Cover

Jan Andersen

Vignetten von

Cathy Ionescu

Für Lotta, Abby, Spot, Carlos und Akira

Weitere Titel in dieser Reihe:

Dusty – Freunde fürs Leben

Dusty in Gefahr

Dusty – Komm nach Hause!

Dusty und das Winterwunder

Es ist alles ganz anders, als er es bisher kannte. Die Luft, der Himmel, die Wolken. Der Wind, der ihm fremde Gerüche zuträgt, von weit her über das endlose Meer, und die Wellen, die sich am Strand donnernd brechen und ihm um die Pfoten lecken.

Manchmal sackt er so tief ein, dass er kaum vorankommt, dann wieder ist der Sand unter seinen Pfoten so fest und hart, dass er einfach losrennen muss. Nur so, zum Spaß, und um ein paar fette Möwen aufzuschrecken, die am Flutsaum hocken und nach Muscheln und Krebsen picken. Wenn die Möwen kreischend hochfliegen, folgt er ihnen noch ein Stück und bellt, so laut er kann. Er weiß ja, dass er sie nicht erwischt, und sie wissen es auch, aber sie sollen bloß nicht denken, dass ihnen der Strand alleine gehören würde!

Jetzt ist er nämlich da. Dusty. Und Paul! Und sie machen lauter gute Sachen. Paul brüllt gegen die Brandung an, als wollte er den Wellen zeigen, dass er keine Angst vor ihnen hat. Und er hilft ihm dabei und bellt und knurrt und fletscht die Zähne – und die Wellen hauen jedes Mal ganz schnell wieder ab. Dann warten Paul und er, bis sie sich wieder trauen und zurückkommen, und das Ganze geht von vorne los.

Manchmal wirft Paul auch einen Stock für ihn in das schäumende Wasser. Dann muss er schnell sein und genau aufpassen, dass ihn die nächste Welle nicht überrollt, bevor er den Stock mit den Zähnen gepackt und zurück zu Paul auf den trockenen Sand gebracht hat.

Einmal war er nicht schnell genug, und die Welle hat ihm einfach die Beine weggerissen und ihn herumgewirbelt und kopfüber auf den Strand geworfen. Wie ausgespuckt! Aber das wird ihm nicht noch mal passieren, jetzt kennt er ja den Trick, den die Wellen draufhaben.

Am besten sind die Priele zwischen den Sandbänken, in denen das Wasser viel wärmer ist als in der Brandung. Und in denen es auch keine Wellen gibt, sodass er einfach reinspringen kann. Mit Anlauf! Und wenn er sich hinterher das Wasser aus dem Fell schüttelt, fliegen die Tropfen nach allen Seiten und glitzern in der Sonne. Auch Paul ist schon in einen Priel gesprungen. Oder eher gefallen, weil er zu dicht am Rand war und nicht aufgepasst hat, und – klatsch, lag er im Wasser. Mit allen Klamotten. Aber als er sich geschüttelt hat, hat es trotzdem nicht so schön gespritzt. Ein Fell ist also viel besser als Klamotten, so viel ist sicher.

Jetzt zieht Paul gerade ein dickes Tangbüschel aus der Brandung. Und er hat zwischen den grünbraunen Stängeln irgendetwas entdeckt. Eine Flasche!

»Guck mal, Dusty! Die Flasche kommt aus England, glaube ich jedenfalls. Doch, stimmt, das ist Englisch, was hier steht. Wahrscheinlich hat sie jemand von einem Schiff geworfen. Nur schade, dass kein Brief drinsteckt. Das wäre was, wenn wir eine echte Flaschenpost finden würden! Los, komm, such! Such eine Flaschenpost für uns! So wie diese Flasche hier, nur mit einem Brief drin. Oder wenigsten einem Zettel, verstehst du?«

Er weiß nicht genau, was Paul meint, aber das ist auch völlig egal. Menschen haben manchmal komische Ideen, das kennt er ja schon. Er wedelt kurz mit dem Schwanz und leckt mit der Zunge über die Flasche, die Paul ihm hinhält. Dann hebt er sein Bein und pinkelt auf das Tangbüschel.

»Sehr gut, braver Hund«, sagt Paul. Aber seine Stimme klingt, als wäre er nicht ganz zufrieden. »Okay«, sagt er jetzt. »Dann suche ich eben alleine. Und du pinkelst einfach weiter alles an, was du findest.«

Sie sind erst ein paar Meter weiter, als er plötzlich etwas riecht. Ganz kurz nur, dann hat der Wind den Geruch schon weitergeweht. Er hebt trotzdem die Nase in die Luft und wittert. Der Geruch kam nicht vom Meer, sondern von der anderen Seite, von den Dünen hinter dem Strand. Gleich darauf sieht er auch den Schatten in dem hohen Dünengras. Und der Schatten bewegt sich! Aber sosehr er sich auch anstrengt, die Dünen sind zu weit weg, er kann beim besten Willen nicht erkennen, was da gerade zwischen den Sandbuchten wieder verschwindet.

Er zieht noch einmal die Luft tief in die Nase, und ganz kurz meint er, den Geruch wieder zu wittern. Ein unangenehmer Geruch, der ihm gar nicht gefällt. Und er hat die ganze Zeit das Gefühl, dass er beobachtet wird …

Er läuft zu Paul und springt bellend an ihm hoch, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass da drüben an den Dünen etwas ist, was vielleicht gefährlich sein könnte. Aber Paul lacht nur und krault ihm das Fell, bevor er sagt: »Es ist toll hier, ich weiß! Und ich freue mich auch. Aber jetzt lass mich weitersuchen, ich will unbedingt eine Flaschenpost finden, kapierst du?«

Typisch, denkt er, Menschen kriegen echt manchmal gar nichts mit! Er beschließt, ganz dicht bei Paul zu bleiben, für alle Fälle. Und er blickt immer wieder zu den Dünen hinüber. Aber da ist nichts mehr zu sehen, nur das Gras, das sich im Wind bewegt. Und ein paar Möwen, die hoch oben in der Luft kreisen und plötzlich zum Sturzflug ansetzen, als wollten sie jemanden verjagen. Um gleich darauf wieder aufzusteigen und noch wütender zu kreischen als vorher. Also hat er sich nicht geirrt. Da ist etwas, das den Möwen ganz und gar nicht passt. Oder ihnen sogar Angst macht!

1. Kapitel

Paul ist glücklich. Er hat schon fast wieder vergessen, dass er vor zwei Tagen gedacht hat, alles wäre doof. Als klar war, dass seine Mutter nicht wie geplant Urlaub machen konnte. Weil im Krankenhaus ein Arztkollege von ihr Grippe hatte und sie ihn vertreten musste. Und als seine kleine Schwester Karlotta dann auch noch gesagt hat: »Ich finde das nicht schlimm. Ich wollte nämlich sowieso nicht auf diese blöde Insel, sondern lieber zu Hause bleiben und mit meiner besten Freundin spielen.«

Aber Paul fand es schlimm! Er hatte sich so auf die Ferien gefreut und schon genau geplant, was er auf der Insel alles machen wollte. Zum Beispiel sein Mountain-Bike mitnehmen und versuchen, damit von der höchsten Düne runterzubrettern, ohne kopfüber in den Sand zu fliegen. Oder mit Dusty schon ganz früh morgens an den Strand gehen Und gucken, ob vielleicht über Nacht ein Schiffswrack angespült worden ist, vielleicht sogar mit einem Schatz, den vor ihnen noch keiner entdeckt hat.

Natürlich hat er gewusst, dass das ziemlich unwahrscheinlich ist. Aber alleine davon zu träumen, war schon gut!

Für alle Fälle hat er deshalb auch extra ein Tauschgeschäft mit Lukas gemacht, seine Lieblings-CD von den Toten Hosen gegen ein Taschenmesser. Weil das Taschenmesser von Lukas nicht nur zwei Klingen hatte, sondern auch eine Säge und einen Schraubenzieher! Und beides würde er mit Sicherheit brauchen, wenn er in dem Schiffswrack nach dem Schatz suchte. Außerdem hatte er ganz einfach keine Lust, in den Ferien zu Hause rumzuhängen, weil alle seine Freunde weg waren. Und bestimmt würden sie irgendwelche aufregenden Sachen erleben, und er dagegen – gar nichts! Null. Niente. Nada. Nur gähnende Langeweile.

Als dann sein Vater nach dem Abendessen »unter vier Augen« mit ihm reden wollte, hat Paul schon befürchtet, Peter würde wieder damit anfangen, dass endlich mal das Unkraut aus den Ritzen zwischen den Platten vom Gehweg gezupft werden musste. Oder noch irgendwas Dämlicheres! Deshalb hat er auch im ersten Moment gar nicht kapiert, was Peter meinte, als er gefragt hat: »Was hältst du davon, wenn wir eine Woche lang Männerurlaub machen? Nur du und Dusty und ich?«

»Wozu?«, hat Paul zurückgefragt. »Das bringt’s doch nicht. Ich wollte auf die Insel! Und wenn das wegen Muttis Arbeit nicht geht, dann habe ich auch keine Lust, irgendwas anderes zu machen. Ist mir doch egal, wenn ich vor lauter Langeweile anfange, die Fliegen an der Wand zu zählen oder so was.«

Sein Vater hat die Augen verdreht, als wäre Paul ein wenig schwer von Begriff. Oder hätte nicht richtig hingehört!

»Noch mal«, hat er gesagt. »Ganz langsam zum Mitschreiben! Du, Dusty und ich. Männerurlaub. Und natürlich auf der Insel, wo sonst? Wir haben die Ferienwohnung schließlich schon gemietet, da können wir auch hinfahren und deine Mutter und Karlotta kommen nach, sobald Simone im Krankenhaus nicht mehr gebraucht wird!«

Und genauso haben sie es dann auch gemacht. Sie haben ihre Sachen gepackt und sind losgefahren. Blöd war, dass Peter im letzten Moment noch das Mountain-Bike entdeckt hat, das Paul ganz hinten in den Kombi geschoben hatte. Er hatte sogar extra noch eine alte Decke drübergelegt. Aber sein Vater hat es trotzdem entdeckt und zurück in den Keller gebracht.

»Vergiss es«, hat er erklärt. »Die Dünen sind nicht dazu da, dass irgendwelche Verrückten mit Mountain-Bikes drin rumkurven und alles kaputtfahren. Wahrscheinlich ist es sowieso verboten, überhaupt in die Dünen zu gehen. Und am Strand kannst du mit dem Rad auch nichts anfangen, da versackst du nur im Sand.«

Typisch sein Vater, hat Paul noch gedacht. Man muss nur einmal eine Idee haben, die vielleicht ein bisschen ungewöhnlich ist, und schon tut er so, als ob das den Untergang der Welt bedeuten würde!

Aber das war auch das Einzige, worüber sie sich gestritten haben. Und kaum dass sie auf der Insel waren, hatte sein Vater so blendende Laune wie schon lange nicht mehr. Er hat noch nicht mal gemeckert, als Paul gleich nach dem Frühstück mit Dusty an den Strand wollte, um bis zum Ende der Insel zu laufen. Alleine!

»Du gehst nicht irgendwo ins Wasser, wo kein Badestrand mit Rettungsschwimmern ist«, hat er nur gesagt. »Und du lässt Dusty nicht von der Leine, wenn andere Leute in der Nähe sind, die ihre Ruhe haben wollen. Wenn er einen Haufen macht, vergräbst du ihn sofort. So tief wie möglich!«

»Aber warum soll ich Dusty denn vergraben?«

»Haha, du weißt genau, was ich meine. Und um eins bist du wieder hier, da wird Mittag gegessen.«

»Und was machst du so lange?«

»Ich leg mich auf den Liegestuhl in die Sonne und denke darüber nach, wie schön es ist, einfach mal gar nichts zu tun.«

»Überanstreng dich bloß nicht«, hat Paul gesagt und gegrinst. Und dann hat er nach Dusty gepfiffen und sie sind los.

Weil noch Ebbe war, war auch noch keine Badezeit. Und je weiter sie sich von den Strandkörben entfernten, umso weniger Leute waren unterwegs. Bis er und Dusty schließlich ganz alleine waren!

»Mann, Mann, Dusty«, sagt Paul zu seinem Hund und drückt sein Gesicht in das nasse Fell. »Ist das klasse hier? Du freust dich auch, oder?«

Dusty leckt ihm mit der Zunge über den Hals und die Nase, aber dabei winselt er und guckt immer wieder zu den Dünen hinüber.

»Was hast du denn?«, fragt Paul. »Da ist doch nichts, nur ein paar Möwen, die sich aufregen. Keine Ahnung, weshalb. Kann uns aber auch egal sein. Los, komm, wir laufen weiter. Wir müssen mindestens noch bis zu dem Leuchtturm, den will ich mir unbedingt ansehen! Jetzt komm schon …«

Erst als Dusty anfängt zu bellen und plötzlich sein Nackenhaar aufstellt, sieht Paul den schwarzen Fleck vor den Dünen.

»Du hast recht, Dusty, da ist was … ist das ein Hund? Ja, ein Hund, und der kommt direkt auf uns zu!«, ruft Paul im nächsten Moment. »Oh Mann, ist der groß! Und hinter ihm kommt noch einer! D… d…das sind zwei Hunde, Dusty!« Vor Aufregung fängt Paul an zu stottern. »Oh Mist, und nirgends ist jemand zu sehen, zu dem sie gehören könnten. Die sind alleine unterwegs. Und sie sehen nicht so aus, als ob sie nur spielen wollten. Aber keine Angst, ich bin ja bei dir, wir schaffen das schon …«

In Wirklichkeit schlägt Paul das Herz bis zum Hals hinauf, er hat keine Ahnung, was er jetzt machen soll. Die fremden Hunde kommen immer näher, und sie jagen so schnell über den Strand, dass die Sandklumpen unter ihren Pfoten hochfliegen. Jetzt sind sie schon gleich an dem schmalen Priel vor Paul und Dusty, jeden Moment werden sie zum Sprung ansetzen und … nein, sie stoppen genau an der Kante. Und sie fangen auch nicht an zu bellen, sondern laufen nur unruhig hin und her, ohne Paul und Dusty aus den Augen zu lassen.

Sie sind tatsächlich riesig! So eine Rasse hat er noch nie gesehen. Schwarz und mit kurzem Fell, unter dem sich die Muskeln abzeichnen. Und beide tragen schwere Stachelhalsbänder! Jedes Mal, wenn Paul ihren Blicken begegnet, fletschen sie die Zähne, und er meint, über das Rauschen der Brandung hinweg ihr Knurren zu hören.

Normalerweise hat Paul keine Angst vor fremden Hunden, auch nicht, wenn sie groß sind und wütend bellen oder im Stadtpark so sehr an der Leine zerren, dass ihr Besitzer sie kaum noch halten kann. Dusty weiß schon, wie er Ärger aus dem Weg geht. Meistens tut er einfach nur so, als gebe es die anderen Hunde gar nicht und kümmert sich nicht weiter um sie.

Aber jetzt ist es anders! Die Hunde sind ja nicht an der Leine. Und weit und breit ist niemand, der sie zurückpfeift oder wenigstens nach ihnen ruft.

Dusty drängt sich dicht an Pauls Beine, und er kann deutlich spüren, dass sein Hund zittert. Aber er selber zittert auch!

»He!«, brüllt er über den Priel hinweg und nimmt allen Mut zusammen, um so cool wie möglich zu wirken. »Haut ab, verschwindet! Lauft nach Hause und lasst uns gefälligst in Ruhe!«

Aber das Einzige, was passiert, ist, dass die beiden Riesenviecher sich kurz ducken und wieder knurrend die Zähne zeigen.

Paul blickt sich um. Hinter ihm bricht sich donnernd die Brandung, und links und rechts ist die Sandbank. Aber es ist egal, wo er hinläuft, um zum Strand zurückzukommen, muss er zurück durch den Priel – und da sind die Hunde. Und beobachten jede seiner Bewegungen. Wenn er ein Stück nach links läuft, folgen sie ihm sofort. Und genauso nach rechts. Er hat keine Chance, er sitzt in der Falle.

Dusty hat sich jetzt neben ihn gelegt und blickt mit seinen treuen Augen fragend zu ihm hoch.

»Ich weiß nicht, was wir machen sollen, Dusty. Aber es muss mir was einfallen, sonst …« Paul zuckt ratlos mit den Schultern. Noch sieht es so aus, als sei der Priel ihre Rettung, weil die beiden Riesenviecher anscheinend wasserscheu sind. Aber wenn die Flut kommt, denkt Paul, dann müssen wir runter von der Sandbank. Und dann kriegen sie uns!

Aus den Augenwinkeln sieht er ganz weit hinten am Strand plötzlich eine Bewegung. Da kommt jemand! Und zwar ziemlich schnell, direkt am Flutsaum lang, wo der Sand hart und fest ist.

Paul wedelt mit den Armen. »He!«, ruft er erleichtert, weil er überzeugt ist, dass das nur der Besitzer der beiden Köter sein kann. »Können Sie gefälligst mal Ihre Hunde hier wegholen? Die lassen uns nicht Ruhe!«

Erst als der Typ auf dem Rad näher kommt, erkennt Paul, dass es ein Junge ist. Ungefähr in seinem Alter und mit einem schwarzen Hoodie, dessen Kapuze er über den Kopf gezogen hat.

»He!«, ruft er noch mal. »Bist du irre, Mann? Deine Hunde rennen hier frei rum, und das ist dir egal, oder was? Das ist doch nicht witzig! Die nerven, aber voll!«

Der Junge ist jetzt so nah, dass Paul auch das Fahrrad genauer erkennen kann. Und es hat nicht nur einen extrem breiten Lenker, sondern Reifen, die mindestens dreimal so dick sind wie bei einem normalen Bike …

»Sind nicht meine Hunde!«, ruft der Junge zurück und legt einen Sliding Stop hin, dass die beiden Riesenviecher erschrocken zurückweichen. Dann brüllt er sie an: »Aus! Platz und bleib!«

Die Hunde legen sich tatsächlich hechelnd in den Sand. Der Junge springt von seinem Rad und stellt es quer vor sich, so dass es zwischen ihm und den Hunden ist.

»Los, komm rüber!«, ruft er über die Schulter zu Paul. »Ich passe auf.«

Paul zögert noch einen kurzen Moment, aber als er sieht, wie der Junge jedes Mal, wenn die Riesenviecher auch nur den Kopf heben, drohend sein Fahrrad auf sie zuschiebt, nimmt er Dusty am Halsband: »Keine Angst, alles wird gut.«

Paul steigt in den Priel. Das Wasser ist inzwischen so hoch, dass es ihm bis zu den Knien reicht und Dusty schwimmen muss. Als sie auf der anderen Seite sind, springen die Hunde bellend auf. Aber der Junge mit dem Rad brüllt sie sofort wieder an. Und sie hauen zwar immer noch nicht ab, aber sie kommen auch nicht näher. Stattdessen laufen sie jetzt in großen Kreisen immer um den Jungen und Paul und Dusty herum.

»Tu einfach so, als ob sie dich nicht interessieren würden«, sagt der Junge. Paul kann sein Gesicht nicht erkennen, weil er immer, wenn er zu ihm blickt, schnell den Kopf wegdreht.

»Und es sind wirklich nicht deine Hunde?«, fragt er, während er Dusty beruhigend übers Fell streicht.

»Quatsch, wieso sollten sie?«

»Du kennst sie auch nicht?«

»Doch, schon. Hab sie schon mal gesehen.«

»Und zu wem gehören sie?«

Der Junge gibt keine Antwort mehr, sondern will wieder auf sein Rad steigen.

»He, warte mal!«, ruft Paul schnell. »Kannst du nicht wenigstens mit uns bis zum Dorf zurück oder so? Auf dich hören sie ja scheinbar. Wenigstens ein bisschen jedenfalls.«

»Ich hab keine Zeit, ich muss noch was erledigen. Aber ich locke sie ein Stück mit mir mit, okay? Und wenn sie wirklich noch mal zurückkommen, weißt du ja, was du tun musst. Brüll sie einfach an! Das kennen sie. Und so gefährlich sind sie auch gar nicht, sie tun nur so.«

»Aber …« Das habe ich vorhin schon versucht, will Paul eigentlich sagen. Und da hat es auch nicht funktioniert.

Aber der Junge schüttelt nur den Kopf und meint: »Wird schon gut gehen.«

Dann dreht er sich zu den Hunden und stößt einen gellenden Pfiff aus. Und als er sich auf sein Rad schwingt und losfährt, folgen sie ihm. Je schneller er fährt, umso schneller rennen sie und springen immer wieder laut kläffend neben dem Fahrrad hoch. Als hätten sie ein neues Spiel entdeckt und längst vergessen, dass sie eben noch Paul und Dusty am liebsten über den ganzen Strand gejagt hätten.

Es dauert nicht lange, da sind der Junge mit dem Rad und den beiden Riesenviechern nur noch drei kleine Punkte vor der Brandung.

»Puh!«, meint Paul und bückt sich wieder zu Dusty. »Ich glaube, für heute reicht es. Das mit dem Leuchtturm lassen wir mal lieber, das ist genau die Richtung, in der sie gerade verschwunden sind. Und wir haben keine Lust, sie noch mal zu treffen, richtig?«

Dusty wedelt mit dem Schwanz und winselt leise.

»Ja«, sagt Paul. »Ich hatte auch Angst. Dämliche Köter. Und der Junge kannte sie, das ist sicher. Vielleicht gehören sie ja doch zu ihm! Und er wollte das nur nicht zugeben, weil er sie alleine laufen gelassen hat. Außerdem war er sowieso ein bisschen komisch. Ich meine … ich weiß noch nicht mal, wie er aussieht, weil er immer weggeguckt hat. Sehr merkwürdig, das Ganze. Was meinst du dazu, Kumpel?«

Dusty bellt kurz, dann fängt er an, wie ein Verrückter ein Loch im Sand zu buddeln. Genau da, wo die dicken Reifen von dem Bike sich tief in den Sand eingedrückt haben.

»Okay«, meint Paul. »Du hast recht. Wir müssen Papa unbedingt erzählen, dass es hier sehr wohl Leute gibt, die mit dem Rad am Strand rumfahren. Ich hätte mein Mountainbike also gut mitnehmen können! Aber von der anderen Sache sagen wir ihm am besten nichts, hörst du? Nicht dass er noch auf die Idee kommt, wir sollten besser nicht mehr alleine an den Strand!«

Sie laufen durch den Sand zu den Dünen hinüber. Und gerade als sie auf dem Weg aus Holzbohlen sind, der zum Dorf zurückführt, taucht plötzlich ein Mann vor ihnen auf. Wie aus dem Nichts! Ein Mann mit einer Tarnfleckhose und einem schwarzen T-Shirt. Und mit einer Baseballcap, auf der in großen Buchstaben »POLIZEI« steht.

»Hast du meine beiden Jungens gesehen?«, fragt der Mann, ohne Paul auch nur zu grüßen. »Beide schwarz und ziemlich groß. Die müssen hier irgendwo sein.«

Erst jetzt sieht Paul, dass der Mann über der einen Schulter einen leeren Rucksack hängen hat – und über der anderen zwei dicke Lederleinen mit großen Karabinerhaken. Aber bevor Paul noch etwas sagen kann, streckt Dusty den Kopf vor, um an der Tarnfleckhose zu schnuppern. Und dann fängt er an zu knurren!