Über die Autorin

Jasmin Schön wurde 1988 in Niederösterreich geboren, lebt und arbeitet im Waldviertel. Nach Reisen in Europa und Australien absolvierte sie von 2013 bis 2016 ein Privatstudium für Malerei an der Kunstakademie in Geras, unter der Studienleitung von Prof. Christian Ludwig Attersee. Seither ist sie nebenberuflich als freischaffende Künstlerin und Illustratorin tätig. Das vorliegende Märchenband soll kleinen Kindern Mut, Freude und Zuversicht schenken – und große Kinder daran erinnern, die Welt mit den Augen eines Kindes zu sehen.

„Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst.“

Hans Christian Andersen

Jasmin Schön

Kunterbuntes Blütenmeer

Märchen für Klein und Groß

Inhaltsverzeichnis

Prolog – Im geheimnisvollen Garten

Warum wir uns von der Schnecke etwas abschauen können

Die Geschichte der Mohnblume

Das Missgeschick des Zauberlehrlings Franzl Walle (in Mundart erzählt)

Kätzchen Schnuppelein und die Zaubervase

Käuzchens Frühlingstraum

Die verwunschene Katze

Das Gemälde

Die Befreiung aus dem Rad der Zeit

Blütenköniginnen

Epilog – Im geheimnisvollen Garten

Prolog – Im geheimnisvollen Garten

I n einem verlassenen, geheimnisvollen Garten stand ein uralter Apfelbaum. Ehrfürchtig wurde er von den Dorfbewohnern „der alte, weise Herr“ genannt. Etwas gebrechlich, gestützt von einem alten Holzstock und dennoch irgendwie anmutig, stand er da. Sein Stamm war umwickelt von Seilen und Ketten, die ihn zusammenhielten, denn sonst schien es ein bisschen so, als würde er jeden Moment in tausend Stücke zerfallen. Man erzählte sich, wer sich in den Schatten unter seine weitverzweigten Äste in die Wiese setzen würde, mit dem würde er seine einzigartigen Weisheiten teilen. Doch nur, wenn man auch seine Sprache verstand. Denn seinen Worten und Geschichten könnten nur jene folgen, die mehr als nur mit dem Verstand lauschten…
Eines Tages erkundete ein neugieriges Kind den Garten und blieb auch vor dem alten Apfelbaum stehen. Fasziniert von dem Baum setzte es sich in die Wiese unter die weitverzweigten Äste und überlegte, was dieser

Baum wohl alles erlebt haben musste, so gebückt wie er dastand. Angeblich solle er über hundert Jahre alt sein – so erzählte man im Dorf. Als das Kind ihn näher betrachtete, fiel ihm auf, dass er viele Einkerbungen trug: Alte Wunden von Stürmen, vom Krieg und seinen Bomben, von Dürrezeiten, von Krankheiten. Mit dicken Narben, die einst blutende Wunden waren, schien er nachdenklich auf das Kind herabzublicken.

„Dieser Baum scheint mehr zu wissen, mehr erlebt zu haben, als so mancher Mensch. Sein Anblick macht mich irgendwie traurig. Wie leidvoll und vergänglich das Leben doch sein kann“, dachte das Kind wehmütig bei sich. Als es sich aufmachen wollte, hörte es ein leises Zwitschern. Als es nachsah, fand es an einer gut getarnten Stelle auf einem Ast des Baumes ein Vogelnest.

Junge Vögel waren gerade geschlüpft. Fasziniert und überrascht trat das Kind ein paar Schritte zurück und betrachtete den Baum nochmals. Trotz seiner gebückten Haltung wirkte der Apfelbaum nun irgendwie würdevoll. „Der Baum scheint selbst ein „Zuhause“ geworden zu sein“, flüsterte das Kind zu sich selbst und setzte sich erneut in die Wiese unter die weitverzweigten Äste.

Da hörte es plötzlich eine Stimme: „Mein Zuhause ist auch dein Zuhause. Du hast ein gutes, offenes Herz. Ewigkeiten ist es her, dass jemand wie du hier bei mir gewesen ist und meine Worte auch verstanden hat. So gerne würde ich meine Erfahrungen weitergeben. Möchtest du meinen Geschichten lauschen? Geschichten, die ich erlebt, beobachtet und erfahren habe?“ Das Kind nickte gespannt und lehnte sich lächelnd an den Stamm des Baumes, während es der alten Stimme des Baumes lauschte…