Die Autor*innen
Annika Lantz ist Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin und lehrt als Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Stockholm. Ihre Hauptforschungsinteressen sind Teamentwicklung, Führung und Innovationsprozesse. Daneben arbeitet sie als Beraterin für Fritz Change AB und war als Psychotherapeutin in eigener Praxis tätig.
Daniela Ulber ist Diplom-Psychologin, Kommunikationswirtin und systemische Therapeutin und als Professorin für Institutionsentwicklung und Management an der HAW Hamburg tätig. Ihre Interessen liegen in den Bereichen Qualitätssicherung, Organisationsdiagnostik, Führung sowie Organisations- und Teamentwicklung. Darüber hinaus ist sie freiberuflich als Coach und Dozentin für Leitungskräfte im Bildungsbereich tätig.
Peter Friedrich, Dr. Ing., ist Senior Consultant bei Fritz Change AB, Schweden, mit Expertise in den Bereichen Organisationsentwicklung, Aktionsforschung und interkulturelle Studien zu Innovationsprozessen. Er ist Diplom-Wirtschaftsingenieur (Maschinenbau) und war 20 Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Swedish National Institute of Occupational Health and Safety und an der Wiesbaden Business School tätig.
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-035689-4
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-035690-0
epub: ISBN 978-3-17-035691-7
mobi: ISBN 978-3-17-035692-4
In diesem Buch wird beschrieben, wie mithilfe einer systematischen und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauenden Vorgehensweise häufig auftretende Probleme bei der Teamarbeit gelöst werden können. Das Buch basiert auf einer umfassenden Übersicht über Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Teamarbeit. Im Hinblick darauf, dass die Verfasser*innen selbst auf diesem Gebiet forschend tätig sind, mag dies selbstverständlich erscheinen. Dennoch stellt evidenzbasierte Praxis bei der Einführung und Entwicklung effektiver Teamarbeit leider eher die Ausnahme als die Regel dar. Ausgangspunkt des Buchs sind häufig auftretende Probleme, mit denen Teams und ihre Führung konfrontiert sind. Diese Herangehensweise ist das Ergebnis unserer langjährigen konsultativen Arbeit und der Erfahrung, dass es ein Problem damit gibt, wie Probleme der Teamarbeit angegangen werden, d. h. mit dem eigentlichen Problemlösungsprozess. Wir möchten mit fundiertem Wissen dazu beitragen, Problemursachen auf Basis von Erkenntnissen der empirischen Forschung zu erkennen, und aufzeigen, wie man Schritt für Schritt diese Ursachen bearbeiten und das Problem lösen kann. Außerdem möchten wir Wissen darüber vermitteln, wie Teams funktionieren und wie Teamberatung auf der Basis ethischer und professioneller Standards erfolgen kann. Darüber hinaus werden Interventionen zur Teamentwicklung und Problemlösung beschrieben, die das Ziel verfolgen, die Arbeit von Teams so zu verändern, dass sie in ihrem Zusammenspiel ihre Ressourcen optimal nutzen können.
Zielgruppe dieses Buchs sind Studierende, die mit den Themen Teamarbeit befasst sind, wie auch Praktiker*innen, die in und mit Teams arbeiten oder Teams beraten. Es umfasst sowohl grundlegendes und erklärendes Wissen über den theoretischen Hintergrund als auch konkrete Hinweise zur systematischen Entwicklung von Teamarbeit mittels gezielt ausgewählter und gestalteter Interventionen.
Organisationen, die auf Beratungsleistungen zurückgreifen, um Teamarbeit einzuführen und zu optimieren, müssen wissen, worauf es bei qualitativ guter Beratung ankommt. Das vorliegende Buch stellt auch eine Art Anforderungsliste dar, wie gute Teamberatung aussieht, so dass Kriterien für die Auswahl einer adäquaten Beratungsleistung bekannt sind und an Beratungsfirmen kommuniziert werden können. Es gibt leider meist keine schnellen, einfachen Lösungen, die im Handumdrehen greifen.
In diesem Buch werden häufig im Kontext von Teamarbeit auftretende Probleme behandelt, z. B. dass es ein Team gibt, aber keine Teamarbeit, Konflikte in Teams oder dass sich ein Team nicht an neue Situationen anpasst. Die einzelnen Problembereiche werden mit authentischen Fallstudien illustriert. Wir haben Fälle mit ganz unterschiedlichen Teamtypen ausgewählt, z. B. heterogene Teams, die mit sozial benachteiligten Jugendlichen arbeiten, Führungsteams und virtuelle Teams. Theoretische Grundlagen werden mit praktischer Umsetzung gekoppelt und für die Ursachen konkreter Probleme werden Hinweise in den Ergebnissen aktueller Forschungsprojekte gesucht. Dabei ergibt sich in jedem Kapitel eine kognitive Landkarte zu möglichen Ursachen für Probleme im Themenbereich dieses Kapitels. Dies ist dann Ausgangspunkt dafür, effektive Interventionen auszuwählen und durchzuführen. Die Ausführungen zur Ursachenanalyse enthalten Zusammenstellungen aktueller Forschungsergebnisse und mögen mehr Geduld, Ausdauer und Entdeckerlust erfordern als herkömmliche Beratungsliteratur, die vereinfachte, rezeptartige Lösungsschemata enthält, die dann aber häufig nicht zur Komplexität der organisationalen Wirklichkeit passen. In diesem Buch wird Teamarbeit nicht unkritisch als Allheilmittel für alle Probleme betrachtet, sondern es wird aufgezeigt, was für effektive Teamarbeit wichtig ist und wie sie entwickelt werden kann.
Es ist unser Wunsch, dass die Lektüre dieses Buches – trotz seines theoretischen Tiefgangs – stimulierend für alle ist, die sich mit der schwierigen Kunst der Entwicklung von Teamarbeit befassen.
Initiatorin und Hauptautorin des Buches ist Annika Lantz, sie ist hauptverantwortlich für die Kapitel I, II, III, V und VII sowie Mitverfasserin von Kapitel XI. Daniela Ulber ist hauptverantwortlich für die Kapitel IV, VI und VIII sowie Mitverfasserin von Kapitel XI. Hauptverantwortlich für die Kapitel IX und X ist Peter Friedrich, er ist zudem Mitverfasser von Kapitel XI.
Besonderer Dank gilt den vielen Teams und Manager*innen, die mit uns kooperiert und uns dabei die Gelegenheit gegeben haben, Beispiele für Teamarbeit im wirklichen Leben zu finden. Unser Dank gilt zudem Claudius Riegler, der mit seinem enormen Wissen über den Stand der Forschung und die Forschungspolitik auf unserem Gebiet in Deutschland und Europa sowie durch eine sorgfältige Lektorierung größerer Teile des Buches zur inhaltlichen und sprachlichen Qualität beigetragen hat.
Häufig wird der Leitsatz »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile« zur Begründung für die Implementierung von Teamarbeit herangezogen. Aber führt Teamarbeit zu besseren Ergebnissen für die Organisation, das Team und die Mitarbeiter*innen als individualisierte Arbeit? Dies ist eine zentrale Fragestellung, da die folgenden Kapitel auf der Annahme basieren, dass sich die Einführung und Förderung von Teamarbeit lohnt. Das allgemeine Ziel des Buches ist es, darzustellen, wie effektive Teamarbeit umgesetzt und unterstützt werden kann. In diesem Kapitel werden zuerst Gründe für Teamarbeit und deren Effekte beschrieben. Dann wird das Konzept der Teameffektivität diskutiert, dabei wird zwischen effektiveren und weniger effektiven Teams unterschieden. Jedes Team ist anders und Teamarbeit ist ein dynamischer Prozess sozialer Interaktion, der in einem organisationalen Kontext stattfindet. Deshalb kommt ein Modell für effektive Teamarbeit zur Darstellung, das diesen Kontext berücksichtigt. Das Modell wird auch in späteren Kapiteln genutzt, um unterschiedliche Kernprobleme der Teamarbeit zu behandeln und adäquate Lösungen aufzuzeigen.
Im Folgenden werden zwei Begründungsmuster für organisationale Teamstrukturen ausgeführt: die evolutionsbedingte soziale Natur des Menschen sowie Effektivitätsgesichtspunkte.
Im Laufe der gesamten Evolution haben Menschen in Familien und Gruppen gelebt und gearbeitet. Es hat sich gezeigt, dass es lohnender und effektiver ist, gemeinsam statt isoliert zu handeln – sei es bei der Jagd, beim Bau von Behausungen oder bei der Erziehung von Kindern. Maslow (1943) hat grundlegende menschliche Bedürfnisse, z. B. nach Liebe und Wertschätzung, als Motive identifiziert. In der von ihm entwickelten Bedürfnispyramide bilden physiologische und sicherheitsbezogene Bedürfnisse die Basis. Soziale und selbstwertbezogene Bedürfnisse sind höher in der Pyramide situiert, an der Spitze steht das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Diese höheren Bedürfnisse sind gemäß dem Modell nicht überlebensnotwendig. Lieberman, ein Psychologe und Neurowissenschaftler, argumentiert dagegen: »Our biology is built to thirst for connection because it is linked to our most basic survival needs.« (Lieberman 2013, S. 43). Der Autor erläutert, wie drei zentrale Adaptionen im Gehirn dazu führen, dass Individuen mit der sozialen Welt verbunden sind, Vorteile aus sozialen Verbindungen ziehen und Gruppen bilden sowie in ihnen arbeiten. Im Laufe der Evolution haben sich Säugetiere so entwickelt, dass sie positive und negative soziale Emotionen empfinden. Auch das menschliche Wohlbefinden ist mit dem Wunsch gekoppelt, sozial verbunden zu sein. Primaten haben die Fähigkeit entwickelt, Gedanken und Gefühle anderer zu erkennen. Diese Fähigkeit ermöglicht es, strategisch zu interagieren und die Bedürfnisse anderer zu antizipieren – ein wesentlicher Bestandteil von emotionaler Intelligenz. Neuronale Anpassungen im Laufe der Evolutionsgeschichte ermöglichen es Menschen, von anderen beeinflusst und sozialisiert zu werden. Harmonisierung ist für die Interaktion in Gruppen unerlässlich.
Viele Organisationen strukturieren ihre Arbeit in Teams – auf Basis der Annahme, dass dies für die Effektivität des Unternehmens förderlich ist. Die Gründe für die Implementation von Teamarbeit lassen sich in drei Hauptkategorien zusammenfassen:
• (Leistungs-)intensivere Arbeit: Die Gruppendynamik in Teams kann dazu führen, dass die Teammitglieder von sich aus mehr arbeiten, da Zusammenarbeit auf ein gemeinsames Ziel hin motivierend wirkt. Zu sehen, was andere tun, und sich gegenseitig zu beobachten, kann zudem den Wunsch hervorrufen, sich selbst positiv darzustellen. Gruppendruck kann sich auch negativ auswirken, denn eine enge Kooperation kann dazu führen, dass sich die Teammitglieder gegenseitig überwachen und starken Druck aufeinander ausüben (Goodwin, Blacksmith & Coats, 2018).
• Kompetentere Arbeit: Salas, Burke und Cannon-Bowers (2000) argumentieren, dass Teamarbeit effizientere Arbeit ermöglicht. Teams können komplexere Aufgaben übernehmen als Einzelpersonen. Die Teammitglieder ergänzen sich und bringen unterschiedliche und sich ergänzende Kompetenzen und Fertigkeiten mit, sie helfen sich gegenseitig, stellen gegenseitige Unterstützung sicher, überwachen den gemeinsamen Arbeitsfortschritt und gleichen die Arbeitsbelastung der Einzelnen aus. Die Teammitglieder können zudem die Situation im Auge behalten sowie die Umgebung beobachten und auf dieser Basis bei Bedarf ihre Arbeitsabläufe anpassen (Goodwin et al., 2018). West (2012) argumentiert, dass Teamarbeit Innovationen und Veränderungen unterstützt, da die Teammitglieder unterschiedliche Sichtweisen, Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Eine teamorientierte Organisation kann so zu Effizienzsteigerungen führen (z. B. geringere Kosten und Prozesszeiten). Auf dieser Grundlage können Entscheidungen, Vorschläge und Prozesse aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert und zudem neue Ansätze und Verfahrensweisen entwickelt werden.
• Organisationale Veränderungen und Entwicklungen: In den letzten Jahrzehnten sind Organisationsumwelten turbulenter und dynamischer geworden. Organisationen müssen flexibel agieren, um sich an neue Anforderungen anzupassen. Eine Teamstruktur passt gut zu diesen Anforderungen, da Teams bedarfsgerecht zusammengesetzt und eingebunden werden können. Durch die Dezentralisierung von Entscheidungen in Teams kann die Anzahl der Vorgesetzten und mittleren Führungskräfte reduziert werden. Eine flachere Hierarchie hat wiederum positive Auswirkungen auf die Reaktionszeit auf externe Veränderungen. Darüber hinaus können Teams bevorstehende Veränderungen im externen Umfeld erkennen und sich anpassen, um proaktiv sicherzustellen, dass Reaktionen auf diese Änderungen realisiert werden. Auch Lean-Management basiert auf der Idee, dass Teamarbeit eine zentrale Grundlage für Prozessinnovationen ist (Netland & Aspelund, 2013).
Manchmal wird die Bezeichnung Team auch für Mitarbeiter*innen gewählt, die lose miteinander verbunden sind, bei ihrer Arbeit kaum miteinander kommunizieren und die Arbeitsaufgaben individuell ausführen. Zwar verlaufen die Arbeitsabläufe der verschiedenen Personen auch dann häufig koordiniert, dennoch hängen die Mitarbeiter*innen bei der Ausführung der Aufgaben nicht voneinander ab. In solchen Fällen bedeutet »ein Team sein« oft, dass individuell ausgeführte Tätigkeiten zusammengefasst werden, oder aber, dass die Mitarbeiter*innen sich gegenseitig helfen. Es ist wichtig, Arbeitsteams von anderen Gruppierungen in Organisationen zu unterscheiden, da lockere Gruppierungen von Individuen mit geringer Interaktionsnotwendigkeit (z. B. Mitarbeiter*innen einer Vertriebsabteilung) keine Interaktionsmuster entwickeln, um die oben beschriebenen positiven Resultate von Teamarbeit zu erzielen. Zunächst geht es deshalb um die Definition des Begriffs Team.
In der organisationspsychologischen Literatur werden Teams meist in Einklang mit der Definition von Kozlowski und Bell (2013) als Gruppen beschrieben, die
• aus zwei oder mehr Individuen bestehen,
• ein oder mehrere gemeinsame Ziele teilen,
• gebildet wurden, um relevante Aufgaben der Organisation auszuführen, bei deren Bearbeitung die Teammitglieder gegenseitig voneinander abhängig sind,
• sozial interagieren,
• abgegrenzt und gleichzeitig in einen organisatorischen Kontext eingebettet sind, welcher das Team ein- und abgrenzt und die Interaktion mit anderen organisatorischen Einheiten beeinflusst.
West und Lyubovnikova (2012) haben vier Merkmale identifiziert, anhand derer Teams von »Pseudo-Teams« unterschieden werden können. »Pseudo-Teams« sind Gruppen, deren Mitglieder ihre Arbeit hauptsächlich individuell verrichten. Teams dagegen sind durch eine spezifische Art der Interaktion gekennzeichnet:
Reflexivität: Teams diskutieren, reflektieren, bewerten ihre laufende Arbeit und Kooperation. Sie überprüfen ihre Leistung systematisch, während sich die Kommunikation von Pseudo-Teams eher auf den Austausch von Informationen zur Koordination einzelner Aufgaben beschränkt. Teams reflektieren gewohnheitsmäßige Routinen, wie z. B. die Koordination der Arbeit und wie diese Routinen die Effektivität und Zufriedenheit beeinträchtigen. Dies beinhaltet auch die Möglichkeit, ein gemeinsames Verständnis der Aufgaben und der zu erbringenden Leistung zu entwickeln.
Interdependenz: Arbeitsaufgaben variieren stark in Bezug darauf, wie eng die Teammitglieder zusammenarbeiten müssen, um sie zu erfüllen ( Kap. III). Die Interdependenz der Aufgaben ist der Grad, in dem die Mitglieder des Teams gegenseitig voneinander abhängig sind. Hohe Aufgabeninterdependenz bedeutet, dass die Teammitglieder hauptsächlich in enger Zusammenarbeit an Teilaufgaben arbeiten, die koordiniert und auf die Gesamtziele ausgerichtet sind. Die Interdependenz der Aufgaben stellt Anforderungen an kollektive Regulationsprozesse und es bedarf eines gemeinsamen Verständnisses darüber, was zu tun ist und wie dabei vorzugehen ist. Eine geringe Interdependenz bedeutet, dass man während der Arbeit wenig gemeinsam handelt und es daher kaum Anlass gibt, ein gemeinsames Verständnis darüber zu entwickeln. In Kapitel III und V wird dieses Thema vertieft.
Geteilte Ziele: In Pseudo-Teams fehlt ein gemeinsames Verständnis darüber, was das Ziel ist und worauf das Team hinarbeiten sollte. Ein Team dagegen hat ein gemeinsames Verständnis von einem gemeinsamen Ziel, das reguliert, in welcher Art die verschiedenen Teammitglieder handeln.
Verbundenheit: In einem Team identifizieren sich die Mitglieder mit ihrem Team. Pseudo-Teams sind in so einem Maße durchlässig, dass Unsicherheit darüber besteht, wer Teil des Teams ist und wer nicht. Der Zusammenhalt ist gering. Wenn die Teammitglieder kein Gefühl der Zugehörigkeit zum Team haben, sind sie weniger motiviert, zum Teamerfolg beizutragen, und investieren weniger in den Aufbau von Beziehungen zu den anderen. Mit fließenden Grenzen und mehreren Teamzugehörigkeiten sind Teammitglieder in unterschiedlichem Maße an verschiedene Teams gebunden. Eine Bindung an mehrere Teams und zu mehreren Personen ist aber dennoch möglich.
Manche Berater*innen verkaufen Produkte in Standardversionen, wie z. B. Interventionen, die als leistungssteigernd für jedes beliebige Team vermarktet werden. Das würde bedeuten, dass alle Teams sich mehr oder weniger gleichen und der Kontext keine Rolle spielt. Dem ist jedoch nicht so – Teams werden in ganz unterschiedlicher Art gebildet. Salas, Reyes und McDaniel (2018) weisen darauf hin, dass zahlreiche Faktoren Zusammensetzung und Interaktionen in Teams beeinflussen. Teams unterscheiden sich in mehreren Aspekten, was wiederum Auswirkungen auf deren Prozesse und Ergebnisse hat. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Lösung von Problemen und die Gestaltung von Interventionen in Teams. Jedes Team ist in individueller Weise zusammengestellt, damit es einen bestimmten Zweck in einem spezifischen Kontext erfüllt. Es ist deshalb nicht möglich, eine Auflistung aller Arten von verschiedenen Teams zu erstellen und dafür rezeptartig jeweils bestimmte Lösungen zu benennen. Es ergibt mehr Sinn, allgemeine Mechanismen für eine reibungslose Teamarbeit zu identifizieren.
Individuelle Arbeit bezieht sich auf die Leistungskomponente von Teammitgliedern, die keine wechselseitig voneinander abhängigen (interdependenten) Interaktionen mit anderen Teammitgliedern erfordert. Teamarbeit dagegen ist als interdependente Leistungskomponente definiert und beinhaltet kooperatives Handeln, das den Umgang mit den Aufgabenzielen erleichtert und eine koordinierte, angepasste Leistungserbringung ermöglicht (van der Haar, Segers & Jehn, 2013). Sie umfasst alle Arten von Teamprozessen, die sich aus zueinander in Beziehung stehenden individuellen Gedanken, Gefühlen und Handlungen ergeben, welche für das Funktionieren als Team erforderlich sind (Salas, Sims & Burke, 2005). Schlüsselaspekte sind Koordination und Adaption: Das Team muss die Aufgabe koordiniert ausführen und routinisierte Abläufe modifizieren, um sich an Veränderungen und neue Anforderungen anzupassen.
Die Teammitglieder sind im Arbeitsprozess bei der Aufgabenbearbeitung und Ergebnisbewertung voneinander abhängig. Deshalb müssen sie kooperieren, Informationen teilen, integrieren, synthetisieren, koordinieren, ihre Ergebnisse und Arbeitsprozesse reflektieren, und zwar sowohl während als auch im Anschluss an Leistungsepisoden. Dabei engagieren sie sich sowohl in Arbeitsaufgaben-bezogenen als auch in interpersonellen Prozessen. Aufgabenbezogene Arbeit besteht aus den Tätigkeiten des Teams zur Aufgabenerfüllung. Interpersonell bezieht sich auf zwischenmenschliche Prozesse, die sich im Laufe der Zeit entwickeln, wie z. B. der Aufbau von Vertrauen, Zuversicht und einer freundlichen Atmosphäre ( Kap. V, Kap. VI, Kap. VII).
Teams entwickeln routinisierte Interaktionsmuster in Bezug darauf, wie sie denken, fühlen und handeln. Nach und nach entstehen aus den Prozessen emergente Zustände: habitualisierte Denkweisen, relativ stabile affektive Zustände und typische Verhaltensmuster. Mit der Zeit verändern sich diese emergenten Zustände bzw. Phänomene: Wenn Teammitglieder und Teamleitungen in neue Situationen kommen, sich an diese anpassen und neue Informationen integrieren, denken, fühlen und verhalten sie sich anders. Kozlowski und Ilgen (2006) beschreiben emergente Zustände als Indikatoren für die Art und Qualität der Teamprozesse. Sie sind ein Echo wiederholter Prozessinteraktionen, wurden durch vergangene Prozesse geprägt, regulieren die gegenwärtigen und formen zukünftige Prozesse. De Church und Mesmer-Magnus (2010) definieren Teamprozesse als Art und Weise der Teaminteraktion, wohingegen emergente Zustände eine effektive Teamarbeit ermöglichen und regeln. Prozesse werden ebenso wie emergente Zustände meist in verhaltensbezogen, affektiv und kognitiv kategorisiert.
Teamprozesse werden in der Organisationsforschung je nach Ansatz und theoretischem Fokus unterschiedlich kategorisiert. Ein Ansatz besteht darin, zwischen einer Handlungs- und einer Übergangsphase zu unterscheiden. Basierend auf Marks, Mathieu und Zaccaro (2001) beschreiben Maynard, Kennedy und Sommer (2015), was Teammitglieder in Handlungsphasen tun: Sie konzentrieren sich auf die Aufgabenerfüllung, überwachen dabei den Fortschritt, koordinieren sich untereinander und beobachten und unterstützen sich gegenseitig.
Übergangsphasen treten ein, wenn ein Team von einer Leistungsepisode zur nächsten wechselt und diese Phase für eine kritische Reflexion der bisherigen Erfahrungen der Zusammenarbeit nutzt, um sinnvolle Veränderungen herbeizuführen. Die Teammitglieder führen in diesen Zusammenhang Auftragsanalysen, Planungen, Zielklärungen und -spezifikationen durch und entwickeln Strategien für die Zukunft (Marks et al., 2001; Maynard et al., 2015). Diese Phasen können sequenziell nacheinander oder auch parallel erfolgen. Konradt, Otte, Schippers und Steenfatt (2016) argumentieren, dass Reflexivität als Prozess sowohl in der Übergangs- als auch in der Handlungsphase stattfindet.
Teamarbeit bedeutet, dass ein Team eine Aufgabe ausführt, indem es sie gemeinsam und interdependent bearbeitet. Psychosoziale Prozesse werden kombiniert, damit durch koordinierte und adaptive Leistungen Aufgabenziele erreicht werden, die zu wertschöpfenden Ergebnissen führen. Ein emergenter Zustand ist ein mehr oder weniger stabiles Merkmal des Teamprozesses, welches man zu einem bestimmten Zeitpunkt erfasst bzw. beobachtet. Emergente Zustände regulieren die gegenwärtigen und formen zukünftige Prozesse. Während der Übergangsphase ermöglichen spezifische Teamprozesse die Veränderung habitualisierter Routinen und eine Adaption an neue Anforderungen ( Kap. VII).
Menschen unterscheiden sich in ihrem Wissen, ihren Fähigkeiten, Qualifikationen, Erfahrungen, Persönlichkeitsmerkmalen und anderen individuellen Faktoren. Wenn sie kooperieren, können sie sich ergänzen und diese Ressourcen gemeinsam nutzen. Aber ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile? Ermöglicht Teamarbeit bessere Ergebnisse auf den Ebenen der Organisation, des Teams und der einzelnen Personen als individuelle Arbeit?
In der Arbeitspsychologie ist das Prinzip der sozialen und gesellschaftlichen Einbindung in Form von Kommunikation, sozialer Kooperation und unmittelbaren sozialen Kontakten ein wichtiges Kriterium für humane Arbeitsbedingungen (Ulich & Weber, 1996; Volpert, 1992).
Es gibt zahlreiche empirische Studien, die positive Auswirkungen sozialer Unterstützung bei der Arbeit auf die psychische Gesundheit und die allgemeine Qualität des Arbeitslebens belegen (de Lange, Taris, Kompier, Houtman & Bongers, 2003; Stansfeld & Candy, 2006; Taris & Kompier, 2014). Andererseits können soziale Bedürfnisse auf unterschiedliche Weise erfüllt werden. An den meisten Arbeitsplätzen unterstützen Mitarbeiter*innen einander, unabhängig davon, ob sie in Teams arbeiten oder nicht. Mehrere Studien aus den letzten Jahrzehnten belegen konkrete Ergebnisse von Teamarbeit auf der individuellen Ebene anhand unterschiedlicher Kriterien wie Produktivität (z. B. O’Reilly & Roberts, 1977), individuelle Beiträge zum Team (z. B. Price, Harrison & Gavin, 2006), Hilfeverhalten (z. B. Gonzalez-Mulé, DeGeest, McCormick, Seong & Brown, 2014) und reduzierte Abwesenheitsquote (z. B. Duff, Podolsky, Biron & Chan, 2014; Mathieu & Kohler, 1990).
Reaktionen der Teammitglieder wie veränderte arbeitsbezogene Einstellungen werden häufig zusammen mit den Ergebnissen von Teamarbeit untersucht, beispielsweise Arbeitszufriedenheit (z. B. Pritchard, Jones, Roth, Stuebing & Ekeberg, 1988; Rasmussen & Jeppesen, 2006; van der Vegt, Emans & van de Vliert, 2001), die Absicht, die Stelle zu wechseln (z. B. Chen, Sharma, Edinger, Shapiro & Farh, 2011) und reduzierte Depressionssymptome (z. B. Parker, 2003). Viele Studien werden im Gesundheits- und Pflegesektor durchgeführt, da funktionierende Kooperation essenziell für gute Pflege ist. Z. B. zeigen Kristensen et al. (2015) in ihrer Studie, dass Teamarbeit die Wahrnehmung der allgemeinen Arbeitsqualität von Pflegepersonal beeinflusst. Fay, Shipton, West und Patterson (2014) belegen konsistent, wie sich Teamarbeit im Zusammenspiel mit Personalentwicklungsmaßnahmen auf Outputs in Form von Einstellungen im Gesundheitsbereich auswirkt.
In Übereinstimmung mit früheren Untersuchungen fördert die gegenseitige Unterstützung in Teams die Gesundheit und reduziert Stress sowie Burnout-Raten (van Dick & Haslam, 2012). Für teilautonome Arbeitsgruppen berichten Ulich und Weber (1996) eine Verbesserung von Fertigkeiten und Qualifikationen, eine Reduzierung von einseitigen Belastungen und Stress sowie als Reaktion eine hohe intrinsische Motivation.
Arbeitsmotivation ist ein psychologischer Prozess, der beeinflusst, wie persönliche Anstrengungen und Ressourcen im Arbeitshandeln eingesetzt werden, was auch Ausrichtung, Intensität und Ausdauer des Handelns beinhaltet (Kanfer, Chen & Pritchard, 2008). Intrinsische Motivation ist der individuelle und selbstbestimmte Wunsch, etwas zu tun, Herausforderungen zu suchen und Kompetenzen zu erlangen. Sie wird durch das Interesse an der Aufgabe selbst und nicht durch externen Druck oder Belohnungen (wie bei der extrinsischen Motivation) ausgelöst. In der Untersuchung von Gillet, Morin, Ndiaye, Colombat und Fouquereau (2020) über den Einfluss unterschiedlicher Arten von Motivation auf die Arbeitsleistung wurde gezeigt, dass von extrinsischer Motivation gesteuerte Mitarbeiter eine niedrigere Arbeitsleistung und ein größeres maladaptives Verhalten zeigen als solche mit intrinsischer Motivation. Bacon und Blyton (2003) belegen in einer Längsschnittstudie, dass sich die Arbeit in Teams positiv auf die Wahrnehmung der individuellen Entwicklung von Fertigkeiten auswirkt, was auch weitere Befunde unterstützen. Delarue, van Hootegem, Procter und Burridge (2008) zeigen in einer Studie, dass der groß angelegte Einsatz von Teamarbeit zu weniger Fehlzeiten führt, während eine Untersuchung von Glassop (2002) ergibt, dass Organisationen mit Teams eine geringere Mitarbeiterfluktuation aufweisen. In einer Metaanalyse1 zeigen Richter, Dawson und West (2011), dass Menschen, die in Teams arbeiten, ein höheres Ausmaß an Commitment und Involviertheit berichten und weniger Stresssymptome aufweisen als Personen, die nicht in Teams organisiert sind. Diese Zusammenhänge konnten wiederholt repliziert werden.
Eingangs wurde bereits beschrieben, dass ein Team mit der Zeit bestimmte ›Gewohnheiten‹ bzw. Routinen des Denkens, Fühlens und Handelns entwickelt, die sogenannten emergenten Zustände. Emergente Zustände werden als Outcomes für das Team selbst gesehen. Allerdings stellt sich dabei die Frage, was das Huhn und was das Ei ist: Einige Konzepte sehen emergente Zustände als Output, der im Laufe der Zeit aus Erfahrungen mit der gemeinsamen Teamarbeit resultiert, andererseits können sie aber auch als Zustand betrachtet werden, der die Interaktion eines Teams charakterisiert. So wird die Selbstwirksamkeit eines Teams als Outcome gut funktionierender Teamarbeit bezeichnet, aber sie bildet gleichzeitig einen emergenten Zustand der Teaminteraktion. Individuelle Selbstwirksamkeit ist definiert als ein persönliches Urteil darüber, wie gut man dazu in der Lage ist, zukünftige Situationen erfolgreich zu bewältigen (Bandura, 1982). Die Selbstwirksamkeit eines Teams (oder auch Teamwirksamkeit) bezeichnet dasselbe auf einem kollektiven Niveau (Gully, Incalcaterra, Joshi & Beaubien, 2002). Selbst- und Teamwirksamkeit hängen mit Vertrauen zusammen. Stajkovic (2006) konzeptualisiert Selbstwirksamkeit als eine manifeste Variable des Kernvertrauens, welches Hoffnung, Selbstwirksamkeit, Optimismus und Resilienz umfasst. Vertrauen ist der Glaube eines Individuums (oder eines Teams) an die Fähigkeit, die Anforderungen der Arbeit in einem bestimmten Bereich sowie die damit verbundenen Aktivitäten zu bewältigen. Ohne ein solches Vertrauen übernimmt ein Team keine anspruchsvolleren Aufgaben und verlässt seine Komfortzone nicht. Vertrauen ist das Ergebnis früherer Erfahrungen mit der erfolgreichen Bewältigung verschiedener Aufgaben im Team.
Teamwirksamkeit sollte entsprechend Einfluss darauf nehmen, was ein Team tut (Zielsetzung), wie hartnäckig es beim Auftreten von Hindernissen und deren Überwindung ist und wie viel Aufwand es in die Arbeit investiert. Entsprechend wird angenommen, dass Teamwirksamkeit sich auf das Verhalten des Teams auswirkt. Die Metaanalyse von Gully et al. (2002) stützt diese Annahme. Sie zeigt eine signifikante Korrelation2 von ρ = .41 zwischen Teamwirksamkeit und Teamleistungsoutcomes.
Einige Wissenschaftler*innen, z. B. Sy, Côté und Saavedra (2005), betrachten das affektive Gruppenklima als Outcome von Teamarbeit. Ebenso kann argumentiert werden, dass es sich dabei um ein Merkmal der Teaminteraktion handelt. Kohäsion ist ein weiteres Beispiel, auch diese wird von einigen Autoren als Outcome von Teamarbeit eingeordnet (z. B. Greene & Schriesheim, 1980; Gully, Devine & Whitney, 2012). Kohäsion wird aber auch als Konzept verwendet, um die Kräfte zu beschreiben, die ein Team zusammenhalten, und somit als Merkmal der Interaktion. Kohäsion umfasst das Commitment der Teammitglieder für das Team und das Ergebnis aller Kräfte, die auf die Mitglieder dahingehend einwirken, dass sie in der Gruppe bleiben (Festinger, 1950). Die Ergebnisse einer Metaanalyse von Beal, Cohen, Burke und McLendon (2003) ergeben stärkere Zusammenhänge zwischen Kohäsion und Leistung, wenn Leistung als Verhalten definiert wird (und nicht als Outcome). In einer weiteren Metaanalyse von Mathieu, Kukenberger, D’Innocenzo und Reilly (2015) zur Beziehung zwischen Kohäsion und Leistungskriterien zeigt sich, dass diese im Zeitverlauf wechselseitig zueinander in positiver Beziehung stehen. Was war also zuerst da – das Huhn oder das Ei? Auch Teamlernen ist Teil der Teaminteraktion und kann ebenfalls als Outcome betrachtet werden, zumindest zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wenn Teammitglieder ihr Wissen teilen und in einen gegenseitigen Lernprozess eintreten, erzeugen sie Wissen (West, 2012). Wissen kann wiederum als Outcome gesehen werden, der gleichzeitig Einfluss auf zukünftige Leistungsepisoden nimmt.
Die erwähnten Konstrukte können demnach sowohl als Beschreibungen der Teaminteraktion als auch als Outcomes dieser Interaktion betrachtet werden. Es gibt einen wachsenden Konsens darüber, dass Team-Viabilität ein Outcome von Teamarbeit ist. Team-Viabilität wird definiert als die Fähigkeit eines Teams zu Nachhaltigkeit und Wachstum, das für den Erfolg in zukünftigen Leistungsepisoden erforderlich ist (Bell & Marentette, 2011). Manche kennen vielleicht das Gefühl der Erleichterung nach Abschluss eines Projekts in einem nicht gut funktionierenden Team. Team-Viabilität bezeichnet das genaue Gegenteil – sie befördert Ideen darüber, welche anspruchsvolleren Aufträge als nächstes gemeinsam als Team bearbeitet werden können. Team-Viabilität wird auf Teamebene durch Teamprozesse wie Kohäsion, Koordination, gute Kommunikationsmöglichkeiten und Problemlösung befördert (z. B. Druskat & Wolff, 1999; Kozlowski & Bell, 2013). Die Proaktivität eines Teams hängt mit seiner Viabilität zusammen und ist ein wichtiger Outcome der Teaminteraktion, der mit organisationalem Change und Organisationsentwicklung korreliert (Barker, 1993; Lantz Friedrich, Sjöberg & Friedrich, 2016). Teamproaktivität ist definiert als freiwillige und konstruktive Bemühungen eines Teams, funktionale Veränderungen der Arbeitsausführung im Kontext des Arbeitsauftrags, der Arbeitseinheit oder der Organisation zu bewirken (Lantz, 2011). Eine aktuelle Literaturstudie zeigt, dass Proaktivität sowohl von Individuen als auch von Teams durch gute Führung, Unterstützung des Teams, positives Organisationsklima und effektive Teamprozesse gefördert wird (Cai, Parker, Chen & Lam, 2019). Insbesondere Teamlernen beeinflusst die Neigung, über vorgegebene Aufgaben hinauszugehen und sich proaktiv an Entwicklungs- und Veränderungsaktivitäten zu beteiligen (Lantz Friedrich et al., 2016).
Delarue et al. (2008) beschreiben in einer Forschungsreview zahlreiche Studien zu den Zusammenhängen zwischen Teamarbeit und deren Outcomes, die unterschiedliche Indikatoren anwenden. Zur Systematisierung der Ergebnisse unterscheiden die Autor*innen zwischen operationalen Outcomes für die Organisation und finanziellen Outcomes. Erstere umfassen Produktivität (z. B. die Anzahl der Stunden für das Zusammenbauen eines Getriebes), Produkt- oder Dienstleistungsqualität, Innovation, Flexibilität und Kundenzufriedenheit. Die finanziellen Outcomes beinhalten Wertschöpfung pro Mitarbeiter*in, Verzinsung des eingesetzten Kapitals und Rentabilität.
In Analysen der Teaminteraktion wurden verschiedene Faktoren identifiziert, die mit messbaren Outcomes wie Produktivität (z. B. McEwan, Ruissen, Eys, Zumbo & Beauchamp, 2017; Pepinsky, Pepinsky, Minor & Robin, 1959), Effizienz (z. B. Shuffler, Pavlas & Salas, 2012; Wiest, Porter & Ghiselli, 1961), Arbeitsqualität (z. B. Maier & Hoffman, 1961), Mitarbeiterbindung (z. B. Hausknecht & Trevor, 2010), kreative Ergebnisse (z. B. Cai et al., 2019; Cohen, Whitmyre & Funk, 1960), proaktives Verhalten (Cai et al., 2019) und Innovationsprozesse (z. B. Lantz Friedrich et al., 2016) zusammenhängen. Die entsprechenden Literaturquellen verdeutlichen, dass organisationale Leistungsoutcomes seit vielen Jahren untersucht werden und eine breite Forschungsbasis für die Annahme existiert, dass Teamarbeit positive Effekte auf organisationale Leistungsoutcomes wie auch finanzielle Outcomes hat (z. B. Delarue et al., 2008; Richter et al., 2011).
Individuelle Outcomes bedingen das Verhalten der Mitarbeiter*innen, welches sich wiederum auf die Outcomes auf Team- und Organisationsebene auswirkt. Motivierte und zufriedene Teammitglieder tragen mehr zum Teamprozess bei ( Kap. III). Auch Outcomes in Form von arbeitsbezogenen Einstellungen betreffen andere Team- und Organisations-Outcomes. In einer Metaanalyse von Whitman, van Rooy und Viswesvaran (2010) zeigt sich eine signifikante Beziehung zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung (ρ = .34). Signifikante Korrelationen bestehen insbesondere zwischen Arbeitszufriedenheit und Produktivität, Kundenzufriedenheit, (rückläufiger) Rücknahme von Produkten und Organizational Citizenship Behavior (OCB). Organizational Citizenship Behavior ist ein Konzept, das die Bereitschaft von Mitarbeiter*innen, über die vorgegebene Arbeitsaufgabe hinaus Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu übernehmen, beschreibt. Organ (1988) definiert OCB als individuelles Verhalten aus eigenem Ermessen, welches nicht direkt bzw. explizit durch ein formales Belohnungssystem anerkannt wird und das effektive Funktionieren der Organisation unterstützt. Die Definition von OCB von Organ beinhaltet drei kritische Aspekte, die für dieses Konstrukt zentral sind: Erstens wird OCB als Verhalten aus eigenem Ermessen betrachtet, das nicht Teil der Stellenbeschreibung ist, d. h. es wird freiwillig ausgeführt. Zweitens geht OCB über die Anforderungen der Stellenbeschreibung hinaus. Drittens trägt OCB positiv zur allgemeinen organisatorischen Effektivität bei. OCB ist ein Verhalten, das sich durch anhaltende Begeisterung, Unterstützung und Hilfeleistung für andere und regelgeleitetes Vorgehen auszeichnet sowie den Organisationszielen verpflichtet ist (Borman & Motowidlo, 1993). Andere zu unterstützen wirkt sich positiv auf das Funktionieren eines Teams wie auch auf seine Outcomes aus.
In einer Review über Teamarbeit und Leistungen der Organisation schlussfolgern Delarue et al. (2008), dass Veränderungen der Arbeitsorganisation in Form von Teamarbeit sich direkt auf das Verhalten der Mitarbeiter*innen auswirken können (z. B. geringerer Absentismus) und infolgedessen auf die operative Leistung (höhere Produktivität), was wiederum zu einer höheren finanziellen Leistung (höhere Gewinne) beitragen kann. Das wird als »Leistungskette« bezeichnet ( Abb. 1.1). Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass individuelle Outcomes (wie Motivation) im Laufe der Zeit das individuelle Verhalten prägen, was sich wiederum auf die Outcomes des Teams und der Organisation auswirkt. Die Outcomes auf verschiedenen Ebenen sind entsprechend in Form einer Leistungskette miteinander verknüpft.
Abb. 1.1: Die Leistungskette
Abbildung 1.1 zeigt, wie positive Ergebnisse der Teamarbeit auf individueller Ebene das Resultat auf Teamebene beeinflussen und dann Effekte für die ganze Organisation hervorbringen können. Teamarbeit kann natürlich auch zu negativen Ergebnissen, wie Stress und Mobbing, oder auch zu überhaupt keinen Ergebnissen führen. Teamarbeit kann auch auf nur einer oder zwei Ebenen zu Outcomes führen, zudem kommen Leistungsketten nicht zwingend zum Tragen.
Eine Metaanalyse von 61 Studien zeigt, dass die Arbeit in Teams im Allgemeinen zwar signifikante, aber nur kleine oder moderate Effekte auf die organisationale Leistung und individuellen Merkmale (wie Zufriedenheit, Commitment und Wohlbefinden) hat (Richter et al., 2011). Das Ausmaß der Beziehung von Teamarbeit und Effektivitätskriterien hängt vom organisationalen Kontext ab, zum Beispiel, ob begleitende Personalmanagementmaßnahmen stattfinden und in welchem Sektor sich das Unternehmen befindet. Delarue et al. (2008) kommen in ihrer Analyse zu einem ähnlichen Ergebnis: Von 21 Studien zeigen 18 einen positiven Zusammenhang zwischen der Umsetzung von Teamarbeit und Leistungsoutcomes. Die Review verdeutlicht, dass sich Teamarbeit positiv auf Einstellungen, Verhalten, Leistung der Organisation und finanzielle Outcomes auswirkt. In Übereinstimmung mit Richter et al. (2011) zeigen die Ergebnisse, dass die Leistung stärker gesteigert wird, wenn Teamarbeit mit strukturellen Veränderungen kombiniert wird. Dieses Thema wird im letzten Kapitel weiter ausgeführt. An dieser Stelle sei festgestellt, dass die Ergebnisse von Studien dafür sprechen, dass der Zusammenhang, in dem sich ein Team entwickelt, bedeutsam ist.
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