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N. Bernhardt

Buch VIII: Freund und Feind

Der Hexer von Hymal

N. Bernhardt

Buch VIII: Freund und Feind

Der Hexer von Hymal

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-954183-82-1

www.null-papier.de/hymal

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ers­tes Ka­pi­tel: Gro­ße Plä­ne

Zwei­tes Ka­pi­tel: Be­schwö­rung für An­fän­ger

Drit­tes Ka­pi­tel: Be­schwö­rung für Fort­ge­schrit­te­ne

Vier­tes Ka­pi­tel: Be­schwö­rung für Verzwei­fel­te

Fünf­tes Ka­pi­tel: Ver­dien­te Stra­fe

Sechs­tes Ka­pi­tel: Der Tag da­nach

Sieb­tes Ka­pi­tel: End­lich Meis­ter!

Aus­blick

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Nach die­sem Hoch­zeits­fest hält den Jun­gen nichts mehr in Sinál. Auf der ei­ge­nen Burg gibt es oh­ne­hin ge­nug zu tun. Auch nach Skingár füh­ren ihn die Ge­schäf­te, wo der Ne­kro­mant na­tür­lich wie­der eine Lek­ti­on pa­rat hat.

Dies­mal läuft je­doch so ei­ni­ges an­ders. Ist der Graf von Skingár wirk­lich, wer er zu sein vor­gibt? Führt es nicht doch Übles im Schil­de oder wol­len an­de­re Mäch­te den Adep­ten ma­ni­pu­lie­ren? Es gilt, eine wich­ti­ge Ent­schei­dung zu tref­fen, die den Wer­de­gang des Jun­gen ent­schei­dend ver­än­dern kann.

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Website

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Rei­he und zum Au­tor fin­den Sie un­ter:

hy­mal.info

Erstes Kapitel: Große Pläne

Nik­ko wäre es lie­ber, wenn er sich gar nicht mehr an die ver­gan­ge­ne Nacht er­in­nern könn­te, wie da­mals im Freu­den­haus von Zun­daj. Doch ganz so be­trun­ken war er dies­mal nicht ge­we­sen. Lei­der. Sonst könn­te er ja al­les auf den Rausch schie­ben.

Er hät­te sich ver­wei­gern kön­nen. Nein, er hät­te sich ver­wei­gern müs­sen! Auch wenn die Her­zo­gin ihn ziem­lich über­rum­pelt hat­te. Was war bloß in die Frau ge­fah­ren? Und warum hat­te er mit­ge­macht?

Oje! Wie war er nur schon wie­der in einen sol­chen Schla­mas­sel ge­ra­ten? Gera­de Fy­dal so et­was an­zu­tun, war un­ver­zeih­lich. Wie soll­te er dem Freund und Gön­ner je wie­der in die Au­gen se­hen kön­nen?

Es war nun schon ge­gen Mit­tag des Ta­ges nach dem großen Fest. Nik­ko hat­te sich in sei­ner Kam­mer im Turm ver­kro­chen und ver­spür­te kei­ner­lei Ver­lan­gen, die­se je wie­der zu ver­las­sen. Er woll­te nie­man­den se­hen, mit nie­man­dem spre­chen. Es war schlimm ge­nug, sich selbst er­tra­gen zu müs­sen.

Was soll­te er nun ma­chen? Ewig konn­te er ja nicht in sei­nem Quar­tier blei­ben. Doch lie­fe er drau­ßen stets Ge­fahr, dem Her­zog über den Weg zu lau­fen. Oder, viel schlim­mer noch, des­sen Ehe­frau.

Nein, hier in Sinál konn­te er nicht blei­ben. Er muss­te weg. Weit weg. Am bes­ten so­fort. Es hielt ihn hier ja auch kein Amt. Pe­ryn­dor hat­te ihm den Pos­ten des Hof­ma­giers schließ­lich weg­ge­schnappt. Zwar hat­te der Adept Fy­dal ver­spro­chen, am Hofe zu blei­ben, aber der Jun­ge wür­de schon ir­gend­ei­ne Aus­re­de fin­den.

Hal­fuár oder doch gleich Skingár? Eine schwie­ri­ge Ent­schei­dung. In Skingár wäre es leich­ter, et­was Ab­stand zu ge­win­nen und all das Ge­sche­he­ne zu ver­ges­sen. Doch hat­te er schon den gan­zen Som­mer dort ver­bracht. Hal­fuár hin­ge­gen war sein ei­gent­li­ches Heim. Dort war er es, der das Sa­gen hat­te. Aber könn­te er auf der ei­ge­nen Burg den Kopf über­haupt wie­der frei­be­kom­men?

Nik­ko hat­te sich erst im Tele­por­traum ent­schie­den, zu­nächst nach Hal­fuár zu rei­sen. Ohne ein Ab­schieds­wort hat­te er sich in den Kel­ler des Turms ge­schli­chen und dort den Zau­ber ge­wirkt. Da­ran, dass man ihn ver­mis­sen könn­te, hat­te er da­bei kaum einen Ge­dan­ken ver­schwen­det.

Nun war er also wie­der auf der ei­ge­nen Burg. Weit ge­nug weg von Sinál. Doch wür­den ihn die Ge­schäf­te hier nicht un­ent­wegt an Fy­dal er­in­nern? Die Zeit heilt so man­che Wun­den, mach­te er sich Mut. We­nigs­tens brauch­te er hier nicht zu fürch­ten, dem Her­zog über den Weg zu lau­fen. Das muss­te fürs Ers­te Er­leich­te­rung ge­nug sein.

Der Adept ver­spür­te noch im­mer kei­ne Lust, je­man­den zu se­hen und schlich sich so hin­auf auf sein Zim­mer, wo ihm nur der un­to­te Die­ner Ge­sell­schaft leis­ten wür­de. Mor­gen hät­te er dann hof­fent­lich die Kraft, sich selbst um die Ge­schäf­te der Burg zu küm­mern. Er soll­te schließ­lich den An­schein von Nor­ma­li­tät wah­ren. Hier in Hal­fuár brauch­te ja nie­mand zu wis­sen, warum er aus Sinál ge­flo­hen war.

In sei­ner Turm­kam­mer hat­te sich nichts ver­än­dert. Das war auch so zu er­war­ten ge­we­sen. Im­mer­hin be­wach­te der Un­to­te die­se seit vie­len Mo­na­ten. Nun, da der Jun­ge hier wie­der län­ge­re Zeit woh­nen wür­de, könn­te man das Ge­mach ein­mal or­dent­lich sau­ber ma­chen und viel­leicht auch et­was ver­schö­nern. Oder soll­te er als Bur­gherr und Graf sich nicht oh­ne­hin ein an­ge­mes­se­ne­res Do­mi­zil im Haupt­haus su­chen?

We­nigs­tens einen Au­gen­blick lang hat­te ihn die­se Fra­ge von der ei­ge­nen Scham ab­ge­lenkt. Lei­der eben nur einen Au­gen­blick. Seuf­zend hol­te Nik­ko sei­ne un­to­te Rat­te aus dem Ruck­sack und kraul­te ihr den Kopf. Heu­te war mit dem Adep­ten wirk­lich nichts mehr an­zu­fan­gen. Am bes­ten, er ver­such­te jetzt erst ein­mal, sich or­dent­lich aus­zu­schla­fen. Zu sehr steck­ten ihm die Ge­scheh­nis­se des gest­ri­gen Ta­ges noch in den Kno­chen.

Nik­ko fühl­te sich er­staun­lich wohl, als er am nächs­ten Mor­gen auf­wach­te. Er muss­te über einen hal­b­en Tag lang ge­schla­fen ha­ben und hat­te die Er­ho­lung of­fen­bar auch bit­ter nö­tig ge­habt. Jetzt aber ging es ihm wie­der bes­tens. Mit kla­rem Kopf woll­te er nun lie­ber für die Zu­kunft pla­nen, als sich von den Pein­lich­kei­ten der Ver­gan­gen­heit wei­ter­hin die Lau­ne ver­der­ben zu las­sen.

Vi­el­leicht war ja al­les bes­ser so, wie es letzt­lich ge­kom­men war. Im­mer­hin war die Burg sein neu­es Heim. Zu oft war er ihr schon fern ge­blie­ben. Zu lan­ge hat­te er ihr Schick­sal in die Hän­de an­de­rer ge­legt. Er war hier der Herr und wür­de sich fort­an um ihre Ge­schi­cke küm­mern.

Hof­ma­gier? Pah! Soll­te der eit­le Pe­ryn­dor sich doch in die­ser Rol­le ge­fal­len! Der jun­ge Adept hat­te Bes­se­res zu tun. Er wür­de es al­len zei­gen und Hal­fuár aus eig­ner Kraft zu al­ter Blü­te füh­ren. Au­ßer­dem gab es noch im­mer un­end­lich viel zu ler­nen, um spä­ter ein großer Meis­ter zu wer­den.

Ja, es war gut, dass die­ser Kelch an ihm vor­bei­ge­gan­gen war. So konn­te er sich schließ­lich auf all die Din­ge kon­zen­trie­ren, die ihm wirk­lich wich­tig wa­ren. Was war ein Pos­ten in der ers­ten Rei­he schon wert, wenn er doch nur die Ei­tel­keit be­frie­dig­te? Nichts, ver­such­te er sich selbst zu über­zeu­gen.

Nun aber war es end­lich Zeit für Ta­ten! Was war in­des zu tun? Zu­nächst wür­de er sich über die Lage be­rich­ten las­sen und dann ent­schei­den, wie wei­ter vor­zu­ge­hen war. Ganz ein­fach. Also hieß es, sei­ne Ge­treu­en zu­sam­men­zu­trom­meln.

Schon am spä­ten Mor­gen hat­ten sich der Kas­tel­lan, Aco von Abâr, der Burg­kom­man­dant, Ma­jor von Pe­ryl, und der heu­te übel­lau­nig wir­ken­de Kom­man­deur der gräf­li­chen Trup­pen, Haupt­mann von Bald­hon, im Be­spre­chungs­raum ver­sam­melt. Mit da­bei war auch wie­der ein Pro­to­kol­lant.

»Eure Er­laucht«, ver­beug­te sich der Kas­tel­lan, der wie die an­de­ren hin­ter sei­nem Stuhl stand. »Es ist schön, dass Ihr ein­mal mehr hier weilt.«

»Habt Dank«, lä­chel­te Nik­ko und setz­te sich auf sei­nen Thron. »Nehmt bit­te Platz, die Her­ren.«

»Be­rich­tet mir zu­nächst über den ak­tu­el­len Stand der Din­ge«, fuhr der Jun­ge fort und ver­such­te da­bei, selbst­be­wusst zu wir­ken. »Fangt Ihr bit­te an, von Abâr.«

»Mit größ­tem Ver­gnü­gen«, lä­chel­te der Kas­tel­lan, als sich alle ge­setzt hat­ten. »Viel gibt es je­doch nicht, was er­wäh­nens­wert wäre. Tat­säch­lich hat sich in der Wo­che Eu­rer Ab­we­sen­heit nur… we­nig ge­tan.«

»Nun, ähm…«, drucks­te er dann. »Ma­jor von Pe­ryl… wollt Ihr?«

Was ging hier vor? Wa­rum stam­mel­te der Kas­tel­lan so her­um? Das hör­te sich ja gar nicht nach gu­ten Nach­rich­ten an.

»Eure Er­laucht«, be­gann der Ma­jor und schi­en et­was pein­lich be­rührt. »Wie Ihr si­cher­lich wisst, man­gelt es uns noch im­mer an Holz. Gera­de jetzt, da der Win­ter bald an die Pfor­ten klop­fen wird, müs­sen wir grö­ße­re Men­gen Brenn­ma­te­ri­al ein­la­gern.«

»Das Pro­blem ist mir be­kannt«, er­wi­der­te Nik­ko, als der Sol­dat ei­ni­ge Mo­men­te ge­schwie­gen hat­te. »Habt Ihr denn nicht mehr Holz aus Sinál an­ge­for­dert?«

»Si­cher­lich«, ant­wor­te­te der Kas­tel­lan. »Doch ist Holz auch dort Man­gel­wa­re, wie über­all in Hy­mal.«

»Über­all?«, höhn­te der Ma­jor. »Über­all au­ßer hier, wo der Wald im Nor­den uns Holz ge­nug für das gan­ze Her­zog­tum böte.«

»Ich hat­te Euch vor den… Be­woh­nern des Wal­des ge­warnt, Ma­jor«, zisch­te der Haupt­mann. »Nun ha­ben wir den Är­ger!«

»Was ist denn pas­siert?«, woll­te der Adept ge­nau wis­sen, ob­wohl ihn schon eine üble Vorah­nung be­schlich.

»Ich hat­te einen Trupp Män­ner zum Wald ge­schickt, dort un­se­re Holz­vor­rä­te auf­zu­bes­sern«, zuck­te der Ma­jor die Schul­tern. »Sie wur­den je­doch von wil­dem Wald­volk über­rascht. Es gab… ei­ni­ge Ver­letz­te… und… auch ein paar Tote.«

»Über die Hälf­te mei­ner Män­ner ist ge­fal­len!«, schnauz­te der Haupt­mann. »Und das al­les trotz mei­ner War­nung.«

»Habt Euch nicht so, Haupt­mann«, ent­geg­ne­te der Ma­jor. »Man kann eben nicht jede Schlacht ge­win­nen. Wir for­dern ein­fach Er­satz an.«

Das wa­ren ja wie­der ein­mal tol­le Nach­rich­ten! Kaum war der Adept eine Wo­che weg, hat­te der Kom­man­dant schon die hal­be Burg­be­sat­zung an die El­fen ver­lo­ren.

»Wa­rum habt Ihr nicht auf den Haupt­mann ge­hört, Ma­jor?«, frag­te Nik­ko in ei­nem Ton, der die Wän­de zu ge­frie­ren droh­te.

»Eure Er­laucht«, senk­te der Kom­man­dant den Blick und stam­mel­te: »Ei­nem Haupt­mann, der vor kur­z­em noch… Leut­nant war, kann man nicht… den nö­ti­gen… tak­ti­schen… ich mei­ne… sei­ne Ein­schät­zung der… ähm… La­ge…«

»Sei­ne Ein­schät­zung der Lage?«, wur­de der Jun­ge lang­sam ver­är­gert. »Im Ge­gen­satz zu Euch war der Haupt­mann da­bei, als wir da­mals auf die El­fen stie­ßen. Er war da­bei, als ich mit ih­nen zu ei­ner… Übe­rein­kunft kam. Wie kommt Ihr über­haupt dazu, Euch dar­über hin­weg­zu­set­zen?«

»Ver­zeiht, Eure Er­laucht«, schluck­te der Ma­jor. »Von ei­ner Übe­rein­kunft war mir gar nichts be­kannt.«

»Habt Ihr ihm denn da­von nichts er­zählt?«, zisch­te der Adept den Haupt­mann an.

»Von Eu­rem Ge­spräch mit die­ser… El­fen­frau hat­te ich nicht viel mit­be­kom­men, Eure Er­laucht«, ver­tei­dig­te sich der Kom­man­deur.

Da konn­te der Kerl so­gar Recht ha­ben. Nik­ko hat­te ihm ja auch nichts vom In­halt der Un­ter­re­dung er­zählt. Nun gut, es war wohl bes­ser, nicht län­ger auf die­sem Vor­fall her­um­zu­rei­ten. Der Ma­jor hat­te eben einen Feh­ler ge­macht. So et­was pas­sier­te.

»Also gut«, keuch­te der Jun­ge, »ver­ges­sen wir die An­ge­le­gen­heit. Ma­jor, sorgt da­für, dass die Ver­lus­te als­bald er­setzt wer­den.«

»Ja­wohl, Eure Er­laucht«, schi­en der Of­fi­zier jetzt er­leich­tert.

»Es schmerzt mich, Euch dar­an er­in­nern zu müs­sen, dass un­ser Holz­pro­blem da­durch noch lan­ge nicht ge­löst ist, Eure Er­laucht«, schal­te­te sich der Kas­tel­lan wie­der in das Ge­spräch ein. »Es ist schließ­lich nicht von der Hand zu wei­sen, dass wir im Win­ter deut­lich mehr Brenn­holz brau­chen wer­den.«

Da hat­te der Be­am­te na­tür­lich Recht. Es führ­te kein Weg dar­an vor­bei, ein für alle Mal ge­nü­gend Holz zu be­sor­gen. Doch wie? Ma­gie? Si­cher­lich, er könn­te es her­bei­zau­bern. Aber dies wäre eine rie­si­ge Pla­cke­rei. Holz war schließ­lich viel mas­si­ver als der Pro­vi­ant, den er da­mals be­schwö­ren hat­te müs­sen, um von Bald­hons jäm­mer­li­chen Trupp durch­zu­füt­tern. Auch brauch­te er Un­men­gen Holz, um die Burg den gan­zen Win­ter lang mit Brenn­ma­te­ri­al zu ver­sor­gen.

»Ich wer­de über die­ses Pro­blem nach­den­ken, von Abâr«, be­schwich­ti­ge der Jun­ge. »Doch lasst uns nun über an­de­re Punk­te spre­chen.«

»Wie Ihr wollt, Eure Er­laucht«, lä­chel­te der Kas­tel­lan. »Wor­über wür­det Ihr ger­ne re­den?«

»Wir kön­nen nicht auf Ewig­keit von Lie­fe­run­gen aus Sinál ab­hän­gig blei­ben«, stell­te der Adept mit fes­ter Stim­me klar. »Wir müs­sen ir­gend­wann auf ei­ge­nen Bei­nen ste­hen kön­nen.«

»Da habt Ihr na­tür­lich Recht, Eure Er­laucht«, schi­en der Kas­tel­lan et­was ver­wirrt. »Doch herrscht ja noch Krieg hier im Her­zog­tum. Soll­ten wir nicht den ers­ten Schritt vorm Zwei­ten ma­chen?«

»Der Krieg ist längst ge­won­nen«, wie­gel­te der Jun­ge ab und wur­de sich erst da be­wusst, dass man hier noch gar nichts da­von wis­sen konn­te. »Die Trup­pen des Groß­her­zogs und die kö­nig­li­chen Le­gio­nen wer­den Hy­mal noch vor dem Win­ter­ein­bruch ver­las­sen.«

»Tat­säch­lich?«, freu­te sich der Ma­jor. »Das sind ja aus­ge­zeich­ne­te Nach­rich­ten!«

»Dem kann ich nur beipflich­ten«, lä­chel­te der Haupt­mann. »Dann ist es wohl in der Tat Zeit, zum zwei­ten Schritt an­zu­set­zen.«

»Ich stim­me dem voll und ganz zu«, nick­te auch der Kas­tel­lan. »Da die Ge­fahr durch die Orks nun ge­bannt ist, soll­ten wir über die Zu­kunft Hal­fuárs nach­den­ken.«

»Ich will, dass mein Le­hen ein Vor­bild für alle an­de­ren ist«, sporn­te Nik­ko sei­ne Ge­treu­en an. »Ich möch­te nicht von Lie­fe­run­gen aus der Haupt­stadt ab­hän­gig sein.«

»Lang­sam, Eure Er­laucht«, lach­te der Kas­tel­lan. »Wie wollt Ihr das denn be­werk­stel­li­gen?«

»Ich mei­ne ja nicht, dass wir dies von heu­te auf mor­gen schaf­fen kön­nen«, ru­der­te der Adept zu­rück. »Den­noch müs­sen wir ja ir­gend­wie an­fan­gen.«

»Dem ist selbst­ver­ständ­lich zu­zu­stim­men«, nick­te der Ma­jor. »Die Ebe­ne scheint mir frucht­bar und Was­ser ha­ben wir ge­nug. Bes­te Grund­la­gen, um das Land zu be­a­ckern oder Vieh zu hal­ten.«

»Dann könn­ten wir zu­min­dest für un­ser ei­ge­nes Es­sen sor­gen«, freu­te sich Nik­ko. »Sehr gut. Wir soll­ten also Dör­fer bau­en und Fel­der an­le­gen.«

»Wo wollt Ihr denn die Bau­ern und Hir­ten her­neh­men, Eure Er­laucht?«, schüt­tel­te der Kas­tel­lan sein Haupt. »Es steht zu ver­mu­ten, dass Sei­ne Ho­heit das Au­gen­merk zu­nächst auf Sinál und des­sen Um­ge­bung le­gen wird, um dort einen Keim des Wohl­stands zu schaf­fen.«

Da hat­te der Be­am­te wie­der ein­mal Recht. Es schi­en ja auch schwie­rig, Bau­ern und Hand­wer­ker von an­de­ren Re­gen­ten zu kau­fen. So je­den­falls hat­te es der Se­ne­schall in ei­nem frü­he­ren Ge­spräch er­klärt.

Ho­ca­tin! Der Her­zog war doch of­fi­zi­ell auch der Fürst des vom Feind be­setz­ten Lan­des. Wa­ren des­sen Be­woh­ner so­mit nicht sei­ne Un­ter­ta­nen, nicht die des Ag­gres­sors? Was sag­te der Ko­dex zu die­ser Si­tua­ti­on?

»Wie wäre es mit Ho­ca­tin?«, kam sich der Jun­ge ge­ris­sen vor. »Sei­ne Ho­heit, der Her­zog von Hy­mal ist schließ­lich auch der ge­kür­te Fürst von Ho­ca­tin.«

»Das stimmt«, nick­te der Kas­tel­lan. »So­lan­ge Sei­ne Ma­je­stät die Kür nicht für un­gül­tig er­klärt, wo­von mir nichts be­kannt wäre, sind die Ge­wöhn­li­chen des Fürs­ten­tums al­le­samt Leib­ei­ge­ne der Rit­ter, die wie­der­um Va­sal­len des Fürs­ten sind. Eine aus­ge­zeich­ne­te Idee, Eure Er­laucht.«

»Es ist zu­dem kaum denk­bar, dass Sei­ne Ho­heit et­was da­ge­gen hät­te, Bau­ern aus Ho­ca­tin hier in Hal­fuár an­zu­sie­deln«, pflich­te­te der Ma­jor bei. »Ja, so könn­te es tat­säch­lich funk­tio­nie­ren.«

»Dann sind wir uns ja ei­nig«, suhl­te sich Nik­ko im Glan­ze sei­ner tol­len Idee.

»Aber wie wollt Ihr die Un­ter­ta­nen hier her­ho­len?«, mein­te von Bald­hon. »Der Her­zog von Khond­harr wird wohl kaum ein­fach so zu­se­hen, wenn wir ihm die Un­ter­ta­nen ab­wer­ben.«

»Wir müs­sen de­zent vor­ge­hen«, ant­wor­te­te der Kas­tel­lan. »Be­stimmt ha­ben wir noch Kon­tak­te in Ho­ca­tin, oder?«

»Si­cher­lich«, grins­te der Adept. »Vor al­lem in Skingár, wo sich vie­le Flücht­lin­ge auf­hal­ten. Auch mei­det der Her­zog von Khond­harr die­ses Tal. Wenn wir die Wil­li­gen in Skingár oder Vyl­rah­do sam­meln, kön­nen wir sie un­be­hel­ligt über den Vyldam­pass füh­ren.«

»Das könn­te klap­pen«, nick­te der Haupt­mann, der dem Na­men nach ja selbst aus Ho­ca­tin stamm­te. »Wir bräuch­ten ei­ni­ge Wer­ber, die die Flücht­lings­la­ger ab­ge­hen und dort ge­will­te Leu­te für uns ge­win­nen. Die­se müss­ten sie dann nur noch ins Tal schi­cken.«

»Wenn wir die Wer­ber zu­sätz­lich mit reich­lich Klim­per­mün­zen aus­stat­ten, sol­len wir so eine ge­hö­ri­ge An­zahl Frei­wil­li­ger zu­sam­men­be­kom­men«, freu­te sich der Kas­tel­lan. »Wir brä­chen da­durch noch nicht ein­mal das Ge­setz.«

»Die Wer­ber soll­ten aber Leu­te aus Ho­ca­tin sein«, mein­te der Haupt­mann. »Die ken­nen sich dort schließ­lich am bes­ten aus und ge­win­nen auch schnel­ler das Ver­trau­en der Leu­te.«

»Ha­ben wir denn ge­nü­gend ge­eig­ne­te Män­ner aus Ho­ca­tin hier?«, woll­te der jun­ge Zau­be­rer wis­sen.

»Ge­nü­gend aus Ho­ca­tin, ja«, lach­te von Bald­hon. »Doch ob sie ge­eig­net sind?«

»Wir kön­nen sie ja gut vor­be­rei­ten oder ih­nen er­fah­ren­de Un­ter­händ­ler zur Sei­te stel­len«, nick­te der Kas­tel­lan. »Wir ha­ben schließ­lich den gan­zen Win­ter lang Zeit, die Ak­ti­on ge­nau zu pla­nen.«

»Den gan­zen Win­ter?«, war Nik­ko er­schro­cken. »Wa­rum so lan­ge war­ten?«

»Ich ver­mu­te, dass der Pass schon jetzt schwer zu über­que­ren ist«, recht­fer­tig­te sich der Be­am­te. »Es wäre wohl bes­ser, bis zum Früh­ling zu war­ten.«

»Un­sinn!«, wie­gel­te der Jun­ge ab. »Ich tele­por­tie­re die Wer­ber di­rekt nach Skingár. Von dort aus kom­men sie noch vor dem Win­ter nach Ho­ca­tin.«

»Im Fürs­ten­tum an sich sind die Win­ter meist mild«, pflich­te­te der Haupt­mann bei. »So kön­nen die Wer­ber die nächs­ten Mo­na­te schon nut­zen, um alle Wil­li­gen ins Tal zu schi­cken.«

»Kei­ne schlech­te Idee«, nick­te der Ma­jor. »Im kar­gen Win­ter, wenn alle am Hun­ger­tuch na­gen, sind auch mehr Leu­te ge­willt, sich in ein sol­ches Aben­teu­er zu stür­zen.«

»Da könn­tet Ihr Recht ha­ben, Kom­man­dant«, lach­te von Abâr. »Dann sind wir uns also ei­nig, die Her­ren!«

»Rei­chen Euch zwei Wo­chen zur Aus­wahl und Vor­be­rei­tung der Un­ter­händ­ler?«, woll­te Nik­ko wis­sen.

»Ich den­ke schon«, lä­chel­te der Kas­tel­lan. »Wir wer­den uns als­bald ans Werk ma­chen.«

»Sehr gut«, war der Jun­ge zu­frie­den. »Ich wer­de die Zwi­schen­zeit nut­zen, mir über un­ser Holz­pro­blem Ge­dan­ken zu ma­chen.«

Seit der Be­spre­chung hat­te ihn die­ses Pro­blem nicht mehr los­ge­las­sen. Holz. Im­mer wie­der Holz. Dass ein rie­si­ger Wald in der Nähe war, mach­te den Man­gel zur schie­ren Iro­nie. Nein, eher zur Pro­vo­ka­ti­on! Soll­te er den El­fen ein für alle Mal den Garaus ma­chen?

Kei­ne gute Idee. Da­nu­wil hat­te ihn ja ge­warnt ge­habt, dass es wei­ter im Sü­den noch große El­fen­rei­che gab. Soll­te es zum of­fe­nen Krieg mit de­nen im Wald kom­men, könn­te er das gan­ze Reich in Ge­fahr brin­gen. Gera­de Fy­dal hat­te schon ge­nug Pro­ble­me in Hy­mal. Ein El­fen­heer auf Ra­che­feld­zug käme ihm da wohl kaum ge­le­gen.

Der Jun­ge selbst hat­te al­ler­dings auch über­haupt kei­ne Lust, die nächs­ten bei­den Wo­chen lang nur Holz her­bei­zu­zau­bern. Es war zu­dem schwer ab­zu­schät­zen, wie viel er da­von be­schaf­fen konn­te. Schließ­lich wäre es un­gleich schwie­ri­ger, har­tes Holz zu be­schwö­ren als wei­ches Brot.

Be­schwö­ren? Ei­gent­lich war dies kei­ne gute Be­schrei­bung des­sen, was da ge­sch­ah, wenn er et­was her­bei­zau­ber­te. Da­bei er­schuf er ja et­was aus der Kraft. Be­schwö­ren hie­ße aber, es von ir­gend­wo hier­her zu be­we­gen. Mo­ment! War das die Lö­sung?

Gar kei­ne so schlech­te Idee! An­statt das Holz selbst zu er­schaf­fen, was eine Pla­cke­rei ohne Glei­chen wäre, könn­te er es doch ein­fach her­schaf­fen. Aber von wo­her? Per Tele­port aus ir­gend­ei­nem Wald? Das könn­te funk­tio­nie­ren. Lei­der kann­te er aber nur die Mus­ter für Skingár und Sinál, so­wie na­tür­lich das der ei­ge­nen Burg. Gera­de in Skingár gab es al­ler­dings jede Men­ge Wald.

Na­tür­lich! Wa­rum war er da nicht eher drauf­ge­kom­men? Er wür­de das Zeug ein­fach in Skingár kau­fen. Der di­cke Fo­daj könn­te si­cher­lich einen Kon­takt her­stel­len. Dann müss­te er das Holz nur noch hier her tele­por­tie­ren und das Pro­blem wäre ge­löst.

Per­fekt, freu­te sich der Adept. Es war oh­ne­hin kei­ne schlech­te Idee, den Gra­fen schon ein­mal vor­zu­war­nen. Schließ­lich muss­te er die Un­ter­händ­ler in zwei Wo­chen zur Burg Skingár tele­por­tie­ren, von wo aus sie sich dann auf den Weg nach Ho­ca­tin ma­chen wür­den. Da soll­te er den Ne­kro­man­ten vor­her na­tür­lich um Er­laub­nis fra­gen.

Schon am Abend des­sel­ben Ta­ges saß Nik­ko mit Fo­daj in der schar­ti­gen Spitz­hacke, wo sie das Ge­schäft mit kräf­ti­gen Zü­gen aus ih­ren Bier­krü­gen be­sie­gel­ten.

Es muss­te bald ein Jahr her sein, als er das ers­te Mal hier in der Knei­pe des Dor­fes Skingár ge­ses­sen hat­te. Da­mals war Fo­daj ganz un­ver­hofft her­ein­ge­pol­tert, was sich letzt­lich als Be­ginn der Kür Fy­dals zum Fürs­ten von Ho­ca­tin her­aus­ge­stellt hat­te.

Der Adept hat­te sich ei­ni­ge Stun­den zu­vor nach Skingár tele­por­tiert. Nach ei­nem kur­z­en Ge­spräch mit dem Ne­kro­man­ten, der glück­li­cher­wei­se nichts ge­gen Nik­kos Plä­ne ein­zu­wen­den hat­te, war der Jun­ge gleich ins Dorf ge­gan­gen, um Fo­daj auf­zu­su­chen.

Die­ser hat­te dann so­fort al­les in die Wege ge­lei­tet. Holz gab es hier in den Ber­gen schließ­lich ge­nug. Doch muss­te es zu­recht­ge­schnit­ten wer­den, um in den Tele­por­tring zu pas­sen. Al­les kein Pro­blem für den Händ­ler, der da­bei auch den einen oder an­de­ren Sil­ber­ling an Pro­vi­si­on ein­sack­te.

»So, jetzt er­­­­­­­­­­