1. Kapitel

Aki hat gut lachen

Ich mag meine neue Schule und so langsam kann ich mich an meine alte schon fast nicht mehr erinnern. Natürlich erinnere ich mich an Miss Braitwhistle, bei der man nie genau wusste, was als Nächstes Verrücktes passieren würde. Ich erinnere mich daran, wie beim Schwimmunterricht das Wasser im Becken zu Eis wurde, wie wir alle zusammen in einem Ballon flogen, oder daran, wie fast die Schule abgebrannt wäre, als Miss Braitwhistle mit uns einen echt englischen Plumpudding backen wollte. Und besonders gut erinnere ich mich an ihre Zauberkreide, mit der man alles richtig schrieb oder rechnete. Die könnte ich ab und zu immer noch gut gebrauchen. Ich erinnere mich auch an unsere Klasse, die 4a. In der ganzen Schule hieß sie nur »A wie Albtraum«. Besonders Frau Sauermann nannte uns so, denn die war die Klassenlehrerin der 4b und konnte uns nicht leiden. Aber wir mochten die 4b auch nicht und Frau Sauermann schon erst recht nicht.

Ich kann mich auch gut an die Jungs aus meiner alten Klasse erinnern. An Hugo, der immer dachte, er wüsste was, dabei hatte er nie eine Peilung. Clemens wusste dafür alles. Er konnte sogar Klavier spielen. Max konnte nicht Klavier spielen, aber dafür fünfzehn Hamburger auf einmal verdrücken. An meinen Freund Aki muss ich mich nicht erinnern, denn ab und zu treffen wir uns noch.

Mädchen gab’s natürlich auch in der 4a. Pauline, die Größte und Stärkste, Annalisa, die ihr Heulen an- und abstellen konnte wie eine Lampe, Polly und Molly, die Zwillinge, die sich aber überhaupt nicht ähnlich sahen und immer nur in der Wolle hatten. Und dann war da noch Henni, die nie wusste, was gerade Sache war. Ja, an all das kann ich mich sehr gut erinnern. Aber manchmal versuche ich mir vorzustellen, wo genau in meiner alten Schule die Aula lag oder in welcher Ecke des Schulhofs der Knallerbsenstrauch stand. Im Herbst haben wir immer die weißen Beeren gepflückt und die Mädchen damit beworfen. Ich könnte auch nicht mehr sagen, ob das Lehrerzimmer im ersten oder zweiten Stock war. Ich glaube, im ersten.

Es gibt aber auch einiges, das ich gern vergessen würde. Den großen Streit, den Aki und ich hatten, als wir jeder der Zicke Rosa eine Marzipanrose schenken wollten. Auch an die schleimigen Nacktschnecken, die uns die Mädchen in die Ranzen gestopft haben, denke ich nicht so gern.

Und da ist noch was, das ich am liebsten für immer und alle Zeit vergessen würde. Bis vor Kurzem hat das auch ganz gut funktioniert. Aber dann hab ich mich mal wieder mit Aki getroffen. Und das hätte ich vielleicht besser nicht tun sollen.

Zuerst hab ich mich richtig doll gefreut, als Aki bei mir anrief. Es war nämlich schon einige Zeit her, dass wir uns das letzte Mal gesehen hatten.

»Um drei am Kiosk an der Ecke?«, hat Aki gefragt.

»Abgemacht«, hab ich gesagt.

 

Beinahe hätte ich ihn nicht erkannt, als ich am Kiosk ankam. Aki war immer kleiner als ich gewesen, aber jetzt hätte er mir fast auf den Kopf spucken können.

»Was ist denn mit dir passiert?« Ich guckte auf seine Schuhe, vielleicht hatte er Rollerblades an oder ging auf Stelzen. Nein, er trug ausgelatschte Sneakers, genau wie immer.

»Was soll mit mir passiert sein?«, hat Aki zurückgefragt.

»Wieso bist du auf einmal so groß?«

Aki hat mit den Schultern gezuckt. »Vielleicht bin ich ja gewachsen. Soll vorkommen.«

Gewachsen war gut, er war in die Höhe geschossen, wahrscheinlich hätte man ihm beim Wachsen zuschauen können.

Ich reckte mich ein wenig, aber das hätte ich mir sparen können. Denn Aki reckte sich auch und wurde noch größer.

Wir kauften uns eine Tüte mit allem, was es am Kiosk gab: weiße Mäuse, Tausendfüßler, Lakritzschnecken.

Nur Brausepulver kauften wir nicht, dafür waren wir ja nun wirklich zu alt. Und natürlich auch keine Gummikirschen, die waren nur was für Mädchen.

»Komm, wir setzen uns auf die Bank da drüben«, hab ich vorgeschlagen. Beim Sitzen fiel Akis neue Größe nicht so auf.

Und dann saßen wir da, griffen jeder in die Tüte, schauten uns an, was wir erwischt hatten, und kauten und lutschten und schmatzten.

Aber gesagt haben wir nichts.

Schließlich war nur noch eine Lakritzschnecke in der Tüte.

Ich mach mir nicht so viel aus Lakritz. »Die kannst du haben.«

»Iss du sie ruhig«, hat Aki gesagt.

»Nein, nein, ich hab eh genug«, hab ich gesagt.

»Dann teilen wir sie eben.« Aki hat die Lakritzschnecke aufgerollt und zu zwei Schnüren auseinandergefriemelt. Die eine hat er mir gegeben. Die andere hat er runtergeschluckt. Dann hat er den Kopf in den Nacken gelegt. Ich wusste, was gleich kommt. Er hat die Schnur nämlich wieder rausgezogen.

»Igitt«, hab ich gesagt. »Das ist ja so was von eklig.«

»Das ist nicht eklig, das ist genial, so hat man länger was davon.« Aki hat die Schnur noch einmal runtergeschluckt. Aber er konnte sie nicht wieder rausziehen, denn sie ist zerrissen, und Aki hat einen Hustenanfall gekriegt.

Ich hab ihm auf den Rücken geschlagen. »Das kommt davon.«

Als Aki wieder Luft gekriegt hat, krächzte er: »Ich muss das üben. Früher konnte ich es besser.«

Dann haben wir wieder eine Zeit lang nichts gesagt.

»Und wie läuft’s so?«, hab ich angefangen, und genau in dem Moment hat Aki auch gefragt: »Und wie läuft’s so?«

Ich hab auf ihn gezeigt: »Du zuerst.«

Und Aki hat auf mich gezeigt: »Du zuerst.«

Das war neu. Früher haben wir einfach drauflosgequatscht.

»Läuft«, hab ich gesagt. Und Aki hat auch »Läuft« gesagt.

»Hast du mal was von den anderen gehört?«

»Nee, du?«, hat Aki gefragt.

»Ich auch nicht«, hab ich gesagt.

Manchmal läuft mir Annalisa über den Weg, denn sie geht auch auf meine Schule, aber wer interessiert sich schon für Mädchen?

Und dann haben wir nur dagesessen und auf die Straße geguckt und so getan, als wäre das so superspannend, dass wir nicht miteinander reden könnten.

Plötzlich fing Aki an zu lachen. Er lachte so sehr, dass er schon wieder rot im Gesicht wurde.

»Was hast du denn?«

Er konnte vor Lachen nicht antworten, sondern zeigte auf ein Plakat, das an einem Zaun uns gegenüber hing.

Ich hab erst nicht verstanden, was daran so lustig sein sollte. Es war ein Mann darauf zu sehen, der einen Arm auf eine Kuh gelegt hatte und mit dem anderen ein Pferd am Zügel hielt. Vor seinen Füßen scharrten ein paar Hühner herum. Ferien auf dem Bauernhof, stand in fetten Buchstaben darüber, und darunter in nicht ganz so fetten Buchstaben: Im Einklang mit der Natur.

Aki lachte immer noch. »Im … Ein…klahang … mit … deher Nahatur!«, stieß er hervor.

Es sah so aus, als würde er diesmal wirklich ersticken. Noch einmal schlug ich ihm zwischen die Schulterblätter.

»Ey, nicht so doll!«, rief er und hörte auf mit Lachen.

»Kannst du mir mal sagen, was daran so lustig ist?«, wollte ich wissen.

»Jetzt sag bloß nicht, du erinnerst dich nicht mehr.«

»An was?«, fragte ich, und genau in dem Moment fiel es mir ein. Die Tausendfüßler in meinem Bauch fingen an zu zwicken und in meinem Mund fühlte sich alles klebrig an.

»Na, an unsere Klassenfahrt, als du in die Ho-«

Weiter ist Aki nicht gekommen, denn ich hab ihn gepackt und geschüttelt. »Du hast es versprochen! Du hast versprochen, dass du nie, nie im Leben darüber sprechen wirst!« Ich holte tief Luft. »Du hast mir dein Ehrenwort gegeben.«

Aki hat mich angeschaut und ich hab Aki angeschaut. Sonst habe ich immer gewusst, was Aki denkt. Meistens haben wir das Gleiche gedacht, aber jetzt hatte ich keine Ahnung, was in seinem Kopf vorging.

Aki hat meine Hand von seinem Ärmel gezogen. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich ihn immer noch festhielt.

»Mensch, Franz, das ist ewig her. Wir sind doch keine Babys mehr.«

Ewig war das nicht her, noch kein Jahr!

»Wir sind praktisch erwachsen«, fügte er hinzu und strich sich über die Oberlippe, als wollte er prüfen, ob es nicht an der Zeit wäre, sich zu rasieren.

»Du hast es versprochen«, wiederholte ich matt. »Ich hatte es schon fast vergessen.«

»Ich nicht«, sagte Aki. »Dazu war es einfach zu lustig.«

»Lustig?«, brüllte ich und wollte mich wieder auf ihn stürzen.

Er hob abwehrend die Hände. »Okay, okay, erst mal war’s ziemlich beschi-« Er brach ab und musste schon wieder lachen. »Aber wenn du jetzt so darüber nachdenkst, musst du doch zugeben, dass es auch lustig war.«

»Ich will aber nicht darüber nachdenken«, sagte ich leise. Doch es war zu spät. Genauso wenig, wie man Zahnpasta in die Tube zurückquetschen kann, ließen sich meine Erinnerungen in die hintersten Gehirnwindungen zurückstopfen. Sie waren einfach da.

2. Kapitel

Herr Fischli hat eine Überraschung für uns

Es fing alles ganz harmlos an …

Die schönste Zeit in der Schule ist ja die vor den großen Ferien. Die Zeugnisse sind geschrieben, und man kann machen, was man will, auch wenn die Lehrer natürlich sagen, dass es auf jede Minute ankommt und dass man sich bloß nicht auf die faule Haut legen darf.

Natürlich haben wir uns auf die faule Haut gelegt. Was sollte schon groß passieren?

Wir hatten die letzten Klassenarbeiten und Tests ohne größere Katastrophen hinter uns gebracht und fanden, dass wir uns ein wenig Erholung gönnen konnten.

Bis zu den Sommerferien waren es nur noch wenige Wochen, und wir versuchten, sie sinnvoll herumzubringen.

Max aß nicht nur in den Pausen, sondern auch im Unterricht. Annalisa machte ihre Haarschleife auf, wieder zu und wieder auf. Clemens las in dicken Büchern, Aki zählte unter dem Tisch seine Kracher, und Molly und Rosa malten sich mit Füller gegenseitig Herzchen auf die Hände und behaupteten, es seien Tattoos. Henni starrte aus dem Fenster und träumte vor sich hin und sogar Miss Braitwhistle schien mit offenen Augen zu schlafen.

Der Einzige, der sich wie verrückt meldete, war natürlich Hugo.

»Miss Bratwiesel, Miss Bratwiesel! Nehmen Sie mich dran«, hat er geschrien. »Ich weiß es.«

»Was du weißt, Hugo?«, hat Miss Braitwhistle gefragt und gegähnt. »Ich nichts habe gefragt.«

»Haben Sie nicht?« Hugo machte ein verdattertes Gesicht. Und dann war er glücklicherweise den Rest der Stunde über still.

Wir dösten also vor uns hin, glotzten in die Luft und saßen uns den Hintern platt, wie mein Opa immer sagt.

Es hätte alles so schön sein können, wenn da nicht die 4b gewesen wäre. In jeder Pause kam einer von denen angedackelt, hat sich vor uns aufgebaut und fies gegrinst.

»Na, ihr langweilt euch bestimmt zu Tode«, hat Albrecht gesagt und seine Zombie-Zahnspange glitzern lassen.

»Ihr könnt uns echt leidtun«, meinte Tobias. »Müsst die ganze Zeit in der Schule hocken, während wir auf Klassenfahrt sind.«

Klassenfahrt. Das war so was von gemein! Nur weil in unserer Klassenkasse seit Monaten außer einer Büroklammer nichts klapperte, mussten wir im schönsten Sommersonnenwetter in der Schule schwitzen, während die 4b auf Klassenfahrt ging. Die hatten natürlich seit einem Jahr gespart, die Streber!

Es tröstete uns noch nicht einmal, dass Frau Sauermann dabei sein würde, die strengste Lehrerin der ganzen Schule. Wir hätten sogar die ertragen, wenn wir dafür nicht in der Schule, sondern an der frischen Luft hätten sein dürfen. Natürlich wussten die das in der 4b auch ganz genau und haben ordentlich in der Wunde rumgebohrt.

»Wir sind auf einem richtigen Bauernhof«, hat Laura gesagt. »Mit echten Kätzchen und Häschen und Hühnchen.«

»Und Schweinen!«, hat Aki gerufen. »Oink, Oink!«

Und wir haben uns die Nase zugehalten und laut gegrunzt. Rosa hat mich angeschaut, als hätte ich nicht mehr alle Kerzen auf der Torte. »Pferde gibt es natürlich auch«, hat sie gesagt. »Wir werden lange Ausritte machen. In der Abendsonne.«

Pauline ist wütend geworden, sie ist nämlich das Pferdemädchen bei uns. »Du fährst überhaupt nicht mit, Rosa«, fauchte sie. »Du bist nicht mehr in der 4b!«

Rosa hat ihre Nase in die Luft gestreckt. »Denkste! Herr Fischli hat gesagt, ich darf dabei sein, weil Polly nämlich nicht mitfährt.«

Herr Fischli hatte Polly und Molly getrennt, weil die Zwillinge sich immer stritten. Polly musste zu Frau Sauermann in die 4b, dafür war die Zicke Rosa zu uns gekommen.

Immerhin war es schon mal gut, dass wir Rosa eine Woche lang nicht ertragen mussten.

»Wir machen Lagerfeuer, riesige Lagerfeuer«, hat Tobias gesagt. »Und grillen Würste.«

Albrecht hat abgewinkt. »Ach was, keine Würste. Ganze Ochsen!«

Max ist blass geworden und hat in seine Brotbox gestarrt, die natürlich schon wieder leer war.

Gott sei Dank hat es zur Stunde geklingelt, so schnell haben wir noch nie auf unseren Plätzen gesessen. Aber das Geschwafel von denen aus der 4b war einfach nicht auszuhalten. Bestimmt waren wir vor Neid schon ganz grün.

Miss Braitwhistle kam in die Klasse, machte ihre Tasche auf und zog einen Beutel mit Eiswürfeln heraus. Den hielt sie sich an die Stirn. »Ah, das ist kostlich, das kuhlt wonderful.«

Wir haben uns nicht gefragt, wie sie es geschafft hatte, dass die Eiswürfel in ihrer Tasche bei der Hitze nicht schon längst geschmolzen waren. Nein, solche Sachen fragten wir uns schon lange nicht mehr. Schließlich hatte sie auch schon einmal ein ganzes Skelett in ihrer Tasche gehabt.

Ich hab mich gemeldet. »Miss Braitwhistle?«

»Ja, Franz, was du hast auf deine Herz?«

»Wir möchten auch auf Klassenfahrt gehen. Können Sie nicht eine für uns zaubern?«

»Au ja, bitte!« – »Bitte zaubern Sie, Miss Braitwhistle!« – »Wir wollen auch wegfahren!«, haben wir gerufen.

Miss Braitwhistle hat den Beutel mit den Eiswürfeln genommen, ihn aufgemacht und gesagt: »Wer mochte ein Wurfel zum Lutschen?«

Alle haben die Arme hochgerissen: »Ich!« – »Ich!« – »Ich!«

Sie hat jedem von uns einen Eiswürfel zugeworfen. Der Einzige, der seinen nicht gefangen hat, war Hugo, denn er hat sich geduckt. Das macht er beim Völkerball auch immer. Und Henni hat mal wieder nichts kapiert und gefragt: »Wieso bewirft uns Miss Braitwhistle mit Eis?«

Ich hab meinen Eiswürfel in den Mund gesteckt und Aki hat seinen Eiswürfel in den Mund gesteckt. Dann hab ich Aki angeschaut und Aki hat mich angeschaut.

»Hm, Erbäär«, hat Aki genuschelt.

»Lecka, Oranwe«, hab ich genuschelt.

Alle Eiswürfel haben nach etwas anderem geschmeckt. Nach Zitrone, Himbeer, Ananas und nach Fußboden, der drei Wochen nicht gewischt worden war. Das war der von Hugo. Er hat seinen Eiswürfel aufgehoben, sich in den Mund gesteckt und gleich wieder ausgespuckt. »Ih, da klebt ja noch Dreck dran!«

Miss Braitwhistle hat den Beutel mit den Eiswürfeln zurück in ihre Tasche gesteckt und uns über ihre Brille hinweg prüfend angeschaut. »I’m so sorry, kids. Ich leider nicht kann zaubern. Und schon gar keine klasse Reise fur euch.«

»Aber was ist mit den Eiswürfeln?«, wollte Pauline wissen. »Da haben Sie doch auch Geschmack reingezaubert, oder nicht?«

Rosa hat Pauline einen Vogel gezeigt. »Solche Eiswürfel machen wir zu Hause auch immer. Mit Saft. Ganz einfach.«

Rosa wollte uns nicht glauben, dass Miss Braitwhistle zaubern konnte, und langsam waren wir auch nicht mehr sicher. Denn seit sie wieder unsere Lehrerin war, hatte sich überhaupt nichts ereignet, nicht das klitzekleinste Wunder.

In diesem Moment ging die Tür auf und Herr Fischli kam herein.

Er sah sehr fröhlich aus. »Ich habe eine Überraschung für euch!«

Na, das würde was sein. Vielleicht durften wir in der Aula einen Film über langweilige Amöben sehen oder einmal um den Schwarzen See wandern.

»Ihr wisst ja, dass die 4b am Montag auf Klassenfahrt geht, und –« Herr Fischli konnte nicht weitersprechen, denn wir haben alle geseufzt und gestöhnt, und Annalisa hat gleich angefangen zu heulen.

»Und ich weiß, dass ihr deswegen sehr traurig seid –«, wieder konnte Herr Fischli nicht weitersprechen, denn Molly hat gerufen:

»Das ist so was von unfair!«

Und Polly hat gerufen: »Genau, richtig gemein ist das!«

Miss Braitwhistle hat in ihre Trillerpfeife geblasen. »Nun lasst die Direktor doch reden aus!«

»Ihr müsst nicht mehr traurig sein, weil …«

Herr Fischli hätte nun ausreden können, aber er tat es nicht. Stattdessen sah er jeden Einzelnen von uns an, und um seinen Mund zuckte es so seltsam, als ob er gleich anfangen wollte zu lachen.

»Weil ihr nämlich auch auf Klassenfahrt geht!«

Zuerst war es ganz still. Sogar Annalisa hat aufgehört zu heulen.

»Ist das wahr?«, hat Clemens gefragt. »Wir machen auch eine Klassenreise?« Herr Fischli hat genickt.

Da gab es kein Halten mehr. Wir sind aufgesprungen und haben vor Freude geschrien und gejubelt und gekreischt. Stühle sind umgefallen, und am Ende lag Hugo auf dem Boden und hat gejammert, weil seine Brille verbogen war.

Herr Fischli hat die Hände gehoben. »Ruhe! Sofort Ruhe! Stellt alles wieder hin und hebt den armen Hugo auf, sonst überlege ich es mir noch anders.«

Wir haben Hugo vom Boden geklaubt, die Stühle und Tische zurechtgerückt, und dann haben wir ganz still dagesessen, obwohl es uns richtig schwerfiel.

»Aber wir haben doch gar kein Geld«, hat Annalisa gesagt.

Herr Fischli hat genickt. »Allerdings. Bedankt euch bei Frau Obermeier.«

Frau Obermeier ist unsere Hausmeisterin und wirklich klasse. Vorher hatten wir nur Männer und einer war schlimmer als der andere.

»Sie hat auf dem Flohmarkt mit ihrem Brezelstand ein schönes Sümmchen verdient und ist bereit, das für euch zu spenden«, hat Herr Fischli gesagt.

Wieder wären wir beinahe aufgesprungen, aber Miss Braitwhistle hat »Schhh« gemacht. »Das Wort hat die Direktor, please.«

Der fuhr fort: »Frau Obermeier findet es ungerecht, dass nur die 4b verreisen soll, schließlich macht ihr bei Peterchens Mondfahrt auch mit und werdet sicher euer Bestes gegeben.«

»Genau!« – »Wir sind viel besser als die aus der 4b!« – »Wir müssen viel mehr Text lernen!«

Herr Fischli hat Zettel verteilt. »Hier steht alles, was eure Eltern wissen müssen. Es ist etwas kurzfristig, aber ich hoffe sehr, dass trotzdem alle von euch mitkommen.«

»Und wohin fahren wir?«, hat Max gefragt.

Herr Fischli hat uns ganz verwirrt angeguckt. »Ich dachte, das wäre klar. Ihr fahrt mit der 4b mit. Auf Eckis Erlebnishof

Aki hat mich angeschaut und ich hab Aki angeschaut. Und wir haben beide an das Gleiche gedacht: Frau Sauermann!

»Hauptsache, wir fahren weg«, hab ich gesagt.

»Frau Sauermann kann uns mal«, hat Aki gesagt. »Schließlich ist sie nicht unsere Lehrerin.«

Da fiel mir was ein. »Bei uns muss doch auch ein Lehrer dabei sein.«

»Natürlich«, hat Herr Fischli gesagt. »Miss Braitwhistle wird euch begleiten. Nicht wahr, Miss Braitwhistle?«

Miss Braitwhistle hat kein begeistertes Gesicht gemacht. »Ich? Auf eine Hof mit irgendeine Erlebnis? Ich habe schon genug Erlebnis mit euch in die Schule.«

»Bitte, Miss Braitwhistle!« – »Sie dürfen uns nicht im Stich lassen!« – »Wir versprechen auch, superbrav zu sein!«, so riefen wir alle durcheinander.

Miss Braitwhistle hat uns wieder so prüfend angeschaut, dann hat sie ihre Brille abgenommen und angefangen, sie zu putzen. Wir waren still. Sie hat ihre Brille sehr lange geputzt und wir waren auch sehr lange still. Dann hat sie die Brille schließlich aufgesetzt und gesagt: »Well, dann ich mit euch werde machen eine klasse Reise!«

Der Jubel war so laut, dass Herr Fischli schnell gegangen ist.

3. Kapitel

Vorfreude ist die schönste Freude

Bis zum Montag waren es nur noch ein paar Tage und es gab für uns kein anderes Thema als – Klassenfahrt!

Herr Fischli hatte uns einen Prospekt gegeben. Auf dem war ein kleiner dicker Mann in Latzhose abgebildet, der ein Ferkel unterm Arm hatte. Der Mann lachte und auch das Ferkel sah vergnügt aus. Darunter stand: Ferien auf Ecki’s Erlebnishof – einfach unvergesslich!

»Der Apostroph hinter Ecki ist falsch«, hat Clemens gesagt.

Der Apostroph war uns so was von piepe. Wir rissen uns den Prospekt gegenseitig aus der Hand.

»Eckis Erlebnishof ist echt bombe!«, jubelte Aki und tippte auf das Foto einer riesigen Hüpfburg. »Guckt mal, was es da alles gibt!«

»Da steht auch was von einem Maislabyrinth«, meinte Max.

»Und da! Ein Swimmingpool«, hab ich gesagt.