© Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 2013
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Cover und farbige Illustrationen von Barbara Scholz
E-Book-Umsetzung: pagina GmbH, Tübingen 2013
ISBN 978-3-86274-099-4
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Es gab Tage, an denen wusste der kleine Ritter Trenk gar nicht mehr so genau, warum er eigentlich unbedingt Ritter werden wollte. Wenn er schon wieder nur den Pferdestall auf der Burg ausmisten musste, zum Beispiel; denn auch das gehörte nun mal zur Ausbildung der Pagen und Ritterlehrlinge, selbst wenn man es ja gar nicht glauben mag.
»Immer nur Pferdeäpfel und Pferdeäpfel und Pferdeäpfel!«, sagte Trenk böse, und für einen Augenblick dachte er, dass Ritter vielleicht doch nicht der richtige Beruf für ihn war. Aber das dachte er nur kurz, denn eigentlich war er auf Burg Hohenlob beim Ritter Hans, der ein sehr netter Ritter war, ganz zufrieden. Schließlich durfte er ja an anderen Tagen auch üben, wie man mit dem Schwert umgeht und mit der Lanze, und Lesen und Schreiben lernte er auch.
Er war gerade dabei, eine richtig schwere Schaufel voller Pferdeäpfel auf die hölzerne Schubkarre zu laden, als neben ihm mit einem lauten Plopp! eine Erbse gegen einen Pfosten traf; und da wusste er auch schon, woher die kam.
»Thekla!«, sagte Trenk und drehte sich um. »Willst du nicht den Rest für mich machen?«
Thekla war die Tochter des netten Ritters Hans vom Hohenlob, und eigentlich wollte sie auch gerne Ritter werden; aber das war für Mädchen damals nicht erlaubt, was ja wirklich ungerecht ist, und darum schoss sie wenigstens mit ihrer Erbsenschleuder.
»Den Stall ausmisten, ja Pustekuchen!«, sagte Thekla, und jetzt zielte sie mit ihrer Schleuder mitten in den Mist auf der Schubkarre. »Was glaubst du denn, was mein Herr Vater dazu sagen würde? Trenk Tausendschlag, ich habe in der Küche etwas Schlimmes gehört!«
Damit du verstehst, dass Thekla sich nicht nur vor der Arbeit drückte und warum sie Trenk wirklich nicht helfen konnte, muss ich schnell erzählen, dass der Ritter Hans unbedingt wollte, dass seine Tochter sich wie ein echtes Ritterfräulein benahm; und darum musste Thekla zu ihrem Kummer jeden Tag sticken und Suppe kochen und Harfe spielen. Suppe kochen lernte sie natürlich in der riesengroßen Burgküche, und genau da hatte sie an diesem Morgen also etwas Schlimmes gehört.
»Etwas Schlimmes?«, fragte Trenk und sah sich zufrieden im Pferdestall um. Natürlich mochte er nicht gerne ausmisten, aber wenn dann alles fertig war und sah so blitzblank und schön aus, war er eigentlich immer ganz stolz. So geht es dir ja vielleicht auch, wenn du dein Zimmer aufgeräumt hast. »Schlimme Nachrichten aus der Küche? Gibt es heute etwa Graupensuppe?«
»Phhht, Graupensuppe, ja Pustekuchen!«, sagte Thekla. »Glaubst du wohl, deswegen würde ich extra zu dir kommen?« Und jetzt sah Trenk auch, dass sie vor lauter Aufregung ganz rote Wangen hatte. »Etwas wirklich Schlimmes, Trenk Tausendschlag! Der grässliche Ritter Wertolt der Wüterich hat deine kleine Schwester Mia-Mina gefangen genommen! Er hat sie zu sich auf die Burg geholt!«
Da ließ Trenk vor lauter Schreck die Schaufel fallen, dass der Mist über den Boden spritzte, und während er sich von seinem Schreck erholt, muss ich dir schnell erklären, was es mit Mia-Mina und dem Ritter Wertolt überhaupt auf sich hatte.