Kinder und Jugendliche mit Aufmerksamkeitsdefizitsymptomen können von Ernährungsumstellungen sehr gut profitieren. Das ist auch nicht allzu kompliziert. Die Auswahl der richtigen Nahrungsmittel und insbesondere der richtigen Zucker spielt dabei die entscheidende Rolle.
Der Frage, wie sich Verhaltensauffälligkeiten um ADS und ADHS über das Ernährungsverhalten regulativ beeinflussen lassen, wollen wir auf den nächsten Seiten Stück für Stück nachgehen. Denn tatsächlich stellen die Energiebilanz und der Zuckerstoffwechsel eines Menschen eine zentrale Wurzel für Aufmerksamkeitsprobleme dar. Insgesamt gibt es sehr viele unterschiedliche Hintergründe und Belastungsfaktoren, die zu Störungen rund um AD(H)S führen können. Weniger oft gibt es nur eine auslösende Ursache und einen isolierten Therapieansatz, sondern die gelungene Abstimmung führt zum Erfolg.
Laute tobende und auch verträumte Kinder hat es immer schon gegeben. Wie sonst hätten Heinrich Hoffmann seinem »Zappelphilipp«, Astrid Lindgren »Michel aus Lönneberga« und Maurice Sendak seinen »wilden Kerlen« literarische Denkmäler setzen können? Doch wodurch wird aus einem sehr wilden oder allzu verträumten Kind ein »Störfall«? Ein Kind, das zur Herausforderung für die Familie, im Kindergarten, in der Schule oder im Sportverein wird? Ein Kind, das vom Kinderarzt die Diagnose Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts)-Syndrom erhält?
Wie zeigt sich AD(H)S?
Heute leiden etwa fünf Prozent aller Jungen und Mädchen unter AD(H)S. Bei Jungen wird die Krankheit häufiger diagnostiziert, da Mädchen oft unauffälligere Symptome zeigen (siehe Kasten). Es ist davon auszugehen, dass heute in jeder Schulklasse und in jeder Kindergartengruppe mindestens ein AD(H)S-Kind steckt. Kernanzeichen für die Störung sind:
Eingeschränkte Aufmerksamkeits- und Konzentrationsbeständigkeit:
Das Kind
Hyperaktivität:
Das Kind
Impulsivität:
Das Kind
Erste AD(H)S-Symptome treten bei den betroffenen Kindern in den meisten Fällen schon vor dem sechsten Lebensjahr auf. Bei Babys können Schlafprobleme, Unruhe, Schwierigkeiten beim Stillen oder Zufüttern sowie Verdauungsprobleme und häufige Schreiattacken auf AD(H)S hinweisen.
Kleinkinder mit AD(H)S sind oft sehr bewegungsfreudig, unruhig und unberechenbar; sie tun sich schwer, Freundschaften mit Gleichaltrigen aufzubauen. Manche fallen durch extreme Wutanfälle auf. Motorisch brauchen sie oft länger, um sich zu entwickeln. Manche haben Schwierigkeiten, mit Besteck zu essen, geschickt mit einer Bastelschere umzugehen oder einen Stift zu halten. Im Kindergarten in der Gruppe können sich die Anzeichen für AD(H)S noch verschlimmern, da die Kleinen dort mehr Reizen und Lärm ausgesetzt sind.
Im Grundschulalter lässt sich eine vorhandene Aufmerksamkeitsstörung dann mit größerer Sicherheit diagnostizieren. Schule bedeutet für ein AD(H)S-Kind Stress: Es tut sich schwer mit der Konzentration, Lese-Rechtschreib- und Rechenschwäche treten häufiger auf. Es stört den Unterricht, ist unausgeglichen und manchmal auch aggressiv. Andere Kinder meiden es, da es so unberechenbar wirkt. Darunter leidet das Selbstwertgefühl. Das Kind fühlt sich ausgeschlossen.
Mit der Pubertät prägen sich die Symptome unterschiedlich aus. Trotz, Ängste, Depressionen oder Aggressionen machen vielen Jugendlichen zu schaffen. Bei AD(H)S-Kindern sind sie besonders stark ausgeprägt. Nicht zuletzt haben sie in dieser sensiblen Phase mit ihrem mangelnden Selbstbewusstsein zu kämpfen.
AD(H)S bei Mädchen
Im Vergleich zu Jungen, denen eher Impulskontroll-Probleme zu schaffen machen, leiden Mädchen mit AD(H)S meist unter beeinträchtigten Lernleistungen und emotionalen Auffälligkeiten, wie etwa depressiven Verstimmungen. Da dieses Verhalten in der Außenwirkung weniger »störend« ist, ist dies möglicherweise die Ursache dafür, dass AD(H)S bei Mädchen häufiger übersehen und damit seltener diagnostiziert wird.
AD(H)S-Kinder sind »gute« Kinder
Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene mit AD(H)S besitzen oft jede Menge positive, die Familie und Umgebung bereichernde Eigenschaften: Viele AD(H)S-Kinder sind sehr kreativ und intelligent (trotz schlechter Noten!). Aufgrund ihrer gesteigerten Sensibilität sind sie auch sehr begeisterungsfähig und besitzen einen starken Gerechtigkeitssinn. Alles Vorzüge, die diese Kinder liebenswert machen.
Wichtig: Eine umfassende Diagnose
Wenn Sie glauben, dass bei Ihrem Kind eine AD(H)S-Problematik vorliegt, suchen Sie unbedingt einen Kinderarzt oder Kinder- und Jugendpsychologen auf. Hinweise darauf können sein: Die beschriebenen Symptome treten häufig in unterschiedlichen Alltagssituationen und in einem dem Entwicklungsstand Ihres Kindes unangemessenen Ausmaß sowie in verschiedenen Lebensbereichen (z. B. Schule und Familie) auf. Die Auffälligkeiten bestehen seit mehr als sechs Monaten und wurden von Ihnen schon festgestellt, als Ihr Kind noch im Vorschulalter war. Ebenfalls von Bedeutung sind psychosoziale Beeinträchtigungen wie Ausgrenzung und Mobbing durch Altersgenossen und Leistungsversagen in der Schule. Der Arzt oder Psychologe hilft bei der richtigen Einschätzung und Diagnose und wird auch Behandlungsempfehlungen aussprechen, die optimal auf die Bedürfnisse Ihres Kindes abgestimmt sind. Lassen Sie sich helfen! Das entlastet Sie und ist für Ihr Kind die sicherste Möglichkeit, sich gut zu entwickeln.
Wichtig: Machen Sie sich bewusst, dass es ein Kind mit AD(H)S in unserer hochbeschleunigten Kultur mit vielen Ablenkungen und Reizen sehr schwer hat. Helfen Sie ihm und nehmen Sie es liebevoll so an, wie es ist.
Bei der Entwicklung einer AD(H)S-Störung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
Ererbte Faktoren
An diesem Thema scheiden sich die Geister. Einerseits haben Kinder eines AD(H)S-Patienten ein etwa fünffach erhöhtes Risiko, dass sich diese Störung auch bei ihnen ausprägt. Andererseits konnte bis heute kein spezielles AD(H)S-Gen gefunden werden. Tatsächlich häufen sich aber bestimmte genetische Varianten bei AD(H)S-Kindern. Eine dieser genetischen Ausprägungen verursacht zum Beispiel, dass das Glückshormon Dopamin nur unzureichend verstoffwechselt wird und seine Wirkung nicht vollständig zur Geltung kommt. Diese Genausprägungen sind aber nicht neu, sondern bestehen schon unverändert seit der Urzeit. AD(H)S dagegen ist eine Erscheinung unserer modernen Zeit. Damit rückt der zweite Faktor, die Umwelt, stärker in den Fokus.
Umweltbedingte Faktoren
Unsere Gesellschaft hat in den letzten 100 Jahren einen rasanten Wandel durchgemacht. Aus der Flut von Reizen die wichtigen und richtigen herauszufiltern, ist eine Herausforderung. Ein Kind mit AD(H)S kann dem Druck, dem es sich jeden Tag in Form von Zuhören, Ruhig-sitzen-Müssen und Ordnunghalten gegenübersieht, nicht ohne Hilfe standhalten. Insbesondere Computerspiele, bei denen die eigenen Körperbewegungen von den hochbewegten Aktionen auf dem Bildschirm abgekoppelt sind, sind problematisch. Gut tun Ihrem Kind dagegen Bewegung und Sport in der Natur; sie bietet eine freie Auswahl, was ein Reiz ist und was nicht. Die Aufmerksamkeit Ihres Kindes kann so zur Ruhe kommen und wird wieder selbstbestimmter. Neben Behandlungsansätzen wie Verhaltens- und Bewegungstherapie oder der Erwägung einer Medikamentengabe kann auch die Umstellung der täglichen Ernährung ein wichtiger Baustein sein, damit Ihr Kind wieder zur Ruhe kommt.
Umweltfaktor Ernährung
Essen ist ein menschliches Vitalbedürfnis und darüber hinaus ein wichtiger Taktgeber im Alltag. Aber manchmal schleichen sich ungewollt Ernährungsfehler ein. Sie können einerseits zu Mangelzuständen führen oder zu einem Überangebot an Nährstoffen, die sich störend auf den gesamten Stoffwechsel auswirken.
Unser Körper ist ein hochkompliziertes System. Jede Zelle ist spezialisiert und hat eigene Bedürfnisse an die Versorgung mit Vitalstoffen oder Eiweißbausteinen. Um zum Beispiel das Wohlfühlhormon Serotonin aufbauen zu können, braucht der Körper die richtige Mischung der nötigen Eiweißbausteine. Diese sogenannten Aminosäuren nehmen wir durch unsere tägliche Nahrung zu uns. Liegen die Aminosäuren nicht im richtigen Verhältnis vor, kann es schließlich zu einem Serotoninmangel kommen, der es gerade AD(H)S-Patienten so schwer macht, zur Ruhe zu kommen.
Neben der ausgewogenen Zufuhr an Nährstoffen ist für eine gute Nähr- und Vitalstoffversorgung ein gesunder Dünndarm entscheidend. In ihm wird unsere Nahrung endgültig in ihre Bestandteile zerlegt. Ist der Darm aus dem Gleichgewicht oder durch eine Allergie nicht voll leistungsfähig, kann es zu Mangelversorgungen kommen. Hegen Sie den Verdacht, dass dies bei Ihrem Kind der Fall sein könnte, sollten Sie auch Ihren behandelnden Arzt darüber informieren.
Häufiger als eine Mangelernährung liegt eine Überversorgung mit den falschen Nährstoffen vor. Ein Kind, dem Übererregtheit, unterdrückte Emotionen, chronische Muskelanspannungen und Konflikte ständig zu schaffen machen, sucht dringend Trost und Beruhigung. Jeder weiß aus Erfahrung, dass Essen oder süße Getränke als Trostpflaster wirken. Vor allem Süßigkeiten und zuckerreiche Mahlzeiten, sorgen zunächst für Entspannung. Denn ihnen folgt die Ausschüttung des Wohlfühlhormons Serotonin und ein regelrechter Energieschub.
Tatsächlich kann Zucker auch den Stoffwechsel des Glückshormons Dopamin im Gehirn erst einmal aktivieren. Dopamin ist der Botenstoff, der die Befehle des Nervensystems an die Muskulatur weiterschickt und auf Wahrnehmung und Gefühle wirkt. Bei AD(H)S-Patienten scheint der Überträgerstoff (Neurotransmitter) an den Schaltstellen der Nervenzellen (Synapsen) jedoch nicht optimal zu wirken. Dopamin gelangt so nur teilweise in die Zellen. Es kommt scheinbar zu einem Dopaminmangel, obwohl ausreichend Dopamin produziert wird. Isst Ihr Kind obendrein abends noch zu viel Zucker und Kohlenhydrate, schüttet die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin aus. Und solange Insulin im Blut schwimmt, bremst dieses die Hormone Serotonin, Melatonin und Somatotropin, die für die Ruhe und die Regeneration des Nervensystems zuständig sind. Ein ewiger Teufelskreis beginnt: Der Zucker, der zunächst alles zu beruhigen scheint, wirkt dann aber wie Öl, das ins Feuer gegossen wird.
Fatale Lust auf Süßes
Denn leider funktioniert die Formel »Süßes macht fit und entspannt« nur sehr kurze Zeit. Es tritt eine Gewöhnung ein. Wie bei einer Sucht werden die Belohnungszentren im Gehirn nur noch über kurze Zeitspannen aktiviert. Da sie sich an die Überversorgung anpassen, reagieren sie aber mit der Zeit weniger sensibel. Die Zuckergaben müssen in immer größeren Portionen und in immer kürzeren Intervallen erfolgen.
Während die eine Gruppe von Kindern mit AD(H)S so ins Übergewicht entgleist und pummelig wird, geraten die schlanken Hyperaktiven außer Rand und Band.
Bunte Süßigkeiten – nein danke!
Künstliche Farbstoffe werden besonders oft in Lebensmitteln für Kinder und Süßigkeiten eingesetzt. Wissenschaftler an der Universität Southampton stellten im Rahmen einer Studie fest, dass Azorubin (E122), Tartrazin (E 102), Gelborange S (E 110), Ponceau 4R (E124), Chinolingelb (E104) und Allurarot (E 129) sowie die Kombination dieser Farbstoffe mit dem Konservierungsstoff Natriumbenzoat die Entstehung von Hyperaktivität fördern. Werfen Sie deshalb am besten beim Einkauf einen Blick auf die Zutatenliste von Bonbontüten & Co. und legen Sie Produkte, die oben genannte Stoffe enthalten, wieder ins Regal zurück.
In einem gesunden Stoffwechsel können die Nährstoffe Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß ideal verarbeitet werden. Aus den Kohlenhydraten werden im Verdauungsprozess Traubenzuckermoleküle, Glukose genannt, gespalten. Das geschieht bei kurzkettigen Kohlenhydraten wie beispielsweise Haushaltszucker (Saccharose) aus Süßgetränken oder süßem Obst schnell, bei langkettigen Kohlenhydraten aus Vollkornbrot oder -pasta langsamer. Stärke aus Kartoffeln, Weißbrot, Hartweizennudeln besteht aus dicht gepackten Glukoseanteilen. Auch sie wird sehr rasch zerlegt.
Die Rolle des Insulin
Sobald die Glukose im Blut zirkuliert, schüttet die Bauspeicheldrüse das Schlüsselhormon Insulin aus. Es sorgt im gesunden Stoffwechsel dafür, dass sich der Blutzuckerspiegel nach jeder Mahlzeit wieder auf ein normales Maß einreguliert. Stärkereiche Getreideprodukte, Brot und Gebäck, Nudeln und Kartoffeln sind hinsichtlich ihrer Zuckerbelastung ebenso stressig für den Insulin- und Energiehaushalt wie Zucker aus Süßigkeiten, Kuchen und Süßgetränken, wie Limonaden.
Schlüssel wird das Insulin deshalb genannt, weil es dem aus dem Blut anflutenden Zucker Zugang ins Innere der Muskelzellen verschafft. Transporter in der Zelle bringen ihn dann wie kleine Taxen zu den Energiekraftwerken der Zelle (Mitochondrien), wo sie zu dem Energieträger ATP (Adenosintriphosphat) verstoffwechselt werden. ATP ist die essenzielle Währung des Organismus für alle Organe, für Leistungen des Gehirns, für Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit, für die Muskeln, für die Zellteilung, für das Immunsystem.
Zudem ist ATP ein Botenstoff im Gehirn und in den sogenannten Zwischenzellmembranen. ATP vermag, Energie zu speichern und wieder abzugeben, und mit ATP wird das Gehirn wie ein Motor mit Benzin angetrieben. Ist der Stoffwechsel durch eine ausgewogene, zuckerarme Ernährungsweise im Gleichgewicht, bleiben extreme Insulinspitzen, die letztlich zu Heißhunger auf Süßes, Unruhe und Stoffwechselstörungen im Gehirn führen, aus. Je besser die Balance in Körper und Gehirn, desto besser die Balance in Bewegung und Verhalten.
Gesunde Mitochondrien
Die Energiekraftwerke der Zelle heißen Mitochondrien. Hier wird über bestimmte Energieträger (NAD und Coenzym Q10) ATP gebildet. Die Mitochondrien können ohne Sauerstoff aus Glukose sehr viel ATP bilden. Dabei fallen in einem gesunden Stoffwechsel nur wenig zellschädigende freie Radikale und andere schädliche Stoffe (Säureprotonen und Ammoniak) an. Die Mitochondrien können dabei sogar verbrauchtes ADP (Adenosindiphosphat) wieder aufnehmen, in ATP verwandeln und erneut freisetzen. Sie sind also auch dann in der Lage, ATP in unbegrenzten Mengen herzustellen, wenn man nichts isst oder wenn in einer Mahlzeit keine Glukose steckt. So mangelt es dem Organismus beispielsweise auch während der natürlichen Fastenphase des Körpers im Nachtschlaf niemals an Energie. Unter diesen Bedingungen wird die Leber geschont, der Energiehaushalt ökonomisiert und das Gehirn kann in Ruhe arbeiten und sich erholen.
Hormongleichgewicht im Tages-/Nachtverlauf
Stoffwechsel und Verhalten entgleisen
Vor diesem Hintergrund wird immer deutlicher, warum die Ernährung von Kindern und Jugendlichen neben anderen Ursachen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von AD(H)S spielen kann. Je mehr zuckerreiche Mahlzeiten und Getränke ein Kind zu sich nimmt, desto mehr steigt der Zuckerspiegel im Blut. Dies bezeichnet man als Hyperglykämie. Daraufhin wird der Botenstoff Insulin ausgeschüttet, dessen Aufgabe es ist, den Zucker im Blut zur Energieversorgung in die Zellen einzuschleusen. Immer mehr und immer häufigere Insulinausschüttungen durch ständigen Zuckernachschub führen zu einer Hyperinsulinämie (einem Überangebot an Insulin im Blut). Durch das im Überschuss produzierte Insulin wird der Zuckerspiegel rasch gesenkt. Es kommt zu sogenannten »verdeckten« Unterzuckerzuständen: Da der Zuckerspiegel im Blut unauffällig und normal ist, denkt niemand an Unterzucker. Gleichzeitig ist jedoch die Basis-Insulinausschüttung ständig leicht erhöht. Die davon betroffenen Kinder und Jugendlichen werden unruhig, nervös, sie schwitzen, sind emotional instabil, müde, abgelenkt und ihre Aufmerksamkeit und Konzentration ist gestört.
Dabei wächst die Lust auf Süßes. Insbesondere Süßgetränke helfen ihnen schnell, den Zuckerspiegel wieder ansteigen zu lassen. Die Folge sind in immer kürzeren Abständen auftretende Hyperglykämien, Hyperinsulinämien und relative Hypoglykämien (Unterzuckerung). Das Auf und Ab des Blutzuckerspiegels genauso wie die viel zu häufigen und übersteigerten Insulinantworten, bedeuten für den Stoffwechsel, das Gehirn und das Verhalten die reinsten Achterbahnfahrten. Ihr behandelnder Arzt misst den Blutzucker- sowie den Insulinspiegel oder er bestimmt den sogenannten HOMA (Homeostasis Model Assessment) Index, um solche verdeckten Unterzuckerzustände bei Ihrem Kind zu enttarnen.
Hyperglykämie und Hyperinsulinämie führen auf Dauer zur sogenannten Insulinresistenz. Der Zucker wird nun nicht mehr in die Muskelzellen aufgenommen, weil ihre Aufnahmestellen (Rezeptoren) unempfindlich für das Insulin als Schlüssel geworden sind. Deshalb wird der Zucker in den Fettzellen verstaut. Für Kinder, die sich nicht gerne bewegen, bedeutet dies eine garantierte Gewichtszunahme. Die Fettzellen im Bauchfett verändern sich in der Folge zu Hormondrüsen, die gesundheitsgefährdende Entzündungsbotenstoffe produzieren und die Hormonbalance entgleisen lassen. Zugleich verfettet die Leber. Und weil Leber und Gehirn direkt miteinander in Verbindung stehen, gerät die Energieversorgung im Gehirn unter Druck. Im Gehirn entwickelt sich ebenfalls eine Insulinresistenz. Auch hier kann nun der mit der Nahrung aufgenommene Zucker nicht mehr richtig verstoffwechselt werden. Weil aber unsere Steuerzentrale im Kopf auf eine ausreichende Versorgung mit Zucker (Glukose) angewiesen ist, schaltet das Gehirn um auf einen Sparmodus, der jedoch auf Kosten des Lernvermögens, der Konzentrationsfähigkeit und des Aufmerksamkeitsverhalten Ihres Kindes geht.
Wie eine Insulinresistenz das Gehirn schädigt
Der Stoffwechsel bei einem Kind mit AD(H)S ist also auf mehreren Ebenen aus dem Lot geraten. Im Zellinneren herrscht nun Energiemangel. Das Energiewährungssystem der Zelle, der ATP-Spiegel, kollabiert. Und je weniger Energie im Zellinneren vorhanden ist, desto mehr steigt auch die Belastung mit freien Radikalen, die auf Dauer alle lebenswichtigen Zellstrukturen zerstören und krank machen können. Insulinresistenz, Hyperinsulinämie und Entzündungen führen im Zellinneren zum Zusammenbruch lebenswichtiger Nervenzellwachstumsfaktoren. Die Serotoninproduktion sinkt und die Bindestellen für den Botenstoff geraten aus dem Takt. Das Gleiche geschieht mit der Dopaminproduktion und den Dopaminrezeptoren.
Gleichzeitig produzieren die Fettzellen zu viel vom Sättigungshormon Leptin, weshalb sich neben der Insulin- eine Leptinresistenz entwickelt. So gehen dem Kind die Gefühle für Sattheit und Appetit verloren. Ein Teufelskreis setzt ein: Immer häufigeres Essen führt über Blutzuckerschwankungen immer öfter in verdeckte Unterzuckerungszustände, die zu Unruhe, Zittern, Ängsten und Konzentrationsstörungen führen. Typischerweise haben die betroffenen Kinder so ständig Lust auf Süßes, Limo, Säfte, Riegel, Pizza oder Pasta. Schon 45 Minuten nach einer Mahlzeit treten die für AD(H)S typischen, körperlichen Symptome auf und das Kind steht unter emotionalem Stress. Wie bei einer Sucht entstehen Heißhunger und »Pseudo-Beruhigungsfuttern«.
Süßigkeiten und ständiges Snacken mit zu kurzen Pausen zwischen den Mahlzeiten beruhigen das Gemüt Ihres Kindes zu kurz, als dass sich der Insulinspiegel auf ein gesundes Maß einpendeln könnte. Sie sind der sichere Weg in eine Sackgasse: