Für den einzig einen. Danke, für all die Jahre, Inspiration, Motivation, für all die Freudentränen. Längste und vielleicht tragfähigste Beziehung meines Lebens. Musik und Schreiben kann Leben retten.
Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt!
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© 2. überarbeitete Auflage 2019 Susanne Erhard
Autorenfoto: © by Ralf Erhard Delightphotos
Reihe: Edition Sunrise
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7481-8808-7
Die Halle tobte!
Ein unglaublicher Sturm der Begeisterung, mitreißend und verstörend berauschend. Tausende Menschen jubelten. Meine Arme wogten im perfekten Einklang mit all den anderen. Um mich herum zischten Wunderkerzen, Handylampen zogen funkelnde Lichterbahnen. Ich schrie, klatschte frenetisch, schwelgte selig in Klang gewordenen Emotionen! Fassungslos ertappte ich mich selber, erstarrte in der Bewegung, meine Hände brannten vom Klatschen. Schnaufend presste ich sie an meine Oberschenkel. Tatsächlich war ich total verschwitzt. Ultimativ peinlich. Wie war es möglich, dass ich mich wegen einem bisschen Musik, ein wenig herumhampeln auf der Bühne, nur so gehen lassen konnte?
Normalerweise nicht mein Stil. Unauffällig blickte ich mich um. Glücklicherweise war mein Verhalten nicht wirklich aufgefallen, denn jeder trampelte, applaudierte wild, pfiff. Frauen jeden Alters kreischten halb hysterisch den Namen des Bandleaders. Unfassbar leidenschaftliche, wundervolle Melodien. Es war wie ein Rausch.
Der Mann auf der Bühne schien in der Brandung der Begeisterung über sich selber hinaus zu wachsen. Selbst auf die Entfernung sah ich seine Finger über den Gitarrenhals rasen, die Bässe dröhnten mir dazu in den Ohren. Die Tribüne schien zu beben. Er spielte unbeschreiblich gefühlvoll, wild, verwirrend anmutig.
Der Schlagzeuger zog das Tempo immer weiter an, ein hypnotisch treibender Rhythmus, der mich schier high machte. Der Typ am Keyboard hämmerte die Tasten fast zu Bruch und die beiden Sänger hätten es besser aufgegeben mit dem Tempo weiter Schritt halten zu wollen. Und doch animierten sie das Publikum mitzusingen. Neben mir johlte Moni aus vollem Hals, hatte überraschenderweise Freudentränen in den Augen, während ich nicht einmal das Lied kannte und einen Eid darauf geschworen hätte, dass ich sicher niemals wegen eines Mannes mit einer Gitarre eine Träne vergießen würde. Egal. Es war schlicht fantastisch!
Und solange die Lichter nicht angingen, hatte Moni mir erklärt, solange bestand die Chance auf eine weitere Zugabe. Ich war fast heiser, doch mit hochgereckten Händen deklamierte ich.
„Zugabe! Encore! Zugabe! Encore! Zugabe!“
Doch irgendwann schob ich mich mit vielen Menschen über die breiten Gänge der Kölner Lanxess Arena und fühlte mich seltsam high, leer und taub, obwohl noch immer laute Musik aus den Lautsprechern schepperte, laute Stimmen um mich herum, die mehr oder weniger betrunken grölten und seltsam beseelt das Konzert priesen.
Neben mir lief meine kleine Cousine, die sich zu jedem der Fan-Stände durchdrängeln musste. Es war der Abend ihres sechzehnten Geburtstags. Die Konzertkarten und der Abend waren mein Geschenk für sie.
Mike Hamond in concert! Live in Cologne, Lanxess Arena.
Sie überschüttete mich mit immer neuen Superlativen über die Band, das Konzert und ihren endgeilen Gitarristen. Genervt stimmte ich ihr zu, hoffte inständig, dass wir uns schnellstmöglich durch die Menschenmassen und an den Fan-Ständen vorbei drängeln konnten, um endlich den Parkplatz und mein Auto zu erreichen.
Mit einem Mal war ich todmüde und musste doch am nächsten Morgen wieder früh im Geschäft sein. Gefühlt halb Köln schob sich mit uns langsam in Richtung Ausgänge, immer wieder gebremst von Menschentrauben, die sich vor den Ständen mit Fanartikeln stauten, Moni inklusive.
Vermutlich war ich zu alt, um zu verstehen, wieso man ein schlecht bedrucktes T-Shirt für horrendes Geld kaufen musste oder eine peinliche Strickmütze mit dem Logo der Plattenfirma. Moni hielt mir dauernd vor, dass ich spießig by nature war. Jedenfalls war dies mit fünfundzwanzig Jahren mein erstes Konzert und selbst wenn es mich wirklich mitgerissen hatte, so lag es mir doch unerreichbar fern, mit Mike Hamond auf der Brust durch die Gegend zu stapfen.
Als Moni wieder abdrehte schnaufte ich angespannt. Die Menschenmengen wurden nicht weniger. Im Gegenteil. Suchend schaute ich nach einer neuen Lücke, die uns weiterbrachte.
Moni fischte derweil in einem zerwühlten Stapel nach einem Shirt in ihrer Größe auf dem das Cover der aktuellen CD abgedruckt war. Direkt neben dem Stand war die Hallenwand in Serie mit einem Poster gepflastert. Mike Hamond in Großformat. Notgedrungen wartend musterte ich das Gesicht, das ich bisher nur aus der Ferne erahnt hatte. Der Mann war unleugbar ansehenswert. Wirklich hübsch, stellte ich nüchtern fest. Vor allem diese strahlend blauen Augen hatten etwas, falls er die nicht einer ultimativ übertriebenen Betreuung durch Photoshop verdankte, was ich sehr stark annahm.
„Der ist so arschgeil.“, stöhnte Moni neben mir und hielt mir ihr neu erworbenes T-Shirt unter die Nase.
„Mag sein“, ich schob sie mit einem letzten Blick in die blauen Augen rigoros in den Strom der Menschen zurück. Für Männer hatte ich keine Zeit. Böse Zungen behaupteten, dass mein Prinz nicht einmal als Backmischung existierte. Damit konnte ich gut leben. „Und sicher ist er doppelt so alt wie du.“
Moni grinste anzüglich. „Ist das ein Hindernis?“
„Nein, vermutlich nicht, aber glaub mir, ein guter Grund, die Finger von ihm zu lassen.“ Ich wusste nur zu genau, wovon ich redete.
Endlich drängelten wir uns durch den Haupteingang hinaus auf den Vorplatz. Frische Luft. Ich atmete durch, hörte schon mein Bett rufen, während sich die Menschenströme in Richtung Parkplätze und Straßenbahn teilten. Wir hatten mit unserem Parkplatz riesiges Glück gehabt, es war nicht weit und die Chancen standen gut, dass wir das Gelände zügig hinter uns brachten. Dann Moni heimfahren und ab nach Hause. So ein Abend sprengte meine schlappen Kapazitäten.
Aber es sollte nicht sein. Auf halbem Weg zum Parkplatz blieb Monika abrupt stehen, griff nach dem Ärmel meiner Jacke.
„Susie!“
Das war keine Ansprache mit Fragezeichen. Ich ahnte nichts Gutes, blieb aber ergeben stehen. „Was?“
Garantiert hörte sie an meinem Ton, dass ich nicht sonderlich erpicht auf egal welche Form von Verzögerung war.
„Geburtstagsalarm! Du hast mir versprochen, heute mit mir das zu tun, worauf ich Bock habe?“
Argwöhnisch schielte ich an ihr vorbei. Wenn ich nur einen matten Schimmer gehabt hätte, worauf sie hinaus wollte?
„Sicher, das habe ich“, seufzte ich, „versprochen ist versprochen und, was möchtest du jetzt tun?“
Unwillkürlich ratterten in meinem Kopf diverse Kneipen durch, in die ich mich mit einer sechzehnjährigen um diese Uhrzeit wagen durfte und trauerte meinem Bett hinterher. Der nächste Morgen würde kein bisschen witzig werden. Zum Glück war nur einmal im Jahr Geburtstag und beim nächsten gab es garantiert wieder einen unkomplizierten Gutschein ohne Rundumbetreuung meinerseits. Sie blinzelte mir abenteuerlustig zu, mir war gar nicht wohl zumute.
„Ich habe heute Geburtstag“, ich nickte, eine mir durchaus bekannte Tatsache. „und deshalb gehen wir uns jetzt ein Autogramm von Mike Hamond holen.“
Der Triumph in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Sorry, du spinnst“, antwortete ich „die Nummer ist rum. Du hättest eben die Bühne stürmen müssen und nicht ewig an den Ständen herumtrödeln.“
Für mich war die Sache damit erledigt, aber Monika blieb trotzig stehen.
Sie war wohl die einzige, dich mich in Sachen Sturheit toppen konnte.
Menschen umrundeten uns murrend. Ich drehte mich also wieder nach ihr um, als sie nicht hinterherkam. Sie grinste mich breit an, mit einem Blick in den Augen, der deutlich machte, dass sie viel, viel mehr wusste als ich ahnte. In mir wuselte ein Hauch von Aggression herum, ganz nebenbei kam mir auch wieder schrecklich alt vor.
„Also? – Klär mich auf. Wo willst du dein Idol überfallen?“
Mit ihrem Zeigefinger winkte sie mich wieder zu sich heran.
„Nicht überfallen, aber abfangen. Pass auf.“ Sie zog mich verschwörerisch nah zu sich heran, als ob uns hier draußen irgendjemand belauschen würde. „Ich habe mich die Woche ein wenig mit einem süßen Typen von der Security angefreundet.“ Sie verdrehte kokett die Augen.
„Mikes Groupies sagen nämlich nix. Am dritten Tag hat er mir dann netterweise den Sicherheitsplan vom Konzert gezeigt und mir gesagt, wo Mike die Halle verlässt. Und da gehen wir jetzt hin.“ Fraglos hätte ich meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass es solche Geschichten nur in schlechten Romanen zu lesen gab oder in kitschigen Liebesfilmen. Fan trifft Idol! Nachlässig bewegte ich den Kopf. Nebenbei musste ich mir eingestehen, dass ich weder mit sechzehn, noch heute mit fünfundzwanzig diesen Mut besessen hätte.
„Wie lautet der Plan?“
Entspannt bleiben. Susie, dachte ich, das Kind erlag gerade seinen pubertären Fantasien. Die führten in der Regel zu nichts. Zumindest dessen war ich mir aus eigener Erfahrung absolut sicher.
„Und überhaupt, warum sind wir dann nicht sofort dorthin gegangen?
Der ist doch mittlerweile längst im Hotel und lässt sich klassisch volllaufen.“ Meine letzte Hoffnung auf einen direkten Weg ins Bett erstarb bei ihrem Grinsen.
„Klar, du kennst Mike Hamond nicht.“ Sie verdrehte abfällig die Augen. Den Augenverdreher quittierte ich wiederum mit einem bissigen Zwinkern. Woher sollte ich den auch kennen, war ja bekanntlich mein erstes Konzert in diesem Leben. Keine Zeit für solchen Unfug.
„Der Mann ist ein Perfektionist, Susie“, sie grinste spöttisch „und was sein Equipment angeht wenig duldsam. Seine Gitarren sind scheiße wertvoll, deswegen packt er sie nach jedem Konzert immer selber ein.
Dann ist noch Zeit fürs Duschen eingeplant, weil er ein Mann ist, der sich auch mal wäscht.“ Sie hob bezeichnend eine Braue. „Die Security lässt ihn und die Band ab 22.30 Uhr bei den Backstageräumen raus.“
Ich sparte mir den Blick auf mein Handy, es war sicher kurz vor halb elf. Zweifellos hätte ich mich lieber zu einem Kneipenbesuch überreden lassen, als in irgendwelchen versteckten, dunklen Ecken dieser Riesenhalle herum zu lungern, das noch dazu Mitte November. In diesem Moment wurde mir auch klar, warum sie übermäßig zeitschindend an den Fanständen gestöbert hatte. Aber, was blieb mir übrig? Versprochen war versprochen!
„Okay“, stimmte ich vordergründig zu, denn noch immer erschien es mir nicht besonders realistisch, dass wir Mike Hamond erwischten und er Moni dann netterweise auch noch ein Autogramm gab.
Sie zog mich um ein paar finstere Ecken zu einem der hinteren Bühneneingänge. Der Platz war hell erleuchtet. Vollgeladene Gabelstapler rollten kreuz und quer, Groopies wuselten herum, schleppten Kisten zu zwei Lastwagen auf denen in riesengroßen Buchstaben der Name des Bandleaders prangte.
Wir blieben ein paar Minuten in der Nähe stehen und beobachteten die Leute. Ich bemerkte, wie Security auf der gegenüberliegenden Seite ein paar Fans wegschickte. Moni war also nicht die einzige, die von der Marotte des Künstlers wusste und wie auch immer an die notwendigen Infos gekommen waren. Auf unserer Seite stand jedoch niemand. Auch keine Security.
„Dein Wonderboy kommt wohl nicht mehr.“, stichelte ich, doch Moni winkte nur cool ab.
„Keine Angst, er kommt ganz sicher. Und er kommt hier vorbei, denn er wohnt im Stadtpalais Hotel.“
Unwillkürlich drehte ich mich um, sah zwischen den herbstlich kahlen Bäumen über die Straße hinweg die Beleuchtung des genannten Hotels.
Nicht schlecht. Davon abgesehen hatte ich keine Angst, ich wollte nur endlich nach Hause und ins Bett.
Es vergingen vielleicht zehn, fünfzehn Minuten, mir war mittlerweile entsetzlich kalt, als Moni mich plötzlich erregt am Arm fasste.
„Geil! Schau!“ Sie zeigte auf einen Mann mit Wuschelkopf. „Das ist Gary White!“
Sie hatte Recht, es war der eine Sänger.
Und die da, das ist Tina Benson!“
Die Sängerin kam mit dem Schlagzeuger im Schlepptau angetanzt und dann, … der Keyboarder und Mike Hamond, einen Gitarrenkoffer in der rechten!
Monika stürzte blindlings los, ich erwischte sie gerade noch am Arm.
Sie konnte doch nicht einfach dort hinüberrennen. Die Security hätte sie sofort abgefangen. Außerdem wollte ich mir selber nicht eingestehen, dass mir beim Anblick dieses Supergitarristen vor Aufregung die Hände feucht wurden. Die fünf standen beisammen, doch alles sah danach aus, als wollten sie aufbrechen. Ich hörte ein paar englische Grüße zu den Groupies hinüber, dann kamen die fünf langsam auf uns zu. Wir standen halb im Schatten hinter einer Laterne.
Gary White bemerkte uns als erster und er gab Hamond ein Zeichen.
Beinahe synchron drehten sich die Musiker zu uns um. Hamond zog unwillig seine Augenbrauen hoch. Spontan war mir die Szene grässlich peinlich, denn ich kannte dieses Gefühl, das er jetzt haben musste nur zu gut. Ich hasste es beim Einkaufen eine meiner Kundinnen zu treffen und von der gleich beruflich angelabert zu werden. Schließlich hat jeder irgendwann Feierabend. Trotzdem machte man gute Miene zum bösen Spiel und Hamond lächelte auch freundlich, als Moni schüchtern und mit passendem Augenaufschlag nach einem Autogramm fragte. Beruhigend winkte er zur Security hinüber, nahm bereitwillig den Kugelschreiber, den sie ihm hinhielt. Gelassen stellte er den Gitarrenkoffer auf den Boden und schrieb seinen Namen auf ihre Eintrittskarte. Ich stand wie ein Betonpfosten daneben.
Dann wollte er den Stift weiter an Gary White reichen, zögerte kurz und unsere Blicke trafen sich. Meinte er etwa, ob ich auch ein Autogramm wollte? Überrascht stellte ich trotz des diffusen Lichtes fest, dass seine Augen mitnichten gephotoshopt waren. Sie schimmerten tiefblau.
„Thank you, Mr. Hamond.“
Abwehrend schüttelte ich Kopf und Hände, erschrak ganz furchtbar vor meiner eigenen Stimme. Mein Englisch klang so schrecklich, wie es nur klingen kann, wenn man einen deutschen Akzent besaß.
Er lächelte. „It´s all good.”
Wie unterirdisch peinlich, dachte ich. Er musste mich für völlig hirnlos halten. Grob unhöflich, ein Autogramm von ihm auszuschlagen. Außerdem kam ich mir unsagbar dämlich vor, sinnentleert dastehen, darauf warten, bis Monika endlich von jedem ihre Unterschrift hatte. Aus der Sache kam ich jetzt nicht mehr heraus. Gestresst tippelte ich von einem Fuß auf den anderen, starrte angestrengt auf das feuchte Pflaster vor mir.
Hamond stand noch immer mir gegenüber, schaute aber ebenso angestrengt an mir vorbei und wartete mit hochgezogenen, skeptischen Brauen.
„She´s really daring“, sagte er dann plötzlich.
Erschrocken schaute ich auf. Sprach er mit mir? Seine Stimme klang very british, freundlich, distanziert. Unsere Blicke trafen sich wieder.
Diese Augen hatten das Potential zur Droge.
„That´s right, Mr. Hamond“, haspelte ich und kam mir noch zusätzlich unglaublich albern vor. Er lächelte wieder. Dieses Mal wirkte es sogar wie ein echtes und nicht dieses Pflichtlächeln. Völlig entrückt hing ich an seinen Lippen.
„Don´t call me Mr. Hamond“, er streckte mir seine Hand entgegen, „Mike, my name is Mike.”
Ich nahm notgedrungen seine Hand, warm und beruhigend fest. Er drückte die meinige behutsam, fast scheu und ohne den Blick von mir zu wenden. Hektisch schaute ich nach Moni, nur um nicht weiter in diese Augen zu starren und an seinen markanten Brauen hängen. Blöderweise musste ich jetzt auch etwas von mir geben. Das hier war unfassbar peinlich und mein Mund staubtrocken. Nebenbei signalisierte der Rest meines arbeitenden Hirns, dass ich diese Hand schon viel zu lang hielt. Hastig löste ich meine Finger aus seinen. Sie schienen zu glühen.
„Susanne!“, stieß ich kieksig hervor und ärgerte mich im gleichen Augenblick maßlos über mich selber. Wie konnte ich mich nur so aus dem Konzept bringen lassen? Das war nur ein Mann, ein dämlicher, normaler Mann. Alles nur, weil Moni ihren Kopf durchsetzen musste! Ich machte mich dafür zum Idioten!
Hamond schien zu überlegen. „Susanne“, fragte er dann langsam, „it´s the german version of Susan, isn´t it?“
„Yes, that´s right, Mr. Ham …, Entschuldigung …, Mike.“
Ich lief feuerrot an, glühte wie eine LED in der Dunkelheit. Seit meiner Pubertät war mir das nicht mehr passiert und das war nun wirklich schon einige Zeit her. Er irritierte mich viel zu sehr damit, dass er immer seine Augenbrauen hochzog und seine Augen schienen jeden Gedanken in mir zu lesen. Natürlich bemerkte er meine Röte sofort, genau wie alle anderen auch. Es war nur noch abgründig!
Aber Mike lächelte mich entschuldigend an. „I didn´t want to embarrass you, sorry.” Befangen berührte er mich am Oberarm, ich wurde noch eine Spur farbiger. Monika stand daneben und himmelte Hamond an, während ich auf völlig verlorenem Posten kämpfte.
„What do you think, Mike, shall we take them along with us?” Es war das erste Mal, dass Gary White etwas sagte. Seine Stimme war angenehm tief. Mit sanften Augen schaute er auf Moni und mich herunter. Ein extrem großer Mann, viel größer als Mike und die beiden anderen. Mike schnippte leicht mit den Fingern.
„Awesome idea, Gary!“ Er wendete sich an mich. „Listen, Susan, we´re going to have some drinks at the hotel down the street. To my regret, we get Kölsch only in Cologne, so we have to take this chance.
Do you want to go along with us?”
Jetzt stand ich endgültig am Abgrund. Moni war sofort Feuer und Flamme. Klar, Hamond war schließlich ihr Idol und ich wurde langsam aber sicher um meinen wohlverdienten Schlaf gebracht. Außerdem konnte ich nicht glauben, dass wir wirklich willkommen waren. Die drei anderen schienen nicht sonderlich begeistert über Whites Vorschlag.
Was mich anging, war ich mir ebenfalls kein bisschen sicher.
Nein, wir gingen da auf keinem Fall mit! Das verkrafteten meine Nerven heute nicht mehr. Unmöglich. Ich war nicht scharf auf Promis und auch wenn Moni mir erzählt hatte, dass Hamond ein Saubermann-Image pflegte, schien es mir keine gute Idee mit dieser Band und einer sechzehnjährigen allein in einer Bar zu hocken. Bisher hatte ich keine Bekanntschaft mit K.O.-Tropfen oder randalierenden Musikern gemacht und das sollte gern so bleiben.
„Sorry, Mike”, antwortete ich deshalb, bemühte mich um eine gewisse Festigkeit in meiner Stimme, „It´s not possible that we go along with you.“
„Tell me why?”
Ich zeigte auf Monika. “I have to take her home until two o´clock. She´s just sixteen.”
Moni protestierte heftig. „Ich habe heute Geburtstag, Susie, denk an dein Versprechen! Alles, was ich will und ich will un-, un-, unbedingt mit denen trinken gehen!“
„Nein, Monika“, entgegnete ich scharf, „der hat das nur aus purer Höflichkeit gesagt. Du drängst dich auf!“
Sie schwieg verärgert, wollte aber anscheinend nicht weiter aufmucken.
Hamond hatte wieder seine Brauen steil gestellt und sein Blick ging fragend zwischen Moni und mir hin und her. Wahrscheinlich versuchte er zu verstehen, was ich ihr um die Ohren pfefferte.
“Well, don´t be shy, we like you, really!”, bekräftigte er.
Erneut war ich nahe daran, die Farbe zu wechseln, blamiert bis auf die Knochen. Aber seine Stimme war sanft und es klang nicht direkt so, als nähme er mir meine Ablehnung übel.
Ich schüttelte also nochmals nachdrücklich den Kopf. „Thank you very much, Mike, but I think it´s better to leave you alone now. She got her autograph.”
Er lachte übermütig. “That´s really no reason, I will accept. Let´s go, we´ve lost time enough.”
Die anderen nickten zustimmend, Gary White nahm Monika zwischen sich und den Schlagzeuger und Mike schob mich wie ein hypnotisiertes Karnickel mit Tina Benson und seiner Gitarre zusammen vorwärts.
Gegen meinen Willen landeten wir in der Bar vom Stadtpalais in Sichtweite der Lanxess Arena, wo die fünf während ihres Aufenthaltes in Köln wohnten. Ein sehr gediegenes Hotel.
Die Bar war fast leer, leise Loungemusik dudelte im Hintergrund.
Hamond zog mir einen Stuhl zur Seite und setzte sich neben mich. Tina Benson drängelte sich auf die andere Seite neben ihn. Ihr Blick sprach unleidliche Bände. Ich fühlte mich völlig überrumpelt und erst nach einem Kölsch hatte ich die größte Peinlichkeit hinuntergespült und ein bisschen Abstand gewonnen. Das eine Bier musste sein, trotz Auto, sonst stand zu befürchten, dass ich den Stress nicht mehr verpackte. Mit etwas mehr Alkohol wäre das alles garantiert wesentlich netter gewesen. Wann kam man schon in den Genuss, mit einem bekannten Musiker am Tisch zu sitzen? Ich roch einen Hauch seines würzigen Herrenparfums, gemischt mit Zigaretten, meinte seine Wärme zu spüren. Wenigstens hatte ich neben ihm sitzend Ruhe vor seinen Augen.
Moni schien, anders als ich, keine Hemmungen zu haben und gestikulierte wild, um sich irgendwie verständlich zu machen. Ihr Englisch war noch erbärmlicher als meins. Aber im Gegensatz zu mir brachte sie die anderen immer wieder zum Lachen, versprühte unbefangen ihren Jungmädchencharme, bekam einen Trinkspruch nach dem anderen auf ihren Geburtstag.
Ich versuchte mich möglichst zurückzuhalten, süffelte angespannt an meinem Wasser. Keinesfalls durfte ich die Uhr aus den Augen lassen, denn ich war für Monika verantwortlich. Wahrscheinlich hätte ihre Eltern der Schlag getroffen, wenn sie gewusst hätten, wo wir den Abend verbrachten. Das musste unbedingt unter uns bleiben.
Mike neben mir trank ebenfalls relativ schweigend an diversen Kölsch.
Sein Lächeln streifte mich wann immer sich unsere Blicke trafen, während Tina Benson vergeblich versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Irgendwann drehte er ihr den Rücken zu.
Welch grandioser Scheiß, dachte ich. Was auch immer zwischen den beiden war, für Tina Benson verlief die heutige Nacht bisher noch nicht zur vollsten Zufriedenheit. Was mich anging, war ich mir so gar nicht sicher. Ohne Frage war die Situation spektakulär und unglaublich verwirrend. Flüchtig strich Mike über meinen Handrücken am Wasserglas.
„Erzähl mir von dir, Susan. - Darf ich dich überhaupt so nennen?“
Möglicherweise stand der Mann unter Strom, meine Hand pulsierte wo er sie berührt hatte. Mein Herz setzte zum wiederholten Mal an diesem späten Abend zum Turbo an, besagte Hand wurde gleichzeitig feucht.
Ich war versucht sie an meiner Jeans abzuwischen, konnte mich aber gerade noch zurückhalten. Falsche Geste.
„No problem, natürlich“, nuschelte ich, das eine Kölsch hatte meine Zunge nicht wirklich gelöst. Schade eigentlich, huschte es mir beim Anblick seiner Lippen ungefragt durch den Kopf, ich kniepte verstört, sammelte mich hastig. Derlei Assoziationen gehörten nicht in mein Leben.
„Über mich gibt es echt nicht viel zu sagen.“
„Das glaube ich kaum“, er grinste schief, ein blauer Augenblitz traf mich mit überraschendem Schalk und einem Fingerwink zur anderen Seite des Tisches. „Aber ich kann mir das auch von Moni erzählen lassen. -Hat dir unser Konzert gefallen?“
Tatsächlich erzählte Moni gerade von meinem Geschäft und meiner etwas anderen Floristik. Kunstblumen fand sie genauso spießig wie mich. Aber meine Geschäftsidee super cool. Mike neigte lauschend den Kopf. Mir schien es in diesem Fall besser auf seine Frage zu antworten.
„Das Konzert war wundervoll“, ich schob mich etwas in sein Blickfeld, um ihn von Moni und ihren Aussagen über mich abzulenken, auch wenn mich dadurch seine wunderschönen Augen wieder ereilten und ich seine Lippen vor mir hatte.
Er schmunzelte. „Das freut mich ehrlich, indeed“, wieder strichen seine Fingerspitzen mit ein paar Volt über meine Hand. „Wenn ich allerdings geahnt hätte, dass du im Publikum bist, dann hätte ich sicher noch ein bisschen was draufgelegt.“
Überrascht ruckte mein Blick direkt in seinen. Ich sah trotz der frechen Worte etwas wie Unsicherheit und Verwirrung in seinen Augen, die jetzt unendlich tief schimmerten. Man hätte darin versinken können und niemals wieder auftauchen. Mein Hirn produzierte viel zu viele seltsame Gedanken und mein Herz hüpfte irgendwie viel zu leicht in mir herum.
Unwillkürlich lächelte ich ihn an. „Das ist sicher eines der schönsten Komplimente, die ich je bekommen habe.“ Selbst meine Stimme lächelte mit ungewohnter Verzückung. „Vielen Dank.“
Er senkte den Blick, griff nach seinem Bierglas, das typisch Kölsch, mal wieder leer war. Verschämt grinsend winkte er nach dem Kellner.
„Ich bin an sich nicht so gut im Komplimente machen“, gab er zu, fischte sich Papier und Tabak aus der Packung auf dem Tisch, wickelte sich konzentriert eine Zigarette, die er aber unangezündet in den Fingern drehte „und dieses war richtig ernst gemeint. Für dich lasse ich mir gern noch ein paar mehr einfallen, Susan.“
Galten solche Sprüche als Anmache? Tina schielte giftig zu mir herüber. Mich hatte seit Ewigkeiten kein Mann mehr angemacht oder ich hatte es seit Ewigkeiten nicht mehr bemerkt. Die letzten Jahre hatte ich mit dem Aufbau meiner Selbständigkeit verbracht. Da war kein Platz für Flirts gewesen, selbst wenn es einen Mann gegeben hätte, dem ich genug Zeit für solche Sätze eingeräumt hätte. Hatte ich aber nicht. Also senkte auch ich meinen Blick in mein Wasserglas und zuckte wie beiläufig die Schultern. Mit einem halben Star zu flirten galt sicher nicht so wirklich.
„Dazu reicht es heute Nacht wahrscheinlich nicht mehr“, erklärte ich ungeschickt. „Wir müssen bald los.“
Er kniff leicht die Augen zusammen. „Das ist wirklich sehr schade.“
Mehr sagte er nicht dazu. Der Zeiger meiner Uhr rückte gnadenlos auf halb zwei zu. Es war der späteste Zeitpunkt, zu dem wir aufbrechen mussten um Moni pünktlich um zwei zuhause abzuliefern.
Kurz vor halb beugte ich mich zu Mike hinüber, sagte ihm, dass wir jetzt gehen mussten.
“It´s not possible to stay a little bit longer, Susan?”, fragte er zurück.
“Just some minutes?“
Zum x-ten Mal an diesem Abend schüttelte ich den Kopf, winkte nach dem Kellner, um unsere Getränke zu bezahlen. War da ein flehentlicher Unterton in seiner Stimme gewesen?
„No, I´m sorry, we have to go now. Moni muss um zwei daheim sein.“ Ich kramte meinen Geldbeutel aus meiner Handtasche.
Er nickte langsam. “Okay, I´ll see you back to your car.”
Gelassen stand er auf.
Ich winkte ab und der Kellner trabte an. “That´s not necessary, Mike, wir parken nicht weit entfernt.”
„It is necessary“, sein Ton ließ keine Widerrede zu, verständnislos schaute ich zu ihm hoch. “I can´t let you walk alone through the dark, Susan, indeed, I can´t.”
Jetzt war seine Stimme ganz sanft. Warum sang er seine Lieder eigentlich nicht selber? Ich kuschelte mich kurz in seine Worte, zupfte dann fahrig am Reißverschluss meines Geldbeutels.
„Ein Kölsch, ein Wasser und das, was die junge Frau drüben getrunken hat“, ich musste mich mit aller Kraft konzentrieren, damit ich vor dem Kellner keinen Unfug redete. Ich sah, wie er im Kopf rechnete, doch Mike schob sich resolut zwischen uns.
„It´s my treat“, erklärte er zum Kellner gewendet, der mich daraufhin fragend anschaute. Ich hob rigoros abwehrend die Hand. Soweit kam es noch.
„Please, Susan, give me this pleasure.”
Ich schluckte, biss mir unsicher auf die Lippen und nickte ergeben. Ein emanzipierter Aufstand um die paar Euro war wohl ausnahmsweise nicht angebracht.
„Okay, Mike, thank you very much.“
Auch Moni bedankte sich artig, Mike grinste.
„Little Birthday present. All the best for you, Monika.”
Höflich half er mir beim Aufstehen und hielt mir sogar meine Jacke. So viel Gentleman hätte ich bei einem Rockmusiker nicht erwartet. Moni und ich verabschiedeten uns und ich glaubte ehrliche Enttäuschung in ihren Gesichtern zu sehen, wenigstens was Moni anging. Für mich hatten sie garantiert wenig übrig. Ich war so gnadenlos grau im Gegensatz zu Tina Benson, die in langen Flatterkleidern herumlief, extrem geschminkt und extrovertiert. Sie lebte einen coolen Stil, der perfekt zu ihr passte.
Mike begleitete uns bis zu meinem Auto, obwohl es vom Hotel aus doch ein ganz schönes Stück Weg war. Vor meinem Wagen blieben wir stehen. Er reichte Monika die Hand.
“It was a wonderful evening, Moni”, sagte er. “I hope you will remember this birthday for a while. Have a good night.”
“Thank you so much. I´ll never forget it, Mike, really, good night.”
Sie stieg ins Auto und Mike wendete sich zu mir. Er stand vor mir und ich erwartete, dass er in etwa das Selbe zu mir sagen würde. Seltsamerweise fühlte sich das ein wenig enttäuschend an. Angespannt schob ich meine Hände tief in die Jackentaschen, senkte den Blick auf den nassen Asphalt, fand mich total bescheuert. Aber Mike stand vor mir und wirkte mit einem Mal unsicher, unentschlossen. Dann kam er mit einer scheuen Bewegung einen kleinen Schritt auf mich zu. Für Bruchteile von Sekunden sah ich seine Lippen vor mir, diesen verwirrend zart geschwungenen Mund und seine linke Hand, deren Fingerspitzen kaum merklich meinen Hals berührten. Seine Bartstoppeln streiften sacht mein Gesicht, als er mir einen Kuss auf die Wange hauchte.
„Thank you, Susan.", flüsterte er nah an meinem Ohr. „Take care.“
Er ging ohne eine Entgegnung von mir abzuwarten. Ich stand wie erstarrt. Was hatte er mir mit seinem thank you sagen wollen? Wer musste sich denn bei wem bedanken? Und hatte ich jemals eine liebevollere Verabschiedung gehört, als dieses take care?
Benommen stieg ich zu Monika ins Auto. Mike war längst in der Dunkelheit verschwunden, er war sehr schnell gegangen.
„Wie endgeil ist das denn, Susie? Echt jetzt? Hat der dich geküsst?
Wahnsinn! Fuck!“ Monika zerrte wild an meinem Arm.
„Ach was“, ich wiegelte sie so gleichgültig wie möglich ab, „das macht man halt so. Küsschen hier, Küsschen da und tschüss.“
Machte man das wirklich, fragte ich mich verstört? Dort, wo er meine Wange geküsst hatte schien ich einen Abdruck seiner Lippen zu tragen und noch immer spürte ich die Berührung seiner Finger an meinem Hals, hatte seine zärtliche Stimme im Ohr. Ich startete den Motor, war versucht mit meiner Rechten nach meiner Wange zu tasten, doch das verkniff ich mir. Nicht vor Moni. Langsam rollte ich über den leeren Parkplatz auf die Straße, sah im Rückspiegel die Beleuchtung des Stadtpalais.
Hamond war unleugbar der Typ Mann, gegen den selbst ich, passionierter Eisklotz, nicht gefeit war. Seine dunkelblonden Haare waren genau in dem Maß verstruppelt, dass es sexy wirkte. Ein ovales Gesicht, schmale, gerade Nase und dieser wunderschön geschwungenen Mund, dessen rechter Winkel etwas schief war.
Das gefährlichste an ihm waren ohne Frage seine Augen. Noch nie hatte ich ein so leuchtendes dunkelblau an einem Mann gesehen, noch dazu umrahmt von langen, dunklen Wimpern. Ich drohte sofort in ihnen zu ertrinken. Und seine Augenbrauen konnten mich innerhalb weniger Augenblicke komplett aus der Fassung hauen. Sie ließen einen hoffen, erschreckten mich und konnten doch so liebenswürdig mit seinen Augen konkurrieren. Ganz nebenbei war er angenehm mittelgroß, schlank und wie es schien echt durchtrainiert.
Auf der Fahrt nach Sülz war ich jedenfalls komplett durch den Wind.
Nur gut, dass die Straßen leer waren und ich hier jeden Bordstein persönlich kannte. Moni schwärmte nunmehr nicht nur vom Konzert, sondern vor allem von dem groß gewachsenen Gary White. Sie hatte ihrer Meinung nach klassisch mit ihm geflirtet und er war ja so charmant gewesen. Ein richtiger Mann eben.
Dabei konnte ich rational nicht einmal behaupten, dass Hamond mich ihr gegenüber bevorzugt hätte, außer vielleicht ganz zu Anfang, als Moni die Autogramme einheimste und er mir, wie mir schien impulsiv, seine Hand entgegenstreckte und mir seinen Vornamen anbot. Aber vielleicht machte er das auch immer bei halbwegs sympathischen Menschen?
Er hatte den Stuhl neben mir gewählt, wenn man aber gemeinsam an einem großen Tisch saß, dann konnte auch das purer Zufall gewesen sein und sein reizendes Kompliment eine höfliche Floskel. Müßiges hinterfragen und noch immer glühten seine Lippen auf meiner Wange.
Wir erreichten das Haus meines Onkels, Moni stieg aus.
„Mach´s gut, Cousinchen“, sagte ich zum Abschied, „und träum süß von großen Musikern.“
Sie lächelte und nickte. „Vielen Dank, Susie, ein super Abend. Du bist die beste. Das war echt der geilste Geburtstag meines Lebens.“
Ich grinste zurück. „Dir stehen ja hoffentlich noch ein Haufen bevor.
Bedanke dich lieber bei deinen Stars, dieser Abend war nicht mein Verdienst.- Tschüss.“
Tschüss, Susie, schlaf gut.“
Schlaf gut hatte sie gesagt.
Ich war todmüde, aber da war etwas, was mir keinen Schlaf gönnte, mich gnadenlos wachhielt. Mein Herz wummerte aufgebracht in mir herum, mein Hirn rotierte ohne wirklich zu denken, bis ich früh morgens aus purer Erschöpfung einschlief. Natürlich verschob sich meine Tiefschlafphase genau auf die Uhrzeit, zu der ich eigentlich aufstehen musste. Ich zögerte den letzten Moment im Bett so lange wie möglich hinaus. Verkatert fühlte ich mich auch, trotzdem ich nur ein Glas Kölsch getrunken hatte. Wahrscheinlich war der Konzertlärm schuld daran. Das war ich nicht gewöhnt. Schwerfällig stapfte ich ins Bad.
Die vergangene Nacht schien mit einem Mal vollkommen unwirklich, auch wenn bei der Erinnerung an ein Paar sensationell blaue Augen noch immer dieses zarte Gefühl in mir glühte.
Mein Handy teilte mir mit, dass Moni mir morgens um halb sieben eine Nachricht geschrieben hatte. Halb blind hielt ich mir das Handy vors Gesicht um sie zu lesen.
Guten Morgen, Susie, sag´s ehrlich, war das ein geiler Traum oder saßen wir gestern wirklich mit Mike Hamond am Tisch? Ich bin krass in Gary verknallt… Moni, saumüde und glücklich.
War es ein Traum gewesen? Konzentriert und mit müde zusammengekniffenen Augen tippte ich eine Antwort.
Kein Traum, aber traumhaft. Susie, auch saumüde.
Glücklich traute ich mich nicht zu schreiben.
Schlapp tappte ich ins Geschäft. Wie üblich stellte ich die Kaffeemaschine an, räumte ein wenig auf und zehn Minuten nach mir kam meine Mitarbeiterin und Freundin Karin.
„Guten Morgen Susie!“, schrillte sie fröhlich. „Alles fit?“
Ich nickte matt. „Morgen.“
Karin musterte mich verschmitzt von der Seite. „Hast du Monika gestern auch gezeigt, wie man sein erstes Kölsch schlürft? Du siehst aus, als sei dein letztes irgendwie schlecht gewesen.“
„Kann schon sein, dass das letzte schlecht war. Aber es war garantiert bei Moni nicht das erste ihres Lebens.“
Sie quiekte begeistert. „Hat dich das Küken etwa unter den Tisch gesoffen? - Verschärft!“
Ich lachte. „Eher sich selbst. Ich musste fahren, es gab nur ein Glas.“
„Stimmt, schade eigentlich. Ihr hättet mit der Straßenbahn fahren sollen“ Sie ließ mir einen Kaffee aus der Maschine. „Und wie war das Konzert vorher?“
Ich griff dankend nach der Tasse. „Straßenbahn wäre auf dem Heimweg schwierig geworden.“
Mein Blick schweifte zum Schaufenster hinaus auf die Straße, wo sich eine Novembersonne durch die Wolken quälte, die sicher genauso müde war wie ich. Auch das Konzert schien Lichtjahre her.
„Ach, es war ehrlich gesagt echt super“, wie beiläufig hob ich ein paar verstreute Blütenblätter auf. „Viel besser, als ich gehofft hatte.“
„Mike Hamond ist der absolut geile Superhammer. Ich wäre so gern mitgekommen.- Erzähl mal, was hat er alles gespielt?“ Ich blies die Wangen auf, erinnerte mich bei ihren Worten automatisch an seine Lippen. Definitiv, ein absolut geiler Superhammer.
„Was hat er alles gespielt?“ Ich hob ausweichend die Schultern.
„Das, was so im Radio läuft und dann sehr viel instrumentales Zeug, was ich nicht kenne und wo ich auch nicht sagen kann, wo es angefangen und wo aufgehört hat. Aber die Stücke waren echt toll.“
Irgendwie wollte ich nicht vom gestrigen Abend reden. Jetzt am hellen Tag erschien mir alles so surreal und in diesem Moment hoffte ich inständig, dass Moni nicht auf die Idee kam, nach der Schule im Geschäft vorbei zu schauen, um von Mike und Gary zu schwärmen. Das hätte mich vor Karin in bösen Erklärungsnotstand gebracht und echt gestresst. Ich sollte ihr umgehend eine Nachricht schreiben.
Die ersten Kunden betraten das Geschäft und mein Tag nahm notgedrungen seinen Lauf. Gegen Mittag wurde es wie gewöhnlich etwas ruhiger, aber mir blieb meine liebste Kundin nicht erspart. Die Frau gab in meinem Geschäft zwar ein Heidengeld für Blumensträuße und Geschenke aus, eine gnadenlos treue Stammkundin, aber sie tötete mir auch den letzten Nerv mit ihrer Unentschlossenheit und ihren sekündlich wechselnden Entscheidungen. Wenn man fünf Mal einen Strauß neu binden musste, hatte der Spaß rigoros ein Ende.
Ich ließ sie also gegen halb zwölf dank meiner Müdigkeit mit stoischer Ruhe über mich ergehen, als das Telefon klingelte. Karin nahm den Hörer, während ich der Frau zum wiederholten Mal erklärte, dass die Seidenblumen nicht wetterfest waren, also nicht im Freien hängen sollten und entsprechend nicht als Weihnachtsdeko im Garten taugten. Vergeblich versuchte ich sie vor das passende Regal mit Außendeko zu zerren.
„Susie, entschuldige bitte, es ist für dich.“
Karin mischte sich bewusst vorsichtig ein. Sie wusste nur zu gut um die gefährliche Situation und meine Laune.
„Es geht jetzt nicht“, fauchte ich verhalten, „soll später noch einmal anrufen!“
Karin zog ein gequältes Gesicht, die Kundin redete wieder wild auf mich ein. Ich bewegte entschuldigend die Hand.
„Sag, dass ich zurückrufe, lass dir die Nummer geben. Es geht jetzt wirklich nicht.“
„Aber das kann ich nicht, Susie.“ Karins Stimme klang schrill und sie schien erstaunlich durcheinander zu sein.
„Wer ist es denn?“, fragte ich genervt. Sie stellte sich doch sonst nicht so an.
„Ich weiß es nicht“, fiepte sie, „ich kann doch kein Englisch.“
Englisch, durchfuhr es mich. Augenblicklich zog sich eine Gänsehaut über meinen Rücken, ich schüttelte mich instinktiv. Das konnte unmöglich sein! Ohne ein Wort ließ ich die Frau stehen, nahm Karin betont beiläufig das Telefon aus der Hand.
„Susanne Thomann?“
„Is that you Susan?“, fragte eine bekannte Stimme am anderen Ende.
Hamond! Woher hatte er diese Nummer?
“Yes, Mike, it´s me.” Ich drehte mich um, was mir das Gefühl von etwas Privatsphäre gab, besser ich wäre gleich ins Büro gegangen. Karin half meiner Kundin weiter, also konnte ich in aller Ruhe reden.
„Sorry, störe ich dich?“, erkundigte er sich höflich.
„Nein, natürlich nicht,“ beruhigte ich ihn und merkte, wie mir schon wieder hektische Röte ins Gesicht schoss. Dafür musste der Typ also nicht einmal vor mir stehen. Mist.
„Ich…, ich wollte dich fragen, ob du Zeit und Lust hast, dir heute Abend mein Konzert in Dortmund noch einmal anzuhören? Ich würde mich sehr freuen, dich dabei zu haben.“ „Mike …?“, mir fehlten die Worte. „Wow, natürlich, sehr gern, aber ich möchte dich unter keinen Umständen stören.“ Unglaublich! Lud er mich gerade zu seinem Konzert ein?
„Unsinn, du könntest mich niemals stören, im Gegenteil. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dass wir uns wiedersehen.
Danke Susan.“
Seine Worte klangen ehrlich, mir schwirrte der Kopf. „Ich habe dir zu danken, Mike, dein Konzert gestern hat mir riesig gut gefallen.“
Er lachte leise. „Danke, das ist schön und wie gestern versprochen kann ich dann heute noch ein bisschen was drauflegen für dich. Ich hole dich gegen sechs Uhr ab, okay?“
„Okay, Mike, six o´clock“, stimmte ich zu, „bye.“
„Bye, Susan, see you.“
Er legte auf und ich stand da und wusste nicht, ob ich vor Freude lachen oder weinen sollte. Oder beides. Mein Herz raste, meine Hände waren feucht. Das konnte jetzt nicht wahr sein? Oder doch? Hektisch tupfte ich überraschende Freudentränen aus meinen Augen.
Die Kundin war weg. Keine Ahnung, ob sie etwas gekauft hatte, es war mir auch vollkommen egal. In mir tosten grad die Endorphine.
Karin musterte mich neugierig. „Wer war das denn?“
„Ein Bekannter von mir.“, antwortet ich wahrheitsgemäß und unüberhörbar ausweichend.
„Okay …?“, dehnte sie. „Seit wann kennst du denn einen Engländer?
Oder war das etwa ein Amerikaner?“
Einen Moment lang musterte ich sie, rang mit mir, aber ich wollte und konnte es ihr nicht sagen. Schließlich hatte ich selber keinen Schimmer, was das alles zu bedeuten hatte. Ich wusste nur, dass ich mich Hals über Kopf in ein paar traumhaft schöne, blaue Augen und ein paar charmante Augenbrauen verknallt hatte.
„Er ist Brite. Ich kenne ihn kaum, wir haben mal irgendwo zusammen was getrunken.“ Auch das war nicht unbedingt gelogen.
„Zier dich nicht so, Susie“, drängelte Karin, „erzähl schon! Hey, du strahlst wie ein explodiertes Atom.“
Warum auch immer, aber ich musste lachen. Da war plötzlich trotz Novembernebel eine frühlingshafte Leichtigkeit in mir.
„Man muss auch mal schweigen können, Karin, von mir erfährst du jetzt nichts! Das ist echt noch zu frisch.“
Kategorisch blockte ich alle weiteren Fragen ab, weshalb Karin zwar für den Rest des Tages eingeschnappt war, doch das berührte mich kein bisschen und ich fiel auch nicht auf ihr Aushorchmanöver ein. Ich tanzte auf einer kleinen, zartrosa Wolke.
Ausnahmsweise machte ich schon um fünf Uhr Feierabend und ließ Karin mit ihren Spekulationen über meinen Neuen allein. Wenn ich schon so eine Einladung bekam, wollte ich mich wenigstens in Ruhe etwas hübsch machen.
Doch als ich meine Wohnungstür öffnete, ging mir erst auf, dass ich Mike nicht gesagt hatte, wo er mich abholen sollte. Er hatte meine Adresse nicht. Er konnte mich gar nicht abholen! Der Schock nahm mir kurz die Luft, dann wollten sich Tränen anmelden! Keuchend stand ich im Flur. Wie konnte ich nur so dämlich sein?
Ich knallte die Tür hinter mir zu, stürzte ins Wohnzimmer und warf mich auf mein Sofa. Nicht heulen, sondern zügig nachdenken! Gab es irgendeine Chance ihn zu erreichen? Hatte Moni ihrem Gary womöglich eine Handynummer aus den Rippen geleiert, die mir jetzt weiterhelfen konnte? Hastig tippte ich eine möglichst unverfängliche Nachricht an Moni. Ihre Antwort kam umgehend und leider abschlägig.
Vielleicht rief Mike nochmals im Geschäft an, diese Nummer hatte er ja irgendwoher bekommen. Ich sollte Karin informieren. Mit zittrigen Fingern wählte ich die Geschäftsnummer.
„Karin? Ich bin´s“, haspelte ich, bevor sie sich melden konnte. „Falls mein Engländer anruft, dann sag ihm bitte, dass ich schon daheim bin.
Wenn er die Adresse grad nicht sicher weiß, dann sag sie ihm ruhig oder gib ihm meine Nummer.“
Sie war kurz still. „Okay, Susie. Aber du machst da jetzt nicht irgendein Blind Date mit einem Typen von irgendeiner Dating Plattform, oder?
Das klingt grad komisch für mich.“
Atmen, souverän wirken. Ich zauberte ein beruhigendes Lächeln in meine Stimme, gab einen amüsierten Schnaufer von mir.
„Quatsch. Der ist nur wie immer auf Geschäftsreise hier.“
Als wäre das eine Erklärung. Ich verdrehte die Augen. Halbwahrheiten waren genauso wenig meine Stärke wie Lügen.
„Ich weiß nicht, ob es das besser macht“, erwiderte Karin trocken, „aber ich will mir mal keine Sorgen machen. Er hatte eine nette Stimme.
– Schönen Abend, Susie.“
Mehr war nicht drin, denn weitere Lösungen wollte mein Hirn nicht produzieren. Einzige Möglichkeit wäre noch ein Anruf in seinem Hotel, fraglich nur, ob diese Nachricht an ihn weitergeleitet würde.
Es war jetzt kurz vor halb sechs. Eigentlich hatte ich keine Hoffnung, dass noch irgendetwas passieren würde. Wie konnte ich nur ein solcher Idiot sein? Das Supertalent im verpatzen von Einmalchancen. Trotzdem zählte ich die Minuten auf meiner Uhr.
Ich hätte mir die Haare waschen müssen, ein wenig Farbe im Gesicht hätte mir auch gutgetan. Nur wozu, er kam ja doch nicht. Halb sechs.
Unten auf der Straße fuhren Autos vorbei, aber keines hielt und aller Wahrscheinlichkeit nach würde auch den Rest des Abends keines halten.
Vor Wut trommelte ich ein wenig auf die Armlehne meines Sofas herum und stand dann entschlossen auf, um mir im Bad die Haare zu waschen. Meine Hände zitterten vor Aufregung so sehr, dass ich mich beim Schminken permanent vermalte.
Es war zehn vor sechs, als ich fertig angezogen und ziemlich verloren mitten im Wohnzimmer stand. Wieso hatte Mike denn auch nicht gefragt? Er hatte genauso wenig geschaltet wie ich. Ich war so unendlich wütend und enttäuscht und erschreckend traurig! Die Uhr ging unbarmherzig gegen sechs Uhr. Es klingelte. Spontan zur Salzsäule erstarrt stand ich in der Wohnung! Sollte er doch? Es klingelte wieder. Unmöglich, dachte ich, es konnte nur einer der Nachbarn sein. Mit steifen Schritten ging ich zur Wohnungstür und öffnete.
„Hi, Susan, are you ready?”
Ungläubig starrte ich ihn an. „Mike?“
Er musterte mich erstaunt. „Stimmt etwas nicht?“, fragte er vorsichtig.
Völlig fassungslos trat ich einen Schritt zur Seite, um ihn einzulassen.
Wir musterten uns ratlos und plötzlich fingen seine Mundwinkel an zu zucken, er prustete los, lachte schallend.
„Sorry, Susan, aber dein Gesicht war wirklich entzückend.“
Er lachte weiter. Es war das erste Mal, dass es mir bewusst auffiel. Ein schönes, ungekünsteltes Lachen. Mir war ganz seltsam zumute, auch lachen oder lieber heulen vor Freude? Ich entschied mich für die erste Möglichkeit, lachte und war unsagbar erleichtert. Mike strahlte mich mit seinen blauen Augen an. Er war zerzaust und wirkte etwas gehetzt.
„Aber“, ich holte tief Luft, „wie hast du hierher gefunden, Mike? Ich, Volltrottel, habe doch vergessen dir meine Adresse zu geben?“
„Ach, das war ganz einfach“, winkte er schmunzelnd ab. „Und du bist kein Volltrottel. Ich hätte dich schon gefragt, wenn ich die Info gebraucht hätte. Brauchte ich aber nicht.“
„Sag schon.“, drängelte ich.
Mit einem sanften Lächeln auf, griff er in seine Jackentasche und holte einen Kugelschreiber heraus.
„Hier, mein kleines Navi zur hinreißendsten Frau von Köln.“
Er hielt ihn mir direkt unter die Nase und klar, meine Wangen wurden natürlich sofort wieder heiß. Es war ein Werbekugelschreiber mit meiner Geschäftsadresse und meiner privaten Anschrift, die eigentlich dort gar nicht drauf sein sollte. Ein Fehler vom Drucker, über den ich ursprünglich wild geflucht hatte, der mich jetzt aber heftig glücklich machte.
Diese Kugelschreiber kursierten eigentlich nur in der Familie. Woher hatte er ihn also? Fragend schaute ich zu ihm hoch, seine Augen hielten mich fest und fast wäre ich in ihnen ertrunken.
„Du bist im Komplimente machen besser, als du denkst.“
Mit einem Zwinkern warf er den Kopf in den Nacken. „Du machst es mir einfach, Susan. Es ist dein Kugelschreiber, oder?“
Ich nickte wortlos, es hatte mir komplett die Sprache verschlagen.
„Ich habe ihn von Monika. Sie ließ mich damit ihre Konzertkarte unterschreiben.“
Kurz schloss ich die Augen. Natürlich, ich erinnerte mich und lachte leise. „Und du hast ihn nicht zurückgegeben!“
Er grinste zurück, betrachtete den Kugelschreiber. „Nein, es war allerdings keine Absicht. Sonst bin ich nicht dafür bekannt, fremde Kugelschreiber einzustecken und ich habe auch nicht direkt bemerkt, was für einen Schatz ich in meinen Händen hielt.“
„Wieso einen Schatz?“, erkundigte ich mich verständnislos.
Sein Grinsen vertiefte sich. „Heute Nacht habe ich überlegt, wie ich dich wiedersehen könnte. Den ganzen Abend war ich zu feige, dich nach deiner Handynummer zu fragen oder dir meine rüber zu schieben. Ich kannte nur deinen Vornamen und wusste von Monika, dass du besondere Blumensträuße kreierst. Ich Volltrottel“, er blinzelte mir zu „hatte mir aber leider nicht einmal das Kennzeichen deines Autos gemerkt und beim Grübeln hielt ich diesen Kugelschreiber in den Händen. Es hat trotzdem eine Weile gedauert, bis es in meinem Kopf Klick gemacht hat. Können wir dann gehen?“
Wie am Abend vorher wurde ich feuerrot, nickte. Hastig griff ich nach meiner Jacke und traute mich bis zum Auto kaum ihn anzuschauen. Es war ein Kleinbus auf dem in großen Buchstaben der Name Mike Hamond prangte. Passanten starrten zu uns herüber, als wir einstiegen. Kein dezentes Fahrzeug. Ich schluckte meine Aufregung so gut wie möglich hinunter, aber meine Hände blieben bei aller Konzentration trotzdem feucht und klamm. Mike sauste über die Autobahn, die Zeit drängte. Wir hatten entschieden zu lange bei mir herumgestanden und das Konzert sollte um 20 Uhr beginnen. Ohne Stau schaffte Mike die Strecke nach Dortmund in Rekordzeit.
Er parkte den Wagen hinter der Mitsubishi Electric Halle, zog mich eilig hinter sich her, an der Security vorbei durch verschiedene Gänge, in einen Raum hinter der Bühne, wo der Rest der Band schon fix und fertig nur noch auf Mike wartete.
„I´m back in a few minutes, Susan, please wait here!”
Abrupt blieb ich stehen und sagte schüchtern Hallo.