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Für Mama
Mit 47 Farbfotos und einer Karte
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe:
2. Auflage 2013
ISBN 978-3-492-95533-1
© Piper Verlag GmbH, München 2012
Fotos: Christoph Rehage
Kalligrafien: Wei Aichen
Karte: Glenn Vincent Kraft mit Illustrationen von Jia Meng
Redaktion: Renate Dörner, Wolfgang Gartmann
Litho: Lorenz & Zeller, Inning a.A.
Umschlaggestaltung: Birgit Kohlhaas, Egling
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
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20. Oktober 2008: Turpan, westchinesische Wüste
Ich stehe auf einer Straße, vor mir eine Mautstation und ein paar Läden und um mich herum die Wüste Gobi. Meine schweißnassen Hände halten die zwei Stangen, an denen ich den Karren mit meinen Sachen hinter mir herziehe.
Die Schmerzen in den Füßen, der Wind, die Wüste und selbst die Polizisten, die mir den Weg versperren, das alles ist mir egal.
Mein Herz tut weh. Ich kann an nichts anderes denken, als dass es aufhören soll.
»Du kommst hier nicht vorbei«, verkündet der dickere der beiden Polizisten und macht eine abweisende Handbewegung. Er trägt einen gigantischen Schlüsselbund am Gürtel, mit dem er zweifellos jede einzelne Nudelbude von hier bis ins 4500 Kilometer entfernte Beijing auf- und abschließen könnte. Dieser Bund und seine tiefe Stimme verleihen ihm die Aura eines Chefs.
»Viel zu gefährlich«, erläutert der andere Polizist, der in einer orange leuchtenden Warnweste steckt. Zur Sicherheit wiederholt er das letzte Wort noch einmal sehr langsam und deutlich. »Ge-fähr-lich!«
Die Silben hängen in der Luft, der Wind bringt Staub aus der Wüste. Einen Moment lang starren wir uns alle nur verständnislos an. Ich wünschte, ich könnte einfach durch die beiden hindurchgehen.
Die Warnweste zeigt auf den Horizont hinter mir und sagt: »Sturmwarnung! Wir sperren die Straße ab.« Und tatsächlich: Am Himmel stehen zwei Wolkentürme, die dabei sind, auseinanderzufallen und sich als düstere Masse über die Landschaft auf uns zuzuwälzen. Ich muss trotzdem weiter, es geht nicht anders.
Dem Schlüsselbund ist offenbar eine Idee gekommen. »Kannst du überhaupt Chinesisch?«, fragt er.
»Ja«, antworte ich.
»Ah, er kann Chinesisch!« Die Warnweste triumphiert, während der Schlüsselbund fortfährt. »Kehr um und geh in die Stadt zurück, hier draußen wird es später zu gefährlich!«
»Ich gehe weiter.«
»Vollkommen ausgeschlossen!«
»Ich muss.«
»Aber das geht nicht! Kehr um und versuch es vielleicht morgen noch einmal!«
Wie soll ich ihm das nur erklären?
»Ich muss heute weiter!«
»Und wohin?«
»Nach Ürümqi.«
»Ürümqi? Aber das sind fast zweihundert Kilometer!«
Dem Schlüsselbund scheint langsam zu dämmern, dass hier etwas nicht stimmt. »Moment mal!«, sagt er. »Warum fährst du nicht mit dem Auto?«
»Ich gehe immer zu Fuß. So bin ich gekommen, und so gehe ich weiter.«
»Und woher bist du gekommen?«
»Aus Beijing.«
»Beijing?!« Chinesen hängen gern ein ah ans Satzende, um ihr Erstaunen auszudrücken. »Beijing-ah?!«, macht der Schlüsselbund also und zieht das ah in die Länge. »Zu Fuß-ah?!«
»Richtig.«
Die beiden Polizisten blicken einander befremdet an, dann mustern sie mich von oben bis unten: einen knapp über einen Meter neunzig großen Ausländer in fadenscheinigen Klamotten, mit langem Haar und struppigem Bart, dessen Augen blutunterlaufen sind und der einen weißen Karren durch die Wüste Gobi zieht.
Es scheint, als wäre dem Schlüsselbund erst jetzt das Nächstliegende eingefallen. »Pass und Visum!«, bellt er.
Ich schlucke meinen Ärger hinunter und mache mich daran, aus den Tiefen meines Karrens die gewünschten Dokumente hervorzukramen.
Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie sich die Warnweste neugierig nach vorn beugt, während der Schlüsselbund irgendetwas in ein Funkgerät spricht. Aus den Läden neben der Mautstation sind einige Bauern herbeigelaufen, um das Spektakel zu verfolgen. Ein langhaariger, bärtiger Ausländer, der Ärger mit der Polizei hat und in fremden Sprachen flucht, das ist schon etwas hier draußen. Ich bin eine Attraktion.
Endlich finde ich zwischen einer Melone und einer Kekspackung meinen Dokumentenbeutel und nehme den Pass heraus: achtundvierzig Seiten, vor drei Monaten frisch ausgestellt, ein makelloses Stück Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Er leuchtet bordeauxfarben im Graubraun der Gobi.
Der Schlüsselbund flippt mit zwei Fingern durch die Seiten und bleibt schließlich bei dem Ausweisbild hängen. Christoph Rehage, steht da, geboren am 09.11.1981 in Hannover. Er tut einen Moment lang so, als ob diese Information für ihn irgendeinen Sinn ergeben würde, dann klappt er den Pass mit einer Hand zu und schnauzt: »Visum!«
»Es ist genau vor deinen Augen«, sage ich böse, »und wenn du lesen könntest, hättest du es bereits gefunden!«
Er blättert verwirrt in meinem Pass herum, und ich beschließe, noch einmal nachzutreten. »Soll ich es dir vielleicht auch noch vorlesen?«
Einige der umstehenden Bauern kichern, und die Warnweste blickt ein wenig bekümmert drein. Der Schlüsselbund hat beschlossen, meine Frechheit zu ignorieren, und ist mit der Lektüre meiner Papiere beschäftigt. Ich schaue den Wolken zu, die unaufhaltsam über die Wüste rollen.
»Deutscher?«, fragt er.
»Ja.«
»Von wo nach wo unterwegs?«
»Von Beijing nach Ürümqi.«
»Alles zu Fuß?«
»Ja.«
»Hm … kein anderes Verkehrsmittel?«
»Nein.« Ich denke an die blaue Gurke, das alte Lastenfahrrad, mit dem ich wenige Wochen zuvor mit meinem Bruder durch die Wüste gepoltert bin.
Er macht eine Pause, offensichtlich muss er seine Gedanken kurz sortieren, dann geht es weiter. »Wie lange insgesamt in China?«
»Drei Jahre.«
»Was gemacht?«
»Studieren.«
»In Beijing?«
»Ja.«
»Hier steht aber«, sagt er, blättert noch einmal nach und blitzt mich an, »das Visum wurde in Qingdao ausgestellt!«
Qingdao ist eine Stadt im Osten des Landes, weit entfernt von Beijing und meiner Marschroute. Ich war zwar seit Jahren nicht mehr da, beschließe aber, das Gespräch durch eine Lüge zu vereinfachen. »Ja, richtig, schöne Stadt! Das Visum habe ich während des Urlaubs dort beantragt!«
Muss ja nicht jeder erfahren, dass ich mir meinen Aufenthalt in China durch einen Bekannten mit ominösen »Geschäftskontakten« in Beijing verlängern lassen musste, weil die Visavergabe während der Olympischen Sommerspiele so eingeschränkt war.
Der Schlüsselbund guckt misstrauisch, doch dann wendet er sich anderen wichtigen Themen zu. »Was ist hier drin?«, fragt er und zeigt auf den Karren.
»Kleidung, Schlafsack, Essen, Wasser – was man auf dem Weg so braucht.«
»Und das da, ist das ein Zelt?«
»Ja.«
»Campieren ist verboten!«
»Ich hasse Zelten sowieso.«
»Ist dieser Wagen aus Deutschland?«, fragt der Schlüsselbund weiter, und einen Moment lang weiß ich nicht mal, was er meint. Der Karren soll aus Deutschland sein? Aber da wollte ich doch ursprünglich hin, bevor alles aus dem Ruder lief.
»Nein, der Wagen ist aus Zhangye«, antworte ich und zeige auf die Straße hinter mir. Einige der Bauern recken tatsächlich die Köpfe und stieren einen Moment lang in Richtung Horizont, als ob sie wirklich Herrn Wang in seiner Schweißerwerkstatt am anderen Ende der Wüste Gobi entdecken könnten.
»Sind wir jetzt endlich fertig?«, frage ich entnervt. »Ich habe heute noch ein Stück Weg vor mir!«
»Geh zurück in die Stadt«, befiehlt der Schlüsselbund und gibt mir meinen Pass.
Ich explodiere: »Ich gehe jetzt weiter, egal, was ihr erzählt! Ich bin über Schneeberge und durch Sandstürme gekommen, euer Wind hier macht mir gar nichts aus!«
»Geh zurück!«
»Nein!«
»Doch!«
Und dann passiert es. Eine Beleidigung über die Mütter der Polizisten entfliegt meinem Mund.
Plötzlich werden alle sehr ernst.
»Entschuldigung, das wollte ich nicht«, sage ich. Der Schlüsselbund steht einen Moment lang still vor mir und guckt mich an.
Ich fange an zu weinen.
»Sag so etwas nie wieder«, donnert er, »und schon gar nicht zu einem Polizisten!« Und dann: »Was ist überhaupt los mit dir?«
9. November 2007: Beijing
Ein Kreischen reißt mich aus meinen Träumen. Ich schiebe die Schlafmaske von den Augen und bin für einen Moment geblendet: Die Sonne wirft helle Muster an die Wand meines Zimmers, und mir ist warm, obwohl ich mich in der Nacht von der Bettdecke freigestrampelt habe. Es muss schon fast Mittag sein, beinahe hätte ich mein eigenes Geburtstagsgeschenk verschlafen.
Ich springe auf, renne zum Fenster und blicke in einen blauen Himmel, den nur zwei zarte Kondensstreifen durchziehen: ein seltener Anblick im ewigen Grau dieser Riesenstadt. Zwanzig Stockwerke unter mir rattert ein Passagierzug durch die Flachdachsiedlungen, und wieder ertönt das schrille Geräusch, das sich zwischen den Hochhäusern mit tausendfachem Echo bricht. Ich beobachte, wie unten an den Gleisen jemand schnell die Wäsche von der Leine nimmt, ehe der Zug herandonnert. Heute werde ich sechsundzwanzig, eigentlich wollte ich schon längst zu einer Wanderung um die halbe Welt aufgebrochen sein.
»Vor sieben Uhr werde ich das Haus verlassen, solange die Sonne noch nicht aufgegangen ist und die Stadt noch schläft«, hatte ich gestern Abend feierlich verkündet, in dem Gefühl, dass ein Aufbruch im Morgengrauen die einzig passende Weise wäre, um Abschied von meinem Leben in Beijing zu nehmen.
Dann aber war ich mit meinem Nachbarn Xiaohei und ein paar anderen Freunden bis in die frühen Morgenstunden im Feuertopfrestaurant geblieben, weil niemand so richtig Lust gehabt hatte, nach Hause zu gehen. Essen türmte sich auf unserem Tisch, und überall standen Bier- und Colaflaschen.
»Wenn du nicht schnell genug läufst, komm ich mit dem Auto vorbei und treib dich ein bisschen an!«, sagte Xiaohei irgendwann und hob lachend den Zeigefinger. »Pass auf dich auf, ja, Alter?«
Es ist kurz nach elf, die anderen schlafen wahrscheinlich noch ihren Rausch aus, und ich stehe in meiner Unterhose am Fenster und fühle mich müde und aufgekratzt zugleich. Heute soll es endlich losgehen, nach so vielen Monaten des Wartens und Planens. Ich beschließe, den Tag wie jeden anderen mit einer Dusche zu beginnen.
Im Wohnzimmer liegen meine Sachen auf dem Fußboden verteilt: der große Rucksack, die Packtaschen mit der Kleidung, die beiden Schlafsäcke, das Zelt, die Isomatte, der kleine Rucksack mit dem Laptop, die beiden Kamerataschen, die Wanderstöcke und der Beutel mit Batterien, Medikamenten und dem restlichen Kleinkram. Ich hänge mein nasses Handtuch an den Haken und stelle mich auf die Waage, die ich mir vor ein paar Tagen gekauft habe.
Der Zeiger schlägt weit aus, schwingt wieder zurück und pendelt sich ungefähr bei hundert ein. Habe ich es doch noch geschafft? Bin ich zum wandelnden Doppelzentner geworden? Ich beuge mich nach unten, um das Ergebnis genauer ablesen zu können. Exakt neunundneunzig Kilo bringe ich auf die Waage. Was für eine Enttäuschung! Kurz spiele ich mit dem Gedanken, eine große Menge Tee zu trinken, doch dann verwerfe ich die Idee als billige Schummelei. Außerdem habe ich gar keine Zeit für solche Albernheiten, mein Geschenk wartet auf mich.
Ich schlüpfe in das T-Shirt, glätte sorgfältig alle Falten und ziehe dann Pullover und Hose darüber. Dann kommen die Socken, die mit dem R für rechts und dem L für links. Ich schnüre die Schuhe fest zu, damit sie gut sitzen und ich mir nicht zu schnell die Füße wund laufe. Der Schmerz wird schon noch früh genug kommen.
Nachdem ich den Rucksack gepackt habe und noch zweimal durch die Wohnung gegangen bin, um sicherzugehen, dass auch wirklich nichts fehlt, ziehe ich meine Jacke an, streiche noch einmal alle Falten glatt und hänge mir die Kamerataschen rechts und links über die Schultern. Jetzt der Rucksack, an dem Zelt, Isomatte und Wanderstöcke hängen. Ich stapfe ein paarmal probehalber durch den Raum und bleibe am Kühlschrank stehen, um Wasserflaschen, Schokoriegel und Bananen herauszunehmen und in die Außentaschen des Rucksacks zu stecken. Dann stelle ich mich noch einmal auf die Waage: 127 Kilo. Ach du Scheiße. Ich fange an zu schwitzen. Sollte ich vielleicht doch erst einmal auf der Couch Platz nehmen und in Ruhe ein paar Bananen essen, bevor ich mich auf die Reise begebe? Doch gerade als ich den Rucksack abstreifen will, wird mir klar, dass ich ernsthaft Gefahr laufe, heute überhaupt nicht mehr loszugehen.
Ich bin frisch rasiert, und meine Haare sind geschnitten. Ich bilde mir ein, dass meine Augen voll freudiger Erwartung glänzen müssten, und verdränge, dass ich vorhin im Spiegel die Angst aus ihnen habe hervorlugen sehen. Ich kann es nicht länger aufschieben. Es muss sein, jetzt.
Große Schritte tragen mich zur Wohnungstür, meine Hand drückt den Griff hinunter. Noch einmal drehe ich mich um und betrachte die Wohnung, in die bald jemand Fremdes einziehen wird: die rote Couch mit den Spuren kulinarischer und erotischer Höhepunkte, den Fernseher, den Kühlschrank mit dem Wasserspender obendrauf, den leeren Schreibtisch, auf dem der Wohnungsschlüssel blitzt. Ein Schritt, und ich stehe im Flur. Eine Handbewegung, und die Tür fällt hinter mir ins Schloss. Ich biege um die Ecke zum Fahrstuhl, vorbei an der Wand, an die jemand vor einiger Zeit riesengroß auf Chinesisch geschrieben hat: »Billige Schlampen für Leike!« und daneben: »Fotzen, die es mit Ausländern treiben!«
Leike, das ist mein chinesischer Name. Meine Sprachpartnerin Kati aus Taiwan hatte ihn mir damals in München herausgesucht, bevor ich zum ersten Mal nach China gefahren bin. Ich wollte einen, der sich männlich anhört, und einfach zu schreiben sollte er sein. »Also, am besten wir machen es folgendermaßen«, sagte Kati. »Dein Nachname ist Rehage, davon nehmen wir die erste Silbe und suchen ein chinesisches Zeichen, das sich so ähnlich anhört. Lei zum Beispiel, das heißt ›Donner‹.« Ich war begeistert. Kati fuhr fort, indem sie aus der ersten Silbe meines Vornamens ein chinesisches Ke machte, das so viel wie »erobern« oder »überwinden« heißen konnte. So bekam ich meinen chinesischen Namen, bestehend aus zwei Zeichen: Leike, »Eroberer des Donners«.
Jetzt stehe ich voll bepackt in der Stille des Treppenhauses und lese unweigerlich noch einmal die beleidigenden Zeichen an der Wand: »Billige Schlampen für Leike!«
Xiaohei hatte damals vergeblich versucht, die Sätze mit einer Spraydose unleserlich zu machen. »Eine Frau würde nie das Wort Fotze benutzen«, erklärte er mir. »Das muss ein Mann geschrieben haben. Vielleicht ein gehörnter Ehemann oder ein eifersüchtiger Verehrer? Du solltest ein bisschen vorsichtiger sein!«
Mit einem Bing öffnet sich die Fahrstuhltür, und ich zwänge mich in den Aufzug. Ich drücke die 1, die Tür schließt sich. Ein letztes Mal lese ich das Wort »Ausländer«, dann rumpelt der Fahrstuhl das Gebäude hinunter. Ich werde wohl nie erfahren, von wem die Beleidigungen stammen, denke ich, als ich aus der Haustür in den Sonnenschein trete. Ich muss die Augen zusammenkneifen, so strahlend hell und schön ist mein Geschenk an mich selbst: der erste Tag meiner Wanderung nach Hause.
Irgendetwas vibriert, und eine Melodie ertönt. Ich öffne die Augen und starre in die fensterlose Dunkelheit. Verdammter Handyalarm, warum habe ich den gestern nicht ausgeschaltet?
Ich taste nach dem schwach blauen Glimmen neben meinem Schlafsack und brauche einen Moment, um zu erkennen, dass es sechs Uhr morgens ist und mich gerade jemand aus Deutschland anruft. Dort muss es mitten in der Nacht sein, denke ich, während ich das Telefon ans Ohr halte.
Es knistert, dann höre ich die Stimme meines Vaters. Er ist besorgt, weil ich gestern mein Telefon ausgestellt hatte. »Pass auf dich auf, mein Sohn!«, wiederholt er immer wieder, und trotz der schlechten Verbindung meine ich, eine Mischung aus gutem Willen und Resignation in seiner Stimme zu hören. »Teil dir deine Kraft vernünftig ein!«
Ich muss lächeln. Wie gern würde ich ihm von meinem ersten Reisetag berichten: von dem freundlichen Abschiedswinken der Omas und Opas unten im Hof, von meinem Zickzackweg durch das rechtwinklige Straßennetz der Kaiserstadt, vom Gezerre und Geschiebe durch die Menschen- und Automassen und davon, wie ich dann schließlich doch noch irgendwann abends in einer kleinen Herberge diesseits der Marco-Polo-Brücke ankam, wo mich eine Gruppe Touristen bei sich zum Essen aufnahm und mich neugierig über mein Vorhaben ausfragte.
Stattdessen sage ich: »Mach dir keine Sorgen, ich passe schon auf mich auf.«
Eine knappe Stunde später stehe ich auf der Marco-Polo-Brücke, die eigentlich Lugouqiao, »Schilfrohrgossenbrücke«, heißt, und kann es kaum glauben: Ich habe es tatsächlich geschafft, mein erstes kleines Etappenziel liegt direkt vor mir!
»Zehn Meilen nach Cambaluc gelangt der Reisende an den breiten Fluss Pulisanghin. Kaufleute mit ihren Waren fahren darauf bis zum Ozean. Eine prächtige steinerne Brücke führt über den Fluss; auf der ganzen Welt ist keine mit ihr zu vergleichen.« So hat Marco Polo diesen Ort vor mehr als siebenhundert Jahren beschrieben.
Cambaluc – eigentlich Khanbalik, Stadt des Groß-Khan –, das war die glanzvolle Residenz der mongolischen Herrscher, die etwa am gleichen Ort wie das heutige Beijing lag. Die Brücke ist noch da, zumindest eine restaurierte Version aus dem siebzehnten Jahrhundert. Der Fluss jedoch scheint zu fehlen; da ist allenfalls noch ein Rinnsal in einem endlosen Bett aus Staub, ein trauriger Anblick, der die mächtigen Brückenpfeiler irgendwie fehl am Platz erscheinen lässt.
Das Morgenlicht ist sanft und verheißungsvoll. Ich lehne mich an das steinerne Geländer und genieße es für einen Moment, das Gewicht meines Rucksacks darauf ablegen zu können. Ob Messer Marco damals wirklich bis hierher gekommen ist? Es gibt Leute, die behaupten, seine Beschreibungen bestünden nur aus Geschichten, die er von anderen Reisenden aufgeschnappt habe, doch ich bin mir da nicht so sicher.
Die Venezianer nannten Marco Polo jedenfalls nach seiner Rückkehr einfach nur spöttisch »Millionär«, weil er ohne Unterlass vom Prunk des Khans und seinen eigenen ehemaligen Besitztümern in dessen fernen Landen erzählte. Er kommt mir vor wie jemand, der von seinem Schicksal enttäuscht wurde und es vorzog, sich in eine Welt aus Erinnerungen und Phantasie zurückzuziehen. Steckt vielleicht in jedem Heimkehrenden ein kleiner Millionär?
Ich streiche mit der Hand über den kühlen, hellen Stein des Geländers. Mir gefällt die Vorstellung, dass der venezianische Reisende vor so langer Zeit einmal an dieser Stelle gestanden haben könnte, vielleicht in ein weites Gewand gehüllt wie die chinesischen Händler der Kaiserzeit, mit einem Kamel oder einem Pferd an der Hand, hinter sich die mächtigen Tore der Kaiserstadt und vor sich den langen, steinigen Weg nach Europa.
Eine Gruppe Touristen läuft wild durcheinander und macht Gruppenfotos, am liebsten vor den Löwenstatuen am Geländer. Sie sind so energiegeladen und vor allem so gepäcklos, dass ich mir vorkomme wie ein Elefant inmitten einer Herde Gazellen. Am liebsten würde ich mich einfach nur hinsetzen.
»Guck mal, der Ausländer!« Eine Dame mit einem bunten Stoffhut, der entfernt an eine Bademütze erinnert, hat mich erspäht und zählt begeistert und ungeniert die sichtbaren Teile meines Gepäcks auf: »Zelt, Schlafmatte, Wanderstöcke, und schau doch mal, sogar Badelatschen hat er an seinem Rucksack hängen! Wo der wohl hinwill?«
»Oh!«, macht ihr Begleiter entzückt, und auch der Rest der Gruppe schaut erwartungsvoll in meine Richtung. Ob sie mir ansehen können, dass ich sie verstanden habe? Werden sie gleich Gruppenfotos mit mir machen, die Finger zum V erhoben und die Zähne zum fotogenen Grinsen gefletscht? Nichts wie weg hier! Ich stürme so eilig auf das andere Ende der Brücke zu, dass mein Zelt, meine Schlafmatte, meine Wanderstöcke und meine Badelatschen hinten am Rucksack nur so auf und nieder hüpfen.
Warum bin ich nur so scheu, wenn es um mein Vorhaben geht? Aus Beijing habe ich mich fortgeschlichen wie ein Dieb, und die Reisegruppe im Hotel gestern Abend habe ich schlicht und einfach angelogen.
Wo ich denn hinzulaufen gedenke, war ihre zweite Frage, gleich nach der über meine Herkunft.
»Nach … Baoding.«
Ein Raunen. Eine der Damen vergaß sowohl weiterzukauen als auch den Mund zu schließen, und schließlich fand der Anführer der Gruppe, der auf dem besten Weg war, sich ordentlich einen anzusaufen, als Erster die Sprache wieder. »Baoding?! Aber das liegt vierhundert Li von hier! Da kannst du doch unmöglich zu Fuß hinlaufen!«
Was sollte ich sagen? Vierhundert Li, das waren ungefähr zweihundert Kilometer, und ich war mir nicht sicher, ob ich das mit dem schweren Gepäck auf dem Rücken überhaupt schaffen würde. Dabei wollte ich eigentlich noch weiter bis zur alten Kaiserstadt Xi’an und dann durch die Wüste Gobi nach Mittelasien, um von dort bis nach Deutschland zu wandern. Aber das gab ich lieber nicht zu.
Statt einer Antwort murmelte ich etwas von »mal sehen« und kaute beschämt auf meinem Mantou, einem Dampfbrötchen, herum. Den angebotenen Schnaps verweigerte ich wie immer und trank stattdessen eine Cola. Dann nahm ich eine Dusche und ging zeitig schlafen.
Ich habe die Marco-Polo-Brücke und ihre Reisegruppen hinter mir gelassen und biege auf die Hauptstraße nach Südwesten ein, Richtung Baoding. Da müsste ich in einer Woche ankommen, wenn meine Füße mitmachen. Ich kann sie schon jetzt spüren, die Blasen und wunden Stellen, die sich dort bilden, wo die Schuhe beinahe unmerklich drücken …
Ein kleiner Junge in einem vorbeifahrenden Auto hat mich erspäht und gestikuliert aufgeregt nach vorn, damit seine Eltern meinen Anblick auf keinen Fall verpassen. Da klingelt schon wieder das Telefon. Peipei aus Beijing ist am anderen Ende, und ihre Stimme hört sich zutiefst unglücklich an. »Jetzt bist du wirklich losgegangen«, sagt sie. Ich starre auf meine staubbedeckten Schuhe und weiß nicht genau, was ich antworten soll. Sind wir nicht mittlerweile gute Freunde geworden? Ich mache irgendeine lockere Bemerkung darüber, wie nah ich der Stadt noch bin, doch sie lacht nicht.
»Bitte schick mir ein Lied, das du beim Laufen gern hörst, okay?«, sagt sie, und ich nehme mir vor, heute Abend im Hotel zwei Lieder zu verschicken. Eines an Peipei und eines an Juli.
Jetzt brauche ich erst mal etwas zu essen und vor allem mehr Guthaben für mein Handy, denn es kostet jedes Mal Geld, wenn ich einen Anruf entgegennehme. In der Dorfstraße von Changxindian sieht es aus, als ob ich Glück habe: Unter einem grünen Baldachin aus Baumkronen erstrecken sich links und rechts Imbissbuden und Läden entlang einer nicht enden wollenden Straße. Dazwischen wuseln Fahrradfahrer und Fußgänger hin und her, und das eine oder andere Auto versucht sich langsam seinen Weg durch das Gewimmel zu bahnen.
Die Vorfreude auf eine Schüssel Nudeln beschleunigt meine Schritte. Könnte nicht der ganze Weg bis nach Deutschland so sein? Eine einzige Aneinanderreihung von Fressständen, zehntausend wohlschmeckende Kilometer lang?
Im Handyladen werde ich von den Verkäuferinnen skeptisch beäugt, weil ich gleich mehrere Telefonkarten auf einmal kaufen will. Ich zähle eine Handvoll rosafarbene Banknoten ab und tausche sie gegen zehn bunte Karten mit dem Logo der Olympischen Sommerspiele, die in neun Monaten in Peking stattfinden werden, die ersten Spiele in China überhaupt. Dann gehe ich in ein kleines Nudelrestaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite, stelle meinen Rucksack auf einem Stuhl ab, lege die Kameras vorsichtig dazu, öffne die Jacke und das Fleece, bestelle mir eine kalte Pepsi und eine Schüssel heißer Nudeln, falte die Hände vor dem Gesicht und mache einen Moment Pause. Meine Gedanken kreisen um Juli.
Unser Kennenlernen kam zugegebenermaßen eher unromantisch zustande. An einem Frühlingstag vor fast zwei Jahren hätte ich eigentlich im Chinesischunterricht in Beijing sitzen sollen, doch stattdessen trieb ich mich in der schwülen Hitze der südchinesischen Stadt Chengdu auf der Suche nach etwas Leckerem herum. Dies alles war Teil eines Plans: Anstatt meine Zeit mit den anderen Ausländern im Sprachkurs zu verschwenden, wollte ich lieber das Land bereisen und so viele Köstlichkeiten wie nur möglich in mich hineinstopfen.
An jenem Tag in Chengdu hatte ich auf einem meiner Spaziergänge ein Mädchen in einem geblümten Kleid nach dem Weg gefragt, und aus ein paar gewechselten Worten war eine spontane Verabredung zum Essen geworden. So einfach geht das, dachte ich, als ich wenig später mit ihr bei einem traditionellen Feuertopf zusammensaß, und es sah auch wirklich alles sehr vorteilhaft für mich aus: Ting war adrett und geistreich, und in dem Topf zwischen uns schwammen Chilischoten in einer Brühe, deren dunkelrotes Brodeln ungefähr der Vorfreude in meinen Lenden entsprach.
Doch dann ging alles schief.
»Du machst wohl Witze!«, prustete sie heraus, nachdem ich eine geschickte, aber eindeutige Avance platziert hatte. Ihr Gesichtsausdruck sah eher amüsiert als schockiert aus. »Ich bin gerade erst achtzehn, und meine Eltern wohnen gleich da vorn um die Ecke!«
»Ja, aber …«
»Kein Interesse!«
Autsch.
Man muss auch verlieren können, dachte ich bei mir. Doch zu meinem Bedauern wurde die Niederlage noch dadurch verstärkt, dass ich das Essen offenbar nicht gut vertragen hatte. Nach einer hastigen Abschiedsszene wollte ich nur noch so schnell wie möglich zurück in mein Hotel. Ich war mir sicher, dass ich von diesem Mädchen nie wieder auch nur ein Sterbenswörtchen hören würde.
Dementsprechend groß war meine Überraschung, als ich ein paar Wochen später die enthusiastische Mitteilung erhielt, dass sie mir gern zwei ihrer Freundinnen in Beijing vorstellen wolle; die eine lerne gerade Deutsch, zur Vorbereitung auf ihr Studium in Deutschland.
Moment, hatte ich da etwas falsch verstanden? Sie musste doch gemerkt haben, worauf ich es abgesehen hatte!
»Mit Vergnügen!«, antwortete ich.
Wenige Wochen später saß ich abends zwischen den beiden Freundinnen von Ting auf meiner Couch vor dem Fernseher. Die Ältere hatte einen wirren Film über einen verknallten Transvestiten in der DDR mitgebracht und redete ununterbrochen über ihre Vorstellung von der unsterblichen Liebe, während die Jüngere die meiste Zeit über verschüchtert schwieg. Ich für meinen Teil war damit beschäftigt, mir einen Plan zurechtzulegen, wie ich die beiden zu einem Dreier überreden könnte. Der Abend wurde länger und länger, der Film verwirrte sich hoffnungslos in seiner Handlung, und irgendwann hatte das Mädchen mit der unsterblichen Liebe dann tatsächlich ihre Hand in meiner Hose und kicherte aufgeregt, während das stille Mädchen offensichtlich peinlich bemüht war, den Blick abzuwenden.
Es wurde natürlich keine erotische Nacht daraus, aber etwas anderes passierte. Als das Mädchen mit der unsterblichen Liebe einen Moment lang draußen war, entlockte ich dem stillen Mädchen einen Kuss: zaghaft, sanft und sehr lang. Sie hatte tiefschwarze Augen, die leuchteten, wenn sie sich freute. Juli.
Der Weg nach Baoding ist fast vollkommen gerade. Nur in den Ortschaften, die an ihr aufgereiht sind wie staubgraue Perlen auf einer langen Kette, macht die Fahrbahn zuweilen einen Schlenker. Die Fahrer scheinen sich dafür jedoch nicht sonderlich zu interessieren, und alle Autos, Laster, Busse und dreirädrigen Lieferwagen rasen ungebremst an den Dorfbewohnern vorbei. Meist hupen sie dabei wie wahnsinnig.
Ich beschließe, mir das Treiben eine Zeit lang von der Seite anzugucken, und setze mich auf einen Stuhl in einem Hof, in dem Möbel verkauft werden. Den Blasen an meinen Füßen tut die Pause gut. Überall stehen eingeschweißte Sofas und Sessel herum, und nach einem Moment erscheint die Besitzerin, schaut überrascht und bietet mir schließlich einen Tee an.
Dann kommt Niuniu angehumpelt.
Niuniu ist eine schwarze, zottelige Jammergestalt von einem Hund. Schon von Weitem sieht man, dass ihre Gliedmaßen irgendwie eine seltsame Form haben. Wenn sie dann schwanzwedelnd näher kommt, wird deutlich, dass ihre Vorderpfoten im rechten Winkel abgeknickt sind. Und wer sie gestreichelt hat, weiß, dass das Helle die Knochen sind, die es bei der Wundheilung nicht zurück in den Körper geschafft haben.
»Sie hat großes Glück gehabt!«, sagt die Besitzerin und schiebt einen Stuhl neben meinen. Wir betrachten über unsere Teebecher hinweg die Autokolonnen auf der Hauptstraße, während Niuniu rücklings auf dem Boden liegt und sich streicheln lässt. Ihre kleine rosa Zunge flitzt vergnügt auf ihrer Nase hin und her. Die Besitzerin erzählt: »Wir haben Niuniu sehr gern, aber sie war immer sehr lebhaft, und wir konnten sie nur schlecht davon abhalten, dauernd von unserem Hof auf die Straße zu rennen. Die Autos fahren hier sehr schnell. Irgendwann ist es dann passiert.«
»Und der Tierarzt konnte sie retten?«
»Ach was, Tierarzt, wir sind hier auf dem Land! Ich habe sie eingesammelt und mit ins Haus genommen. Ich hätte ja nicht gedacht, dass sie überleben würde, aber nach ein paar Tagen war sie immer noch lebendig. Zum Kacken und Pinkeln musste sie rausgetragen werden. ›Niuniu, kacken?‹, habe ich gerufen, und wenn sie den Kopf gehoben hat, wollte sie raus. Sie ist ein sehr freundlicher Hund.«
»Läuft sie immer noch so gern auf die Straße?«
Die Besitzerin guckt verblüfft, dann lacht sie. »Zum Glück nicht! Ich glaube, das hat sie gelernt.«
Ein paar Kilometer weiter komme ich an einem Schäferhundmischling vorbei, der im Staub an einem Telefonmast angebunden ist. Er rennt im Kreis, springt mit Wucht in die Kette und bellt den vorbeifahrenden Fahrzeugen hinterher. Das Tier sieht verzweifelt aus, und ich frage mich, was mit ihm passieren wird. Vielleicht hat Niuniu es doch nicht so schlecht getroffen?
Nachdenklich und mit schmerzenden Füßen laufe ich an der Landstraße entlang, als ein Fahrradfahrer neben mir auftaucht, der nicht so recht in das Straßenbild passen will: Er fährt ein modisches Mountainbike, ist in eine dunkelblaue Outdoorjacke gekleidet und hat eine beigefarbene Schirmmütze auf dem Kopf. Sein gepflegter Bart lässt ihn für mich irgendwie aussehen wie einen Japaner. Ah, ein Japaner, denke ich, während er langsam von links an mir vorbeizieht und mich ungläubig bestaunt.
Als ich »Hello!« sage, erscheint ein scheues Lächeln auf seinem Gesicht. Dann beschleunigt er, sodass er bald im Verkehr verschwunden ist. Nach ein paar Hundert Metern sehe ich ihn wieder. Der Japaner hat die Füße auf dem Boden abgesetzt und macht sich an seinem Tacho zu schaffen. Ich denke, er hat wahrscheinlich Lust, sich zu unterhalten, und richtig. »Kannst du Chinesisch?«, fragt er mich, und er spricht es langsam und überdeutlich aus, während ich ihn in meinem Fußgängertempo überhole. Wohl doch kein Japaner, denke ich seltsam enttäuscht. Als ich seine Frage bejahe, hellt sich seine Miene auf, und er rollt langsam auf seinem Fahrrad neben mir her, um mir mehr Fragen zu stellen.
»Du kannst also Chinesisch!«
»Ein bisschen, ja.«
»Und du kommst aus …?«
»Ich komme aus Deutschland, und ich habe in Beijing gewohnt.«
»Und wo gehst du jetzt hin?«
»Nach Baoding!«
Er grinst und steigt ab. »Genau da will ich auch hin! Ich heiße Zhu Hui!«
Der will da auch hin? Natürlich, die Straße G308 führt nun mal direkt von Beijing nach Baoding. Und wie werde ich den jetzt wieder los? Ich will nicht mit irgendjemandem zusammen laufen, schon gar nicht mit einem Fahrradfahrer, den ich überhaupt nicht kenne.
»Ich gehe aber nicht direkt nach Baoding, sondern schaue mir auf dem Weg noch andere Sachen an. Und außerdem bin ich sehr langsam!«, erkläre ich, und es ist ein etwas hilfloser Versuch, ihm die Idee mit der gemeinsamen Lauferei auszureden.
»Hmm … was willst du dir denn angucken?«
»Da vorn kommen zum Beispiel die Zwillingspagoden von Zhuozhou.«
»Gut, dann begleite ich dich!«
In der mittelgroßen Stadt Zhuozhou beschreibt die Straße eine lange Kurve, die beidseitig von Geschäften und Gasthäusern gesäumt wird. Bunte Schriftzeichen prangen auf Backstein und Beton, dazwischen wuseln Fahrradfahrer und Fußgänger hin und her – nur von den berühmten Pagoden ist auf der Hauptstraße weit und breit nichts zu sehen. Mein neuer Mitreisender fragt jemanden nach dem Weg, und wir biegen in eine Gasse ein, die durch ein Labyrinth aus mehrstöckigen Mietskasernen führt.
Ich entziffere eine Werbung für Elektrogeräte auf einer weiß getünchten Mauer: JUBAOYUAN, Schatzquelle, steht dort, darunter stehen eine Wegbeschreibung zu einem Elektrogeschäft und eine Telefonnummer. Was für ein klangvoller Name für einen Laden, der wahrscheinlich Ventilatoren und Nasenhaarschneider verkauft, denke ich kichernd, da zupft mich Zhu Hui aufgeregt am Arm und deutet nach vorn, auf das Ende der Gasse. Und tatsächlich: Dort steht sie, eine einsame Pagode, nicht viel höher als die Häuser um sie herum, umgeben von einem zarten Netz aus Baugerüsten wie von einem überdimensionierten Trauerschleier.
Zu unserem großen Bedauern ist sie wegen Renovierungsarbeiten für Besucher geschlossen, aber es gibt ja noch ihre Schwester ein paar Straßen weiter. Als wir das Tor der zweiten Pagode erreichen, hören wir die Stimmen einiger älterer Damen, die sich angeregt unterhalten. Bei unserem Erscheinen werden sie schlagartig stumm und beobachten jede unserer Bewegungen mit argwöhnischen Blicken. Zhu Hui schließt umständlich sein Fahrrad ab.
»Tante, entschuldige bitte«, wendet er sich schließlich höflich an diejenige der Damen, die mit ihrem strengen Blick wie die Anführerin aussieht, »ich würde gern wissen, ob diese Pagode Eintritt kostet.«
»Ihr könnt hier nicht rein!«, blafft sie und erhebt sich von ihrem Sitz. Es ist klar: Sie ist hier die Anführerin, und dies ist ihre Pagode, die sie gegen uns Eindringlinge zu verteidigen bereit ist.
Wir sind verwirrt. »Und warum nicht?«, fragt Zhu Hui.
»Hier wird renoviert.«
»Aber hier sind doch gar keine Baugerüste zu sehen!«
»Guck auf das Schild!«, entgegnet die Anführerin.
An der hohen Mauer, die uns von der Pagode trennt, hat jemand eine rostige Plakette angebracht. ZUTRITT VERBOTEN steht da in ungelenker Schrift, und darunter: VORSICHT VOR DEN HUNDEN!!! Die drei Ausrufezeichen fallen so erbärmlich nach unten ab, dass es aussieht, als wäre die Person während des Schreibens von den Bestien zu Boden gerissen worden.
Ich bin untröstlich, dass ich die Pagode nicht näher betrachten kann, denn sie stammt noch aus der Zeit der Liao-Dynastie vor fast genau tausend Jahren, als dieser Teil Chinas in der Hand des Reitervolks der Khitan war. Die Khitan waren eifrige Buddhisten und talentierte Krieger, deren Herrschaft mehr als zweihundert Jahre andauerte, jedoch wurden sie in den folgenden Jahrhunderte, als Dschingis Khans Armeen über die Welt herfielen, in alle Winde zerstreut und verschwanden schließlich ganz. Nur einige wenige ihrer Bauwerke haben bis heute überdauert, darunter ebendiese beiden Pagoden in Zhuozhou.
Während ich einen Winkel suche, um über die Mauer hinweg ein paar Fotos von dem ehrwürdigen Gebäude zu machen, höre ich, wie die Damen untereinander tuscheln und sich schließlich die Anführerin an meinen Begleiter wendet. »Sag mal, woher kommt der eigentlich, dein ausländischer Freund?«, fragt sie, doch bevor er antworten kann, fügt sie schon verschwörerisch hinzu: »Und wo ist überhaupt sein Fahrrad?«
An diesem Tag halte ich es für das Beste, nicht weiterzugehen, sondern lieber im Ort eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Die Blasen an meinen Füßen machen mir zu schaffen, und vor allem an den beiden kleinen Zehen fühlt es sich bei jedem Schritt an, als würde mich jemand mit einem kleinen glühenden Hämmerchen traktieren. Zhu Hui ist mit einer Übernachtung in Zhuozhou einverstanden, zumal ihm eingefallen ist, dass er hier noch etwas vorhat. »Eine Verabredung«, sagt er und lacht. Wir laufen zusammen über die Marktstraße bis zu einem größeren Platz, tauschen Telefonnummern aus und versprechen, uns am nächsten Morgen wieder hier zu treffen. Dann ist er in der Menge verschwunden.
Ich bleibe einen Moment stehen. Was soll ich nur von diesem Zhu Hui halten? Er hat gesagt, er sei etwas über dreißig, arbeite als Fitnesstrainer in der westchinesischen Provinz Xinjiang, und im Moment fahre er mit seinem Fahrrad hier in der Gegend herum, um Seminare über Kampfkunst zu besuchen. Das Auffälligste an ihm sind sein Bart und seine angenehme Stimme – und die Tatsache, dass er oft und gern lacht.
Plötzlich machen meine Füße mir mit einem dumpfen Schmerz ihre Freude darüber deutlich, dass ich in der Ecke des Platzes einen Betonklotz mit winzigen Fenstern erspäht habe, auf dem in chinesischen Schriftzeichen das Wort HOTEL prangt. Das muss alles noch aus der Zeit vor der Kulturrevolution stammen, denke ich leicht angegruselt, als ich durch die düstere Eingangshalle zur Rezeption dieses Kaderhotels stolpere, um meinen Pass durch ein winziges Fenster zu schieben. Die Rezeptionistin und ich wechseln kühle Worte und ein paar abgegriffene Geldscheine, dann fülle ich ein Formular aus und bekomme meinen Schlüssel ausgehändigt. Mühsam besteige ich das Treppenhaus und blicke die scheinbar endlosen, menschenleeren Flure hinunter. Ein seltsames Gefühl der Beengtheit lässt mich meine Schritte beschleunigen.
Als ich mein Zimmer endlich gefunden habe, lasse ich mein Gepäck auf das eine Bett und mich selbst auf das andere fallen, breite die Arme aus und starre für eine Weile bewegungslos an die Decke. In einer Ecke baumelt eine kleine Spinne an einem Heizungsrohr. Zhu Hui ist irgendwo draußen unterwegs, und ich weiß nicht, ob ich ihn morgen oder überhaupt jemals wiedersehe. Den heutigen Abend werde ich auf jeden Fall ungestört für mich allein verbringen können; das bedeutet ein heißes Bad für die Füße und ein paar Stunden Zeit, um Bilder zu sortieren und Texte für meinen Blog zu schreiben. Ob ich die Blasen aufstechen soll, wie damals in Frankreich? Ich richte den Blick zum Fenster hinaus, wo der Himmel langsam alle Schattierungen von Grau bis Tiefschwarz durchgeht. Mit einem Mal wird mir kalt. Wie lange noch, bis der erste Frost kommt?
»Was lange getrennt war, wird sich vereinigen, was lange vereint war, wird sich trennen«, so lautet der erste Satz des berühmten, aus der Ming-Zeit stammenden Romans Die Geschichte der Drei Reiche von Luo Guanzhong.
Als ich auf dem Platz an der Marktstraße ankomme, steht da schon Zhu Hui mit seinem Fahrrad und grinst. »Guten Morgen, kleiner Lei!«, ruft er lachend über die Menschenmenge hinweg, und ich bemerke überrascht, dass ich mich tatsächlich ein bisschen freue, ihn zu sehen.
Wir kaufen ein paar Bananen zum Frühstück, dann machen wir uns auf den Weg. »Heute«, verkündet er mit theatralischer Geste, »werde ich mein Fahrrad schieben und zu Fuß gehen, genau wie du, um mal auszuprobieren, wie das so ist!«
Noch vor dem Ortsausgang machen wir an einer Schule halt, wo auf dem Hof gerade die Morgengymnastik stattfindet. Hunderte, nein Tausende von Jungen und Mädchen stehen mit gespreizten Armen hintereinander aufgereiht, während eine blecherne Lautsprecherstimme Parolen über sie hinwegplärrt. Im Hintergrund qualmen aus einem Schornstein Rauchschwaden in den tiefgrauen Himmel.
Die Schüler führen langsam die Arme über dem Kopf zusammen, und ich muss an Juli denken. Vor nicht allzu langer Zeit, in einer ähnlichen Schule im grün überwucherten Südwesten des Landes, muss auch sie so dagestanden haben: das Haar zu zwei Zöpfen gebunden, die Arme von sich gestreckt, der Kopf voller Träume. Ob damals schon ihre Idee vom Studium im fernen Deutschland entstanden ist?
»Hello!« Ein paar Schülerinnen haben uns entdeckt und den Mut aufgebracht, uns auf Englisch anzusprechen. »How are you doing?«, fragen sie, und ich antworte langsam und sehr deutlich: »Fine, thank you.« Auf meine Gegenfrage »And how are you?« ernte ich jedoch nur ein Kichern hinter vorgehaltener Hand.
Ein Lehrer tritt hinzu, fragt, was wir hier wünschen, und als ich antworte, wir seien ein Deutscher und ein Japaner, werden wir kurz und bestimmt zu einem kleinen Rundgang durch die Schule eingeladen. Zhu Hui muss sich sichtlich anstrengen, nicht loszulachen, während Hunderte Schüler um uns herumstehen und aufgeregt dabei zusehen, wie ich dem Schuldirektor die Hand schüttele, ein paar offiziell anmutende Fotos knipse und mich in Lobhudeleien über die Schule und die Stadt Zhuozhou ergehe.
Als wir wieder auf der Landstraße sind, prustet Zhu Hui los. »Die dachten echt, ich käme aus Japan! Ha!«
Dann bleibt er stehen und schaut mich betroffen an: »Du, sag mal, sehe ich wirklich aus wie ein Japaner?«
Nach nur ein paar Kilometern auf dem staubigen Seitenstreifen der Landstraße kommen wir an einer weiteren Schule vorbei. Hinter einem hohen Zaun am Straßenrand liegt ein mit roten und blauen Filzmatten ausgelegter Platz. Ich sehe Schwerter und Stöcke. Ein bulliger Trainer steht am Rand und gibt seinen Schülern mit einem Stab Anweisungen. Zhu Hui ist entzückt.
»Eine Kampfkunstschule!«
Die Jungs und Mädchen, allesamt in Rot-Weiß gekleidet und ungefähr im Grundschulalter, schielen bei ihren Übungen zu uns hinüber. Einige lächeln schüchtern, und das eine oder andere Kichern ist zu hören. Als der Trainer uns bemerkt, verharrt er kurz und winkt uns dann wortlos in das Schulgebäude hinein.
Es muss ein hartes Leben für die Kleinen hier sein, denke ich, als ich durch die menschenleeren Schlafquartiere im Obergeschoss schleiche. Zhu Hui ist mit den Lehrern unten im Empfangsraum geblieben und unterhält sich mit ihnen über Trainingsmethoden, während ich mit meiner Kamera auf Motivsuche gegangen bin.
Mir scheint, das Leben der Kinder in dieser Schule besteht im Wesentlichen aus zwei Dingen: Disziplin und Anspruchslosigkeit. Sie schlafen jeweils zu zwölft in einem gefliesten Raum, in dem es außer grünen Stockbetten keine anderen Möbel gibt. Persönliche Besitztümer suche ich vergebens, dafür hängt ein handgeschriebener Stundenplan an der Wand: Wecken um zehn nach sechs, Licht aus um halb neun, und dazwischen ist jede Stunde mit Übungen, Unterricht, Mahlzeiten und Saubermachen verplant. Ein Wochenende gibt es hier nicht, jeder Tag gleicht dem anderen.
Wie aus dem Nichts taucht ein schüchternes Mädchen hinter mir in der Tür auf. Die Lehrer haben sie zu mir geschickt, damit ich mit ihr ein Interview machen kann. Zhu Hui muss ihnen erzählt haben, ich sei ein Journalist oder so etwas, denke ich und bitte sie der Einfachheit halber erst mal, für ein Foto zu posieren. Sie ist fünfzehn Jahre alt und seit einem halben Jahr an dieser Schule. Ursprünglich sei sie zum Abnehmen hierhergekommen, erklärt sie mir, und, tatsächlich, sie sieht ein bisschen pummelig aus.
»Früher war ich sehr dick«, sagt sie mit einem scheuen Lächeln, »deshalb haben mich meine Eltern für sechs Monate an diese Schule geschickt.«
»Und jetzt kannst du bald nach Hause?«
»Eigentlich schon«, das Lächeln wird breiter, »aber ich bleibe noch. Es gefällt mir hier!«
Im Empfangsraum ist Zhu Hui mit den beiden Lehrern in eine zigarettenverqualmte Unterhaltung vertieft. Ich bekomme einen Becher Tee und schlendere damit an der Pokalwand entlang, als die Tür aufgeht und der bullige Trainer hereinkommt. Aus der Nähe sieht er mit seinem Bürstenhaarschnitt, den breiten Wangenknochen und dem eckigen Kinn sogar noch brachialer aus als vorhin.
»Ah, aus Deutschland!«, ruft er, als ich mich vorgestellt habe, und noch ehe der Tee in meinem Becher auf eine trinkbare Temperatur abgekühlt ist, bin ich bereits in eine Diskussion über die Rolle der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg verwickelt.
Die Gespräche wiederholen sich immer wieder, seit ich in China bin: Die Deutschen, das sei ein mächtiges, ein überlegenes Volk gewesen und Hitler ein Visionär! Man habe damals mit hochtechnisierten Waffen an mehreren Fronten gekämpft und letzten Endes trotz allen Heldenmuts verloren. Im Übrigen seien die japanischen Teufel die eigentlichen Übeltäter!
Als Zhu Hui und ich wenig später wieder auf unserer Landstraße sind und uns über die Theorien des Trainers lustig machen, bin ich froh, dass mein Reisegefährte nicht nur sehr umgänglich ist, sondern zudem auch immer für eine Überraschung gut.
»Komm, wir gehen einen kleinen Umweg!«, sagt er unvermittelt und deutet auf einen Seitenweg abseits des brausenden Verkehrs. »Da vorn befindet sich der Pfirsichhain des Freundschaftsschwurs – den müssen wir uns unbedingt ansehen!«
Ich kann es kaum glauben: Diesen legendären Ort aus der Geschichte der Drei Reiche gibt es tatsächlich? Und er soll hier auf unserem Weg liegen, mitten in der nordchinesischen Tiefebene? Vor meinem inneren Auge erstehen aus dem Laub Hünen mit Hellebarden und Waffenröcken, mit langen schwarzen Bärten und grimmigen Gesichtern. Als wir auf den birkengesäumten Weg einbiegen, beginnt Zhu Hui begeistert zu erzählen, und schon liegt die brummende Volksrepublik des einundzwanzigsten Jahrhunderts weit hinter uns, und die Luft ist erfüllt vom Hufgetrappel, Kampfgeschrei und Waffengeklirr vergangener Zeiten.
Im Jahr 184 nach Christus, fast ein halbes Jahrtausend nachdem der berüchtigte Kaiser Qin Shihuang das chinesische Kernland geeint hatte, lag die zweite Dynastie, das Haus der Han, in ihren letzten Atemzügen: Missernten, Überschwemmungen und einfallende Nomadenhorden hatten das Reich in seinen Grundfesten erschüttert. Im kaiserlichen Palast kauerte ein unfähiger Lüstling auf dem Thron, der hilflos im Intrigennetz seiner Berater und Eunuchen gefangen war. Wütende Aufstände brachen überall los, und in den Provinzen erhoben sich Kriegsherren, um die Macht an sich zu reißen.
Der aus dieser Situation entstehende Bürgerkrieg, der fast einhundert Jahre andauern sollte, fegte die kaiserliche Dynastie hinweg und spaltete das Land in drei verfeindete Lager, die miteinander erbittert um die Macht rangen. Diese Epoche ging später in die chinesische Geschichtsschreibung als »Zeit der Drei Reiche« ein und sollte den asiatischen Kulturraum über fast zwei Jahrtausende hinweg mit Legenden von Schlachten, Strategen und heldenhaften Kämpfern versorgen.
Wer hätte gedacht, dass die kleine Stadt Zhuozhou mit ihren Birken und Getreidefeldern in dieser Geschichte eine so bedeutende Rolle spielte? Im Frühling ebenjenes Jahres 184 traf hier ein Schuhmacher auf einen Metzger und einen Soldaten. Einer anfänglichen Auseinandersetzung folgte ein Gespräch über die Aufstände, die das Reich bedrohten. Am nächsten Tage kamen die drei im Garten des Metzgers zusammen, ließen Weinbecher kreisen und schworen sich unter den weißen und rosafarbenen Blüten der Pfirsichbäume ewige Treue im Kampf um das Reich. Noch im selben Jahr gründete der Schuhmacher, der aus einem verarmten Adelsgeschlecht stammte und entfernt mit dem Kaiserhaus verwandt war, das westliche der Drei Reiche, den kriegerischen Staat Shu, und machte seinen Namen Liu Bei in ganz China mit Donnerhall bekannt.
Seine beiden Freunde, General Zhang Fei, der Metzger, der sein Messer gegen einen prachtvollen Schlangenspeer eintauschte, und General Guan Yu, der riesenhafte Bartträger mit der Hellebarde, gingen als Beispiele für Kampfesmut und Treue in die Geschichte ein.
Bis heute wird Zhang Fei mit weit geöffneten, kreisrunden Augen abgebildet, um auszudrücken, dass er dem Schlaf zu entsagen gelobte, um seinen Freund und Kaiser Liu Bei rund um die Uhr beschützen zu können. Und Guan Yu ist mittlerweile sogar in den Kreis der Götter aufgestiegen: Millionenfach hängt sein Abbild in den Haushalten und Geschäften Chinas, ein bärtiger Gott des Krieges, der sich im Verlauf der Jahrhunderte zum Beschützer vieler verschiedener Lebensbereiche gewandelt hat und besonders in Südchina eine der beliebtesten Gestalten der Mythologie überhaupt ist.