Inhalt
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Einleitung
Noch ein Buch über Investing?
Die vergangenen etwa zehn Jahre
Ein paar Danksagungen
Was jetzt kommt
Kapitel 1 – Wie ich Value-Investor wurde und was danach passierte
Die frühen Jahre
Endlich arbeiten
Umzug nach New York
Zurück in Paris
Wieder New York
Die guten Jahre
Die schwierigen Jahre
Die Bedeutung von internen Analysten
Unsere Fonds sind keine »versteckten« Index-Klone
Die französische Bank beschließt, unsere Anlagefirma zu verkaufen
Der Kontrollwechsel und die Belohnung für unsere Geduld
Über die Österreichische Schule
Kapitel 2 – Value-Investing macht Sinn – Von Graham bis Buffett
Am Anfang war Benjamin Graham
Dann kam Warren Buffett
Der Zigarrenstummel und die Value-Falle
Vetternwirtschaft?
Muss man alles wissen?
Die Holzindustrie und Immobilien
Das Anlagemanagement-Geschäft
McDonald’s
Die Eisenbahnindustrie
Sollte man »Gräben« verkaufen – und wenn ja, wann?
Buffett: »Geldanlage ist einfach, aber nicht leicht«
Value-Investing funktioniert weltweit
Bewertungen
Abgezinster Cashflow und der Charakter von Risiko, trotz des Risikos (jawohl ...), die akademische Welt zu verärgern
Warum keine Außenstellen außerhalb der USA?
Die Tücken internationaler Geldanlage
Wir als Opfer des deutschen Establishments
Wenn langfristige Interessen zusammenfallen
Unfreiwillige, aber entschlossene »Aktivisten«
Value-Anleger in Kürze
Kapitel 3 – Sondersituationen
Vorzugsaktien
Holdinggesellschaften
Spin-offs
Geschlossene Fonds
High-Yield-Anleihen
Kapitel 4 – Value-Investing funktioniert dauerhaft
Der Artikel in Hermes
Louis Lowensteins Buch The Investor’s Dilemma
Warum gibt es so wenige Value-Anleger?
Ende der 1990er-Jahre liegen die First Eagle Fonds drei Jahre am Stück zurück
Zurückliegen heißt leiden, aber was soll’s?
Noch ein Grund dafür, dass es wenige Value-Anleger gibt
Unsere langfristigen Renditen beruhen zu großen Teilen auf dem, was wir nicht gekauft haben
Warren Buffett: 1. im eigenen Kompetenzkreis bleiben, 2. fast nie verkaufen
Omaha 50 Jahre später ...
Wie erging es Value-Anlegern im Jahr 2008?
First Eagle als Makro-Anleger?
Kapitel 5 – Über Gold
Das französische Interesse an Gold
Franklin D. Roosevelt und Gold
Der 25-jährige Kredit-Boom
Keynes vs. die Österreicher
»Unersättliches Lesen«
First Eagle Fonds und Gold
Ein Timing-Fehler
Die Rettung von Long-Term Capital Management
Gold als Geld oder wo ich mich von Buffett und Munger unterscheide
Eine kurze Geschichte von Gold als Geld
Warum also Gold?
Was sind die Bären-Argumente gegen Gold und wie lauten meine Antworten darauf?
Das Endspiel?
Goldbarren oder Goldminen-Aktien?
Kapitel 6 – Zwei Investitionen im Stil von Benjamin Graham: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und die Kohler Corp.
Was ist die BIZ?
Warum haben wir diese bizarre Aktie gekauft?
Die BIZ versucht, uns zum falschen Preis herauszukaufen ...
Wir verklagen die BIZ, und die Rechtsprofessoren erweisen sich als intellektuell ehrlich
Wir sind keine »aktivistischen« Anleger
Einigung mit Herbert Kohler
Kapitel 7 – Eine Investition im Stil von Warren Buffett: Der Schokoladen-Hersteller Lindt & Sprüngli
Kapitel 8 – Shimano oder Corporate Japan in Bestform
Kapitel 9 – Shaw Brothers, ein Unternehmen aus Hongkong
Kapitel 10 – Fehler bei der Geldanlage: Swissair und andere Lektionen
Kapitel 11 – Luxusgüter: Taittinger, Richemont, Rémy Cointreau, Essilor
Taittinger
Richemont
Rémy Cointreau
Essilor
Kapitel 12 – Fazit
Eine treuhänderische Verpflichtung
Hedgefonds sind nichts für mich
Gibt es heute noch Value – und wenn ja, wo?
Kapitel 13 – Letzte Worte
Sicherheitsmarge
Die Schmerzen eines Value-Anlegers
Über Benjamin Graham und Warren Buffett
Value-Investing funktioniert weltweit
Fokussieren auf das Wesentliche
Schnäppchen finden
Hebelung ist gefährlich
Diversifikation
Liquidität
Gold als Absicherung
Anhänge
Anhang A – Zum Angebot für Vorzugsaktien (ADPs) von Legrand: Starrheit und Verdorbenheit
Anhang B – Über die Tyrannei der Benchmarks
Anhang C – Die langfristigen Renditen von Jean-Marie Eveillard
Anhang D – Value-Aktien sind heiß – aber die meisten Anleger verbrennen sich daran
Mit diesem kleinen Buch betrete ich kein Neuland. Eher können Sie es als so etwas wie meine Memoiren verstehen ...
Hauptsächlich möchte ich versuchen, damit zwei Punkte klarzumachen: 1. Value-Investing ist sinnvoll und 2. Value-Investing funktioniert dauerhaft. Mehr, so denke ich, muss man darüber gar nicht wissen.
Value-Investing ist wie ein großes Zelt. Am einen Ende davon sitzt Benjamin Graham, der Begründer der Value-Schule. Im Jahr 1949 hat er das Buch The Intelligent Investor veröffentlicht, von dem Warren Buffett sagt, es sei »bei Weitem das beste Buch über Geldanlage, das je geschrieben wurde«. Graham schreibt über »Mr. Market« (als das Kollektiv der Anleger), der regelmäßig zwischen »Gier« und »Angst« hin- und herschwankt, was im ersten Fall Verkaufs- und im zweiten Fall Kaufgelegenheiten entstehen lässt. Graham verstand die menschliche Natur. Leider kann ich dasselbe nicht über die Akademiker sagen, die in den 1960er-Jahren die »Effizienzmarkthypothese« entwickelten. Diese geht – fälschlich – davon aus, dass jedes Stück neuer Information über ein Unternehmen unverzüglich in den Preis seiner Aktie einfließt. Nach Graham half die Arbeit der »behavioristischen« Schule (und darin insbesondere Daniel Kahneman) dabei, diese Akademiker zu widerlegen.
Am anderen Ende des Zelts befindet sich Warren Buffett, der mit Hilfe seines Partners Charlie Munger bedeutende und erfolgreiche Anpassungen an den Lehren von Graham vorgenommen hat. Wie bei Graham beginnt auch bei Buffett alles mit den Zahlen (einschließlich der Fußnoten in Finanzberichten). Aber Buffett interessiert sich nur für solche Unternehmen, die – in seinen Augen – einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil haben, einen »Schutzgraben«, wie er es nennt. Buffett übertreibt manchmal, um einen Punkt klarzumachen, zum Beispiel wenn er sagt, »ich würde lieber ein überzeugendes Unternehmen zu einem fragwürdigen Preis kaufen als ein fragwürdiges Unternehmen zu einem überzeugenden Preis«. Graham, der im Jahr 1976 gestorben ist, muss sich bei diesen Worten im Grab umgedreht haben.
Value-Investing funktioniert dauerhaft: Im Jahr 1984 wollte Buffett belegen, dass sein Erfolg als Anleger nicht nur auf sein eigenes Geschick zurückzuführen ist, sondern auch auf seinen Anlageansatz. Dazu nahm er zehn Value-Anleger und zeigte, dass alle zehn im Lauf der Zeit deutlich besser abgeschnitten hatten als der Durchschnitt. Im Jahr 2004 aktualisierte Louis Lowenstein den Artikel von Buffett, und auch seine zehn Anleger (darunter unser eigener First Eagle Global Fund) hatten auf Dauer deutlich mehr erreicht als der Durchschnitt. Wenn Value-Investing also sinnvoll ist und dauerhaft funktioniert, warum gibt es dann so wenige von uns?
Die Antwort ist hauptsächlich psychologischer Natur: Value-Anleger sind langfristig orientierte Anleger (Graham sagte dazu: kurzfristig ist der Markt eine Wahlmaschine, langfristig eine Gewichtungsmaschine). Ein Value-Anleger versucht also nicht, kurzfristig mit der Benchmark oder seinen Konkurrenten mitzuhalten, sodass er gar nicht anders kann, als von Zeit zu Zeit schlechter dazustehen als der Durchschnitt. Mir persönlich ist das Ende der 1990er-Jahre drei Jahre am Stück in erheblichem Ausmaß passiert, und unser verwaltetes Vermögen ging innerhalb von weniger als drei Jahren von 6 Milliarden Dollar auf 2 Milliarden Dollar zurück. Heute verwalten wir nahezu 100 Milliarden Dollar, also wurden wir für unsere Geduld belohnt, für unsere Bereitschaft, uns von der Herde zu lösen. Denn wir gingen davon aus, dass die Herde früher oder später (es dauerte eine ganze Weile) über eine Klippe springen würde. Im Frühjahr 2000 war es tatsächlich so weit. Die Wahrheit lautet: Inmitten der Herde ist es wärmer. Aber nun ja, wir werden nicht dafür bezahlt, dass wir jeden einzelnen Tag völlig zufrieden mit uns sind.
Auf den folgenden Seiten stehen einige Beispiele für tiefen Value im Stil von Benjamin Graham (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich), für den Value-Stil von Warren Buffett (Lindt & Sprüngli) sowie für schwere Fehler von mir selbst (Swissair).
Außerdem gibt es Kapitel über Sondersituationen, über Gold und über die Österreichische Schule der Ökonomie.
Im Anhang finden Sie ein seltenes Beispiel dafür, wie wir als »aktivistische« Anleger tätig wurden, einen Artikel von mir über die »Tyrannei der Benchmarks«, eine Aufstellung unserer langfristigen Renditen in der Zeit, als ich die Verantwortung trug, und einen Artikel über Value-Investing aus dem Wall Street Journal.
Darüber hinaus gibt es einen Absatz über Buderus, den deutschen Hersteller von hervorragenden Heizkesseln. Wir hielten 10 % seiner Aktien, wurden dann aber dazu gedrängt, diese Aktien an Bosch zu verkaufen – zu einem Preis, den wir für zu niedrig hielten.
Zum Abschluss: Der Schweizer Tennis-Champion Stan Wawrinka (Gewinner der Australian Open 2014, der French Open 2015 und der US Open 2016) trägt auf seinem linken Arm ein Tattoo mit einem Zitat von Samuel Beckett. »Immer versucht, immer gescheitert. Egal. Versuch es nochmal, scheitere erneut. Scheitere besser!« Das ist eine Ode an die Bescheidenheit, aber auch an die Anstrengung. Genau so wollen Value-Anleger sein.
Jean-Marie Eveillard im Oktober 2017
Schon in der Vergangenheit wurde ich einmal von einem Verlag gebeten, ein Buch übers Investing zu schreiben. Ich fand das wenig sinnvoll: Was konnte ich noch beitragen nach den Büchern von Benjamin Graham, den Briefen von Warren Buffett in den Jahresberichten von Berkshire Hathaway, nach Seth Klarman, Martin Whitman, Bruce Greenwald und vielleicht noch ein paar anderen? Doch der Verlag bestand darauf, also schrieb ich ein Kapitel und gab dann auf. Wie ich feststellte, konnte oder wollte ich nicht gleichzeitig in Vollzeit arbeiten und ein Buch schreiben.
Dann, im Januar 2013, war es mein früherer Kollege Ignatius Chithelen, der mir vorschlug, ein Buch zu schreiben. Ich zögerte erneut, aber Ignatius blieb hartnäckig, und endlich beschloss ich, tatsächlich ein kleines Buch zu verfassen, in dem ich vor allem zwei Punkte klarmachen wollte: 1. Value-Investing ist sinnvoll und 2. es funktioniert dauerhaft. Davon bin ich in der Tat überzeugt. Mit anderen Worten: Value-Investing hat mir einen Vorteil, einen Vorsprung gegenüber anderen professionellen Vermögensverwaltern mit anderen Anlagestilen verschafft. Also wollte ich, auf meine eigene bescheidene Weise, die Argumente für Value-Investing darlegen.
Zugegeben: Kenntnisse über Value-Investing bringen nicht automatisch Erfolg. Hilfreich oder sogar notwendig sind darüber hinaus die Bereitschaft, gegen den Strom zu schwimmen, Geduld, harte Arbeit, Glück und einige spezielle Fähigkeiten – wahrscheinlich in genau dieser Reihenfolge.
Ende 2004 erreichte ich das reife Alter von 65 Jahren und wechselte bei First Eagle Investment Management wie geplant in eine Beraterposition. Dieser Semiruhestand war genau das Richtige für mich. Anders als manche anderen Finanzmenschen möchte ich nicht an meinem Schreibtisch sterben. Außerdem gewann ich Zeit, um mich anderen Interessen zu widmen. Eine Freundin meiner Ehefrau hatte Mitte der 1970er-Jahre in einer Kunstgalerie gearbeitet und uns eines Nachmittags viele Gemälde und Zeichnungen gezeigt. Zwei der Werke gefielen Betty und mir sehr, eines von Maurice Prendergast, das andere von Theodore Robinson, aber wir konnten sie uns damals schlicht nicht leisten. Gute Zeichnungen aber waren zu der Zeit noch nicht so teuer wie heute, also kauften wir – für 5.000 Dollar – eine von John Singer Sargent, eine Vorarbeit zu seinem berühmten Gemälde Madame X. Bettys Großonkel Marvin Julian, selbst ein Porträtzeichner, bewunderte die Arbeit von Sargent. Er hat ihn sogar kennengelernt und von seinen Ratschlägen profitiert.
Anfangs kauften wir nur Zeichnungen von Frauen, ab den frühen 1990er-Jahren dann wurden wir ziemlich eklektisch und kauften auch Zeichnungen von religiösen Szenen und Landschaften, ebenso Gemälde und ein paar Skulpturen einschließlich Antiquitäten. Unser Interesse an letzteren entstand, als unsere jüngere Tochter Pauline ein Praktikum in der Antiquitäten-Abteilung des Auktionshauses Christie’s machte und dann eine Weile dort arbeitete. Nach 2004 arbeiteten Betty und ich nicht mehr in Vollzeit, also konnten wir in Ruhe Museen, Galerien und Auktionshäuser in London, New York und Paris besuchen. Es gibt Städte in Europa, in denen ich noch nie gewesen bin, aber Paris (und Rom) sind zwei wundervolle Städte, in denen es ein Vergnügen ist, einfach herumzulaufen. Natürlich kommt es dabei auf das Wetter an, was bedeutet: nicht im Sommer in Rom (zu heiß) und nicht im Winter in Paris (zu regnerisch und zu dunkel). Aber ich habe keinerlei Absicht, zurück nach Paris zu ziehen und wieder dort zu wohnen. Erstens leben unsere beiden Töchter, Suzanne und Pauline, in den USA. Zweitens fangen die Franzosen nach ein paar Wochen in Paris an, mich zu irritieren. Nicht dass ich sie an sich irritierend finden würde, aber nach so vielen Jahren in New York, mehr als die Hälfte meines bisherigen Lebens, bin ich an ihre Mentalität einfach nicht mehr gewöhnt.
Anfang 2007 waren Betty und ich in Paris und verbrachten einen Abend in der Oper. Ich war noch nie in der Oper gewesen, bis Betty mich dorthin mitnahm, und seit dieser Zeit bin ich begeistert davon. Gegen Ende der Strauss-Oper »Der Rosenkavalier« muss ich immer weinen. Nach der Aufführung gingen wir essen und kamen erst nach Mitternacht nach Hause, wo eine Nachricht von Michael Kellen auf mich wartete. Die Familien Kellen und Arnhold kontrollierten damals gemeinsam Arnhold and S. Bleichroeder, die Holdinggesellschaft für First Eagle Investment Management. Ich rief zurück und erfuhr, dass Uneinigkeit zwischen dem Management der Firma und meinem Nachfolger Charles de Vaulx auf seinen Rücktritt hinauslaufen könnte – ob ich in diesem Fall bereit wäre, am Montag wieder im Büro zu sein? Ich sagte zu. Meine Überlegung war, dass den Interessen der Anteilseigner des Fonds am besten gedient wäre, wenn ich für ein paar Monate zurückkam, bis die Angelegenheit geregelt und ein neuer Fondsmanager ernannt war.
Gegen Ende 2007 verließ Chuck de Lardemelle, unser damaliger Research-Direktor (und ein hervorragender Analyst), zusammen mit mehreren internen Analysten First Eagle. Sie gründeten ihr eigenes Unternehmen, und ein paar Monate später stieß auch Charles de Vaulx zu ihnen. Wir nahmen (über Andrew Gundlach, ein Mitglied der Familie Kellen) Kontakt zu Bruce Greenwald auf, der uns dabei helfen sollte, einen neuen Research-Direktor zu finden. Nachdem Benjamin Graham im Jahr 1965 seine Dozententätigkeit an der Columbia Business School eingestellt hatte, machte Roger Murray für ihn weiter, bis 1978 auch er in den Ruhestand ging. Dann verlor Columbia den Anschluss. Erst 2001 wurde dort die Lehre von Value-Investing mit der Einrichtung des Heilbrunn Center for Graham and Dodd Investing wieder auf eine solide Grundlage gestellt. Bruce Greenwald, der 1991 an die Fakultät gekommen war, wurde Leiter des Zentrums und machte Columbia erneut zur besten Business-School für Value-Investing in den USA, ja sogar weltweit. Wir fragten bei Bruce an, weil er sehr viele Studenten ausgebildet hatte, von denen einige bereits zu Stars in der Welt der Vermögensverwaltung geworden waren. Nach einer Weile war immer noch nichts entschieden und Bruce sagte: »Warum nicht ich?« Also wurde er der neue Research-Direktor im Team von First Eagle Global Value.
Nach vielen Jahren an der Universität wechselte Bruce damit in die reale Welt. Nach einigen Monaten sprachen ein paar der Analysten aus seinem Team mich an und sagten, Bruce sei erstens einschüchternd und denke zweitens etwas anders als sie. Ich sagte ihnen, dass Bruce, wie jeder Professor, nichts lieber mag als eine gute Diskussion, dass er also erwartet, dass man dagegenhält. Am Ende wird er wahrscheinlich sagen, dass er recht hat und sein Gegenüber nicht. Junge Amerikaner sind das nicht gewohnt. Ich war es sehr wohl. In meiner Zeit als Student in Frankreich war es noch so, dass die Professoren vor dem gemeinen Volk, also uns Studenten, die »Wahrheit« verkündeten ... Es stimmt, das ist zu extrem. Auf der anderen Seite ist mir aber auch die absolute Priorität, die in den USA dem Selbstwertgefühl junger Menschen eingeräumt wird, zu extrem. Zweitens sagte ich den Analysten, dass sich Bruce’ Ansatz der Geldanlage problemlos mit unserem vereinen lasse. Genau das passierte tatsächlich und unsere internen Analysten profitierten beträchtlich von Bruce. Heute ist er – so wie ich – ein Senior Adviser für First Eagle. Auf seine Bitte hin habe ich über die Jahre auch Mark Cooper, Andrew Gundlach, Mark Unferth und Eric Yip (diese beiden kamen von dem Hedgefonds Alder Hill) sowie auch Bruce selbst und Tano Santos geholfen, Vorlesungen über Value-Investing an der Columbia Business School zu halten. Bruce war so extrem freundlich, dafür zu sorgen, dass First Eagle Investment Management dort eine Professur mit meinem Namen stiftet. Dadurch bin ich jetzt unsterblich ...
Arnhold and S. Bleichroeder hatte eine Headhunter-Firma beauftragt (um einen Nachfolger zu finden), also ging ich davon aus, dass ich nur ein paar Monate lang die Verantwortung für das Portfoliomanagement übernehmen würde. Jedoch wird Value-Investing bei nur 5 % des gesamten professionell verwalteten Geldes in den USA praktiziert. Zudem kannte ich manche Value-Anlagegesellschaften seit Jahrzehnten und hatte nicht die Absicht, loszugehen und einen ihrer Portfoliomanager abzuwerben.
Also dauerte es ziemlich lange (mehr als ein Jahr), bis wir Matthew McLennan fanden, und zwar mit der Hilfe von Doug Meyer, der zusammen mit ihm bei Goldman Sachs gearbeitet hatte. John Arnhold und ich wussten fast sofort, dass er die richtige Wahl sein würde. Definitiv war er ein guter Value-Anleger. Und weil man immer sensibel für die Qualitäten ist, die man selbst nicht hat: Ich erkannte, dass Matthew, anders als ich, auch ein guter Vorgesetzter für die Anlageexperten sein würde. Und da das verwaltete Vermögen bei uns zunahm, wurde ein guter Manager für die Anlageexperten wirklich wichtig. Ich komme mit Matthew hervorragend aus und glaube, dass die First Eagle Fonds mit ihm an der Spitze des Global-Value-Teams in guten Händen sind. Wertvolle Unterstützung bekommt er von seinem obersten Leutnant Kimball Brooker und von anderen Portfoliomanagern und Analysten: Matt Lamphier (Co-Manager des US Value Fund und Research-Direktor), Mark Cooper und Manish Gupta, Co-Manager der International Small Cap Value Strategy (Manish hat 2006 bei Mark Cooper und mir gelernt), Rob Hordon, Co-Manager von Global Income Builder, Thomas Kertsos, Co-Manager des Gold Fund sowie Sean Slein und Edward Meigs, Co-Manager der Fonds Global Income Builder and High Yield, und außerdem von den anderen internen Analysten. Ich hatte den ursprünglichen Fonds sieben Jahre lang allein verwaltet, also wusste ich, wie wichtig es ist, ein gutes Team zu haben. Im März 2009 wechselte ich erneut in eine Beraterposition bei First Eagle Investment Management. Ich gehe an ein paar Tagen pro Woche ins Büro, lese die Finanzseiten der Zeitungen und versuche, bei den meisten großen Positionen des Fonds auf dem Laufenden zu bleiben.
Einige der jüngeren Analysten im Haus wissen, dass ich auf die eine oder andere Weise seit mehr als einem halben Jahrhundert im Anlagegeschäft tätig bin, und sind deshalb der Meinung, dass ich mich im Lauf einer derart langen Zeit mit einer großen Zahl von Unternehmen beschäftigt haben muss. Das ist richtig, doch wenn ich mir ein Unternehmen das letzte Mal vor 25 Jahren genauer angesehen habe, kann man nicht unbedingt sagen, dass ich bei ihm auf dem Laufenden bin. Manche Unternehmen verändern sich im Lauf der Zeit nicht allzu sehr, viele aber sehr wohl, ob zum Guten oder zum Schlechten sei dahingestellt.
Abgesehen von einer kleinen Umschichtung von einem der First Eagle Fonds in einen anderen, die ich vor Kurzem vorgenommen habe, halte ich noch heute alle Fondsanteile, die ich seit den 1970er-Jahren gekauft habe, und sie machen einen guten Anteil meiner finanziellen Rücklagen aus. Tatsächlich haben meine Investitionen in First Eagle Fonds eine achtstellige Höhe – Taten sagen mehr als Worte. Außerdem führe ich ein privates Depot, aber ich habe vor, das mit der Zeit anderen zu überlassen. Mein Vertrag mit First Eagle Investment Management sollte im Juni 2015 auslaufen, und ich war nicht sicher, ob ich ihn verlängert haben wollte – oder ob die Gesellschaft ihn überhaupt noch verlängern wollte. Ich war schließlich 75 Jahre alt, und das neue Team bei First Eagle seit mehr als fünf Jahren etabliert. Wir würden sehen. Nun ja, wir haben gesehen. Aus Gründen, die mit dem fortgeschrittenen Alter einiger Mitglieder der beiden Familien zusammenhängen, denen die Mehrheit an First Eagle Investment Management (FEIM) gehörte, kam es dort zu einem Kontrollwechsel: Von den Private-Equity-Firmen Blackstone Capital Partners und Corsair Capital verwaltete Fonds sowie Kunden dieser beiden Gesellschaften übernahmen eine langfristig angelegte Mehrheitsbeteiligung. Ein solcher Kontrollwechsel erfordert eine Genehmigung durch die Anteilseigner der Publikumsfonds von First Eagle. Das Geschäft wurde im Dezember 2015 abgeschlossen, und ich erneuerte meinen Beratervertrag für vier Jahre.
Seit einigen Jahren bin ich bekannt mit Stephen A. Schwartzman, dem Mitgründer und CEO von Blackstone, und mit J. Tomilson Hill, der als Vice-Chairman für das Vermögensverwaltungsgeschäft von Blackstone verantwortlich ist. Blackstone ist ein außergewöhnlich erfolgreiches Unternehmen und ich habe großen Respekt vor beiden Männern. Ebenso habe ich Joseph Baratta kennengelernt, den Global Head of Private Equity bei Blackstone, und D. T. Ignacio Jayanti, Managing Partner bei Corsair Capital, und ich war beeindruckt. Die Leute bei Blackstone und Corsair verstehen unseren langfristigen Value-Investing-Ansatz. Also bin ich zuversichtlich, dass FEIM auch nach dem Kontrollwechsel weiter florieren wird.
Danken möchte ich Bridget Macaskill, früher CEO bei First Eagle Investment Management, und natürlich John Arnhold und seinem Vater Henry, den Mitgliedern der Kellen-Familie Michael Kellen und Andrew Gundlach sowie dem Generaljustiziar Mark Goldstein, die mich sämtlich fair behandelt haben; nicht zuletzt möchte ich auch den internen Analysten danken, ehemaligen wie heutigen. Bruce Greenwald war großzügig mit seiner Zeit. Sorgfältig ist er eine frühere Fassung dieses Buches durchgegangen und hat mehrere hilfreiche Veränderungen vorgeschlagen. Vielen Dank auch an Debbie Lusman, die mich – einschließlich der Tatsache, dass ich elektronisch gesehen Analphabet bin – trotz ihrer vielen anderen Verpflichtungen ertragen hat. Und an Natalia Boyarkina, die mir geholfen hat, als Debbie in Mutterschaftsurlaub ging.
Ein letzter Dank für dieses Buch geht an Ignatius Chithelen und an Stephan Wrobel: Ohne diese beiden würde es dieses Buch nicht geben. Von Ignatius stammt die Idee, er hat mich gut beraten und die Kapitel über Lindt, Shaw und Swissair sogar selbst geschrieben. Stephan ist ein großer Anteilseigner bei einem französischen Verlag, der Verbindungen in andere Länder einschließlich der USA hat. Wie man sich vielleicht vorstellen kann, ist es nicht leicht, einen Verlag zu finden, vor allem nicht für einen nur sehr gelegentlichen Autor, der gern mit seiner eigenen Stimme spricht ...
In den folgenden Kapiteln werde ich zu erklären versuchen, wie ich Value-Anleger wurde und was anschließend passierte und warum Value-Investing sinnvoll ist. Ich werde mehrere spezielle Situationen erläutern und zeigen, dass Value-Investing dauerhaft funktioniert, und versuchen, unser früheres und heutiges Interesse an Gold zu erklären. Und ich nenne einige Beispiele für unsere Investitionen in den vergangenen Jahrzehnten (einschließlich eines bedeutenden Fehlers).
Nach einem Fazit (oder etwas Ähnlichem ...) und ein paar letzten Worten folgen in diesem Buch noch einige Anhänge: A) handelt von uns als »aktivistischen« Anlegern, B) ist ein Artikel von mir »über die Tyrannei der Benchmarks«, C) zeigt die langfristigen Renditen in der Zeit, in der ich die Verantwortung bei First Eagle trug, und D) ist ein Artikel über Value-Investing aus dem Wall Street Journal.