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Impressum
HERRN GOLDBERGS VARIATIONEN
Erzählung
Geschrieben 1998 - 2002
und in Druck gelegt am 1. Juli 2014
2. Auflage Dezember 2014
Band 2 der Reihe
PrivatEdition
Copyright © 2014 by fantart publishing & dem Autor
Alle Rechte vorbehalten
fantart@gmx.at
Cover: © Peter Hutter
Datenaufbereitung:
Wolfgang Hentschel / w.hentschel@aon.at
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt, Deutschland
ISBN: 978-3-7357-6804-9
Herr Goldberg überblickte sein Leben und stellte fest, was schon vielen in den Sinn gekommen war: Das kann doch nicht alles gewesen sein.
Das Erstaunliche daran aber ist, dass er dies nicht am Ende seines Lebens tat, sondern ganz am Anfang. Es war ein pränataler Gedanke sozusagen.
Die erste Phase seiner Entwicklung war abgeschlossen. Da war das Vergnügen, das er als Sperma empfunden hatte, als er sich im Mutterei eingenistet hatte. Zuerst war da der Stolz, den er als Sieger über das Gewimmel der anderen Spermien empfunden hatte, und als listiger Überwinder Empfängnis hemmender Maßnahmen der Außenwelt. Er war da, blieb und lauschte auf die Geräusche der Welt, die er in seiner Blindheit wahrnahm. Was er hörte, manchmal auch fühlte, half ihm bei der Orientierung. Vor allem erkannte er: das Leben ist nicht Eins. Da gibt es viele Leben. Varianten die er noch nicht kannte, aber die er erforschen würde. Das Leben wird schön und immer anders, dachte er, als er unter dem Druck der mütterlichen Wehen den Weg in die Welt der Variationen suchte, nach der Eintönigkeit des Schwimmens in der mütterlichen Nährlösung. Mit einem Schrei, auf den Mutter und Hebamme ängstlich warteten begann er seine Lebensarie.
Herr Goldberg war zufrieden mit seiner Familie. Es war eine ganz normale Vater+Mutter+Kind Beziehung. Für seine Bequemlichkeit war gesorgt, die Ernährung war ausgewogen und auf sein Wachstum abgestimmt. Erst wurde er gestillt, was er sehr genoss, vor allem wegen der Darreichungsform. Dann entzog man ihm die Mutterbrust, weil irgendwelche Zeitungsartikel schrieben, dass dadurch die Attraktivität der Brüste Schaden nehme, sie schlaff und für Herren unansehnlich würden. Er konnte das nicht abschätzen, dazu fehlte ihm die Lebenserfahrung, aber da auch sein Vater der Meinung war, seine Mutter solle sich wieder mehr um seine Bedürfnisse kümmern, als um die Ernährung des Kindes, wurde umgestellt. Es kam zu einem Kampf um die Mutterbrust: Ernährungsfragen wurden gegen Genusswünsche ausgespielt.
Aber die Industrie kam der Neigung des Herrn Goldberg zur Abwechslung, wenn nicht der Variationen sehr entgegen und entschied letztlich für die Ersatznahrung. Er erhielt ein industrielles Milchprodukt, das so angereichert war, dass es jede Muttermilch um Längen überholte. Sie reduziert das Risiko von Allergien bei Veranlagung in der Familie, hilft bei Blähungen, Krämpfen und Verstopfung und eine andere Variante davon reduziert Aufstoßen und Spucken. Nur die Verpackung, musste sich Herr Goldberg eingestehen, war weder so hautwarm, noch so haptisch angenehm. Pappkarton kann sich gegen schwellende Brüste nicht wirklich behaupten. Als dann die Phase der Milchbreie-Grieß, Hirse-Reis, Apfel-Grieß, Weizen-Hirse-Hafer einsetzte beschloss Herr Goldberg dringender nach echter Menschennahrung zu verlangen.
Seine Erstmutter und auch der Erstvater hatten dafür Verständnis, so bekam er das, was auch sie aßen in kleinen Portionen auf Plastiktellern mit lustigen Figuren, die dann, wenn er brav gegessen hatte, unter dem Gulasch oder dem Rostbraten – in kleine Happen geschnitten – oder dem Schnitzel mit Erdäpfel-Vogerlsalat hervor lugten. Ihm war das egal, aber kindischen Eltern macht so etwas Vergnügen. Das Kind Herr Goldberg war da ganz tolerant.
Probleme gab es, als der Erstvater immer seltener zum Abendessen kam, weil er im Interesse der Karriere furchtbar viel arbeiten musste. Die Karriere war blond, langbeinig, kurzrockig und seine Bürobeziehung. Sie wurde durch Legalisierung der Trennung von der Erstmutter zu Herrn Goldbergs Zweitmutter.
Herr Goldberg lebte jetzt in einem asymmetrischen Familienverband von 2 Müttern und einem Vater, die sich aber alle sehr um ihn bemühten. Erst als die Erstmutter sich auch einen Zweitvater ins Bett geholt hatte, kam etwas Spannung auf. Der Erstvater war überrascht um nicht zu sagen enttäuscht, dass sich die Erstmutter so rasch von dem schweren Verlust, den er ihr bereitet hatte, trösten würde, noch dazu mit so einem Schönling. Aber für Herrn Goldberg war die Welt wieder in Ordnung und die Beziehung Vater 1+2 und Mutter 1+2 hatten für ihn durchaus Vorteile, wenngleich es mit einer gewissen Unstetigkeit verbunden war. Seine vier Ernährer hatten das, was man eine moderne Beziehung nennt. Sie teilten sich einen Sohn und unternahmen auch gemeinsame Freizeitaktivitäten. Dies führte in einer lauen Sommernacht bei Meeresrauschen zu einer Verschiebung der Verhältnisse. Während die Erstmutter mit ihm im Zimmer war um Herrn Goldberg in den Schlaf zu wiegen, fand Mutter 2, dass Vater 1 durchaus recht habe, dass Vater 2 ein Schönling sei und sie deshalb eigentlich besser zu diesem passe, als zu einem Mann der vor lauter Arbeit, weil er ja zwei Familien erhalten musste, kaum Zeit für sie fand. Nach dem Urlaub, der nicht ohne Folgen geblieben war, legalisierten die beiden Elternpakete die Verhältnisse neu in Zweitvater mit Zweitmutter unter Hinterlassung der enttäuschten, aber getrennten Ersteltern. Aber für Herrn Goldberg änderte es sich erst, als die Erstmutter in ihrem Kummer als verlassene Frau einen neuen Mann fand. Jetzt galt es für den Erstvater aufzuholen. Als zivilisierte Menschen feierten natürlich alle, die irgendwann und irgendwie miteinander verheiratet gewesenen Eltern von Herrn Goldberg, diese Hochzeit zusammen. Dabei fand der jetzt alleinstehende Erstvater Gefallen an der Sängerin der Hochzeitsmusik, die alpenländisch aufspielte. Wenn sie nicht sang, tanzte sie mit dem Erstvater einen Lamourhatscher nach dem anderen. Sie brachte alpenländisch, volkstümliches in die Elternschaft des Herrn Goldberg, die ihn temperamentvoll an ihren gewaltigen Busen drückte - abwechselnd mit seinem Erstvater – ohne einen von ihnen zu benachteiligen. Herr Goldberg lernte bei dieser Folge von Müttern dadurch auch die visuellen, haptischen und olfaktorischen Qualitäten und Unterschiede weiblicher sekundärer Geschlechtsmerkmale kennen. Er ahnte, dass das nicht alles gewesen sein kann und beschloss die Erkundung dieses Themas und seiner Variationen auf einen späteren Lebensabschnitt zu verschieben.
Außerdem fand Herr Goldberg, dass er genügend Variationen des Themas Eltern gefunden habe, auch wenn er wusste, dass das bei diesen nicht alles gewesen sein wird.
Herr Goldberg war ein durchschnittlich guter Schüler. Seiner Aufmerksamkeit war nicht entgangen, dass Schüler mit mangelhaften Leistungen besonders oft gefragt, geprüft, examiniert und aufgerufen wurden. Während Schüler mit guten Noten kaum gefordert wurden, aber gute Benotungen erhielten. Er beschloss Klassenbester zu werden. Nicht aus Ehrgeiz und Strebertum, sondern einzig aus der Erkenntnis, die Besten haben weniger zu tun. Bester zu sein kam also seiner Neigung zur Bequemlichkeit sehr entgegen, entsprach seiner biologischen Kondition, also beschloss Herr Goldberg Klassenbester zu sein, nicht es zu werden, sondern es zu sein, denn Sein schafft Bewusstsein.
Dazu muss er nicht besser als die anderen Schüler sein, sondern nur besser als seine Lehrer. Und das war relativ einfach.
Herr Goldberg versuchte es mit seinem angeborenen Sinn für strategische Logik und logistisches Denken.
Zuerst sammelte er alle Informationen über seine Lehrer, deren Spezialwissen, ihre privaten Interessen, Hobbys und auch Wünsche, aber auch die Mängel und Lücken im Allgemeinwissen sowie in den Lehrfächern der anderen Unterrichtenden. Er erfasste diese Erkenntnisse tabellarisch und strukturierte daraus ein Organogramm und fand sehr rasch die entsprechenden Kurzverbindungen die zu den entsprechenden Kurzschlüssen in den so entstandenen tabellarischen Synapsen führten. Das wiederum bewirkte einen Blackout in den Unterrichtsstrukturen der Lehrkräfte.
Herr Goldberg, der Schüler, veränderte die Gehirnstruktur seiner Lehrer, in dem er die Erregungsübertragung von einem Axon auf eine andere Zelle veränderte. Da Lehrer, an einen Lehrplan und die Kontrollmechanismen der Schulbehörde in ihrer geistigen Bewegungsfreit erheblich eingeschränkt sind, bewirkte die winzigsten Aktionen des Schülers eine Bewusstseinsveränderung und letztlich führte es als Ergebnis dazu, dass Herr Goldberg Klassenbester ist.
Die ersten Ergebnisse von Herrn Goldbergs Bemühungen waren noch mangelhaft, waren aber, sozusagen die Proben aufs Exempel.
Die Bewertung einer Arbeit mit einer mittelmäßigen, statt schlechten bis sehr schlechten Note und dem Zusatz ‚Idee gut, Durchführung mangelhaft‘ zeigten, dass er sich auf dem richtigen Weg befand.
Dem folgte ein zweiter Testlauf, der mit einem ‚sehr gut‘ bewertet wurde und den Zusatz enthielt, ‚vorzügliche Arbeit, aber Thema teilw. verfehlt‘.
Herr Goldberg hatte nach einigen Einleitungssätzen zum gestellten Thema eine Ab- und Umleitung zu einer These geschaffen, die dem tatsächlichen Interessengebiet des Professors entsprach. Er hatte dazu Ansätze aus dessen persönlicher Website verwendet, die aber schon überhaupt nichts mit dem Unterrichtsgegenstand zu tun hatten.
Weiteren für Herrn Goldberg sinnlosen, weil kräfteraubenden, anstrengenden und muskelzerrenden Übungen und Prüfungen in Leibesübungen entging Herr Goldberg durch ein gesellschaftliches Ereignis, an das sich der Turnlehrer wahrscheinlich bis an sein Lebensende erinnern werde.
Herr Goldberg hatte beim Stöbern im Gesichtsbuch des Internets die ein Mädchen gefunden, das 27 te bei einem Wettbewerb der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 1983 wurde. Die Dame war damals ein zierliches Mädchen, eine unter 1.840 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und sie wohnte in unmittelbarer Schulnähe. Der kleine Herr Goldberg suchte die Dame auf, erfreute sie und rührte an ihr Gemüt, dass jemand sich an sie und ihre grandiosen Leistungen erinnerte. Selbstverständlich würde sie die Klasse gerne besuchen.
Bei der nächsten Unterrichtseinheit, die zu ihrer Zeit noch Turnstunde geheißen hatte, besuchte sie die Klasse, hielt sie von den vorgesehenen Prüfungen für das Semesterzeugnis ab und erfreute den verstörten, weil überraschten, sie lallend anhimmelnden Professor. Er habe sie damals bewundert, ja geliebt, erinnere sich an jede Bewegung ihres kindhaften Körpers, verstehe immer noch nicht, nach so vielen Jahren, die Bewertung durch die Punkterichter, aber ließ sich in seiner Aufregung von dem zur Frau gereiften Wunderkind beruhigen. Sie verwies darauf, dass er ihren Besuch der Einladung dieses so sehr an Leichtathletik interessierten Schülers – gemeint war Herr Goldberg – verdanke. Die 27te und der Lehrer verabredeten sich zu einem Grüntee in nächster, allernächster Zeit.
Herr Goldberg verdanke diesem Schachzug ein ‚Vorzüglich‘ im Zeugnis, an dem auch die Nachfolger des Professors nichts zu ändern wagten.
Für einen Vorzug in der Benotung in Biologie nutzte Herr Goldberg die e-bay-Auktion. Er ersteigerte um sehr wenig Geld eine Große Moosjungfer. Eine Großlibelle aus dem Naturschutzgebiet Rühlower Os bei Neubrandenburg, am Peenemünder Haken, die als ausgestorben galt. Das Präparat brachte Herr Goldberg wie zufällig in den Unterricht mit und machte damit den Professor zum sabbernden Kleinkind, das eine Feder vom Flügel des Weihnachtsengels vor der verschlossenen Tür findet. Nie hatte er gewagt zu hoffen, so ein seltenes, kostbares Relikt der Vergangenheit der Biosphäre und einen Hoffnungsstrahl auf die Zukunft unserer Umwelt in Händen zu halten.
Position für Position verbesserte Herr Goldberg seine Anerkennung im Lehrkörper, sodass er zum Klassenbesten erklärt und in Zukunft weitgehend in Ruhe gelassen wurde. Gelegentlich wurde er zum Zeugen aufgerufen, dass die Aussagen eines Professors tatsächlicher Stand der Wissenschaften ist.
In manchen Gegenständen war es sehr einfach. So benutzte er in einer Englischarbeit einige Slangausdrücke in Redewendungen, die der Professorin unbekannt waren. Da sie Englisch unterrichtet, das nur unter Englischlehrern üblich ist, aber jedem Nutzer von Computerspielen weit unterlegen war, verzichtete und vermied sie in Zukunft jeden verbalen Kontakt mit Herrn Goldberg, um sich nicht einer wiederholten Blamage durch ihre Unkenntnis des wirklichen Englischen auszusetzen.
In Mathematik fand Herr Goldberg bei Schlussrechnungen interessante Varianten die zwar zum richtigen Ergebnis führten, aber nicht der Lehrbuchvorgabe entsprachen. Da niemand sich fand, der Herrn Goldbergs Schlüsse entkräften konnte, wurde er damit nicht mehr beschäftigt. Die vielleicht autistische Sonderbegabung von Herrn Goldberg setzte ihn in die Lage, bis zu 20 Stellen nach dem Koma zu berechnen und sich das auch zu merken. Der Mathematikprofessor hatte größte Schwierigkeiten mit Zahlen mit mehr als 4 Nullen, worin er den meisten Spitzenmanagern von Banken glich. Da er aber den falschen Beruf gewählt und Lehrer und nicht Vermögensverwalter geworden war, unterlag er als Lehrer Herrn Goldberg und mied hinfort jede Konfrontation, in dem er ihm einfach ein ‚sehr gut‘ periodisch ins Zeugnis setzte.
Herr Goldberg kombinierte die einzelnen Gegenstände so miteinander, dass er immer seine spezielle allgemeine Halbbildung mit dem latenten Unwissen der Lehrerenden und ihrem Spezialwissen verband. Er empfand dieses Spiel als höchst befriedigend, es sicherte ihm seine Ruhe und den Ruf Klassenbester zu sein.
„Das kann doch nicht alles gewesen sein“ sagte er sich und begann die nun gewährte Freiheit von Schulquälereien, um sich als Autodidakt bis zur Universitätsreife zu bilden. Das Abgangszeugnis mit Vorzug war die formalisierte Basis dazu.
„Na geht doch!“ sagte er sich „wenn nicht so, dann anders. Eine Variation ist immer die passende.“ Und er beschloss sein künftiges Leben danach auszurichten. Eine sehr weise Entscheidung für einen so jungen Menschen.
Herr Goldberg hat wie viele diesen spätpubertären Hang zur Lyrik. Erst kamen die Balladen, das waren gute Geschichten aus alten Zeiten, bis er Schillers Glocke lernen musste. Als er feststellte, dass in der Geschichte zwar eine Glocke gegossen, aber Schiller auf den Klöppel vergessen hatte, erreichte er die entsprechende Reife um mit Rilke Mädchen-Augen ins Schwimmen zu bringen. Deren Mütter hielten ihn Rilkes wegen für einen Schöngeist und erleichterten ihm den hautnahen Umgang mit den Töchtern. Eigentlich zog er die Balladen des Villon und des Heinrich Heine, auch von Brecht und H C Artmann vor, allein die waren für den Umgang mit Müttern aus besseren Kreisen – und in der beabsichtigten Folge mit deren Töchtern - doch zu eindeutig oder auch zu frech und daher eher für seinen Privatgebrauch.
Er wechselte in der Folge zu Tonträgern, auf denen gesungene Balladen bessere Überleitungen zur allgemeinen Unterhaltung boten. Joan Baez verursachte Gänsehaut, Deep Purple und Motörhead ließen die Drüsen flattern und bei Gilbert Becaud, Juliet Greco und Jacques Brel lernte er über den Surrealismus das restliche Gefühlsspektrum zu erforschen. Mit Johnny Cash zeigte er den harten Mann und mit Leonard Cohen fand er zu Gemeinsamkeiten, die bis ins örtliche Chelsea Hotel führten.
Aber, das kann doch nicht alles gewesen sein, und so erinnerte er sich wieder an Rilke und es kam für ihn der Punkt der Entscheidung.
Mit der letzten Zeile aus ,Archaischer Torso Apollos‘ ‚Du musst dein Leben ändern‘ fand seine Entwicklung einen Anfang für immer. Mit ‚Leben ändern‘ war ja offensichtlich nicht gemeint, dass er das Nägelbeißen zu Gunsten einer Maniküre aufgeben solle, sondern dass er Metamorphosen durchzumachen habe und die gültigen Variationen für sein Leben finden müsse. Und so suchte er danach in allen Variationen.
Herr Goldberg, noch nicht eingerichtet in seiner neuen Bleibe, hat Lust auf Kaffee. Sein Organismus schreit – wenn auch nur innerlich – nach dem schwarzen oder braunen Genuss. Es ist aber nicht nur Genuss, es ist auch Lebensmittel. Ein Mensch kann ohne Filet Wellington, ohne Soufflés und ohne Leberkäs leben, ohne Paprikahendl und ohne Palatschinken, aber ohne Kaffee? NIE.
Es mangelt in der neuen Wohnung an vielem Notwendigen, aber nur an einem Lebensnotwendigen, an Kaffee. Was tun in der Not? Man fragt beim Nachbarn um ein bisschen Lebenssaft. Ist ja auch eine gute Gelegenheit ungezwungen Kontakt herzustellen.
Herr Goldberg sucht nicht lange, sondern klingelt an der Tür nebenan. Eine Frau im weißen Morgenmantel öffnet, deren strenger prüfender Blick sich sofort in ein freundliches Willkommenlächeln ändert: Der junge Mann von nebenan.
Herr Goldberg ist nicht nur ein junger Mann, sondern auch ein höflicher junger Mann. Er stellt sich vor und trägt seine Bitte vor. Gerne hilft die Dame im Morgenrock beim Stillen der notwendigsten Be