Daniel Defoe

Robinson Crusoe

Illustrierte Fassung

Daniel Defoe

Robinson Crusoe

Illustrierte Fassung

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
Illustrationen: A. F. Lydon, Carl Offterdinger
Übersetzung: Karl Altmüller
EV: Bibliogr. Institut, Leipzig, Wien, 1917
4. Auflage, ISBN 978-3-954180-70-7

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Inhaltsverzeichnis

Zum Ro­man

1. Ro­bin­sons Ju­gend­jah­re und ers­te Rei­sen

2. Skla­ve­rei und Flucht

3. Auf­ent­halt in Bra­si­li­en, Rei­se und Schiff­bruch

4. Ar­bei­ten auf dem Schif­fe und an sei­ner Woh­nung

5. Das Er­be­ben

6. Die Krank­heit

7. Ers­te Ent­de­ckungs­rei­se zu Lan­de

8. Die Ern­te

9. Der Schiffs­bau

10. Ent­de­ckungs­rei­se zu Was­ser

11. Die Zie­gen­her­de

12. Ves­ti­gia me ter­rant

13. Die Grot­te

14. Das spa­ni­sche Schiff

15. Die Kan­ni­ba­len

16. Frei­tag

17. Er­kun­di­gun­gen

18. Die Ge­ret­te­ten

19. Die Frei­beu­ter

20. Ro­bin­sons Abrei­se

21. Rei­sen

22. Neue See­rei­se

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Zum Roman

Ro­bin­son Cru­soe ist ein Ro­man von Da­niel De­foe, der die Ge­schich­te ei­nes See­man­nes er­zählt, der meh­re­re Jah­re auf ei­ner In­sel als Schiff­brü­chi­ger ver­bringt. Das Buch er­schi­en 1719 und gilt als der ers­te eng­li­sche Ro­man.

Der jun­ge Kauf­manns­sohn Ro­bin­son Cru­soe setzt trotz der Er­mah­nun­gen sei­nes Va­ters die ge­si­cher­te Exis­tenz in Eng­land aufs Spiel und ver­sucht sein Glück im Über­see­han­del. Er er­lebt span­nen­de Aben­teu­er auf sei­nen ers­ten Rei­sen, bis er schließ­lich bei ei­nem Sturm in der Ka­ri­bik Schiff­bruch er­lei­det und al­lein auf ei­ner­ab­ge­le­ge­nen In­sel stran­det. Für Cru­soe be­ginnt ein jah­re­lan­ger, aben­teu­er­rei­cher Kampf ums Über­le­ben.

Die Ge­schich­te von Ro­bin­son Cru­soe kann auf das Le­ben des Aben­teu­rers Alex­an­der Sel­kirk zu­rück­ge­führt wer­den. Sel­kirk blieb vier Jah­re und vier Mo­na­te auf ei­ner In­sel, auf die er nach ei­nem Streit mit sei­nem Ka­pi­tän aus­ge­setzt wur­de, bis er am 2. Fe­bru­ar 1709 ge­ret­tet wur­de. Durch Sel­kirks Er­leb­nis­se ließ sich Da­niel De­foe ver­mut­lich zu sei­nem Ro­man Ro­bin­son Cru­soe an­re­gen.

1. Robinsons Jugendjahre und erste Reisen

Ich bin ge­bo­ren zu York im Jah­re 1632, als Kind an­ge­se­he­ner Leu­te, die ur­sprüng­lich nicht aus je­ner Ge­gend stamm­ten. Mein Va­ter, ein Aus­län­der, aus Bre­men ge­bür­tig, hat­te sich zu­erst in Hull1 nie­der­ge­las­sen, war dort als Kauf­mann zu hüb­schem Ver­mö­gen ge­kom­men und dann, nach­dem er sein Ge­schäft auf­ge­ge­ben hat­te, nach York ge­zo­gen. Hier hei­ra­te­te er mei­ne Mut­ter, eine ge­bo­re­ne Ro­bin­son. Nach der ge­ach­te­ten Fa­mi­lie, wel­cher sie an­ge­hör­te, wur­de ich Ro­bin­son Kreuz­na­er ge­nannt. In Eng­land aber ist es Mode, die Wor­te zu ver­un­stal­ten, und so hei­ßen wir jetzt Cru­soe, nen­nen und schrei­ben uns so­gar selbst so, und die­sen Na­men habe auch ich von je­her un­ter mei­nen Be­kann­ten ge­führt.

Ich hat­te zwei äl­te­re Brü­der. Der eine von ih­nen, wel­cher als Oberst­lieu­ten­ant bei ei­nem eng­li­schen, frü­her von dem be­rühm­ten Oberst Lock­hart be­feh­lig­ten In­fan­te­rie­re­gi­ment in Flan­dern diente, fiel in der Schlacht bei Dün­kir­chen. Was aus dem jün­ge­ren ge­wor­den ist, habe ich eben­so­we­nig in Er­fah­rung brin­gen kön­nen, als mei­ne El­tern je Kennt­nis von mei­nen eig­nen Schick­sa­len er­hal­ten ha­ben.

Schon in mei­ner frü­hen Ju­gend steck­te mir der Kopf voll von Plä­nen zu ei­nem um­her­schwei­fen­den Le­ben. Mein be­reits be­jahr­ter Va­ter hat­te mich so viel ler­nen las­sen, als durch die Er­zie­hung im Hau­se und den Be­such ei­ner Frei­schu­le auf dem Lan­de mög­lich ist. Ich war für das Stu­di­um der Rechts­ge­lehr­sam­keit be­stimmt. Kein an­de­rer Ge­dan­ke aber in Be­zug auf mei­nen künf­ti­gen Be­ruf woll­te mir be­ha­gen als der, See­mann zu wer­den. Die­ses Vor­ha­ben brach­te mich in schrof­fen Ge­gen­satz zu den Wün­schen und Be­feh­len mei­nes Va­ters und dem Zu­re­den mei­ner Mut­ter, wie auch sons­ti­ger mir freund­lich ge­sinn­ter Men­schen. Es schi­en, als habe das Schick­sal in mei­ne Na­tur einen un­wi­der­steh­li­chen Drang ge­legt, der mich ge­ra­des Wegs in künf­ti­ges Elend trei­ben soll­te.

Mein Va­ter, der ein ver­stän­di­ger und erns­ter Mann war, durch­schau­te mei­ne Plä­ne und such­te mich durch ein­dring­li­che Ge­gen­vor­stel­lun­gen von den­sel­ben ab­zu­brin­gen. Ei­nes Mor­gens ließ er mich in sein Zim­mer, das er we­gen der Gicht hü­ten muss­te, kom­men und sprach sich über jene An­ge­le­gen­heit mit großer Wär­me ge­gen mich aus. »Was für an­de­re Grün­de«, sag­te er, »als die blo­ße Vor­lie­be für ein un­s­te­tes Le­ben, kön­nen dich be­we­gen, Va­ter­haus und Hei­mat ver­las­sen zu wol­len, wo du dein gu­tes Un­ter­kom­men hast und bei Fleiß und Aus­dau­er in ru­hi­gem und be­hag­li­chem Le­ben dein Glück ma­chen kannst. Nur Leu­te in ver­zwei­fel­ter Lage, oder sol­che, die nach großen Din­gen stre­ben, ge­hen au­ßer Lan­des auf Aben­teu­er aus, um sich durch Un­ter­neh­mun­gen em­por zu brin­gen und be­rühmt zu ma­chen, die au­ßer­halb der ge­wöhn­li­chen Bahn lie­gen. Sol­che Un­ter­neh­mun­gen aber sind für dich ent­we­der zu hoch oder zu ge­ring. Du ge­hörst in den Mit­tel­stand, in die Sphä­re, wel­che man die hö­he­re Re­gi­on des ge­mei­nen Le­bens nen­nen könn­te. Die aber ist, wie mich lan­ge Er­fah­rung ge­lehrt hat, die bes­te in der Welt; in ihr ge­langt man am si­chers­ten zu ir­di­schem Glück. Sie ist we­der dem Elend und der Müh­sal der nur von Hän­de­ar­beit le­ben­den Men­schen­klas­se aus­ge­setzt, noch wird sie von dem Hoch­mut, der Üp­pig­keit, dem Ehr­geiz und dem Neid, die in den hö­he­ren Sphä­ren der Men­schen­welt zu Hau­se sind, heim­ge­sucht.«

»Am bes­ten«, füg­te er hin­zu, »kannst du die Glück­se­lig­keit des Mit­tel­stan­des dar­aus er­ken­nen, dass er von Al­len, die ihm nicht an­ge­hö­ren, be­nei­det wird. Selbst Kö­ni­ge ha­ben oft über die Miss­lich­kei­ten, die ihre hohe Ge­burt mit sich bringt, ge­klagt und ge­wünscht, in die Mit­te der Ex­tre­me zwi­schen Hohe und Nied­ri­ge ge­stellt zu sein. Auch der Wei­se be­zeugt, dass je­ner Stand der des wah­ren Glückes ist, in­dem er be­tet: ›Ar­mut und Reich­tum gib mir nicht‹.«

»Habe nur dar­auf Acht«, fuhr mein Va­ter fort, »so wirst du fin­den, dass das Elend der Mensch­heit zu­meist an die hö­he­ren und nie­de­ren Schich­ten der Ge­sell­schaft ver­teilt ist. Die, wel­che in der mitt­le­ren le­ben, wer­den am sel­tens­ten vom Miss­ge­schick ge­trof­fen, sie sind min­der den Wech­sel­fäl­len des Glücks aus­ge­setzt, sie lei­den bei wei­tem we­ni­ger an Miss­ver­gnü­gen und Un­be­ha­gen des Lei­bes und der See­le wie jene, die durch aus­schwei­fend üp­pi­ges Le­ben auf der einen, durch har­te Ar­beit, Man­gel am Not­wen­di­gen oder schlech­ten und un­zu­läng­li­chen Le­bens­un­ter­halt auf der an­de­ren Sei­te, in Fol­ge ih­rer na­tür­li­chen Le­bens­stel­lung ge­plagt sind. Der Mit­tel­stand ist dazu an­ge­tan, alle Ar­ten von Tu­gen­den und Freu­den ge­dei­hen zu las­sen. Frie­de und Ge­nüg­sam­keit sind im Ge­fol­ge ei­nes mä­ßi­gen Ver­mö­gens. Ge­müts­ru­he, Ge­sel­lig­keit, Ge­sund­heit, Mä­ßig­keit, alle wirk­lich an­ge­neh­men Ver­gnü­gun­gen und wün­schens­wer­ten Er­hei­te­run­gen sind die se­gens­rei­chen Ge­fähr­ten ei­ner mitt­le­ren Le­bens­stel­lung. Auf der Mit­tel­stra­ße kommt man still und ge­mäch­lich durch die Welt und sanft wie­der her­aus, un­ge­plagt von all­zu schwe­rer Hand- oder Kopf­ar­beit, frei vom Skla­ven­dienst ums täg­li­che Brot, un­be­irrt durch ver­wi­ckel­te Ver­hält­nis­se, die der See­le die Ruhe, dem Leib die Rast ent­zie­hen, ohne Auf­re­gung durch Neid, oder die im Her­zen heim­lich glü­hen­de Ehr­be­gier­de nach großen Din­gen. Die­ser Weg führt viel­mehr in ge­las­se­ner Be­hag­lich­keit durch das Da­sein, gibt nur des­sen Sü­ßig­kei­ten, nicht aber auch sei­ne Bit­ter­nis­se zu kos­ten, er lässt die auf ihm wan­deln mit je­dem Tage mehr er­fah­ren, wie gut es ih­nen ge­wor­den ist.«

Hier­auf drang mein Va­ter ernst­lich und in­stän­digst in mich, ich sol­le mich nicht ge­walt­sam in eine elen­de Lage stür­zen, vor wel­cher die Na­tur, in­dem sie mich in mei­ne jet­zi­ge Le­bens­stel­lung ge­bracht, mich sicht­bar­lich habe be­hü­ten wol­len. Ich sei ja nicht ge­zwun­gen, mei­nen Un­ter­halt zu su­chen. Er habe es gut mit mir vor und wer­de sich be­mü­hen, mich in be­que­mer Wei­se in die Le­bens­bahn zu brin­gen, die er mir so­eben ge­rühmt habe. Wenn es mir nicht wohl er­ge­he in der Welt, so sei das le­dig­lich mei­ne Schuld. Er habe kei­ne Verant­wor­tung da­für, nach­dem er mich vor Un­ter­neh­mun­gen ge­warnt habe, die, wie er be­stimmt wis­se, zu mei­nem Ver­der­ben ge­rei­chen müss­ten. Er wol­le al­les Mög­li­che für mich tun, wenn ich da­heim blei­be und sei­ner An­wei­sung ge­mäß mei­ne Exis­tenz be­grün­de. Da­ge­gen wer­de er sich da­durch nicht zum Mit­schul­di­gen an mei­nem Miss­ge­schick ma­chen, dass er mein Vor­ha­ben, in die Frem­de zu ge­hen, ir­gend­wie un­ter­stüt­ze. Schließ­lich hielt er mir das Bei­spiel mei­nes äl­te­ren Bru­ders vor. Den habe er auch durch ernst­li­ches Zu­re­den ab­hal­ten wol­len, in den nie­der­län­di­schen Krieg zu ge­hen. Den­noch sei der­sel­be sei­nen Ge­lüs­ten ge­folgt und habe dar­um einen frü­hen Tod ge­fun­den. »Ich wer­de zwar«, so en­de­te mein Va­ter, »nicht auf­hö­ren, für dich zu be­ten, aber das sage ich dir im Voraus: wenn du dei­ne tö­rich­ten Plä­ne ver­folgst, wird Gott sei­nen Se­gen nicht dazu ge­ben, und du wirst viel­leicht ein­mal Muße ge­nug ha­ben, dar­über nach­zu­den­ken, dass du mei­nen Rat in den Wind ge­schla­gen hast. Dann aber möch­te wohl nie­mand da sein, der dir zur Um­kehr be­hilf­lich sein kann.«

Bei die­sen letz­ten Wor­ten, die, was mein Va­ter wohl selbst kaum ahn­te, wahr­haft pro­phe­tisch wa­ren, ström­ten ihm, be­son­ders als er mei­nen ge­fal­le­nen Bru­der er­wähn­te, die Trä­nen reich­lich über das Ge­sicht. Als er von der Zeit der zu spä­ten Reue sprach, ge­riet er in eine sol­che Be­we­gung, dass er nicht wei­ter re­den konn­te.

Ich war durch sei­ne Wor­te in in­ners­ter See­le er­grif­fen, und wie hät­te das an­ders sein kön­nen! Mein Ent­schluss stand fest, den Ge­dan­ken an die Frem­de auf­zu­ge­ben und mich, den Wün­schen mei­nes Va­ters ge­mäß, zu Hau­se nie­der­zu­las­sen. Aber ach, schon nach we­ni­gen Ta­gen wa­ren die­se gu­ten Vor­sät­ze ver­flo­gen, und um dem pein­li­chen Zu­re­den mei­nes Va­ters zu ent­ge­hen, be­schloss ich ei­ni­ge Wo­chen spä­ter, mich heim­lich da­von zu ma­chen. In­des führ­te ich die­se Ab­sicht nicht in der Hit­ze des ers­ten Ent­schlus­ses aus, son­dern nahm ei­nes Ta­ges mei­ne Mut­ter, als sie un­ge­wöhn­lich gu­ter Lau­ne schi­en, bei Sei­te und er­klär­te ihr, mein Ver­lan­gen die Welt zu se­hen gehe mir Tag und Nacht so sehr im Kop­fe her­um, dass ich Nichts zu Hau­se an­fan­gen könn­te, wo­bei ich Aus­dau­er ge­nug zur Durch­füh­rung ha­ben wür­de. »Mein Va­ter«, sag­te ich, »täte bes­ser, mich mit sei­ner Ein­wil­li­gung ge­hen zu las­sen als oh­ne sie. Ich bin im neun­zehn­ten Jah­re und zu alt, um noch die Kauf­mann­schaft zu er­ler­nen oder mich auf eine Ad­vo­ka­tur vor­zu­be­rei­ten. Woll­te ich’s doch ver­su­chen, so wür­de ich si­cher­lich nicht die ge­hö­ri­ge Zeit aus­hal­ten, son­dern mei­nem Prin­zi­pal2 ent­lau­fen und dann doch zur See ge­hen.« Ich bat die Mut­ter bei dem Va­ter zu be­für­wor­ten, dass er mich eine See­rei­se zum Ver­such ma­chen las­se. Käme ich dann wie­der und die Sa­che hät­te mir nicht ge­fal­len, so woll­te ich nim­mer fort und ver­sprä­che für die­sen Fall, durch dop­pel­ten Fleiß das Ver­säum­te wie­der ein­zu­ho­len.

Mei­ne Mut­ter ge­riet über die­se Mit­tei­lung in große Be­stür­zung. Es wür­de ver­ge­bens sein, er­wi­der­te sie, mit mei­nem Va­ter dar­über zu spre­chen, der wis­se zu gut, was zu mei­nem Bes­ten die­ne, um mir sei­ne Ein­wil­li­gung zu so ge­fähr­li­chen Un­ter­neh­mun­gen zu ge­ben. »Ich wun­de­re mich«, setz­te sie hin­zu, »dass du nach der Un­ter­re­dung mit dei­nem Va­ter und nach sei­nen lieb­rei­chen Er­mah­nun­gen noch an so Et­was den­ken kannst. Wenn du dich ab­so­lut ins Ver­der­ben stür­zen willst, so ist dir eben nicht zu hel­fen. Da­rauf aber darfst du dich ver­las­sen, dass ich mei­ne Ein­wil­li­gung dir nie gebe und an dei­nem Un­glück nicht ir­gend wel­chen Teil ha­ben will. Auch wer­de ich nie­mals in Et­was ein­wil­li­gen, was nicht die Zu­stim­mung dei­nes Va­ters hat.«

Wie ich spä­ter er­fuhr, war die­se Un­ter­re­dung von mei­ner Mut­ter, trotz ih­rer Ver­si­che­rung, dem Va­ter da­von Nichts mit­tei­len zu wol­len, ihm doch von An­fang bis zu Ende er­zählt wor­den. Er war da­von sehr be­trof­fen ge­we­sen und hat­te seuf­zend ge­äu­ßert: »Der Jun­ge könn­te nun zu Hau­se sein Glück ma­chen, geht er aber in die Frem­de, wird er der un­glück­lichs­te Mensch von der Welt wer­den; mei­ne Zu­stim­mung be­kommt er nicht.«

Es währ­te bei­na­he noch ein vol­les Jahr, bis ich den­noch mei­nen Vor­satz aus­führ­te. In die­ser gan­zen Zeit aber blieb ich taub ge­gen alle Vor­schlä­ge, ein Ge­schäft an­zu­fan­gen, und mach­te mei­nen El­tern oft­mals Vor­wür­fe dar­über, dass sie sich dem, wor­auf mei­ne gan­ze Nei­gung ging, so ent­schie­den wi­der­setz­ten.

Ei­nes Ta­ges be­fand ich mich zu Hull, wo­hin ich je­doch zu­fäl­lig und ohne etwa Flucht­ge­dan­ken zu he­gen, mich be­ge­ben hat­te. Ich traf dort einen mei­ner Ka­me­ra­den, der im Be­griff stand, mit sei­nes Va­ters Schiff zur See nach Lon­don zu ge­hen. Er drang in mich, ihn zu be­glei­ten, in­dem er nur die ge­wöhn­li­che Lock­spei­se der See­leu­te, näm­lich freie Fahrt, an­bot. So ge­sch­ah es, dass ich, ohne Va­ter oder Mut­ter um Rat zu fra­gen, ja ohne ih­nen auch nur ein Wort zu sa­gen, un­be­glei­tet von ih­rem und Got­tes Se­gen und ohne Rück­sicht auf die Um­stän­de und Fol­gen mei­ner Hand­lung, in bö­ser Stun­de (das weiß Gott!) am ers­ten Sep­tem­ber 1651 an Bord des nach Lon­don be­stimm­ten Schif­fes ging.

Nie­mals, glau­be ich, ha­ben die Miss­ge­schi­cke ei­nes jun­gen Aben­teu­rers ra­scher ih­ren An­fang ge­nom­men und län­ger an­ge­hal­ten als die mei­ni­gen. Un­ser Schiff war kaum aus dem Hum­ber­fluss, als der Wind sich er­hob und die See an­fing fürch­ter­lich hoch zu ge­hen. Ich war frü­her nie auf dem Mee­re ge­we­sen und wur­de da­her leib­lich un­aus­sprech­lich elend und im Ge­müt von furcht­ba­rem Schre­cken er­füllt. Jetzt be­gann ich ernst­lich dar­über nach­zu­den­ken, was ich un­ter­nom­men, und wie die ge­rech­te Stra­fe des Him­mels mei­ner bös­wil­li­gen Ent­fer­nung vom Va­ter­haus und mei­ner Pf­licht­ver­ges­sen­heit als­bald auf dem Fuße ge­folgt sei. Alle gu­ten Ratschlä­ge mei­ner El­tern, die Trä­nen des Va­ters und der Mut­ter Bit­ten tra­ten mir wie­der vor die See­le, und mein da­mals noch nicht wie spä­ter ab­ge­här­te­tes Ge­wis­sen mach­te mir bit­te­re Vor­wür­fe über mei­ne Pf­licht­wid­rig­keit ge­gen Gott und die El­tern.

In­zwi­schen stei­ger­te sich der Sturm, und das Meer schwoll stark, wenn auch bei wei­tem nicht so hoch, wie ich es spä­ter oft er­lebt und schon ei­ni­ge Tage nach­her ge­se­hen habe. Doch reich­te es hin, mich, als einen Neu­ling zur See und da ich völ­lig un­er­fah­ren in sol­chen Din­gen war, zu ent­set­zen. Von je­der Woge mein­te ich, sie wür­de uns ver­schlin­gen, und so oft das Schiff sich in ei­nem Wel­len­tal be­fand war mir, als kämen wir nim­mer wie­der auf die Höhe. In die­ser See­len­angst tat ich Ge­lüb­de in Men­ge und fass­te die bes­ten Ent­schlüs­se. Wenn es Gott ge­fal­le, mir das Le­ben auf die­ser Rei­se zu er­hal­ten, wenn ich je­mals wie­der den Fuß auf fes­tes Land set­zen dür­fe, so woll­te ich als­bald heim zu mei­nem Va­ter ge­hen und nie im Le­ben wie­der ein Schiff be­tre­ten. Dann woll­te ich den vä­ter­li­chen Rat be­fol­gen und mich nicht wie­der in ein ähn­li­ches Elend be­ge­ben. Jetzt er­kann­te ich klar die Rich­tig­keit der Be­mer­kun­gen über die gol­de­ne Mit­tel­stra­ße des Le­bens. Wie ru­hig und be­hag­lich hat­te mein Va­ter sein Le­ben lang sich be­fun­den, der sich nie den Stür­men des Mee­res und den Küm­mer­nis­sen zu Lan­de aus­ge­setzt hat­te. Kurz, ich be­schloss fest, mich auf­zu­ma­chen gleich dem ver­lo­re­nen Soh­ne und reu­ig zu mei­nem Va­ter zu­rück­zu­keh­ren.

Die­se wei­sen und ver­stän­di­gen Ge­dan­ken hiel­ten je­doch nur Stand, so lan­ge der Sturm währ­te und noch ein We­ni­ges dar­über. Am nächs­ten Tage leg­te sich der Wind, die See ging ru­hi­ger, und ich ward die Sa­che ein we­nig ge­wohnt. Doch blieb ich den gan­zen Tag still und ernst und litt noch im­mer et­was an der See­krank­heit. Am Nach­mit­tag aber klär­te sich das Wet­ter auf, der Wind leg­te sich völ­lig, und es folg­te ein köst­li­cher Abend. Die Son­ne ging leuch­tend un­ter und am nächs­ten Mor­gen eben­so schön auf. Wir hat­ten we­nig oder gar kei­nen Wind, die See war glatt, die Son­ne strahl­te dar­auf, und ich hat­te einen An­blick so herr­lich wie nie zu­vor.

Nach ei­nem ge­sun­den Schlaf, frei von der See­krank­heit, in bes­ter Lau­ne be­trach­te­te ich voll Be­wun­de­rung das Meer, das ges­tern so wild und fürch­ter­lich ge­we­sen und nun so fried­lich und an­mu­tig war. Und ge­ra­de jetzt, da­mit mei­ne gu­ten Vor­sät­ze ja nicht Stand hal­ten soll­ten, trat mein Ka­me­rad, der mich ver­führt hat­te, zu mir. »Nun, mein Jun­ge«, sag­te er, mich mit der Hand auf die Schul­ter klop­fend, »wie ist’s be­kom­men? Ich wet­te, du hast Angst aus­ge­stan­den, bei der Hand voll Wind, die wir ges­tern hat­ten, wie?« – »Eine Hand voll Wind nennst du das?« er­wi­der­te ich; »es war ein gräss­li­cher Sturm.« – »Ein Sturm? Narr, der du bist; hältst du das für einen Sturm? Gib uns ein gu­tes Schiff und of­fe­ne See, so fra­gen wir den Teu­fel was nach ei­ner sol­chen elen­den Bri­se. Aber du bist nur ein Süß­was­ser­seg­ler; komm, lass uns eine Bow­le Punsch ma­chen, und du wirst bald nicht mehr an die Af­faire den­ken. Schau, was ein präch­ti­ges Wet­ter wir ha­ben!«

Um es kurz zu ma­chen, wir ta­ten nach See­manns­brauch. Der Punsch wur­de ge­braut und ich ge­hö­rig an­ge­trun­ken. Der Leicht­sinn die­ses einen Abends er­säuf­te alle mei­ne Reue, all mei­ne Ge­dan­ken über das Ver­gan­ge­ne, alle mei­ne Vor­sät­ze für die Zu­kunft. Wie die See, als der Sturm sich ge­legt, wie­der ihre glat­te Mie­ne und fried­li­che Stil­le an­ge­nom­men hat­te, so war auch der Aufruhr in mei­ner See­le vor­über. Mei­ne Be­fürch­tun­gen, von den Wo­gen ver­schlun­gen zu wer­den, hat­te ich ver­ges­sen, mei­ne al­ten Wün­sche kehr­ten zu­rück, und die Ge­lüb­de und Ver­hei­ßun­gen, die ich in mei­nem Jam­mer ge­tan, wa­ren mir aus dem Sinn. Hin und wie­der stell­ten sich in­des­sen mei­ne Be­den­ken wie­der­um ein, und ernst­haf­te Be­sorg­nis­se kehr­ten von Zeit zu Zeit in mei­ne See­le zu­rück. Je­doch ich schüt­tel­te sie ab und mach­te mich da­von los gleich als von ei­ner Krank­heit, hielt mich ans Trin­ken und an die lus­ti­ge Ge­sell­schaft und wur­de so Herr über die­se »An­fäl­le«, wie ich sie nann­te. Nach fünf oder sechs Ta­gen war ich so voll­kom­men Sie­ger über mein Ge­wis­sen, wie es ein jun­ger Mensch, der ent­schlos­sen ist, sich nicht da­von be­un­ru­hi­gen zu las­sen, nur sein kann.

Aber ich soll­te noch eine neue Pro­be be­ste­hen. Die Vor­se­hung hat­te, wie in sol­chen Fäl­len ge­wöhn­lich, es so ge­ord­net, dass mir kei­ne Ent­schul­di­gung blei­ben konn­te. Denn wenn ich das ers­te Mal mich nicht für ge­ret­tet an­se­hen woll­te, so war die nächs­te Ge­le­gen­heit so be­schaf­fen, dass der gott­lo­ses­te und ver­här­tets­te Bö­se­wicht so­wohl die Grö­ße der Ge­fahr, als die der gött­li­chen Barm­her­zig­keit da­bei hät­te an­er­ken­nen müs­sen.

Am sechs­ten Tage un­se­rer Fahrt ge­lang­ten wir auf die Rhe­de von Yar­mouth. Der Wind war uns ent­ge­gen und das Wet­ter ru­hig ge­we­sen, und so hat­ten wir nach dem Sturm nur eine ge­rin­ge Stre­cke zu­rück­ge­legt. Dort sa­hen wir uns ge­nö­tigt, vor An­ker zu ge­hen, und la­gen, weil der Wind un­güns­tig, näm­lich aus Süd­west blies, sie­ben oder acht Tage da­selbst, wäh­rend wel­cher Zeit vie­le an­de­re Schif­fe von New-Cast­le her aus eben die­ser Rhe­de, wel­che den ge­mein­sa­men Ha­fen für die gu­ten Wind die Them­se hin­auf er­war­ten­den Schif­fe ab­gab, vor An­ker gin­gen.

Wir wä­ren je­doch nicht so lan­ge hier ge­blie­ben, son­dern mit der Flut all­mäh­lich strom­auf­wärts ge­gan­gen, hät­te der Wind nicht zu hef­tig ge­weht. Nach dem vier­ten oder fünf­ten Tag blies er be­son­ders scharf. Da aber die Rhe­de für einen gu­ten Ha­fen galt, der An­ker­grund gut und un­ser An­ker­tau sehr stark war, mach­ten uns­re Leu­te sich Nichts dar­aus, son­dern ver­brach­ten ohne die ge­rings­te Furcht die Zeit nach See­manns­art mit Schla­fen und Ze­chen. Den ach­ten Tag aber ward des Mor­gens der Wind stär­ker, und wir hat­ten alle Hän­de voll zu tun, die Top­mas­ten ein­zu­ziehn und al­les zu dich­ten und festz­u­ma­chen, dass das Schiff so ru­hig wie mög­lich vor An­ker lie­gen könn­te. Um Mit­tag ging die See sehr hoch. Es schlu­gen große Wel­len über das Deck, und ein- oder zwei­mal mein­ten wir, der An­ker sei los­ge­wi­chen, wor­auf un­ser Ka­pi­tän so­gleich den No­tan­ker los­zu­ma­chen be­fahl, so­dass wir nun von zwei An­kern ge­hal­ten wur­den.

Un­ter­des­sen er­hob sich ein wahr­haft fürch­ter­li­cher Sturm, und jetzt sah ich zum ers­ten Mal Angst und Be­stür­zung auch in den Mie­nen uns­rer See­leu­te. Ich hör­te den Ka­pi­tän, der mit al­ler Auf­merk­sam­keit auf die Er­hal­tung des Schif­fes be­dacht war, mehr­mals, wäh­rend er ne­ben mir zu sei­ner Ka­jü­te hin­ein- und her­aus­ging, lei­se vor sich hin­sa­gen: »Gott sei uns gnä­dig, wir sind alle ver­lo­ren« und der­glei­chen Äu­ße­run­gen mehr.

Wäh­rend der ers­ten Ver­wir­rung lag ich ganz still in mei­ner Koje, die sich im Zwi­schen­deck be­fand, und war in ei­ner un­be­schreib­li­chen Stim­mung. Es war mir nicht mög­lich, die vo­ri­gen reui­gen Ge­dan­ken, die ich so of­fen­bar von mir ge­sto­ßen hat­te, wie­der auf­zu­neh­men. Ich hat­te ge­glaubt die To­des­ge­fahr über­stan­den zu ha­ben, und ge­meint, es wür­de jetzt nicht so schlimm wer­den wie das ers­te Mal. Je­doch als der Ka­pi­tän in mei­ne Nähe kam und die er­wähn­ten Wor­te sprach, er­schrak ich fürch­ter­lich. Ich ging aus mei­ner Ka­jü­te und sah mich um. Nie­mals hat­te ich einen so furcht­ba­ren An­blick ge­habt. Das Meer ging ber­ge­hoch und über­schüt­te­te uns alle drei bis vier Mi­nu­ten. Wenn ich über­haupt Et­was se­hen konn­te, nahm ich Nichts als Jam­mer und Not rings­um wahr. Zwei Schif­fe, die nahe vor uns vor An­ker la­gen, hat­ten, weil sie zu schwer be­la­den wa­ren, ihre Mast­bäu­me kap­pen und über Bord wer­fen müs­sen, und uns­re Leu­te rie­fen ein­an­der zu, dass ein Schiff, wel­ches etwa eine hal­be Stun­de von uns an­ker­te, ge­sun­ken sei. Zwei an­de­re Schif­fe, de­ren An­ker nach­ge­ge­ben hat­ten, wa­ren von der Rhe­de auf die See ge­trie­ben und, al­ler Mas­ten be­raubt, je­der Ge­fahr preis­ge­ge­ben. Die leich­ten Fahr­zeu­ge wa­ren am bes­ten dar­an, da sie der See nicht so vie­len Wi­der­stand ent­ge­gen­set­zen konn­ten; aber zwei oder drei trie­ben auch von ih­nen hin­ter uns her und wur­den vom Win­de, dem sie nur das Sprietse­gel bo­ten, hin und her ge­jagt.

Ge­gen Abend frag­ten der Steu­er­mann und der Hoch­boots­mann den Ka­pi­tän, ob sie den Fock­mast kap­pen dürf­ten. Er woll­te an­fangs nicht dar­an, als aber der Hoch­boots­mann ihm ent­ge­gen hielt, dass, wenn es nicht ge­schä­he, das Schiff sin­ken wür­de, wil­lig­te er ein. Als man den vor­de­ren Mast be­sei­tigt hat­te, stand der Haupt­mast so lose und er­schüt­ter­te das Schiff der­ma­ßen, dass die Mann­schaft ge­nö­tigt war, auch ihn zu kap­pen und das Deck frei zu ma­chen.

Je­der­mann kann sich den­ken, in wel­chem Zu­stand bei die­sem Al­len ich, als Neu­ling zur See, und nach­dem ich so kurz vor­her eine sol­che Angst aus­ge­stan­den, mich be­fand. Doch wenn ich jetzt die Ge­dan­ken, die ich da­mals hat­te, noch rich­tig an­zu­ge­ben ver­mag, so war mein Ge­müt zehn­mal mehr in Trau­er dar­über, dass ich mei­ne frü­he­ren Ab­sich­ten auf­ge­ge­ben und wie­der zu den vor­her­ge­fass­ten Plä­nen zu­rück­ge­kehrt war, als über den Ge­dan­ken an den Tod selbst. Die­se Ge­füh­le, im Ve­rein mit dem Schreck vor dem Sturm, ver­setz­ten mich in eine Ge­müts­la­ge, die ich mit Wor­ten nicht be­schrei­ben kann. Das Schlimms­te aber soll­te noch kom­men!

Der Sturm wü­te­te der­ma­ßen fort, dass die Ma­tro­sen selbst be­kann­ten, sie hät­ten nie­mals einen schlim­mern er­lebt. Un­ser Schiff war zwar gut, doch hat­te es zu schwer ge­la­den und schwank­te so stark, dass die Ma­tro­sen wie­der­holt rie­fen, es wer­de um­schla­gen. In ge­wis­ser Hin­sicht war es gut für mich, dass ich die Be­deu­tung die­ses Worts nicht kann­te, bis ich spä­ter da­nach frag­te.

Mitt­ler­wei­le wur­de der Sturm so hef­tig, dass ich sah, was man nicht oft zu se­hen be­kommt, näm­lich wie der Ka­pi­tän, der Hoch­boots­mann und et­li­che an­de­re, die nicht ganz ge­fühl­los wa­ren, zum Ge­bet ihre Zuf­lucht nah­men. Sie er­war­te­ten näm­lich je­den Au­gen­blick, das Schiff un­ter­ge­hen zu se­hen. Mit­ten in der Nacht schrie, um uns­re Not voll­zu­ma­chen, ein Ma­tro­se, dem auf­ge­tra­gen war dar­auf ein Au­gen­merk zu ha­ben, aus dem Schiffs­raum, das Schiff sei leck und habe schon vier Fuß Was­ser ge­schöpft. Als­bald wur­de je­der­mann an die Pum­pen ge­ru­fen. Bei die­sem Ruf glaub­te ich das Herz in der Brust er­star­ren zu füh­len. Ich fiel rück­lings ne­ben mein Bett, auf dem ich in der Ka­jü­te saß, die Boots­leu­te aber rüt­tel­ten mich auf und sag­ten, wenn ich auch sonst zu Nichts nüt­ze sei, so tau­ge ich doch zum Pum­pen so gut wie je­der an­de­re. Da raff­te ich mich auf, eil­te zur Pum­pe und ar­bei­te­te mich recht­schaf­fen ab.

In­zwi­schen hat­te der Ka­pi­tän be­merkt, wie ei­ni­ge leicht­be­la­de­ne Koh­len­schif­fe, weil sie den Sturm vor An­ker nicht aus­zu­hal­ten ver­moch­ten, in die freie See sta­chen und sich uns nä­her­ten. Da­her be­fahl er ein Ge­schütz zu lö­sen und da­durch ein Not­si­gnal zu ge­ben. Ich, der ich nicht wuss­te, was das zu be­deu­ten hat­te, wur­de, weil ich glaub­te, das Schiff sei aus den Fu­gen ge­gan­gen, oder es sei sonst et­was Ent­setz­li­ches ge­sche­hen, so er­schreckt, dass ich in Ohn­macht fiel. Weil aber je­der nur an Er­hal­tung des eig­nen Le­bens dach­te, be­küm­mer­te sich kei­ne See­le um mich. Ein an­de­rer nahm mei­ne Stel­le an der Pum­pe ein, stieß mich mit dem Fuß bei Sei­te und ließ mich für tot lie­gen, bis ich nach ge­rau­mer Zeit wie­der zu mir kam.

Wir ar­bei­te­ten wa­cker fort, aber das Was­ser stieg im Schiffs­raum im­mer hö­her, und das Schiff be­gann au­gen­schein­lich zu sin­ken. Zwar leg­te sich jetzt der Sturm ein we­nig, al­lein un­mög­lich konn­te un­ser Fahr­zeug sich so lan­ge über Was­ser hal­ten, bis wir einen Ha­fen er­reich­ten. Des­halb ließ der Ka­pi­tän fort­wäh­rend Not­schüs­se ab­feu­ern. End­lich wag­te ein leich­tes Schiff, das ge­ra­de vor uns vor An­ker lag, ein Hilfs­boot aus­zu­sen­den. Mit äu­ßers­ter Ge­fahr na­he­te die­ses sich uns, doch schi­en un­mög­lich, dass wir hin­ein­stei­gen könn­ten oder dass es auch nur an un­ser Schiff an­zu­le­gen ver­möch­te. End­lich ka­men die Ma­tro­sen mit Le­bens­ge­fahr durch mäch­ti­ges Ru­dern so nahe, dass uns­re Leu­te ih­nen vom Hin­ter­teil des Schif­fes ein Tau mit ei­ner Boje zu­wer­fen konn­ten. Als sie un­ter großer Mühe und Not des Seils hab­haft ge­wor­den, zo­gen sie sich da­mit dicht an den Stern un­se­res Fahr­zeugs her­an, wor­auf wir denn sämt­lich uns in das ih­ri­ge be­ga­ben. Aber nun war gar kein Ge­dan­ke dar­an, dass wir mit dem Boo­te das Schiff, zu dem es ge­hör­te, er­rei­chen könn­ten. Da­her be­schlos­sen wir ein­mü­tig, das Boot vom Wind trei­ben zu las­sen und es nur so viel wie mög­lich nach der Küs­te zu steu­ern. Der Ka­pi­tän ver­sprach den frem­den Leu­ten, ihr Fahr­zeug, wenn es am Stran­de schei­tern soll­te, zu be­zah­len. So ge­lang­ten wir denn, teils durch Ru­dern, teils vom Win­de ge­trie­ben, nord­wärts etwa in der Ge­gend von Win­ter­ton-Neß nahe an die Küs­te her­an.

Kaum eine Vier­tel­stun­de hat­ten wir un­ser Schiff ver­las­sen, als wir es schon un­ter­ge­hen sa­hen. Jetzt be­griff ich, was es heißt, wenn ein Schiff in See leck wird. Ich ge­ste­he, dass ich kaum den Mut hat­te hin­zu­se­hen, als die Ma­tro­sen mir sag­ten, das Schiff sei im Sin­ken. Denn seit dem Au­gen­blick, wo ich in das Boot mehr ge­wor­fen als ge­stie­gen war, stand mir das Herz vor Schre­cken und Ge­müts­be­we­gung und vor den Ge­dan­ken an die Zu­kunft, so zu sa­gen, stil­le.

Wäh­rend die Boots­leu­te sich mü­he­ten uns an Land zu brin­gen, be­merk­ten wir (denn so­bald uns die Woge in die Höhe trug, ver­moch­ten wir die Küs­te zu se­hen), wie eine Men­ge Men­schen am Stran­de hin- und her­lie­fen, um uns, wenn wir her­an­kämen, Hil­fe zu leis­ten. Doch ge­lang­ten wir nur lang­sam vor­wärts und konn­ten das Land nicht eher er­rei­chen, bis wir den Leucht­turm von Win­ter­ton pas­siert hat­ten. Hier flacht sich die Küs­te von Cro­mer west­wärts ab, und so ver­moch­te das Land die Hef­tig­keit des Win­des ein we­nig zu bre­chen. Dort leg­ten wir an, ge­lang­ten sämt­lich, wie­wohl nicht ohne große An­stren­gun­gen ans Ufer und gin­gen hier­auf zu Fuße nach Yar­mouth. Als Schiff­brü­chi­ge wur­den wir in die­ser Stadt, so­wohl von den Be­hör­den, wel­che uns gute Quar­tie­re an­wie­sen, als auch von Pri­vat­leu­ten und Schiffs­eig­nern, mit großer Hu­ma­ni­tät be­han­delt und mit so viel Geld ver­se­hen, dass es hin­ge­reicht hät­te, uns, je nach­dem wir Lust hat­ten, die Rei­se nach Lon­don oder nach Hull zu er­mög­li­chen.

Hät­te ich nun Ver­nunft ge­nug ge­habt, in mei­ne Hei­mat zu­rück­zu­keh­ren, so wäre das mein Glück ge­we­sen, und mein Va­ter wür­de, um mit dem Gleich­nis un­se­res Hei­lan­des zu re­den, das fet­tes­te Kalb zur Fei­er mei­ner Heim­kehr ge­schlach­tet ha­ben. Nach­dem er ge­hört, das Schiff, mit dem ich von Hull ab­ge­gan­gen war, sei auf der Rhe­de von Yar­mouth un­ter­ge­gan­gen, hat er lan­ge in der Mei­nung ge­lebt, ich sei er­trun­ken.

Je­doch mein bö­ses Schick­sal trieb mich mit un­wi­der­steh­li­cher Hart­nä­ckig­keit vor­wärts. Zu­wei­len zwar sprach mir mei­ne Ver­nunft und mein be­son­ne­nes Ur­teil laut zu, heim­zu­keh­ren, aber ich hat­te nicht die Kraft dazu. Ich weiß nicht, ob es eine ge­heim­nis­vol­le zwin­gen­de Macht, oder wie ich es sonst nen­nen soll, gibt, die uns treibt, Werk­zeu­ge un­se­res ei­ge­nen Ver­der­bens zu wer­den, wenn es auch un­mit­tel­bar vor uns liegt und wir mit of­fe­nen Au­gen ihm uns nä­hern. Ge­wiss ist aber, dass nur ein un­ab­wend­bar über mich be­schlos­se­nes Ver­häng­nis, dem ich in kei­ner Wei­se ent­rin­nen konn­te, mich, trotz den ru­hi­gen Grün­den und dem Zu­re­den mei­ner Über­le­gung, und un­ge­ach­tet zwei­er so deut­li­chen Leh­ren, wie ich sie bei mei­nem ers­ten Ver­such er­hal­ten hat­te, vor­wärts dräng­te.

Mein Ka­me­rad, der mich frü­her in mei­ner Ge­wis­sens­ver­här­tung be­stärkt hat­te (er war, wie ich schon sag­te, der Sohn des Ei­gen­tü­mers un­se­res un­ter­ge­gan­ge­nen Schiffs), war nun ver­zag­ter als ich. Als wir uns das ers­te Mal in Yar­mouth spra­chen, zwei oder drei Tage nach un­se­rer An­kunft, – wir la­gen in ver­schie­de­nen Quar­tie­ren, – schi­en der Ton sei­ner Stim­me ver­än­dert, und mit me­lan­cho­li­scher Mie­ne frag­te er mich, wie es mir gehe. Nach­dem er sei­nem Va­ter mit­ge­teilt hat­te, wer ich sei und dass ich die­se Rei­se nur zum Ver­su­che ge­macht habe, und zwar in der Ab­sicht, spä­ter in die Frem­de zu ge­hen, wand­te sich die­ser zu mir und sag­te in ei­nem sehr erns­ten fei­er­li­chen Ton: »Jun­ger Mann, Ihr dürft nie­mals wie­der zur See ge­hen; Ihr müsst dies Er­leb­nis für ein sicht­ba­res und deut­li­ches Zei­chen an­se­hen, dass Ihr nicht zum See­mann be­stimmt seid«. – »Wie, Herr«, er­wi­der­te ich, »wollt Ihr selbst denn nie wie­der auf das Meer?« – »Das ist et­was an­de­res«, ant­wor­te­te er. »Es ist mein Be­ruf und da­her mei­ne Pf­licht; al­lein Ihr habt bei Die­ser Ver­suchs­rei­se vom Him­mel eine Pro­be von dem er­hal­ten, was Euch zu er­war­ten steht, wenn Ihr auf Eu­rem Sin­ne be­har­ret. Vi­el­leicht hat uns dies al­les nur Eu­ret­we­gen be­trof­fen, wie es mit Jona in dem Schif­fe von Tar­sis ging. Sagt mir«, fuhr er fort, »was in al­ler Welt hat Euch be­we­gen kön­nen, die­se Rei­se mitz­u­ma­chen?«

Hier­auf er­zähl­te ich ihm einen Teil mei­ner Le­bens­ge­schich­te. Als ich ge­en­det, brach er lei­den­schaft­lich in die Wor­te aus: »Was habe ich nun ver­bro­chen, dass solch ein Un­glücks­mensch in mein Schiff ge­ra­ten muss­te! Ich wür­de nicht um tau­send Pfund mei­nen Fuß wie­der mit Euch in das­sel­be Fahr­zeug set­zen.«

Die­ser Aus­bruch war durch die Erin­ne­rung an den von ihm er­lit­te­nen Ver­lust her­vor­ge­ru­fen, und der Mann hat­te ei­gent­lich kein Recht dazu, sich mir ge­gen­über so stark zu äu­ßern. Doch re­de­te er mir auch spä­ter noch sehr ernst zu und er­mahn­te mich, zu mei­nem Va­ter zu­rück­zu­keh­ren und nicht noch ein­mal die Vor­se­hung zu ver­su­chen. Ich wür­de se­hen, sag­te er, dass die Hand des Him­mels sicht­bar mir ent­ge­gen­ar­bei­te. »Ver­lasst Euch dar­auf, jun­ger Mann«, füg­te er hin­zu, »wenn Ihr nicht nach Hau­se geht, wer­det Ihr, wo­hin Ihr Euch auch wen­det, nur mit Miss­ge­schick und Not zu rin­gen ha­ben, bis die Wor­te Eu­res Va­ters sich an Euch er­füllt ha­ben.«

Bald dar­auf trenn­ten wir uns. Ich hat­te ihm nur kurz geant­wor­tet und sah ihn nach­her nicht wie­der, weiß auch nicht, was aus ihm ge­wor­den ist.

Ich mei­nes­teils be­gab mich, da ich jetzt et­was Geld in der Ta­sche hat­te, zu Lan­de nach Lon­don. So­wohl dort wie schon un­ter­wegs hat­te ich man­chen in­ne­ren Kampf zu be­ste­hen durch den Zwei­fel, ob ich heim­keh­ren oder zur See ge­hen soll­te. Was die ers­te­re Ab­sicht be­traf, so stell­te sich den bes­sern Re­gun­gen mei­ner See­le als­bald die Scham ent­ge­gen. Es fiel mir ein, wie ich von den Nach­barn aus­ge­lacht wer­den und wie be­schämt ich nicht nur vor Va­ter und Mut­ter, son­dern auch vor al­len an­de­ren Leu­ten ste­hen wür­de. Seit je­ner Zeit habe ich oft be­ob­ach­tet, wie un­ge­reimt und tö­richt die Ar­tung des Men­schen­her­zens, be­son­ders in der Ju­gend, ge­gen­über der Ver­nunft, die es in sol­chen Fäl­len al­lein lei­ten soll­te, sich zeigt: dass wir näm­lich uns nicht schä­men zu sün­di­gen, aber wohl zu be­reu­en; dass wir kei­ne Be­den­ken ha­ben vor der Hand­lung, de­rent­we­gen wir für einen Nar­ren an­ge­se­hen wer­den müs­sen, aber wohl vor der Buße, die al­lein uns wie­der die Ach­tung ver­nünf­ti­ger Men­schen ver­schaf­fen könn­te.

In je­ner Un­ent­schlos­sen­heit dar­über, was ich er­grei­fen und wel­chen Le­bens­weg ich ein­schla­gen soll­te, ver­harr­te ich ge­rau­me Zeit. Ein un­wi­der­steh­li­cher Wi­der­wil­le hielt mich auch fer­ner ab heim­zu­keh­ren. Nach ei­ner Wei­le aber ver­blass­te die Erin­ne­rung an das Miss­ge­schick, das ich er­lebt, und als die­se sich erst ge­mil­dert hat­te, war mit ihr auch der letz­te Rest des Ver­lan­gens nach Hau­se ge­schwun­den. Und kaum hat­te ich alle Ge­dan­ken an die Rück­kehr auf­ge­ge­ben, so sah ich mich auch schon nach der Ge­le­gen­heit zu ei­ner neu­en Rei­se um.

Das Un­heil, wel­ches mich zu­erst aus mei­nes Va­ters Hau­se ge­trie­ben; das mich in dem un­rei­fen und tol­len Ge­dan­ken ver­strickt hat­te, in der Fer­ne mein Glück zu su­chen; das die­sen Plan in mir so fest hat­te ein­wur­zeln las­sen, dass ich für al­len gu­ten Rat, für Bit­ten und Be­feh­le mei­nes Va­ters taub ge­we­sen war, das­sel­be Un­heil ver­an­stal­te­te jetzt auch, dass ich mich auf die al­le­r­un­glück­se­ligs­te Un­ter­neh­mung von der Welt ein­ließ. Ich be­gab mich näm­lich an Bord ei­nes nach der afri­ka­ni­schen Küs­te be­stimm­ten Schif­fes, oder, wie uns­re See­leu­te zu sa­gen pfle­gen, ei­nes Gui­neafah­rers. Je­doch, und dies war ein be­son­ders schlim­mer Um­stand, ver­ding­te ich mich nicht etwa als or­dent­li­cher See­mann auf das Schiff. Da­durch, ob ich gleich ein we­nig här­ter hät­te ar­bei­ten müs­sen, wür­de ich doch den see­män­ni­schen Dienst gründ­lich er­lernt und mich all­mäh­lich zum Ma­tro­sen oder Lieu­ten­ant, wenn nicht gar zum Ka­pi­tän hin­auf­ge­ar­bei­tet ha­ben. Nein, wie es im­mer mein Schick­sal war, dass ich das Schlimms­te wähl­te, so tat ich es auch dies­mal. Denn da ich Geld in der Ta­sche und gute Klei­der auf dem Lei­be hat­te, woll­te ich nur wie ein großer Herr an Bord ge­hen, und hat­te so­mit auf dem Schif­fe we­der et­was Or­dent­li­ches zu tun, noch lern­te ich den See­manns­dienst voll­stän­dig ken­nen.

In Lon­don hat­te ich gleich an­fangs das Glück, in gute Ge­sell­schaft zu ge­ra­ten, was ei­nem so un­be­son­ne­nen und un­bän­di­gen Ge­sel­len nicht oft zu Teil wird. Denn ob zwar der Teu­fel gern bei Zei­ten nach sol­chen sei­ne Net­ze aus­wirft, hat­te er’s bei mir doch un­ter­las­sen. Ich mach­te die Be­kannt­schaft ei­nes Schiffs­ka­pi­täns, der eben von der guin­ei­schen Küs­te zu­rück­ge­kehrt war und, da er dort gute Ge­schäf­te ge­macht hat­te, im Be­grif­fe stand, eine neue Rei­se da­hin zu un­ter­neh­men. Er fand Ge­fal­len an mei­ner da­mals nicht ganz reiz­lo­sen Un­ter­hal­tung, und als er ver­nom­men, dass ich Lust hat­te, die Welt zu se­hen, bot er mir an, kos­ten­frei mit ihm zu rei­sen. Ich kön­ne mit ihm den Tisch und den Schlaf­raum tei­len, und wenn ich etwa ei­ni­ge Wa­ren mit­neh­men wol­le, sie auf ei­ge­ne Rech­nung in Afri­ka ver­kau­fen und viel­leicht da­durch zu wei­te­ren Un­ter­neh­mun­gen er­mu­tigt wer­den.

Dies Aner­bie­ten nahm ich an und schloss mit dem Ka­pi­tän, ei­nem red­li­chen und auf­rich­ti­gen Man­ne, in­ni­ge Freund­schaft. Durch sei­ne Unei­gen­nüt­zig­keit trug mir ein klei­ner Kram, den ich mit­ge­nom­men, be­deu­ten­den Ge­winn ein. Ich hat­te näm­lich für un­ge­fähr 40 Pfund Ster­ling Spiel­wa­ren und der­glei­chen Klei­nig­kei­ten auf den Rat des Ka­pi­täns ein­ge­kauft, wo­für ich das Geld mit Hil­fe ei­ni­ger Ver­wand­ten, an die ich mich brief­lich ge­wen­det, zu­sam­men­brach­te, wel­che, wie ich ver­mu­te, auch mei­ne El­tern oder we­nigs­tens mei­ne Mut­ter ver­mocht hat­ten, et­was zu mei­ner ers­ten Un­ter­neh­mung bei­zu­steu­ern.

Dies war die ein­zi­ge un­ter mei­nen Rei­sen, die ich eine glück­li­che nen­nen kann. Ich ver­dan­ke das nur der Recht­schaf­fen­heit mei­nes Freun­des, durch des­sen An­lei­tung ich auch eine ziem­li­che Kennt­nis in der Ma­the­ma­tik und dem Schiff­fahrts­we­sen er­lang­te. Er lehr­te mich, den Kurs des Schiffs zu ver­zeich­nen, Beo­b­ach­tun­gen an­zu­stel­len, über­haupt al­les Not­wen­digs­te, was ein See­mann wis­sen muss. Da es ihm Freu­de mach­te, mich zu be­leh­ren, hat­te ich auch Freu­de, von ihm zu ler­nen, und so wur­de ich auf die­ser Rei­se zu­gleich Kauf­mann und See­mann. Ich brach­te für mei­ne Wa­ren fünf Pfund und neun Un­zen Gold­staub zu­rück, wo­für ich in Lon­don drei­hun­dert Gui­ne­en lös­te; aber lei­der füll­te mir ge­ra­de die­ser Ge­winn den Kopf mit ehr­gei­zi­gen Plä­nen, die mich ins Ver­der­ben brin­gen soll­ten.

Üb­ri­gens war je­doch auch die­se Rei­se nicht ganz ohne Miss­ge­schick für mich ab­ge­lau­fen. Ins­be­son­de­re rech­ne ich da­hin, dass ich wäh­rend der gan­zen Dau­er der­sel­ben mich un­wohl fühl­te und in Fol­ge der über­mä­ßi­gen afri­ka­ni­schen Hit­ze (wir trie­ben näm­lich un­sern Han­del haupt­säch­lich an der Küs­te vom 15. Grad nörd­li­cher Brei­te bis zum Äqua­tor hin) von ei­nem hit­zi­gen Fie­ber be­fal­len wur­de.

Nun­mehr galt ich für einen or­dent­li­chen Gui­ne­ahänd­ler. Nach­dem mein Freund zu mei­nem großen Un­heil bald nach der Rück­kehr ge­stor­ben war, be­schloss ich, die­sel­be Rei­se zu wie­der­ho­len, und schiff­te mich auf dem frü­he­ren Schif­fe, das jetzt der ehe­ma­li­ge Steu­er­mann führ­te, ein. Nie hat ein Mensch eine un­glück­li­che­re Fahrt er­lebt. Ich nahm zwar nur für hun­dert Pfund Ster­ling Wa­ren mit und ließ den Rest mei­nes Ge­winns in den Hän­den der Witt­we mei­nes Freun­des, die sehr recht­schaf­fen ge­gen mich han­del­te; den­noch aber er­litt ich furcht­ba­res Miss­ge­schick.

Das Ers­te war, dass uns, als wir zwi­schen den ka­na­ri­schen In­seln und der afri­ka­ni­schen Küs­te se­gel­ten, in der Mor­gen­däm­me­rung ein tür­ki­scher Kor­sar aus Sa­leh über­rasch­te und mit al­len Se­geln Jagd auf uns mach­te. Wir spann­ten, um zu ent­rin­nen, un­se­re Se­gel gleich­falls sämt­lich aus, so­viel nur die Mas­ten hal­ten woll­ten. Da wir aber sa­hen, dass der Pi­rat uns über­ho­le und uns in we­ni­gen Stun­den er­reicht ha­ben wür­de, blieb uns Nichts üb­rig, als uns kampf­be­reit zu ma­chen.

Wir hat­ten zwölf Ka­no­nen, der tür­ki­sche Schuft aber führ­te de­ren acht­zehn an Bord. Ge­gen drei Uhr Nach­mit­tags hat­te er uns ein­ge­holt. Da er uns je­doch aus Ver­se­hen in der Flan­ke an­griff, statt am Vor­der­teil, wie er wohl ur­sprüng­lich be­ab­sich­tigt hat­te, schaff­ten wir acht von un­sern Ka­no­nen auf die an­ge­grif­fe­ne Sei­te und ga­ben ihm eine Sal­ve. Nach­dem der Feind un­ser Feu­er er­wi­dert und dazu eine Mus­ke­ten­sal­ve von 200 Mann, die er an Bord führ­te, ge­fügt hat­te (ohne dass je­doch ein ein­zi­ger un­se­rer Leu­te, die sich gut ge­deckt hiel­ten, ge­trof­fen wur­de), wich er zu­rück. Als­bald aber be­rei­te­te er einen neu­en An­griff vor, und auch wir mach­ten uns aber­mals zur Ver­tei­di­gung fer­tig. Dies­mal je­doch griff er uns auf der an­de­ren Sei­te an, leg­te sich dicht an un­sern Bord, und so­fort spran­gen sech­zig Mann von den Tür­ken auf un­ser Deck und be­gan­nen un­ser Se­gel­werk zu zer­hau­en.

Wir emp­fin­gen sie zwar mit Mus­ke­ten, En­ter­ha­ken und an­de­ren Waf­fen, mach­ten auch zwei­mal un­ser Deck frei; trotz­dem aber, um so­gleich das trau­ri­ge Ende des Kamp­fes zu be­rich­ten, muss­ten wir, nach­dem un­ser Schiff seeun­tüch­tig ge­macht und drei uns­rer Leu­te ge­tö­tet wa­ren, uns er­ge­ben und wur­den als Ge­fan­ge­ne nach Sa­leh, ei­ner Ha­fen­stadt der Ne­ger, ge­bracht.

Dort ging es mir nicht so schlecht, als ich an­fangs be­fürch­tet hat­te. Ich wur­de nicht wie die an­de­ren ins In­ne­re nach der kai­ser­li­chen Re­si­denz ge­bracht, son­dern der Ka­pi­tän der See­räu­ber be­hielt mich un­ter sei­ner eig­nen Beu­te, da ich als jun­ger Bursch ihm brauch­bar schi­en. Die furcht­ba­re Ver­wand­lung mei­nes Stan­des, durch wel­che ich aus ei­nem stol­zen Kauf­mann zu ei­nem ar­men Skla­ven ge­wor­den war, beug­te mich tief. Jetzt ge­dach­te ich der pro­phe­ti­schen Wor­te mei­nes Va­ters, dass ich ins Elend ge­ra­ten und ganz hilf­los wer­den wür­de. Ich wähn­te, die­se Vor­her­sa­gung habe sich nun be­reits er­füllt und es kön­ne nichts Schlim­me­res mehr für mich kom­men. Schon habe mich, dach­te ich, die Hand des Him­mels er­reicht, und ich sei ret­tungs­los ver­lo­ren. Aber ach, es war nur der Vor­schmack der Lei­den, die ich noch, wie der Ver­lauf die­ser Ge­schich­te leh­ren wird, durch­ma­chen soll­te.

Als mein neu­er Herr mich für sein ei­ge­nes Haus zu­rück­be­hielt, tauch­te die Hoff­nung in mir auf, er wer­de mich dem­nächst mit zur See neh­men und ich kön­ne dann, wenn ihn etwa ein spa­ni­sches oder por­tu­gie­si­sches Kriegs­schiff ka­pern wür­de, wie­der mei­ne Frei­heit er­lan­gen. Die­ser schö­ne Wahn ent­schwand bald. Denn so oft sich mein Pa­tron ein­schiff­te, ließ er mich zu­rück, um die Ar­beit im Gar­ten und den ge­wöhn­li­chen Skla­ven­dienst im Hau­se zu ver­rich­ten, und wenn er dann von sei­nen Streif­zü­gen heim­kam, muss­te ich in der Ka­jü­te sei­nes Schif­fes schla­fen und die­ses über­wa­chen.

Wäh­rend ich hier auf Nichts als mei­ne Flucht dach­te, woll­te sich doch nicht die min­des­te Mög­lich­keit zur Aus­füh­rung der­sel­ben zei­gen. Auch war nie­mand da, dem ich mei­ne Plä­ne hät­te mit­tei­len, und der mich hät­te be­glei­ten kön­nen. Denn un­ter mei­nen Mits­kla­ven be­fand sich kein Eu­ro­pä­er. So bot sich mir denn zwei Jah­re hin­durch, so oft ich mich auch in der Ein­bil­dung da­mit be­schäf­tig­te, nicht die min­des­te hoff­nun­ger­we­cken­de Aus­sicht auf ein Ent­rin­nen dar.


  1. King­ston upon Hull, kurz Hull, ist eine eng­li­sche Stadt, die am Nor­du­fer der Fluss­mün­dung des Hull Ri­ver in den Hum­ber ge­le­gen ist.  <<<

  2. Chef, Auf­trag­ge­ber, Bro­therr  <<<

2. Sklaverei und Flucht

Un­ge­fähr nach Ablauf die­ser Zeit rief mir ein selt­sa­mer Um­stand mei­ne Flucht­plä­ne wie­der ins Ge­dächt­nis. Eine ge­rau­me Wei­le hin­durch blieb näm­lich mein Herr, wie ich hör­te aus Geld­man­gel, ge­gen sei­ne Ge­wohn­heit zu Hau­se lie­gen. Wäh­rend die­ser Zeit fuhr er jede Wo­che ein oder meh­re Mal in sei­nem klei­nen Schiffs­boot auf die Rhe­de zum Fi­schen, wo­bei er stets mich und einen klei­nen Mo­res­ken zum Ru­dern mit­nahm. Wir mach­ten ihm auf die­sen Fahr­ten al­ler­lei Spä­ße vor, und da ich mich zum Fisch­fang an­stel­lig zeig­te, er­laub­te er, dass ich nebst ei­nem sei­ner Ver­wand­ten und dem Moh­ren­jun­gen auch bis­wei­len al­lein hin­aus­fuhr und ihm ein Ge­richt Fi­sche hol­te.

Als wir einst an ei­nem sehr wind­stil­len Mor­gen solch eine Fahrt mach­ten, ent­stand ein so di­cker Ne­bel, dass wir die Küs­te, von der wir kaum eine Stun­de ent­fernt wa­ren, aus dem Ge­sicht ver­lo­ren. Wir ru­der­ten un­abläs­sig, ohne zu wis­sen, ob wir vor­wärts oder zu­rück kämen, den gan­zen Tag und die fol­gen­de Nacht hin­durch und wur­den erst am nächs­ten Mor­gen ge­wahr, dass wir, statt uns dem Lan­de zu nä­hern, nach der of­fe­nen See hin ge­ra­ten und min­des­tens zwei deut­sche Mei­len vom Ufer ent­fernt wa­ren. Den­noch er­reich­ten wir die­ses, völ­lig aus­ge­hun­gert, un­ter nicht ge­rin­ger Mühe und Ge­fahr wie­der, nach­dem sich des Mor­gens ein schar­fer Wind land­wärts er­ho­ben hat­te.

Un­ser Ge­bie­ter, durch dies Er­eig­nis ge­warnt, be­schloss, künf­tig für sei­ne Per­son grö­ße­re Vor­sicht an­zu­wen­den und nicht mehr ohne Kom­pass und Pro­vi­ant auf den Fisch­fang zu ge­hen. Da er das Lang­boot un­se­res von ihm ge­nom­me­nen Schif­fes zu sei­ner Ver­fü­gung hat­te, trug er sei­nem Schiffs­zim­mer­mann, der wie ich Skla­ve und ge­bo­re­ner Eng­län­der war, auf, in die­sem Boot eine klei­ne Ka­jü­te zu er­rich­ten, ähn­lich der in ei­ner Bar­ke, und zwar so, dass hin­ter der­sel­ben Je­mand Platz habe, um zu steu­ern und das große Se­gel zu re­gie­ren, da­vor aber zwei Per­so­nen Raum fän­den, um die an­de­ren Se­gel zu hand­ha­ben.

Das Lang­boot führ­te ein so­ge­nann­tes Giek­se­gel und die Raa rag­te über die Ka­jü­te hin­aus, wel­che schmal und nied­rig war und höchs­tens für den Ka­pi­tän und ein Paar Skla­ven, so­wie einen Tisch und ein Schränk­chen zur Auf­be­wah­rung von Brot, Reis, Kaf­fee und der­glei­chen Raum bot. In die­sem Fahr­zeug fuh­ren wir dann flei­ßig zum Fi­schen aus, und da ich mich gut auf das Ge­schäft ver­stand, ließ mein Herr mich nie zu Hau­se.

Ei­nes Ta­ges woll­te die­ser mit ein paar vor­neh­men Moh­ren zum Ver­gnü­gen oder zum Fisch­fang eine Fahrt ma­chen und ließ dazu un­ge­wöhn­li­che An­stal­ten tref­fen. Schon abends zu­vor hat­te er Mund­vor­rat an Bord ge­schickt und mir auf­ge­tra­gen, drei Flin­ten mit dem im Boot be­find­li­chen Pul­ver und Blei be­reit zu hal­ten, da­mit er und sei­ne Freun­de sich auch durch die Vo­gel­jagd ver­gnü­gen könn­ten. Ich tat wie mir be­foh­len, und war­te­te in dem sau­ber ge­putz­ten Boot, dar­auf Flag­ge und Wim­pel lus­tig we­he­ten, auf die An­kunft mei­nes Ge­bie­ters und sei­ner Gäs­te. Bald nach­her aber kam je­ner al­lein, sag­te mir, die letz­te­ren sei­en durch Ge­schäf­te ver­hin­dert, ich sol­le da­her mit dem Moh­ren und dem klei­nen Jun­gen wie ge­wöhn­lich al­lein hin­aus­fah­ren und für sei­ne Freun­de zum Abendes­sen ein Ge­richt Fi­sche fan­gen.

In die­sem Au­gen­blick ka­men mir mei­ne Flucht­ge­dan­ken wie­der in den Sinn. Ich sah jetzt ein klei­nes Schiff ganz zu mei­ner Ver­fü­gung ge­stellt und be­rei­te­te, als mein Herr fort war, so­gleich al­les statt für den Fisch­fang zu ei­ner lan­gen Fahrt vor. Frei­lich wuss­te ich nicht, wo­hin die­se ge­hen soll­te, aber das küm­mer­te mich nicht, da ich nur von dort weg­zu­kom­men be­dacht war.

Zu­nächst sann ich auf einen Vor­wand, um den Moh­ren nach Pro­vi­ant aus­zu­schi­cken. Ich sag­te ihm, es zie­me sich nicht für uns, von dem Mund­vor­rat un­sers Ge­bie­ters zu neh­men. Dies leuch­te­te ihm ein, und er brach­te denn auch bald einen großen Korb mit ge­rös­te­tem Zwie­back, wie sol­cher dort zu Lan­de be­rei­tet wur­de, nebst drei Krü­gen mit fri­schem Was­ser her­bei. Ich wuss­te, wo mein Herr sei­nen Fla­schen­korb hat­te, der, nach der Façon zu schlie­ßen, auch von ei­nem eng­li­schen Schif­fe er­beu­tet sein muss­te. Die­sen stell­te ich in das Boot, wie wenn er dort für un­sern Herrn schon ge­stan­den habe. Dann trug ich einen etwa fünf­zig Pfund schwe­ren Wachs­klum­pen hin­ein, so­wie einen Knäu­el Bind­fa­den, ein Beil, eine Säge und einen Ham­mer, lau­ter nütz­li­che Din­ge, be­son­ders das Wachs, aus dem ich Lich­ter ma­chen woll­te. Dann dre­he­te ich dem Moh­ren, wel­cher Is­ma­el hieß, aber Mu­ley ge­nannt wur­de, eine wei­te­re Nase. »Mu­ley«, sag­te ich zu ihm, »die Ge­weh­re un­sers Herrn sind an Bord. Könn­ten wir nicht auch ein we­nig Pul­ver und Schrot be­kom­men? Es wäre doch hübsch, wenn wir für uns ei­ni­ge Al­ka­mies (eine Art See­vö­gel) schie­ßen könn­ten. Ich weiß, der Schieß­be­darf liegt im großen Schiff.« – »Gut«, er­wi­der­te er, »ich will’s ho­len.« Bald dar­auf kam er wirk­lich mit ei­nem großen Le­der­beu­tel, in wel­chem sich etwa an­dert­halb Pfund Pul­ver, fünf bis sechs Pfund Schrot und et­li­che Ku­geln be­fan­den, und trug dies al­les zu­sam­men ins Boot. Un­ter­deß hat­te ich auch in mei­nes Herrn Ka­jü­te et­was Pul­ver ge­fun­den, das ich in eine der großen Fla­schen im Fla­schen­korb, die bei­na­he leer war und de­ren In­halt ich in eine an­de­re goss, füll­te. So, mit dem Nö­tigs­ten ver­se­hen, se­gel­ten wir aus dem Ha­fen zum Fisch­fang. Der Wind ging lei­der aus Nord­nord­ost; wäre er von Sü­den ge­kom­men, hät­te ich leicht die spa­ni­sche Küs­te, oder we­nigs­tens die Bai von Ca­dix er­rei­chen kön­nen. Trotz dem aber, moch­te der Wind auch noch so un­güns­tig we­hen, blieb mein Ent­schluss fest, von die­sem schreck­li­chen Orte zu ent­rin­nen, das Üb­ri­ge aber dem Ge­schick an­heim zu stel­len.

Nach­dem wir ei­ni­ge Zeit ge­fischt hat­ten, ohne Et­was zu fan­gen (denn wenn ich auch einen Fisch an der An­gel spür­te, zog ich ihn nicht her­aus), sag­te ich zu dem Moh­ren: »Hier hat’s kei­ne Art; wir wer­den von hier un­serm Herrn Nichts heim­brin­gen, wir müs­sen es wei­ter drau­ßen ver­su­chen«. Er, sich nichts Ar­ges ver­se­hend, wil­lig­te ein und zog, da er am Stern des Schif­fes stand, die Se­gel auf. Ich steu­er­te dann das Boot bei­na­he eine deut­sche Mei­le auf die of­fe­ne See hin­aus. Hier­auf brach­te ich es in die Stel­lung, als ob ich fi­schen wol­le, gab dem Jun­gen das Steu­er­ru­der, ging nach vorn, wo der Mohr stand, tat, wie wenn ich be­ab­sich­tig­te, hin­ter ihm Et­was auf­zu­he­ben, fass­te ihn rück­lings an und warf ihn kur­z­er Hand über Bord. So­fort tauch­te er wie­der auf, denn er schwamm wie Kork, und bat mich, ihn wie­der her­ein zu he­ben. Er wol­le ja, sag­te er, mit mir in die wei­te wei­te Welt ge­hen. Da er rasch hin­ter dem Boot her schwamm, wür­de er mich bei dem schwa­chen Wind bald er­reicht ha­ben. Ich aber eil­te in die Ka­jü­te, er­griff eine der Vo­gel­flin­ten und rief ihm zu: »Wenn du dich ru­hig ver­hältst, wer­de ich dir Nichts zu Lei­de tun. Du schwimmst gut ge­nug, um das Land er­rei­chen zu kön­nen, und die See ist ru­hig. Mach, dass du fort­kommst, so will ich dich ver­scho­nen; wagst du dich aber an das Boot her­an, so bren­ne ich dir eins vor den Kopf, denn ich bin ent­schlos­sen, mich zu be­frei­en.« Hier­auf wand­te er sich um, schwamm nach der Küs­te und hat die­se auch je­den­falls mit Leich­tig­keit er­reicht; denn er war ein aus­ge­zeich­ne­ter Schwim­mer.

Eben­so gut frei­lich hät­te ich auch den Moh­ren mit mir neh­men und den Jun­gen statt sei­ner er­säu­fen kön­nen, aber es war Je­nem nicht zu trau­en. Als er sich fort ge­macht, sag­te ich zu dem klei­nen Bur­schen, wel­cher Xury hieß: »Höre, wenn du mir treu bleibst, will ich et­was Gro­ßes aus dir ma­chen; willst du mir aber nicht beim Bar­te Ma­ho­meds und sei­nes Va­ters Treue schwö­ren, so muss ich dich ins Was­ser wer­fen.« Der Jun­ge lä­chel­te mir ins Ge­sicht und ant­wor­te­te mir so treu­her­zig, dass ich ihm nicht miss­trau­en konn­te: er ver­spre­che mir treu zu sein und mit mir zu ge­hen, wo­hin ich wol­le.

So lan­ge mich der schwim­men­de Mohr im Auge zu be­hal­ten ver­moch­te, steu­er­te ich das Boot dem ho­hen Meer zu, und zwar so, dass man mei­nen soll­te, wir hät­ten uns der Meeren­ge von Gi­bral­tar zu­ge­wandt. Je­der ver­nünf­ti­ge Mensch muss­te an Stel­le der Ne­ger dies auch an­neh­men. Denn wer hät­te den­ken sol­len, dass wir süd­wärts ge­se­gelt wä­ren, recht ei­gent­lich nach der Bar­ba­ren­küs­te hin, an der gan­ze Völ­ker­schaf­ten von Ne­gern wohn­ten, die uns mit ih­ren Käh­nen um­zin­geln und uns um­brin­gen konn­ten; wo wir auch nir­gends zu lan­den ver­moch­ten, ohne Ge­fahr zu lau­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­