Friedrich Hebbel: Herodes und Mariamne. Eine Tragödie in fünf Akten
Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.
Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2016.
Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:
John William Waterhouse, Mariamne Leaving the Judgement Seat of Herod,1887
ISBN 978-3-8430-8744-5
Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:
ISBN 978-3-8430-9904-2 (Broschiert)
ISBN 978-3-8430-9905-9 (Gebunden)
Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.
Erstdruck: Wien (Carl Gerold) 1850. Uraufführung am 14.9.1849 in Wien.
Der Text dieser Ausgabe folgt:
Friedrich Hebbel: Werke. Herausgegeben von Gerhard Fricke, Werner Keller und Karl Pörnbacher, Band 1–5, München: Hanser, 1963.
Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe wortgenau mitgeführt und macht dieses E-Book auch in wissenschaftlichem Zusammenhang zitierfähig. Das Textende der Vorlagenseite wird hier durch die Seitennummer in eckigen Klammern mit grauer Schrift markiert.
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König Herodes.
Mariamne, seine Gemahlin.
Alexandra, ihre Mutter.
Salome, Schwester des Königs.
Soemus, Statthalter von Galiläa.
Joseph, Vizekönig in Abwesenheit von Herodes.
Sameas, ein Pharisäer.
Titus, ein römischer Hauptmann.
Joab, ein Bote.
Judas, ein jüdischer Hauptmann.
Artaxerxes, ein Diener.
Moses,
Jehu, desgleichen, so wie noch einige andere Diener.
Silo, ein Bürger,
Serubabel und sein Sohn Philo, Galiläer.
Ein römischer Bote.
Aaron und fünf andere Richter.
Drei Könige aus dem Morgenlande, von der christlichen Kirche später die heiligen zubenannt.
Ort: Jerusalem. Zeit: Um Christi Geburt.[486]
Burg Zion. Großer Audienz-Saal. Joab. Sameas. Serubabel und sein Sohn. Titus. Judas und viele andere. Herodes tritt ein.
JOAB tritt dem König entgegen.
Ich bin zurück!
HERODES.
Dich spreche ich nachher!
Das Wichtigste zuerst!
JOAB zurücktretend, für sich.
Das Wichtigste!
Ich dächte doch, das wäre, zu erfahren,
Ob unser Kopf noch fest sitzt oder nicht.
HERODES winkt Judas.
Wie steht es mit dem Feuer?
JUDAS.
Mit dem Feuer?
So weißt du schon, was ich zu melden kam?
HERODES.
Um Mitternacht brachs aus. Ich war der erste,
Der es bemerkte und die Wache rief.
Irr ich mich nicht, so weckte ich dich selbst!
JUDAS.
Es ist gelöscht!
Für sich.
So ist es also wahr,
Daß er verkleidet durch die Gassen schleicht,
Wenn andre schlafen! Hüten wir die Zunge,
Sie könnte seinem Ohr einmal begegnen.
HERODES.
Ich sah, als alles schon in Flammen stand,
Ein junges Weib durchs Fenster eines Hauses,
Das ganz betäubt schien. Ward dies Weib gerettet?
JUDAS.
Sie wollte nicht!
HERODES.
Sie wollte nicht?
JUDAS.
Beim Himmel,
Sie wehrte sich, als man sie mit Gewalt
Hinwegzubringen suchte, schlug mit Händen
Und Füßen um sich, klammerte am Bett,
Auf dem sie saß, sich fest und schrie, sie habe
Mit eigner Hand sich eben töten wollen,
Nun komme ihr ein Tod von ungefähr![487]
HERODES.
Sie wird verrückt gewesen sein!
JUDAS.
Wohl möglich
Daß sies in ihrem Schmerz geworden ist!
Ihr Mann war augenblicks zuvor gestorben,
Der Leichnam lag noch warm in seinem Bett.
HERODES für sich.
Das will ich Mariamnen doch erzählen
Und ihr dabei ins Auge schaun!
Laut.
Dies Weib
Hat wohl kein Kind gehabt! Wär es der Fall,
So sorg ich für das Kind! Sie selber aber
Soll reich und Fürsten gleich bestattet werden,
Sie war vielleicht der Frauen Königin!
SAMEAS tritt zu Herodes.
Bestattet werden? Geht doch wohl nicht an!
Zum wenigsten nicht in Jerusalem!
Es steht geschrieben –
HERODES.
Kenne ich dich nicht?
SAMEAS.
Du hast mich einmal kennenlernen können;
Ich war die Zunge des Synedriums,
Als es vor dir verstummte!
HERODES.
Sameas,
Ich hoffe doch, du kennst mich auch! Du hast
Den Jüngling hart verfolgt, du hättest gern
Mit seinem Kopf dem Henker ein Geschenk
Gemacht; der Mann und König hat vergessen,
Was du getan: Du trägst den deinen noch!
SAMEAS.
Wenn ich ihn darum, weil du mir ihn ließest,
Nicht brauchen soll, so nimm ihn hin; das wäre
Ja schlimmer, als ihn eingebüßt zu haben.
HERODES.
Weswegen kamst du? Niemals sah ich dich
Bis jetzt in diesen Mauern.
SAMEAS.
Deshalb eben
Siehst du mich heut! Du hast vielleicht geglaubt,
Daß ich dich fürchtete! Ich fürcht dich nicht!
Auch jetzt nicht, wo dich mancher fürchten lernte,
Der dich bisher, ich meine, bis zum Tode
Des Aristobolus, nicht fürchtete!
Und nun sich die Gelegenheit mir beut,
Dir zu beweisen, daß ich dankbar bin,[488]
Nehm ich sie wahr und warne dich mit Ernst
Vor einer Handlung, die der Herr verdammt.
Die Knochen dieses Weibes sind verflucht,
Sie hat die Rettung heidnisch abgewehrt,
Das ist, als hätte sie sich selbst getötet,
Und da –
HERODES.
Ein ander Mal!
Zu Serubabel.
Aus Galiläa!
Und Serubabel, der mich – Sei gegrüßt!
Du selbst bist schuld, daß ich dich jetzt erst sah!
SERUBABEL.
Viel Ehre, König, daß du mich noch kennst!
Deutet auf seinen Mund.
Nun freilich, diese beiden großen Zähne,
Die mich zum Vetter eines Ebers machen –
HERODES.
Mein eigenes Gesicht vergeß ich eher,
Als das des Mannes, der mir treu gedient!
Du warst, als ich bei euch die Räuber jagte,
Mein bester Spürhund. Was bringst du mir jetzt?
SERUBABEL winkt seinem Sohn.
Nicht eben viel! Den Philo, meinen Sohn!
Du brauchst Soldaten, ich, ich brauche keine,
Und dieser ist ein Römer, aus Versehn
Durch ein ebräisch Weib zur Welt gebracht!
HERODES.
Aus Galiläa kommt mir nichts, als Gutes!
Ich lasse dich noch rufen.
SERUBABEL tritt mit seinem Sohn zurück.
TITUS tritt vor.
Ein Betrug,
Den ich entdeckte, zwingt mich –
HERODES.
Deck ihn auf!
TITUS.
Die Stummen reden!
HERODES.
Deutlich!
TITUS.
Dein Trabant,
Der dir mit einem meiner Centurionen
Die letzte Nacht das Schlafgemach bewachte, –
HERODES für sich.
Den Alexandra, meine Schwiegermutter,
In meinen Dienst gebracht –
TITUS.
Er ist nicht stumm,
Wie alle Welt von ihm zu glauben scheint;[489]
Er hat im Traum gesprochen, hat geflucht!
HERODES.
Im Traum?
TITUS.
Er war im Stehen eingeschlafen,
Mein Centurione weckte ihn nicht auf;
Er glaubte die Verpflichtung nicht zu haben,
Weil er nicht mit in der Cohorte dient,
Doch sah er scharf auf ihn, um, wenn er fiele,
Ihn aufzufangen, daß er dich nicht störe,
Denn früh noch war es, und du lagst im Schlaf.
Wie er das tut, fängt dieser Stumme plötzlich
Zu murmeln an, spricht deinen Namen aus
Und fügt den fürchterlichsten Fluch hinzu!
HERODES.
Der Centurione hat sich nicht getäuscht?
TITUS.
Dann müßt er selber eingeschlafen sein
Und wär ein schlimmres Zeichen für die Zukunft
Der ewgen Stadt, als jener Blitz, der jüngst
Die Wölfin auf dem Capitol versehrt!
HERODES.
Ich danke dir! Und nun –
Er verabschiedet alle bis auf Joab.
Ja, ja, so stehts!
Verrat im eignen Hause, offner Trotz
Im Pharisäerpöbel, um so kecker,
Als ich ihn gar nicht strafen kann, wenn ich
Nicht aus den Narren Märt'rer machen will;
Bei jenen Galiläern etwas Liebe,
Nein, eigennützige Anhänglichkeit,
Weil ich der Popanz bin mit blankem Schwert,
Der aus der Ferne ihr Gesindel schreckt;
Und – dieser Mensch bringt sicher schlechte Botschaft,
Er war zu eilig, mir sie zu verkünden.
Denn der sogar, obgleich mein eigner Knecht,
Tut gern, was mich verdrießt, wenn er nur weiß,
Daß ich mich stellen muß, als merkt ichs nicht!
Zu Joab.
Wie stehts in Alexandrien?
JOAB.
Ich sprach Antonius!
HERODES.
Ein wunderlicher Anfang![490]
Du sprachst Antonius? Ich bins gewohnt,
Daß meine Boten vorgelassen werden;
Du bist der erste, der es nötig findet,
Mir zu versichern, daß ihm das gelang.
JOAB.
Es ward mir schwer gemacht! Man wies mich ab,
Hartnäckig ab!
HERODES für sich.
So steht er mit Octav
Noch besser, als ich dachte!
Laut.
Das beweist,
Daß du die rechte Stunde nicht gewählt!
JOAB.
Ich wählte jede von den vierundzwanzig,
Woraus der Tag besteht; wie man auch trieb,
Ich wich nicht von der Stelle, nicht einmal,
Als die Soldaten mir den Imbiß boten,
Und, da ich ihn verschmähte, spotteten:
Er ißt nur, was die Katze vorgekostet
Und was der Hund zerlegt hat mit dem Maul!
Am Ende glückte mir –
HERODES.
Was einem Klügern
Sogleich geglückt wär –
JOAB.
Bei ihm vorzukommen!
Doch wars schon Nacht, und anfangs mußt ich glauben,
Er hätt mich rufen lassen, um den Spaß
Der höhnenden Soldaten fortzusetzen;
Denn, wie ich eintrat, fand ich einen Kreis
Von Trinkern vor, die sich auf Polstern streckten,
Er aber füllte selbst mir einen Becher
Und rief mir zu: Den leere auf mein Wohl!
Und als ich des mich höflich weigerte,
Da sprach er: Wenn ich den da töten wollte,
So brauchte ich ihn nur acht Tage lang
An meinen Tisch zu ziehn und den Tribut,
Den Erd und Meer mir zollen, drauf zu stellen,
Er würde müßig sitzen und verhungern
Und noch im Sterben schwören, er sei satt.
HERODES.
Ja, ja, sie kennen uns! Das muß sich ändern!
Was Moses bloß gebot, um vor dem Rückfall
In seinen Kälberdienst dies Volk zu schützen,
Wenn er kein Narr war, das befolgt dies Volk,[491]
Als hätt es einen Zweck an sich, und gleicht
Dem Kranken, der nach der Genesung noch
Das Mittel, das ihn heilte, fort gebraucht,
Als wären Arzenei und Nahrung eins!
Das soll – Fahr fort!
JOAB.
Doch überzeugte ich
Mich bald, daß ich mich irrte, denn er tat
Beim Trinken alle Staatsgeschäfte ab,
Ernannte Magistrate, ordnete
Dem Zeus das Opfer an, vernahm Auguren
Und sprach die Boten, wie sie eben kamen,
Nicht mich allein. Es sah besonders aus.
Ein Sklav stand hinter ihm, das Ohr gespitzt,
Die Tafel und den Griffel in der Hand,
Und zeichnete mit lächerlichem Ernst
Das auf, was ihm in trunknem Mut entfiel.
Die Tafel liest er dann, wie ich vernahm,
Am nächsten Morgen durch im Katzenjammer
Und hält so treu an ihren Inhalt sich,
Daß er, dies soll er jüngst geschworen haben,
Sich selbst mit eigner Faust erdrosseln würde,
Wenn er die Welt, die ihm gehört, am Abend
Im Rausch verschenkt und sich dabei des Rechts
Auf einen Platz darin begeben hätte.
Ob er dann auch im Zickzack geht, wie nachts,
Wenn er sein Lager sucht, ich weiß es nicht,
Doch deucht mir eins dem andern völlig gleich.
HERODES.
Du siegst, Octavian! Es fragt sich bloß,
Ob früher oder später. Nun?
JOAB.
Als endlich
An mich die Reihe kam, und ich den Brief
Ihm überreichte, den ich für ihn hatte,
Da warf er ihn, anstatt ihn zu eröffnen,
Verächtlich seinem Schreiber hin und ließ
Ein Bild durch seinen Mundschenk bringen; dieses
Sollt ich betrachten und ihm sagen,
Ob ich es ähnlich fände oder nicht.
HERODES.
Das war das Bild –[492]
JOAB hämisch.
Des Aristobolus,
Des Hohenpriesters, der so rasch ertrank.
Es war ihm längst durch deine Schwiegermutter,
Durch Alexandra, die mit ihm verkehrt,
Schon zugeschickt, doch er verschlangs mit Gier,
Als hätte er es niemals noch erblickt.
Ich stand verwirrt und schweigend da. Er sprach,
Als er dies sah: Die Lampen brennen wohl
Zu düster hier! und griff nach deinem Brief,
Steckt ihn in Brand und ließ ihn vor dem Bild
Langsam verflackern, wie ein weißes Blatt.
HERODES.
Kühn! Selbst für ihn! Doch – es geschah im Rausch!
JOAB.
Ich rief: Was machst du da? Du hast ihn ja
Noch nicht gelesen! Er erwiderte:
Ich will Herodes sprechen! Das bedeutets!
Er ist bei mir verklagt auf Tod und Leben!
Nun sollt ich sagen, wie der Hohepriester
Gestorben sei. Und als ich ihm erzählte,
Beim Baden hab der Schwindel ihn gepackt,
Da fuhr er drein: Gepackt! Ja, ja, das ist
Das rechte Wort; der Schwindel hatte Fäuste!
Und ich vernahm – verzeihst dus, wenn ichs melde? –
Daß man in Rom nicht glaubt, der Jüngling sei
Ertrunken, sondern daß man dich bezüchtigt,
Du habest ihn durch deine Kämmerer
Ersticken lassen in dem tiefen Fluß.
HERODES.
Dank, Alexandra, Dank!
JOAB.
Jetzt winkt' er mir
Zu gehen, und ich ging. Doch rief er mich
Noch einmal um und sprach: Du bist die Antwort
Auf meine erste Frage mir noch schuldig,
Drum wiederhol ich sie. Gleicht dieses Bild
Dem Toten? Und als ich gezwungen nickte:
Gleicht Mariamne denn auch ihrem Bruder?
Gleicht sie dem Jüngling, der so schmählich starb?
Ist sie so schön, daß jedes Weib sie haßt?
HERODES.
Und du?
JOAB.
Erst höre, was die andern sagten,[493]
Die sich erhoben hatten und das Bild
Mit mir umstanden. Lachend riefen sie,
Zweideutge Mienen mit Antonius wechselnd:
Sprich ja! wenn dich der Tote je beschenkte,
Dann siehst du ihn auf jeden Fall gerächt!
Ich aber sprach: ich wüßte nichts davon,
Denn niemals anders, als verschleiert, hätt ich
Die Königin gesehn, und das ist wahr!
HERODES für sich.
Ha, Mariamne! Aber – dazu lach ich;
Denn davor werd ich mich zu schützen wissen,
So oder so, es komme, wie es will! –
Zu Joab.
Und welchen Auftrag gab er dir für mich?
JOAB.
Gar keinen! Wenn ich einen Auftrag hätte,
So hätt ich dir dies alles nicht erzählt!
Nun schiens mir nötig!
HERODES.
Wohl! – Du gehst sogleich
Zurück nach Alexandrien mit mir
Und darfst die Königsburg nicht mehr verlassen!
JOAB.
Ich werd auch in der Burg mit keinem reden!
HERODES.
Ich glaubs! Wer stirbt den Tod am Kreuz auch gern,
Besonders, wenn die Feige eben reift!
Mein Stummer wird erwürgt, und sollt er fragen
Warum, so sagt man: Weil du fragen kannst!
Für sich.
Nun weiß ichs denn, durch wen die alte Schlange
So oft erfuhr, was ich – Ein böses Weib!
Zu Joab.
Besorge das! Ich muß den Kopf noch sehn,
Ich will ihn meiner Schwiegermutter schicken!
Für sich.
Sie braucht ein Warnungszeichen, wie es scheint.
JOAB.
Sogleich!
HERODES.
Noch eins! Der junge Galiläer
Tritt für ihn ein, der Sohn des Serubabel.
Den will ich auch noch sprechen, eh wir ziehn!
JOAB ab.[494]
HERODES allein.
Nun gilts! Noch einmal! hätt ich bald gesagt,
Allein ich seh kein Ende ab. Ich gleiche
Dem Mann der Fabel, den der Löwe vorn,
Der Tiger hinten packte, dem die Geier
Mit Schnäbeln und mit Klaun von oben drohten,
Und der auf einem Schlangenklumpen stand.
Gleichviel! Ich wehre mich, so gut ich kann,
Und gegen jeden Feind mit seiner Waffe,
Das sei von jetzt mir Regel und Gesetz.
Wie lang es dauern wird, mich solls nicht kümmern,
Wenn ich nur bis ans Ende mich behaupte
Und nichts verliere, was ich mein genannt,
Dies Ende komme nun, sobald es will!
EIN DIENER tritt ein.
Die Königin!
MARIAMNE folgt ihm auf dem Fuß.
HERODES geht ihr entgegen.
Du kommst mir nur zuvor!
Ich wollte –
MARIAMNE.
Doch nicht in Person den Dank
Für deine wunderbaren Perlen holen?
Ich wies dich zwei Mal ab, es noch einmal
Versuchen, ob ich meinen Sinn gewendet,
Das wär für einen Mann zu viel gewesen
Und ganz gewiß zu viel für einen König.
O nein, ich kenne meine Pflicht, und da du
Seit meines muntren Bruders jähem Tod
Mich jeden Tag so reich beschenkst, als würbest
Du neu um mich, so komme ich auch endlich
Und zeige dir, daß ich erkenntlich bin!
HERODES.
Ich sehe es!
MARIAMNE.
Zwar weiß ich nicht, wie du
Es mit mir meinst. Du schickst für mich den Taucher
Hinunter in das dunkle Meer, und wenn[495]
Sich keiner findet, der um blanken Lohn
Des Leviathans Ruhe stören will,
So tust du deine Kerker auf und gibst
Dem Räuber den verwirkten Kopf zurück,
Damit er dir die Perlen fischt für mich.
HERODES.
Und scheint dir das verkehrt? Ich ließ wohl auch
Den Mörder schon vom Kreuz herunternehmen,
Als es ein Kind aus einer Feuersbrunst
Zu retten galt, und sagte ihm: Wenn dus
Der Mutter wieder bringst, so gilt mir das,
Als hättest du dem Tod die Schuld bezahlt.
Er stürzte auch hinein –
MARIAMNE.
Und kam er wieder
Heraus?
HERODES.
Es war zu spät! Sonst hätt ich ihm
Mein Wort gehalten und ihn als Soldat
Nach Rom geschickt, wo Tiger nötig sind.
Man soll mit allem wuchern, denke ich,
Warum nicht mit verfallnem Menschenleben?
Es kommen Fälle, wo mans brauchen kann!
MARIAMNE für sich.
O, daß er nicht die blutgen Hände hätte!
Ich sag ihm nichts! Denn, was er auch getan,
Spricht er davon, so scheint es wohl getan,
Und schrecklich wär es doch, wenn er mich zwänge,
Den Brudermord zu finden, wie das andre,
Notwendig, unvermeidlich, wohl getan!
HERODES.
Du schweigst?
MARIAMNE.
So soll ich reden? Wohl von Perlen!
Wir sprachen ja bis jetzt von Perlen nur,
Von Perlen, die so rein sind und so weiß,
Daß sie sogar in blutgen Händen nicht
Den klaren Glanz verlieren! Nun, du häufst
Sie sehr bei mir!
HERODES.
Verdrießt es dich?
MARIAMNE.
Mich nicht!
Du kannst mir dadurch nimmer eine Schuld
Bezahlen wollen, und mir deucht, ich habe[496]
Als Weib und Königin ein volles Recht
Auf Perlen und Kleinodien. Ich darf
Vom Edelstein, wie Cleopatra, sagen:
Er ist mein Diener, dem ich es verzeihe,