Inhaltsverzeichnis
Ein Mal-Talentier
Albi ist wütend
Wer weiß wann?
Dusselkurt erinnert sich
Egon wird erwischt
Die Einfach-so-Überraschung
Egon liest vor
Albi kann nicht einschlafen
Post für Egon Krumpfling
So eine Überraschung!
Egon feiert Rupftag
Die Party geht weiter
Strafe muss sein!
Egon greift an
Alles Gute zum Geburtstag!
Aus Albis Freundebuch
Vorname: Egon
Nachname: Krumpfling
Haare: babyspinatgrün und überall am Körper
Augen: glupschig
Größe: 17,3 cm, wenn ich mich strecke
Besondere Merkmale: herzförmiger Fleck rechts auf der Brust
Das bin ich:
ganz schön, gell?!
Familie: ungefähr 49 Krumpflinge, wir sind alle miteinander verwandt
Ich wohne: Krumpfburg Nr. 22, in der roten Kindergießkanne mit den weißen Punkten (der Skistiefel wär mir lieber)
Alter: weiß ich nicht, aber ich bin der Jüngste der Krumpfling-Sippe
Lieblingsessen: Schimmelpilze mit Semmelknödeln
Lieblingsgetränk: frisch gebrühter Krumpftee (am gernsten den aus Albis Schimpfwörtern)
Was mir gar nicht schmeckt: lol-Brause, bäh, da muss ich pupsen
Meine Hobbys: andere ärgern (aber so, dass sie nicht weinen müssen), schlafen, Teelöffel-Hockey spielen
Was ich einmal werden möchte: Dieb oder Ganove
Wovor ich Angst habe: Hunde und manchmal Oma Krumpfling
Meine besten Freunde: Albert Artich und sonst keiner
Ein Mal-Talentier
Egon schulterte den flaschengrünen Buntstift und stapfte aufgeregt um sein Bild herum. Löffelohren und Flauschefell, Kugelbauch und Glupschaugen. Die beiden Hackezähnchen blitzten frech aus dem breiten Maul. Das Selbstbildnis sah ihm schon recht ähnlich. Aber irgendetwas hatte er vergessen … Sein Kunstwerk gefiel ihm noch nicht richtig. Und er wollte es Albi erst schenken, wenn es perfekt war! Der kleine Krumpfling und das Nachbarmädchen Lulu Vogelsang waren zu Besuch bei Albert Artich. Zuerst hatten sie auf Lulus Wunsch „Vater, Mutter, Krumpfkind“ gespielt. Aber dann war Egon die Lust vergangen, sich wickeln zu lassen und immer nur „Whää-Whää“ zu wimmern. Albis Vorschlag, seine neuen Buntstifte auszuprobieren, kam ihm da gerade recht.
„Für meinen liebsten Menschenfreund ist nur das Beste krumpfgut genug“, flüsterte er vor sich hin und verbesserte den dicht gezeichneten Pelz mit vielen Strichen. Lulu war wie immer als erste fertig und schielte nun zu Egon hinüber.
„Du kannst ja toll malen!“, rief sie aus. „Ich wusste gar nicht, dass du so tanteliert bist!“
„Natürlich ist unser Egon talentiert!“ Albi wuschelte Egon stolz wie ein Papa über den Haarschöppel. Genau in diesem Moment wurde die Zimmertür aufgerissen und Frau Artich eilte herein. Mit einem Satz sprang Egon auf Lulus Schulter. Die umhüllte ihn sofort mit ihren langen Haaren. Rosalie Artich durfte Egon doch nicht sehen! Bis auf die beiden Kinder wusste niemand, dass der kleine Kerl sich täglich heimlich aus der Krumpfburg im Keller stahl, um seine Freunde in der Menschenwelt zu treffen.
Albis Mutter rümpfte die Nase. „Albert Artich, du sollst doch nicht malen ohne zuerst alte Zeitungen auf dem Boden auszubreiten. Wie du weißt, besuchen mich am Sonntag meine Freundinnen zum Kaffeekränzchen. Da muss das ganze Haus tippitoppi sein.“
„Aber Mama“, sagte Albi und wedelte mit einem roten Buntstift. „Diese Stifte hast du mir geschenkt, weil man mit ihnen keine Sauer …“
„Sauerkirschfarbene Spuren kann man auch mit Buntstiften hinterlassen“, unterbrach ihn seine Mutter. Sie legte allergrößten Wert darauf, dass ihr Sohn sich gewählt ausdrückte. Begriffe wie „ferkelfiese Sauerei“ und „vergammelter Faultierfurz“ oder gar Schlimmeres erklangen in der Villa Artich nur, wenn Albi sie beim Zähneputzen heimlich in den Abfluss rief, um den Krumpflingen im Keller Nachschub für ihre Krumpfteevorräte zu liefern. Die kleinen Wesen liebten den leckeren Aufguss aus Menschenschimpfwörtern!
Frau Artich untersuchte den Boden genau, aber konnte keinen Flecken finden. Dabei fiel ihr Blick auf Egons Bild.
„Du lieber Himmel. Wer von euch beiden hat denn dieses grüne Scheusal da hingeschmiert?“, wollte sie wissen. „Dafür ist ja das Papier zu schade!“
„Du kurzsichtige Dummnuss!“, schimpfte Egon empört. „Ich bin ein Mal-Talentier!“
So schlecht war sein Bild nun auch wieder nicht! Dann hielt er sich erschrocken die Pfoten vor das Maul, damit ihm nicht noch mehr herausrutschte. Frau Artich wurde radieschenrot und funkelte Lulu wütend an. Sie musste schließlich denken, das Mädchen wäre gerade so frech gewesen. Dass ein Krumpfling unter Lulus Haaren hockte und herumschrie, konnte sie ja nicht ahnen.
„Luise Vogelsang, dein Benehmen mir gegenüber lässt zu wünschen übrig.“
Lulu würde Egon natürlich nie im Leben verraten. Also stammelte sie eine Entschuldigung, die Frau Artich gnädig annahm.
„Von dir war es aber auch nicht sehr freundlich, so schlecht über das Bild zu sprechen“, versuchte Albi seine Freundin und zugleich Egon zu verteidigen. „Es ist mit allergrößter Mühe gemalt worden.“
Seine Mutter betrachtete Egons Bild kopfschüttelnd. „Du hast recht mein Sohn, nicht jeder ist mit deiner künstlerischen Begabung gesegnet …“ Sie lächelte plötzlich vielsagend. „Nun, da kommt ja das, was ich dir gerade geben wollte, genau richtig!“
Aus ihrer Schürzentasche zog sie einen Stapel bedruckter Karten und reichte sie Albi. Der las laut vor: „Mal mit großen Künstlern! Führung durch das Museum der alten Meister mit anschließendem Malkurs im mu-se-ums-pä-da-go-gi-schen Zentrum.
Was soll das denn sein, bitte?“
„Das sind die Einladungskarten für deinen Geburtstag am kommenden Samstag, mein Albispatz! Ich habe die Feier als Überraschung für dich beim Museum alter Meister gebucht und heute waren die Unterlagen endlich in der Post. Du musst nur noch die Namen deiner Freunde, die du einladen möchtest, eintragen und unterschreiben.“ Mit einem strengen Blick auf Lulu fügte sie hinzu: „Luise wird dir sicher gerne dabei helfen. Ordentlich schreiben kann sie ja hoffentlich. Und schön zu malen lernt sie dann beim Kunstkurs.“
Albi ist wütend
Frau Artich hatte kaum die Zimmertür hinter sich geschlossen, da pfefferte Albi den Stapel Einladungskarten auf den Boden.
„Ein Kunstkurs und eine Führung durch alte Ölschinken. Da laufen mir doch meine Freunde davon! Was hat sich Mama da wieder gedacht! Geht es noch langweiliger?“
„Nö“, bestätigte Lulu aufrichtig. „Geht’s nicht. ‚Museumspagodisches Zentrum’ klingt wie ‚Anstalt für schwer erziehbare Kinder’. Warum organisiert sie denn keine Party mit Spielen für dich daheim, so wie mein Pa das immer macht?“
„Weil es im Haus Dreck macht und nicht lehrreich ist.“ Albis Augen füllten sich vor Enttäuschung mit Tränen. „Ich habe doch Geburtstag! Den möchte ich einmal so feiern, wie ich mir das wünsche. Und nicht wie meine Eltern es für richtig halten.“
„Recht hast du“, bestätigte Lulu. „So ein Päddeldoggenquatsch ist eine Kinderquälerei und keine Kinderfeierei.“
Egon wurstelte sich unter Lulus Haaren hervor und tapste zu Albi. Liebevoll streichelte er mit seiner kleinen Pfote Albis großen Zeh.
„Sei nicht traurig, Albi.“ Er blinzelte ihn von unten durch seinen Haarschöppel an. „Sieh es doch mal mit anderen Glupschaugen. Deine Eltern freuen sich wenigstens, dass du Geburtstag
hast und wollen dafür sogar ein Fest ausrichten. An meinen Rupftag dagegen denkt keine Kellerassel!“
„Aber du feierst ihn doch trotzdem mit deinen Freunden?“, hakte Lulu nach.
„Natürlerich nicht.“ Egon ließ betrübt die Löffelohren hängen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie schauerschrecklich man in der Krumpfburg mit den Rupftagen der Sippenmitglieder umging.
„Ich weiß ja nicht einmal, wann mein Rupftag ist.“
Jetzt musste er selbst weinen. Eine dicke Träne suchte sich ihren Weg durch den grünflauschigen Pelz in seinem Gesichtchen und tropfte auf eine der Einladungskarten.
Albi riss ungläubig die Augen auf. Der Ärger über die Planung seiner Geburtstagsfeier war sofort verflogen. Offensichtlich gab es noch viel Schlimmeres, als im Museum zu feiern!
„Hoffentlich findet er es schnell heraus“, sagte Lulu zweifelnd.
Albi nickte eifrig. „Ich möchte nicht lange auf meinen besten Freund verzichten müssen. Mit oder ohne Rupftag, das ist mir egal.“
Dann begann er, seine verstreuten Geburtstagseinladungen aufzuklauben. Er wollte sie gleich fertig ausfüllen und morgen an seine Klassenkameraden verteilen.