DIE

MENTALE
EINSTELLUNG

von Dr. Thomas Wörz

Impressum

Es sei betont, dass entsprechend der Regeln der deutschen Sprache Sammelbegriffe, wie »Sportler« oder »Schüler« Gattungsbezeichnungen für bestimmte Gruppen darstellen, ohne damit geschlechtsspezifische Diskriminierungen vorzunehmen. Mit dem »Sportler«, »Athleten« etc. kann also ebenso wie beispielsweise mit der »Feigling«, die »Koryphäe« oder das »Genie« eine weibliche oder männliche Person bezeichnet sein.

DIE

MENTALE
EINSTELLUNG

von Dr. Thomas Wörz

Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Mentaler Einstellung?

Vorwort Marlies Schild

Einleitung

Wer ist für meine Stimmung verantwortlich?

Erfolg oder Niederlage

Im Sein sein

Zurück an den Start!

Vergiss den Erfolg!

Erfolg bringt Liebe – oder nicht?

Die Motivation

Die 4 Wege zum Glück

Die Gedanken-Ebene

Die Spannungs-Ebene

Die Verhaltens-Ebene

Die Gefühls-Ebene

Angst und Unsicherheit

Über den Selbstwert

Hören Sie auf Ihre Helfer

Gute Gründe, um die mentale Einstellung zu entwickeln

Fragebogen

Der Autor

Fritz Strobl, Ski-Olympiasieger, Seite 6

Marlies Schild, Slalom-Weltmeisterin, Seiten 8, 141

Johanna Ernst, Kletter-Weltmeisterin, Seite 35

Ludwig Paischer, Olympia-Silbermedaillengewinner im Judo, Seiten 66, 101, 103, 170

Martin Weiß, Faustball-Weltmeister, Seite 105

Klemens Kronsteiner, Faustball Weltmeister, Seite 55

Claudia Riegler, Slalom-Star, Seite 126

Österreichs Faustballer mit Trainer Ernst Almhofer, Weltmeister 2007, Seite 129

Andreas Schifferer mit Trainer Toni Giger, Abfahrts-Weltcup-Gesamtsieger, Seite 178

Verena Wagner, Springreiterin, Seite 213

Mentale Einstellung

Was versteht man unter Mentaler Einstellung?

Die Mentale Einstellung spiegelt unsere ganz individuellen Gedanken, Bewertungen, Gefühle, Verhaltensweisen und körperlichen Reaktionen in den unterschiedlichen Lebenssituationen wider.

Ziel ist es, mit entsprechenden mentalen Verfahren die attraktiven Seiten von Problemsituationen zu erkennen und die Kompetenz zu erlangen, erwünschte Befindlichkeitszustände jederzeit abrufen zu können.

Dies bewirkt „eine individuelle, ‚gesunde‘ Lifestyle-Entwicklung, die zu einer anhaltenden Steigerung der Lebensqualität beiträgt.“

(Wörz, 2011)

Vorwort

Vorwort

Marlies Schild

Als Slalom -Weltmeisterin und Weltcupsiegerin weiß ich, wie viele andere Spitzensportler auch, wie wichtig der mentale Faktor in der Ausübung unserer Aktivitäten ist. Dass mir mit Thomas Wörz seit Jahren ein wertvoller Fachmann zur Seite steht, der mich fördert und fordert, kann ich nicht hoch genug schätzen. Wir sind ein sehr gutes Team. Bei ihm habe ich Kompetenzen erworben, die mir helfen, mit schwierigen Situationen besser umzugehen. Er hat mir in der Persönlichkeitsentwicklung zu mehr Unabhängigkeitsdenken und zum richtigen Umgang mit Stress und Erwartungsdruck verholfen.

Die Techniken zur mentalen Entspannung, mit denen ich während der verschiedenen Treffen mit Thomas Wörz in Kontakt kam, sind zudem nicht nur auf den Sport, sondern auf alle Bereiche des Lebens anwendbar!

Die Fähigkeit, verschiedenste Herausforderungen selbstständig zu bewältigen, habe ich im Laufe der Zeit durch das Mentale Coaching letztendlich ganz alleine aus eigenem Antrieb entwickelt.

Nun hat mein Mentaltrainer wieder ein Buch geschrieben. Ich freue mich, es zu lesen und zu studieren. Doch ich weiß bereits jetzt: Es war lange überfällig!

Einleitung

So wie Weltmeisterin und Weltcupsiegerin Marlies Schild, betreut Dr. Thomas Wörz weitere zahlreiche Europa- oder Weltmeister oder Olympiasieger aus dem In- und Ausland. Seit über 15 Jahren arbeitet der Salzburger im Bereich des Mentaltrainings, der Sportpsychologie und der Psychotherapie, ist immer am Puls der Zeit und einer der führenden Kapazitäten der internationalen Szene auf diesem Sektor.

2002 und 2006 bereitete er sportpsychologisch die Mannschaft des österreichischen Ski-Verbandes auf die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City und Turin vor – die Erfolge konnten sich sehen lassen: In den USA gab es elf Medaillen, unter anderem Gold in der Abfahrt durch Fritz Strobl. Und vier Jahre später in Italien standen Österreichs Skifahrer 14 Mal auf dem Podest, vier Mal davon ganz oben! Thomas Wörz bereitete auch das österreichische Golfnationalteam mental auf Wettkampfhöhepunkte vor. Mit dem 5.Platz bei den Golfweltmeisterschaften 2002 erreichte das österreichische Herrenteam das beste Ergebnis in der Geschichte des österreichischen Golfsports. 2007 war Dr. Wörz Mentaltrainer der österreichischen Faustballer, die erstmalig in ihrer Geschichte den WM-Titel holen konnten.

Wörz ist ausgebildeter Psychotherapeut (mit den Schwerpunkten „kognitive Verhaltenstherapie“ und „Hypnotherapie“) und Sportwissenschafter. Wenn er nun dieses Werk vorlegt, so spiegelt es die wichtigsten Techniken und Erfahrungen aus seiner langjährigen Erfahrung wider. Im Zentrum all seiner Bemühungen stand und steht immer die Frage: „Wie kann ich den Sportler/die Sportlerin dahingehend unterstützen, dass er/sie am Tag des Wettkampfes den optimalen Leistungszustand entfalten kann?“ Aber nicht nur. Immer wieder kamen und kommen Athleten und Athletinnen aus dem In- und Ausland zu Wörz, die sich in Krisensituationen oder im Verletzungszustand befinden. Mit Mentaltrainer Wörz an ihrer Seite schafften sie nicht nur den Sprung zurück in die Weltspitze, sondern waren oftmals stärker als zuvor. Die Aufarbeitungsprozesse zeigten Früchte!

Als Verantwortlicher des Nachwuchs-Leistungssportmodells SSM – eine führende Talentakademie Österreichs im Olympiastützpunkt Salzburg/Rif – legt Wörz neben optimalen Trainingsbedingungen auch großen Wert auf die Entwicklung der Persönlichkeit. Immer wieder bedauert Dr. Thomas Wörz, dass im Nachwuchs-Leistungssport psychologisches Training – wenn überhaupt – eine periphere Rolle spiele. Dabei würde mentales Training unbedingt in den Betreuungsprozess eines jungen Menschen gehören, um entsprechende Problemlösungskompetenzen sowohl für einen Weltklassesportler als auch für die täglichen Herausforderungen des Lebens zu entwickeln.

Doch was für einen Sportler wichtig ist, ist es auch für jeden, der sich in herausfordernden Situationen befindet oder mit diesen konfrontiert wird. Jeder hat immer wieder einen „Tag X“, an dem die optimale Leistung abgerufen werden muss – bei Verhandlungen, bei Vorträgen, bei Prüfungen, bei herausfordernden Tätigkeiten. All jenen soll dieses Werk begleitend, helfend und Rat gebend zur Seite stehen. Denn was ist die mentale Einstellung? Letztlich nichts anderes, als die Fähigkeit zu entwickeln, sich auf schwierige Situationen gut einstellen zu können, die Herausforderungen mit Bravour zu meistern und darüber hinaus aus Erfahrungen - auch Niederlagen - zu lernen und sich weiterzuentwickeln.

Dr. Thomas Wörz ist Erfolgsautor, dessen Bücher in mehrere Sprachen übersetzt wurden und hat seine Kompetenz in zahlreichen TV-Auftritten in Österreich und international zum Ausdruck gebracht. Dieses vorliegende Buch – das auf seinem Werk „Mentales Fitness Training“ (2008) aufbaut - bietet die einmalige Gelegenheit, bewährte mentale Techniken zu erfahren und zu erlernen, die Ihr Leben bereichern werden. Garantiert!

Der Verlag, Jänner 2014

1. Wer ist für meine Stimmung verantwortlich?

„Erfolg durch Selbstmanagement“ lautet eine jener Zauberformeln der heutigen Zeit. Denn wer möchte das nicht? Alles richtig machen, im richtigen Augenblick am richtigen Ort das Richtige tun, und dies alles ohne Anstrengung von sich aus. Es geht also darum, in schwierigen Situationen gerüstet zu sein – und in diesem Unterfangen wird Sie das vorliegende Buch unterstützen. Sie lernen eine Vielzahl von Techniken, Strategien und Möglichkeiten kennen, wie Sie selbst – ohne fremde Hilfe, ohne Abhängigkeiten – den optimalen Befindlichkeits- und Leistungszustand, abrufen können.

Sie erfahren weiters, dass Ihre Tagesverfassung nicht ein Zufallsprodukt und ein vorgegebenes Schicksal sein muss, sondern wie sie jeden Tag in der Lage sein können, den optimalen Befindlichkeitszustand zu erreichen. Sie lernen, wie Sie durch bestimmte Verhaltensmaßnahmen Ihre Stimmung verbessern können. Dabei sollten Sie nicht abhängig sein von irgendwelchen Gurus, die immer mehr Einfluss auf Ihr Leben ausüben. Sie sollten lernen, Ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln und Ihrem Lifestyle gerecht werden. Werden Sie unabhängig von Abhängigkeiten: von Menschen, Dingen, Umständen – es geht um Sie selbst! Denn wir arbeiten hier mit Ihren Ressourcen, Ihren Möglichkeiten, Ihren Stärken.

Dieses Buch kann zu Ihrem persönlichen Begleiter werden, aus der Sie sich viele geeignete Tipps und Tricks herausnehmen, verinnerlichen und in den Lebensalltag integrieren. Es wird an Ihnen liegen, jene Ratschläge herauszufiltern, die Ihrer Persönlichkeit und Mentalität am besten entsprechen.

Versuchen Sie nicht alles gleichzeitig umzusetzen, sondern denken Sie step-by-step.

Dinge muss man trainieren und üben. Die Bequemlichkeit ist der Kontrahent, gegen diese brauchen Sie Energie, um zu bestehen. Alles was in einem bestimmten Rhythmus erfolgt bzw. in alltägliche Handlungen eingebunden ist, geht in das Unbewusste über und führt zu einer neuen Lebenseinstellung.

2. Erfolg oder Niederlage

Die selbsterfüllende Prophezeiung, ein fataler Triumph?

Immer wieder wird die Frage gestellt, was denn einen erfolgreichen Spitzensportler von einem weniger erfolgreichen Athleten, der sich auf dem gleichen Niveau – Landesebene, nationale oder internationale Spitze – bewegt, unterscheidet. Seit 20 Jahren habe ich mich mit dieser Frage auseinandergesetzt, die Antworten waren einander sehr ähnlich.

Beginnen wir beim weniger erfolgreichen Athleten. Wird er gefragt, was er vor dem Start dachte, lauteten und lauten, die Antworten: „Ich fühlte einen hohen Druck, der auf mir lastete und ich wünschte mir, dass der Wettbewerb am besten schon vorbei sei.“ Dies bedeutet, dass sich der Akteur auf der mentalen Flucht befand, dass ein Vermeidungsverhalten begonnen hatte. Er bestreitet zwar den Wettkampf, ist aber gedanklich bereits im Danach. Dieser Fluchtgedanke verstärkt die Self Fulfilling Prophecy: Dieser Tag, oder dieser Wettkampf, wird nicht optimal verlaufen. Die Gegner sind zu stark, das Wetter zu schlecht, ich habe schlecht geschlafen usw. Diese Sportler bestätigen damit unbewusst ihre eigenen Annahmen und setzen alles daran, dass ihre negativen Ahnungen auch ja eintreten. So überrascht der Satz im Ziel nicht: „Ich habe schon vorher gewusst, dass es heute nicht mein Tag sein wird.“ Sarkastisch formuliert könnten wir jetzt anfügen: Die negative Einstellung wird somit auch noch belohnt, das Erfolgserlebnis, recht behalten zu haben, stellt sich ein. Es ist der einzige Triumph an diesem Tag – und ein trauriger.

Problematisch ist allerdings, dass dieses Gefühlsempfinden in den Erinnerungsspeicher gelangt, sich dort festsetzt und bei den kommenden Wettbewerben wieder negative Gefühle auslösen wird. Der Athlet befindet sich in einem Teufelskreis.

Freude, Spaß und Konfrontation als Erfolgsfaktor

Der erfolgreiche Sportler indes zeigt sich häufig vor dem Start sehr nervös; ihm gelingt es jedoch, diesen auf ihm lastenden Druck in ein lustbetontes Angriffsverhalten umzusetzen. Dabei spielt die imaginäre Vorstellung, die Startlinie ist eine Entscheidungslinie, eine bedeutende Rolle. Sobald er diese passiert, ist er bereit, sich den auf ihn wartenden Herausforderungen zu stellen. Als sehr günstig erweist es sich, seinen Wettbewerb mit einer positiven Metapher zu besetzen. Beispielsweise ist die bedrohliche Streckenführung eines Abfahrtslaufes vergleichbar mit einem wilden Pferd, das der Rennläufer jetzt zähmen möchte. Somit wird durch dieses Bild aktive Freude mit der Handlung verknüpft.

Die Aktion im Rennen erweist sich dann als subjektiv leicht, die Bewegungen werden rhythmisch, das Fließgleichgewicht - der Flow - stellt sich mit dem damit verbundenen Glücksempfinden ein. In Erinnerung bleibt im Ziel lediglich ein fabelhaftes Gefühl und intuitiv die Beherrschung der Situation. Gedanken an die richtige Technik, oder an die laufende Zeit, sind wie ausgeblendet.

3. Im Sein sein

Sind Sie hier?
Sind Sie wirklich hier?

Der optimale Leistungszustand im Hier und Jetzt

Das müssen Sie sich einmal bildlich vor Augen führen: Nur ein Bruchteil unserer Gedanken hält sich im Hier und Jetzt - in der Gegenwart also - auf , der allergrößte Teil schweift ab in die Zukunft oder zurück in die Vergangenheit. Sicher, es ist wichtig, Visionen und Ziele zu haben: Diese sind die eigentliche Energie, die Motivation, und diese wiederum hilft Ihnen, dort hinzugelangen, wohin Sie möchten. Ebenso relevant ist es, an die Vergangenheit zu denken, an vergangene Erfolge, an schöne Erlebnisse. Diese positiven Bilder geben Kraft für neue Aufgaben und sind neue Ressourcen.

Doch was passiert in uns, wenn wir uns gerade im Hier und Jetzt aufhalten? Wenn es uns gut geht, wir zufrieden sind, mit uns selbst und der Welt im Reinen sind? Plötzlich kommt ein Gedanke aus der Zukunft: Wir denken an Krankheiten, Katastrophen, finanzielle Unsicherheiten, Existenz bedrohende Ereignisse, Beziehungsprobleme – und schon geht es uns aufgrund dieser Gedanken im Hier und Jetzt schlecht. Nehmen wir nämlich zukünftige Gedanken vorweg, wirken sich diese „online“ auf die Gedanken der Gegenwart aus. Ebenso geschieht es mit negativen Gedanken aus der Vergangenheit: Nicht verarbeitete Konflikte und Störfaktoren können nicht abgeschaltet werden.

Die Kunst ist also, die Gedanken weitgehend im Hier und Jetzt zu halten und den Prozess, den Augenblick zu genießen. Wie dies gelingt, ist das zentrale Thema der mentalen Einstellung.

Die Fähigkeit, wirklich im Hier und Jetzt zu sein, setzt voraus, mit allen Sinnesmodalitäten wahrnehmen zu können, „hier“ sein zu können: seinen Körper zu spüren, Berührungen wahrzunehmen, differenziert zu riechen, zu schmecken und zu genießen sowie die Umwelt akustisch und optisch zu erkennen, sich an ihr zu erfreuen. Der Gegenpol heißt Stress: In ihm wird die Wahrnehmung taub und man verliert den Kontakt zu sich selbst.

Moderne psychotherapeutische Ansätze zielen darauf ab, dass Menschen lernen, sich intensiver zu spüren und wahrzunehmen. Gestresste Manager, depressive Personen, Burn-Out-Kandidaten laufen nämlich Gefahr, den Bezug zu sich selbst zu verlieren. Zu bewährten Maßnahmen zählen u. a. Genusstrainings, ausgedehnte Duschrituale, intensive Aromatherapien, bewusste Verkostungen. Zärtlichkeit und Streicheleinheiten sollen schrittweise wieder zugelassen werden. Auch viele fernöstliche Praktiken oder Stammesrituale (Tänze zur Verehrung von Ahnen und Göttern) setzen im Hier und Jetzt an: denn durch die gleichmäßigen rhythmischen Bewegungen werden tranceähnliche Zustände ausgelöst.

Der Zustand im Hier und Jetzt ermöglicht dem Menschen,

- in den optimalen Leistungszustand zu gelangen,

- sich ökonomisch zu regenerieren,

- sich weiters in einen Zustand höchster Befindlichkeit zu begeben.

4. Zurück an den Start!

Die Achtsamkeit im Hier und Jetzt

Die Zeiten sind vorbei, in denen wir immer einer Änderung und Veränderung hinterherlaufen mussten, uns immer neue Ziele zu setzen hatten und Bedürfnissen schneller Veränderungen gerecht werden mussten. Diese Zeiten waren nicht nachhaltig, führten zu Rückfällen und verschlimmerten häufig nur die Situationen. Das Gebot der Stunde lautet: Zurück an den Start!

Das Prinzip der Achtsamkeit beruht darauf, dass jede Veränderung nur mit einem entsprechenden Stillstand eingeleitet werden kann. Achtsamkeit heißt innehalten, wahrnehmen und beobachten des aktuellen Zustandes, oder konzentriert sich auf ein bestimmtes Teilgebiet, dem Sie besondere Aufmerksamkeit schenken und in dem Sie einen Veränderungsprozess einleiten möchten.

Die Wahrnehmung im Hier und Jetzt und ein Innehalten im aktuellen Zustand, ohne aber diesen zu verändern, bestimmen den ersten Schritt der Achtsamkeit.

Übung

Beispiel für eine Achtsamkeitsübung:

Schließen Sie die Augen und verharren Sie genau in diesem körperlichen Zustand, in dieser Körperhaltung, in der Sie sich gerade befinden. Führen Sie einen „Check“ durch, von der Position der Zehen, der Füße, über Beine, Hüften, Oberkörper, Arme und überprüfen Sie Ihren aktuellen Spannungszustand. Nehmen Sie die Temperatur der einzelnen Körperteile wahr und beobachten Sie auch, ob die Position für Sie angenehm ist. Überlegen Sie, welche Position für Sie gerade noch angenehmer wäre, aber halten Sie dennoch in dieser Momentaufnahme inne.

Dieser Bodyscan bedeutet Stillstand und Diagnose. Ohne ihn wäre keine Veränderung möglich. Daher sollten im Laufe des Tages immer wieder solche Momentaufnahmen eingebaut werden, die man auf die Bewegung, auf das Gehen oder die sportlichen Aktivitäten, auf das Essen, auf den Alltag generell, ausdehnen kann. Es ist ein meditatives Ritual unter Einbeziehung aller Sinnesmodalitäten – optisch, akustisch, taktil. Diese Momentaufnahmen sollen, oder können auch auf die momentane Befindlichkeit in aktuellen Situationen gerichtet sein. Wie ergeht es dem gestressten Manager, der sich in belasteten Situationen bewusst wahr nimmt? Ist seine Stirn locker und entspannt oder nicht? Sind die Schultern nach oben gezogen? Wie ist der Muskeltonus? Wo wird erhöhte Spannung wahrgenommen? Welche Gedanken hat er?

Wenn einmal eine bewusste Wahrnehmung der Befindlichkeit über die Körpersprache und –haltung Gedanken und physiologische Ebene, erfolgt ist, dann folgt ein weiterer Schritt der Aufmerksamkeit: das bewusste Variieren und Experimentieren mit dem Verhalten und der Körperhaltung, um aus bestehenden Mustern ausbrechen zu können. Um beim gestressten Manager zu bleiben: Er stellt sich der Situation vor und nimmt bewusst eine extreme Seitenneigung ein, zieht die Schulterblätter nach hinten, wirft den Kopf nach links und verharrt in dieser Position, ehe er anschließend wieder zu seiner entspannten Mitte zurück findet. Damit wird die ausbalancierte Körperhaltung und Befindlichkeit bewusster und schneller umgesetzt. Und somit werden eingefahrene Denkmuster und Verhaltensmuster schnell und bewusst auch in realen Stresssituationen wahrgenommen. Neue, ökonomische Verhaltensweisen können leichter eingeleitet und automatisiert werden.

Im Stress begleitet uns meistens eine schlechte und unangemessene Körperhaltung.

Doch Stress macht „taub“ und beeinträchtigt unser Wahrnehmungssystem, weswegen diese unangemessenen Körperhaltungen nicht registriert werden. Somit treten im Laufe der Zeit Dysbalancen auf, die zu eingeschränkten Handlungsspielräumen unseres Körpers und später zu gesundheitlichen Schäden, chronischen Beschwerden und Krankheiten führen. Wegen der eingeschränkten Wahrnehmung sollen Achtsamkeitsübungen immer wieder durchgeführt werden. Das optimale körperliche und geistige Verhalten wird im Laufe dieses Prozesses immer wieder quasi automatisch und intuitiv eingeregelt und führt zu einer erwünschten Veränderung. Also:

- innehalten!

- variieren und experimentieren!

- in Balance sein

- automatisieren des gewünschten Verhaltens!

Die ersten beiden Schritte unterliegen dem bewussten Prozess der Aufmerksamkeit und können daher als Akt der Aufmerksamkeit bezeichnet werden. In weiterer Folge führt der Prozess hin zu einer inneren Balance, schließlich zur Automatisation und damit zu einer erwünschten unbewussten Verhaltensänderung.

Bewusste Veränderung setzt somit das unbewusst abrufbare Zielverhalten voraus!

Experimentieren mit Verhalten kann auch durch übersteigertes Verhalten sehr effizient gelöst werden. Im Stress werden die Muskeln noch mehr angespannt, Sie runzeln mit der Stirn, beißen die Zähne zusammen, machen vielleicht noch charakteristischere Bewegungen – aber: All dies kann auch durch ungewohnte Verhaltensweisen erreicht werden. Wenn Sie beispielsweise rückwärts die Stiegen hinauf gehen oder ein Glas Wasser mit der anderen Hand als der üblichen aufnehmen. Immer das gleiche zu machen ist abtörnend. Etwas Neues erfahren fördert die Aufmerksamkeit.

Wie Routinen zu Problemen führen können

Betrachten wir einen Läufer:

Beim Joggen bewegt er sich immer in seinem Laufschritt. Nun führt er während des Laufens einen Achtsamkeitscheck durch. Er verändert nichts, doch er nimmt sich bewusst wahr – die Position des Kopfes, die Spannung in der Gesichtsmuskulatur, beobachtet den Beckenstand, die Position seiner Beine beim Laufen, ob er die Füße parallel aufsetzt, ob er den Boden zuerst mit der Innen- oder Außenseite berührt, ob er im Takt mit der Bewegung ist. Und er checkt, wie sein inneres Gefühl bei diesem Lauf ist.

Nun verändert und variiert er. Er verändert den Aufsatz der Füße, mal leicht nach außen, mal leicht nach innen; er zieht die Schulter bewusst nach oben und spannt die Arme an, experimentiert mit Laufstil und Körperhaltung und Seitenneigung. Anschließend versucht er, die für ihn angenehmste Laufhaltung rhythmisch und ausbalanciert mit dem richtigen Spannungstonus und der optimalen Körperposition herzustellen.

Je öfter nun unser Läufer diese Achtsamkeitsübung durchführt, umso schneller und intuitiver hat er den für ihn optimalen Laufstil verinnerlicht und einen Veränderungsprozess vollzogen. Dem Flow-Zustand und dem gesunden Glücksgefühl beim Laufen steht nun nichts mehr im Wege.

5. Vergiss den Erfolg!

Ergebnis- und Prozessorientierung