Rainer-Maria Rilke

Die Turnstunde

mit Leitfaden zur Interpretation

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Turnstunde

Leitfaden zur Analyse von Prosatexten

Impressum neobooks

Die Turnstunde

In der Militärschule zu Sankt Severin. Turnsaal. Der Jahrgang steht in den hellen Zwillichblusen, in

zwei Reihen geordnet, unter den großen Gaskronen. Der Turnlehrer, ein junger Offizier mit hartem

braunen Gesicht und höhnischen Augen, hat Freiübungen kommandiert und verteilt nun die

Riegen. »Erste Riege Reck, zweite Riege Barren, dritte Riege Bock, vierte Riege Klettern!

Abtreten!« Und rasch, auf den leichten, mit Kolophonium isolierten Schuhen, zerstreuen sich die

Knaben. Einige bleiben mitten im Saale stehen, zögernd, gleichsam unwillig. Es ist die vierte

Riege, die schlechten Turner, die keine Freude haben an der Bewegung bei den Geräten und

schon müde sind von den zwanzig Kniebeugen und ein wenig verwirrt und atemlos.

Nur Einer, der sonst der Allerletzte blieb bei solchen Anlässen, Karl Gruber, steht schon an den

Kletterstangen, die in einer etwas dä