Mormon und GEDCOM

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (oder, wie die deutsche Eigenbezeichnung lautet, Kirche Jesu Christi HLT), im Allgemeinen besser bekannt als „die Mormonen“, hat das weltweit größte Forschungsnetzwerk zur Genealogie aufgebaut, betreibt eine riesige genealogische Datenbank und unterhält in einer Vielzahl von Ländern genealogische Forschungsstellen. Es ist nicht übertrieben zu sagen: Die Mormonen haben die Genealogie, namentlich die Computergenealogie, revolutioniert.

Dass sich ausgerechnet eine Religionsgemeinschaft so intensiv mit Genealogie befasst, hat einen theologischen Hintergrund. Die Familie hat einen überaus hohen Stellenwert, aber nicht nur die lebenden Mitglieder der Familie kommen in den Genuss der Segnungen des mormonischen Glaubens, auch die Verstorbenen, die zu Lebzeiten nicht die Gelegenheit hatten, der Kirche Jesu Christi HLT zu begegnen. Durch heilige Handlungen in den Tempeln können die Verstorbenen nachträglich in die Gemeinde integriert, die Familien für die Ewigkeit miteinander verbunden werden. Die Lebenden nehmen gewissermaßen religiöse Ersatzhandlungen für ihre Ahnen vor. Die Religionsgemeinschaft beruft sich dabei auf eine Stelle aus dem ersten Korintherbrief 15:29, die in der deutschen Einheitsübersetzung lautet: „Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen? Wenn Tote gar nicht auferweckt würden, warum lässt man sich dann taufen für sie?“ Um die Ersatztaufe für die verstorbenen Angehörigen vornehmen zu können, muss man natürlich erst einmal wissen, wer zur Familie gehört hat. Das ist das Hauptmotiv der Ahnenforschung, die von der Kirche Jesu Christi HLT getragen wird.

Deutschsprachige Startseite von FamilySearch

Das Angebot der Kirche Jesu Christi HLT heißt FamilySearch. Der Internetzugang erfolgt am einfachsten über die Website https://familysearch.org. Man muss die religiösen Überzeugungen der Mormonen nicht teilen, um ihren genealogischen Forschungseifer zu würdigen, und man muss auch nicht ihrer Religionsgemeinschaft beitreten, um die Angebote der Seite nutzen zu können.

Ein respekteinflößender Apparat steht hinter diesen schlicht aufgemachten Seiten. Da ist zunächst das Genealogiearchiv der Religionsgemeinschaft in Salt Lake City/Utah. Es ist das weltweit größte dieser Art. Es erlaubt den Zugriff auf über eine Milliarde indexierte Datensätze mit den Namen von über zwei Milliarden Verstorbenen, die aus Geburts-, Sterbe- und Heiratsurkunden und anderen Dokumenten gewonnen wurden. Die Aufzeichnungen stammen aus mehr als 100 Ländern und reichen zurück bis ins 14. Jahrhundert. Sämtliche Dienstleistungen können dort kostenlos in Anspruch genommen werden. Die Mormonen betreiben aber auch 4 500 Genealogie-Forschungsstellen in aller Welt. In Deutschland heißen sie Center für Familienforschung und sind im Grunde überall dort zu finden, wo es einen Tempel der Mormonen gibt. Die Kirche Jesu Christi HLT sagt selbst über ihr weltweites Genealogieprojekt: „Wir haben für das Sammeln, Ablichten, Indexieren und Konservieren von Dokumenten Industrienormen entwickelt. Fortschritte im Bereich der Technik und die Entstehung unserer digitalen Welt bieten uns nun die Möglichkeit, diese Hilfsmittel weltweit zugänglich zu machen.“

Das Gebäude der Genealogical Society of Utah und der Genealogical Library in Salt Lake City/Utah

Der Service von FamilySearch ist grundsätzlich kostenlos. Wer bei der On­linerecherche fündig geworden ist, kann sich die entsprechenden Filme der Dokumente in Salt Lake City bestellen; sie werden dann an das nächstgelegene Center für Familiengeschichte geliefert. Dort stehen Lesegeräte zur Verfügung, um das Material zu studieren. Was nicht geht: Die Filme mit nach Hause nehmen; sie können nur in den Familienforschungseinrichtungen gelesen werden. Und: Bücher der großen genealogischen Fachbibliothek in Salt Lake City werden nicht per Fernleihe ausgeliehen; man kann sie nur vor Ort studieren.

Das ist der Datensatz zu Annam Ratzai, 1773 in Ungarn getauft; ihr Vater war Andreo Ratzai. Sind sie verwandt mit unserer Rosine Ratzai, die 50 Jahre später in Westpreußen einen unehelichen Knaben zur Welt bringt?

Legt ein Interessent ein Benutzerkonto an, wird er nach seiner Sprache gefragt; fortan wird ihn FamilySearch mit allen Informationen in seiner Muttersprache versorgen. Sehr leicht und selbsterklärend ist die Eingabemaske, mit der man die eigenen Ergebnisse seiner Familienforschung in eine Ahnentafel eintragen kann. Hinter dieser Ahnentafel arbeitet eine Datenbank, die mit dem riesigen Datenbestand der Mormonen verknüpft ist. Sobald Sie einen Namen eingeben, prüft die Maschine, ob es den Namen schon gibt. Jede neu eingegebene Person bekommt sofort eine eigene Identitätsnummer und geht in den Milliardenpool der Namen bei FamilySearch ein. Sie können nach Namen aber auch aktiv suchen. Die Erfassung der Personendaten erfolgt so ähnlich, wie im Abschnitt über das Personendatenblatt (siehe Seite 52) beschrieben. Die Maske ist auf den ersten Blick sehr schematisch, aber man kann die Personendaten um benutzerdefinierte Sachverhalte und Ereignisse ergänzen.

Wenn man einmal nicht weiterkommt, kann man die Service-Hotline in Anspruch nehmen. Der Nutzer stößt auf eine Servicenummer, die ihn vielleicht erschrecken wird, weil sie mit einer Doppel-Null beginnt – normalerweise ein Zeichen, das auf teure Auslandstelefonate hindeutet. Keine Sorge, die Nummer 00800 130 130 ist kostenfrei (allerdings von Mobilfunknetzen nicht zu erreichen). Das Erstaunliche an dieser Servicenummer: Man wird nur einmal nach seiner Sprache gefragt, dann wird man in weniger als einer halben Minute mit einem lebendigen Menschen seiner Muttersprache verbunden – eine komplett andere Welt, wenn man die eigenen alltäglichen „Service“-Erfahrungen zugrunde legt. Man ist bei den Mormonen eben kein Kunde, sondern ein „Helfer“.

Mormonen mögen vielleicht an Wunder glauben, Wunder vollbringen können auch sie nicht. Kirchenbücher, die es nicht mehr gibt, können auch sie nicht verfilmen, denn sie können sie ja nicht neu erschaffen. Mit anderen Worten: Man darf nicht erwarten, dass die Kirchenbuchverfilmung in Salt Lake City die Vollständigkeit der Aufzeichnungen wiederherstellt, die durch die Zeitereignisse unwiederbringlich verloren gegangen ist.

GEDCOM – der Standard

Mit dem Datenformat GEDCOM haben die Genealogen der Kirche Jesu Christi ein international allgemein anerkanntes Datenformat entwickelt. Es erlaubt den Datenaustausch zwischen Personen, zwischen verschiedenen Medienebenen (Onlineanwendungen und fest installierten Programmen) und zwischen verschiedenen Programmen selbst, die diesen Standard nutzen.

GEDCOM ist das Kurzwort für GEnealogical Data COMmunication. Mit Version 3 kam 1987 die erste Anwenderfassung heraus. Die (im Juli 2013) aktuelle Version 5.5.1. datiert schon von 1999. Seitdem hat es zwar mehrere Versuche gegeben, eine Version 6 zu platzieren, doch wäre die mit den Vorgängerversionen nicht kompatibel gewesen. Gegenwärtig ist eine neue Version „in der Pipeline“. Ziel ist eine Architektur, die den Anforderungen einer vernetzten Kommunikation besser gerecht wird, aber zugleich eine verlustfreie Übernahme der auf den Fünferversionen generierten Datenmengen garantiert. Die Entwicklung wird zu beobachten sein.

Datenbanken

Großen Gewinn ziehen die Genealogen aus der Nutzung online verfügbarer Datenbanken. Aus der Fülle der Datenbanken, die für den Familienforscher von Interesse sind, seien nur einige wichtige Spezialdatenbanken mit genealogischem Inhalt herausgegriffen.

Adressbücher

Eine wichtige Nebenquelle zu den „harten Daten“ der Kirchenbücher und Standesamtsregister sind die Adressbücher, die früher in fast allen Städten, auch kleineren, aufgelegt wurden. Man muss sie sich wie Telefonbücher ohne Telefonanschluss vorstellen. In der Regel wurden die Berufe der erfassten Personen angegeben, was uns heute die Möglichkeit gibt, sie gegebenenfalls in Beziehung zu den bekannten genealogischen Daten zu setzen. Adresse: www.adressbuecher.net.

GedBas

Die Datenbank GedBas, die Genealogische Daten-Basis, ist eine Entwicklung des Vereins für Computergenealogie, der zentralen deutschen Anlaufstelle für Genealogen, www.genealogy.net. GedBas umfasste 2011 über zehn Millionen Datensätze, die von 10 000 Forschern beigesteuert worden waren.

Man kann GedBas in zwei Stufen nutzen. Zunächst kann man Familiennamen aus der eigenen Ahnenfolge eingeben, um zu schauen, ob es bereits Datensätze zu diesem Familiennamen gibt, die zur eigenen Familie passen könnten. Wenn man einen „Verdacht“ hat, kann man den entsprechenden Familienforscher, der den Datensatz eingegeben hat, per E-Mail kontaktieren, damit der Verdacht bestätigt oder ausgeräumt wird.

In der zweiten Stufe kann man selbst seine eigenen Daten hochladen. Nach der Anmeldung ist es möglich, den kompletten GEDCOM-Datensatz, den man mit einem Genealogieprogramm erstellt hat, bei GedBas einzustellen. Die Adresse ist: http://gedbas.genealogy.net.

Auf dem deutschen Genealogieserver (http://compgen.de) gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Datenbanken, die interessant sein können.

GOV

Das Genealogische Ortsverzeichnis (GOV) verzeichnet die genaue geografische Lage eines Ortes, gibt verschiedene Schlüsselzahlen an (Postleitzahl, Gemeinde-Kenn­ziffer), nennt andere bzw. frühere Namen des Ortes und bestimmt die historische Zugehörigkeit verwaltungstechnisch (zum Beispiel Kreis, Provinz) und kirchlich. Außerdem werden Hinweise auf Quellen und ortsbezogene Literatur gegeben: http://wi ki-de.genealogy.net/GOV.

Hamburger Passagierlisten

Stößt man in der eigenen Familie auf das Phänomen der Auswanderung oder hat zumindest den Verdacht, dass „spurlos verschwundene“ Verwandte ausgewandert sein könnten, dann kommt man an dieser Datenbank nicht vorbei. Das amerikanische Gegenstück dazu ist übrigens die Registrierung der Einwanderer auf www.ellisisland.org. Auf der Startseite finden Sie Hinweise zu weiteren interessanten Datenbanken zu diesem Thema: www.hamburger-passagierlisten.de.

Ortsfamilienbücher

Eine ständig wachsende Datenbank ist die Sammlung der Ortsfamilienbücher (OFB). Sie entstehen, indem die Daten ganzer Ortschaften oder Kirchspiele ausgewertet und zusammengefasst werden. Anfang 2013 waren in 370 Ortsfamilienbüchern über 4,7 Millionen Personen verzeichnet. Neben den online zugänglichen Ortsfamilienbüchern gibt es unter der Adresse http://wiki-de.genealogy.net/Kategorie: Ortsfamilienbuch auch ein Verzeichnis der konventionell gedruckten oder auf CD erschienenen Ortsfamilienbücher: www.ortsfamilienbuecher.de.

Verlustlisten

Da das Preußische Heeresarchiv Potsdam und das Zentralnachweisamt für Kriegerverluste und Kriegsgräber am Ende des Zweiten Weltkriegs vernichtet wurden, stellen die erhalten gebliebenen Verlustlisten eine der wichtigsten Quellen zu Militärpersonen im Ersten Weltkrieg dar. Der Datenbestand von geschätzt sechs bis neun Millionen Datensätzen wird gegenwärtig durch Indexierung erschlossen: http://wiki-de.genealogy.net/Verlustlis ten_Erster_Weltkrieg.

FamilySearch

Die größte Personendatenbank der Welt steht in Salt Lake City, Utah. FamilySearch, das Projekt der Mormonen, wurde bereits erwähnt (siehe Seite 129 f.). In großem Umfang sind hier Personenstandsdaten, überwiegend aus Kirchenbüchern, erfasst. Die entsprechenden Originale wurden in jahrzehntelanger Arbeit verfilmt. Sofern die Daten indexiert sind, hat man in der Datenbank auch Zugriff auf die Personendatensätze; und das Foto der verfilmten Seite kann nicht nur angeschaut, sondern auch für das persönliche Archiv heruntergeladen werden: https://www. familysearch.org/eng/library/fhlc.

Die 24-jährige Tagelöhnerstochter Charlotte Dallüge heiratet den 19-jährigen Schäfersknecht Friedrich Wilhelm Marquardt. Auszug aus einem Kirchenbuch von 1859, verfilmt von der Genealogical Society of Utah

Wichtige Seiten und Portale

Aus der Fülle der Seiten, die sich mit Ahnenforschung, Genealogie, Wappenkunde und verwandten Disziplinen beschäftigen, können nur wenige Beispiele herausgegriffen werden. Erwähnt werden soll, dass neben den großen Portalen, die meistens von Vereinen geführt werden, auch viele privaten Websites wichtige Informationen enthalten. Hier finden Sie das Expertenwissen erfahrener Ahnenforscher. Außerdem gibt es eine kaum überschaubare Vielzahl von Seiten heimatgeschichtlicher Prägung, die zahlreiche Ansatzpunkte für die genealogische Recherche bieten.

Abenteuer-Ahnenforschung.de

Diese Seite ist ein Weblog mit einem riesigen Archiv von Beiträgen anderer Genealogen und Familienforscher. Die Lektüre auf dieser Seite ist ermutigend, besonders, wenn man an einem toten Punkt festsitzt. Außerdem lernt man hier viele Ideen kennen (und für die eigene Arbeit einsammeln), wie man seine Forschung in andere Richtungen ausweiten kann: www.abenteuer-ahnenforschung.de.

Ahnenforschung.net

Ahnenforschung.net ist ein Portal, das sich aus einer Sammlung genealogischer Suchanzeigen entwickelte. Heute präsentiert sich die Startseite wie eine Suchmaschine, der ein umfangreicher Katalog angeschlossen ist. Der Ahnenforscher findet hier von ersten Anfängertipps bis zu einer Liste namhafter Archive alles: http://ahnenforschung.net.

Auf der Seite Ahnenforschung.net wird auch der Anfänger in der Genealogie buchstäblich an die Hand genommen.

Ahnenforschungen.de

Ahnenforschungen ist ein großer Katalog von Links, die in einer Toplist angeordnet und bewertet werden. Es steht Ihnen frei, am Ende der Toplist auch Ihre eigene genealogische Website unter die Empfehlungen einzutragen. Außerdem informiert der Katalog über aktuelle Neuerscheinungen: http://ahnenforschungen.de.

GenWiki

GenWiki ist der vielleicht komfortabelste Zugang zu den meisten Informationen rund um Genealogie und Ahnenforschung. Mehrere Unterportale führen zu den jeweiligen Spezialthemen, der Nutzer wird auf neue Themen, neue Seiten, aber auch auf Gefahren des Missbrauchs aufmerksam gemacht: http://wiki-de.genealo gy.net/Hauptseite.

Rootsweb

Rootsweb ist ein Serviceportal der Webseite ancestry.com. Absicht und Funktion diese Portals ist es, Familienforscher zueinander zu bringen und zum Erfahrungs- und Informationsaustausch beizutragen. Die meisten Ressourcen auf Rootsweb sind zu dem Zweck konfiguriert, solche Verbindungen zu erleichtern. Der Service wird in englischer Sprache unter der Adresse www.rootsweb.ancestry.com angeboten.

Programme

Die Frage nach dem richtigen Genealogieprogramm ist wahrscheinlich ebenso sinnvoll wie die Frage nach dem richtigen Auto. Fragen Sie zehn Leute auf der Straße nach dem richtigen Auto – sie werden Ihnen wahrscheinlich zwölf Marken und 36 Ausstattungsvarianten nennen. Was für Sie richtig ist, das können nur Sie selbst entscheiden. Im Grunde müssen Sie bei der Auswahl genauso vorgehen wie ganz am Anfang der genealogischen Arbeit. Sie müssen sich die Fragen stellen:

Was will ich von dem Programm? Was soll es können? Was will ich dafür ausgeben? Das Jahrbuch „Familienforschung“ warnt in seiner Ausgabe 2012/2013 davor: „Bei großen Internethändlern sind viele Ladenhüter im Angebot, die ihre besten Jahre längst hinter sich haben. Das kann bedeuten, dass nicht nur die Entwicklung dieser Programme längst eingestellt wurde, sondern auch der Support.“ Das geht manchmal sehr schnell. Während der Text zu diesem Kapitel entstand, in dem auch das Programm PAF (Personal Ancestral File) empfohlen werden sollte, traf die Nachricht ein: Der Support für dieses Programm wird im Juni 2013 eingestellt.

Ein Computerprogramm ist viel weniger wichtig, als die meisten Hobbyforscher meinen. Es verwaltet, organisiert (organisiert das Material und Sie, wenn es gut ist) und verknüpft die Resultate Ihrer Arbeit, aber es kann Ihnen die Arbeit nicht abnehmen.

Was müssen Genealogieprogramme können?

Erstellen Sie zuerst ein Anforderungsprofil, indem Sie von Ihren Fragen an die Software ausgehen, zum Beispiel:

  1. Muss sie auf Windows, Mac-OS oder Linux laufen?
  2. Gibt es Apps für Tablet-PCs?
  3. Soll sie eine deutschsprachige Bedienoberfläche haben?
  4. Ist es GEDCOM-fähig?

In erster Linie sollen sie für Übersicht sorgen. Denn Sie werden schon gemerkt haben, wie schnell bei der Recherche und der Sichtung des Materials, das Sie bereits in der eigenen Familie vorgefunden haben, genau diese Übersicht verloren gehen kann: Briefe, Originalfotos, Tagebücher, Urkunden, Zeitungsausschnitte, Fotos, die Sie selbst von Objekten gemacht haben, Audiofiles von Interviews oder deren Transkriptionen usw. usf. Mit der passenden Software lassen sich diese Informationen alle nicht nur verwalten, sondern auch visualisieren, das heißt in unterschiedlicher Weise grafisch darstellen.

Dann sollen die Programme möglichst selbst so übersichtlich und selbsterklärend aufgebaut sein, dass man kein Informatik-Studium benötigt, um die Funktionen erfassen und nutzen zu können.

Was müssen Ahnenforschungs- und Genealogieprogramme mindestens können, um als brauchbar zu gelten?

  1. Fehler kontrollieren: Die Plausibilität der Daten soll schon während der Eingabe geprüft werden. Liegt ein Sterbedatum vor dem Geburtsdatum oder wurde die Tochter vor der Mutter geboren, sollte das Programm den Fehler bemerken und melden.
  2. Doubletten melden: Oftmals ist die Vielfalt der Vornamen in der Vergangenheit nicht sehr groß; gleiche Vornamen wurden in der Familie immer wieder vergeben; das Programm sollte auf solche Doubletten aufmerksam machen.
  3. Implex melden: Implex oder Ahnenschwund (siehe Seite 32 f.) bezeichnet die Tatsache, dass aufgrund von Verwandtenehen weniger Vorfahren in der Ahnenreihe auftauchen als rechnerisch möglich. Sobald Geschwister als Ahnen auftauchen, wird es in der nächsten Generation nur zwei statt vier Großeltern geben. Wenn der sogenannte Ahnenschwund auftritt, sollte das Programm das melden.
  4. Nummerierung anbieten: Die sogenannten Kekulé-Nummern, auch Sosa-Stradonitz-System genannt, haben sich als Nummerierungssystematik durchgesetzt; das Programm sollte ihr folgen.
  5. Notizen ermöglichen: Die wirklichen Verwandtschaftsbeziehungen lassen sich nicht vollständig schematisieren; anders gesagt: Das Schema bildet sie niemals komplett ab, daher sollten sich Bemerkungen zu Ereignissen und Sachverhalten hinter der schematischen Ebene einfügen lassen.
  6. Datenaustausch gewährleisten: Für den Wechsel von einem Programm in ein anderes, aber vor allem für den Austausch zwischen Genealogen, die unterschiedliche Programme verwenden, ist ein einheitliches gemeinsames Datenformat erforderlich. GEDCOM, eine Entwicklung von FamilySearch, hat sich durchgesetzt.
  7. Bilder, Video- und Soundfiles integrieren: Für eine wirklich attraktive Familienchronik sind Fotos, gegebenenfalls auch Video- und Soundfiles eine erwünschte Zugabe.
  8. Vielseitige Auswertungen erlauben: Für die Auswertung, Visualisierung und die grafische Darstellung der Forschungsresultate sollten möglichst mehrere Optionen zur Verfügung stehen: Darstellung der Vorfahren, Darstellung der Nachkommen, männliche und weibliche Linien und anderes mehr.

Viele Familienforscher haben die verschiedenen Programme jahrelang ausprobiert, Erfahrungen damit gesammelt und die Stärken und Schwächen des einen oder anderen Programms dabei kennengelernt. Manche benutzen daher nicht nur ein einziges Programm, sondern mehrere Programme parallel, weil das eine besser zu den Bedürfnissen der Datenerfassung passt, ein anderes sich als komfortabel bei der Verwaltung von Multimedia-Dateien erwiesen hat und ein weiteres bei der grafischen Darstellung der Resultate am meisten punktet.

Ein beträchtlicher Teil der empfehlenswerten Programme ist kostenfrei zu haben und zu nutzen. Einige stellen sich nur in der Basisversion als Freeware dar; ein Upgrade auf die Premium-Version oder auf internationale Versionen kostet dann etwas – meist aber moderate Beträge um 30 Euro. Dennoch gilt: Nicht alles, was teuer ist, ist auch gut.

Adam

Adam überzeugt durch eine Office-kompatible Oberfläche. Das Programm hat eine Word-/Excel-Schnittstelle und einen HTML-Generator. Als Shareware mit einer kostenlosen Testversion (beschränkt auf 50 Personen, auch bei Anzeigen und Ausgaben) kostet das Freischalten der Vollversion 29,50 Euro. Wer das Programm noch in einer älteren Version nutzt, muss 10 Euro für ein Upgrade bezahlen. Über die Verknüpfung mit der Seite www.ahnenforschung-und-genealogie.de sind auch die Onlineerfassung und die Synchronisation mit dem stationären System möglich.

Adam – Eingabemaske der Demoversion

Ages!

Es müssen nicht immer die opulent daherkommenden Programme der renommierten Anbieter sein. Das ist bei den Genealogieprogrammen nicht anders als bei Produkten im Supermarktregal. Auch weniger bekannte Produkte haben ihre Qualitäten; sie stehen nur nicht in Augenhöhe, und man muss sich ein wenig bücken, um sie wahrzunehmen. Ages! managt Orte, Quellen, Notizen, hinterlegte Medien, Karten und anderes. Eine Buchfunktion zur Zusammenstellung von Familienstammbüchern ist vorhanden. Interessant ist die Möglichkeit, unverknüpfte Teilbäume herauszugreifen und zu bearbeiten. Damit kann man die Gesamtverwandtschaft jenseits der direkten Abstammung darstellen. Das Programm schlägt keinen Implexalarm, erkennt aber den Ahnenschwund und stellt ihn entsprechend im Vorfahrendiagramm (siehe Grafik unten) dar.

Übersichtliche Anordnung der Vorfahren und ihrer Beziehungen in Ages!

Ahnenblatt

Ahnenblatt ist ein einfach zu bedienendes kostenloses Programm, das alle wichtigen Grundfunktionen erfüllt. Es bietet ausreichend Raum, um zusätzliche Angaben zu den Personen einzubringen, und es ist nicht „stammvaterfixiert“. Optional lässt sich also zum Beispiel auch die Mutterlinie darstellen. Die Navigation ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber schnell zu erlernen.

Der Autor des Programms, Dirk Böttcher, hat sich zu Recht gefragt, ob man für jedes Ereignis und jeden Fakt ein eigenes Eingabefeld braucht. Er hat sich dagegen entschieden, was die Funktionalität vereinfacht und die Übersichtlichkeit erhöht. In eigenen Feldern erfasst werden die Standarddaten; weitere Informationen wie die Haarfarbe der Hebamme und den Namen des zuständigen Landrats darf man einem Textfeld überantworten.

Die Implexwarnung funktioniert. In der Ansicht der Eingabemaske zwar noch nicht (hier werden auch die Kekulé-Nummern nicht angezeigt), aber in der Darstellung der Ahnentafel. Die Funktion „Ahnenliste“ folgt der klassischen Nummerierung. Dort wird der Ahnenschwund durch Verwandtenheirat explizit ausgewiesen.

Ahnenblatt verzichtet auf ein eigenes Datenformat und verarbeitet ausschließlich GEDCOM-Dateien. Export und Import von Dateien dieses Formats in oder aus anderen Programmen funktionieren zu­verlässig: www.ahnenblatt.de.

Signe Ørsted hat nur sechs Urgroßeltern. Denn ihre Großmutter mütterlicherseits und ihr Großvater väterlicherseits waren Geschwister, ihre Eltern Poul und Anna Cousin und Cousine ersten Grades.

94 = 88 und 95 = 89 – Beispiel für den Ahnenschwund (Implex) in der sechsten Ahnenreihe, vom Probanden aus gerechnet

Familienbande

Familienbande gehört zu den Programmen, die auch ohne Installation im System voll lauffähig sind; man kann es direkt vom Datenspeicher, also auch auf Reisen vom USB-Stick aus starten. Mehr noch: Das Programm ist unter Windows, Linux und Mac-OS lauffähig; die entsprechenden Dateien sind von der Seite des Entwicklers, Stefan Mettenbrink, kostenlos herunterzuladen. Dank intuitiver Menüführung lässt sich das Programm leicht bedienen. Neben den Standarddaten können auch Felder beispielsweise für Eheschließung (standesamtlich) und Trauung (kirchlich), für Trennung, für Adoption oder für Spitznamen verwendet werden. Jeder Person lassen sich Fotos in beliebiger Zahl zuordnen; das Hinterlegen von Multimedia-Dateien ist dagegen nicht möglich: www.familienbande-genealogie.de.

Family Tree Builder

Family Tree Builder ist ein Produkt der Firma MyHeritage, die in Israel angesiedelt ist. Die Basisversion des Programms ist kostenfrei per Download zu erhalten; außerdem werden die Versionen Premium und Premium Plus mit erweiterten Leistungsumfängen, Such- und Verknüpfungsmöglichkeiten angeboten.

Die Daten der „stationären“ Software können mit den auf MyHeritage angelegten Onlinedaten synchronisiert werden; dieser Onlinestammbaum ist auch mit einer App von Handys und Tablets aus anzusteuern. Die MyHeritage-Produkte sind in 40 Sprachen – darunter Deutsch – angelegt.

Die Auswertungs- und Darstellungsmöglichkeiten sind auf Family Tree Builder sehr vielfältig. Hervorzuheben sind über den engeren Rahmen der Genealogie-Software hinaus die sogenannten Familienseiten: www.myheritage.de/family-tree-builder.

Sehr übersichtliche Eingabemaske, in der sich gut navigieren lässt

Family Tree Maker

Das Programm ist ideal für Einsteiger und es ist kostenlos. Das Programm stammt von der Ancestry-Plattform und lässt sich mit dem Onlinestammbaum auf dieser Plattform synchronisieren. So kann man überall (in Archiven, während eines Interviews usw.) auf die jeweils aktuellen Daten zugreifen und hat gleichzeitig eine Onlinesicherungskopie. Außerdem bietet die Plattform Ancestry Apps für iPhone, iPad und Android-Geräte, mit denen Sie Ihren Onlinestammbaum jederzeit erreichen können. Sie müssen also nicht mit schwerem Gepäck durch die Archive und Bibliotheken ziehen.

Das Programm lässt sich zwar im Wesentlichen intuitiv bedienen. Vorteilhaft ist es aber dennoch, dass man sich auf eine ausführliche und verständlich geschriebene deutschsprachige Anleitung stützen kann: www.ancestry.de/cs/de/family-tree-maker.

Wenn man die Onlineversion von Ancestry (www.ancestry.com.de) nutzt, wird man irritiert feststellen, dass die Datumsformate und auch die Formatierung der Vornamen sehr amerikanisch sind. Wenn der Rufname nicht zufällig der erste in der Abfolge ist, werden der zweite und dritte zu Kürzeln des Mittelnamens gemacht. So wird aus Hermann Richard Johannes Wieke dann automatisch (und ziemlich anglo-amerikanisch) Hermann R J Wieke.

Was es nicht kann: Schmuckstammbäume drucken. Aber der Schmuckstammbaum ist sowieso eine Spielerei, die mehr verspricht, als sie halten kann, denn wer bekommt schon fünf und mehr Generationen seiner Ahnen auf ein DIN-A4-Blatt, das dann auch noch geschmückt aussieht?

Ausschnitt aus dem Bearbeitungsfeld im Menü „Personen“, wie es Family Tree Maker anbietet

Legacy 7

Das Programm ist im Original englischsprachig, verfügt aber über mehrere Sprachenpakete, unter anderem Deutsch (www.LegacyDeutsch.com). Für alle Eingaben- und einige Auswertungsfunktionen stehen damit deutsche Masken zur Verfügung. Bei zahlreichen Auswertungen, Sonderfunktionen und bei Beispielen oder weiterführenden Informationen wird der Nutzer auf die englischsprachigen Originaldaten gelenkt. Das Programm ist in der Stan­dardversion kostenlos. Es besticht durch große Übersichtlichkeit und Nutzerfreundlichkeit. Neben den üblichen Werkzeugen, die man von einem Genealogieprogramm erwartet (Quellenverwaltung, zahlreiche vorgefertigte Berichte, Zusammenführen mehrerer Dateien, Unterstützung für Multimedia-Dateien, die Erzeugung von Webseiten, eine Rechtschreibprüfung, Import, Export und vieles mehr), wird der Nutzer unter anderem mit einer Aufgabenliste unterstützt, kann Ergebnisse von DNS-Text erfassen oder eine Zeitlinie anlegen, in der biografische und sonstige Ereignisse zu einer Person festgehalten werden; allerdings ist die Darstellung der Chronologie dann der deluxe-Version vorbehalten. Beschränkt ist in der Standardversion auch die Auswertung in Modellen von Ahnen- und Nachkommentafeln (www.legacyfamilytree.com/Index.asp).

Ein Ausschnitt der Eingabemaske von Legacy7 nach dem Import der GEDCOM-Daten aus einem anderen Genealogieprogramm

PC-Ahnen

PC-Ahnen ist ein Programm, das schon 1992 auf den Markt kam und noch immer dank seiner Weiterentwicklung Anwender in großer Zahl zufriedenstellt. Adresse: www.pcahnen.de.

Es liegt in einer kostenlosen Vollversion vor, beherrscht den Umgang mit GEDCOM-Daten, und es gibt die Daten auch im HTML-Format (für die Darstellung auf der eigenen Website des Ahnenforschers) aus. Allerdings muss der User das Hochladen mit programmexternen Werkzeugen (zum Beispiel FileZilla) selbst besorgen. PC-Ahnen ist mandantenfähig, theoretisch könnten 4 096 Genealogien mit Datensätzen für 999 999 Personen angelegt werden. Alle, die nicht nur die kargen Daten der Ahnen erfassen, sondern auch Episoden aus ihrem Leben mitteilen wollen, werden sich über den „Raum für Notizen“ freuen, der für jede erfasste Person 40 Seiten Freitext für Biografien, Erinnerungen und alle Informationen, die in keinem Eingabefeld Platz finden, bereitstellt. Außerdem können jeder Person 4 096 Objekte (Fotos, Video und Audiodateien) zugeordnet werden: Damit werden die mit PC-Ahnen erstellten Stammbäume zum Multimedia-Ereignis.

Programme entwickeln sich

Da sich die Entwicklungen bei den Genealogieprogrammen unter Umständen sehr schnell vollziehen, neue Programme auf den Markt kommen und andere nach und nach eingestellt werden, empfiehlt es sich, regelmäßig die Zeitschrift „Computergenealogie“ nach aktualisierten Einschätzungen zum Softwaremarkt durchzusehen. Ferner gibt es auch auf dem Genealogieportal Genwiki breiten Raum für die Beschreibung und Beurteilung der Software (einschließlich einer Übersicht der Erscheinungsdaten und gegebenenfalls der Einstellung des Supports).

Schritt 9

Wählen Sie ein Computerprogramm aus

Erstellen Sie ein Anforderungsprofil, das beschreibt, was das Programm für Sie leisten muss. Setzen Sie dabei die Prioritäten, die Ihrem (in Schritt 1 formulierten) Ziel am besten entsprechen.

Testen Sie zunächst die kostenlosen Vollversionen, die vielfach bereits einen ausreichenden bis ausgezeichneten Leistungsumfang haben. Wenn Sie keine Kompromisse mit nur einem Programm eingehen wollen, dann benutzen Sie mehrere für bestimmte Spezialaufgaben; Voraussetzung: fehlerfreier Austausch von GEDCOM-Dateien.

WWW und Usenet

Viele genealogische Informationen wären heute gar nicht oder nur sehr schwer greifbar ohne das World Wide Web. Viele meinen, das Netz könne nicht klüger sein als die Networker, die sich an ihm beteiligen. Das stimmt nicht ganz. Denn die Vernetzung selbst ist eine Qualität, die bedeutender ist als die Potenziale der einzelnen Beteiligten. Oder, wie es die alten Dialektiker der Hegelschen Schule gesagt hätten: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Die Vernetzung schafft eine Art strukturelle Intelligenz. Aber selbstverständlich geht es nicht ohne die Networker, die an den Knotenpunkten sitzen und ihr Wissen und ihre Informationen dem Netz zuleiten. Eine Information, die nie jemand dem Internet zugeführt hat, existiert im Internet nicht. Diese Erkenntnis war in den Neunzigerjahren, in den Kindertagen des Internets, noch Allgemeinwissen. Zwanzig Jahre später hat eine ständig wachsende Informationsfülle bei vielen Internetusern zu der Illusion geführt, das Internet sei allwissend und was Google und Yahoo nicht fänden, gebe es nicht. Aber noch immer ist es so, dass eine Information aus Meyers Konversationslexikon von 1905, wenn sie niemand gescannt und online gestellt hätte, nicht im Internet existierte, sondern nur in Meyers Lexikon von 1905. Glücklicherweise hat sich bei der Digitalisierung historischer Lexika schon vieles zum Positiven gewandelt. Aber ein Buch wie „Lebensgeschichte von Hugo van den Bergh – General­x leutnant“ existiert nur in einer Handvoll maschinengeschriebener und privat gebundener Exemplare, die wahrscheinlich ausschließlich im Familienkreis kursierten. Eine Information über den Inhalt – geschweige denn der Inhalt selbst – existiert im Internet nicht.

Auf einer anderen Ebene als das World Wide Web, das die meisten von uns nutzen, bewegt sich das Usenet. Es ist um einige Jahre älter als das World Wide Web. Usenet ist als Kunstwort abgeleitet von Unix User Network (Netzwerk der Unix-Benutzer). In Form von Newsgroups stellt das Usenet Diskussionsforen in reiner Textform zur Verfügung. In ihnen kommuniziert man mittels Newsreader, der sich gewöhnlich im benutzten E-Mail-Programm befindet. Dort richtet man sich ein neues Konto – ein News-Konto – ein, abonniert die Newsgroups, die einen interessieren, und los geht’s.

Wer sich umfassender über die Arbeit mit Newsgroups und die Möglichkeiten, die sich dabei bieten, informieren möchte, sollte bei www.kurs.de/newsgroup.htm vorbeischauen. Unter der Adresse http://tipps.ahnenforschung.net/ng finden Sie eine Liste internationaler Newsgroups zum Thema.

Auf die Schnittstelle kommt es an

Entscheidend ist die Schnittstelle zwischen digitaler und analoger Welt. Der Zufallsfund oder das systematische Aufspüren eines solchen familiengeschichtlichen Werkes enthält viele Informationen, denen man wieder digital nachgehen kann. Das ist die eine Seite der Schnittstelle.

Die andere Seite: Man stößt bei der Internetrecherche auf Quellen, die es nun wirklich nur analog – als Buch-, Zeitschriften- oder Archivbestand – gibt. Noch, muss man sagen. Denn das Tempo, mit dem sich in den letzten zwanzig Jahren die digitale Welt quasi über die reale gestülpt hat, hätte sich am Beginn des Internetzeitalters niemand vorstellen können. Und von der Fülle des digitalisierten und online verfügbaren – das heißt nicht nur einfach ins Netz gestellten, sondern auch indexierten – Materials hätten die Internetpioniere wahrscheinlich kaum zu träumen gewagt. Es ist müßig, sich vorzustellen, wie sich die Verhältnisse nach 20 weiteren Jahren entwickelt haben werden. Noch vor zehn Jahren las man in Ratgebern, man solle sich bei der Ahnenforschung durchaus auch auf Papier stützen, denn den PC könne man ins Archiv oder in die Bibliothek sowieso nicht mitnehmen. Solche Empfehlungen lassen uns heute schmunzeln, da schon ein klassisches Notebook vielen heute als unhandliches Instrument gilt. Wer würde voraussagen wollen, welche Geräte in zehn Jahren zur Verfügung stehen und welche Software darauf läuft?

Auf Papier stützt man sich heute nicht, weil die Gerätetechnik Grenzen setzt, sondern weil die Mehrheit der Fundstücke und Dokumente, mit denen man es zu tun bekommt, eben noch papierbasiert ist. Aber selbst in Ihrem eigenen Archiv werden sich, so Sie unseren Empfehlungen folgen, die Verhältnisse bereits ändern. Dennoch: Bevor wir ein Dokument digitalisieren können, müssen wir es erst einmal finden. Und auch hier gilt wieder wie bei den Archäologen: Auf die Fundsituation kommt es an. Ein loser Zettel sagt uns vielleicht gar nichts, aber ein Zettel in einem Buch – das kann ein wichtiges familiengeschichtliches Indiz sein. Und im Buch des Generalleutnants Hugo van den Bergh befand sich so ein Zettel (siehe Abbildung oben):

„Lieber Erhard, da Onkel Hugo Dich wie einen eigenen Sohn lieb gehabt hat, soll auch Dir ein Buch von und über ihn gehören. Weihnacht 1951 von Tante ... van den Bergh.“

Wo ein Onkel ist, ist auch ein Neffe. Und dieser Neffe muss auch einen Vater haben, den Bruder von Hugo van den Bergh. Also: Wer war Hugo van den Bergh? Und wer war sein Bruder?

Online und offline

Einen ersten Rechercheversuch machen wir in der Deutschen Nationalbibliothekwww.nachlassdatenbank.de