althdt. |
althochdeutsch |
amer. |
amerikanisch |
arab. |
arabisch |
balt. |
baltisch |
bspw. |
beispielsweise |
chin. |
chinesisch |
dt., Dtl. |
deutsch, Deutschland |
engl. |
englisch |
europ. |
europäisch |
ev. |
eventuell |
franz. |
französisch |
germ. |
germanisch |
griech. |
griechisch |
hdt. |
hochdeutsch |
heb. |
hebräisch |
ie. |
indo-europäisch |
ind. |
indisch |
ital. |
italienisch |
jap. |
japanisch |
Jh. |
Jahrhundert |
kelt. |
keltisch |
lat. |
lateinisch |
nl. |
niederländisch |
pers. |
persisch |
port. |
portugiesisch |
russ. |
russisch |
rtw. |
rotwelsch |
Rw. |
Redewendung |
schwed. |
schwedisch |
slaw. |
slawisch |
sog. |
sogenannt |
sp. |
spanisch |
u. a. |
unter anderem |
u.v.a. |
und viele andere |
urspr. |
ursprünglich |
v. Chr. |
vor Christus |
verw. |
verwandt |
vgl. |
vergleiche |
wört. |
wörtlich |
rom. |
Romani (Sprache der Roma) |
Hans Peter Althaus: Kleines Lexikon deutscher Wörter jiddischer Herkunft, München 2003
Brockhaus Enzyklopädie, Wiesbaden 1984
Duden. Herkunftswörterbuch, Mannheim 2001
Duden. Redewendungen, Mannheim 2002
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 2002
Werner König: dtv-Atlas Deutsche Sprache, München 1978, 2001
Kurt Krüger-Lorenzen: Deutsche Redensarten, Düsseldorf und Wien o. J.
Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde, München 1998, 2003
Rudi Palla: Das Lexikon der untergegangenen Berufe, Frankfurt 1998
Wolfgang Pfeifer u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Berlin 1993, München 2000
David Wells: Das Lexikon der Zahlen, Frankfurt 1990
Siegmund A. Wolf: Wörterbuch des Rotwelschen, Mannheim 1956
ABKRATZEN bedeutete früher nicht sterben, sondern sich »mit einem Kratzfuß« verabschieden. Der Kratzfuß war ein höfisches Anstandsritual: eine rückwärtige Seitbewegung mit dem linken Fuß, verbunden mit einer Verbeugung. Damit verabschiedete man sich »untertänigst«.
ANEKDOTE Prokop war der letzte große Geschichtsschreiber der Antike (6. Jh.), der in seinen offiziellen Schriften die Regierung des byzantinischen Kaisers Justinian und die Taten des Feldherrn Belisar verherrlichte, den er auf Feldzügen begleitete. Gleichzeitig verfasste er unter dem Titel ›Anekdota‹ (an-ékdota = Nicht-Ediertes, Nicht-Herausgegebenes) eine »Geheimgeschichte« seiner Epoche, die auf Gerüchten und Hofklatsch basierte. Darin geißelt er das sittenlose Leben des Kaisers und seiner Gattin Theodora, der ehemaligen Zirkustänzerin. Die ›Anekdoten‹ wurden erst nach Justinians Tod veröffentlicht.
ASTREIN ist eine Qualitätsbezeichnung für wertvolles Holz, das frei von Astlöchern ist.
ÄTZEND Azen war das althdt. Wort für »essen«. Erhalten hat es sich in dieser urspr. Form in der Jägersprache (Atzung = Nahrung) und in der Fachsprache der Chemie, wo es »zerfressen werden« durch Chemikalien bezeichnet. Als stark abwertende Beurteilung gelangte es über die Jugendsprache wieder in die Alltagssprache.
CHARME Das Wort war im Franz. eng mit der Zauberkunst verknüpft; es stammt urspr. von lat. carmen, was »Lied, Gedicht«, aber auch »magisch-religiöse Formel« und eben »Zauberspruch« bedeutet. Für eine erfolgreiche Bezauberung durch Charme bedarf es also wohl auch einer geglückten Wortwahl.
DING »Sein Ding machen«, das »Dingsbums« und der »Dingsda« sind in der modernen Sprache allgegenwärtig. In sehr alter Zeit, bei den Germanen, war »Ding« (thing) zunächst ein Zeitbegriff: Zum thing – also zu einem festgesetzten Zeitpunkt – versammelte sich das Volk, um bspw. Recht zu sprechen, den Anführer zu bestimmen oder über einen Kriegszug zu entscheiden. Mit thing bezeichnete sich dann auch schon recht früh die Volksversammlung selbst. Noch heute heißt das dänische Parlament Folketing. Zuletzt erweiterte sich der Begriff auf die in der Versammlung zu behandelnde Angelegenheit. So wurde aus dem thing (also dem Termin) das »Ding«, nämlich der (beliebige) Gegenstand. Umgangssprachliche Wendungen des 19. Jh. wie »Dingsda« (beliebiger Ort oder beliebige Person) und »Dingsbums« (beliebige Sache) verstärkten diesen Trend zum Allgemeinbegriff. In der terminologisch exakten Rechtssprache ist das »dingliche Recht« ganz explizit das »Sachenrecht«, also die Rechtsvorschriften über Dinge im Sinne von Gegenständen.
EINTRICHTERN Der berühmte ›Nürnberger Trichter‹, auch ›Poetischer Trichter‹ war eine in Nürnberg 1647 erschienene Schrift von G. P. Harsdörffer, in der es darum ging, die »Teutsche Dicht- und Reimkunst … in sechs Stunden einzugießen«.
ELEND Das »Elend« ist das Ausland, die Fremde, das Exil. Im mittelalterlichen Dt. war der ellende einer, der »aus der Fremde, aus einem anderen Land kommt«, ein Verbannter. Elend, also außerhalb des Heimatlandes zu sein, bedeutete eben auch recht- und schutzlos zu sein.
ERZÄHLEN Auf die wortgeschichtliche Spur dieses Wortes kommt man, wenn man sich kurz die plattdeutsche Form ansieht: vertellen (das ist ja übrigens ganz nahe beim engl. to tell). Vertellen ist »verteilen«. Und zwar nichts anderes als: vergangene Ereignisse in der Zeit verteilen.
FASZINIEREND kommt von lat. fascinare = behexen, besprechen. Darin steckt der sehr alte religiöse Begriff fas, wörtlich »Ausspruch«, im weiteren Sinne auch »Schicksal, Verhängnis«. Auch das Wort »fatal« leitet sich davon ab. Hinter diesen Begriffen steht die Vorstellung, dass das Schicksal des Menschen von Göttern oder übernatürlichen Mächten vorbestimmt ist. Bis ins 18. Jh. verstand man das Wort nur in diesem Sinn: War man fasziniert, so war man an sein Schicksal gefesselt. In der Folgezeit ist dieser Zusammenhang teilweise in Vergessenheit geraten. Nach dem heutigen Wortverständnis wirkt oft gerade das Unerwartete in fesselnder Weise.
FIASKO Far fiasco (= eine Flasche machen) war ein Ausdruck venezianischer Glasbläser: Befanden sich Bläschen in der Schmelzmasse, so wurde nur eine einfache Flasche daraus gemacht, die für den alltäglichen Gebrauch genügte. Sollte das Glas hingegen kristallklar sein, konnte man sich ein Fiasko nicht leisten.
(aus dem) FF Qualitätsbezeichnung aus der Kaufmannssprache. f bedeutete »fein«, ff bedeutete »sehr fein«. Im übertragenen Sinne also: eine Sache in allen feinen Details beherrschen.
GREMIUM Dieses Lieblingswort der politischen Diskussion kommt von lat. gremium = Schoß und bezeichnet alles, was man in einem Schoß zusammenfassen kann. Das Wort ist außerdem verwandt mit lat. grex (= Herde, Haufen), mit dem »Aggregat«, also ebenfalls einer Zusammensetzung oder Anhäufung, und schließlich mit griech. agorá, dem Marktplatz und Versammlungsplatz des Volkes.
GROTESK Grotesken sind Decken- und Wandmalereien, die man in Grotten fand, daher nannte man sie ital. grotteschi. Unter diesen Grotten muss man sich hauptsächlich die höhlenartigen Kavernen antiker Ruinen vorstellen. Den Betrachtern erschienen sie zunächst fantastisch, seltsam oder merkwürdig verzerrt. Im Italien der Renaissance griff man die Groteskenmalerei nach antikem Vorbild als Wandverzierung wieder auf. Im Laufe des 18. Jh. löste sich der Begriff aus dem Zusammenhang der Malerei und wurde ein Synonym für »absonderlich, närrisch«.
HANEBÜCHEN Das Holz der Hainbuche bzw. Hagebuche (früher lautete das Wort hagebüchen) ist auffallend knorrig und derb. Wie das Gewächs so der hanebüchene Unsinn oder (früher) die hanebüchene Person.
KAPUTT Caput machen leitet sich vom Kartenspiel her. Das urspr. franz. Wort brachte zum Ausdruck, dass der Gegner keinen Stich mehr machen konnte. Er war für dieses Spiel erschlagen. Im 30-jährigen Krieg wurde caput machen zum Synonym für töten und zerstören.
KRAM bezeichnete urspr. im Nl. das Schutzdach aus Stoff oder Stroh, mit dem im Mittelalter die Verkaufsbuden überspannt waren, später die Verkaufsbuden selbst und schließlich die dort angebotenen Waren.
LAPPALIE kommt von »Lappen«. Studenten des 17. Jh., die aus akademischer Gewohnheit viel mit lat. Begriffen umgingen, versahen das Alltagswort aus Scherz mit der pseudogelehrten lat. Endung (Lappalia).
MAKABER In der Pestzeit des Spätmittelalters sind überall in Europa, vor allem aber in Frankreich, Totentanzdarstellungen mit schaurigen Gerippen entstanden. Diese heißen auf Franz. danse macabre.
MARODE Der maraud ist im Franz. der umherziehende Bettler, der Vagabund.
MASKOTTCHEN Obwohl erst im 20. Jh. aus dem gleichbedeutenden franz. Wort mascotte für den Glücksbringer entlehnt, reicht die Geschichte dieses Wortes sehr weit zurück. Vorläufer ist das provenzalische Wort für Hexe (masca). Damit ist man bei Maske, einem der ältesten Wörter, das aus einer vor-ie. Sprache stammt.
MUMPITZ Der Mombotz war im oberhessischen Dialekt eine Schreckgestalt, ein Schreckgespenst. Gemeint war der vermummte (mom) Kobold (botz). Botz ist übrigens verwandt mit »Gott«, womit allerdings heidnische Götter gemeint waren, die bis weit ins Mittelalter als Gespenster in den Vorstellungen der Menschen ihr Unwesen trieben. Aus diesem Zusammenhang stammt auch das Wort »Butzemann«, der Kinderschreck aus dem bekannten Kinderlied. Der »Mombotz« oder »Mummelputz« (Vogelscheuche) wurde im 19. Jh. in Berliner Börsenkreisen zum »Mumpitz« als Ausdruck für Schwindel und Unsinn.
MURKS Das untergegangene Verb murken bedeutete »zerdrücken, ermorden« (abmurksen). Ein Murk war ein »Brocken, ein abgebrochenes Stück«, ein Murkel ein zurückgebliebener Mensch.
OHRFEIGE hat nichts mit einer Feige zu tun, sondern kommt aus dem nl. vegen für »fegen, wischen, quetschen«. Hier wird also über das Ohr gefegt. Kurioserweise kennen unsere nl. Nachbarn weitere Wörter dieser Art und mit eben dieser Bedeutung: dachtel (Dattel) ist ebenfalls ein Wangenschlag und muilpeer (Maulbirne) bedarf nun auch keiner weiteren Erklärung.
PAUSCHAL In der Redewendung »in Bausch und Bogen« schrieb man früher »Bausch« gelegentlich auch als Pausch. Dieses Wort wurde in der österreichischen Kanzleisprache der Barockzeit latinisiert zu pauschalis mit der Bedeutung »insgesamt genommen«. Aus pauschalis entwickelte sich auch in der Kaufmannssprache des 19. Jh. die »Pauschale«.
QUATSCH war im Norddt. der matschige, nasse Straßenkot.
SACHE Die »Sache« ist, ähnlich wie das »Ding«, wortgeschichtlich eng verknüpft mit der Rechtssprache. Unter der Sache verstand man lange Zeit nur die Rechtssache, den Rechtsstreit (im Lat. causa). Schon im Althdt. bedeutet sahhan »streiten, prozessieren, schelten«. Formelhaft kennt man auch im Prozessrecht die Wendungen »in Sachen Müller gegen Maier« und »Zur Sache!«; in diesen Zusammenhang gehört schließlich der Begriff »Widersacher«. So wird auch die Begriffserweiterung zu »sachlich« nachvollziehbar: Ein sachliches Argument ist ein vernünftig begründetes Argument (der lat. Begriff causa heißt in der Hauptbedeutung »Grund«).
SINN »Das macht Sinn« (= das ist vernünftig): Der zwischenzeitlich ins Philosophische (»Sinnfrage«) abgedriftete Begriff ist heute in der Alltagssprache wieder ganz gegenwärtig. Sinn und Sinnlichkeit, Denken und Wahrnehmung gehören bei diesem Wort aufs Engste zusammen, wie es in der Wendung »seine fünf Sinne beisammenhaben« zum Ausdruck kommt. Diese Bedeutungsbreite stammt aus vorgermanischer Zeit: Die Wortwurzel sent bedeutet »eine Richtung einschlagen«, »einen Weg gehen«, »reisen«. Diese urspr. Wortbedeutung ist noch lebendig in »Gesinde« (eigentlich: Reisebegleiter) und dem schwer übersetzbaren engl. Wort sentinel, einem Wachposten an einem bestimmten Streckenabschnitt.
Wie kommt der Begriff vom »reisen« nun zur Philosophie? Der Wortgeschichte nach war das »Sinnen« die bewusste Wahrnehmung der Umgebung beim Gehen, als sinnlicher Akt des Sehens, Riechens, Fühlens. Um sich leichter an diese Wahrnehmung zu erinnern und sie anderen mitteilen zu können, versah man das Ding oder den Vorgang mit einem »Wort« – also ein intellektueller Vorgang und somit ein Denkprozess. Das Wort »begreifen« veranschaulicht mit seinem Doppelsinn von »anfühlen« und »sich einen Begriff machen, verstehen« ebenfalls den Zusammenhang zwischen sinnlichem Wahrnehmen und intellektuellem Verständnis. Das Mittel hierzu sind »Wörter«.
SKANDAL Griech. skándalon bezeichnete urspr. das Holzstück, mit dem der verdeckte Auslösemechanismus einer Tierfalle angestoßen wurde. Dieses Anstoßen entwickelte sich beim Skandal zum Anstößigen: So wurde das Wort im kirchlichen Bereich jahrhundertelang im übertragenen Sinne verwendet; das scandalum (lat.) waren hier natürlich die Lockungen und Versuchungen des Bösen.
SKRUPEL Lat. scrupuli sind »spitze Steinchen«. Übertragen wurde das Wort auf die stechenden, lästigen Gefühle peinigender Zweifel und Gewissensbisse. Im Dt. wird der Begriff häufig negativ gebraucht: Skrupellos sein bedeutet, keine scrupuli zu spüren. Positiv hingegen das etwas veraltete Wort »skrupulös«, das so viel wie »äußerst sorgfältig«, »peinlich genau« und »vorsichtig« bedeutet.
STEGREIF Aus dem Stegreif = aus dem Steigbügel: Wer ohne vom Pferd zu steigen etwas unternahm, handelte außerordentlich schnell entschlossen. Hört sich in einem modernen Managementkurs vermutlich gut an, aber Vorsicht bei berittenen Wegelagerern! Die Wendung entstand nämlich im Zusammenhang mit zu allem entschlossenen Straßenräubern, die nicht einmal über richtige Steigbügel verfügten. Bevor diese aufkamen, bestand die entsprechende Vorrichtung nämlich nur aus einem mit einem Strick (Steg) am Sattel befestigten Ring (Reif).
UNVERFROREN kommt weder von »frieren« noch von »kaltblütig«, sondern von vare: Dieses alte Wort ist noch in »Gefahr« und »Fährnis« lebendig. Wer keine Gefahr fürchtet, also unerschrocken handelt, ist unverfroren.
VERHUNZEN leitet sich vom früher gebräuchlichen Verb hunzen ab, das ähnlich gebildet wurde wie »siezen« und »duzen« und das nichts anderes bedeutete als »wie einen Hund behandeln, verächtlich behandeln, misshandeln«. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit galten Hunde als besonders verabscheuungswürdig. Zahllose Wortverbindungen und Redewendungen belegen dies.
Die Verwandtschaftsbezeichnungen Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Tochter gehören wie die Zahlwörter zu den gemeinsamen Klassikern der indoeuropäischen Sprachfamilie: Sie sind in allen diesen Sprachen sehr ähnlich. (Bspw.: dt: Vater, althdt.: fater, engl.: father, schwed.: fader, altind.: pitár, griech.: patér, lat.: pater und davon abgeleitet: ital./span.: padre, franz.: père.)
In älteren Texten, vor allem in Märchen, begegnen uns noch Verwandtschaftsbezeichnungen, die uns heute nicht mehr geläufig sind, die aber das Verwandtschaftsverhältnis sehr genau angeben.
Eidam |
Ehemann der Tochter |
Muhme |
Schwester der Mutter |
Oheim, Ohm |
Bruder der Mutter, also ein Onkel mütterlicherseits |
Vetter |
Bruder des Vaters, also ein Onkel väterlicherseits |
Schnur |
Schwiegertochter, Frau des Sohnes |
Schwäher |
Schwiegervater |
Schwieger |
Schwiegermutter |
Schwertmage |
Verwandte(r) von der väterlichen Seite |
Spillmage |
Verwandter von der mütterlichen Seite |
Onkel kam über das Franz. ins Dt. und geht auf lat. avunculus = Mutterbruder zurück, Tante kommt ebenfalls aus dem Franz. und geht auf lat. amita = Vatersschwester zurück. Neffe und Nichte gehen auf ie. Verwandtschaftsbezeichnungen (nepot) zurück und bezeichneten urspr. die Enkel. Enkel ist sprachgeschichtlich verwandt mit »Ahn«. Das Wort hatte früher eine ganze Reihe unterschiedlicher Formen (Enenckel, Enickel, Enencklein, Encklein) und verdrängt seit dem 16. Jh. »Neffe/Nichte« als Bezeichnung für die dritte Generation.
Familiennamen sind relativ modern. Die Sitte, einen zweiten Namen zu haben, kam erst im Mittelalter auf. Bis dahin hatten die Menschen lediglich einen Namen – alles eine Sache der Gewohnheit. Sich vorzustellen Ramses, Moses, Jesus, Plato oder Kaiser Karls Ratgeber Einhard hätten einen Familiennamen gehabt, erscheint genauso absurd, wie wir uns im westlichen Kulturkreis keine Person mehr ohne Vor- und Zunamen vorstellen können (nur die Römer hatten ein Drei-Namen-System aus Vorname, Geschlechtername, Beiname: z. B. Gaius = Vorname, Julius = Geschlechtername, Caesar = Beiname).
Die Zweinamigkeit entstand aus dem Bedürfnis nach genauerer Unterscheidung gleichnamiger Personen, oft im Zusammenhang mit erbrechtlichen Urkunden. Zunamen entstanden aus allen möglichen Umständen: nach der Herkunft (z. B. »Böhm«), aus besonderen körperlichen Merkmalen (z. B. »Lang«), wiederum aus Vornamen (z. B. »Hensel« von Johannes) und sehr oft aus Berufsbezeichnungen. Von diesen sind einige selbsterklärend:
Ackermann, Bauer, Bäcker/Beck, Fischer, Fuhrmann, Gärtner, Geiger, Hauptmann, Kaufmann, Koch, Köhler, Kramer/Krämer/Kremer, Metzger, Müller, Pfeifer, Sattler, Schäfer, Schmied/Schmidt, Schreiber, Schreiner (rheinisch: Schreinemaker), Schuster, Seiler, Steinmetz, Vogt, Weber, Zöller/Zöllner.
Weniger selbst-»verständlich« sind dagegen Familiennamen, in denen sich frühere Berufsbezeichnungen erhalten haben. Meist sind die Berufe durch die Veränderung der technischen und sozialen Umwelt einfach ausgestorben. Nur die Wörter, mit denen sie bezeichnet wurden, haben sich als Familiennamen erhalten:
Armbruster |
Armbrustmacher |
Aschenbrenner |
Aschegewinnung für Glashütten und Seifensiedereien |
Baedeker |
Fassbinder |
Beltz |
Pelzhändler, Kürschner |
Bender |
Fassbinder |
Böckler |
Schildträger |
Böttcher |
Fassbinder |
Däubler |
Taubenzüchter |
Deißler |
Deichselmacher, Stellmacher |
Duve |
Taubenzüchter |
Eppler |
Obstbauer |
Esser |
Assenmacher = Wagenbauer |
Euler |
hessisch für: Töpfer |
Förg |
Fährmann |
Gottschalk |
Gottesknecht, -diener; Klosterbediensteter |
Gunkel |
Spindelmacher |
Haack |
Höker, Kleinhändler |
Häberle |
Haferbauer |
Hafner |
oberdt. für: Töpfer |
Hauschild |
Landsknecht |
Hoffmeister |
Hofverwalter, Gutsverwalter; gleichbedeutend: Maier |
Karcher |
Fuhrknecht |
Kleiber |
Lehmhandwerker am mittelalterlichen Fachwerkhaus |
Körner |
Kornhändler |
Kretschmer |
sächsisch-böhmisch für Wirt einer Dorfschenke |
Lachner |
Arzt |
Maier, Meier etc. |
Hofverwalter, Gutsverwalter |
Peucker |
Stadtmusikant |
Riester |
Flickschuster |
Rudnick |
slaw. Berufsname für Erzgräber oder Grubenarbeiter |
Sauter |
Schuster, Schneider (mhdt. suter: Näher) |
Schindler |
Schindelhauer (Dachschindeln) |
Schopenhauer |
Berufsname aus dem Holzgewerbe |
Schöttler |
Drechsler hölzerner Schüsseln |
Schröder |
Schneider, Tuchhändler |
Schubert |
Schuhmacher |
Seeler |
Seilmacher |
Wagner |
Stellmacher, Wagenbauer |
Zeidler |
Imker |
BOYKOTT Charles Cunningham Boycott (1832–1897) war ein Gutsverwalter, der im Auftrag des adligen Landherrn Lord Erne die Pächter von dessen irischen Gütern in der Grafschaft Mayo (Nordwestirland) mit einer Meute Desparados gnadenlos terrorisierte. Irland wurde in jener Zeit wegen der Kartoffelfäule von Hungersnöten heimgesucht, aber Pachtzinserleichterung wurde von Boycott nicht gewährt. Daher wurde über ihn 1880 von der irischen Landbevölkerung ein Bann verhängt. Die Menschen weigerten sich geschlossen, für ihn zu arbeiten.
CHAUVINIST Chauvin ist der Name einer Figur auf franz. Lithografien und einer daraus entwickelten Figur eines seinerzeit (1831) populären franz. Lustspiels. Dieser Chauvin ist ein junger Soldat, der Kaiser Napoleon in blinder Gefolgschaft ergeben ist. Er verkörpert alles, was den Chauvinismus ausmacht: Übersteigerter Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit und Missachtung der Rechte und Würde anderer.
GOBELIN Eine der bedeutendsten europäischen Bildwirkereiwerkstätten, die französische königliche Manufaktur (gegründet 1662) wurde im Haus der Färberfamilie Gobelin in Paris eingerichtet. Wandteppiche gehörten in Europa seit der byzantinischen Zeit zur gehobenen Raumausstattung. Da ihre Herstellung außerordentlich aufwendig und teuer war, galten sie früher als wertvollste Kunstwerke – noch vor den Gemälden. Bedeutende Künstler (Raffael, Rubens) haben Vorlagen für die Bildteppiche geliefert.
GUILLOTINE Der franz. Arzt J. I. Guillotin (1738–1814) entwickelte das Fallbeil als schnelles, sicheres und »humaneres« Instrument zur Vollstreckung von Todesurteilen. Das bis dahin übliche Hängen, Würgen und Kopfabschlagen mit Beil oder Schwert galt als vergleichsweise langsam, unsicher und qualvoll.
HIOBSBOTSCHAFT Hiob »war ein Mann im Lande Uz. … Er war untadelig und rechtschaffen, fürchtete Gott und mied das Böse«. Aber leider erhält er eine Unglücksnachricht nach der anderen (Hiob 1, 14–19): Überfälle, Rinderdiebstahl, Kameldiebstahl, Sturm und Feuersbrünste und viele Tote. Natürlich fragt dieser gottesfürchtige Mann in seinen anschließenden Reden nach der Gerechtigkeit Gottes. Heute noch erinnert man sich im Zusammenhang mit vielen »schlechten Nachrichten« an Hiob.
LAKONISCH lakonikós ist ein griechisches Adjektiv und bedeutet: nach Art der Lakedämonier. Die Lakedämonier waren die Bewohner von Sparta. So sprichwörtlich spartanisch wie ihre Lebensweise war angeblich ihre Art zu sprechen: einfach und kurz angebunden.
LITFASS(SÄULE) E. Litfaß (1816–1874) war ein Berliner Drucker, der mit dem Berliner Polizeipräsidenten einen Vertrag über »öffentlichen Zettelaushang« an Säulen und Brunneneinfassungen aushandelte und am 1. Juli 1855 die erste Litfaßsäule aufstellte.
LYNCHEN Der amerikanische Farmer und Friedensrichter Charles Lynch (gest. 1796) soll eigenmächtig ohne ordentliches Gerichtsverfahren einen Verdächtigen zum Tode verurteilt haben.
MANSARDE Jules Hardouin-Mansart (1646–1708) war der Vollender des Schlossbaus von Versailles, einer der wenigen epochalen Leistungen in der Architekturgeschichte. Er verwendete bei seinen Bauten häufig gebrochene Giebeldächer, um den darunterliegenden Dachraum zum Wohnen nutzen zu können.
NIKOTIN Der franz. Diplomat J. Nicot (1530–1600) lernte als Gesandter in Portugal die Tabakpflanze kennen und sandte Proben davon 1560 nach Frankreich.
SADISMUS Donatien-Alphonse-François de Sade (1740–1814) verbrachte einen großen Teil seines Erwachsenenlebens im Gefängnis, zuletzt in einer Irrenanstalt wegen sexueller Vergehen. Überwiegend in der Haft verfasste er sein literarisches Werk größtenteils erotischen Charakters, in dem Lust- empfinden durch zynische und verbrecherische Grausamkeit eine große Rolle spielt. Der Begriff Sadismus wurde Ende des 19. Jh. durch den Psychiater Richard Krafft-Ebing aus dem Franz. ins Dt. eingeführt.
SAXOPHON Adolphe Sax (1814–1894) arbeitete als Instrumentenbauer an Verbesserungen der Klarinette und erfand dabei das Blasinstrument mit Klarinettenmundstück, das nach ihm benannt ist.
SCHRAPNELL General H. Shrapnel (1761–1842) erfand das Artilleriegeschoss, das mit einer großen Zahl von Bleikugeln gefüllt ist. Es zerplatzt durch einen Zündmechanismus kurz vor dem Ziel, wodurch die Bleikugeln eine verheerende Streuwirkung erreichen.
SILHOUETTE Étienne de Silhouette (1709–1767) beförderte als sparsamer Finanzminister Ludwigs XV. das Aufkommen der Schattenrisse anstelle teurer Miniaturporträts.
VERBALLHORNEN Johann Ballhorn (1528–1603) war ein Lübecker Buchdrucker, bei dem 1586 eine fehlerhaft bearbeitete Ausgabe des Lübischen Rechts erschien.
ARMER SCHLUCKER Dies war ein Wiener Maurer namens Philipp Schlucker, der von Maria Theresia den Auftrag erhielt, den Wiener Tiergarten mit einer festen Mauer zu umgeben. Der dafür vereinbarte Lohn war allerdings sehr gering.
EIGENBRÖTLER ist keiner, der etwa im eigenen Saft brodelt. Als Eigenbrötler pflegte man um 1800 einen Junggesellen mit eigenem Hausstand zu bezeichnen, der sich sein Brot selbst buk.
FATZKE entstand im 19. Jh. in der Berliner Mundart aus Wacek, der Koseform des polnischen Namens Waclaw. Ein anderer Erklärungsversuch sieht darin eine Substantivierung des veralteten Verbes fatzen = verspotten, zum Narren halten.
FRAUENZIMMER Hofdamen am österreichischen Kaiserhof der Barockzeit. Anders als am frivolen Hof des Sonnenkönigs in Versailles ging es am Kaiserhof der katholischen Habsburger Ferdinand II. und Ferdinand III. in Wien bei weitem sittenstrenger zu. Die Damen des Hofstaats der Kaiserin blieben keine Sekunde unbeaufsichtigt. Nachts wurden die Türen des Traktes in der Hofburg, wo sich die Frauenzimmer befanden, von außen abgeschlossen. »Frauenzimmer« ist nicht der einzige Fall, bei dem ein Ortsbegriff zu einer Personenbezeichnung wurde. Bei den »Lobbyisten« war es ganz ähnlich.
GRAF Ein grapheus bekleidete am byzantinischen Hof das Amt eines »Schreibers« (griech. gráphein = schreiben). Auch am merowingischen und karolingischen Königshof waren Grafen mit Verwaltungsaufgaben betraut, bis hin zu polizeilichen und richterlichen Befugnissen. Nach Karl dem Großen wurde dieses Grafenamt in das Lehenssystem eingebunden und mit der Verleihung von (erblichem) Landbesitz verbunden.
GREIS Ein Greis ist wortgeschichtlich nichts anderes als ein grauhaariger Mann. Das alt- und mittelhdt. Wort für »grau« war gris.
GRIESGRAM Grisgramen bedeutete im Mittelalter: Zähneknirschen. Da mürrische Menschen dies oft tun, sind sie »Zähneknirscher«.
HEISSSPORN von August Wilhelm Schlegel um 1800 in seiner Übersetzung des Wortes hotspur aus Shakespeares ›Heinrich IV.‹ geprägt.
IDIOT Das griech. Wort bezeichnet wertneutral eine »Privatperson«, einen Menschen aus dem Volk, der ungebildet ist – vergleichbar mit dem heutigen »Laien«. Nach seiner Einbürgerung ins Deutsche seit dem 16. Jh. gewann das Wort über die Bedeutung »Stümper« zunehmend den Inhalt »Schwachsinniger«.
JAMMERLAPPEN ist eigentlich keine Person, sondern ein Tuch zum Abwischen der Tränen.
KOBOLD Gutmütige, allenfalls schelmische Hausgeister waren in der Vorstellungswelt der voraufklärerischen Menschen allgegenwärtig. Die berühmten Heinzelmännchen sind ihre engen Verwandten. Kobold setzt sich zusammen aus Koben, das ist eine bescheidene Hütte oder ein Gemach, und -hold, das ist ein altes Wort mit breitem Bedeutungsspektrum von »Freund« bis »Diener«.
DIE OBEREN ZEHNTAUSEND Die Begriffsprägung stammt von Lord Byron in seinem ›Don Juan‹.
PIEFKE Besonders häufiger Familienname in Berlin.
PROLET Das lat. Wort proles bedeutet: Nachkommen. Als politischer Begriff bezieht es sich auf die Klasse, die »sonst nichts (zu versteuern) hatte«. Eng verbunden mit proles waren die Begriffe plebeii (das Volk im Gegensatz zu den Patriziern) und pauperes (= die Armen). Der Begriff proles war in Rom aber bereits in klassischer Zeit schon nicht mehr in Gebrauch, stattdessen capite censi = die Steuerlosen, ein beschönigender Begriff.
SCHARLATAN bedeutet urspr.: Einwohner von Cerreto (einem Ort nahe Spoleto in Umbrien). Diese Cerretaner waren im 17. Jh. bekannt als marktschreierische Verkäufer von Heilkräutern und sind bis nach Frankreich (charlatan) geradezu sprichwörtlich geworden. Marktschreierei, Kurpfuscherei, Quacksalberei, Schwindelei: Alles ist in Scharlatanerie.
SCHLAWINER kommt von: Slowene. Slowenen galten im k.u.k. Österreich als besonders gerissene Geschäftemacher. Wegen der noch größeren lautlichen Nähe könnte diesem Wort auch »Slawonier« zugrunde liegen, der Name einer Volksgruppe im Slowenien benachbarten Ostteil Kroatiens.
SCHURKE war schon im Althdt. sehr bildhaft der fiurscurio = der Schürer des Feuers – ein Bösewicht.
SNOB Man deutet dieses Wort im Allgemeinen als Abkürzung von sine nobilitate, was in England in den Listen der Universitätscolleges angeblich hinter den Namen derjenigen Studenten vermerkt worden sein soll, die nicht adliger Herkunft waren. Wer dabei allerdings auf wen leicht blasiert herabsah, bleibt damit immer noch offen.
TUSSI ist eine Abkürzungsform von Thusnelda (germ. thus = Kraft; snel = schnell). Die historisch bekannte Thusnelda war die Ehefrau des Cheruskerfürsten Arminius (Hermann) und geriet mit ihrem Sohn im Jahre 15 in römische Gefangenschaft.
Nur ausnahmsweise handelt es sich bei diesen »Bekannten« um ganz konkrete Figuren. Im Allgemeinen werden Wörter wie -mann oder ehemals sehr weit verbreitete Vornamen wie Emma, Hans, Peter oder die Familiennamen Müller, Meier, Berger mit einer bestimmten typisierenden Eigenschaft verbunden.
Otto Normalverbraucher (von Gert Fröbe 1948 dargestellte Hauptfigur in dem Film ›Berliner Ballade‹), Hanswurst (die Spaßmacherfigur aus dem Volkstheater kommt auch in anderen Sprachen vor. Meist wird ein weit verbreiteter Vorname mit einem landestypischen Gericht verbunden: In England: Jack Pudding; in Frankreich: Jean Potage (potage = Suppe); in den Niederlanden: Pinkelhering; in Italien: Makkaroni), Hans Dampf (der Typ, der sich in allen Situationen zu helfen weiß, geht angeblich zurück auf eine anonyme Flugschrift im Zusammenhang mit der Thüringer Dampfeisenbahn), Hinz (Heinrich) und Kunz (Konrad; beides waren weit verbreitete Vornamen im Mittelalter = jedermann), Hempels (waren angeblich Budenbesitzer beim Zirkus Hagenbeck, die ihre Abfälle unter ihren Wohnwagen kehrten), der liebe Scholli (von franz. joli = niedlich); Zappelphilipp (Figur aus H. Hoffmanns ›Struwwelpeter‹, 1847), Lieschen Müller, Tante Emma, Miesepeter, Schlaumeier, Prahlhans, Schmalhans, Strahlemann, Zahlemann und die Mitglieder der Familie -berger: Drückeberger, Schlauberger, sowie neueren Datums: Martina und Max Mustermann.
… sind die nachstehenden Verbindungen eines Sachbegriffs oder Adjektivs mit einem Tiernamen. Sie bezeichnen ebenfalls immer einen bestimmten Typ von Mensch. Nicht in jedem Fall lassen sich Erklärungen für ihr Zustandekommen finden.
Amtsschimmel (hat nichts mit »Schimmel« zu tun. Vielmehr bezeichnete man mit Simile (= lat. »ähnlich«) in österreichischen Behörden Musterformulare, mit denen Amtssachen schematisch erledigt wurden. Das Wort wurde akustisch und in seiner Bedeutung oft missverstanden), Angsthase, Anstandswauwau (wegen der Aufpasserfunktion des Hundes), Automarder (-marder wird oft für Diebe verwendet: Briefkastenmarder, Gepäckmarder), Backfisch, Ballettratte (aus franz. rat de ballet), Baulöwe (analog zu Salonlöwe), Betthäschen, flotte Biene (weil sie von Blüte zu Blüte schwirrt und Honig saugt; gemeint waren urspr. Prostituierte), Brillenschlange, Brummbär, Bücherwurm (es gibt tatsächlich eine Larve, die in und von Papier lebt), Bürohengst, Charakterschwein, Dreckfink (Schmutzfink und Schmierfink) (das Stammwort kommt nicht von der Vogelart der Finken, sondern von rtw. bink = dreckiger Bauer), Duckmäuser (»ducken« war im älteren Dt. ein Synonym für »tauchen«; mausen = schleichen auf Mäusefang), lahme Ente (Übernahme aus dem Engl. lame duck; damit bezeichnete man urspr. ein beschädigtes Schiff in einem Geleitzug), Faulpelz (damit war eigentlich die Schimmelschicht auf faulen Nahrungsmitteln gemeint oder auf sonstigen Gegenständen, die nicht bewegt oder gepflegt werden), Federfuchser (hat nichts mit dem Fuchs zu tun. Aus fucken = »unruhig hin- und herbewegen« entwickelte sich das Wort »fuchsen« = plagen, quälen. Ein Federfuchser ist also jemand, der seine Mitmenschen »mit der Schreibfeder« peinigt; angewendet auf Beamte und früher auf kleinliche Kaufleute), Frechdachs (der Dachs ist insofern frech, als er gerne Fuchshöhlen bezieht und diese als sein Eigentum verteidigt, falls der urspr. Besitzer wieder auftaucht), Frontschwein (weil Frontsoldaten oft im Schmutz liegen müssen), Galgenvogel, alter Hase (weiß aus Erfahrung wie er sich verhalten muss, um den Kugeln des Jägers auszuweichen), toller Hecht, krummer Hund (unmilitärische Körperhaltung war im 19. Jh. stark verpönt), Hupfdohle, Hurenbock (die Verbindung »Bock – Horn – Penis – erotische Lust« ist uralt), arme Kirchenmaus (die Kirchenmaus war deswegen arm, weil es in ihrem Habitat keine Essensvorräte gab), Kredithai, Lackaffe (wegen der schönen, glatten Oberfläche), Lamettahengst (ordenbehängter Offizier), Landratte, Leithammel, Leseratte, Lockvogel (Praktik aus der Vogeljagd. Ein Lockvogel war ein bereits gefangener Vogel, der durch seinen Gesang andere Vögel anlocken sollte), Lustmolch, Maulaffe (kein Tier, sondern ein Kerzen- oder Kienspanhalter in Form eines Kopfes mit offenem Mund), Mausi, Modeaffe, Mondkalb (so nannte man die Missgeburt einer Kuh; das Kalb galt durch ein Gespenst, den »Mon«, verhext), Mops, Nachtschwärmer (viele Insekten fliegen vor allem nachts), Naschkatze, Neidhammel, Oberaffe, Papiertiger (Mao Tse-tung prägte diesen Begriff 1946 in Bezug auf die »Reaktionäre«: »Dem Aussehen nach sind sie furchterregend, aber in Wirklichkeit sind sie nicht mächtig.«), Paradiesvogel, Pistensau, Platzhirsch (verteidigt seinen Brunftplatz), Pleitegeier (ist der Pleitegeher; in jüdischer Aussprache: Pleitegejer), Rampensau, Rohrspatz (gemeint ist der Drosselrohrsänger, der im Röhricht nistet und durch sein Tschilpen die anderen Wasservögel vor Gefahr warnt), Salonlöwe (Übernahme aus dem Engl. social lion, wörtlich: Gesellschaftslöwe, in Anlehnung an das Bild aus der Fabel vom Löwen als dem König der Tiere), Schmusekatze, Schweinehund, innerer Schweinehund (sowohl Hund wie Schwein galten früher als unreine und verachtenswerte Tiere; durch die Verdoppelung also besonders negativ), Schweinigel (hat nichts mit einem derartigen Tiermonster zu tun, sondern ist eine Verkürzung aus »Schweinnickel« = ein Mensch, der obszöne Redensarten führt oder sich unanständig benimmt), Spaßvogel (= Spottvogel = Spottdrossel, die Geräusche nachahmen kann), Spinatwachtel (= »spinnete Wachtel«: schrullige, unangenehme Frau), Sündenbock (3. Mose 16, 21: »Aaron soll seine beiden Hände auf den Kopf des lebenden Bockes legen und über ihm alle Verschuldungen der Israeliten und alle Übertretungen, die sie irgend begangen haben, bekennen, sie auf den Kopf des Bockes übertragen und ihn durch einen bereitstehenden Mann in die Wüste schicken« – womit im Übrigen auch klar ist, woher die Redewendung »in die Wüste schicken« kommt), Unglücksrabe (Raben galten früher als Ankündiger von Tod und Unheil. Das hat mit dem in der Vogelwelt seltenen Verhalten der Raben zu tun, ihre »Beute«, frisches Aas, mit Artgenossen zu teilen; sie werden durch Rufe herbeigeholt. Wenn also der Rabe krächzt, ist meist ein Unglück passiert.), Versuchskaninchen, Wandervogel (Selbstbezeichnung eines Zweigs der Jugendbewegung, die um 1900 in Deutschland entstand; die erste dieser Schülerwandergruppen wurde 1896 am Steglitzer Gymnasium in Berlin gegründet), Wasserratte, Windhund, dumme Ziege (auch Zicke, viele Konnotationen mit weiblichen Personen, sofern sie knochig und unansehnlich sind und meckern), Ziegenbock (ähnlich wie Hurenbock, aber besonders unansehnlich).
ACHILLESFERSE Achilles, Held der trojanischen Sage, war als Säugling im Styx gebadet und dadurch unverwundbar geworden. Nur seine Fersen, an denen seine Mutter, die Nymphe Thetis, ihn festgehalten hatte, waren nicht benetzt worden, und deshalb war er dort verwundbar.
ADONIS Die Geschichte des wunderschönen Jünglings ist ein einziges Drama von Liebe, Eifersucht und Tod. Selbst seine Geliebte Aphrodite konnte den jungen Jäger nicht halten und musste mitansehen, wie er von einem wilden Eber zerrissen wurde. Der wilde Eber war niemand anderes als der verwandelte Ares, den eine andere Liebeskandidatin, die Unterweltgöttin Persephone, aufgestachelt hatte. Schöne Männer sind und leben gefährlich.
ARGUSAUGEN Der Riese mit den hundert Augen wurde von der eifersüchtigen Gottesmutter und Zeus-Gattin Hera zum Wächter der Io bestellt. Io war eine der Geliebten des Zeus und dem scharfsichtigen Argus entging nichts – so lange er lebte. Argus wurde von Hermes überlistet und getötet und die trauernde Hera setzte seine Augen in das Gefieder ihres Symboltieres, des Pfaues, ein.
AUGURENLÄCHELN Die Auguren waren die Orakelpraktiker der alten Römer, die aus Vogelflug, Tiereingeweiden und Ähnlichem das Schicksal und die Zukunft zu prophezeien suchten. (Die Italiener sagen noch heute auguri, wenn sie sich Glück wünschen.) Bereits einigen Römern war das verschwörerische Grinsen der Auguren angesichts der Leichtgläubigkeit des Volkes aufgefallen.
BACCHANAL Bacchus war der römische Name des Weingottes. Mehr oder weniger ausschweifende Festgelage standen im Zusammenhang mit seinem Kult.
DAMOKLESSCHWERT Der junge Höfling Damokles bewunderte die Machtfülle und den Reichtum des Tyrannen von Syrakus namens Dionysios. Dionysios lud Damokles daraufhin an seine fürstliche Tafel und bewirtete ihn prächtig. Über dem Haupt des Damokles war ein Schwert an einem Rosshaar aufgehängt, womit Dionysios zum Ausdruck bringen wollte, in welcher Gefahr er selbst angesichts der ständigen Möglichkeit von Meuchelmord und Aufstand schwebte. In der sprichwörtlichen Verkürzung wurde dieses Rosshaar auch zu dem berühmten »seidenen Faden«.
DRAKONISCHE GESETZE UND STRAFEN Der athenische Aristokrat Drakon (= Drache) fertigte dort um 620 die erste Aufzeichnung des geltenden Rechts an und legte als Gesetzgeber besonders strenge Strafen für Verbrechen fest. Die rechtsgeschichtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag geht auf Drakon zurück.
ECHO war eine Nymphe, welche die Zeus-Gattin Hera lange Zeit mit fesselnden Geschichten unterhielt, damit Zeus sich unterdessen mit anderen Nymphen vergnügen konnte. Als Hera das bemerkt, straft sie Echo damit, dass sie nur noch wiedergeben kann, was andere vorsagen.
EROTISCH Eros/Amor war der Sohn von Aphrodite/Venus und Ares/Mars, von Liebesgöttin und Kriegsgott. Sein Pfeil trifft in die Herzen der Menschen und entzündet die Liebe.
FURIE von lat. furia = Wut. In der römischen und griechischen (dort: Erinnyen) Mythologie sind die Furien drei Unterweltgöttinnen, die Mörder und andere Schwerverbrecher aus Rache peinigen. Der Name der dritten Erinnye ist bis heute geläufig: Megäre (= die Neidische).
GORDISCHER KNOTEN Ein sehr verschlungener Knoten verband das Joch und die Deichsel des Wagens von König Gordios von Phrygien. Wer ihn lösen konnte, sollte angeblich imstande sein, die Herrschaft über Asien zu erringen. Alexander der Große zerhieb den Knoten kurzerhand mit seinem Schwert.
KAISER (auch: Zar) Julius Cäsar hatte diesen Titel nie inne und saß nie auf einem »Kaiserthron«, aber in der geschichtlichen Wirklichkeit hatte er die Römische Republik als Staatsform faktisch beendet und durch seine Alleinherrschaft ersetzt. Erst seine Nachfolger nahmen von Augustus an seinen Namen als Titel. Im Übrigen verwendete man in römischer Zeit für einen »Kaiser« den Beinamen Imperator. Caesar kommt von lat. caedere = schneiden, denn Cäsar soll durch einen Schnitt, der in den europ. Sprachen »Kaiserschnitt« heißt, auf die Welt gekommen sein.
KASSANDRARUF Die Tochter des trojanischen Königs Priamos war eine der berühmtesten Weissagerinnen der Antike, deren Warnungen allerdings nie ernst genommen wurden. Apollon selbst hatte um sie geworben und ihr die Gabe der Prophezeiung verliehen. Aber da sie ihn zurückwies, versagte er ihr die Kraft der Überzeugung. Auch vor dem verderbenbringenden Danaergeschenk des Trojanischen Pferdes warnte sie ihre Landsleute – vergebens.
KRÖSUS Das Reich des letzten Königs (6. Jh. v. Chr.) von Lydien in der heutigen Türkei war das größte, das die Griechen bis dahin kennengelernt hatten (bis die Perser kamen), und sie waren dementsprechend beeindruckt. Krösus war durch Tribute, Bodenschätze und Lydiens günstige Lage als Handelsmacht unermesslich reich. Die Orakelstätten wie etwa Delphi bedachte er mit wertvollen Weihegeschenken und beteiligte sich finanziell am Bau des Artemis-Tempels in Ephesus, einem der Sieben Weltwunder. Krösus war allerdings auch der König, dem das delphische Apollon-Orakel in einem berühmten Spruch prophezeit hatte, wenn er den Grenzfluss Halys überschreite, werde er ein großes Reich vernichten. Es war sein eigenes, denn er wurde von den Persern besiegt.
LABYRINTH Die Sage um das Labyrinth, aus dem Theseus nur mithilfe des Ariadnefadens entkam, ist bis heute eine der populärsten der Antike, der Begriff bezeichnet den Palast von König Minos auf Kreta. Die Griechen nannten das verschachtelte Gebäude nach dem kretischen Königssymbol, der Doppelaxt, und verwendeten das entsprechende kretische Wort labrys (= Beil, Doppelaxt).
MÄANDERN Der Mäander ist ein Fluss mit zahllosen Windungen in der antiken Landschaft Karien in der heutigen Westtürkei.
MAUSOLEUM