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Titelbild: Pomacea diffusa mit blauem Gehäuse Foto: H. Evers
Bild Seite 1: Pomacea diffusa mit weißem Gehäuse Foto: H. Evers
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eISBN: 978-3-86659-374-9
© 2009 Natur und Tier - Verlag GmbH
An der Kleimannbrücke 39/41
48157 Münster
www.ms-verlag.de
Geschäftsführung: Matthias Schmidt
Lektorat: Mike Zawadzki
Layout: Malte Rommel
Vorwort
Systematische Stellung
Evolution und Verwandtschaftsverhältnisse
Körperbau
Gehäuse
Gehäusedeckel
Äußerer Weichkörper
Mantelhöhle
Radula
Kiefer
Sinnesleistung
Fortpflanzung
Geschlechtsunterscheidung
Geschlechtsausprägung
Lebensweise und Verbreitung
Apfelschnecken als Schädlinge
Bekämpfung von Apfelschnecken
Unterscheidung der Arten
Kauf und Transport
Das Aquarium
Ernährung
Apfelschnecken und Algen
Zucht
Krankheiten und Parasiten
Vergiftungen
Gehäuseschäden
Im Aquarium gepflegte Arten
Gattung Pomacea
Gattung Asolene
Gattung Marisa
Gattung Pila
Weitere interessante Arten
Weiterführende Informationen
Verwendete und weiterführende Literatur
Bereits seit mehr als 100 Jahren werden Apfelschnecken in Deutschland gehalten. Sie wurden schon damals mit großer Begeisterung und Sorgfalt gepflegt. Da es in der Anfangszeit noch keine Aquarienheizungen gab, bedeutete das, dass man im Herbst und Winter wegen der fehlenden Aquarienheizung alle paar Stunden Gefäße mit heißem Wasser an oder in die Becken stellen musste, um die Tiere am Leben zu halten. Selbst die große Verfressenheit von Pomacea canaliculata, die damals als Ampullaria gigas importiert wurde, schmälerte die Freude an den Tieren nicht. Es scheint vielmehr ein Teil des Reizes gewesen zu sein, zu beobachten, wie so ein Tier innerhalb einer Woche einen ganzen Kopfsalat verspeiste.
Es verwundert nicht, dass auch heute Apfelschnecken wegen ihrer schieren Größe oder der verblüffenden Eleganz, mit der sie scheinbar sogar der Schwerkraft trotzen, eine große Fangemeinde haben. Zahlreiche Internetseiten und Foren beschäftigen sich mit allen Fragen rund um Apfelschnecken.
Leider fällt es aber immer noch vielen Aquarianern schwer, die harmlose Pomacea diffusa von der pflanzenfressenden P. canaliculata zu unterscheiden. Die Paradiesschnecke, Marisa cornuarietis, wird oft nicht einmal als Apfelschnecke erkannt.
In diesem Buch ist nun zum ersten Mal alles aus Wissenschaft und Aquarienerfahrung zusammengefasst, was für den Aquarianer in Bezug auf Haltung, Vermehrung und Artunterscheidung wichtig ist.
Warendorf/Müssingen, im Herbst 2009
Maike Wilstermann-Hildebrand
Schneckenliebe
Ein schmuckes Ampullariaweib
Mit einem eigenen Hause,
Von hohem Wuchs und schlankem Leib
Saß einsam in der Klause!
Gar mancher Schneck hat auf das Korn
Das Schnuckelchen genommen
Und ist zum kühlen Liebesborn
In Sehnsucht hin geschwommen.
Am meisten waren Schnick und Schnack,
Mit schönen Angebinden,
Vom ganzen jungen Schneckenpack
In ihrer Näh zu finden.
Sie liebte aber nur den Schnick,
Und schenkte ihm alleine
Ihr ganzes großes Liebesglück
Bei einem Stelldicheine.
Schnack war natürlich aufgebracht,
Als er das Liebesflüstern
Belauscht hat in der schwülen Nacht,
Und war auf Rache lüstern.
Er sah dann, wie das schöne Weib
An einem Cyperus-Stengel
Emporschob ihren stolzen Leib:
„Na warte, süßer Engel!“
Wie es der Pflicht mit viel Geschick
Als Mutter still genügte,
Und tausend Eier Stück für Stück
Schön aneinander fügte,
Da schlich der bitterböse Schnack,
Der eifersüchtig e Bengel,
Sich an dem Stamm - ein Krach, ein Knack -
Und durch biß er den Stengel!
Es war durch diesen Gigas-Streich
Der Cyperus umgesunken.
Was ward aus Schnuckel und dem Laich?
„Vielleicht sind sie ertrunken!“
Von Herrn HARTMANN aus Münster in Westfalen
aus Wochenschrift für Aquarien- und
Terrarienkunde (1908), S. 302
Die Systematik von Schnecken ist allgemein schwierig und befindet sich ständig in Bearbeitung.Während ursprünglich vor allem die Gehäuseform und grundlegende Strukturen des Körpers als Bestimmungsmerkmale Verwendung fanden, sind in den letzten zehn Jahren die genetischen Untersuchungen stärker in den Vordergrund gerückt und haben auch bei den Apfelschnecken zu neuen Erkenntnissen geführt.
Die auf äußerlichen Ähnlichkeiten basierende Unterteilung in Vorderkiemer (Prosobranchia), Hinterkiemer (Opistobranchia) und Lungenschnecken (Pulmonata) sowie deren untergeordnete Taxa ist mittlerweile veraltet. Es gibt inzwischen andere systematische Gruppierungen, die auf genetischen Merkmalen basieren.
Stamm |
Mollusca (Weichtiere) |
Klasse |
Gastropoda (Bauchfüsser) |
Unterklasse |
Prosobranchiata (Vorderkiemer) |
Ordnung |
Monotocardia (Kammkiemer) |
Unterordnung |
Mesogastropoda (Mittelschnecken) |
Überfamilie |
Viviparoidea |
Familie |
Ampullariidae (Apfelschnecken) |
Es wurden aber noch nicht alle Schneckenarten entsprechend untersucht und eingeordnet, sodass das neue System noch unvollständig ist. Auch sind für die Aquaristik nur die äußeren Merkmale für die Bestimmung von Nutzen. Daher habe ich hier das alte System beibehalten.
Die Familie der Ampullariidae ist zurzeit in neun Gattungen unterteilt. In Asien kommt nur die Gattung Pila natürlich vor. In Afrika leben einige Pila-Arten, Afropomus, Saulea und Lanistes. In Südamerika gibt es besonders viele Apfelschneckenarten. Sie werden den Gattungen Pomacea, Asolene, Marisa, Felipponea und Pomella zugeordnet.
Die genaue Artenzahl in der Familie ist schwer zu bestimmen, weil es unzählige Synonyme gibt.
Die ältesten fossilen Funde von Apfelschnecken sind 160 Millionen Jahre alt. Tatsächlich gibt es Apfelschnecken aber sogar noch länger. Ihr Ursprung liegt auf dem Urkontinent Gondwana. Dort lebte auf der Landmasse des heutigen Afrikas eine Schneckenart, die der gemeinsame Vorfahr aller heute lebenden Apfelschnecken war. Aus diesem Vorfahr entwickelten sich Afropomus, Saulea, Pila und Lanistes. Als sich vor etwa 175 Millionen Jahren die indo-madagassische Landmasse von dem Urkontinent abspaltete, lebten darauf bereits Lanistes- und Pila-Arten. Nach der Trennung von Madagaskar und Indien vor etwa 90 Millionen Jahren lebten auf Madagaskar Lanistes- Arten. Auf dem indischen Subkontinent gab es damals bereits die Vorfahren der heutigen asiatischen Pila. Obwohl die genetische Trennung der asiatischen und der afrikanischen Pila schon 175 Millionen Jahre zurückliegt, unterscheiden sich die asiatischen Pila-Arten heute so wenig von den afrikanischen, dass sie eindeutig zu einer Gattung zu zählen sind. In Südamerika hat sich dagegen eine große Artenvielfalt entwickelt, nachdem es sich vor etwa 130 Millionen Jahren vom heutigen Afrika trennte. Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse sind noch nicht endgültig geklärt. Es hat sich gezeigt, dass es eine enge genetische Beziehung zwischen Marisa, Asolene und Felipponea bzw. zwischen Pomacea und Pomella gibt.
Die Arten der Gattung Pomacea lassen sich besonders schwer anhand von äußeren Merkmalen bestimmen. Die Tiere sind in Form und Größe ihres Gehäuses so variabel, dass sich diese Werte bei vielen Arten in weiten Bereichen überschneiden. Es gibt darum verschiedene inoffizielle Gruppen von schwer unterscheidbaren und oft verwechselten Arten.
Zum Beispiel sind sich Pomacea canaliculata und P. insularum sehr ähnlich und werden oft für eine einzige Art gehalten. Beide können recht groß werden und haben eine tief eingesenkte Naht. Durch Gentests konnte aber herausgefunden werden, dass es sich um zwei verschiedene Arten handelt. Es zeigte sich auch, dass es sich bei einem Teil der nach Asien und Nordamerika verschleppten großen Apfelschnecken um P. insularum handelt und eben nicht um P. canaliculata, wie bisher angenommen wurde. Eine weitere diesen beiden Apfelschnecken äußerlich recht ähnliche Art ist P. haustrum. Diese gehört aber zur näheren Verwandtschaft von P. bridgesii und P. diffusa, denen sie aber kaum ähnlich sieht.