Albrecht Kellner

Christsein ist keine Religion

Ein Physiker entdeckt die Antwort

Inhalt

Über den Autor

Vorwort

Teil 1  Die Logik des Christseins

  1. Das Rätsel des Daseins

  2. Die Frage nach dem Sinn

  3. Der Ursprung der Antwort

  4. Der größte Bestseller aller Zeiten

  5. Die Antwort – Erklärt anhand eines Radios

  6. Radios ohne Empfang

  7. Die Resonanzbedingung

  8. Der Einschaltvorgang

  9. Auf Empfang!

Teil 2  Die Dynamik des Christseins

10. Christsein ist Dynamik

11. Der Ursprung der Dynamik

12. Die Entfaltung der Dynamik

13. Hindernisse der Dynamik

14. Die Kraft der Dynamik

15. Die Wirkung der Dynamik

Nachwort

Anmerkungen

Über den Autor

ALBRECHT KELLNER, Jahrgang 1945, ist Physiker und war in der Kernenergie-Forschung sowie für die internationale Raumfahrtfirma Astrium ST tätig, zuletzt als stellv. Technischer Direktor. Er ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

Vorwort

Ich war ein Sinnsuchender. Ich wollte den eigentlichen Sinn des Daseins erkennen. Daher studierte ich Physik. Zu meiner Enttäuschung musste ich erkennen, dass die Physik die Phänomene nicht erklärt, sondern nur beschreibt, ohne ihre rätselhafte Vorgegebenheit auch nur im Geringsten zu hinterfragen. Ich meinte, den tieferen Grund zu begreifen, warum der Verstand niemals in der Lage wäre, hinter die Dinge zu schauen: Der Verstand ist der Anschauung immer nachgeschaltet. Daher das Wort »nach-denken«. Der Verstand sitzt sozusagen in der zweiten Reihe. Die unmittelbare Berührung mit den Phänomenen hat das Bewusstsein.

Um den Dingen auf die Spur zu kommen, müsste ich hier ansetzen. Ich begann, mit bewusstseinserweiternden Mitteln zu experimentieren. Aber auch hier wurde ich enttäuscht. Die pflanzlichen Mittel, die ich benutzte, eröffneten mir lediglich einen tieferen Blick in die Rätselhaftigkeit der Natur – sei es durch den so noch nie erlebten Anblick einer Blume, durch die kristallklare Wahrnehmung der Kontrapunktik Bach’scher Fugen, das vertiefte Erleben des Humors in Witzen oder beim Flug durch die Traumwelt der eigenen Psyche. Das Rätsel blieb.

Weitere Versuche mit transzendentaler Meditation, mit den Achtsamkeitsübungen eines Krishnamurti, mit der hinduistischen Bhagavad Gita, Theosophie, Anthroposophie, Zen und schließlich mit erstaunlich gut funktionierenden Methoden des Hellsehens betonten nur noch mehr die Rätselhaftigkeit des Seins, bis ich mich schließlich in einem Labyrinth wiederfand, aus dem es kein Entrinnen mehr zu geben schien.

Christsein als Quelle einer Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens? Das hatte ich nicht einmal ansatzweise auf dem Radarschirm meiner Suche. Evangelisch getauft und konfirmiert und nach gelegentlichen Gottesdienstbesuchen als Jugendlicher kam mir das Christsein als mögliche Antwort nicht im Entferntesten in den Sinn.

Eines Tages hielt mir, dem diplomierten Physiker, ein einfacher Zimmermann seine zerlesene Bibel entgegen und sagte: »Albrecht, das musst du essen!« Entrüstet wies ich dieses Ansinnen zunächst zurück, aber dann dachte ich mir: Am Anfang meines Physikstudiums hatte ich mich mit Büchern der theoretischen Physik und der reinen Mathematik herumgeschlagen und war mir sicher: Das verstehst du nie! Das waren alles nur Hieroglyphen! Aber es blieb mir nichts anderes übrig, wollte ich in die Geheimnisse der Physik eindringen. Und nach drei, vier, sechs Monaten hartnäckigster Befassung mit der Materie wurde das Ganze tatsächlich plötzlich transparent! Wie Frühnebel, der sich plötzlich auflöst und den Blick auf die sonnenbeschienene Landschaft freigibt! Plötzlich konnte ich verstehen, was da stand! Ein neues, faszinierendes Terrain hatte sich mir geöffnet!

Und was mir mit diesen dicken Schwarten meines Studiums recht war, das sollte mir wenigstens einmal in meinem Leben mit dem Bestseller aller Zeiten billig sein. Und mit dem kritischen Blick eines Naturwissenschaftlers begann ich zu lesen. Ich war fest entschlossen: Ich würde mich durch anfängliche Schwierigkeiten nicht vom Weiterlesen abhalten lassen – genauso wenig wie durch die Hieroglyphen der reinen Mathematik. Das Ergebnis war derart verblüffend und derart anders als das, was man landläufig unter dem Christentum versteht, dass ich mich auf das Angebot einließ, um das es in dieser erstaunlichen Informationsquelle eigentlich geht. Und in dem Moment, wo ich das tat, war meine Suche zu Ende. Ich hatte den Sinn des Lebens gefunden!

Erst nach und nach merkte ich, dass ich hier kein Sonderfall war, sondern dass es Millionen und Abermillionen von Menschen aus allen Nationen und Sprachen gibt, die seit zweitausend Jahren alle die gleiche Erfahrung gemacht haben und machen, auch wenn sie sich dieser aus den unterschiedlichsten Richtungen nähern. Die gängigen Vorstellungen vom Christsein beruhen auf einem großen Irrtum. Es handelt sich nicht um Glauben in dem Sinne, dass man einfach Dinge für wahr hält, die man nicht beweisen kann – das wäre für mich als Physiker völlig inakzeptabel –, sondern um eine innere, konkrete, unmissverständliche Erfahrung, eine geistig erfassbare eindeutige Antwort. Die Antwort auf genau die zentrale Frage, die der Mensch offenbar sein Leben lang mit sich herumträgt, auch wenn sie durch die vielen Ablenkungen des Lebens oder das Hamsterrad des Broterwerbs meist weitgehend unterdrückt ist. Das ist die Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz.

Damit unterscheidet sich das Christsein in seiner eigentlichen Bedeutung radikal von allen Versuchen ideologischer oder religiöser Sinngebung und Weltverbesserung, die der Mensch durch meist einengende geistige Korsetts zu erreichen versucht. Das zeigt sich immer wieder in der Verbreitung von Unfreiheit und Angst bis hin zu terroristischen Ausuferungen. Religionen und Ideologien versuchen, dem Leben einen Sinn zu geben, indem sie ihm zum Teil menschenverachtende Strukturen aufprägen und strenge Verhaltensnormen einfordern. Sie erreichen dabei jedoch nur, dass das Leben in diesen starren Strukturen erstickt. Denn Leben und starre Strukturen sind Gegensätze, die sich gegenseitig ausschließen. Christsein dagegen beginnt mit dem Leben. Es geht um den Empfang eines neuen, vorher unbekannten Lebens, das unmissverständlich und persönlich erfahrbar die Qualität des eigentlichen Sinns unseres Daseins trägt. Dadurch führt es aus sich heraus zunehmend zu einem Verhalten, das wohlmeinende Ideologien und Religionen der Menschheit vergeblich aufzuprägen versuchen. Christsein ist keine Religion. Es ist etwas völlig anderes.

Dass diese Erfahrung des Sinns möglich ist, ist für mich das Erstaunlichste, was es auf diesem Planeten gibt. Aber ähnlich verblüffend ist für mich die Feststellung, wie wenig diese Antwort bekannt ist und – mehr noch – wie verfälscht sie heutzutage oft dargestellt und wahrgenommen wird. Fast könnte man sagen: »Wenn die Menschen wüssten, worum es sich beim Christsein in Wirklichkeit handelt, dann würden sie Schlange stehen.«

Viele würde es auch überraschen, wenn sie wüssten, wie stark sich die Erkenntnisse der modernen Physik und Kosmologie inzwischen den biblischen Aussagen mit naturwissenschaftlichem Bezug angenähert haben, sodass die früheren Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von Glauben und Wissen heutzutage praktisch ausgeräumt sind. Mehr noch: Dem immer auf Konsistenz und Logik bedachten kritischen Blick eines Physikers eröffnet sich eine geradezu verblüffende Logik der Kernaussagen der Bibel, die das gesamte, in etwa zweitausend Jahren entstandene Werk von Anfang bis Ende durchzieht.

Diese Sicht eines Physikers auf das Christsein – was es ist, wie man dazu kommt, und was für ein spannendes Leben sich daraus entwickelt – ist der Inhalt dieses Buches.

TEIL 1

Die Logik des Christseins

1. Das Rätsel des Daseins

Es gibt zwei Arten sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles eines.

Albert Einstein, theoretischer Physiker, Nobelpreisträger

Um dieses Buch zu lesen, wird Energie benötigt, die vor mehr als 100 000 Jahren erzeugt wurde. Energie, damit die Hände das Buch halten und die Seiten dieses Buches umblättern können, Energie, damit die Augen hin und her zuckend jede einzelne Zeile in diesem Buch blitzschnell von links nach rechts abtasten und die lichtempfindlichen Zellen der Retinas das Muster in diesen Zeilen in wenigen Millisekunden in etwa einhundertzwanzig Millionen einzelne elektrische Signale umwandeln können. Diese jagt das Gehirn dann in einem unaufhörlichen elektrochemischen Impulsgewitter über Milliarden von Neuronen quer durch unseren Schädel nach hinten zum Optischen Cortex zur Analyse von Kanten und Ecken und anderen optischen Merkmalen, bis sie schließlich durch das Bewusstsein der Wahrnehmung zugeführt werden.

Weitere Energie wird benötigt, um das Wahrgenommene im Kontext einer Sprache zu analysieren und anhand früherer Erfahrungen zu verstehen. Schließlich wird Energie benötigt, um während des Leseprozesses den Kopf in senkrechter Position zu halten, die Form des Körpers zu bewahren und das Funktionieren aller inneren Organe zu gewährleisten.

Diese Energie entstand im Inneren einer Wasserstoffbombe. Es handelt sich um Atomenergie.

Sie entstand durch einen geheimnisvollen Prozess, der uns erst seit rund 100 Jahren bekannt ist. Bei einer Temperatur von etwa fünfzehn Millionen Grad wurden Wasserstoffatome mit derartiger Energie aufeinandergeschossen, dass sie sich unter der Wucht des Aufpralls in einem rätselhaften Vorgang in Heliumatome umwandelten. Dabei war die Masse des entstandenen Heliums unbegreiflicherweise geringer als die des ursprünglichen Wasserstoffs. Das Geheimnis der verschwundenen Masse wurde erst durch einen geistigen Kraftakt Albert Einsteins gelüftet. Seitdem weiß man: Die fehlende Masse hatte sich vollkommen aufgelöst und in reine Energie verwandelt!

Für die Physiker zur Zeit dieser Entdeckung war das schwerer Tobak. Materie wird in Energie zerstrahlt? Ein vollkommen inakzeptabler Gedanke. Und doch ist es so, wie jedes Kernkraftwerk beweist. Der Vorgang in der Atombombe sprengt jede Vorstellungskraft. Dabei verschwinden etwa vier Millionen Tonnen Materie, für immer. Sie werden in reine Energie verwandelt. Energie unvorstellbaren Ausmaßes. Sie entspricht der Explosion von fast einhundertausend Billionen Tonnen Dynamit. Dies geschieht – in jeder Sekunde! Sekunde um Sekunde, Stunde um Stunde, Jahr um Jahr, Jahrmillionen um Jahrmillionen. Die Physiker sagen: Seit etwa vier Milliarden Jahren. Und es gibt noch genug Wasserstoff für weitere vier Milliarden Jahre. Und sieben Milliarden hochkomplizierte Wesen reiten auf einer vergleichsweise winzigen Kugel um diesen Giganten und beziehen Tag um Tag ihre Lebensenergie aus seinen ständig hervorbrechenden Energiefluten.

Wie kommt es, dass wir diesen gewaltigen, ununterbrochenen Energieausbruch überleben?

Weil wir diese Atombombe in einem respektvollen Abstand von einhundertfünfzig Millionen Kilometern umkreisen. Dieser Abstand ist nötig, damit wir nicht in wenigen Sekunden verdampfen.

Aber auch bei dieser Entfernung wäre die Hitze bald unerträglich, wenn wir ihr ohne Unterbrechung ausgesetzt wären. Glücklicherweise befinden wir uns aber auf einer Kugel, deren Rotation uns abwechselnd der heißen Strahlung zuwendet und dann wieder auf der Schattenseite der Kugel in die Kühle der Nacht hineintaucht. Dabei ist die Schattenphase so kurz, dass man nachts nicht zu Eis erstarrt, und die Helligkeitsphase so kurz, dass man am Tag nicht doch unerträgliche Temperaturen ertragen muss. Anderseits ist die Rotationsgeschwindigkeit niedrig genug, dass nach dem Morgengrauen nicht gleich wieder die Dämmerung einsetzt.

Aber auch das reicht noch nicht aus, um angesichts der unaufhörlich feuernden Atombombe auf dieser Kugel zu überleben. Denn neben der Hitze gibt es noch eine andere tödliche Bedrohung: das Bombardement durch eine immens energiereiche Strahlung, die dieses kosmische Kraftwerk unaufhörlich abgibt: Röntgenstrahlen, Gammastrahlen, ultraviolette Strahlen. Wir haben Glück. Die Kugel ist mit einer schützenden Gasschicht umgeben. Diese ist allerdings hauchdünn. Würde man die Kugel auf einen Durchmesser von einem Meter reduzieren, so hätte der nennenswerte Bereich dieser Gasschicht – im gleichen Maßstab reduziert – eine Dicke von nur knapp vier Millimetern. Und doch bewirkt sie einen hinreichenden Schutz vor dieser Strahlung. Dazu enthält sie bei 1,2 bis 3 Millimetern Höhe eine dünne Schicht eines speziellen Gases, Ozon, das insbesondere das ultraviolette Licht absorbiert und uns vor Verstrahlung schützt. Eine hauchdünne Schicht, von der unser Leben abhängt.

Aber das ist noch nicht alles aus dem Arsenal der tödlichen Bedrohung durch diese Atombombe. Protonen! Ununterbrochen speit dieser Gigant mit ungeheurer Wucht eine wahre Flut von Zilliarden Atomkernen aus, die die Menschheit mit genetischen Defekten und Krebs verseuchen würden, wenn es nicht einen Schutzschild ganz besonderer Art gäbe: ein Magnetfeld, das diesen unaufhörlichen Angriff an der Erde vorbeileitet. Am Wetterleuchten des Nordlichtes, der Aurora Boreales, lässt sich der Kampf dieses Magnetfeldes gegen den Ansturm der todbringenden Winzlinge eindrucksvoll erkennen.

Mit dieser Kugel hat es übrigens eine seltsame Bewandtnis: Sie schwebt frei im Raum! Es gibt keinerlei Verbindung zwischen ihr und dem zentralen atomaren Urfeuer. Und doch bewahrt die Kugel in ihrer Bahn seit Jahrmilliarden exakt die lebenserhaltende Entfernung. Dabei ist sie mitsamt allen Bewohnern auf ihr mit einer Geschwindigkeit von gut 100 000 Kilometern pro Stunde unterwegs. Die Gesetze, die die Kugel bei ihrer ewigen Umrundung ihres mächtigen Energiespenders befolgt, haben die Physiker zwar nach langem Mühen entdeckt, aber das Phänomen des freien Schwebens der Kugel neben der Bombe bleibt ein Rätsel. Umso mehr, als die gefundenen Gesetze diese Rätselhaftigkeit noch vertiefen.

So hatte der große Physiker Isaac Newton vor fünfhundert Jahren vermutet, dass die Atombombe ihre Umgebung auf geheimnisvolle Weise beeinflusst, sodass die Kugel eine Kraft erfährt, die sie daran hindert, geradlinig ins Weltall davonzurasen, sondern sie auf ihrer Kreisbahn festhält. Wie diese Beeinflussung der Umgebung zustande kommt und wie die Kugel diese Kraft spürt, ist nicht nur jenseits der Vorstellungskraft der Wissenschaftler, sondern auch außerhalb ihrer Fragestellung. Die Physik entdeckt nur Gesetze in der Natur und beschreibt sie in der Sprache der Mathematik. Eine Erklärung dieser Gesetze ist nicht Gegenstand ihrer Arbeit. Es ist die Vorgegebenheit, die so rätselhaft ist.

Inzwischen wird die Vorstellungskraft der Physiker noch weiter strapaziert. Seit weniger als hundert Jahren wissen wir – wiederum durch die Arbeiten von Albert Einstein – dass die kosmische Bombe in Wirklichkeit die Geometrie in ihrer Umgebung krümmt, sodass die Kugel in dieser Geometrie eine gekrümmte, ellipsenförmige Bahn verfolgen muss. Die Frage, wieso die Kugel das muss und wie sie die gekrümmte Geometrie spürt oder wie die Atombombe die Geometrie um sich herum krümmt, macht das Phänomen der frei im Weltall schwebenden Kugel noch rätselhafter, als es ohnehin schon ist.

Rätselhaft ist auch: Seit wenigen Jahrzehnten kennt man den Grund dafür, weshalb die für das Lesen dieses Buches benötigte Energie etwa 100 000 Jahre brauchte, um von ihrem Erzeugungsort tief im Inneren dieser Atombombe bis an ihre Oberfläche zu gelangen. Man erkannte – wiederum aufgrund der Überlegungen eines Albert Einstein – zunächst noch mit ungläubiger Skepsis, doch dann mit immer größerer Sicherheit, dass die Energie nicht ein stetiger Strom heißer Strahlung ist, sondern aus winzigen einzelnen Teilchen besteht – den Quanten! Strahlung besteht aus Quanten!

Auch das war damals starker Tobak für die Physiker. Diese Quanten mussten auf ihrem Weg erst milliardenfache Kollisionen mit den Wasserstoffatomen in der wabernden Glut des kosmischen Reaktors überstehen, bevor sie das Freie erreichten. Und das dauerte! Von dort rasten sie dann aber mit einer Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern in der Sekunde auf die Erde zu, die sie in nur acht Minuten erreichten. Dann waren es aber doch noch ein paar Jahre, bis ihre Energie in Pflanzen gespeichert, von Kühen gefressen, chemisch zerlegt, in Fleisch und Fett gelagert und uns schließlich als Schnitzel serviert wurde.

Dieses wurde dann mit einem effektiven Beißwerkzeug mechanisch zerkleinert, zur chemischen Aufbereitung speziellen inneren Organen zugeführt und anschließend durch ein Rohrleitungssystem von etwa 100 000 Kilometern Länge zu jeder der hundert Billionen Zellen unseres Körpers gepumpt, wo die gespeicherte Atomenergie in einem kontrollierten Verbrennungsprozess endlich für das Lesen dieses Buches verfügbar gemacht wird. Das geschieht in einem nicht unkomplizierten Prozess, zu dem eine stetige Zufuhr von Sauerstoff erforderlich ist – einem Gas, das ebenfalls glücklicherweise in der erwähnten dünnen Gasschicht enthalten ist. Dieses Gas wird durch die ununterbrochene, rhythmische Bewegung eines blasebalgartigen Gebildes über zwei spezielle Körperöffnungen eingesogen, über feine Membranen an eine Transportflüssigkeit weitergegeben und in dieser zu den entsprechenden Zellen gepumpt, wobei die in dem Verbrennungsprozess entstehenden Schlacken – Kohlendioxid und Wasserdampf – wiederum über die Transportflüssigkeit abtransportiert und als Gas über dieselben beiden Körperöffnungen an die Umwelt abgegeben werden.

Und alles – innere Organe, Blasebalg, Transportflüssigkeit, hundert Billionen Zellen, jeweils in eine bewegliche Struktur aus Knochen und Fleisch gepackt, das Ganze in siebenmilliardenfacher Ausführung, zusammen mit einer noch um ein Unendliches viel größeren Zahl von anderen kleineren oder größeren ähnlichen oder auch ganz anders konzipierten Wesen, den Tieren –, alles rast auf dieser Kugel samt ihrer lebenserhaltenden Atombombe, an unsichtbaren Strängen unauflöslich miteinander verbunden, mit einer Geschwindigkeit von annähernd einer Million Kilometer in der Stunde um ein Gebilde, das endgültig jedes Fassungsvermögen sprengt: ein schwarzes Loch!

Ein Bereich des Raums, dessen Geometrie derart in sich verkrümmt ist, dass er alles, was in seine Nähe kommt, in diese Krümmung hineinsaugt, zu Staub zermalmt und auf Nimmerwiedersehen verschwinden lässt. Noch sind wir weit genug entfernt von diesem hungrigen Ungeheuer. So weit, dass Licht mit der besagten Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern pro Sekunde 25 000 Jahre braucht, um von dort zu uns zu gelangen.

Und in ähnlich unermesslichen Abständen ziehen noch andere atomare Monster frei schwebend im Raum ihre Bahnen um diese Bodenlosigkeit. Und es sind viele. Es sind rund einhundert Milliarden! Jedes mit einer Energieerzeugung, die in jeder Sekunde der Explosion von fast hunderttausend Billionen Tonnen Dynamit entspricht. Sekunde um Sekunde, unaufhörlich – eine gewaltige Symphonie, wenn man es hören könnte! Alles kunstvoll angeordnet in einer spiralarmigen flachen Scheibe, deren Querschnitt wir durch den seitlichen Blick in sie hinein als milchiges Band wahrnehmen, so viele Sterne sind es, die in dieser Perspektive dicht hintereinander gelagert erscheinen. Die Milchstraße. Sie ist der seitliche Anblick unserer Heimatgalaxie.

Sind wir allein mit dieser Galaxie? Selbst Einstein ging zunächst noch davon aus. Aber am 24. April 1990 brachte die NASA mit dem Space Shuttle Discovery das Hubble Space Telescope in eine Erdumlaufbahn, wo dieses Teleskop ungehindert von Atmosphäre, Staub und irdischem Licht tief in das Weltall hineinschauen kann. Fünf Jahre später richtete man es zehn Tage lang auf einen winzigen Punkt im Weltall – vergleichbar mit der Größe eines Staubkorns, gesehen aus einem Meter Entfernung. Zunächst sah man dort – nichts. Viele waren ärgerlich, dass man die kostbare Zeit des teuren Instruments für dieses Experiment »vergeudete«. Doch als man das Ergebnis sah, wusste man, dass man eine der bahnbrechendsten Entdeckungen der Menschheit gemacht hatte. Man fand dreitausend Galaxien! Nach einigen Wiederholungen dieses Experiments in unterschiedliche Himmelsrichtungen weiß man heute, dass etwa hundert Milliarden Galaxien das Weltall bevölkern – in einem Raum unvorstellbaren Ausmaßes, der sich ununterbrochen mit rasender, ständig zunehmender Geschwindigkeit ins Unermessliche hinein ausdehnt und alle darin schwebenden Galaxien unerbittlich zu immer unvorstellbareren Entfernungen mit sich reißt. Damit liegt die Anzahl kosmischer Wasserstoffbomben etwa bei einhundert Milliarden mal einhundert Milliarden!

Um sich davon eine Vorstellung zu machen, denke man sich einen Strand aus feinem Sand, zwei Meter tief, fünfzig Meter breit und etwa fünfzigtausend Kilometer lang. Die Anzahl Sterne entspricht grob der Anzahl Sandkörner in diesem Strand! Und ebenfalls dank Einsteins bahnbrechender Arbeit – der Allgemeinen Relativitätstheorie – wissen wir heute das schier Unvorstellbare: Die gesamte Masse dieser Zilliarden Atombomben samt der ungeheuren, sie auseinandertreibenden Energie ist mit einem gewaltigen »Urknall« buchstäblich aus dem Nichts hervorgebrochen und dehnt sich seitdem ununterbrochen aus! Dabei ist dieses »Nichts« wörtlicher zu nehmen als allgemein angenommen: Es gab zunächst nicht nur keine Materie und keine Energie, sondern auch keinen Raum und keine Zeit.

Einstein veröffentlichte seine Allgemeine Relativitätstheorie vor einem Jahrhundert – erst Jahre später gelang es anhand astronomischer Messungen, den Urknall, der aus Einsteins Gleichungen zunächst rein theoretisch folgte, zu verifizieren. Von diesem gewaltigen Ereignis wissen wir also erst seit wenigen Jahrzehnten. Die Bibel wusste davon aber schon seit einigen Tausend Jahren! Gleich der erste Satz dort lautet: »Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.«1 Vor Einstein war diese Aussage aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht akzeptabel. Allenthalben war man der festen Meinung, dass es keinen Anfang und kein Ende gab. Alles war immer schon mehr oder weniger wie heute. Selbst Einstein konnte die Folgerung aus seiner Theorie zunächst nicht akzeptieren und verbog seine Gleichungen sogar, um den Urknall zu eliminieren. Später hat er diesen Versuch als die größte Eselei seines Lebens bezeichnet, denn damit hatte er den einzigartigen wissenschaftlichen Elfmeter vergeben, so etwas Immenses wie den Urknall theoretisch vorhergesagt zu haben, bevor er durch astronomische Beobachtungen erkannt wurde. In einem anderen Kapitel der Bibel, dem Brief an die Hebräer, heißt es: »Wir erkennen, dass alles, was man sieht, aus nichts geworden ist.«2 Hinzu kommt: Immer, wenn es in der Bibel explizit um das Entstehen des Weltalls geht, wird dieses als dynamischer Prozess beschrieben. In der Sprache der Bibel liest sich das so: Der Himmel wird ausgespannt wie ein Schleier oder ausgebreitet wie ein Zelt.3 Es gab einen Anfang, alles entstand aus Nichts und entwickelte sich dann dynamisch – bis vor etwa hundert Jahren noch belächelt als Mythologie, repräsentieren diese Texte der Bibel heute die drei Grundpfeiler der modernen Kosmologie. Was wird hier gespielt? Warum das Ganze? Worum geht es hier eigentlich? Und wir kernkraftangetriebenen Wesen auf diesem kugelförmigen Stäubchen in diesem gigantischen Weltall: Was machen wir hier? Darf man diese Frage stellen? Können wir jemals eine Antwort auf diese Frage finden? Sind wir nicht viel zu nichtig in diesem unermesslichen Weltall?

Dabei ist wenig bekannt, wie winzig wir tatsächlich sind. Denn da wir aus Atomen bestehen, bestehen wir hauptsächlich aus leerem Raum. Ein Atom besteht ja aus einem Kern, umschwirrt von einer Wolke von Elektronen – in einem Abstand, der im Vergleich zur Größe des Kerns geradezu immens ist. Würde man den Durchmesser des Kerns auf einen Meter aufblasen, so befänden sich die ersten Elektronen in einer Entfernung von rund 20 Kilometern vom Kern! Der Zwischenraum ist vollkommen leer! Würde man einen Menschen zusammenpressen können, sodass aller leere Raum entwichen wäre, so wäre der Mensch kaum noch zu sehen! In diesem Winzling ist sozusagen die wirkliche Substanz des Menschen enthalten! In einer Hand könnte man das Pünktchen allerdings nicht halten, denn es hätte ein Gewicht von 50 bis 100 Kilo und den Durchmesser der Spitze einer Stricknadel – es würde glatt durch die Hand hindurchfallen!

Anderseits sind wir Giganten! Denn so viele Sterne sich in 1 000 Galaxien mit ihren jeweils hundert bis zweihundert Milliarden Sternen befinden, aus so vielen Zellen besteht unser Körper! Hinzu kommt, dass jede Zelle um ein unermesslich Vielfaches komplexer ist als ein Stern! Allein in ihrem Datenspeicher enthält jede Zelle die gesamte Information, um einen Menschen herzustellen. Hinsichtlich Komplexität und Informationsgehalt ist jeder Mensch nahezu vergleichbar mit dem gesamten Universum! Und wenn man dieses Pünktchen in reine Energie zerstrahlen könnte, so wie in den Sternen Wasserstoff in reine Energie umgewandelt wird, dann gäbe es eine Explosion, die der Sprengkraft von mehr als einhundert Wasserstoffbomben entspricht. Ein rätselhaftes Wesen, in milliardenfacher Ausführung, verbannt auf einer winzigen Kugel, als Trabant eines atomaren Giganten unterwegs auf einer Reise durch die tiefe Schwärze eines unermesslichen Weltalls. Wohin? Wozu?

2. Die Frage nach dem Sinn

Nicht nur sein Los, auch seine Pflicht steht nirgendwo geschrieben. Er weiß nun, dass er seinen Platz wie ein Zigeuner am Rande des Universums hat, das für seine Musik taub ist und gleichgültig gegen seine Hoffnungen, Leiden oder Verbrechen.

Jacques Monod, Biochemiker und Nobelpreisträger

Wäre das Dasein nicht derart rätselhaft, wäre diese Behauptung Monods vielleicht eher nachvollziehbar. Dann ließe sich seine Aussage vielleicht anhand verschiedener Beobachtungen konkret begründen. Aber offensichtlich lässt gerade die Unergründlichkeit der Natur eine derartige Behauptung als Ultima Ratio niemals zu, sondern erlaubt sie höchstens in Form einer unbewiesenen Hypothese. Anderseits ist es aber auch diese Rätselhaftigkeit, die den Menschen die Frage nach einem endgültigen Sinn meist resigniert als unbeantwortbar beiseiteschieben lässt. Die meisten leben mehr oder weniger unbewusst nach den Maximen des Existenzialismus: Der Mensch ist ohne Sinn und Ziel ins Leben geworfen, und jeder muss seinem Leben seinen eigenen Sinn geben. Jeder erzeugt dabei einen anderen Lebensentwurf – es ist alles relativ. Einen universellen, endgültigen Sinn gibt es nicht.

In gewisser Weise gibt es ihn aber doch. Das wird deutlich, wenn man sich einmal an das Ende des eigenen Lebens versetzt. Im Blick zurück war das, was man seinem Leben als Sinn verliehen hat, gültig. Dafür hat man sich – im Wechselspiel mit den äußeren Umständen – bewusst entschieden. Und nun kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Es ist nun nichts mehr zu ändern. In diesem Sinne ist der Sinn meines Lebens, den ich ihm gegeben habe, ein endgültiger geworden. Unter anderem aus dieser Betrachtung heraus, aber vielleicht auch aus Neugierde, die gerade durch die Rätselhaftigkeit des Daseins angefacht sein könnte, würde es sich trotzdem vielleicht lohnen, wenigstens einmal im Leben der Frage nachzugehen, ob es nicht doch einen absoluten, endgültigen und universellen Sinn des menschlichen Daseins gibt. Bei Misserfolg könnte man dieses Thema ja mit beruhigtem Gewissen ein für alle Mal ad acta legen.

Wie müsste man bei einem derart anspruchsvollen Unterfangen vorgehen? Die folgende Überlegung könnte einen Hinweis geben. Man stelle sich vor, ein von der Zivilisation noch völlig unberührter Urwaldbewohner (wenn es ihn denn heute noch gäbe) würde im Urwald ein kleines Radio finden, das ein Urwaldforscher dort verloren hätte. Die Batterien wären aufgebraucht, sodass man es auch nicht mehr betreiben könnte. Das seltsame Gebilde wäre für ihn ein Rätsel. Und es ist ganz offensichtlich, dass er den Sinn dieses Gebildes niemals herausfinden würde, so sehr er sich auch verstandesmäßig anstrengen würde.

Er könnte unbewiesene Behauptungen aufstellen, eine Philosophie ersinnen und nachts am Lagerfeuer mit seinesgleichen Streitgespräche führen. Er könnte sogar eine Religion mit strengen Regeln daraus machen, die er seinen Stammesgenossen unerbittlich aufzwingen würde, um Ungemach abzuwenden, das mutmaßlich von diesem kleinen glitzernden Kästchen ausgehen würde – mit der eigentlichen, verheimlichten Absicht, sich auf diese Weise eine Machtposition über seine Stammesgenossen zu sichern. Oder wie ein Jacques Monod könnte er sich das Leben einfach machen und feststellen: Es gibt keinen Sinn dieses Gebildes. Wirklich befriedigend wäre das nicht, aber es wäre eine hypothetische Möglichkeit, die ständig weiter bohrende Frage nach dessen Bedeutung irgendwie ad acta zu legen. Allerdings – diese Ausflucht würde ihm die Option auf eine ganz wunderbare Erfahrung für immer verbauen. Die Alternative wäre, dass er sich auf die Suche nach einer Informationsquelle machen würde, die ihm den Sinn des Gebildes aufschließen könnte. Denn deutete die Komplexität und das seltsame Aussehen nicht darauf hin, dass es einen Urheber geben müsse, den man befragen könnte? Und wer weiß – vielleicht würde ihm dann die Gebrauchsanweisung für das Radio in die Hände fallen und vielleicht würde er auf wundersame Weise in die Lage versetzt, diese zu lesen. Oder noch besser wäre, dass es zu einer Begegnung käme mit jemandem, der ihm Sinn und Funktion des Gebildes erläutern könnte und ihm auch ein paar Batterien in die Hand drücken würde, sodass er sogar den Sinn des Radios konkret erfahren könnte. Im besten Falle wäre das eine Begegnung mit dem Erfinder des Radios selbst.

So gering die Wahrscheinlichkeit einer solchen Begegnung auch erscheinen mag – die apodiktische Behauptung, dass es keinen Sinn gebe, oder dass die Erklärung in einer selbst erdachten Philosophie oder gar Religion liege, würde den Weg zu einer echten Erklärung endgültig verbauen. Die Analogie liegt auf der Hand. Weit rätselhafter als das Radio für den Urwaldbewohner ist der Homo sapiens für sich selbst, den Menschen. Erst recht stellt sich daher die Frage, ob Religionen mit ihren unterschiedlichen Verhaltensvorschriften zur Abwendung von Ungemach im Diesseits oder Jenseits, ob Philosophien mit ihren apodiktischen Behauptungen, dass es diesen Sinn gar nicht gäbe, oder ob weltverbesserische Ideologien mit ihrer gnadenlosen Umsetzung der Utopie ins Politische und Gesellschaftliche dem Menschen nicht für immer den Zugang zu einer wegweisenden Erfahrung versperren. Einer Erfahrung, die für den Menschen im Hinblick auf die Frage nach dem Sinn seines Lebens auf einer ähnlich unerwarteten, wunderbaren Ebene liegen würde wie für den Urwaldbewohner das Erklingen von Musik aus dem Radio.

3. Der Ursprung der Antwort

Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft. Die gängige Vorstellung, ich sei Atheist, beruht auf einem großen Irrtum. Wer sie aus meinen wissenschaftlichen Theorien herausliest, hat sie kaum begriffen.

Albert Einstein

Das Beispiel mit dem Radio scheint in der Tat die Folgerung nahezulegen, dass die Antwort auf die Frage nach einem wirklich eindeutigen, universellen Sinn des Lebens eng verknüpft sein müsste mit der Frage, ob es einen Urheber gibt. Gäbe es ihn nicht, dann hätte Jacques Monod recht. Aber wie bereits gezeigt, beruht seine Aussage nicht auf Beweisen, sondern sie ist rein hypothetischer Natur. Insofern bleibt es uns unbenommen, erstens die Frage zu stellen, ob es diesen Urheber gibt, und zweitens, ob eine Information dieses Urhebers an den Planeten über den Sinn des Lebens seiner Geschöpfe existiert: Was dieser Sinn ist und wie man ihn findet.

Das Problem der Unsichtbarkeit

Vordergründig steht einer positiven Antwort auf diese Frage die Tatsache entgegen, dass dieser Urheber, wenn es ihn denn gäbe, offensichtlich unsichtbar ist. Wie Yuri Gagarin, der erste Mensch im Weltall, nach seiner Rückkehr von seiner Erdumrundung gesagt haben soll: »Ich habe Gott, der doch im Himmel sein soll, dort nirgendwo entdecken können.« Wir wissen, dass dieser Ausspruch ideologisch motiviert war. Und wirklich im Himmel war er auch nicht: Wenn man die Sonne auf einen Durchmesser von einem Meter verkleinern würde, dann wäre die Erde, im gleichen Maßstab verkleinert, ein Kügelchen von acht Millimetern Durchmesser, 120 Meter von der Sonne entfernt. Dieses Kügelchen hat Gagarin ganze 0,3 Millimeter über seiner Oberfläche umkreist! Das relativiert seinen Ausspruch sicherlich etwas (Übrigens hat er sich später zu einer tiefen Gläubigkeit bekannt – wie viele seiner späteren Astronauten-Kollegen auch). Aber die Frage bleibt: Warum hat er Gott nicht entdecken können? Müsste man ihn nicht doch finden können, wenn man nur weit genug in das Weltall vorstoßen würde? – und sei es, dass damit das Weltall der eigenen Psyche gemeint wäre, in das man mithilfe von Drogen oder Meditation vordringen könnte?

Eine kleine Überlegung könnte hier hilfreich sein: Man stelle sich vor, jemand käme auf den Gedanken, durch sorgfältige Erforschung des Mauerwerks eines Hauses den Maurer finden zu wollen. Die Unsinnigkeit dieses Unterfangens liegt auf der Hand. Der Maurer ist auf einer ganz anderen Ebene zu finden als sein Werk. In Bezug auf die Mauer ist er sozusagen transzendent. Die Methoden zur Analyse des Mauerwerks – wie etwa die chemische Analyse des verwendeten Mörtels oder die mechanische Untersuchung der Festigkeit der Ziegel – sind schlichtweg nicht geeignet, ihn zu finden. Ähnlich müsste es sich mit dem Urheber der Schöpfung verhalten, wenn es ihn gäbe: Er müsste auf einer ganz anderen Ebene sein als seine Schöpfung. Er müsste in Bezug auf sie transzendent sein. Mit den Sinnesorganen und Methoden, die wir haben, um die Schöpfung zu erforschen, ist der Schöpfer nicht zu finden. Der Maler ist nicht in seinem Gemälde, der Bäcker nicht in seinem Brot. Insofern könnte man zumindest folgern, dass die Unsichtbarkeit eines mutmaßlichen Schöpfers seine Existenz nicht zwingend ausschließt. Es bleibt aber die Frage, ob Unsichtbares auch tatsächlich existieren kann – in dem Sinne, dass es für uns irgendeine Bedeutung haben könnte. Auch wenn es existieren würde: Wäre etwas Unsichtbares, das für unsere fünf Sinne völlig unzugänglich ist, für uns nicht gänzlich irrelevant? Wäre es nicht völlig unerheblich, ob es einen Gott gibt, wenn man nichts von ihm erfahren könnte? Bekannt ist ja der Spruch: »Ich kann nur glauben oder für real halten, was ich sehe.«

Auch hier belehrt uns die moderne Naturwissenschaft eines Besseren. Was bis vor etwa 150 Jahren noch völlig unvorstellbar war, ist heute normaler Alltag. Niemand hat jemals Radiowellen gesehen, und doch existieren sie und sind von unermesslicher Bedeutung für unser tägliches Leben. Ständig sind wir geradezu umspült und sogar durchstrahlt von elektromagnetischer Strahlung unterschiedlichster Frequenz und Intensität. Jeder Raumpunkt ist Träger unendlich vieler Handy-Gespräche, Fernseh-Filme und Symphonien, ohne dass wir das Geringste davon wahrnehmen. Wären die Physiker und Ingenieure auf dem Standpunkt: »Ich kann nur glauben, was ich sehe«, dann hätten wir heute keine Handys, keine Radios, keine Fernseher, keine Navigationssysteme. Die Crux ist: Elektromagnetische Wellen sind zwar unseren Sinnen nicht direkt zugänglich, aber ihre Existenz ist unzweifelhaft erkennbar: Nämlich anhand ihrer Wirkung! Sie können Radios zum Erklingen bringen, Navigationssysteme zum Anzeigen der Position, Fernseher zur Darstellung von Bildern. In direkter Analogie könnte man sagen: Ein Schöpfer ist unseren Sinnen aus den genannten Gründen zwar nicht direkt zugänglich, aber seine Existenz ist unzweifelhaft erkennbar, nämlich anhand seiner Wirkung! Er lässt Sterne ununterbrochen Energie unvorstellbaren Ausmaßes produzieren, Planeten um diese Sonnen kreisen und zumindest auf einem dieser Planeten seltsamste Kreaturen entstehen, die auf rätselhafte Weise von dieser Sternenenergie leben.

Ein Schöpfungsakt aus dem Nichts

Aber die gewaltigste Wirkung, anhand derer der Schöpfer zu erkennen sein müsste, ist ganz offensichtlich der Urknall. Denn was müsste ein Schöpfer noch unternehmen, um seine Existenz unter Beweis zu stellen, als das gesamte Weltall auf diese dramatische Weise aus dem Nichts hervorbrechen zu lassen? In der Tat liegt hier ein sehr deutlicher Hinweis auf die Existenz eines Schöpfers vor – das wissen auch die Physiker. Das erkennt man vor allem daran, dass Physiker atheistischer Couleur versucht haben, die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins derart zu verändern, dass die Lösungen dieser Gleichungen keinen Urknall mehr beinhalten (in der Sprache der Mathematiker: keine Singularitäten mehr haben). Sie erkennen also deutlich die Implikationen eines Urknalls: Er steht ihrem atheistischen Glauben entgegen! Derartige Versuche, die Gleichungen abzuändern, sind alle gescheitert, da sie im Widerspruch mit astronomischen Messungen stehen, die den Urknall bestens bestätigen.

Und im Übrigen kommt man auch mit diesen Änderungen nicht an der Erschaffung von Materie aus dem Nichts – also an einem Schöpfungsakt – vorbei. Denn im Falle dieser sogenannten Steady-State-Lösungen müsste man annehmen, dass Materie zwar nicht wie beim Urknall zu einem Zeit- und Raumpunkt aus dem Nichts entstehen würde, dafür aber ununterbrochen und überall im Weltall.