Martin Schmid
Es war ein kleines Städtchen, und um das kleine Städtchen war ein Wald. Ja, es war umringt von Wald sozusagen, das Städtchen, in einer großen Lichtung. Jeder Weg aus dem Städtchen hinaus führte durch den Wald; jeder Weg in das Städtchen hinein führte durch den Wald. Man kam also nicht umhin, durch den Wald zu gehen, wenn man aus dem Städtchen oder in das Städtchen wollte. Nun war es aber so, da es ein kleines Städtchen war, ein unbedeutendes Städtchen sozusagen, wenn man es an der Wichtigtuerei der Welt maß, dass deswegen nicht viele Menschen durch den Wald in das Städtchen reisten. Umgekehrt waren die Bewohner des Städtchens sehr zufrieden mit sich und dem Städtchen, so dass es auch nicht viele Reisende gab, die das Städtchen durch den Wald verließen.
Trotzdem aber war der Wald von nicht geringer Bedeutung, denn schon früh hatten die Bewohner erkannt, dass das Spazieren im Wald, ganz ohne die Absicht, aus ihm hinaus zu gelangen, eine wohltuende, erfrischende und die Gedanken – manche sagten auch den ‹Geist› – klärende Wirkung hatte. Da diese Wirkung so frappant war, und der Wald von überall so leicht zu erreichen, da er das Städtchen umrundete wie eine Stadtmauer, hatten sich schnell solche wohlklingende Worte wie ‹Geh doch mal in den Wald› oder ‹Ich gehe in den Wald› im Volksmund gebildet, die eigentlich hießen ‹Jetzt beruhige dich› oder ‹Ich muss eine Entscheidung treffen›, und so wurde der Wald oft genutzt als Quelle der Ruhe, Stille, Einkehr und Inspiration, und die Bewohner des Städtchens hatten dafür eine treffende Bezeichnung gefunden: walden.
Einmal im Jahr war es Brauch, dass alle Männer des Dorfes, ob Bäcker, Künstler, Arbeiter oder Vorsitzender eines Vereines, zusammen in den Wald gingen, um zu walden, das heißt, um wichtige Dinge in Stille zu besprechen, dem Wald Fragen zu stellen und seinen Antworten zu lauschen.
An einem ebensolchen Tag war es, dass ein Fremder im Städtchen erschien – wie er dahin gekommen war, wusste niemand – und an die Türe des Rathauses klopfte. Die Frau des Bürgermeisters öffnete, die ihren Mann mit all den Ratsherren früh Morgens zum Walden geschickt hatte, und sagte, der Bürgermeister sei nicht da, worauf der Fremde sagte, das sei bedauerlich, da es um ein Geschäft ginge, und ob sie ihm etwas ausrichten könne. Ja, das kö, daören, hö