Gendererklärung

Aus Gründen der Lesbarkeit wird darauf verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen zu verwenden. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen in gleicher Weise, z. B. „Kollegen“ statt „KollegInnen“ oder „Kolleginnen und Kollegen“. Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechterdiskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zum Ausdruck bringen.

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2021 Tobias Wolfrum

Lektorat und Korrektorat: Gloria Hoppe, Leipzig

Layoutkonzeption und Satz: Gloria Hoppe, Leipzig

Cover Design-Vorlage: pikisuperstar / Freepik

Mockup-Design (S.170): Vectorium / Freepik

Cover Layoutkonzeption und Satz: Tobias Wolfrum, Leipzig

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7481-9834-5

Inhaltsverzeichnis

  1. Warm-up
  2. Wiege des Vertriebs
  3. Warum Menschen nur von Menschen kaufen
  4. Die drei Grundregeln des Verkaufens
  5. Kaltansprachen lieben lernen
  6. Wertschöpfende Gespräche führen (SEPAL-Methode)
  7. Wie überzeugst Du Unüberzeugbare
  8. Verkaufen kann man (nicht) lernen.
  9. Empfehlungsmanagement – die Abkürzung auf der Siegerstraße
  10. Mindset der Top-Verkäufer
  11. Ausblick
  12. Literatur und Quellen
  13. Danksagung

Vorwort

Da saß ich nun: Verschwitzt von der Hitze dieses Sommertages und entnervt von der Klimaanlage meines Fahrzeugs, die mir – auf der kältesten Stufe stehend – statt eines entspannenden, kühlen Windzugs nichts als aufgeheizte Luft entgegen blies. Meine zuvor sauber gelegte Frisur entschwand einer Mischung aus Haarwachs und Schweiß; und fielen die Schweißtropfen anschließend zu Boden, befleckten sie meine akribisch gepflegte Akquisitionsliste – über 100 Kontakte, welche ich allesamt in den vergangenen vier Tagen persönlich besucht hatte. Erfolglos für den Moment.

„Irgendwer muss doch Interesse haben!“, hatte ich immer wieder zu mir selbst gesagt. Doch nun fragte ich mich, ob es wirklich der richtige Entschluss gewesen war, in den Vertrieb zu gehen, und ob mir der Außendienst am Kunden wirklich lag. Meine Vision des stets in besten Anzügen gekleideten, über den Dingen stehenden, „dicke Karren“ fahrenden und ständig gut gelaunten Verkäufers zerrann wie das Haarwachs auf meiner Stirn. Ich sinnierte darüber, wie wirksam ich im vertrieblichen Innendienst einst gewesen war und es auch wieder würde sein können. Genau in diesem Moment, so dachte ich, würde mich jedwede SAP-Aufgabe mit einem Rausch an Endorphinen beglücken. Jedes noch so kurze Reklamationstelefonat würde mir das Gefühl geben, gebraucht zu werden. Jeder Plausch auf dem Gang mit den Kollegen würde mich in diesem Moment mit Wonne erfüllen.

Aber nun, im Hier und Jetzt, sammelte ich viele Tausend Euro Konsumschulden. Maßlos überfordert mit den beruflichen Hürden des vertrieblichen Außendienstes, wollte mir augenscheinlich nichts gelingen. Weder führte ich spannende Gespräche, noch verdiente ich nur einen müden Cent. Persönlich eher reserviert und zurückhaltend, fiel es mir schwer, mich in mein neues Arbeitsumfeld einzubinden und zu finden. Die fachliche Aneignung des Produkt-Know-hows stockte und die theoretische Vertriebsausbildung band mich wochenweise an ein über 500 km von der Heimat entferntes Hotel. Meine damaligen „Leidensgenossen“, welche zeitgleich mit mir in den Vertrieb gestartet waren, konnten und/oder wollten mir nicht helfen. Sie verbrachten ihre freie Zeit nach den Seminaren lieber damit, sich gegenseitig die tollsten Geschichten über ihre Erfolge zu erzählen. Da konnte ich nicht mitreden.

Die Kollegen in meiner Region tadelten mich für meine offensichtlichen Fehler: „Mach’s nicht so kompliziert, Tobias!“, „Du musst einfach noch mehr Menschen ansprechen!“ oder „Du solltest Dich ernsthaft fragen, ob das der richtige Job für Dich ist!“, sagten sie.

Jeden Tag fuhr ich raus. Mindestens 100 km weit in mein Verkaufsgebiet. Ich besuchte 15 bis 25 Unternehmen, lieferte meine einstudierte Ansprache ab und erhielt die üblichen Einwände als Antwort. Damals war mir allerdings nicht bekannt, dass meine Erlebnisse in diesem Berufsfeld schlichtweg normal sind und dazugehören. Ich hatte die naive Vorstellung besessen, dass ich auf offene, ökonomisch und ökologisch denkende Menschen treffen würde. Stattdessen widerfuhren mir Missgunst, regionaler Fremdenhass und Diskriminierung.

In diesem Zustand befand ich mich zwölf Monate: 52 Wochen der Qual, 365 Tage des stetigen Hinterfragens, der wachsenden Unzufriedenheit und des permanenten Drucks. Und gerade in dieser Zeit wünschte ich mir einen außenstehenden Mentor an meine Seite – jemanden, dem ich vertrauen kann und der mir nicht nur aufzeigt, in welche Richtung ich zu marschieren habe, um erfolgreich zu verkaufen, sondern mich ebenso wissen lässt, dass diese Niederlagen zum Geschäft dazugehören. Ich wünschte mir einen Ansprechpartner, der mich auf die Hindernisse vorbereiten und mir gleichermaßen Handlungsanleitungen geben würde, die Herausforderungen zu meistern. Ich hätte alles dafür gegeben, keinen weiteren 0815-Vertriebsleitfaden zu lesen, sondern praxisnahe, meiner eigenen Realität entsprechende Geschichten. Gerade in den Anfangsjahren meiner Karriere im Vertrieb hätten Mentor und Lektüre mich gestützt und mir Mut gemacht.

Heute bin ich erfolgreicher Vollblutakquisiteur in leitender Position, glücklich verheiratet und Vater zweier wunderbarer Töchter. In einem über die Maßen wettbewerbsintensiven Markt entwickeln mein Team und ich aus Überzeugung und Leidenschaft Tag für Tag Alleinstellungsmerkmale. Meine einstigen Konsumschulden sind einem stattlichen Sparguthaben gewichen und mein Leben erscheint mir manchmal so perfekt, dass ich mich sprichwörtlich kneifen muss, um zu überprüfen, dass es wahrhaftig wirklich ist. Meine einstigen Wissenslücken sind Expertise und Wirkungskompetenz gewichen und ich habe erkannt, dass dies ein immerwährender Prozess meines Lebens sein wird. Aber – und hier liegt der Unterschied zu anderen Kollegen – ich teile meine Siege und Niederlagen sowie die daraus erwachsenden Verbesserungen mit Dir!

In diesem Buch berichte ich aus eigener Erfahrung von meinen Herausforderungen und den Erkenntnissen aus über 18.000 Kundenterminen, welche ich größtenteils persönlich durchgeführt oder als Mentor begleitet habe. In den letzten sieben Jahren generierte ich in verschiedenen Positionen im Vertrieb über 1.400 Neukunden. Allein in den vergangenen fünf Jahren erwuchsen aus meiner Tätigkeit über 5.000.000 Euro Neuumsatz. Hierbei ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Zahlen kein einziges Cross- oder Up-Selling1 enthalten und ausschließlich durch Neukunden generiert wurden (Stand: 05/2019).

Startest Du heute Deine Karriere im Vertrieb in dem Unternehmen, in welchem ich hauptberuflich tätig bin, arbeite ich Dich als Dein persönlicher Mentor und als Führungskraft ein. So kann ich Dir all mein vertriebliches Wissen vermitteln und Markt- sowie Wettbewerbsbeobachtungen mit Dir teilen. Startest Du Deine Karriere in einem anderen Unternehmen oder mit einer selbstständigen Tätigkeit, so kann ich Dir ebenso Mentor und Ratgeber sein. All die Erfahrungen, welche ich gemacht habe, musst Du selbst nicht durchleben, sondern kommst schneller an Deine Ziele. Egal, wie Du Kontakt zu mir gefunden hast, den Grundstein für Deine erfolgreiche Tätigkeit legst Du genau in diesem Moment. Da ich Dich in diesem Buch sehr nah an mich und meine Erfahrungen heranlasse, habe ich mich entschieden, Dich zu duzen.

Ich hege hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit und inszeniere mich nicht als allwissenden Vertriebskenner. Aber was ich gut kann, das ist, Neukunden zu akquirieren und das Wissen darüber zu teilen. Dieses Buch gibt Dir also einen weitreichenden Einblick in die Themenwelt der (Neu-)Kundenakquisition. Lernen wirst Du, wie Du erfolgreich Kunden gewinnen kannst, respektive Menschen von Dir überzeugst und Dich dabei bester psychischer Gesundheit erfreust. Was Du in diesem Buch allerdings nicht findest, ist neues Wissen um die Arbeit mit Bestandskunden. Warum es sich für Dich dennoch lohnen wird, dieses Buch zu lesen – selbst wenn Du ausschließlich Bestandskunden betreust –, erläutere ich Dir in Kapitel 5 „Kaltansprachen lieben lernen“ (S. → ff.).

An dieser Stelle sei erwähnt, dass das beste Buch Dich nicht davor bewahrt, hart zu arbeiten. Lernen ist eine Holschuld! Das bedeutet: Lies dieses Buch, schreibe Dir Deine wichtigsten Erkenntnisse und Zitate mit und arbeite sie direkt nach jeder Lesung durch, beispielsweise auf den eingefügten Notizseiten. Bestenfalls setzt Du das Gelernte am nächsten Tag in Deinen Kundengesprächen um. Nur so wirst Du die Inhalte verstehen, aktiv in Deinen Alltag implementieren und gemeinsam mit Deinem Umfeld daran wachsen.

Ich wünsche Dir von Herzen viel Spaß und Erfolg dabei!

Dein

Tobias Wolfrum


1 Cross-Selling bezeichnet im Vertrieb den Verkauf von sich ergänzenden Produkten oder Dienstleistungen. Up-Selling dagegen ist das Streben eines Verkäufers, den Kunden statt einer günstigen Variante im nächsten Schritt ein höherwertiges Produkt oder eine höherwertige Dienstleistung zu verkaufen.

1 Warm-up

Bevor wir den Einstieg in die einzelnen Lektionen wagen, möchte ich meine elementarste Erkenntnis mit Dir teilen:

Um erfolgreich zu verkaufen, gehe die Extrameile.

Oder anders formuliert: Zahle am Anfang den Preis und ernte am Ende den Ertrag. Denn erarbeitest Du Dir den Erfolg nicht selbst, wird es kein anderer für Dich tun. Also mache Deine Hausaufgaben, investiere jetzt die Zeit in diese Lektüre und arbeite an Dir selbst. Dann kommst Du an Dein Ziel. Schließlich hängt Deine berufliche Erfüllung ausschließlich von Deinem Erfolg im Überzeugen anderer Menschen ab. Reduziere Deinen individuellen Anspruch nicht, ob es sich dabei nun um Einkommen, Nachhaltigkeit oder anderes handelt. Fehler machen Dich stärker und lehren Dich, wie Du den Schatz, den es zu heben gilt, bergen kannst: Deine persönliche Erfüllung.

Lerne mit dem Bauch und höre ab einem gewissen Zeitpunkt auf Deine Intuition. Vergiss das Gelernte niemals. Wenn doch, lies in Deinen Dich am meisten inspirierenden Büchern mehrmals pro Jahr nach. Erarbeite Dir Deinen Erfolg!

Hierbei unterstütze ich Dich mit meinen Glaubenssätzen und der Essenz meines jahrelang anhaltenden Erfolgs im Vertrieb von beratungsintensiven Dienstleistungen und Großhandelswaren. Dieses Buch dient Dir zur Orientierung im Neuvertrieb – der Königsdisziplin. Keine andere Sparte ist von so viel Selbstmotivation geprägt wie diese. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Du allein bist für Deine Kunden, Dein Vorankommen und letztendlichen Erfolg verantwortlich!

Mein Anspruch ist es, Dich in kürzerer Zeit erfolgreicher zu machen, als es Dir aus eigener Kraft gelingen könnte. Mehr noch: Meine Mission ist es, Dich Deinen Beruf erfüllter und zufriedener erleben zu lassen. Dein Anspruch sollte es sein, die geschriebenen Worte zu verinnerlichen und zu Deinem Vorteil zu nutzen.

Selbstverständlich ist es schwierig, solcherlei theoretische Fakten in Deine Gespräche bei Kunden und Interessenten zu integrieren. Vieles geschieht – bei entsprechender Neigung der Persönlichkeit zum Vertrieb – aus Intuition und gesundem Menschenverstand.

Daher ist es mir ein wichtiges Anliegen, darauf hinzuweisen, dass das ausführliche Durcharbeiten dieses Buchs keineswegs der Garant für Tausende Neukunden ist. Es ist unter gar keinen Umständen der Masterplan für zufriedenstellende Kundenbeziehungen. Noch viel weniger ist es die Fibel des Vertriebs. Dieses Buch soll Dir aber Impulse geben. Impulse, die – bei geschickter Integration in Deine Verkaufsgespräche – zu mehr Erfolg führen.

Es vermittelt Dir Basiswissen und darüber hinaus Expertise, welche Deine Gespräche auf eine neue Ebene hebt und Deinen Kundenkontakt intensiviert. Dieses Buch ist der Leitfaden für Deinen gelungenen Einstieg in den Vertrieb und macht es Dir – und dafür garantiere ich – leichter, auf die kommenden Herausforderungen zuzugehen.

Selbst wenn Du Angestellter bist, Dich Deine derzeitige Tätigkeit zufriedenstellt und Du Dir heute nicht erträumen kannst, jemals eine Dienstleistung oder ein Produkt zu verkaufen, so ist es doch so, dass wir alle etwas verkaufen – und zwar uns selbst!

Spätestens bei Deinem nächsten Entwicklungsgespräch (Mitarbeiterdialog etc.) solltest Du Dir das ins Gedächtnis rufen und das Wissen dieses Buches nutzen, um Dich besser zu positionieren oder Deinen aktuellen Standpunkt zu rechtfertigen. Willst oder musst Du irgendwann einmal Deinen Besitz oder einen Teil davon veräußern (Haus, Autos etc.), solltest Du dieses Buch verinnerlicht haben, um den besten Preis und somit die höchste Zufriedenheit zu erlangen. Bist Du derzeit oder in der Zukunft auf Partnersuche, sind die Prinzipien dieses Buches adaptierbar. Einkäufer, welche am wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens gemessen und bonifiziert werden, erhalten hiermit eine Blaupause, um in Vertragsverhandlungen künftig die beste Leistung zum bestmöglichen Preis zu erhalten. So könnte ich noch seitenweise fortfahren. Ich gehe allerdings davon aus, dass Du bereits einen Grund hast, heute dieses Buch in den Händen zu halten.

Daher wünsche ich Dir nun viel Spaß beim Lesen und Durcharbeiten.

Kurz & knapp

Alle Vertriebsmitarbeiter sind früher oder später mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert. Neben der unausweichlichen und korrekten Anforderung der Unternehmen, neue Kunden zu generieren, befindet sich der Mitarbeiter in einer psychologischen Zwickmühle – er muss sich selbst stets neu motivieren und eigenständig erlernen, was ihn zum (Neu-)Kundenakquisiteur macht. Da dies ein emotional forderndes, Dir mitunter unlösbar erscheinendes Unterfangen ist, können Dir ein Mentor und geeignete Lektüre mithilfe von Erfahrungen und Tipps helfen, Deinen Job erfüllter und zufriedener zu erleben.

2 Wiege des Vertriebs

2.1 Ursprung des Verkaufs

Kennst Du die folgenden Aussagen?

„Die schwatzen einem nur etwas auf!“

„Lass Dich nicht beraten! Der Verkäufer denkt nur an seinen eigenen Geldbeutel.“

„Ja, ja, die Verkäufer. Fahren dicke Autos, trinken den ganzen Tag Kaffee und wollen Dir eine Geschichte vom Pferd erzählen!“

Ich bin davon überzeugt, dass jeder von uns schon einmal mit Aussagen in dieser Richtung konfrontiert gewesen ist oder sie gar selbst formuliert hat. Es ist das Bild des faulen, Lügen erzählenden, auf schnellen Profit ausgerichteten Verkäufers, welches unser Berufsleben, insbesondere in Deutschland, prägt. Doch woher kommt das?

Seinen Ursprung hat der Verkauf im Aufkeimen des primitiven Zusammenlebens unserer Vorfahren. Heute wissen wir, dass uns nur wenige Dinge von den Menschenaffen unterscheiden. Schimpansen, die bereits seit 8 Millionen Jahren auf Erden wandeln, nutzen ihr wesentlich kleineres Gehirn dafür, um einfache Tauschgeschäfte abzuwickeln.

In einem Versuch aus dem Jahr 20092 wies ein Team von Primatenforschern aus Leipzig nach, dass sich weibliche Schimpansen öfter mit männlichen Artgenossen paaren, wenn diese regelmäßig ihre Beute mit ihnen teilen. Frei nach dem Motto „Fleisch gegen Sex“ erzeugen Affen demnach Win-Win-Situationen. So umgehen männliche Vertreter durch ihre vorab getätigte Investition leidvolle Revierkämpfe und Eroberungszeremonien und können sich dennoch paaren, während sich ihre Partnerinnen nicht dem Risiko einer Jagd aussetzen müssen.

Andere Primaten, die ein solches Tauschgeschäft nicht eingehen, sind dagegen weniger effizient: Sie müssen kämpfen, um ein Weibchen auf sich aufmerksam zu machen, stehlen, um zu essen, und sie legen sich abends allein in ihr Blätternest zur Nachtruhe. Was für eine wunderbare Analogie zum heutigen Verkauf. Du siehst: Verkaufen ist das älteste Geschäft seit Menschengedenken.

2.2 Widersacher des Verkaufs

Genauso alt wie der Verkauf an sich sind auch seine Widersacher: Neid und Missgunst. Als Neid bezeichnet man die „Empfindung […], bei der jemand einem anderen dessen Besitz oder Erfolg nicht gönnt und [diesen] selbst haben möchte“3. Unter Missgunst versteht man ein „aus einer ablehnenden Haltung […] jemandem gegenüber entspringendem Gefühl, diesem bzw. dieser einen Erfolg, Vorteile o. Ä. nicht zu gönnen“4. Selbstverständlich finden beide Emotionen ihren Ursprung häufig im Unterbewusstsein desjenigen, der sie verspürt. Daher ist ein Aufkommen, wie bei jedem anderen Gefühl, unausweichlich. Respektive: Wir alle sind neidisch und missgünstig, ob bewusst oder unterbewusst. Die Intensität des Gefühls richtet sich jedoch nach dem eigenen Wohlstand.

Bist Du glücklich, zufrieden und von einem ausgeglichenen Wesen geprägt, empfindest Du weniger Neid als ein ruheloser, unzufriedener und unglücklicher Mensch. Gleiches gilt für Missgunst. Weiterhin lässt sich beides auf unser Ego zurückführen. Besonders egoistische und egozentrische Menschen neigen zu einem neidvollen Umgang mit ihrem Umfeld.

Der Egozentriker stellt sich in den Mittelpunkt allen Handelns und Tuns. Die Dinge um ihn herum geschehen nur, um ihm zu nützen oder ihm zu schaden.

Ein Beispiel

Ein langjähriger Mitarbeiter eines Unternehmens empfindet es als ungerecht, wenn die Stelle des Abteilungsleiters durch eine betriebsfremde, vielleicht branchenfremde Person besetzt wird. Er stellt weder infrage, ob diese Person fachlich und persönlich die besseren Eigenschaften mitbringt, noch hat er sich überhaupt auf die Position beworben. Dieser Egozentriker geht vielmehr davon aus, dass das Unternehmen, für welches er tätig ist, auf ihn zukommen sollte. Schließlich steht er – zumindest in seiner Wahrnehmung – im Zentrum allen Handelns und Tuns.

Der Egoist hingegen stellt seinen persönlichen Nutzen in das Zentrum seines Handelns. So wird zum Beispiel ein egoistischer Kurierfahrer eines großen Logistikunternehmens niemals Neukunden gewinnen oder gar Tipps an den Vertrieb weiterleiten. Er selbst ist daran interessiert, seine Aufwendungen im Unternehmen zu minimieren, und jeder neue Kunde steht dem entgegen. Er hat die unternehmerischen Grundsätze für den Erhalt seines Arbeitsplatzes wohl verstanden, jedoch nie aktiv beachtet oder auch nur darüber nachgedacht. Er verlässt sich darauf, dass es immer so weitergeht, bis er verrentet ist – ein Paradebeispiel für Arbeitnehmer im 21. Jh.

Natürlich beobachten beide ihr Umfeld sehr genau – sowohl der Egozentriker als auch der Egoist. So werden Kollegen, welche Neukundentipps für gewöhnlich weitergeben, vom egoistisch veranlagten Mitarbeiter systematisch daran gehindert. Der Egoist okkupiert dann deren mentale Haltung zum Unternehmen und sorgt somit für eine kollektiv egoistische Abteilung.

Der Egozentriker nutzt sein langjähriges Netzwerk, um dem neuen Abteilungsverantwortlichen seinen Einstieg schwerstmöglich zu gestalten. Bestenfalls gibt dieser sich dem Druck der Mitarbeiterschaft hin und verlässt das Unternehmen wieder. Zugegeben, die beschriebenen Situationen sind polemisch dargestellt. Die Polemik veranschaulicht jedoch sehr gut, welchen Einfluss Neid und Missgunst auf unser tägliches Arbeitsleben haben.

In der frühen Geschichte der Menschheit waren Neid und Missgunst dem Wachstum und der Entwicklung zuträglich. Hatte der Nachbar elektrisches Licht in seinem Holzverschlag, so war man neidisch und werkelte sogleich an einer eigenen vergleichbaren Lösung. Heute sorgen Neid und Missgunst vorwiegend für mehr Absatz in der Konsumindustrie und kurbeln somit die heimische Wirtschaft an. Hat der Nachbar das modernere Heimkino, findet man Gründe, sich ein moderneres System zu kaufen und dieses womöglich noch am selben Tag zu installieren.

Warum also sind Leute neidisch auf erfolgreiche Verkäufer?

Um das zu verstehen, gehen wir gemeinsam zurück an den Anfang des Vertriebs, wie wir ihn heute kennen.

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