Jungfrau
Roman
Suhrkamp
Umschlagfoto und Konzept: Michaela Melián
Suhrkamp eBook 2011
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2008
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Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-74800-8
www.suhrkamp.de
Those who could believe, did.
Jack Smith
Heilige Drei Könige. Das Schnellrestaurant im Nieselregen. Schnee auf den höheren Zügen des Hochgebirges, das sich, seitenverkehrt, in der verspiegelten Fassade des gigantischen Möbelhauses abbildete. Lothar, Vor- und Nachname Lothar, mit seinem zerbeulten, koreanischen Kleinwagen in der Schlange der gegen den Uhrzeigersinn um das Schnellrestaurant herum Wartenden. Die über Lothars Windschutzscheibe heraufquellenden Abgase des vor ihm jetzt im Schrittempo weiterrollenden Vehikels, antikes Coupé, Ford Capri, türkisfarben, die Hinterköpfe der Mädchen auf der Rückbank entsprechend nostalgisch toupiert, der großformatige Aufkleber über dem Kofferraum einer tribalistischen Tätowierung gleich: schon auf Schulterblättern gesehen und auf Unterarmen, Lothar vermochte nicht zu entscheiden, ob das züngelnde Flammen sein sollten oder die Enden eines Geweihs. Er dagegen solo, sein Auto noch von den Aufklebern des Vorbesitzers verunziert: neben dem Nummernschild drei Würfel, nach oben jeweils die Augenzahl 6 anzeigend, auf der Heckscheibe, für einen Techno-Tempel in Frankfurt werbend, die Silhouette einer unmißverständlich fraulichen Idealfigur, lasziv hingegossen, im Querformat, schwarz, an Scherenschnitte der Altvorderen erinnernd. Wie sollten die hinter ihm, in ihrem hoch aufragenden Land Rover, Lothar daraufhin einschätzen?
Die Schönheit des Gewerbegebiets in der jetzt durch das Gewölk brechenden Nachmittagssonne: Die großzügig, kreuzweise wie ringförmig, angelegten Straßen, die einladend hellen, in Leichtbauweise errichteten, mitunter ins Behäbige ausufernden Anwesen, der kunststoffverarbeitende Betrieb, Bauunternehmungen, der Technische Überwachungsverein, die amtliche Deutsche Post, die regionale Verteilerzentrale des weltweiten privaten Paketdienstes, von enormen Parkplätzen umgebene Supermärkte, Spielsalons, die durch ihr Wahrzeichen, den Turm, weithin sichtbare Großraumdiskothek, die Großwäscherei, die pharmazeutischen Betriebe, die durch ihre betont freundliche Architektur den herkömmlichen Blick irritierende Polizeiwache, die beiden Zeitungen, die Druckerei, Autohändler mit angeschlossenen Vertragswerkstätten. Hochspannungsmasten, Überlandleitungen. In der Ferne die dunklen Spitzen des Nadelwalds, die Schwarze Wand. Dem Schnellrestaurant gegenüber, an die asphaltversiegelte Fläche des Parkplatzes grenzend, ein Gymnasium, eines von mehreren in diesem Viertel, auch Fitneßzentrum genannt, mit Rolltoren aus Plexiglas, dahinter, verschwommen auszumachen, die Sporttreibenden an ihren metallischen Maschinen. Unmittelbarer Blickfang: Ein ausrangierter Doppeldeckerbus der Londoner Verkehrsbetriebe.
Lothar, momentan geblendet an der Biegung der schmalen Fahrspur, vor seiner anstehenden Bestellung, schwenkte die Sichtblende herab, erkannte in dem einmontierten Schminkspiegel, wie die heiligen drei Könige, vier an der Zahl, einer davon im Gewand der Ministranten, aus dem Geländewagen stiegen, allesamt Mädchen, die am Morgen von Haus zu Haus gezogen waren, juvenile Drag Kings im karitativen Auftrag der katholischen Kirche, wie sie auch Lothar vorhin aus dem Schlaf geklingelt, ihre Verse aufgesagt, Weihrauch geschwenkt, Geld für die Welt, Süßes für sich selbst gesammelt sowie mit Kreide die Zahl des angebrochenen neuen Jahres gemeinsam mit dem Kürzel C+M+B für Christus mansionem benedicat, auch Caspar, Melchior, Balthasar, über den Türstock gemalt hatten.
Nun verließ auch eine Frau, wahrscheinlich eine Mutter der Sternsängerinnen, ihr aschblondes Haar zum Pferdeschwanz gebündelt, gewachster englischer Regenmantel in Dunkelgrün, kniehoch seitlich geknöpfte, mit Applikationen verzierte Wildlederstiefel in Beige, das Auto, an der Beifahrerseite, und ging eilig auf das Schnellrestaurant zu. Einer der Könige aus dem Morgenland, unter dessen fließendem Gewand sich erste frauliche Rundungen abzeichneten, rannte kurzentschlossen, den goldbesetzten Saum in die Hand genommen, hinterher. Die anderen, offensichtlich jüngeren, verblieben bei dem Fahrzeug, der Fahrerin, klemmten den auf Pappe gezogenen, mit Stanniol bezogenen, geschweiften Stern von Bethlehem hinter einen der Scheibenwischer. Lothar orderte seinen extra großen Kaffee, bezahlte mit abgezählten, zum Teil im europäischen Ausland geprägten Münzen, rollte weiter vor, nahm am nächsten Fenster den dampfenden Pappbecher aus den manikürten Fingern einer bildhübschen, ihrem Akzent nach russischen Angestellten entgegen, nippte kurz daran und stellte ihn in einer aus dem Armaturenbrett herausklappbaren Halterung ab. Bog auf die belebte Bundesstraße, den Autobahnzubringer, ein. Fuhr in die Stadt.
Jeannine Waterstradt auf ihrer Bettkante, unter der Leselampe, über ihren Büchern. Gore Vidal: Myra Breckinridge, 1968. Parker Tyler: Underground Film, 1969. John Mitzel with Steven Abbott: Myra and Gore, 1974. Gore Vidal: Myron, 1974. Jack Smith: Wait For Me at the Bottom of the Pool, 1997. Jeannine auf der durch ihren eingetroffenen Besucher keineswegs unter- oder abgebrochenen Suche nach Auslassungen über die dominikanische Schauspielerin Maria Montez, den zentralen Gegenstand ihrer laufenden theaterwissenschaftlichen Untersuchung.
Myra Breckinridge, die skandalöse Romanfigur Gore Vidals, des ergebenen Lesers Parker Tylers, vorgeblich Witwe des ertrunkenen Filmkritikers Myron Breckinridge, der ein Buch über den Filmkritiker Parker Tyler in Arbeit hatte, in Wirklichkeit jedoch, chirurgisch modifiziert, kastriert, Myron selbst, im Kino durch die statueske Raquel Welch verkörpert, kehrt sechs Jahre später in Vidals Roman Myron als Myron zurück, phantasiert sich unwiederbringlich in die Kulissen eines 1948er Spielfilms namens Siren of Babylon, eine Anlehnung an Siren of Atlantis, der einen Höhepunkt der Karriere von Maria Montez markiert, und wandelt sich abermals, in auffälliger Kongruenz zu Parker Tylers hier angetriggerten Ausführungen über das in seinen Augen unfehlbare, in Jeannines Freundeskreis jedoch mehrheitlich als Trash eingeschätzte Hollywood-Kino der 1930er und 1940er Jahre, zu Myra und übernimmt, am Set in Maria Montez gefahren, als Maria Montez die Kontrolle des dramatischen Geschehens, fordert, daß Ben-Hur neu, und zwar mit ihr, Maria Montez, verfilmt werde. That’s not much of a part for you, the girl friend of Ben-Hur, sagte der Herr von Metro-Goldwyn-Mayer. Aber Myra, respektive Myron, logisch, daß wir die beiden nicht separieren können, schließlich sind sie ein und dieselbe fiktive Person, verlangte die Hauptrolle, sie wollte Ben-Hur selbst spielen. Der Typ von MGM fragte verblüfft nach: How? Denn Maria Montez, Inbegriff glamouröser Weiblichkeit, war alles andere als wandelbar, worin viele ihre Schwäche, andere ihre Stärke sahen. Und also lautete ihre Antwort: The way I am playing the Siren of Babylon, the way I play everything, like Maria Montez, superstar. MGM: Well, this is an unusual approach, Maria, and I’d better sleep on it. Ich verstehe überhaupt nichts, sagte da Lothar, der seit rund zehn Minuten in seinem kurzen, farblich changierenden Popeline-Mantel auf dem Bettvorleger, einer japanischen Kostbarkeit aus den frühen 1990er Jahren, lag und nur heraufgekommen war, um Jeannine, die noch immer allenfalls halbbekleidet war, zum kaiserlich-königlichen, nämlich österreichisch-ungarischen Essengehen abzuholen; der Daewoo stehe absolut rechtswidrig auf dem Bürgersteig.
Mit seinem Eintreten, dem ersten Blick auf die ihm unbekannten aufgeschlagenen Werke, hatte Lothar seine Ex-Freundin, die nunmehr seine beste Freundin war, darauf aufmerksam gemacht, daß Myra auch ein Anagramm für die Mutter Gottes sei. Gore Vidal hat mit Gott absolut nichts am Hut, war Jeannines etwas barsche Antwort gewesen, hier schwinge allenfalls eine homoerotische Komponente mit, schwule Männer nannten sich gern gegenseitig Mary. Doch war die Liebe zwischen Männern nicht auch eine ausgesprochen katholisch kodierte Spezialität?
Jeannine fand es schwierig, mit Lothar, seit er sein ihr nach wie vor unverständliches Keuschheitsgelübde abgelegt hatte, über sexuelle Angelegenheiten zu diskutieren. Auch hatte sie keine Ahnung, daß in dem Kofferraum seines Autos, in einem Bananenkarton aus der Karibik, vierzehn marianische Bücher lagerten, die er von einem privaten Anbieter elektronisch ersteigert und soeben persönlich in einem dunklen Gebäude mit pittoreskem Ausblick auf das Gewirr der Gleise hinter dem Hauptbahnhof abgeholt hatte, gemeinsam mit einem extensiven Satz der grandios geheimnisvollen Werke Adriennes von Speyr. Ihrer Apokalypse, 1950 herausgegeben, nach seinen Protokollen, von Hans Urs von Balthasar. Dem Allerheiligenbuch, Erster Teil, 1966. Der Theologie der Geschlechter, 1969. Dem Kompendium Das Wort und die Mystik, Erster Teil, Subjektive Mystik, sowie Zweiter Teil, Objektive Mystik, beide 1970 in seinem eigenen Johannes Verlag zu Einsiedeln publiziert von Hans Urs von Balthasar, dessen umfangreiches Werk ebenfalls so bald wie möglich, und so ausführlich wie möglich, gelesen werden mußte. Unvergeßlich gleich die eröffnenden Worte in Unser Auftrag, taubenblauer Schutzumschlag, aus dem Jahr 1984: Dieses Buch hat vor allem einen Zweck: zu verhindern, daß nach meinem Tod der Versuch unternommen wird, mein Werk von dem Adriennes von Speyr zu trennen. Es beweist, daß dies in keiner Hinsicht möglich ist, weder was die Theologie, noch was das begonnene Institut angeht. Damit ist gesagt, daß hier weder eine Biographie Adriennes noch eine Selbstbiographie erwartet werden darf; es geht einzig um das gemeinsame Werk.
Lothar blickte zur Zimmerdecke, als Jeannine sich ihrerseits betont ungeniert ankleidete, versuchte auch das reizvolle Rascheln ihrer Textilien zu überhören und sich statt dessen die Titel der Texte des Theologen Balthasar zu vergegenwärtigen, die er zu Hause in einem südamerikanischen Karton für Bananen aus sogenanntem fairen Handel zusammengestellt hatte. Und wandte sich Jeannine erst wieder zu, als sie sich an das Auftragen ihres abendlich akzentuierten Make-ups machte. Sie schätze es überhaupt nicht, sprach sie sofort in deutlich zugespitztem Ton über ihre Schultern hinweg in seine Richtung, wenn Männer sie beim Ziehen des Lidstrichs musterten, woraufhin es Lothar plötzlich vorkam, als sei er erst als Ehemaliger zu einem Mann im wahren Sinn des Wortes gereift: Zu einem Gaffer, einem Alien. Und also schaute er weg, um ihr nah bleiben zu können.
Jeannines mit sicherer Hand flüssig aufgetragener Lidstrich ließ sich auf Audrey Hepburn in der Verfilmung von Truman Capotes Breakfast at Tiffany’s zurückführen, war in den 1980er Jahren, während Jeannine zu einer jungen Frau heranwuchs, wiedergekehrt und sowohl in ihren Kreisen applikabel geblieben als auch zu ihrem persönlichen Merkmal geworden. Jeannine Waterstradt als die erste Theaterwissenschaftlerin, die Lothar Lothar, der um fünf Jahre Jüngere, außerhalb der Universität kennengelernt hatte. Lothar, der sich im vergangenen Sommersemester dazu berufen gefühlt hatte, den Schwerpunkt seines eigenen, bereits über den akademischen Grad eins Magister Artium hinausgelangten Studiums von den Theaterwissenschaften auf die katholische Theologie zu verlegen.
Jeannines erhobene Stimme, um zwei Ecken, aus dem Badezimmer: Erst postuliert Vidal feierlich, in Romanen, neuartigen Romanen, womit er sich ausdrücklich auf den französischen Nouveau Roman bezieht, solle überhaupt nichts mehr erfunden werden, dann schreibt er in atemberaubendem Tempo, Myra Breckinridge angeblich binnen lächerlicher vier Wochen, diese irren, weitgehend ausgedachten Romane, die er nachträglich als seine Inventions Books bezeichnet. Lothar fielen dazu Bachs formidable Inventionen als Fortentwicklung der italienischen kontrapunktischen Improvisation ein. Und, ob nicht auch eine Invention intentional entlang sehr realer, diskursiv veränderbarer Verabredungen abliefe. Letzten Endes gar nicht einfach, was als fiktiv und was als real zu bezeichnen wäre, wurden sich die ehedem sexuell Liierten einig. Jeannine, jetzt wieder im Bild, ließ kurz ihren Blick auf Lothar ruhen, auf seinem romantischen Lockenkopf, seinen echt süßen Zügen: sie fand ihn noch immer schön, steckte ihr abgegriffenes Taschenbuchexemplar von Gore Vidals Myron in die Brusttasche ihres Parkas, kein richtiger Parka, nicht aus Armeebeständen, sondern aus einer Boutique, und sagte: Wir können.
Die Rouladen waren vorzüglich gewesen, wie jene, die Jeannine stets bestellt hatte, als sie noch in den Sommerferien mit ihren Eltern an den Plattensee reiste, die Teller abserviert, Jeannine, deutlich gelöst, vor ihrem dritten Glas Valpolicella, Lothar, ganz Ohr, vor seiner vierten Orangina. Finally he said, my rehnquist is bigger than your rehnquist, las Jeannine vor. Und Lothar hakte sofort nach: Was soll denn das sein, ein Rehnquist? William Hubbs Rehnquist, ehedem oberster Richter der USA, strenger Hüter der protestantisch-puritanischen Moral des weißen Nordamerikas angelsächsischer Zunge, antwortete Jeannine belustigt, Lothars offensichtliche Ahnungslosigkeit auskostend. Aber es geht hier doch, am Set von Siren of Babylon, ganz unverhohlen um Sexualorgane, insistierte Lothar, so viel habe er auf jeden Fall mitbekommen. Und eben das ist das Tolle, fuhr Jeannine fort, denn Vidal habe in den frühen Ausgaben seines Romans sämtliche von Typen wie Rehnquist auf den Index gesetzten, als obszön eingetragenen Vokabeln durch die Namen eben jener Politiker, Juristen und Geistlichen ersetzt, welche diese für sie be-drohlichen Begriffe erbittert bekämpften. In einer editorischen Notiz vermerkte der Verfasser verschmitzt, so habe er sämtliche schmutzigen Termini durch saubere ausgetauscht. Entsprechend geht es nach der dem erzählenden Ich entgegengehaltenen Behauptung My rehnquist is bigger than your rehnquist mit der folgenden Sentenz weiter: I doubt that, I said coolly, knowing what a remarkable thing Dr. Mengers was able to make for me after I was run over by that car and lost forever Myra’s silicone father hills, hier benannt nach dem real existierenden Jesuiten Father Morton Hill S.J., and so was able after the auto accident to be restored to my original manhood, except of course that I had had my male organs removed some years ago in Denmark when I was Myra and so it took all of Dr. Mengers’ genius to roll a sizeable cylinder of skin and flesh from the inside of my left thigh.
Lothar suchte, sichtlich von Unbehagen befallen, nach Worten und fand schließlich die folgenden: Inbrünstig schob er den mächtigen Schönbohm zwischen ihre aufgespritzten Schilys. Glaubst du, Jeannine, unsere politischen Ordnungshüter, die aus dem Volk gewählten, Jörg Schönbohm, CDU, Otto Schily, SPD, würden sich eine derartige Formulierung in einem anspruchsvollen Roman gefallen lassen? Lothars Ex aber war längst ins freie Rekapitulieren der angefangenen, halbwirklichen respektive überwirklichen Szene übergegangen. Andauernd werden die Protagonisten von 1948 und ihre unsichtbaren Zaungäste von 1973, darunter Myron Breckinridge, ein- und ausgeblendet sowie mit harten Schnitten in gänzlich andere Bilder katapultiert. In Anbetracht einer dürftigen Schiffsattrappe, die in Richtung Thule ablegen soll, sagt einer: Wir wissen ganz genau, daß hier irgendwo eine Kamera steht, schließlich hören wir hin und wieder die Stimme des Regisseurs; ausgesprochen religiöse Stelle, Lothar. Das ist ein Trick, sagt ein anderer, sie tun nur so, als gebe es einen Regisseur. Es muß einfach einen Regisseur geben, Süßer, sagt wieder der erste, wir alle haben doch den Film gesehen und immer wieder auch den Abspann durchgelesen, und also wissen wir, daß dieser Film von Benjamin R. Laskie gedreht wurde. Irgendwo da hinten wird er sein. Im Juni und Juli 1948 drehte Benjamin R. Laskie den Spielfilm Siren of Babylon im rückwärtigen Teil des Geländes von Metro-Goldwyn-Mayer. Gegenrede des anderen: Du glaubst, daß er da hinten ist, aber ich weiß zufällig ganz genau, daß er es nicht ist, du Rehnquistlutscher.
Nun war es an Lothar, Jeannine zu berichten, wie er vergangenes Jahr an einer von dem Künstlerseelsorger des erzbischöflichen Ordinariats abgehaltenen Abendandacht teilgenommen hatte, einem Jesuiten, der darin aus William T. Vollmans Roman Huren für Gloria vorgelesen hatte, einem jesuitisch erzogenen, in dem zitierten Werk drastischen Darstellungen menschlicher Sexualität hingegebenen US-amerikanischen Schriftsteller, und doch hätten sich dessen die landläufige Moral extrem erschütternden Worte in den Dienst festen katholischen Glaubens stellen lassen. Lothar habe sich das umstrittene Buch in der von dem ebenfalls jesuitisch erzogenen Thomas Melle ins Deutsche gebrachten Ausgabe gleich am nächsten Tag gekauft, die durch den Pater der Gesellschaft Jesu vorgetragene Stelle aber, beim besten Willen, nicht wiederfinden können, obwohl gleich auf der ersten Seite ein die zwischenmenschliche Liebe betreffendes Motto aus den Exerzitien des Ignatius von Loyola, welcher der sechsjährigen Adrienne von Speyr in Chaux-de-Fonds erschienen war, zu entdecken sei. Alles viel zu hart, graphisch, explizit. Trostlos. Doch in der Kirche, am Abend zuvor, hatte es funktioniert, sagte Lothar. Den verborgenen katholischen Gehalt des von Gore Vidal, nun wirklich einem Agnostiker, wiederholte Jeannine, beschworenen Szenarios können wir am ehesten über die dominikanische Ikone Maria Montez oder, noch präziser, den puertoricanischen Underdog Mario Montez, ihren devoten, von Parker Tyler besungenen, von Jack Smith und Andy Warhol in der ersten Hälfte der 1960er Jahre für ihre sagenumwobenen Underground Movies in New York City engagierten Wiedergänger, erschließen. Diesem produktiven Kontext hatte Vidal offenbar auch den Einfall entliehen, seine ambige Romanfigur in die von Jack Smith als butterweich gepriesene Haut der göttlichen Maria Montez fahren zu lassen.
Jeannine und Lothar hatten sich entschlossen, auf noch ein Getränk in ein anderes Lokal weiterzuziehen, wollten zunächst ins Josef gehen, aber das Josef erwies sich als überfüllt, und im Maria, selber Besitzer, gegenüberliegende Straßenseite, saßen Leute, die Jeannine jetzt nicht treffen wollte. Also landeten die beiden einige Straßenecken weiter in einem erst jüngst eröffneten Hamburger Joint samt ordentlichem Diskjockey, der, vor nagelneuen Plattenspielern, die anwesenden Gäste mit gepflegter, aber kaum gedämpfter Downbeat-Musik beschallte. Nun bekam auch Lothar Lust auf etwas Alkoholisches und bestellte sich, wie Jeannine, einen Cocktail. Er könne, meinte sie, seinen Wagen ja stehenlassen und, allenfalls zwanzig Minuten Fußmarsch von hier, noch einmal, ein wirklich letztes Mal, bei ihr übernachten; sei es auch auf dem synthetischen Bettvorleger, sei es auch in der trockenen Badewanne. Oder durchmachen, überlegte Lothar.
Da tauchte, unmittelbar vor ihnen, wie aus dem Nichts, eine attraktive Frau, die sich von allen anderen abhob, auf, mit langem, kastanienbraunem Haar, großen, feucht glänzenden Augen und einem unmißverständlich suchenden Blick, der für die Dauer einer Sekunde auch den des auf Anhieb wie paralysierten Lothar traf. Die Frau von, so schätzte Jeannine, bestimmt fünfunddreißig Jahren drehte sich langsam um ihre Achse, ging an die Bar, lehnte sich rücklings an den Tresen, legte ihre grazilen Ellenbogen darauf und ließ ihren Blick so lange auf Lothar ruhen, bis er sich wie in Trance erhob, zu ihr trat und leise sprach: Kennen wir uns?
Ich weiß nicht, antwortete die Unbekannte und stellte sich, in einem eigentümlichen Akzent, mit weich rollendem Buchstaben R, als Mary Lou Mackay vor. Und Lothar parierte sofort: Lothar Lothar, Vorname auf der ersten, Nachname auf der zweiten Silbe betont. Jeannine Rehnquist sagte, demonstrativ blasiert, Jeannine, die in dieser Szene offensichtlich überhaupt nicht gefragt war, und stand instinktiv auf, um ihr Make-up nachzubessern. Mary Lou nahm augenblicklich ihren Stuhl ein. Sie stamme aus Kylesku, Sutherland, dem hohen Norden Schottlands, erklärte sie, lebe aber schon seit 2002 in dieser Stadt. Theoretisch denkbar, daß Lothar und sie sich in den vergangenen Jahren irgendwo begegnet seien, aber in ein Gespräch miteinander, Mary Lou schüttelte nachdrücklich ihren Kopf, seien sie ganz gewiß zu keinem Zeitpunkt geraten. Obwohl ihre auffallende Eleganz alles andere als zeitlos war, kam Mary Lou Mackay Lothar Lothar wie die sprichwörtliche Frau ohne Alter vor. Die faszinierende Aura einer Allgemeingültigkeit, fand er, umgab diese Person. Ein von seinem Papa verwöhntes Geschöpf wahrscheinlich, eine Prinzessin, der Unbeschwertheit ihrer Mädchenjahre entwachsen. Wäre es nicht naheliegend, eine solch vornehme Erscheinung zu siezen? Es ließen sich ja auch Sentenzen formulieren, in denen sowohl die distanzierte Anrede per Sie als auch das womöglich zu aufdringliche Du umgangen wurde. Vielleicht erst einmal am ratsamsten, befand Lothar, wenngleich es unter dem Strich einen extrem gewöhnungsbedürftigen Tonfall abwarf.
Jeannine, mittlerweile von der Toilette zurückgekehrt, wieder oben, an eine Säule gelehnt, mit, eigentlich Nichtraucherin, dem umständlichen Anzünden einer Zigarette beschäftigt. Wenig freundliche Seitenblicke in Richtung Lothar und Mary Lou werfend. Nachdem der Auftritt der Fremden etwas Forderndes, ja Aufforderndes gehabt hatte, war es Lothar zugefallen, alle weiterführenden Fragen zu stellen und sich gegebenenfalls auch mit unzureichenden Antworten begnügen zu müssen. Womöglich die noch immer wie unter einer Art Zauber stehende Situation in dem von überwiegend jüngeren Nachtschwärmern belebten Hamburger Joint auch zu zerreden, worin er sich vor Jeannine wiederholt als unglückseliger Spezialist erwiesen hatte.
Well, einem Mann von blendendem Äußeren sei sie in diese Stadt gefolgt, bekannte Mary Lou offenherzig und fügte, im selben Atemzug, ungefragt hinzu, ihrem heutigen Ex-Freund, einem fachlich talentierten, in privaten Angelegenheiten hingegen überforderten, chronisch schwermü-tigen, mittlerweile dem allabendlichen Konsum von Kokain verfallenen Physiker aus Aberdeen. Ihre Eltern, in die karge, wildromantische Einsamkeit am Loch Assynt gezogene Aussteiger aus Inverness, er Steinmetz, sie Lyrikerin, hatten Mary Lou nach der afrikanisch-amerikanischen Pianistin Mary Lou Williams benannt. In London habe sie dann, Anfang der 1990er Jahre, selbst Jazz Piano studiert, als es eigentlich kein Jazz Piano mehr gab, sagte sie. Um ein Haar wäre sie übrigens auf den Namen Jutta, nach der auf ungewöhnliche Weise frühvollendeten deutschen Pianistin Jutta Hipp, getauft worden. Okay, erwiderte Lothar gedehnt und hob, sichtlich erstaunt, seine Augenbrauen.
Und also redeten der seit jeher an Jazz interessierte Student und die so offensichtlich an seiner näheren Bekanntschaft interessierte Jazzmusikerin über die Jazzmusikerin Jutta Hipp. Ihre Jugend in Leipzig unter den Nazis, wo sie bereits als Teenager in antifaschistischen Swing Combos Klavier gespielt hatte. Sie trug stets blaue Seidenstrümpfe mit einer roten Naht vorn draufgemalt, und roten Herzen auf den Knien, wußte Mary Lou. Und da Jutta, wie alle Teenager, anders als die anderen sein wollte, spazierte sie oft einen ganzen Häuserblock lang rückwärts, um zu prüfen, ob sich jemand darüber aufregte und ihn dann anzulächeln. Mary Lou erzählte auch, wie Jutta Hipp dem New Yorker die Befreiung Leipzigs durch die U.S. Army und ihre erste Begegnung mit deren Soldaten geschildert hatte: Wir waren sehr glücklich, als sie kamen, und holten all unsere Jazzplatten heraus, um sie ihnen vorzuspielen. Keine Reaktion. Wir waren schrecklich gekränkt, bis wir begriffen, worin unser Irrtum gelegen hatte: Diese GIs mochten gar keinen Jazz. Sie mochten Hillbilly Music.
Eine Stunde nach Jeannine verließen auch Lothar und Mary Lou den Hamburger Joint. Sie hatten Bier, Sekt, Wodka Lemon und Gin Tonic getrunken. Sie hatte beim Reden ihre Nase in sein Ohr gesteckt, und beider Knie hatten sich berührt. Auf der Straße steuerten sie den nächsten Taxistand an, ließen ihn aber links liegen. In der wie ausgestorben wirkenden Fußgängerzone spielte Mary Lou Lothar einen Schwächeanfall vor, um sich für den weiteren Weg bei ihm einhaken, für einen kurzen Augenblick auch ihren Kopf an seine Schulter lehnen zu können. Sich regelrecht an ihn zu schmiegen. Lothar hingegen steif, in Gedanken an sein erst unlängst hoch und heilig abgelegtes himmlisches Versprechen. Wiederholt hielten die beiden an und spiegelten sich unter Straßenlaternen in großen, verdunkelten Schaufenstern. Sie sahen wie ein Paar aus, befanden sie, wie Mann und Frau. Am vierten oder fünften Taxistand, im Angesicht der Staatsoper und noch vor Anbruch des Tageslichts, tauschten sie ihre Telefonnummern aus. Mary Lou fragte: Zwei Taxis oder ein Taxi? Lothar antwortete: Ein Taxi, und du wirst es nehmen. Ich muß mich auf die Suche nach meinem Auto begeben. Und in dem Auto eine Mütze Schlaf nehmen. Mich ein bißchen ausnüchtern, bevor ich die Stadt wieder verlasse. Dann trat Mary Lou in ihrer ganzen Schönheit sehr dicht vor Lothar und sagte, kaum hörbar: Trau dich. Und drückte sehr zärtlich einen Kuß auf seine zusammengepreßten Lippen. Und wich, deutlich überrascht, wieder zurück. Lothar wandte sich, übertrieben schwungvoll, dem vordersten bereitstehenden Taxi zu, riß dessen hintere rechte Tür auf und gab Mary Lou, während sie sich mit damenhafter Anmut ins Innere gleiten ließ, einen so flüchtigen wie ernsthaft verlegenen Kuß auf das rechte Ohr. Und flüsterte ihr zum Abschied, ziemlich hilflos, die Worte Ich bin dumm zu. Schlug die Wagentür zu und schaute dem sich in der fahlen Morgendämmerung entfernenden Taxi hinterher. Und geriet ins Grübeln über sein Gelübde.
Maria Montez, die schönste Frau der Welt, 1912 in Barahona, einer wenig ansehnlichen, von einer großen Zuckerfabrik überschatteten Küstenstadt der Dominikanischen Republik geboren, wenngleich ihr Grabstein auf dem Pariser Cimetière de Montparnasse sie als um sechs Jahre jünger ausweist, am 7. September 1951 verstorben in der Badewanne ihres Pariser Domizils, nach einigen Quellen an den Folgen einer Schlankheitskur, überhitzten, womöglich überdosierten Bädern in einer Art Salzlake. Siehe auch Mario Montez in Jack Smiths Film Normal Love, wie er divenhaft geschmeidig in einem milchig weiß verfärbten Vollbad liegt. Hatte sich Gore Vidal in Myron nicht sogar ein tödliches Bad in heißem Paraffin ausgemalt? Jeannine Waterstradt wollte die entsprechende Stelle nachschlagen, erhob sich von ihrem Bett, griff nach ihrer silbernen Umhängetasche und stellte erschrocken fest, daß sie ihr Exemplar von Vidals Roman in dem ungarischen Restaurant liegengelassen hatte. Rief dort gleich an: es war noch da, wurde für sie zurückgelegt. In Barahona wurde eine vierundzwanzigstündige Trauer ausgerufen. Zehn Tage nach ihrem Ableben wurde eine Straße namens Prolongación de la Uruguay nach Maria Montez umbenannt. Am 19. September pilgerten in der Hauptstadt Santo Domingo Hunderte von Menschen in das Santomé-Kino, um einer Gedenkveranstaltung an die Queen of Technicolor beizuwohnen. Bevor die Spielfilme Arabian Nights und Ali Baba and the 40 Thieves gezeigt wurden, erhob sich das Publikum für eine Schweigeminute aus dem Gestühl. Noch im Mai 1998 wurde ein Stern aus Bronze für Maria Montez in den Bulevar de la Juventud y de las Estrellas an Santo Domingos Winston Churchill Avenue eingelassen.
Als junges Mädchen war sie in ein Kloster auf der kanarischen Insel Teneriffa gesteckt worden, ausgerissen und hatte sich, wie später in ihren Filmen, im Urwald verborgen. Dann war sie durch Europa gezogen und mit ihrem ersten Ehemann in Puerto Rico und ohne ihn 1939 in New York gelandet, das sie im Nu als High Fashion Model eroberte. Anfang der 1940er Jahre endlich die Ankunft in Hollywood. Jeannine jetzt wieder auf ihrem Bett, online.
To: Universal Studios Home Video Dept. We the fans of Maria Montez petition Universal Studios Home Video to bring more of her movies to the Video / DVD market. Such movies as White Savage, Cobra Woman, Gypsy Wildcat, et cetera, are greatly wanted by not only her fans but the general movie collecting public as well. Sincerely, the Undersigned. Click here to sign petition. Und Jeannine Waterstradt reihte sich in die Schar der Flehenden ein. View current signatures: Aus Datenschutzgründen leider unterbunden. The Maria Montez Movie Petition to Universal Studios Home Video Department was created and written by Luci Fox.
International Movie Database: Gypsy Wildcat. 6 out of 6 users found the following comment useful: Of the so-called Universal Tits & Sand Maria Montez Easterns, Gypsy Wildcat was a departure in that there was very little, if any, sand. Maria Montez keeps on most of her clothes, even managing to keep the mid-riff covered for much of the running time, and although she isn’t much of an actress, she is gorgeous, no, breath-taking, and she knows how to handle the stuff they’ve laid out for her to do. Jeannine mußte an Jack Smiths berühmten Satz über Montez, die ihm als ferne Muse diente, denken: Was sie macht, ist das, wofür Schauspielen der Ersatz ist.
Während der Dreharbeiten zu Gypsy Wildcat, Los Angeles im Oktober 1943, bekam Maria Montez von Flor de Oro Trujillo, Tochter des dominikanischen Diktators Rafael Léonidas Trujillo Molina, einen Orden verliehen, der sie in den Offiziersstand versetzte. Laut Jeannines einstmaligem Kommilitonen Gustav war diese Art der Ehre keiner weiteren Bürgerin der Dominikanischen Republik widerfahren. Vier Jahre später personifizierte sie für Max Ophüls, in dessen Spielfilm The Exile, eine Feldmarschallin. Registerkarten schließen, zurück zu Eigene Dateien.
Hubert Fichte, Schriftsteller, gemeinsam mit Leonore Mau, Fotografin, Lebensgefährtin, in Santo Domingo. Vertrackte Story, dachte Jeannine Waterstradt, die Fichte 1980 seinem nach Xango zweiten ethnopoetischen Roman, Petersilie, unterbetitelt Die afroamerikanischen Religionen, Santo Domingo, Venezuela, Miami, Grenada, vorangestellt hatte: Am 2. Oktober 1937 ließ Trujillo, der Staatschef der Dominikanischen Republik, 20 000 Neger ermorden. Sie wurden von den Exekutionskommandos gezwungen, das spanische Wort für Petersilie, Perejil, auszusprechen; Trujillo gab vor, die dominikanischen Schwarzen zu schützen; nur die haitianischen Zuckerarbeiter sollten ausgerottet werden. Man behauptet, daß die Haitianer kein R aussprechen können. Jedem, der Pelejil sagte, wurde der Kopf abgeschlagen.
Gert Eisenbürger, Informationsstelle Lateinamerika, Bonn, 1994: Die Dominikanische Republik bot für eine promovierte Philosophin und einen promovierten Altphilologen beziehungsweise klassischen Archäologen sicher nicht allzu viele Arbeitsmöglichkeiten. Hilde Domin: Ich mietete ein kleines Haus mit vier Zimmern und vermietete die Hälfte an einen US-amerikanischen Studenten und seine Frau so unter, daß man gemeinsam essen konnte. Dann begann Palm sehr schnell, sich mit dominikanischen Baudenkmälern zu befassen. Er übte eine unvorhergesehene Pioniertätigkeit aus, was die alte Architektur dort betraf. Nach österreichischem Vorbild arbeitete er die Denkmalschutzgesetzgebung der Dominikanischen Republik aus, die heute noch gilt. Eisenbürger: In der Dominikanischen Republik herrschte in den dreißiger, vierziger und fünfziger Jahren mit Rafael Trujillo ein äußerst gefürchteter Diktator, der sowohl seine politischen Gegner verfolgte, als auch mehr als zehntausend Haitianer und Haitianerinnen ermorden ließ. Domin: Die Haitianer und die Dominikaner waren verfeindet. Das eine Land hat eine spanische Tradition, und Haiti steht in französischer Tradition. Die Feindschaft ist aber keine der Hautfarbe, wie man sich heute vorstellt. Vielmehr gab es eine Art Kriegssituation. Haiti hatte auch einmal Santo Domingo besetzt. Schnitt. Als wir 1940 ankamen, hatte die Spannung schon nachgelassen, alles war entweder vorher oder nach unserem Weggehen. Schnitt. Als wir schon weg waren, ist einer unserer dominikanischen Freunde, ein Arzt, umgekommen. Er hatte Besuch von Freunden aus den USA und hat ihnen wohl irgendwelche Geheimnisse über die physische Befindlichkeit des Diktators erzählt. Dieser Mann wurde wenig später, tot in seinem Auto sitzend, aus dem Hafenbecken gefischt.
April 1974. Hubert Fichte, respektive dessen in den meisten seiner Romane vorgeschicktes Alter Ego Jäcki, in einer Verabredung mit Pedro, der als untersetzt, hübsch und germanophil skizziert wird. Als sie durch die Altstadt Santo Domingos fahren, weiß Pedro zu jedem Kolonialhaus, zu jedem Jugendstilhaus, zu jedem Bau der Ära Trujillo das Baujahr zu nennen. Die Architektur der Dominikanischen Republik wird in der Oberschule durchgenommen. Ich möchte, daß Sie einen persönlichen Eindruck von Balaguer bekommen, sagt Pedro. Von Jeannine, per Bleistift, am Rand ergänzt: Joaquín Antonio Balaguer Ricardo, 1906 geboren, einer der bekanntesten Schriftsteller im spanischen Sprachraum, mit vierundzwanzig Jahren in die Dienste der Trujillo-Diktatur getreten, die das Land von 1930 bis 1961, als Trujillo getötet werden konnte, beherrschte, dann wurde er selbst, von 1966 bis 1996, mit Unterbrechungen, doch steter Unterstützung der USA, autoritärer Staatspräsident der Dominikanischen Republik. Am 27. April 1996 eröffnete er noch den Aeropuerto Internacional Maria Montez in Barahona. Pedro zu Jäckie: Könnten Sie ihm nicht einige Fragen schriftlich einreichen und dann zu einer Begrüßung in den Präsidentenpalast kommen?
Eisenbürger: In Meine Wohnungen beschreiben Sie den Besuch Emil Ludwigs in Santo Domingo. Nach diesem Bericht scheinen Sie und Ihr Mann auch Angst vor dem Unterdrückungsapparat der Trujillo-Diktatur gehabt zu haben? Domin: Ganz sicher. Wir hatten Angst, daß Emil Ludwig vielleicht unerfreuliche Sachen erzählen würde. Wir, Erwin und ich, waren ihm als offizielle Begleitung zugeordnet. Er war auf Einladung der dominikanischen Regierung da und fuhr im Wagen Nr. 1, dem Wagen des Präsidenten, durch die Republik. Trujillo hoffte, ebenso wie der kubanische Diktator Batista, daß Emil Ludwig eine Biographie über ihn schreiben würde. Aber Ludwig hat weder über den Kubaner noch über Trujillo geschrieben, und für uns, die ihm offiziell beigegeben waren, war es eine heikle Sache, daß er abreiste, ohne sich für eine Biographie von Trujillo zu entscheiden. Dann gab es Dinge, die man sich heute gar nicht vorstellen kann. Ludwig wohnte in dem damals elegantesten Hotel der Stadt. Eines Nachts stiegen Studenten über die Hauswand in sein Zimmer ein und teilten ihm mit, wenn er etwas über die Dominikanische Republik schreiben wolle, müsse er wissen, daß das Land keine Demokratie, sondern eine Diktatur sei. Wir baten Emil Ludwig, er solle bitte über solche Sachen den Mund halten, denn dann wären wir gefährdet. Ludwig war fabelhaft, absolut diskret.
Hubert Fichte, der Balaguers Antipoden interviewt, den, wie Balaguer, weltbekannten Schriftsteller Juan Bosch Gaviño, 1909 bis 2001, der 1962 aus den ersten freien Wahlen der Dominikanischen Republik als Sieger hervorging, doch schon wenige Monate später in einem von General Elías Wessin y Wessin angeführten, durch den Geheimdienst der USA geförderten Militärputsch wieder gestürzt wurde. Frage: Herr Professor, Sie sind Politiker und Ro-mancier; wie lösen Sie den Widerspruch zwischen taktischer und literarischer Ausdrucksweise? Antwort: Für mich ist die Lösung sehr einfach, denn das dominikanische Volk hat eine sehr unkomplizierte Ausdrucksweise. Hier sind noch keine Feldstudien angestellt worden, um herauszufinden, wie viele Wörter der Dominikaner aus dem Volk im Alltag, bei seinen alltäglichen Verrichtungen anwendet. Ich glaube, er benützt etwa 2 000 Wörter. Wenn ich also zum Volk spreche, benütze ich keine anderen Wörter als diejenigen, die im Lexikon des Volkes existieren. Ich benütze nicht mehr Wörter als das Volk, und ich benütze wirklich alle Wörter des Volkes. Wenn ich Essays und Romane schreibe, benütze ich eine andre Sprache, die Sprache des Schriftstellers.
Eisenbürger: In mehreren Texten schreiben Sie, daß Sie 1952 in Santo Domingo zum zweiten Mal geboren wurden, als Sie neununddreißigjährig begannen, Gedichte zu schreiben. War dieser Gedanke, zu schreiben, immer schon in Ihrem Kopf? Domin: Nein. Ich hatte niemals vor, schriftstellerisch tätig zu werden. Nach dem Tode meiner Mutter erlitt ich einen Schock und begann zu schreiben. Eisenbürger: Hat der Name Domin, den Sie heute tragen, etwas mit Ihrem Exilland zu tun? Domin: Der Name kommt aus dem Exil. Domin kommt von Santo Domingo. Als ich im Jahre 1954 in der Bundesrepublik ankam und die Frage der Veröffentlichung meiner Gedichte aufkam, sagte ich, daß ich nie unter dem Namen Palm veröffentlichen würde. Deshalb schlug Wolfgang Weyrauch vor, ich solle unter dem Namen Domin publizieren, weil ich in Santo Domingo zu schreiben begonnen hätte.
Gründonnerstag, den 17. April 1974: Ich fahre gegen acht Uhr abends mit dem Minibus nach La Vega. Der riesige Phallus der Zuckerfabrik qualmt auch nachts. Ich gehe durch die Arbeitersiedlungen. Tuten. Mehrere Tuten tuten. An einem silbernen Wasserreservoir eine Laubhütte aus Bananenblättern. Vier Neger blasen in Muschelhörner hinein. Am Mittelpfeiler in der Laubhütte hängen Peitsche und Kerosinlampe. Papierfähnchen unter dem Blätterdach. Draußen um eine Eisenstange brennende Holzkloben. Die Kulthelfer gießen Benzin über die Stange, das blufft auf, es sieht aus, als explodiere die Eisenstange. Vier Bambusflöten, eine Rassel, Ratschen: gekerbte Bambusstücke, über die mit kleinen Stöcken gestrichen wird. Drei Trommeln: Eine große, die steht auf dem Boden, eine doppelt bespannte Umhängetrommel, eine ganz kleine. Dreihundert Gläubige kommen zusammen. Sie sprechen haitianisches Kreolisch und singen Gesänge, die ich schon in den Tempeln von Haiti gehört habe. Aber keine heiligen Tänze. Einige der Zuckerarbeiter hüpfen auf der Stelle. Der Priester, der Houngan, der Gangan, der Gaga heißt Antoine. Drei Königinnen, drei Reinas lassen Houngan Antoine hochleben. Kostüme, Koffer, Taschen werden um den Mittelpfeiler gestapelt. Der Bautismo beginnt: eine katholische Litanei. Ein paar Schritte weiter, in einer anderen Laubhütte, hält ein zweiter Gaga seine Zeremonie ab. Dort springen die Gläubigen über das Holzfeuer. Es gibt auch einen Maricon, einen Schwulen. Die Männer kichern und weisen mit Fingern auf ihn: Da ist der Maricon. Da ist der Maricon. Als ich gegen Mitternacht zurückgehe, stechen zwei Betrunkene aufeinander ein. Wegen einer Frau, sagt ein Zuckerarbeiter. Um vier Uhr morgens gehen sie alle auf den Friedhof zum Baron del Cementerio und kaufen sich einen Heiligen, einen Geist, einen Toten für sieben Jahre. Sie legen sieben Centavos auf den Friedhof. Baron Samedi, der haitianische Totengott Freiherr von Sonnabend ist hier, auf der anderen Seite der Grenze, zum Baron des Friedhofs geworden.
Domenico Zipoli, Martin Schmid, Francisco Varayu, Julian Atirahú, Anónimo, Ennio Morricone: Barocke Jesuitenmusik aus den Urwäldern Südamerikas. Sonidos de la Tierra, Paraguay, unter der Leitung von Luis Szarán. Live mitgeschnitten am 22. April 2006 in der Münchner Jesuitenkirche St. Michael, wo Hans Urs von Balthasar siebzig Jahre zuvor die Priesterweihe erfuhr, in Zusammenarbeit mit der Jesuitenmission. Track 1, Zipoli, 1688 bis 1726: Entrata, Orgelsolo.
Lothar unterdessen über seinem südamerikanischen Bananenkarton. Die Entwicklung der musikalischen Idee, Versuch einer Synthese zur Musik, ursprünglich 1925 erschienen bei Fritz Bartels’ Musikalienhandlung, Braunschweig, in der ihm vorliegenden Ausgabe des Johannes Verlags, Einsiedeln und Freiburg, 1998, erweitert durch den Aufsatz Bekenntnis zu Mozart, Neue Zürcher Zeitung, 1955. Apokalypse der deutschen Seele, Studien zu einer Lehre von den letzten Handlungen, Band I, Der deutsche Idealismus, erste Auflage im Verlag Anton Pustet, Salzburg und Leipzig, 1937, zweite unveränderte Auflage unter dem Titel Prometheus, F. H. Kerle Verlag, Heidelberg, 1947, Band II, Im Zeichen Nietzsches, und Band III, Die Vergöttlichung des Todes, in ihren ersten Ausgaben bei Anton Pustet, Salzburg und Leipzig, 1939, alle drei Bände in der Studienausgabe des Johannes Verlags, Einsiedeln und Freiburg, 1998, die Lothar im Schaufenster eines für autonome politische Haltungen bekannten Modernen Antiquariats in der Nähe der Universität entdeckt hatte. Kosmische Liturgie, Maximus der Bekenner, Höhe und Krise des griechischen Weltbildes, Herder & Co. Verlagsbuchhandlung, Freiburg, 1941. Einsame Zwiesprache, Martin Buber und das Christentum, mit einem an Weihnachten 1957 verfaßten Vorwort, 2. Auflage im Johannes Verlag, Einsiedeln und Freiburg, 1993. Herrlichkeit, Eine theologische Ästhetik, Band I, Schau der Gestalt, kirchliche, wohl durch Hans Urs von Balthasars mit seinem Scheiden aus dem Jesuitenorden eingetretene Heimatlosigkeit notwendig gewordene Druckerlaubnis des bischöflichen Ordinariats Chur vom 25. April 1961, 3. Auflage im Johannes Verlag, Einsiedeln und Trier, 1988, Band II, Fächer der Stile, Teil 2, Laikale Stile, kirchliche Druckerlaubnis von 1962, 3. Auflage im Johannes Verlag, Einsiedeln, 1984; hier mußten ganz unbedingt noch die übrigen Bände beschafft werden. Glaubhaft ist nur Liebe, Johannes Verlag, Einsiedeln, 1963. Cordula oder der Ernstfall, Druckerlaubnis 1963, Johannes Verlag, Einsiedeln und Trier, 1987. Schwestern im Geist, Therese von Lisieux und Elisabeth von Dijon, Johannes Verlag, Einsiedeln, 1970. Maria, Kirche im Ursprung, gemeinsam mit Joseph Kardinal Ratzinger, Texte von 1972 bis 1995, Johannes Verlag, Einsiedeln und Freiburg, 4. erweiterte Auflage, 1997. Unser Auftrag, Bericht und Weisung, Johannes Verlag, Einsiedeln, 1984. Kleiner Diskurs über die Hölle, in dem Lothar auf Balthasars vielzitierte These Die Hölle ist leer zu stoßen hoffte, Schwabenverlag AG, Ostfildern, 1987, in der 1999er Neuausgabe des Johannes Verlags, Einsiedeln und Freiburg, die durch eine 1988 in Trier gehaltene Gastvorlesung mit dem Titel Apokatastasis ergänzt wurde, was sich mit Wiederherstellung allgemeiner Vollkommenheit in der Weltendzeit übersetzen ließ. Schließlich: Erster Blick auf Adrienne von Speyr, Johannes Verlag, Einsiedeln und Trier, 1989, ursprünglich bereits im Jahr nach dem Verlust Adriennes verfaßt, als Balthasar auch seine Stereoanlage verschenkte, weil er sie für seine Art und Weise der, Lothars Term, unbefleckten musikalischen Empfängnis nicht weiter benötigte: Er kenne Mozarts gesamtes Werk auswendig, sehe im Geist die Partitur vor sich und höre die Musik.
1987, zwanzig Jahre nach dem Ableben Adriennes von Speyr, ein Jahr vor seinem eigenen, erhält Hans Urs von Balthasar den Wolfgang-Amadeus-Mozart-Preis der Stadt Innsbruck und führt in seiner Dankesrede an: Ich hatte als Klavierlehrerin eine alte Dame, die Schülerin von Clara Schumann gewesen war, die mich in die Romantik einführte, deren letzte Ausläufer ich als Student in Wien auskostete, besonders Mahler. Das alles nahm ein Ende, als ich Mozart ins Ohr bekam, der dieses Ohr bis heute nicht wieder verließ; so teuer mir in den reifen Jahren auch Bach und Schubert blieben, Mozart war der unverrückbare Polarstern.
Track 10, Anónimo, 17. Jahrhundert: Ára vale háva pehendu Ava. Luis Szarán schreibt im der CD beiliegenden Booklet: Mehr als 150 Jahre bestanden die berühmten Reduktionen, und ihr Einfluß hat die Kulturen der Missionsdörfer bis heute zutiefst geprägt: Das Überleben der Guaraní-Sprache, der Stil eines solidarischen Lebens, den man hier in einer Weise lebt wie sonst nirgendwo auf der Welt, und vor allem die Entwicklung einer musikalischen Intelligenz. Schwarzweißaufnahme: Dorforchester in Paraguay. Wer tagsüber Mozart spielt, wirft nachts keine Fensterscheiben ein. Martin Schmid S. J. in einem Brief aus dem Jahr 1744: Die Obern haben mir befohlen, die Musik in diese Missionen einzuführen. Alle Dörfer haben jetzt ihre Orgel, viele Geigen und Baßgeigen aus Zedernholz, Clavicordia, Spinette, Harfen, Trompeten, Schalmeien. Diese Indianerknaben sind ausgemachte Musikanten; sie statten alle Tage in den heiligen Messen mit ihrem Singen und Musizieren dem Herrgott das schuldige Dankeslob ab. Historischer Hintergrund: Von 1609 bis 1767, als sie von der spanischen Krone zerschlagen wurden, bildeten die südamerikanischen Missionsstationen der Jesuiten ein, laut CD Booklet, antikoloniales Experiment. Hunderttausende Indianer wurden in festen Siedlungen, die als Jesuiten-Reduktionen bekannt wurden, seßhaft sowie mit den jesuitischen Vorstellungen von Evangelisierung und kulturellem Fortschritt vertraut gemacht, nicht zuletzt vor der Verschleppung durch Sklavenjäger respektive der Unterdrückung und Ausbeutung durch die Kolonialherren, die in den Siedlungen des heiligen Experiments keinen Zutritt hatten, in Schutz genommen, las Lothar. Track 18, Morricone, aus dem Spielfilm Mission, 1986: Vita nostra.
Am Sonntag, den 26. Mai, treffen sich zwanzig Neger und fahren in einem klappernden Bus zu einer Landkapelle nach Marguerita. Bei der Ankunft bilden sich zwei Fronten, die Bauern auf der einen Seite, die Bewohner der Slums auf der andern. Fahnen, Kränze, Heiligenscheine. Sie gehen aufeinander zu, streben wieder voneinander weg. Umzüge um die Kapelle. Am Popaltar aus Blumen, Heiligenbildchen, Votivgaben, Plastik. Gebete. Trommeln werden geschlagen. Hymnen und Ratschen. Die Frauen kochen am offenen Feuer eine Suppe. Dazu gibt es Rum. Satt und blau kehren wir alle zur Andacht zurück. Afrikanisch sind nicht mehr die Namen der Heiligen, die Rosenkränze, die Texte der Lieder, nur das Singen noch, das bebende Falsett der Männer, und die Trommeln, und das Schlagen mit einem Eisenstab auf eine Hacke. Agogo, die Zeit, bei den Yoruba, in Nigeria und in Brasilien und Haiti. Das Gesicht eines alten Mannes beginnt zu zucken. Seine Hand flattert. Gleich wird er in Trance fallen. Gleich kommt auf Rhythmen, Farben, heilige Gerüche hin der Gott, und der Greis wird als Gott handeln und sprechen. Aber der alte Neger in Marguerita fällt nicht in Trance. Das Flattern der Hände, die Verkrampfung seines Gesichts steigern sich nicht zu Gedankenverlust, Schmerzunempfindlichkeit, Säulenstarre, Verdoppelung der Persönlichkeit, Sprechen in unbekannten Zungen. Der alte Mann beim katholischen Fest der Heiligen Rita beginnt zu weinen. Die heilige Persönlichkeitsspaltung schmilzt zum individuellen Schmerz zusammen.
Wird Maria Montez, Ikone des internationalen High Camp Circuit und damit auch Paradebeispiel für dessen stets im Sinne eines politischen Fortschritts regulierten popistischen Appropriationen und Resignifizierungen, die ja in ihren Spielfilmen selbst oft eine Art Voodoo Queen verkörperte, an den von Hubert Fichte aufgeschriebenen, eigentlich mitgeschriebenen afrokatholischen Riten ihrer dominikanischen Heimat teilgenommen haben? Welche Suchmaschine sie auch immer anwählte, im gesamten Internet vermochte Jeannine Waterstradt zu diesem Komplex keine Antwort aufzutreiben.
Im Mai 2001 hatten sich Matthias Haase, wissenschaftlicher Assistent am philosophischen Seminar der Universität Basel, sowie der amerikanische Filmwissenschaftler Marc Siegel mit Ronald Tavel unterhalten, dem Schriftsteller und vor allem Begründer des Theatre of the Ridiculous, der als Regisseur und Darsteller auch an Andy Warhols epochalen, experimentellen Filmen mitgewirkt hatte. Im Verlauf dieses ausführlichen Interviews, abgedruckt in einem reichhaltigen Lesebuch namens Golden Years, Materialien und Positionen zu queerer Subkultur und Avantgarde zwischen 1959 und 1974, stellten Haase und Siegel auch die Frage: In einem frühen Text über das Theatre of the Ridiculous hast du geschrieben, daß niemand das Theatre of the Ridiculous mehr beeinflußt habe als Maria