Neuere deutsche Literaturwissenschaft für Dummies

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Über den Autor

Dr. Michael Will stammt aus dem Spessart, hat Germanistik und Romanistik studiert und ist akademischer Direktor am Institut für deutsche Philologie – Neuere Abteilung der Universität Würzburg (Lehrstuhl Neuere deutsche Literaturgeschichte). Dort lehrt er seit 2002 in Einführungskursen, Übungen, Proseminaren und Examenskursen das Fach Neuere deutsche Literaturwissenschaft. Im Anschluss an seine Promotion über die Quellen von Georg Büchners Lenz leitete er ein Forschungs- und Editionsprojekt, zu dem er zahlreiche Aufsätze vorlegte und das 2019 mit einem Findbuch zu Jean Pauls Exzerpten seinen Abschluss fand. Zusammen mit Stefan Keppler gab er 2006 den Sammelband Der Vampirfilm. Klassiker des Genres in Einzelinterpretationen heraus. Zu seinen literarischen Steckenpferden zählen neben Jean Paul und Büchner auch Goethe, Lenz und Brecht. Im Laufe der Zeit hat er zwar eine besondere Schwäche für die Gattung Lyrik entwickelt und das Medium Film sagt ihm genauso zu wie die Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit, aber letztlich stammen die vielfältigen Themen seiner Kurse aus nahezu allen Genres und reichen von der Barockzeit bis in die unmittelbare Gegenwart.

Danksagung

Zuallererst danke ich den Tausenden von Studierenden, die beinahe 20 Jahre lang dafür gesorgt haben, dass ich mich so intensiv mit der deutschen Literatur beschäftigt habe. Es hat mich manchmal einige Mühe gekostet, ihnen komplexe Probleme und Zusammenhänge auf verständliche Weise zu erklären und ihre schriftlichen Ausarbeitungen zu begutachten. Am Ende haben mir ihre Fortschritte aber immer auch große Freude bereitet und ich habe selbst viel dabei gelernt.

Ich danke den zahlreichen Tutorinnen und Tutoren, die mich über viele Semester hinweg in meiner Arbeit begleitet und unterstützt haben, und natürlich auch den Kolleginnen und Kollegen in der Würzburger Germanistik für alle fachlichen Anregungen.

Ganz herzlich danke ich meiner Lektorin Inken Bohn, die nicht nur den ersten Anstoß zu diesem Buchprojekt gab, sondern auch maßgeblich zu seinem erfolgreichen Abschluss beigetragen hat. Ohne ihre Geduld, Beharrlichkeit, Erfahrung und Disziplin wäre ich verloren gewesen.

Am meisten danke ich meiner Frau Dimitra, ohne deren Verständnis und Geduld ich die Arbeit an diesem Projekt erst gar nicht begonnen hätte. Sie war immer meine erste Leserin, hat so manche Unebenheit ausgebügelt und stand mir mit Rat und Tat zur Seite. Ihr ist dieses Buch in Liebe und Dankbarkeit gewidmet.

Einführung

»Deutsch«, »Germanistik«, »Literaturwissenschaft« oder »Philologie«, egal wie sich das nennt, was junge Menschen heute im Zusammenhang mit Goethe, Büchner und Kafka studieren können: Sie brauchen dazu eine Anleitung, die verständlich, vollständig und zuverlässig ist. Manche Germanistik-Einführungen schießen über dieses Ziel hinaus, indem sie nicht nur in die Materie einführen, sondern schon fast Examenswissen darbieten. In Zeiten der verkürzten Schulbildung bei gleichzeitig zunehmendem Stoff kann das den Zugang zum Fach unnötig erschweren.

Deshalb ist Neuere deutsche Literaturwissenschaft für Dummies ganz auf die Bedürfnisse der frühen Semester (bis zum B.A.-Niveau) ausgerichtet: Leicht verständlich und so unterhaltsam wie möglich will das Buch an die Neuere deutsche Literaturwissenschaft heranführen, ohne dabei Wichtiges und Sperriges auszuklammern. Unabhängig von individuellen Voraussetzungen soll es möglichst allen Studierenden als verlässlicher Ratgeber und Grundstock für ein erfolgreiches und erfülltes Studium dienen.

Wer es mit den Studierenden gut meint, möchte ihnen am liebsten das berühmte eierlegende Wollmilchschwein präsentieren, am besten dazu noch vegan, ein Buch also, das es möglichst allen recht macht, in dem alles steht, was man braucht, das nicht zu weit ausholt, aber auch nichts Wichtiges auslässt. Dieses nicht gerade bescheidene Ziel hat mich beim Konzipieren und Schreiben dieses Buches geleitet. Am Ende hat zwar nicht alles hineingepasst, was ich weiß und was ich sagen wollte, und manches hätte ich gerne noch viel genauer erklärt und ausführlicher an Beispielen aufgezeigt, aber dennoch bin ich zuversichtlich, dass alle Lernfreudigen von dem Ergebnis profitieren werden. Wenn Ihnen die Lektüre dieses Buches dann zusätzlich auch noch ein wenig Vergnügen bereitet, dann sind wir dem hohen Ziel nahe, das der gute alte Horaz mit seiner Formel »prodesse et delectare« (nützen und erfreuen) einst für die schöne Literatur formuliert hat.

Über dieses Buch

Am Anfang des Studiums der Neueren deutschen Literaturwissenschaft ist man vieles: gespannt, neugierig und wissensdurstig, vielleicht sogar übermotiviert, meist aber auch ein wenig orientierungslos, verunsichert oder überfordert. Kein Wunder: Zu viel liegt da vor einem und prasselt auf einen ein, und dann gibt es ja auch noch die anderen Teilfächer wie Sprachwissenschaft oder Mediävistik und mindestens ein weiteres gewichtiges Fach, in dem der Schlamassel genau der gleiche ist: Was ist das für ein Fach? Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen? Worauf kommt es an? Woran kann ich mich halten? Und nicht zuletzt: Was und wie soll ich lesen?

Das Buch, das Sie vor sich haben, kann keine Wunder vollbringen, aber es wurde in der ernsthaften und liebevollen Absicht erarbeitet und geschrieben, Ihnen das Leben zu erleichtern. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Dozent an der Universität sehe ich das übrigens gar nicht so uneigennützig: Je mehr »Ballast« ich abwerfen kann, je mehr die Studierenden selbstständig lernen, erschließen und verstehen können, desto leichter und schöner wird mein Beruf! Mein Wunsch: Warum sollte das wissenschaftliche Niveau, das man in Forschungsseminaren, Kolloquien und Examenskursen pflegt, nicht schon viel früher und für eine größere Zahl von Studierenden zu erreichen sein? Müssen wir uns wirklich bis zum sechsten Semester mit dem Unterschied zwischen Jambus und Trochäus herumplagen? Nein! Mit einheitlicher und plausibler Begrifflichkeit, historisch informiert und theoretisch reflektiert über Literatur und Kunst reden, über ihre Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen debattieren: Das wär's doch, oder?

Konventionen in diesem Buch

Die Neuere deutsche Literaturwissenschaft ist (unter anderem) eine historische Disziplin, aber dennoch wollte ich die ersten beiden Teile dieses Buches nicht mit Lebensdaten und Veröffentlichungsjahren überhäufen. Deshalb habe ich mir die genaueren Datierungen größtenteils für den literaturgeschichtlichen dritten Teil aufgespart.

Das Verständnis von Literatur, das diesem Buch zugrunde liegt, erkläre ich gleich in den ersten Kapiteln. Dort zeige ich einige Prinzipien auf, die ich im Umgang mit literarischen Texten für unverzichtbar halte. Auf dieser Grundlage können wir dann weiterreden, wenn es um die großen und kleinen Gattungen der Literatur und um deren Analyse und Geschichte geht.

Als Philologe bin ich ein großer Freund der (deutschen) Sprache und schätze ihre Klarheit und Verständlichkeit. Gleichwohl gibt es eine wissenschaftliche Begrifflichkeit, in die wir uns alle fügen müssen, und so kommen wir in diesem Buch um furchterregende Fremdwörter wie »heterodiegetisch«, »Homoioteleuton« und »figura etymologica« leider nicht herum. Aber nehmen Sie es positiv: Die Neuere deutsche Literaturwissenschaft ist eben multikulti! Diese exotischen Begriffe helfen uns, die Dinge genauer zu unterscheiden und klingen dabei auch noch ziemlich gelehrt.

Ein paar formale Besonderheiten:

  • Die … für Dummies-Reihe »gendert« nicht, und zwar aus Gründen der besseren Lesbarkeit. Selbstverständlich sind Autoren auch Autorinnen und Leser auch Leserinnen. Doch auch die konsequenteste sprachliche Geschlechtsdifferenzierung könnte nichts daran ändern, dass Frauen in der deutschen Literatur bis weit in das 20. Jahrhundert hinein keine faire Chance hatten.
  • Mit Zitaten, Abbildungen und Textbeispielen musste ich sparsam umgehen. Niemand wird Sie aber am Nachschlagen oder »Nach-Googeln« hindern.
  • Werktitel sind immer durch Kursivschrift hervorgehoben. Die Namen von Autoren erscheinen in Fettschrift, aber nur dann, wenn auch wirklich etwas über sie gesagt wird und nicht in bloßen Aufzählungen oder beiläufigen Erwähnungen.
  • Mit dem Multiple-Choice-Fragen-Check am Ende des Buches können Sie testen, ob Sie das Wichtigste verstanden haben.

Was Sie nicht lesen müssen

In diesem Buch gibt es nichts »Kleingedrucktes«, das man übersehen kann und das einem später zum Verhängnis wird. Wenn Sie auf grafisch abgesetzte Textkästen stoßen, handelt es ich um Vertiefungen und Erweiterungen, die Sie natürlich lesen sollten, die aber für das Gesamtverständnis nicht zwingend erforderlich sind.

Dieses Buch folgt den bewährten Prinzipien der … für Dummies-Reihe: Die Kapitel haben einen modularen Anspruch, das heißt, sie wollen in sich selbst verständlich und vollständig sein. Man kann sie wie an der Perlenschnur, aber auch unabhängig voneinander lesen.

Das Stichwortverzeichnis hilft Ihnen, die wichtigsten Namen, Begriffe und Kontexte (wieder) aufzufinden. »Wo finde ich eine Definition für Nebentext?« »Wo stand noch mal dieses schöne Gedicht von Christian Morgenstern?« Für die sogenannten Stilmittel gibt es am Ende des Buches ein Glossar.

Törichte Annahmen über den Leser

»Die etwas fragen, die verdienen Antwort«, sagt der weise Philosoph Laotse in einer Ballade von Bertolt Brecht. Und selbst auf vermeintlich dumme Fragen kann es kluge Antworten geben. Das Fragenstellen ist der Beginn aller Wissenschaft. Selbst der Dümmste weiß, dass »Dummies« alles andere als dumm sind. Sie sind nicht auf den Kopf gefallen, sondern erwarten leicht verständliche Erklärungen und gut strukturiertes, anwendbares Wissen. Dazu wünsche ich mir, dass die Leser dieses Buches folgende Eigenschaften mitbringen, oder zumindest ein paar davon:

  • neugierig
  • lernwillig
  • lesefreudig
  • kritisch
  • fantasievoll

Natürlich will ich nicht ausschließen, dass dieses Buch auch Menschen mit anderen Eigenschaften Freude bereitet. Jeder Leser ist anders, jeder bringt seinen speziellen Bildungshorizont und seine individuellen Lebens- und Leseerfahrungen in die Lektüre ein. Man kann es nie allen recht machen, und doch habe ich mir Mühe gegeben, so viele Interessen zu bedienen wie möglich. Auf jeden Fall sind Sie hier richtig, wenn Sie

  • eine verlässliche Anleitung für die Basis- und Aufbaumodule bis hin zum B.A.-Niveau suchen;
  • das Studium der Literaturwissenschaft mit Spaß, Freude und Ehrgeiz betreiben möchten;
  • bereit sind, systematisch zu denken und prinzipienorientiert zu lernen.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Neuere deutsche Literaturwissenschaft für Dummies ist in vier Teile gegliedert. Zunächst geht es um Grundsätze und Grundbegriffe der Literaturwissenschaft sowie um Literaturtheorie und Arbeitspraxis, dann werden die drei großen Gattungen Drama, Epik und Lyrik genauer ins Visier genommen und schließlich steht die Literaturgeschichte im Mittelpunkt. Der Top-Ten-Teil gibt Ihnen wertvolle Praxistipps, bevor ein Fragen-Check und ein Glossar der Stilmittel das Ganze abrunden.

Das Inhaltsverzeichnis liefert Ihnen einen Überblick über die Themen der einzelnen Kapitel. Mithilfe des Stichwortverzeichnisses können Sie Begriffe wie zum Beispiel »Intertextualität« oder »Dinggedicht« direkt ansteuern oder alle Stellen aufsuchen, an denen der Name Goethe vorkommt (viel Spaß damit!).

Teil I: Grundbegriffe, Methoden, Arbeitstechniken

Zuerst geht es um grundsätzliche Fragen: Welche Voraussetzungen verlangt das Fach Literaturwissenschaft von Ihnen? Was ist überhaupt »Literatur«? Was gehört alles zu der Wissenschaft, die sich mit ihr beschäftigt? Mit dem WWW-Modell lernen Sie ein Grundschema kennen, mit dem Sie jeden literarischen Text erfassen und charakterisieren können. Dann ergründen wir die drei großen Bereiche der Poetik, Ästhetik und Rhetorik und ich führe Sie an die Vielfalt der literaturwissenschaftlichen Methoden heran. Ein Kapitel zu arbeitstechnischen Fragen des Lesens, Schreibens und Redens schließt diesen Teil ab.

Teil II: Dramen, Erzählungen, Gedichte

Hier lernen Sie die Besonderheiten der großen literarischen Gattungen Drama, Epik und Lyrik kennen. In jeweils zwei Kapiteln erkläre ich Ihnen die gattungsspezifischen Alleinstellungsmerkmale und zeige Ihnen, welche Konsequenzen für die Textbetrachtung sich daraus ergeben. Sie lernen die wichtigsten Untergattungen (Genres) kennen, wie zum Beispiel das epische Theater im Bereich Drama oder das Sonett in der Lyrik, und bekommen Anleitungen zur strukturierten Textanalyse.

Teil III: Epochen, Stile, Konzepte

Dieser Teil ist eine kurzgefasste deutsche Literaturgeschichte von der Barockzeit bis in die Gegenwart. Sie erfahren das Wichtigste über die großen Epochen wie Aufklärung und Romantik und werden mit dem In- und Nebeneinander der Strömungen und Stilrichtungen bekannt gemacht. Neben den prägenden Texten und Autoren lernen Sie auch die charakteristischen Weltbilder, Wirkungskonzepte und Schreibstile kennen.

Teil IV: Der Top-Ten-Teil

Hier bekommen Sie wichtige praktische Tipps: Ich zeige Ihnen zehn Wege zu einem erfolgreichen Studium und mache Ihnen zehn Vorschläge für Ihre eigene kleine Studienbibliothek. Schließlich findet der entscheidende Teil Ihres Studiums ja gar nicht in Hörsälen oder Seminarräumen, sondern zu Hause am Schreibtisch oder in der Bibliothek statt. Ein Minikanon mit zehn Textarten, von denen Sie nach und nach jeweils (mindestens) fünf Vertreter lesen und kennen sollten, rundet diesen Teil ab.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Die mit Symbolen versehenen Zwischentexte, auf die Sie in diesem Buch immer wieder stoßen, lockern den Text auf und ergänzen ihn in verschiedene Richtungen. Die Symbole bedeuten Folgendes:

Dieses Symbol markiert Beispiele, mit denen ich Ihnen das Erklärte und Beschriebene nochmals vor Augen führe oder es um Aspekte der Anwendung und Umsetzung erweitere. Aus abstrakt wird konkret, aus Theorie wird Praxis.

Dieses Symbol zeigt einen »Nerd« oder »Freak«. Es steht für Ergänzungen, die vielleicht nicht jeden interessieren werden und die für das Gesamtverständnis nicht zwingend erforderlich sind. Natürlich werden Sie gerade mit solchen Besonderheiten und Details mächtig auftrumpfen können.

Hier geht es um Ihre Erleuchtung. Die Glühbirne steht für Tipps und Ratschläge, die ich aus meiner langjährigen Dozentenerfahrung schöpfe. Sie markiert praktische Konsequenzen, die Sie aus dem Dargestellten ziehen können, und manchmal auch Wege, die aus einem Dilemma herausführen.

Das Warndreieck steht für Fettnäpfchen und Fallgruben, um die Sie lieber einen weiten Bogen machen sollten. Das Fehlermachen ist ein wichtiger Bestandteil des Lernens, aber Fehler, die schon so viele andere Studierende gemacht haben, können Sie sich ersparen.

Die leere Sprechblase steht nicht etwa für Mickey Mouse, obwohl auch diese Comicfigur tatsächlich Literaturgeschichte geschrieben hat: als Hauptfigur der Disney-Verfilmung von Goethes Ballade Der Zauberlehrling (Fantasia, 1940). Solcher Klatsch und Tratsch hat in einer Wissenschaft ja eigentlich nichts verloren, aber auch abseitige kleine Anekdoten und ein »Wussten Sie schon …?« können den Lernerfolg fördern.

Wie es weitergeht

Neuere deutsche Literaturwissenschaft für Dummies können Sie ganz auf Ihre Weise nutzen: Entweder Sie lesen es von vorn bis hinten, oder Sie wählen einen Bereich, der Sie gerade besonders interessiert, sei es nun zum Beispiel die Großgattung Drama (Kapitel 6 und 7) oder die Literaturgeschichte ab 1880 (Kapitel 17 und 18). Das Inhaltsverzeichnis und das Stichwortverzeichnis helfen Ihnen bei der Orientierung. Mein Ratschlag: Lassen Sie die grundsätzlichen Informationen des ersten Teils nicht einfach links liegen! Sie werden nicht nur in den weiteren Kapiteln, sondern auch in Ihrem Studium sehr davon profitieren.

Und nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen und Gewinn bei der Lektüre dieses Buches und der vielen tollen Texte, die im Studium auf Sie warten!

Teil I

Grundbegriffe, Methoden, Arbeitstechniken