Akademie der Abenteuer

Band 1: Die Knochen der Götter

Band 2: Die Stunde des Raben

Band 3: Das Schiff aus Stein

Band 4: Das Erbe des Rings

Impressum

Verlag Akademie-der-Abenteuer

Boris Pfeiffer, Pfalzburger Straße 10, 10719 Berlin

E-Mail: info@verlag-akademie-der-abenteuer.de

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet.

©Verlag Akademie-der-Abenteuer, Berlin 2021

1. Auflage

Umschlagillustration, Illustration und Umschlaggestaltung: Kris Kersting

Satz und Herstellung: Verlag Akademie der Abenteuer

Druck und Binden: BoD GmbH, Norderstedt

www.verlag-akademie-der-abenteuer.de

ISBN (print): 978-3-98530-010-5

ISBN (epub): 978-3-98530-011-2

Printed in Germany

Inhalt

Neue Fragmente

Das warme Licht Hunderter alter Lampen und Leuchter, das die Aula der Akademie des leibhaftigen Studiums vergangener Zeiten erfüllte, spiegelte sich sanft auf den Gesichtern der Lehrlinge, Gesellen und Meister. Es tat dies wie immer, wenn die Mitglieder der Akademie hier zusammen kamen und wie stets bei ihren gemeinsamen Versammlungen dicht gedrängt auf bunt zusammengewürfelten, verschiedensten Sitzmöbeln aus allen Jahrhunderten saßen. Und doch hatte das Licht an diesem Tag einen dunkleren Schein. Nur, dass dies niemand bemerkte. Viel zu sehr waren die Anwesenden auf den freudigen Anlass ihrer Zusammenkunft konzentriert und lachten und redeten, während sie darauf warteten, dass Direktor Saurini das Wort erhob.

Das Stimmengewirr der Wartenden verlieh dabei dem holzgetäfelten Saal mit seiner gewölbten Decke die Atmosphäre eines summenden Bienenstocks. Nur dass die Akademiker nicht von Waben voll Honig umgeben waren, sondern von seltenen und kostbaren Artefakten aller Art. Herrlich leuchtende Gemälde, Statuen und Zierrat, Kunstwerke aus Stein, Gold, Silber und Bronze, uralte Gerätschaften und Werkzeuge und viele tausende weitere Zeugnisse menschlicher Erfindungsgabe schmückten die Aula.

Die Aula der Akademie war einer der wenigen Orte der weitläufigen Gebäudeansammlung, an dem man überhaupt vollständige Dinge zu sehen bekam. Denn in den meisten Räumen der Akademie der Abenteuer fanden sich in langen Regalen, Vitrinen und auf alten Holztischen nur Bruchstücke oder Fetzen solcher antiken Artefakte.

Diese seltsame Sammlung bildete einen der Grundpfeiler der Geheimnisse der Akademie. Denn nur mit Hilfe dieser Fragmente konnten die Mitglieder historische Fluten auslösen, in denen sie die Vergangenheit leibhaftig erforschten.

In diesem Augenblick allerdings dachte keiner der Anwesenden an eine solche historische Flut, noch achteten sie auf die Schätze umher. Aller Blicke waren stattdessen auf das Podium am hinteren Ende der Aula gerichtet, das Direktor Gino Saurini eben mit einer Flutgruppe betrat, die vor wenigen Tagen eine historische Flut erfolgreich gemeistert hatte. In den Händen hielt er ein seltsames Ding.

Das Artefakt, das die drei Lehrlinge aus ihrer Flut in die Gegenwart gebracht hatten, war eine kleine, handlange Holzwanne mit einer Spule an der einen Schmalseite. Darauf war ein fester Faden gewickelt. Von der Spule lief der Faden durch die Wanne und wurde am gegenüberliegenden Ende durch eine Art Schnabel wieder hinaus geführt. Am seinem Ende war ein kegelförmiges Eisen befestigt, das frei in der Luft pendelte. In der Wanne waren rote Farbrückstände zu sehen und auch der Faden schimmerte rötlich.

Glücklich hob der kleine, rundliche Direktor, der wie immer einen speckig glänzenden Anzug und eine gepunktete Krawatte trug, das seltsame Instrument in die Höhe.

„Liebe Mitglieder der Akademie!“, verkündete er strahlend. „Hier in Händen halte ich das Artefakt, dessen Gegenwart wir der Arbeit der letzten Flutgruppe verdanken.“

Er nickte den drei Lehrlingen zu, die neben ihm auf dem Podium standen. Es waren zwei glücklich aussehende Mädchen mit hellblonden Haaren, die einander deutlich ähnelten, und ein weiteres Mädchen mit kohlrabenschwarzem Haar und einem hochmütigen Gesichtsausdruck. Sie trug ein schimmerndes Empire-Kleid aus weißer Seide, das mit goldenen Seesternen bestickt war.

Coralia Malenhagen, um die es sich handelte, blickte missmutig auf das alte Gerät herab und verzog ein wenig verächtlich den Mund, als Direktor Saurini nun fortfuhr: „Emily und Charlotte haben gemeinsam mit Coralia diese einzigartige frühe Schlagschnur aus Japan aufgespürt.“

„Das Ding ist echt ein Hammer“, flüsterte in diesem Moment ein blonder Junge, der inmitten der Aula auf einem Baumstamm saß, einem Mädchen mit strahlend grünen Augen und einem rothaarigen Jungen neben ihm zu. „Echt ein Hammer! So einfach und so genial.“ No wie so, wie der blonde Junge sich nannte, sah seine Freunde Filine und Rufus mit leuchtenden Augen an. „Mann, wäre ich da gerne dabei gewesen. Das ist der älteste Pudermarkierer, den je ein Mensch gesehen hat.“

„Ein wirklich schönes Handwerksgerät“, bestätigte Filine leise. „Man hat es dazu benutzt, exakte, gerade Linien an Wände oder auf Bretter zu bekommen. Genauso gerade Linien übrigens, wie man sie ein paar tausend Jahre zuvor mit der ägyptische Setzwaage auch schon erzielen konnte.“

No grinste. „Danke für die Aufklärung, liebe Fili! Kenne ich allerdings schon, deine Heimatmethode. Wenn wir beide Mal zusammen in einer Flut eine Pyramide bauen müssen, können wir ja testen, was besser funktioniert. Ich setze auf die Schlagschnur! Das wäre bestimmt eine hammermäßig geniale Flut, die würde ich echt gerne erleben.“

„Oh, nein, lieber nicht!“ Filine schüttelte energisch den Kopf. „Dann müsste ich dich ja in die musikalischen Geheimnisse der Grabkammern einweihen und du würdest garantiert den ganzen Tag darin singen wollen, wenn du die erst mal kennst. Und ob ich das ertragen könnte ...“

„Musikalische Geheimnisse der Grabkammern?“ Aufgeregt sah No Filine an. „Ist das dein Ernst?“

„Hast Du Filine schon mal Witze machen gehört?“ Der sommersprossige Rufus lächelte. „Bei der Geschichte wäre ich auch gerne dabei. Musik in Pyramiden klingt bestimmt super und euer Streit um die geradesten Linien bestimmt nicht weniger. Aber seht euch nur mal Coralia an. Sie scheint die Schönheit dieses Gerätes noch nicht erkannt zu haben.“

„Klar“, grinste No. „Als sie das Wort Pudermarkierer gehört hat, hat sie bestimmt gedacht, es geht um Schminkpuder aus purem Gold. Und dann war sie enttäuscht, dass sie in der Flut bei einem Maurer gelandet sind.“

„Ich finde das nicht zum Scherzen!“ Filine sah No ungnädig an. „Hast du vergessen, was für finstere Pläne sie schmiedet und dass wir immer noch nicht wissen, was sie genau vorhat oder was mit dem Kopf der Nike passiert ist?“

Fili hat Recht, dachte Rufus. Obwohl sie seit einigen Wochen mit vereinten Kräften versuchten, mehr über Coralias Pläne herauszufinden, waren sie seit ihrer letzten Entdeckung keinen echten Schritt weiter gekommen.

„Trotzdem finde ich es ziemlich gut, Coralia mit so einer Leichenbittermine zu sehen“, sagte No. „Außerdem war es ja wohl nicht verkehrt, dass sie in den letzten Tagen in dieser Flut verschwunden war. So hatten wir endlich mal unsere Ruhe. Das war ein ziemlich genialer Schachzug von dir, Oliver!“

No stieß einen schmalen Jungen an, der neben den drei auf dem Baumstamm auf einem kupfernen Dreibein mit Drachenfüßen saß und bisher kein Wort gesagt hatte.

Oliver schwieg auch jetzt. Denn der Lehrling mit den wachen graublauen Augen war stumm. Dafür hob er einen Daumen.

„Ja“, kicherte Filine. „Als du mitgekriegt hast, dass Charlotte und Emily in die Flut geraten sind und sie dann zu Coralia geschickt hast, um sie was zu fragen, war das wirklich sehr gerissen!“

„Es war auch ein bisschen Glück dabei“, meinte Rufus leise, „dass die Flut genau in dem Augenblick wieder ausgelöst wurde, als die beiden bei Coralia waren.“

„Glück gehört dazu!“, verkündete No. „Auf alle Fälle hat sich Coralia nicht getraut, die Flutgruppe wieder zu verlassen und die Flut zum Scheitern zu bringen. Das hätten ihr alle anderen sehr übel genommen.“

Vorne auf dem Podium hielt Direktor Saurini in seiner Rede inne und räusperte sich geräuschvoll.

„Charlotte, dieses einmalige Werkzeug gehört zu deinem Fragment. Du hast die Flut ausgelöst. Hast du dir schon überlegt, wie das Artefakt benannt werden soll?“

„Nein, noch nicht genau“, sagte Charlotte. Das Mädchen, das mit einem starken französischen Akzent sprach, wurde rot und schüttelte den Kopf.

„Süß!“, flüsterte No hingerissen.

Das hatte Direktor Saurini gehört. „Norbert Brunnemann – oder No wie so, wie du ja lieber genannt werden möchtest – wolltest du etwas sagen?“

Schlagartig wurde No genauso rot wie das Mädchen auf der Bühne. „Äh, nein, eigentlich nicht“, stotterte er.

„Aber natürlich!“, mischte sich Filine ein. „Er wollte sagen, dass er Charlottes französischen Akzent süß findet. Oder habe ich mich da verhört?“Mit einem spöttischen Lächeln sah Filine No mit ihren grünen Funkelaugen an.

„Äh, nein, oder also doch, schon, ja …“, wand sich No und ihm brach der Schweiß aus. „Ich habe aber auch nur ihren Akzent gemeint. Weil, weil… weil ich ja nun mal nicht so gut in Sprachen bin und deswegen Deutsch mit so einem Akzent eben, naja, schön finde, ja, richtig süß, Mann, hammersüß!“ Er sah Filine an und nickte heftig.

„Ich verstehe, No!“ Gino Saurini lächelte amüsiert. „Und da du, wie ich deinen Worten entnehme, gerne mit der jungen Dame an meiner Seite reden würdest, um mehr von ihrem anmutigen Akzent zu hören zu bekommen, darf ich dich fragen, wie du an Charlottes Stelle dieses Artefakt nennen würdest?“

Sofort hörte No auf zu stottern. „Natürlich!“, rief er. „Alter japanischer Pudermarkierer, auch genannt Schlagschnur oder Sumitsubo. Der farbige Puder kam in die Wanne und der Faden läuft durch die Wanne, wenn er gespannt wird. Dann hält man ihn leicht von der Mauer weg, an der die Linie gebraucht wird, und lässt ihn dann gegen diese schnellen. Und schon hat man eine original super gerade Linie! Klüger geht’s nicht. Ach ja, farbigen Puder hat man benutzt, bevor man Tinte zur Verfügung hatte. Obwohl es mit Baumwollwatte und Tinte natürlich noch schönere Linien gab.“

Direktor Saurini sah No zufrieden an. „Ich sehe, deine Liebe zu alten Werkzeugen hat Bestand und dein Wissen hält mit deiner Liebe Schritt. Charlotte, was hältst du von diesem Vorschlag?“

„Ja, klingt ganz gut. Also ich würde sagen, okay!“ Charlotte nickte und warf No einen neugierigen Blick zu.

Gino Saurini klatschte in die Hände. „Sehr gut, No, einen Erkenntnispunkt für dich.“

„Das könnte man auch einen Liebespunkt nennen“, kicherte Filine.

Im selben Moment stöhnte Coralia neben Direktor Saurini laut auf. „Einen Erkenntnispunkt, nur weil er weiß, was eine Schlagschnur ist?!“ Herablassend sah sie das Gerät an. „Das weiß doch jeder, dass Maurer, Maler, Gipser Tischler und solche einfachen Leute solche Markiergeräte benutzt haben. Man kann die Schnur aber auch einfach in gefärbtes Pulver tunken und sie dann gegen die Wand schnellen lassen. Das ist dasselbe in Grün. Dazu braucht man nicht so eine Holzwanne.“

„Sehr richtig, Coralia“, sagte Direktor Saurini und sah auf einmal gar nicht mehr fröhlich aus. „Aber wir haben es hier eben nicht einfach mit einen Beutel mit gefärbtem Puder und einer Schnur zu tun. In diesem für dich unscheinbaren Gerät steckt dagegen eine große Menge menschlicher Erfindungskraft, sowie Sinn für Form und Schönheit. Die Schnur, die beim Abrollen automatisch durch das Pulver gezogen wird, das fein gearbeitete Holzgefäß, die Metallkurbel, um die Schnur sorgsam zurückziehen zu können, die feine Form des Schnabels, durch den die Schnur in die gewünschte Richtung gezogen wird – Gedanke und Ding, Idee und Werkstück vereinen sich zu einem besonderen menschlichen Werkzeug. Und wie wir sehen, hat die Akademie es durchaus für Wert befunden, uns für dieses antike Artefakt eine Flut zu senden. Und deswegen gebührt ihm ein Name! Charlotte?!“

Das blonde Lehrlingsmädchen sah den Direktor an. „Ich nenne es handgefertigten Sumitsubo oder Pudermarkierer aus heiligem Hinoki-Holz.“

Der Direktor nickte zustimmend. „Ja, ganz richtig. Das Hinoki-Holz ist in Japan heilig, auch wenn es hier kaum jemand kennt.“ Saurini wandte sich der Flutgruppe zu. „Das habt ihr gut gemacht, Charlotte und Emily. Ihr habt die Flut gemeistert. Und Coralia, ich bin sicher, auch du hast dein Bestes gegeben.“

Die beiden blonden Mädchen strahlten. Dann sahen sie Coralia an und reichten ihr nacheinander die Hand.

„Danke, dass du uns geholfen hast und dabeigeblieben bist, auch wenn du eigentlich etwas anderes vorhattest“, sagte Charlotte höflich.

Coralia zuckte die Schultern. „Waren ja nur zwei Tage und der japanische Tempel, in dem wir das Ding gefunden haben, war ja auch ganz nett.“ Coralia berührte nacheinander flüchtig die Fingerspitzen der beiden. „Außerdem“, sagte sie dann etwas lauter, „habe ich euch wirklich ziemlich viel geholfen! Ich wusste schließlich, dass japanische Zimmerleute ihre Werkzeuge immer ganz einfach gehalten haben, weil Verzierungen dort als Angeberei gelten, dass das Sumitsubo aber die einzige Ausnahme ist, weil man es oft in einem fertig gestellten Bauwerk hinterlässt, als Symbol, so, wie wir in Europa feierlich den Grundstein legen. Deswegen wurde es oft von den Zimmerleuten mit Schnitzereien geschmückt. Und deswegen ist es natürlich auch aus diesem kostbaren Holz gemacht!“ Mit funkelnden Augen sah sie Direktor Saurini an. „Und ich dachte, dass ich für diesen Einsatz und mein Wissen vielleicht ein paar Erkenntnispunkte bekommen würde. Aber stattdessen bekommt sie dieser Norbert, weil er eine Schlagschnur kennt. Ich fasse es ja nicht!“

Coralias Stimme war scharf geworden und die Lehrlinge und Gesellen in der Aula hielten unwillkürlich den Atem an. Keiner von ihnen sprach so mit den Meistern und schon gar nicht mit Direktor Saurini. Bei Coralia allerdings war es nicht das erste Mal, dass sie die Stimme gegen ihn erhob.

Direktor Saurini schüttelte bedächtig den Kopf.

„Das ist der falsche Antrieb, Coralia“, sagte er dann, „wenn du anderen nur hilfst, weil du es auf Erkenntnispunkte abgesehen hast. Und ich bin sicher, dass du dir im Grunde deines Herzens dessen auch bewusst bist. Du hast nicht umsonst die letzten Jahre so hart gearbeitet, dir Wissen angeeignet und viele Erfahrungen gesammelt. Deine Stunde wird kommen, dein Konto wird platzen, wenn es so weit ist und die Akademie deinen weiteren Aufstieg zur Gesellin wünscht. Aber nicht, wenn du es erzwingen willst.“

Coralia zuckte empört zusammen. „Aber als Gesellin kann man viele Fluten besser lösen. Man hat viel tiefere Einblicke und ist viel mäch…“ Coralia verschluckte den Rest des Wortes. „Man kann einfach besser arbeiten“, fuhr sie dann rasch fort. „Das haben mir meine Eltern immer wieder gesagt. Und die beiden sind schließlich auch Meister, genau wie Sie. Ich will einfach besser arbeiten können!“

„Das wirst du, wenn du dich geduldig zeigst“, sagte Gino Saurini leise. „Und was deine Eltern angeht, ja, sie sind Meister, aber sie lehren nicht an der Akademie, sondern führen ein Leben außerhalb.“

Rufus sah, wie sich Coralia wütend auf die Lippen biss. Es war ihr deutlich anzumerken, dass sie am liebsten noch etwas erwidert hätte. Aber diesmal beherrschte sie sich.

„Sie kocht mal wieder!“ Lucy Dinknesh, die zusammen mit ihrem Freund Ottmar von Mittelbach hinter Rufus auf einem alten Thron saß, kicherte. „Jetzt kapiere ich das endlich, Ottmar!“, raunte sie ihrem kräftigen Sitznachbarn zu. „Coralia forscht doch schon ewig an ihrem Fragment. Und sie glaubt, dass sie sein Geheimnis als Gesellin endlich lösen würde. Deswegen ist sie immer so scharf auf Erkenntnispunkte.“

„Ja, ja“, nickte Ottmar gelassen. „Die halbe Akademie rätselt ja schon, was es mit ihrem ach so tollen Fragment auf sich hat. Ich habe inzwischen von zig verschiedenen Artefakten gehört, von denen es angeblich stammen soll. Die Krone des Gilgamesch, eine heilige Tumbaga-Figur, die berühmten Goldarbeiten aus Nizwa, der Ring des Salomo …“

Lucy kicherte wieder. „Ich glaube, sie ärgert sich einfach, dass sie es nicht schafft, damit eine Flut auszulösen. Dabei könnte sie es doch tauschen, wie es alle tun, wenn es mit ihrem Fragment nicht klappt.“

„Nicht Coralia“, murmelte Ottmar. „Sie denkt ja immer, dass sie nur ganz besondere Dinge in den Händen hält.“

Rufus verfolgte Ottmars und Lucys Gespräch mit großer Aufmerksamkeit. Das Platzen des Kontos bedeutete, dass ein Lehrling genügend Erkenntnispunkte bekommen hatte und die Akademie ihn in den Stand eines Gesellen oder einer Gesellin hob. Diese Entscheidung traf die Akademie ganz von selbst. Die Meister verteilten zwar die Punkte, aber nur die Akademie erhob einen Lernenden in den nächsthöheren Stand.

Weder Rufus, Filine oder No hatten dies je erlebt. Keiner von ihnen wusste, was es bedeutete oder wie es sich anfühlte, Geselle zu werden. Die Vorstellung besser forschen zu können, allerdings gefiel Rufus. Nur, wie sollte das gehen? Und was erhoffte sich Coralia von ihrem Artefakt, dass sie so daran festhielt?

Rufus hatte da so eine Ahnung. Er selbst hatte in einer Traumflut einen Wendelring bekommen, den er in seinem Beutel bei sich trug. Dieser versah ihn in der Akademie mit einer besonderen Kraft. Sein Lehrer und Verbündeter, der Flutmarkthändler und alte keltische Druide, James McPherson, hatte sogar gemeint, der Wendelring verfüge noch über weitere Eigenschaften, ohne ihm allerdings zu verraten, welche das sein sollten.

Vorne auf dem Podium senkte Coralia plötzlich den Kopf. Dabei wirkte für einen Moment beinahe demütig.

„Entschuldigen Sie, Meister Saurini“, sagte sie. „Vielleicht bin ich manchmal zu ehrgeizig. Aber ich bin nicht fürs Warten geschaffen. Ich strebe immer voran, selbst wenn ich in einer Flut in die tiefste Vergangenheit vordringe, tue ich es im Glauben an die Zukunft. Ich will die Kräfte der Akademie groß und schön machen. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass die Akademie blüht und wir die Welt und die Menschen mit ihrem Reichtum beschenken. Darum sehne ich mich nach neuen Möglichkeiten. Entschuldigen Sie, wenn ich in diesem Wunsch zu weit gegangen bin.“

Erstaunt hörte Rufus diese Worte. Sie lügt, dachte er. Sie tut nur so, als würde sie nachgeben. In Wirklichkeit ist Coralia egoistisch und uneinsichtig. Aber sie verstellt sich perfekt.

Er warf Oliver, No und Filine einen schnellen Seitenblick zu.

Auch in ihren Gesichtern spiegelte sich Unglaube.

„Wir wissen einfach zu viel über Coralia!“, flüsterte Filine. „Sie ist gefährlich, auch wenn sie jetzt das strebsame Unschuldslamm spielt.“

Leider schien Direktor Saurini das nicht zu bemerken. Er lächelte Coralia zu und nickte sanft. „Dann beweise, dass du auch warten kannst, Coralia“, sagte er. „Eines Tages wird deine Stunde kommen.“

„Ja, Direktor Saurini“, wiederholte Coralia und sah auf.

In ihren Augen stand dabei für einen winzigen Moment ein gefährliches Glitzern, ein heller weißer Fleck tief in der Dunkelheit ihrer Pupillen, der wie sehr heiße Kohle glomm. Aber dann verschwand das Licht und sie schlug den Blick bescheiden nieder und verließ mit Charlotte und Emily das Podium.

Direktor Saurini wandte sich zu den versammelten Akademikern. „Und nun, ist es an der Zeit, die neuen Fragmente zu verteilen. Wie nach jeder gemeisterten Flut, darf jeder von euch wählen, ob er an seinem bisherigen Fragment weiterforschen möchte oder ein neues wählen will. Charlotte, du hast noch Zeit und musst nicht direkt wählen. Nach einer solchen Arbeit ist es gut, eine Ruhezeit einzulegen.“

Rufus nickte. Er hatte nach seiner letzten Flut dasselbe getan und sich nicht sofort für ein neues Fragment entschieden. Heute aber würde er eines wählen.

Aus dem Hintergrund der Aula trat Meister Günther heran. Der Meister für Malkunst und alle Anwendung von Farben zog an einem schweren Tau einen mannshohen, gewaltigen Weidenkorb hinter sich her, der auf einem Holzgestell mit hölzernen Rädern stand.

„Mann, ist der stark“, flüsterte No. „Meistens ziehen mehrere Meister den Korb zusammen. Ich wusste gar nicht, dass man vom Pinselschwingen solche Muskeln bekommt.“

Oliver grinste. Er kannte Meister Günther sehr gut, da er oft bei diesem im Turm der Arbeit mit Farben und Bildern zugange war. Genauso wie Rufus malte und zeichnete Oliver für sein Leben gern und bei dem stummen Jungen kam noch hinzu, dass Papier, Stifte und Pinsel ihm oft die gesprochene Sprache ersetzten.

Vor dem Podium blieb Meister Günther stehen und richtete sich dann zu voller Größe auf. Er war wirklich eine imposante Erscheinung. Sein Körper oder zumindest die Teile seines Körpers, die man sehen konnte, waren in vielen Farben tätowiert. Er trug Blumen und Totenköpfe, seltsame Zeichen und kunstvoll ineinander verschlungene Linien auf seiner Haut. Als er die Stimme erhob, durchdrang sie mühelos die Aula.

„Lehrlinge und Gesellen der Akademie! Wir haben die Fragmente wie immer so in Lederbeutel verpackt, dass ihr sie nicht durch Ansehen oder Nachdenken wählen könnt, sondern mit dem Herzen entscheiden müsst. Denn allein der Weg des Herzens ist der richtige Weg. Die Gesetze der Akademie verlangen beim Aufeinandertreffen von Mensch und Fragment nach einem Maß an Intuition, das nicht von Wunsch, Ehrgeiz oder Vorurteil beeinflusst sein soll. Wir bitten euch nun, vorzukommen und eure Wahl zu treffen.“

Der Meister stellte sich beiseite und die ersten Lehrlinge begaben sich zum Korb mit den Beuteln, wo sie sich in einer Reihe anstellten. Die meisten von ihnen würden keinen neuen Beutel mitnehmen, sondern nur das Fragment aus diesem ziehen, um es dann in den Beutel an ihrem Gürtel zu legen, den sie bei der ersten Wahl erhalten hatten. Genauso hatten es Rufus, No und Filine seit ihrem ersten Fragment auch gemacht. Jeder von ihnen liebte seinen ersten Beutel wie einen Freund.

Rufus’ Beutel zum Beispiel war aus braunem, sehr weichem Hirschleder und er hätte ihn niemals freiwillig wieder eingetauscht.

Die Freunde blickten sich an.

„Ich behalte mein Fragment“, erklärte No. „Ich weiß immer noch nicht, was für ein Material es sein könnte, aber genau das ist total cool. Und ich habe so ein Gefühl, dass meine nächste Flut eine ziemlich ungewöhnliche Sache werden wird.“

„Wie geht das denn?“, fragte Filine. „Ich habe noch nie im Voraus etwas über eine Flut gespürt.“

„Ich auch nicht“, gab No zu. „Aber diesmal ist es so. Ich kann es auch nicht beschreiben. Es ist einfach ein Gefühl, dass da echt was abgehen wird.“

Oliver grinste. Dann schrieb er auf seinen Block: So wie mit Charlotte eben?

Wieder errötete No. Doch dann meinte er lässig: „Ja, tatsächlich, irgendwas mit vielen Frauen, die alle ganz schön schräg drauf sind.“ Er warf Filine einen Seitenblick zu.

Filine tat so, als hätte sie Nos Worte nicht gehört. Sie reckte lediglich ihre Nase in die Luft und ihre grünen Scheinwerferaugen blitzten.

In diesem Moment fragte Meister Günther einen hoch aufgeschossenen Gesellen, der als Erster in der Reihe stand: „Hast du gewählt, Tobias?“

„Ja, Meister Günther.“

„Fühlst du deine Wahl als eine gute Wahl?“

Der Geselle hielt den Beutel unschlüssig in der Hand. Dann sagt er: „Ich glaube schon. Aber kann ich nicht einfach mal in den Beutel reinschauen, bevor ich Ja sage?“

Meister Günther zuckte zusammen. „Nein! Wie kommst du denn auf die Idee?“

Der Geselle biss sich auf die Lippen. „Ich habe gehört, es gibt besondere Fragmente, die man sich ruhig vorher mal ansehen sollte. Fragmente, die vielleicht schwerer zu erforschen sind, aber dafür auch wirklich einmalige Fluten und Artefakte hervorbringen.“

„Wo hast du das gehört?“, fragte Meister Günther scharf.

„Weiß nicht, das sagen viele in letzter Zeit.“

Meister Günther schüttelte langsam den Kopf. „Jedes dieser Fragmente ist einmalig und wird etwas Besonderes sein, wenn du an ihm forschst. Jedes dieser Fragmente hat eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden. Meinst du nicht?“

Der Geselle schluckte. Dann sagte er leise. „Doch.“

„Fühlst du deine Wahl also eine gute Wahl?“

„Ja“, nickte Tobias.

„Dann sei es. Nimm dein Fragment und öffne ihm deinen Geist, dein Herz, dein Wissen und dein Können.“

Der große Junge nickte erneut und trat aus der Reihe. Er hielt den Beutel in der Hand und befühlte ihn ausgiebig. Auf einmal wirkte er unzufrieden und Rufus beobachtete, wie er Coralia einen Blick zuwarf. Die aber schüttelte den Kopf und blickte zu Boden.

Habt ihr das mitbekommen?, schrieb Oliver auf seinen Block.

Rufus war bleich geworden. „Coralia hat ihm das in den Kopf gesetzt“, flüsterte er.

Typisch, schrieb Oliver. Sie versucht wirklich jeden in ihren Bann zu ziehen. Und sie stiftet Unfrieden.

Die nächsten Lehrlinge nahmen ihre Fragmente schweigend in Empfang und antworten alle mit Ja auf die Frage des Meisters, ob sie meinten, die richtige Wahl getroffen zu haben. Dabei wurde die Verteilung der Fragmente nach der kurzen Aufregung wieder zu dem, was sie sonst immer gewesen war. Ein stiller Vorgang, dessen Bedeutung alle in ihren Bann schlug. Niemand flüsterte mehr, jeder einzelne sah gespannt zu.

Schließlich stellte sich auch Rufus in die Reihe der Wartenden, die ein neues Fragment wählen wollten.

„Rufus Minkenbold, bist du bereit zu wählen?“, fragte ihn Meister Günther, als er direkt vor dem Korb stand.

Rufus blickte auf und konzentrierte sich.

„Ja!“, sagte er schließlich leise.

„Dann wähle!“ Meister Günther gab den Korb frei. Rufus wollte eben die Hand nach einem Beutel ausstrecken, als ein seltsames Leuchten vor seine Augen trat. Es war ein grünlicher Schimmer, wässrig und licht zugleich. Ein flirrendes, blendendes Grün, wie Rufus es noch nie gesehen hatte.

Seine Hand zuckte zurück.

„Was ist, Rufus?“, fragte Meister Günther ruhig.

„Ich …“ Rufus schloss die Augen und konzentrierte sich wieder. Aber der grüne Schein vor seinem inneren Auge blieb da.

Plötzlich hörte er Meister Günters Stimme fragen: „Rufus, hast du deine Wahl getroffen?“

Rufus öffnete die Augen. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass er sie ausgestreckt hatte, aber seine Hand lag auf einem grünen Wildlederbeutel. Das Leder zog Rufus an, doch darüber hinaus spürte er nichts, kein Gefühl, was es mit dem Fragment in diesem Beutel auf sich haben und ob es für ihn bestimmt sein könnte. Er zögerte.

Dann zog er plötzlich die Hand zurück und schüttelte leicht den Kopf. „Darf ich um eine Hilfe bitten, Meister Günther?“

Bestürzt sah ihn der Meister an. „Bei der Fragmentwahl? Fängst du jetzt auch damit an, Rufus? Hast du auch von irgendjemandem gehört, dann funktioniere es besser?“ Meister Günters Brauen zogen sich finster zusammen.

„Nein“, sagte Rufus.

„Aber es ist ungewöhnlich, was du forderst, Rufus. Denn nur du wirst dich mit deinem Fragment beschäftigen. Wer sollte dir da bei der Wahl behilflich sein?“

„Minster“, sagte Rufus leise. „Sie hat mir schon einmal geholfen.“

Minster war die Bisamratte, die unter der Obhut der Magistra Bibliothecaria, Meisterin Iggle, in der Bibliothek der Akademie lebte. Sie hatte Rufus nicht nur bei der ersten Wahl eines Fragments geholfen, sondern war auch seine Traumführerin in den Traumfluten, die er – anders als die meisten Lehrlinge – herbeirufen konnte. Allerdings waren diese eine Sache, die nicht alle Meister guthießen und außerdem ein Geheimnis, das er bewahren wollte.

Meister Günther legte den Kopf zurück und überlegte. Dann nickte er. „Nun gut, dann hole deine Hilfe auf vier Beinen!“

„Danke, Meister Günther.“

Rufus trat einen Schritt von dem großen Weidenkorb zurück. Minster laut zu rufen war ein Risiko, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Coralia wusste, dass Rufus sich wie sie selbst in Traumfluten bewegen konnte, und würde, wenn er jetzt um Minsters Hilfe bat, ziemlich sicher schlussfolgern, wer dabei seine Traumführerin war. Und das setzte Minster möglicherweise einer Gefahr aus. Doch es war bereits zu spät. Coralia hatte bestimmt gehört, was er gesagt hatte. Dennoch zögerte Rufus. Sollte er die Sache einfach abblasen und doch einfach den alten grünen Lederbeutel nehmen?

Aber noch ehe er die Hand ausstrecken konnte, huschte ein pelzbraunes Etwas mitten durch die Versammelten auf Rufus zu und blieb dann dicht vor seinen Füßen stehen.

Meister Zeitschneiders Buch

Minster!“

Plötzlich konnte sich Rufus den Ruf nicht verkneifen, so froh war er, die Bisamratte in diesem Moment zu sehen.

Minster knurrte leise. Sie lief auf Rufus zu, umrundete einmal seine Füße und sprang dann mit einem gewaltigen Satz auf Direktor Saurini zu, der inmitten anderer Meister ein Stück neben dem Podium stand. Der Direktor sah ihr verblüfft entgegen.

„Minster, was verschafft mir die Ehre?“

Minster fauchte. Dann warf sie sich plötzlich auf den Direktor, kletterte mit Hilfe ihrer scharfen Krallen mühelos an seinem rechten Hosenbein hoch und fuhr mit der Schnauze in die Tasche seines speckigen Jacketts.

„Minster!“ Direktor Saurini sah die Bisamratte erschrocken an. Aber das half nichts. Mit einer schnellen Bewegung zog Minster ein in brüchiges Leder gebundenen Buch aus der Tasche des Direktors und trug es hinüber zu Rufus. Sie legte es ihm vor die Füße und sah aus ihren dunklen Knopfaugen zu Rufus auf.

Im selben Moment wusste Rufus, dass seine Traumführerin sich nicht geirrt hatte. Von dem Buch ging eine warme Kraft aus und mit einem Mal war der grüne Schimmer, der in Rufus aufgeglommen war, leuchtend stark wie eine Sonne. Ohne zu zögern streckte Rufus die Hand nach dem Buch aus.

„Halt!“, rief Direktor Saurini. „Rufus, bei diesem Buch handelt es sich nicht um ein Fragment. Und im Übrigen benötige ich es. Mit diesem Buch hat es –“ Er schwieg. „Dazu komme ich nach der Verteilung der Fragmente. Ich muss dich jetzt aber bitten, es mir sofort zurückzugeben.“

Fordernd und mit sorgenvollem Gesicht streckte der Direktor die Hand aus.

Doch noch ehe Rufus etwas sagen oder selbst nach dem Buch fassen konnte, setzte Minster eine Pfote auf den Buchdeckel. Er war unbeschriftet, nur das alte, blanke Leder war zu erkennen.

„Minster, was ist mit dem Buch?“, flüsterte Rufus. „Vom wem ist es? Warum fühle ich, dass es mein Fragment ist?“

Minsters Antwort kam so schnell wie überraschend. Sie streckte den Kopf vor und biss eine Ecke des Buchdeckels ab. Dann riss sie mit ihren scharfen Zähnen den Ledereinband auf.

Direktor Saurini stöhnte. „Minster, ich brauche dieses Buch! Es ist ungeheuer wichtig!“

Die Bisamratte fauchte und riss einen weiteren Fetzen Leder ab.

Meisterin Iggle, die Bibliothekarin, die in der ersten Reihe auf einem Fellhocker saß und die Szene aus ihren scharfen Augen bisher schweigend beobachtet hatte, stieß ein hefiges Keuchen aus.

In der Aula breitete sich Unruhe aus.

Der einzige, der ruhig blieb, war Rufus. Gebannt verfolgte er, was Minster tat.

„Du willst das Buch nicht kaputt machen? Nicht wahr?“

Er kniete sich auf den Boden und blickte Minster an. Dann schaute er auf den kaputten Ledereinband. Unter diesem zeigte sich der feste Karton, der den eigentlichen Buchdeckel bildete. Mit der Schnauze schob Minster das Buch auf Rufus zu. Dann stellte sie sich auf die Hinterbeine und zog es in die Höhe, sodass die abgerissene Ecke nach unten zeigte. Dabei ruckelte sie das Buch hin her. Als er diese Bewegung sah, begriff Rufus, was Minster wollte.

„Ich mache das, Minster!“

Behutsam nahm er ihr das Buch aus dem Maul. Als er es anfasste, konnte er spüren, wie ähnlich das Leder des Einbandes dem des Beutels mit dem unbekannten Fragment im Weidenkorb war. Darum also hatte es sich gehandelt. Das Material an sich hatte ihn angezogen, aber der richtige Weg war hier in diesem Buch, das er in Händen hielt.

Rufus lächelte plötzlich und schüttelte das Buch leicht hin und her. Unter dem gelösten Leder begann sich etwa zu bewegen.

Er sah Minster an. „Hörst du das?“

Ein leises Klappern verriet, das sich unter dem gelösten Leder etwas auf dem Karton des Buchdeckels bewegte, irgendein kleines Ding, das sich gelöst hatte. Rufus schüttelte etwas kräftiger. Im nächsten Moment fiel ein winziger Klumpen mit einem trockenen Ton aus dem geöffneten Buchdeckel auf den Parkettboden der Aula.

Rufus streckte die Hand aus und nahm den Klumpen hoch.

Im selben Augenblick durchfuhren ihn Wärme und ein weiterer grüner Schimmer. Für einen Moment fühlte sich die Substanz in seiner Hand weich und geschmeidig an, als könnte sie jeden Augenblick zerfließen. Dann verging das Gefühl und nur ein harter, flacher Klumpen von der Größe eines Steinchens war noch da.

Glücklich und zugleich ohne jede Idee, um was es sich hier handelte, sah Rufus das Fragment an. Es war knochentrocken und sehr leicht, wie ein Stück Holz, das sehr lange in der Sonne gelegen hatte und aus dem alles Wasser gewichen war. Dabei aber fühlte es sich nicht so porös an wie Holz, sondern glatt und dicht. Auch an der Form ließ sich nicht erkennen, worum es sich handeln konnte. Und ein Muster trug das kleine Stück auch nicht. Dennoch fühlte Rufus, dass es wichtig und schön war, einzigartig und von Bedeutung und Bestimmung.

Meister Günther sah ihn fragend an.

„Hast Du gewählt, Rufus?“

„Ja, Meister Günther.“

„Fühlst du deine Wahl als eine gute Wahl?“

„Ja“, sagte Rufus.

„Dann sei es. Nimm dein Fragment und öffne ihm deinen Geist, dein Herz, dein Wissen und dein Können.“

Rufus ließ das Fragment in seinen Beutel gleiten. Er strich Minster über den Kopf.

„Danke, Minster, dass du mir geholfen hast!“

Dann nahm Rufus das Buch und wandte sich Direktor Saurini zu.

„Es tut mir leid, dass das Buch beschädigt worden ist.“

Der Direktor winkte ab. „Es ist nur der Einband und ich denke, das lässt sich ohne schlimme Folgen wieder richten. Aber dass dein Fragment aus diesem Buch stammt, ist mehr als verwunderlich…“ Der Direktor nahm das Buch an sich. „Denn es handelt sich bei diesem Werk“, er blickte die versammelten Mitglieder der Akademie an, „um ein Buch, auf das ich heute zu sprechen kommen wollte, wenn auch erst nach der Verteilung der Fragmente. Doch wie ich sehe, lassen sich bestimmte Dinge nicht länger aufhalten. Ich werde deswegen vorziehen, was ich zu sagen habe und bitte die Lehrlinge und Gesellen, die noch kein Fragment gewählt haben, dies im Anschluss an meine Worte zu tun.“

Direktor Saurini holte Luft.

„Dieses Buch enthält Aufzeichnungen eines berühmten Meisters, der die Akademie vor langer Zeit verlassen hat und der von den wenigen, die sich an ihn erinnern, immer mit einem zwiespältigen Gefühl bedacht wird. Meister Nikolai Zeitschneider. Er hat sich am Ende seiner bekannten Zeit in der Akademie ausschließlich dem Gebiet der Traumfluten gewidmet. Die meisten von euch wissen, dass es insbesondere den Frischlingen an der Akademie passieren kann, dass sich Artefakte in einer solchen Traumflut ohne weitere historische Nachforschung herbeiträumen lassen. Niemand weiß wirklich, wie es dazu kommt, aber in aller Regel sind diese Traumfluten vorübergehende Ereignisse und wir Meister halten sie für unsichere Wege, da ihnen die Kraft der Forschung und die Widmung des Herzens nicht so eingeschrieben sein müssen wie in einer üblichen historischen Flut. Doch darum geht es jetzt gar nicht. Ich erwähne dies nur für alle die, denen der Name Nikolai Zeitschneiders etwas sagt, damit keine Missverständnisse aufkommen. Vor diesen Forschungen hat er sich jedoch einem anderen Thema ausführlich gewidmet, nämlich dem Schutz der Akademie. Im 15 Jahrhundert, kurz nach ihrer Gründung durch die Gebrüder Micheluzzi, ist die Akademie heftigen Angriffen durch einen Mönchsorden ausgesetzt gewesen. Es handelte sich dabei um Angriffe, in denen die Akademie verteufelt wurde und in deren Folge es überhaupt erst zu der Tarnung als Bank kam. Vor Geld hatten die Mönche nämliche keine Angst, vor Wissen, das sie nicht kontrollieren konnten, hingegen schon. Und genau diese Angriffe haben sich jetzt begonnen zu wiederholen. Natürlich werden sie mit anderen Mitteln betrieben als damals. Aber das Prinzip ist identisch. Die Akademie wird öffentlich angegriffen und verteufelt. Und in diesem Buch“, er hielt die Aufzeichnungen Meister Zeitschneiders in die Höhe, „sind diese Angriffe beschrieben! Deswegen habe ich es aus der Bibliothek an mich genommen. Das aber ist mir erst nach mehreren Wochen der Suche gelungen. Denn es war, und das trotz Meisterin Iggles penibler Ordnung, nicht an seinem angestammten Platz eingeräumt. Jemand hat es versehentlich aber vielleicht auch mit voller Absicht umgestellt, so dass es eigentlich nicht zu finden gewesen wäre. Nur dank Minsters besonderer Begabung, was das Aufspüren von Büchern und wie wir eben erlebt haben auch das verborgener Fragmenten angeht, sind diese Aufzeichnungen überhaupt wieder ans Tageslicht gekommen!“ Saurini räusperte sich und sah scharf in den Saal.

Rufus, der immer noch vor dem Weidenkorb am Podium stand, warf No, Filine und Oliver einen besorgten Blick zu. Direktor Saurini hatte das offenbar bemerkt, denn seine Stimme wurde kräftiger, als er fortfuhr:

„Keiner von euch sollte sich mehr Sorgen machen als nötig. Aber diese Angriffe sind ernst zu nehmen. Sie kommen von außen, sie sind gezielt und sie werden über die Presse lanciert. Die beste Form, ein Gerücht in die Welt zu setzen und schnell zu verbreiten. Das Prinzip ist ganz einfach, wie immer bei klug erdachten Schachzügen. Es waren anfangs nur kurze Zeitungsartikel, aber in ihnen wurde die Akademie gezielt schlecht gemacht. Doch jetzt beginnt der Schneeball zu rollen und zu wachsen. In einem langen Artikel ist vor wenigen Tagen behauptet worden, unser Eliteinternat leiste schlechte Arbeit. Ein angeblicher Schüler, den wir in Wahrheit nie hier gesehen haben, hat in einem frei erfundenen Interview behauptet, es würde nach veralteten Lehrmethoden gearbeitet und der Journalist stellte im nächsten Atemzug die Kompetenzen unseres gesamten Lehrkörpers in Frage. Dank der Aufzeichnungen Meister Zeitschneiders, die ganz offenbar als Grundlage für den Angriff dienen, ahnen wir, wie der Angriff weiter vor sich gehen wird. Der Gegner hofft, dass wir uns jetzt öffentlich zur Wehr setzen werden. Aber genau das werden wir nicht tun. Denn seit alters her gilt, wenn sich der Verleumdete gegen solche öffentlich verbreiteten Gerüchte genauso öffentlich zur Wehr setzt, dann wird ihm dies von den Verleumdern und der sensationsgierigen Masse sofort als Eingeständnis seiner angeblichen Verfehlungen ausgelegt. Jedes Dementi nach einem solchen Angriff gilt dann nur noch als Bestätigung des Gerüchts. Und die sensationsgierige Masse reagiert dann unmittelbar mit weiterer Sensationsgier. Gelingt dem Angreifer ein Angriff in diesem Muster, folgen als nächstes die Zerschlagung und Übernahme der verunglimpften Institution. Sich gegen üble Gerüchte zu wehren, gehört zu den schwierigsten Dingen überhaupt. Es bleibt immer etwas am Angegriffenen hängen. Darum sind die einzigen beiden Wege der Gegenwehr die, entweder den Verleumder so schnell und so unauffällig wie möglich zum Schweigen zu bringen oder sich für ihn unsichtbar zu machen. Für Ersteres muss man seinen Gegner kennen und etwas gegen ihn in der Hand haben. Um sich zu tarnen wiederum, muss man auf eine perfekte Tarnung zugreifen können. Die Tarnung als Bank hat im 15. Jahrhundert ihren Zweck erfüllt. Heute aber können wir die Akademie nicht kurzfristig als irgendein neues Geschäftshaus tarnen. Ihr alle seid hier offiziell in einem Eliteinternat. Und eine neue Tarnung zu schaffen, hieße, dass jeder von euch die Akademie verlassen muss, weil wir die Tarnung als Internat aufgeben müssten.“

Ein Raunen ging durch die Aula.

„Ja“, sagte Direktor Saurini. „Das wollen wir natürlich verhindern. Deswegen müssen wir unseren Feind ausfindig machen und stellen. Wir verfolgen bereits die Wege, die er in der Presse benutzt. Seine neueste Lüge ist übrigens, wir versorgten die Schüler mit schlechtem Essen.“

Meister Spitznagel, der Meister der Speisen und Kochkünste schnaufte empört. Aber Direktor Saurini hob eine Hand.

„Das ist zwar eine dumme Lüge, die leicht zu entkräften wäre, aber trotzdem eine sehr gefährliche. In jeder Schule herrschen strenge offizielle Hygienevorschriften. Und nach diesem Artikel werden wahrscheinlich amtliche Prüfer kommen, die alles hier unter die Lupe nehmen. Wir haben diese offiziellen Treffen mit Amtspersonen in den vergangenen Jahren immer leicht überstanden. Aber bei einem solchen Angriff müssen wir uns darauf gefasst machen, dass es schwerer werden wird. Ich sage euch allen dies so offen, weil wir nur überleben werden, wenn wir zusammen stehen. Jeder muss wissen, um was es geht. Wir alle werden von nun an aufmerksamer sein müssen. Das soll keinen von euch in Furcht versetzen, aber ihr müsst wissen, die Akademie wird angegriffen! Und wir haben die Aufgabe, sie zu verteidigen und zu schützen.“

Ein Geselle meldete sich, Es war ein stämmiger Kerl mit einer wilden blonden Mähne, der den schönen Namen Borgos Beautemps trug. Rufus kannte ihn nicht gut, hatte ihn aber schon ein paar Mal auf der Wendelrampe und in verschiedenen Unterrichten getroffen.

„Aber wer ist denn der Angreifer? Oder vielmehr wer sind sie? Denn so etwas kann ja wohl keiner alleine bewerkstelligen. Und vor allem, was ist ihr Ziel? Ohne unsere besonderen Kräfte nützt die Akademie doch niemandem.“

Gino Saurini schüttelte den Kopf. „Ich kann dir diese Frage leider nicht beantworten. Die Ereignisse treten erst seit einigen Wochen auf. Aber wir werden alles unternehmen, um herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist und weshalb das geschieht. Der Mönchsorden damals verfolgte vor allem das Ziel, ihm unliebe Wissende aus der Welt zu schaffen. Unter den heutigen Lebensbedingungen vermute ich allerdings eher, dass es sich beim Motiv der Angriffe um den schnöden Mammon handelt. Mit unserer Akademie ließe sich sehr viel Geld verdienen. Denk nur an den Antiquitätenmarkt. Womöglich hat jemand mitbekommen, dass wir, wie wir bisher dachten sicher und unauffällig, alte Artefakte in die Museen bringen.“

„Aber Direktor Saurini!“, sagte Rufus plötzlich.

„Ja, Rufus?“

„Was Sie über das Buch erzählt haben und darüber, dass die Angriffe auf dieselbe Weise laufen wie vor 500 Jahren, ist doch ein Zeichen, dass den Angreifern die Aufzeichnungen Meister Zeitschneiders bekannt sein müssen.“

„Das prüfen wir“, sagte Saurini nach einem Zögern.

Plötzlich erhob sich Meisterin Iggle. „Meister Zeitschneider“, erklärte sie. „ist einer der wenigen Meister, die die Akademie verlassen haben und von denen nie wieder etwas gehört wurde. Deswegen kann er der Welt draußen Nachrichten hinterlassen haben, von denen wir nichts wissen. Mir selbst ist die Ähnlichkeit der Angriffe anhand einiger Formulierungen in dem Zeitungsartikel aufgefallen. Deswegen habe ich Direktor Saurini informiert und mit ihm nach dem Buch gesucht. Als es dann allerdings versteckt war –“ Sie presste die Lippen aufeinander. „Ja, es ist der Verdacht nicht auszuschließen, dass Informationen aus der Akademie nach außen gelangt sind. Aber so einen schlimmen Verdacht wird keiner von uns gegen einen der unseren äußern, wenn er nicht stichhaltig begründet werden kann. Das Buch kann auch einfach verstellt worden sein. Und das gut und gerne auch schon vor sehr langer Zeit.“

Rufus schluckte. Viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Coralia, seine Mutter, die im Auftrag von Coralia heimlich Artefakte verkaufte, der Rabe, wie Coralia ihren unbekannten Helfer genannt hatte und mit dem sie in der alten Gaunersprache Rotwelsch sprach, wie Oliver herausgefunden hatte. Das alles wies eindeutig auf seine Widersacherin hin. Und doch hatte Meisterin Iggle Recht. Rufus konnte Coralia nicht einfach vor allen anderen beschuldigen. Nicht ohne schlüssige Beweise. Die hatte er nicht. Und Coralia war klug und hatte mächtige Verbündete. Wenn er oder seine Freunde sie offen angriffen, würde sie das sicher mühelos abschmettern.

Und schließlich hatte Rufus Angst, dass das geldgierige Verhalten seiner Mutter auf ihn zurückfallen würde. Es war wie mit den Gerüchten. Wer würde ihm schon noch glauben, wenn herauskam, dass seine eigene Mutter genau das tat, was Direktor Saurini eben als mögliches Motiv für die Angriffe angedeutet hatte, sich an den Schätzen der Akademie egoistisch zu bereichern?!

Doch es war, als hätte Direktor Saurini seine Gedanken erraten. Plötzlich warf er Rufus ein aufmunterndes Lächeln zu.

„Wir werden unsere Aufgabe niemals vergessen. Die Akademie hat schon andere Stürme bestanden und es gehört nun einmal zum Leben, dass es Zeiten gibt, in denen man kämpfen muss. Wir werden dafür kämpfen, dass die Akademie bestehen bleibt. Sie wird nicht einfach untergehen, nur weil ein gieriger oder kurzsichtig handelnder Mensch das so will! Der große politische Denker Niccolo Macchiavelli, dessen Name heute vor allem mit rücksichtsloser Machtpolitik verbunden wird, nannte in Wirklichkeit Eigennutz den größten Fehler, den ein Fürst begehen konnte. Alles politische Handeln der mit Macht versehenen??? Menschen solle unter der Idee des Gemeinnutzes stehen, schrieb er. Die Verderbtheit des Eigennutzes, wie Macchiavelli es nannte, dagegen führe zum Untergang der Geschlechter – oder der Gesellschaft, wie wir es heute nennen können. Oder, um es mit den Worten eines anderen wichtigen Buches zu sagen: Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen und da die Diebe nachgraben und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Er nickte und fügte hinzu: „So steht es in der Bibel bei Matthäus.“

In der Aula herrschte tiefe Stille.

Der Direktor nickte noch einmal. „Für uns alle ist wichtig, dass wir gerade in den Zeiten einer solchen Gefahr unsere Aufgaben weiter verfolgen. Die Akademie lebt durch uns und unsere Arbeit. Das ist der einzige Weg, sie am Leben zu halten. Deswegen arbeitet konzentriert weiter. Um den Umgang mit den Verleumdungen und Gerüchten kümmern wir Meister uns. Und Rufus, dies noch zum Abschluss. Bevor du dich an deine Arbeit machst und an deinem neuen Fragment zu forschen beginnst, es war für uns alle hier schön zu sehen, wie Minster und du es zusammen gefunden habt. Und es wird vielleicht nicht umsonst gewesen sein, dass es ausgerechnet in diesem Buch verborgen war, das uns das Wissen verschafft hat, wie die Angriffe auf die Akademie aufgebaut sind. Aus all diesen Gründen erhältst du einen Erkenntnispunkt.“

Rufus blickt überrascht zu Direktor Saurini. Und in diesem Augenblick geschah etwas wirklich Merkwürdiges.

Zum ersten Mal seit langer, sehr langer Zeit dachte Rufus plötzlich an seinen Vater.

Er sah sein Gesicht vor sich und erinnerte sich an jedes Haar, jede Falte in seinem Gesicht. Er sah genau die Farbe seiner Augen und hörte seine Stimme, wie er sie gehört hatte, eher er seine Mutter verlassen hatte und sie danach so kalt und geldgierig geworden war. Im nächsten Moment sah er auch seine Mutter, damals, wie sie lachte! Doch noch ehe er sich fragen konnte, was das bedeutete, verblassten die beiden und Rufus hörte plötzlich Amilcars Stimme, des jungen Glasbläsers aus Tyros, dem er in seiner letzten Flut begegnet war und der seinen Vater verloren hatte, fast so wie Rufus seinen, nur dass Rufus’ Vater nicht tot war, sondern irgendwo auf der Welt mit seiner neuen Frau lebte. Amilcar rief: „Vater, ich habe dich lange nicht verstanden, denn ich musste erst das Meinige erkennen.“ Dann sah Rufus auch seine Gestalt. Amilcar stand am Ufer des Mittelmeeres und sah hinaus auf die Wogen. Im nächsten Moment sah Rufus direkt daneben ein Mädchen in einem Wald. Sie stand mit ausgebreiteten Armen unter den Bäumen, hatte ein blau bemaltes Gesicht und sagte: „Ich bin Aili, Bydeggs Tochter, vom Stamm der Icener und Myrddins erste Schülerin. Und die drei Quellen des Wissens sind Denken, Erahnen, Lernen. Ich danke dir, Roudo.“ Und plötzlich sah Rufus auch Nauri, den jungen Nubier, der im Thronsaal ihres Palastes vor die Pharaonin Anchetcheprure trat und ihr die silberne Katze gab, die er angefertigt hatte. Der Junge lächelte.

Rufus erschauerte. Diese drei jungen Menschen hatte er in seinen Fluten an der Akademie getroffen. Und sie alle standen plötzlich wie in einer Flut vor Rufus herum und begannen nun, um ihn zu tanzen, so dass Meer und Wald und der ägyptische Thronsaal einem Reigen ineinander drangen.

Und plötzlich waren auch Rufus’ Eltern wieder. Nur, dass sie nicht tanzten. Rufus sah aus der Ferne, wie sein Vater in ihrer alte Wohnung zur Tür ging und seine Mutter, die ihm nachblickte und sich dann abwandte.

Und dann verblassten die Bilder und Stimmen.

„Was passiert hier?“, flüsterte Rufus und sah Direktor Saurini an.