© 2021 Christoph-Maria Liegener
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Cover-Bild: Shutterstock
ISBN:
9783754320280
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Mathilde war eine Dreckschleuder, also eine bösartige Klatschtante. Über jeden und jede in ihrer Umgebung hatte sie etwas zu erzählen. Und immer nur Schlechtes.
Trotzdem war sie in der Firma allseits beliebt. Als Quelle nie versiegender Klatschgeschichten trug sie zur Unterhaltung der Kollegen bei. Man konnte ihr stundenlang zuhören, durfte sie nur nicht ernstnehmen.
Hinzu kam, dass sie nicht unattraktiv daherkam, allerdings gerade so auf der Grenze, dass man ihre biologische Uhr ticken hörte. Irgendwie hatte sie keinen Mann abbekommen, obwohl es an Versuchen ihrerseits nicht mangelte und sie sich über einen Mangel an sexuellen Kontakten nicht beklagen konnte. Jedoch hatten die wenigsten Lust, ihre intimsten Geheimnisse von Mathilde auf den Firmenfluren verbreiten zu lassen. Eine eigene Persönlichkeit schien die Dreckschleuder nicht zu haben, fungierte eher als ein Filter, der den ganzen Schmutz der Umgebung sammelte und dann genüsslich ausschüttete.
Sah sie auf dem Flur ihrer Firma zwei Menschen im Gespräch beieinanderstehen, so dichtete sie ihnen sofort eine Affäre an. Das fing bei Olaf, an, der sich mit Anna gut verstand. Beide waren verheiratet, aber nicht miteinander. So oft sie sich sahen wechselten sie ein paar Worte miteinander. Mathilde missgönnte den beiden ihre gegenseitige Sympathie.
Nun traf es Olaf allerdings nicht ohne eine gewisse Mitschuld. Er hatte zuvor einmal an Mathildes Kaffeerunde teilgenommen, die diese mit einigen anderen Sekretärinnen abhielt. Er kam zufällig gerade vorbei und wurde eingeladen. Eine große Ehre, die er aber offenbar nicht recht zu würdigen wusste!
Als er ging, bemerkte er scherzhaft:
„Es hat mir wirklich Spaß gemacht. Bei euch komme ich mir so richtig intelligent vor. Hahaha.“
Es war als Witz gemeint, aber die Damen lachten nicht. Olaf wurde nie wieder eingeladen.
Nunmehr sah Mathilde die harmlosen Gespräche zwischen Olaf und Anna mit anderen Augen. Sie fand, dass die beiden doch zu vertraut miteinander umgingen. Dann fiel ihr noch etwas auf: Die beiden standen näher beieinander, wenn sie sich unbeobachtet glaubten, rückten auseinander, wenn jemand in der Nähe war. Mathilde hielt das für ein untrügliches Zeichen dafür, dass die beiden eine Affäre hatten.
Alsdann begann sie, die erfundene Geschichte von der Affäre als Tatsache herumzuerzählen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die beiden, um die es ging, nichts von dem Getuschel mitbekamen. Sie spürten zwar die verstohlenen Blicke, wunderten sich auch schon mal über einen ironischen Unterton, wenn andere ihre Ehepartner grüßen ließen, konnten sich aber keinen Reim darauf machen.