Peter Morgan
Praxisratgeber
Klassikerkauf
Porsche 911
Alle Modelle bis 1989
HEEL Verlag GmbH
Gut Pottscheidt
53639 Königswinter
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Der Originaltitel „Ultimate Buyers` Guide – Porsche 911 The classic
models (1964-1989)“ ist erschienen bei:
PMM Books
Peter Morgan
PO Box 2561
Marlborough, Wiltshire
SN8 1YD
Grat Britain
© 2008 Peter Morgan
Deutsche Übersetzung: Tobias Kindermann
Lektorat: Jürgen Schlegelmilch
Titelbildgestaltung: Axel Mertens, HEEL Verlag
Satz und Gestaltung: F5 Mediengestaltung, Ralf Kolmsee
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlages nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.
Alle Angaben ohne Gewähr!
E-Book ISBN: 978-3-86852-298-3
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Einleitung
Zeittafel
Zahlen und Fakten
Die Story des klassischen 911
Die Geburt einer Legende – die frühen Porsche 911
Die 2,7-Liter-911 und der Carrera 3,0
Der 911 SC setzt einen neuen Standard
Der Carrera 3,2
Der 911 Turbo
Einordnung und Details
Die frühen 911 S (1964 – 1973)
Karosserie
Motor
Getriebe
Federung, Räder und Bremsen
Innenausstattung und Zubehör
Der Porsche 911 (1974 – 1978)
Karosserie
Motor
Getriebe
Federung, Räder und Bremsen
Innenausstattung und Zubehör
Der Porsche 911 SC (1977 – 1983)
Karosserie
Motor
Getriebe
Federung, Räder und Bremsen
Innenausstattung und Zubehör
Der Porsche 911 Carrera 3,2 (1983 – 1989)
Karosserie
Motor
Getriebe
Federung, Räder und Bremsen
Innenausstattung und Zubehör
Der Porsche 911 Turbo (1975 – 1989)
Karosserie
Motor
Getriebe
Federung, Räder und Bremsen
Innenausstattung und Zubehör
Sondermodelle
Der Kauf
Dokumentation
Die Karosserie
Der Motor
Das Getriebe
Ausstattung, Zierteile und Zubehör
Innenausstattung
Fahrwerk und Lenkung
Bremsen, Felgen und Reifen
Anhang
Anhang 1
Produktionsdaten
Anhang 2
Zubehör und Farben
Diese Kaufberatung soll Ihnen als nützlicher Ratgeber beim Kauf eines klassischen Porsche aus der Zeit zwischen 1965 bis 1989 zur Seite stehen. Sie hilft, die verschiedenen Fahrzeugtypen zu identifizieren und zeigt die Punkte, auf die man vor dem Erwerb eines solchen Wagens achten sollte.
Der Porsche 911 gilt als eine Ikone unter den Hochleistungssportwagen. Der Prototyp wurde vom Werk erstmals im Jahr 1963 präsentiert, die Fahrzeuge aus der Serienproduktion gelangten Ende 1964 in die Verkaufsräume. Seit dieser Zeit ist der Porsche 911 jener Wagen, an dem alle anderen Sportwagen gemessen werden.
Der Porsche 911 wurde inzwischen in vielen Versionen gefertigt, die Modelle, wie sie bis Juli 1989 produziert wurden, gelten als die unverfälschtesten. Die folgenden Varianten wurden stark überarbeitet und entfernten sich vom ursprünglichen Konzept deutlich. Damit reagierte Porsche auch auf die Wünsche der Käufer, die inzwischen andere Ansprüche an Fahrgefühl und Komfort stellten.
Die Fahrzeuge aus den 1960er Jahren, der Porsche 912 mit seinem Vierzylinder-Motor kann da eingeschlossen werden, haben sich den Charme und das Lebensgefühl dieser Zeit erhalten. Das Lenkrad besaß einen hölzernen Kranz, die Sitze federten kräftig und besaßen die Anmutung von Club-Sesseln. Die ersten Wagen hatten ein eigenwilliges und nicht ungefährliches Fahrverhalten. Doch Porsche unternahm starke Anstrengungen, um das zu ändern, und bis 1973 verbesserte sich das Handling der Wagen deutlich.
Die 1970er Jahre brachten immer umfangreichere Sicherheitsvorschriften und das Öl-Embargo der OPEC veränderte die Einstellung zu Autos generell. Der Porsche 911 bekam stoßabsorbierende Stoßstangen und neue Technologien, um die schädlichen Abgase zu reduzieren und sich damit dieser Zeit anzupassen.
Unabhängig davon flossen die spektakulären Erfolge des alles überragenden Rennsportwagen Porsche 917 in Form von technologischen Sprüngen in die Serienfertigung bei Porsche ein. Ohne Zweifel war die Turbo-Aufladung die wichtigste davon. Der im Frühjahr 1975 präsentierte Porsche Turbo prägte neue Vorstellungen vom Konzept eines „Traumautos“ und wurde in den darauffolgenden Jahren das Flaggschiff der Marke.
Der 911 SC und der Carrera 3,2 führten den 911 auf ein neues Niveau als alltagstauglicher Hochleistungssportwagen. Der Carrera 3,2 erlangte in den 1980er Jahren eine hohe Reife, die letzten Modelle bieten den besten Gegenwert, wenn man einen zuverlässigen, klassischen Sportwagen sucht.
Diese Kaufberatung behandelt alle Varianten des Porsche 911 bis in das Jahr 1989 hinein und bietet in seinem handschuhkastentauglichen Format einen Leitfaden, der immer dabei sein kann, um das passende Auto zu finden.
Der Service für den Porsche 911 ist weltweit hervorragend. Das beginnt mit Porsches eigener Classic-Abteilung für Teile und Arbeiten. Dazu kommen unzählige Magazine, Foren und Vereine bis hin zu einem Netzwerk unabhängiger Spezialisten, die viel Erfahrung im Umgang mit den klassischen Modellen besitzen.
Noch ein wichtiger Rat: Wer nicht vertraut damit ist, worauf man beim Kauf eines klassischen 911 achten muss, sollte unbedingt zusätzlich auch fachmännischen Rat hinzu ziehen.
Peter Morgan, Marlborough, England
SEPTEMBER 1963: Der Porsche 901 wird als Prototyp auf der IAA in Frankfurt präsentiert.
SEPTEMBER 1964: Die Produktion des Porsche 911 mit dem 130-PS-Motor (95 kW) und zwei Litern Hubraum beginnt. Im April 1965 folgt der Porsche 912 mit einer leicht leistungsreduzierten Maschine aus dem 356 SC. Der Motor hat 1,6 Liter Hubraum und 90 PS (66 kW).
OKTOBER 1966: Der Porsche 911 S mit 160 PS (117 kW) aus zwei Litern Hubraum wird präsentiert, im Dezember 1966 beginnt die Produktion der Targa-Modelle.
AUGUST 1967: Das vierstufige Sportomatic-Getriebe wird als Option angeboten, der 911 L (130 PS/95 kW) und der 911 T (110 PS, 81 kW) kommen ins Programm. Für den Targa ist optional eine Heckscheibe aus Glas lieferbar.
AUGUST 1968: Der 140 PS starke 911 E ersetzt den 911 L, der 911 S erhält 170 PS (125 kW). E und S verfügen über eine mechanische Einspritzung und Kondensatorzündung, der Radstand wächst um 67 auf 2271 mm. Die Produktion des 912 endet. Es ist das letzte Modelljahr, in dem der Targa mit dem Softwindow angeboten wird.
AUGUST 1969: Der Hubraum wird auf 2,2 Liter vergrößert. Das Angebot umfasst nun 911 T (125 PS/92 kW), 911 E (155 PS/114 kW) und 911 S (180 PS/132 kW).
AUGUST 1971: Der Hubraum wächst auf 2341 ccm, die Maschine wird allgemein als 2,4-Liter-Version bezeichnet. Der 911 T hat nun 130 PS (95 kW), der 911 E 165 PS (121 kW) und der 911 S 190 PS (139 kW).
AUGUST 1972: Die Produktion des 911 RS (210 PS/154 kW) mit der 2,7-Liter-Maschine beginnt.
AUGUST 1973: Der Hubraum aller Versionen wird auf 2,7 Liter vergrößert, alle Fahrzeuge erhalten neue Stoßstangen, die einen Aufprall von bis zu 8 km/h ohne Schaden absorbieren können. Die bisherige Aufteilung in T, E und S wird aufgegeben. Nun gibt es den 911 (150 PS/110 kW), 911 S (175 PS/128 kW) und den 911 Carrera (210 PS/154 kW).
OKTOBER 1974: Der 911 Turbo erscheint (260 PS/191 kW, US-Modelle: 245 PS/180 kW). Die US-Modelle und die rechtsgelenkten Versionen folgen 1975. Nur in diesem Jahr wird ein 912 mit einer 90 PS-Maschine (66 kW) von VW auf dem amerikanischen Markt angeboten. Zum Modelljahr 1975 legt Porsche ein Sondermodell des 911 auf, mit dem das 25-jährige Produktionjubiläum in Stuttgart gefeiert wird.
AUGUST 1975: Der Carrera 3,0 wird eingeführt. Er wird von einem 3-Liter-Motor mit 200 PS (147 kW), der auf dem Motor des Porsche Turbo basiert, angetrieben. Für die Karosserie kommen nun feuerverzinkte Bleche zum Einsatz. Das Programm wird gestrafft: Ein 165-PS-Motor (121 kW) ersetzt die 150-PS- und 175-PS-Versionen.
AUGUST 1976: Der Carrera 3,0 und der Turbo erhalten Bremskraftverstärker.
AUGUST 1977: Der 911 SC mit 180 PS (132 kW) wird eingeführt und ersetzt alle bisherigen Saugmotor-Varianten. Der Porsche 911 Turbo wird in vielen Punkten überarbeitet. Er erhält eine 3,3-Liter-Maschine mit 300 PS (220 kW) und Ladeluftkühler sowie größere Bremsen.
AUGUST 1979: Der 911 SC ist für den amerikanischen Markt mit einer Lambda-gesteuerten Abgasanlage mit Katalysator lieferbar. Der Motor leistet 180 PS (132 kW). Für alle anderen Märkte steigt die Leistung auf 188 PS (138 kW).
AUGUST 1980: Die Leistung des 911 SC steigt durch eine höhere Verdichtung auf 204 PS, in den USA wird weiter die 180-PS-Variante angeboten.
AUGUST 1981: Das Sondermodell „50 Jahre Porsche“ erscheint in einer Auflage von 200 Einheiten in der Außenfarbe Meteor-Metallic und mit einer weinroten Innenausstattung.
AUGUST 1982: Das 911 SC Cabrio geht in Produktion.
AUGUST 1983: Der 911 Carrera 3,2 erscheint mit 231 PS (170 kW) und einer Motronic. Modelle für den US-Markt haben 207 PS/152 kW und einen Katalysator. Dieser Motor hat eine niedrigere Verdichtung und ein kürzeres Getriebe.
AUGUST 1984: Die Versionen 911 Carrera 3,2 Turbolook sind lieferbar als Coupé, Targa und Cabrio (WTL: Werks-Turbolook).
AUGUST 1985: Der Turbo ist mit einem geregelten Katalysator, der die Schadstoffe reduziert, für den US-Markt erhältlich (282 PS/210 kW) und nun auch als Targa und Cabrio lieferbar.
AUGUST 1986: Der 911 Carrera 3,2 bekommt ein neues Getriebe (G50) und eine hydraulisch betätigte Kupplung, die Leistung der niedrigverdichteten Motoren mit Katalysator ab Werk steigt auf 217 PS. Der Carrera 3,2 wird in der Ausstattungsoption „Clubsport“ angeboten.
AUGUST 1987: Der Carrera 3,2 ist in einer Sonderserie zum Verkauf des 250.000sten Porsche 911 lieferbar (Auflage 875 Stück). Er unterscheidet sich durch die Innenausstattung in silberblaumetallic von der Serie. Außenfarbe ist Diamantblau-Metallic.
AUGUST 1988: Der Turbo erhält ein 5-Gang-Getriebe (G50/50). Der Carrera 3,2 erscheint als Speedster-Version im WTL-Look. Einige Exemplare für den Export erhalten auch die schmale Carrera-Karosserie. Porsche bringt das Sondermodell „25 Jahre Porsche 911“ auf den Markt.
JULI 1989: Die Produktion aller 911 Carrera 3,2 und des Turbo wird eingestellt.
Der Prototyp des neuen Porsche wurde erstmals im September 1963 auf der Frankfurter IAA gezeigt, damals noch unter der Bezeichnung „901“. Nach einem Einspruch von Peugeot, wo man sich die Zahlenfolgen mit einer „0“ in der Mitte hatte schützen lassen, wählte Porsche die Bezeichnung „911“. Diese drei Zahlen sollten später zu einem Synonym für einen der faszinierendsten Sportwagen werden, die jemals gebaut wurden. Im Heck saß der neue luftgekühlte Sechszylinder-Motor mit zwei Litern Hubraum und 130 PS, auch dieser Motor sollte Geschichte machen. Der Porsche 911 hatte in den kommenden Jahren eine beeindruckende Karriere in der automobilen Welt vor sich.
Der Porsche 911 ist heute noch eine Ikone. Er wird immer noch produziert, rund 47 Jahre später, nachdem die ersten Fahrzeuge über die Straßen rollten. Die heutigen 911 teilen sich technisch gesehen nichts mehr mit den frühen Fahrzeugen, davon abgesehen, dass der Motor immer noch im Heck sitzt und sich das Design eine gewisse Konstanz erhalten hat. Doch der Geist der ersten Modelle ist auch in den neuen Autos zu spüren, und das ist der Grund, warum der 911 heute immer noch verehrt wird.
Die Spannweite der Entwicklung, die der Wagen über die Zeit hinweg durchlaufen hat, überrascht viele Liebhaber. Das Design entwickelte sich kontinuierlich weiter, Porsche gönnte dem Wagen während seiner Bauzeit nur wenige Atempausen. Dann gibt es noch einen anderen Aspekt, der die Faszination des 911 ausmacht. Die frühen Modelle, nämlich jene, die vor Juli 1973 produziert wurden, sind unter den Sammlern sehr begehrt. Die 911 aus der Bauzeit zwischen 1974 und 1989 sind für Leute mit einem mehr praktischen Sinn die Autos der Wahl. Sie benötigen weniger Wartungsaufwand und bewegen sich technisch und qualitativ auf einem höheren Niveau.
Den „besten“ 911 gibt es nicht, man findet immer noch eine Version, die begehrenswerter erscheint als die, die man sich leisten kann. Aber alle Wagen vermitteln auf ihre eigene Art und Weise das Porsche-911-Gefühl, sei es den rauen Charme der Wettbewerbswagen oder die Eleganz eines Langstreckenfahrzeuges. Was das Wichtigste ist: Sie alle bieten das, was Ferry Porsche als „Fahren in seiner schönsten Form“ bezeichnet hat.
Ferry Porsche hatte ganz eigene Ideen davon, was den neuen Gran Tourismo auszeichnen sollte. Ein kleines Team aus Technikern und Designern begann Mitte der 1950er Jahre mit der Arbeit. Aber es sollte eine geraume Zeit dauern bis er bekam, was ihm vorschwebte.
Ferry Porsche wollte einen Sportwagen mit 2+2 Sitzen, mit einem Kofferraum in der Größe, um das Gepäck für eine Wochenendreise aufzunehmen. Der im Heck untergebrachte Motor sollte sechs Zylinder in Boxer-Anordnung besitzen. Und luftgekühlt sein, denn Porsche hatte große Erfahrung im Umgang mit dieser Bauweise. Diese Lösung besaß konstruktive Vorteile, weil sie weniger Gewicht als eine Lösung mit Wasserkühlung mit sich bringt.
Verschiedene Designer entwarfen zunächst einige Karosserievarianten, doch am Ende war es der älteste Sohn von Ferry Porsche, Ferdinand (Butzi) Porsche, der das zeitlose Design, wie wir es heute kennen, zu Papier brachte. Die Form war windschlüpfig, alle Bauteile wurden geschickt im zur Verfügung stehenden Raum untergebracht.
Zwischen der ersten Präsentation im September 1963 und dem Beginn der Produktion im September 1964 fanden umfangreiche Modifikationen am Wagen statt. Sicher nicht die unerheblichste davon war die Umstellung von Nass- auf Trockensumpfschmierung mit einem separaten Öltank, eine Anleihe aus dem Rennsport, die auch dafür sorgte, dass der Motor flacher baute. Diese Änderungen im Motor-Layout kamen nicht zuletzt durch die Unzufriedenheit eines 28-jährigen Ingenieurs mit der vorherigen Konstruktion zustande. Der junge Mann hieß Ferdinand Piëch.
Piëch war der Neffe von Ferdinand Porsche und ein Enkel von Professor Ferdinand Porsche (dem Konstrukteur des VW Käfer und der Vorkriegs-Auto-Union-Rennwagen). Piëch hatte das technische Talent seines Großvaters geerbt. Ihm fiel auf, dass der ursprüngliche Motor, der für den Porsche 911 vorgesehen war, keine gute Basis für künftige Rennaktivitäten von Porsche bilden würde. Deshalb überarbeitete er fast das gesamte technische Layout des Triebwerks zusammen mit dem jungen Ingenieur Hans Mezger innerhalb von nur zwölf Monaten, samt der Produktion neuer Werkzeuge für die Fertigung. Nur die Techniker unter den Lesern werden einschätzen können, was das für eine gigantische Aufgabe bedeutete, besonders in jenen Tagen, als es noch keine Computer zur Berechnung, Gestaltung und Fertigung gab und eine Entwicklungszeit wie heute von sechs bis neun Monaten unvorstellbar erschien.
Piëch wurde ab 1965 Leiter der technischen Bereiche bei Porsche und war der führende Kopf hinter der beeindruckenden Entwicklung des Porsche 911 in der Zeit zwischen 1965 und 1972. Er bildete ebenso die treibende Kraft hinter der Porsche-Dominanz im Rennsport mit dem legendären Porsche 917. Er verließ das Unternehmen 1972, als Porsche in eine AG umgewandelt wurde und keine Familienmitglieder mehr Leitungsfunktionen im Unternehmen ausüben sollten. Im Jahr 1990 wurde er Chef des Volkswagen-Konzerns mit seinen Tochtermarken. Heute ist er dort Aufsichtsratsvorsitzender.
Piëchs und Metzgers Überlegungen für den 911 -Motor waren wegweisend. In den darauffolgenden Jahren sollte er die Basis für alle Straßen- und Renntriebwerke des Unternehmens werden. Zwischen den 1960er und den 1980er Jahren wuchs der Hubraum der Straßenversion von gerade mal zwei Litern erst auf 2,2 Liter, dann auf 2,4 und 2,7 Liter. Der rennorientierte Carrera RS 3.0 hatte den ersten 3,0-Liter-Motor im Heck, während der Porsche Turbo im Herbst 1977 die Grenze auf 3,3 Liter Hubraum anhob.
Zunächst war der Erfolg des neuen Porsche 911 auf dem Markt der Sportwagen eher bescheiden. Sein Konzept wirkte ungewöhnlich und erst die kontinuierlichen Rennerfolge rückten den Wagen bei Sportwagenliebhabern ins Blickfeld.
Der erste 911, dessen Produktion spät im Jahr 1964 voll anlief, entwickelte muntere 130 PS (95 kW), über 30 PS mehr als der auslaufende 356 SC, aber er war auch um 30 Prozent teurer und das schreckte selbst loyale Porsche-Kunden ab. Das Unternehmen erkannte das Problem schnell und bot bald den billigeren 912 mit Vierzylinder-Motor an.
Der 912 entsprach in allen Punkten dem 911, abgesehen von der Maschine. Zum Einsatz kam ein modifizierter 90-PS-Stoßstangenmotor mit 1,6 Litern Hubraum aus dem 356 SC, ergänzt durch ein Viergang-Getriebe, das auf dem des 911 basierte. Innenraumgestaltung und Ausstattung wurden abgespeckt. In den ersten Jahren stellte der 912 eine reelle Alternative zum 911 dar. In den drei Jahren seiner Produktion wurden 30.300 Fahrzeuge hergestellt, 2562 davon als Targa. Etwa zwei Drittel der Produktion gingen in die USA.
Das Handikap des Wagens war seine spürbare Leistungsschwäche, aber weil die Vierzylinder-Maschine deutlich leichter war (und näher Richtung Schwerpunkt des Wagens montiert werden konnte), bot der 912 ein viel gutmütigeres Fahrverhalten. Mitte der 1960er Jahre war der 912 ein populäres Modell, mit Ende des Modelljahrs 1968 endete auch seine Herstellung. Als 912 E erlebte er nur für das Jahr 1975 eine Neuauflage in den USA, kurz bevor dort der neue Transaxle-Porsche 924 eingeführt wurde. 2099 Fahrzeuge dieses Typs entstanden.
Nach einem eher verhaltenen Start fand das neue Fahrzeug recht schnell Akzeptanz auf dem Markt. Im Oktober 1966 wurde eine sportlichere Variante, der 911 S, präsentiert und von den Kunden mit großer Zustimmung aufgenommen. Zu dieser Phase stand vor allem die Verbesserung des Fahrverhaltens im Mittelpunkt der Weiterentwicklung. Die im Heck untergebrachte schwere Sechszylinder-Maschine verlieh dem Fahrzeug eine deutliche Neigung zum Übersteuern. Abgesehen davon bot der 911 S eine Mehrleistung von 30 PS (22 kW) gegenüber der Basis-Ausführung. Dreifach-IDS-Webervergaser verliehen dem Wagen einen viel versprechenden Klang, auch wenn sich die Leistung von 160 PS (118 kW) nicht groß ausnimmt, gemessen an heutigen Standards. Was das Gesamtpaket so überzeugend machte, war das geringe Gewicht des 911 S von knapp über 1000 Kilogramm. Das sind über 40 Prozent weniger, als ein moderner 997 wiegt.
In den 1960er Jahren folgten jedes Jahr neue Varianten des Porsche 911. Der Targa führte eine besondere Form des Offenfahrens ein, mit einem Sicherheitsbügel als besonderes stilistisches Extra. Zum Modelljahr 1969 wurde der Radstand um 60 Millimeter verlängert, um das Fahrverhalten zu verbessern. Das Angebot umfasste inzwischen den 911 T, E und S. Die Entwicklung der Fahrzeuge ging weiter in großen Sprüngen voran.
Im Jahr 1973 erreichte die Reputation von Porsche einen Höhepunkt. Der fast 400 km/h schnelle Porsche 917 hatte Le Mans zweimal gewonnen, die Verkäufe in Nord-Amerika liefen dank der großen Erfolge des 917/30 in der populären Can-Am-Rennserie mit seinen unglaublichen 1100 PS blendend.
Der 2,4-Liter-911-S aus dem Modelljahr 1973 war einer der schnellsten Sportwagen im mittleren Preissegment, der seinen Erzrivalen Ferrari Dino 246 locker hinter sich lassen konnte. Übrigens konnten alle 2,4-Liter-Motoren nun mit Normalbenzin betrieben werden. Porsche reagierte damit auf die verschärften Abgasbestimmungen in einigen Exportländern, wo zudem hochoktaniges Benzin nicht verfügbar war.
Der 911 E trat als ein überzeugender, schneller Reisewagen auf, während sich der 911 T als ideal für den Alltagsbetrieb erwies. Die amerikanischen Ausführungen des 911 T erhielten im Laufe des Modelljahrs 1973 statt der komplexen mechanischen Einspritzung die neue K-Jetronic von Bosch, die den Benzinver-brauch weiter reduzierte und die Fahrbarkeit verbesserte. Was Porsche immer von seinen Mitbewerbern unterschied, war der Ruf, besonders zuverlässige Fahrzeuge herzustellen.
Der in limitierter Auflage hergestellte 911 Carrera RS half Porsche, den 911 für internationale Rennen konkurrenzfähig zu machen. Viele verbesserte technische Details und eine größere 2,7-Liter-Maschine sorgten dafür, dass der RS die Messlatte für Hochleistungssportwagen noch einmal höher legte. Dieses Fahrzeug entwickelte sich später zu einem der meistgesuchtesten Serien-Porsche überhaupt.
Warum sollte man sich einen der frühen 911 zulegen? Um diese Frage beantworten zu können, muss man sich über einige Dinge im Klaren sein. Zunächst einmal hat man die Tatsache zu akzeptieren, dass diese frühen Modelle eine Neigung zu starker Korrosion zeigen. Die Besitzer dieser Fahrzeuge sind ständig gefordert, um die Karosserie in gutem Zustand zu halten.
Die ganz frühen 911 vermitteln aber ein ganz besonderes Fahrgefühl. Sie fühlen sich ein wenig schwerfällig und untermotorisiert an, besonders an heutigen Maßstäben gemessen. Wie sie auf der Straße liegen, die Art wie sie sich fahren, all das ist reines Sportwagengefühl aus den frühen 1960er Jahren, bis hin zum optischen Auftritt mit Holzlenkrad und einem mit Wallnuss-Applikationen versehenen Armaturenbrett.
Moderne Stoßdämpfer und Reifen können das Fahrverhalten eines frühen 911 deutlich verbessern, und die späteren 2,2- und 2,4-Liter-Modelle bieten eine ungemeine Fahrfreude.
Man sollte aber unter keinen Umständen dem Irrtum erliegen, ein früher 911 sei ohne Schwierigkeiten schnell zu bewegen. Das ist er nämlich definitiv nicht. Der Heck-Motor verlagert den Schwerpunkt deutlich nach hinten und man benötigt Zeit um zu lernen, mit welcher Fahrtechnik sich der Wagen im Grenzbereich beherrschen lässt. Die ungünstige Gewichtsverteilung in Verbindung mit schmalen Reifen und einer hinteren Schwingachse führen zu einem recht anspruchsvollen Fahrverhalten. Um den Wagen in der Balance halten und den Schwung nutzen zu können, ist schnelles Reaktionsvermögen gefragt.
Wen solche Beschreibungen abschrecken, für den ist ein früher 911 nicht das richtige Auto. Die später präsentierten SC und 3,2 sind deutlich angenehmer zu fahren, dafür sorgt eine spürbare Weiterentwicklung des Fahrwerks.
Einen frühen 911 als Alltags-Klassiker zu bewegen ist eine reizvolle Vorstellung – und das ist auch durchaus möglich. Doch der tägliche Betrieb wird einem vor Augen führen, wie sehr sich die Autos in den vergangenen 30 Jahren weiterentwickelt haben. Man wird die schlechte Heizung verfluchen, längere Distanzen entwickeln sich zu einer anstrengenden Reise und man benötigt vergleichsweise viel Kraftstoff (der Betrieb mit unverbleitem Benzin sollte dagegen bei einem umsichtig gefahrenen Exemplar kein Problem darstellen). Aber wenn man damit gut leben kann, es ein sonniger Tag ist, an dem man etwas Spaß haben möchte, gibt es keinen Porsche, der schöner zu fahren ist als ein früher 911.
Ab dem Modelljahr 1974 änderte sich das äußere Erscheinungsbild des 911 grundlegend. Zehn Jahre nach Beginn der Produktion führten neue US-Gesetze dazu, dass das Design der Stoßstangen überarbeitet werden musste. Porsche gelang die wohl eleganteste Lösung der Aufgabe, eine stoßabsorbierenden Ausführung zu gestalten. Das wird oft übersehen. Zum Vergleich muss man sich nur an die hässlichen schwarzen Plastikwülste erinnern, mit denen zum Beispiel der MGB verunstaltet wurde.
Wer diese Zeit selbst miterlebt hat, wird sich vor allem an die Jahre 1974 und 1975 erinnern, als die Folgen der ersten Ölkrise zu spüren waren. Und genau in dieser Zeit lancierte Porsche das augenfällige neue Stoßstangendesign.
1974 war das Öl überall auf der Welt knapp. Die ölfördernden Länder im Mittleren Osten versuchten mit recht grobschlächtigen Methoden, den Preis in die Höhe zu treiben. Die Folgen für die Autoindustrie waren dramatisch. Die Verkäufe von „Benzinsäufern“ gingen fast auf Null zurück; es machte sich teilweise sogar die Meinung breit, die Tage der Sportwagen seien gezählt. Zum Glück hatten die Schwarzseher nicht recht, doch die Autoindustrie benötigte den Rest der 1970er Jahre, um sich von den niedrigen Verkaufszahlen wieder zu erholen.
Porsche überstand diese stürmische Zeit, doch die Verkäufe sackten deutlich ab. Fast über Nacht hatte sich das Klima verändert. Die sorglosen Zeiten, an die die 911 vor 1973 erinnerten, schienen wie weggeblasen. Der neuen Modellgeneration kam die Aufgabe zu, den global deutlich gewachsenen Sicherheitsansprüchen und verschärften Abgasbestimmungen gerecht zu werden. Die Ausrichtung rein auf Leistung war passé. Porsche arbeitete außerdem daran, den 911 zu einem Fahrzeug zu machen, das nicht mehr nur wie ein reinrassiges Vollblut wirkte. Die neue Generation sollte auch ein Fahrzeug für Genießer sein, die die berühmte Rennvergangenheit schätzen, ohne eingefleischte Fans zu sein.
Alle Motoren im Programm wurden auf 2,7 Liter Hubraum vergrößert und konnten weiter mit Normal-Benzin (91 ROZ) betrieben werden, an der Spitze stand der neue Carrera, der die Maschine des limitierten Carrera RS aus dem vorherigen Modelljahr erhielt.
Außerdem gab es zwei neue Modelle, den 911 und den 911 S. Sie erhielten beide die neue Bosch K-Jetronic statt der recht durstigen mechanischen Einspritzanlage oder den antiquierten Vergasern.
Der Basis-911 war nun ein noch kultivierteres Fahrzeug als sein Vorgänger, der 911 T. Mit 150 PS (110 kW) verfügte er über 20 PS (15 kW) mehr als das bisherige 2,4-Liter-Vergaser-Triebwerk. Mit 175 PS (128 kW) übertraf der neue 911 S den 911 E um 10 PS (7 kW) und bot vor allem ein spürbar höheres Drehmoment als der 165-PS-Motor mit 2,4 Litern Hubraum und mechanischer Einspritzung.
Der neue Carrera in der Europa-Spezifikation war ein gelungenes Auto, nicht zuletzt, weil im Heck der 2,7-Liter-Motor mit 210 PS (154 kW) aus dem RS montiert wurde (Motortyp 911/83). Doch der Carrera erreichte nie den Status der limitierten RS-Version aus dem Modelljahr 1973. Das lag auch daran, dass viele der Modifikationen des RS sowie Sonderteile im Carrera nicht verbaut wurden.
In den USA begannen die neuen Abgasgesetze ihre Wirkung zu entfalten. Dort erhielt der Carrera die K-Jetronic-Maschine aus dem 911 S. Im Jahr 1975 wurde der Basis-911 aus dem Programm genommen, der 911 S erschien in zwei Varianten für den US-Markt, eine für Kalifornien und eine für die restlichen 49 Bundesstaaten.