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1. Auflage 2016
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Redaktion: Annett Stütze
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Satz: Carsten Klein, München
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ISBN Print: 978-3-86883-792-6
ISBN E-Book (PDF): 978-3-95971-060-2
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Inhalt

Vorwort
Technik
Verkehr
Wissenschaft
Kultur
Kommunikation
Politik und Wirtschaft
Medizin
Das alltägliche Leben
Ökologie und Lebensräume
Was wird kommen?
Literaturliste

Vorwort

»Die Vorhersage klärt uns nicht über die Zukunft auf,

sondern spiegelt die Gegenwart wider.

Insofern gibt sie Aufschluss über Mentalitäten,

die Kultur einer Gesellschaft und einer Zivilisation.«

Georges Minois, französischer Historiker (*1946)

Das Orakel von Delphi machte es richtig: Vorhersage – ja, Garantie für die richtige Deutung – nein. Expertisen und Prophetien aus Vergangenheit und Gegenwart stehen immer auf dem Prüfstand der Zeit, und eines Tages wird jede Voraussage verifiziert – oder eben nicht.

Schon der Jahrtausendwechsel provozierte Prognostiker zu besonderen Leistungen, obwohl ein solches Datum und seine numerische Festlegung eigentlich x-beliebig sind. Aber Propheten und Experten werden nicht nur zu runden Jahreszahlen tätig, sondern orakeln eigentlich immer. Und sie irren immer öfter, seit sie die simple, aber hochprofessionelle Methode des Orakels von Delphi aufgegeben haben. Das hatte zum Beispiel dem lydischen König Krösus gekonnt doppelsinnig prognostiziert:

»Wenn du den Halys überschreitest,

wirst du ein großes Reich zerstören.«

Krösus glaubte, es sei das persische Reich gemeint – es war aber sein eigenes. Für die Qualität der Vorhersage spricht: Auch wenn der Feldzug anders ausgegangen wäre, hätte das Orakel recht behalten.

Anders heute. Über Bruttosozialprodukte, Konjunkturvorhersagen, Apokalypsen, Bevölkerungsentwicklung, Besiedlung des Weltraums und der Meere (überhaupt die 1960er und ihre Prognosen für das Jahr 2000!), Motorisierung, Computernutzung, Waldsterben, Börsenkurse und Wirtschaftsdaten werden pseudopräzise Prognosen abgegeben, die nur in den seltensten Fällen eintreten. Hinzu kommt häufig: Tatsächliche Neuerungen entziehen sich vorausahnenden Expertisen oftmals komplett.

Im Falle unserer aktuellen Wirklichkeit zum Beispiel war das Internet den Visionären einfach entgangen: Niemand sah das Netz aller Netze mit seinen Suchmaschinen und E-Commerce-Möglichkeiten von Amazon bis eBay voraus. Auch die Handy-Segnungen SMS und Foto übersahen alle Visionäre und Prognostiker in ihren Vorahnungen.

Andere Entwicklungen erahnte das Sehergewerbe dann aber doch: Erstaunlicherweise finden sich auch sehr frühe Hinweise auf die Zukunft, die heute unsere Gegenwart ist, die bewundernswert präzise und geradezu hellseherisch vorwegnahmen, was Jahrhunderte später im Zeitstrom geschah. Doch diese sollen hier nur am Rande Thema sein. Wir widmen uns lieber den Fehlprognosen, einfach weil sie in diesem Kontext viel unterhaltsamer sind. Denn hier geht es um die Versager unter den Sehern des Fortschritts. Nur noch den Kopf schütteln können wir heute über die naiv-technischen Utopien der 50er- und 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Sie besitzen im Gegensatz zu den Zukunftsahnungen vergangener Jahrhunderte völlig neue Qualitäten. Ausgangspunkt dieser Visionen ist ein zum Teil überzogener Technikoptimismus, erklärbar aus der Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit und dem beginnenden wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aufschwung. Der Glaube an ein unendliches Potenzial künftiger Neuerungen und Verbesserungen beflügelte die Fantasie, es herrschte Begeisterung für eine allmächtige Technik, der man zutraute, das Universum quasi aus den Angeln zu heben. Die Magie vergangener Zeiten wurde so durch die neue, überaus wirksam scheinende Zauberkraft Wissenschaft ersetzt, den bösen Ahnungen standen plötzlich die betörenden Bilder neuer Paradiese gegenüber.

Zumeist wurden dabei die angenehmen Aspekte der Gegenwart in simpelster Weise in die nähere und fernere Zukunft fortgeschrieben, wobei die Fantasieleistung im Denken in der Regel darin bestand, die positiven Errungenschaften der Gegenwart zu einer paradiesischen Zukunft aufzublasen. Flugzeug- und Raketentechnik sollten Automobile antreiben, in der noch in den Kinderschuhen steckenden Raumfahrt gewonnene Erkenntnisse dazu dienen, Städte inmitten der Ozeane oder auf fernen Planeten zu ermöglichen. Selbst die Besiedlung ferner Galaxien in einem Massenexodus mit riesigen Raumschiffen wurde ernsthaft in Erwägung gezogen, zumal die beginnende massive Umweltverschmutzung das Haltbarkeitsdatum der Erde auch schon damals zu begrenzen schien. An dieser Stelle traten gegen Ende der 1960er-Jahre die ersten Zweifel am wissenschaftlich-technischen Fortschritt auf. Begründete Zweifel …

Begeben wir uns also in ein Labyrinth der Irrungen und Wirrungen der überhitzten technischen Fantasie und der fortgeschrittenen sozialen Ignoranz, in Traumreiche voller kollektivem Glück und Reichtum, die sich leider alle als vollständige Luftschlösser entpuppten.