mit breitem Rand.
Und fort von Gottes Geist getrieben wogt er hinab zum jungen
Meer, doch ist sein Ruhesitz geblieben und Wälder grünen um ihn
her und über ihm hochausgebreitet spannt sich der heitern Lüfte
Zelt, es spiegelt sich, indem sie schreitet, die Sonn' in ihm, des
Himmels Held.
Und wie nun auf den weiten Auen des ersten Sabbaths Ruhe
schlief, ließ sich der Bote Gottes schauen im lichten Wolkenkranz
und rief. Da scholl gleich donnernden Posaunen des Engels
Stimme durch den Ort, es horchten Erd' und Fluth mit Staunen
und sie vernahmen Gottes Wort:
Gesegnet bist du, stille Fläche, vor vielem Land und vielem Meer!
Ja rieselt fröhlich nur, ihr Bäche ja ströme, Fluß, nur stolz einher!
Ihr hüllet euch in einen Spiegel, der große Bilder bald vereint,
wenn Einer, der der Allmacht Siegel trägt auf der Stirn – der
Mensch, erscheint.
Dann werden sich die Haine lichten, wie sich der Menschen Herz
erhellt, dann prangt ein Kranz von goldnen Früchten um dich, du
segensreiches Feld! Die Rebe strecket ihre Ranken in deinen hellen
See hinein und schwer beladne Schiffe schwanken in reicher
Städte Hafen ein.
Auszug aus dem Gedicht von Gustav Schwab, erschienen 1846
Der Reiter reitet durchs helle Tal, aufs Schneefeld schimmert der Sonne Strahl.
Er treibet im Schweiss durch den kalten Schnee, will heut noch erreichen den Bodensee.
Noch heut mit dem Pferd in den sichern Kahn, will drüben noch landen vor Nacht er an.
Auf schlimmem Weg, über Dorn und Stein, er braust auf rüstigem Ross feldein.
Aus den Bergen heraus, ins ebene Land, weit sieht er sich dehnen das Schneegewand.
Weit hinter ihm schwindet so Dorf wie Stadt, der Weg wird eben, die Bahn wird glatt.
In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus, die Bäume gingen, die Felsen aus.
So flieget er hin eine Meile und zwei, er hört in den Lüften der Schneegans Schrei.
Es flattert das Wasserhuhn empor, nicht andere Laute vernimmt sein Ohr.
Keinen Wandersmann sein Auge schaut, der ihm den rechten Pfad vertraut.
Fort geht's wie auf Samt, auf dem weichen Schnee. Wann rauscht denn das Wasser? wann glänzt der See?
Da bricht der Abend, der frühe herein, von Lichtern blinket ein ferner Schein.
Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum und Hügel schliessen den weiten Raum.
Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn, dem Rosse gibt er den scharfen Sporn.
Die Hunde bellen empor am Pferd und es winkt im Dorf ihm der warme Herd.
"Willkommen am Fenster, Mägdelein, an den See, an den See, wie weit mag's sein?"
Die Maid, sie staunt den Reiter an: "Der See liegt hinter dir und der Kahn und deckt ihn die Rinde von Eis nicht zu, ich sprach, aus dem Nachen stiegest du."
Der Fremde schaudert, er atmet schwer: "Dort hinten die Ebene, die ritt ich her!"
Da reckt die Magd die Arm in die Höhe: "Herr Gott! so rittest du über den See!"
An den Schlund, an die Tiefe bodenlos hat gepocht des rasenden Hufes Stoss!
"Und unter dir zürnten die Wasser nicht? Nicht krachte hinunter die Rinde dicht?
Du warst nicht die Speise der stummen Brut? Der hungrigen Hechte in der kalten Flut?"
Sie rufet das Dorf herbei zu der Mähr, es stellen die Knaben sich um ihn her, die Mütter, die Greise, sie sammeln sich: "glückseliger Mann, ja, segne du dich!
Herein zum Ofen, zum dampfenden Tisch, brich mit uns das Brot und iss vom Fisch!"
Der Reiter erstarrt auf seinem Pferd, er hat nur das erste Wort gehört. Es stockt sein Herz, es sträubt sich sein Haar, dicht hinter ihm grinst noch die Gefahr.
Es sieht sein Blick nur den grässlichen Schlund, im Geist versinkt er im schwarzen Grund.
Im Ohr ihm donnerts, wie krachendes Eis, wie die Wellen umrieselt ihn kalter Schweiss.
Da seufzt er, da sinkt er vom Ross herab, da ward ihm am Ufer ein trocken Grab.
Gedicht von Gustav Schwab, erschienen 1846
Der Bodensee ist trotz seiner Grösse und Tiefe, in strengen Wintern, schon mehrmals ganz zugefroren. Seit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 875 berichtet man von den Jahren 875, 895, 1074, 1076, 1108, 1217, 1227, 1277, 1323, 1325, 1378, 1379, 1383, 1409, 1431, 1435, 1460, 1465, 1470, 1479, 1512, 1553, 1560, 1564, 1565, 1571, 1573, 1684, 1695, 1788, 1830, 1880 und 1963
Diese Gelegenheiten benützte man oft zu ausgedehnten Festen auf dem Eis. Ein freundschaftlicher Austausch durch Schüler, Vereine und Narrengesellschaften fand mit den Nachbarn auf der jeweiligen, gegenüberliegenden Seite des Sees statt.
Als Seegfrörni bezeichnet man in der Schweiz das Zufrieren eines Sees. In südlichen Teilen Deutschlands und westlichen Teilen Österreich wird der Begriff Seegfrörne verwendet.
Seit 1573 wird bei jeder Seegfrörni, soweit es von den politischen Gegebenheiten und der Tragfähigkeit des Eis für eine grössere Menschenmenge möglich ist, die Büste des Heiligen Johannes in einer feierlichen Eisprozession wechselseitig vom schweizerischen Kloster Münsterlingen, ins deutsche Hagnau über das Eis getragen und bei der nächsten Seegfrörni wieder zurück.
Seit 1963 steht die Büste bis zur nächsten Seegfrörni in der Pfarrkirche des ehemaligen Benediktinerklosters in Münsterlingen.
In einem kalten Winter, als der Bodensee zugefroren war, sollen die Konstanzer dieses Ereignis, um es der Nachwelt mitzuteilen, ins Eis geschrieben haben. Im Frühjahr aber, man sei darüber sehr bestürzt gewesen, war die Eisdecke samt der Inschrift wieder zu Wasser geworden.
Über die Belagerung von Konstanz 1633 durch den schwedischen Feldmarschall Gustav Horn, ist Folgendes überliefert: Am vierten Tag der Belagerung, als der Feind mit Feuer- und Granatkugeln der Stadt zusetzte, sei während der Mittagszeit, oberhalb der Augustinerkirche, die Mutter Gottes in Gestalt einer schönen Frau, mit einem strahlenden Glanz umgeben, in der Luft schwebend gesehen worden. Auch von etlichen Feinden wurde dies bestätigt. Die Schweden waren darüber derart erschrocken und verängstigt, dass sie die Belagerung darauf bald aufgaben.
Als 1548 die spanischen Söldnertruppen des römischen Kaisers, während der Belagerung von Konstanz, Petershausens einnehmen wollten, wehrten sich die Konstanzer mit Löwenmut. Hartnäckig verteidigten sie die Rheinbrücke. Vierzig bis sechzig Metzgerburschen hielten hier die Feinde so lange auf, bis hinter ihnen die Verteidiger einen Teil der Brücke abgebrochen hatten. Dann zogen sie sich schwimmend zu ihren Leuten zurück. Einer aber hielt noch immer Stand. Er hatte bereits mehrere Feinde getötet, als zwei Spanier auf ihn losstürzten, sein Schwert unterliefen und versuchten ihn zu Fall zu bringen.
Als er ihnen nicht länger widerstehen konnte, umfasste er die beiden Feinde mit seinen gewaltigen Armen, drängt sie gegen den Rand der Brücke und stürzte sich mit ihnen in die Fluten des Rheins.
Conrad, ein geborener Graf von Altdorf, wurde im Jahr 938 zum Bischof von Konstanz gewählt. Er sagte kommende Dinge voraus, wirkte viele Wunder und konnte vergiftete Lebewesen ohne Schaden zu sich nehmen. Als einmal, während dem Feiern der Heiligen Messe, eine ekelerregende Giftspinne von oben herab in den Kelch mit dem Heilige Blut gefallen war, nahm er dieses samt der Spinne zu sich. Vor dem Mittagsessen, als er bereits am Tisch sass und seinen Kopf auf beide Hände gestützt, einige Zeit im Gebet verharrte, kroch die vorher heruntergeschluckte Giftspinne unversehrt aus seinem Mund hervor, ohne dass er dabei Schaden genommen hätte.