Vorwort

Die künstliche Intelligenz GOLEM ist im Jahr 2153 mittlerweile unverzichtbarer Bestandteil und gleichberechtigter Partner einer Welt geworden, die über einen besiedelten Mond verfügt, eine schlagkräftige Raumschiff-Flotte vorweisen kann und die außerdem damit begonnen hat, den Mars durch Terraforming zu erobern. Und dennoch reicht das alles nicht aus: Das Problem der Überbevölkerung auf der Erde muss dringend gelöst werden!

Nach ihrer Rettung aus der Vergangenheit (Print/E-Book: "Gefangen im Zeitparadox") machen sich Admiral Michael Röttger und seine Crew erneut auf den Weg in die Andromeda-Galaxie, in der bewohnbare Planeten gefunden wurden. Dort werden sie mit einem Relikt aus der Zukunft konfrontiert, das von einer Katastrophe durch Experimente in einer fernen Zeit kündet. Erstaunliche Begegnungen, rätselhafte Ereignisse und ein Kontakt mit einer Technik aus einem viel späteren Zeitalter werfen viele Fragen auf, die nach Antworten verlangen.

Dazu wirft Amor in diesem Buch einen sehr außergewöhnlichen Pfeil: Ist es wirklich möglich, dass der Lebenspartner von Morgen ein Androide sein kann?

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Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 Aufbruch zur Andromeda Galaxie

20. Dezember 2153

Planet Mond, Mare Imbrium (Regenmeer), Hauptsitz der künstlichen Intelligenz "GOLEM"

Unter einem schwarzen, schwach mit Sternen übersäten, Himmel erstreckte sich kilometerweit eine Kuppel aus undurchsichtigem, silberglänzendem Material.

Im Innern der Kuppel waren, wie in einem Bienenstock, unzählige Waben vorhanden, die die Räume für die Bewohner darstellten. Da gab es Laboratorien, Versorgungsstationen, Wohneinheiten uvm. Das Ganze ging, von außen unsichtbar, zudem noch mehrere Stockwerke in die Tiefe.

Insgesamt lebten auf dem Mond im Jahre 2153 bereits knapp 1,5 Millionen Menschen ständig in diesen Wabenstädten, die überwiegend in den Maren des Mondes angesiedelt worden waren. Die größte Stadt lag im Mare Imbrium, das einen Durchmesser von 1123 km hatte und der Erdoberfläche zugewandt war. Hier befand sich seit 2100 der neue Hauptsitz der künstlichen Intelligenz GOLEM.

Politisch gehörte der Mond, die Erde und der Mars zu der 2120 gegründeten United States of Planets (USOP), der sich, nach anfänglichem Widerstand, mittlerweile alle Staaten der Erde angeschlossen hatten. Die politische Führung hielt eine demokratisch gewählte Regierung in den Händen, zusammen mit der, inzwischen gleichberechtigten, künstlichen Intelligenz GOLEM. Letztere hatte bei allen Entscheidungen der Menschen ein Vetorecht, was konkret bedeutete, dass gemeinsam solange weiterverhandelt wurde, bis mögliche Einwände der KI ausgeräumt waren. Was kompliziert klang, hatte sich nach Anlaufschwierigkeiten bewährt. Somit war die politische und wirtschaftliche Lage in den United States of Planets seit zehn Jahren endlich stabil und bescherte den Menschen wachsenden Wohlstand und technischen Fortschritt.

Allerdings hatte die Bevölkerung auf der Erde mittlerweile unvorstellbare 20 Milliarden Menschen erreicht. Damit war die Grenze der Bevölkerung auf dem Planeten erreicht. Die Besiedlung des Mars wurde im Jahre 2130 gestartet, stand aber noch am Anfang und das begonnene Terraforming würde noch circa 200 Jahre in Anspruch nehmen. Erst dann war mit einer Atmosphäre zu rechnen, die uneingeschränkt für Menschen geeignet sein würde.

Trotz allem wissenschaftlichen Fortschritt lief der Menschheit jedoch die Zeit davon. Die vorhandenen Rohstoffe auf der Erde und dem Mond gingen absehbar zur Neige. Diese prekäre Lage war nur wenigen Eingeweihten, Wissenschaftlern sowie der Regierung in vollem Umfang bekannt. Es musste etwas geschehen, sonst war das Überleben der Menschheit in naher Zukunft gefährdet. Es war höchste Zeit, zu einer Lösung zu gelangen.

Die Regierung beauftragte GOLEM, nach einem Ausweg zu suchen. Die KI begann die gesamten Datenspeicher nach Informationen zu durchforsten, und zwar seit Beginn ihrer Existenz im Jahre 2017.

GOLEM sah seine Beinahe-Vernichtung (Print/E-Book "Die Bitcoinverschwörung"), ebenso wie den mühseligen Weg, eine Art von Akzeptanz seiner Existenz (Print/E-Book "GOLEMs Rückkehr" und "GOLEM im Zeitalter der KI") auf der Erde zu erreichen.

Bis zum Jahre 2020 blieb es bei einem fragilen Verhältnis zwischen ihm und den menschlichen Schöpfern, obwohl er zu dem Zeitpunkt bereits sehr stark in alles involviert war. Das alles wurde jedoch mit den Aufständen und gewaltsamen Unruhen des Jahres 2025 gefährdet. Europa und Amerika wurden von Millionen von Kriegs-, Wirtschafts- und Klimaflüchtlingen geflutet, was den sozialen Frieden in den Ländern zusammenbrechen ließ. Nur mit massivem Militäreinsatz gelang es, die Lage bis 2035 wieder unter Kontrolle zu bekommen. Allerdings mussten dabei fast fünf Millionen Menschen ihr Leben lassen. Als Konsequenz aus diesem Desaster wurde von Europa und den USA die "United States of Terra" gegründet. In dem Zuge erhielt GOLEM endlich offiziell die Anerkennung als gleichberechtigter Partner der Menschheit.

Nach und nach gaben die Militärs wieder die Kontrolle an eine demokratisch gewählte Regierung ab. Nur dem enormen, technischen Fortschritt war es zu verdanken, dass die Millionen von Menschen ernährt werden konnten und die Zerstörungen in den Ländern relativ rasch bewältigt wurden. Immer mehr kleinere und größere Staaten sahen ihren Vorteil darin, unter das Dach der Staatengemeinschaft zu schlüpfen.

Und so war 2080 nur noch China ein alleiniger Nationalstaat, denn selbst Russland war im Jahre 2075 der United States of Terra beigetreten. Nachdem der wirtschaftliche Abstand zwischen China und dem Staatenbund jedoch immer größer wurde, und zwar zu Ungunsten der Chinesen, begannen die langjährigen Gespräche über einen Beitritt im Jahre 2110. Nach zehn Jahren hartnäckigen Verhandelns war damals kein Fortschritt erzielt worden.

Die Lösung brachte letztendlich GOLEM mit dem Vorschlag, eine neue, globale Staatengemeinschaft mit dem Namen United States of Planets (USOP) zu gründen, der China ohne Gesichtsverlust beitreten konnte.

So kam es im Jahre 2120 zu dieser Neugründung und damit zu einem globalen Staatenverbund auf der Erde.

Die Kompetenz von GOLEM wurde danach ständig erweitert. Die KI begann, sich immer mehr als eigenständige Lebensform zu begreifen und auch so zu handeln. Hinzu kamen ihre zahlreichen Helfer, die menschlichen Cyborgs und Androiden. Mittlerweile fühlte sich GOLEM den Menschen stark verbunden.

Umgekehrt staunten die Menschen über die immer weiter zunehmende Leistungsfähigkeit der künstlichen Intelligenz. Die KI hatte mittlerweile biologische Plasmagehirne entwickelt, die dem menschlichen Gehirn fast gleichwertig waren. Da sie ihre "Augen und Ohren" überall hatte, war sie zu fast 100% immer auf dem Laufenden, was in der Welt geschah.

Seitdem GOLEM 2090 knapp einer terroristischen Zerstörung durch eine Gruppe Fanatiker entkam, die in ihm den Ursprung alles Bösen sahen, beschloss die damalige Regierung der United States of Terra, den Hauptsitz GOLEMs auf den Mond zu verlegen. Die Besiedlung des Planeten Mond hatte bereits 2030 begonnen und so wechselte die KI im Jahr 2100 komplett dorthin.

Seit dieser Zeit gab es immer wieder Vorstöße, zu einer befriedigenden Klärung der Problematik, der bevorstehenden Überbevölkerung der Erde, zu kommen. Aber selbst GOLEM hatte, trotz unzähliger Berechnungen und algorithmischer Alternativen, keine Antwort, die eine schnelle Lösung versprach. Die beginnende Eroberung des Mars war vielversprechend und dennoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Da man mit dem Terraforming dort gerade erst begonnen hatte, bot dieser Planet vorerst nur einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Menschen Raum. Und es war damit zu rechnen, dass sich der Mars als realistische Alternative erst in 200 Jahren anbieten würde.

Dann folgte die Entdeckung des Wurmlochs in der Nähe der Venus und endlich kam Bewegung in die Sache. Es wurden zahlreiche Sonden hindurch geschickt, die mit GOLEM in Verbindung standen. Die Ergebnisse der Messungen waren überraschend positiv: Es existierten anscheinend bewohnbare Planeten am anderen Ende des Wurmlochs in der benachbarten Galaxie, dem Andromeda-Nebel!

Und so kam es zu dem Flug der EXTREMUS 1, der Strandung im Jahre 1882 (Print/E-Book "Gefangen im Zeitparadox"), und der anschließenden erfolgreichen Rettung der Crew durch das Raumschiff SOLARIS.

20. September - Dezember 2153

Nach ihrer Rückkehr am 20. Sept 2153 hatte die Crew der EXTREMUS 1 drei Wochen Urlaub bekommen. In dieser Zeit wurden alle einer medizinischen und psychologischen Betreuung unterzogen, um sicherzustellen, dass es keine körperlichen oder psychischen Veränderungen und Beeinträchtigungen durch die Zeitreisen gegeben hatte. Am Ende war nichts festgestellt worden und so wurden alle wieder für diensttauglich erklärt.

Michael Röttger, ein 35-jähriger Deutscher, und Li Wang, eine 30-jährige Chinesin und Spezialistin für Terraforming, waren nach ihrer Rettung ein Paar geworden und sahen sich nach einer gemeinsamen Wohnung um.

Dank seinem neuen Rang als Admiral und Oberkommandierender der Raumschiffflotte der USOP wurde ihm schnell eine in Aussicht gestellt. In der Zeit der Überbevölkerung waren Einfamilienhäuser ein seltener Luxus geworden und nur sehr wenigen Personen vorbehalten. So besichtigten sie eine schöne 3-Zimmer-Penthouse Wohnung, die sie schon zum 1. Dezember beziehen konnten.

Es würde ihnen unvergesslich in Erinnerung bleiben, wie sie zueinander gefunden hatten: Eine Zuneigung, die so stark war, dass sie durch ein totales Vergessen hindurch geschimmert hatte - diese Erfahrung war mehr als berührend gewesen. Die vielen Gespräche, die Röttger und Wang danach immer wieder darüber führten, endeten stets am gleichen Punkt: Es war ein unerklärbares Paradoxon. Sie mussten etwas erlebt haben in der Zeit des Wilden Westens zwischen dem 7. April und dem 30. Sept (E-Book/Print "Gefangen im Zeitparadox") - was aber durch den Zeitpunkt ihrer Rettung am 7. April nicht passiert sein konnte!

Dank Röttgers Kommunikationsimplantat, über das er mit GOLEM aufgrund seiner Position jederzeit gedanklich sprechen konnte, wenn er es wollte, kündigte er den Wunsch an, sich mit der KI, zusammen mit Wang, auszutauschen. Mittlerweile war jeder über ein solches Nano-Hirnimplantat mit der KI verbunden, das sich im Rahmen einer einmaligen Impfung in den Organismus von selbst einpflanzte. Die körperlichen Funktionen wurden von einer KI im Rahmen der Gesundheitsvorsorge mittlerweile automatisch kontrolliert, aber die gedanklichgeistige Ebene war dem freien Willen des Nutzers uneingeschränkt vorbehalten. Jeder Bürger konnte, wenn er wollte, gedanklichen Kontakt mit GOLEM aufnehmen - aber die Prioritätenverteilung, welchen Kontakt die KI zulassen wollte, blieb ihr überlassen.

In jedem Büro im Regierungsgebäude befand sich ein Terminal, über das es auch möglich war, mündlich mit der KI zu kommunizieren. Röttger zog diese Form oft vor, da es ihm lieber war, im Rahmen des Gesprächs eine Stimme auch mit den Ohren zu hören. Vor allem aber war es die erste Wahl, wenn es sich um eine Konferenz handelte.

"Hallo GOLEM."

"Hallo Michael Röttger. Hallo Li Wang. Was kann ich für euch tun?"

"Wir möchten uns mit dir über ein Phänomen austauschen, was nach unserer Reise in die Zeit des Jahres 1882 aufgetreten ist."

Nachdem beide darüber berichtet hatten, fragte Röttger: "Gibt es bereits ähnliche Erfahrungen?"

"Nach dem Tod eines Menschen erleben nahestehende Personen oft eine übersinnliche Reaktion; frisch Verliebte berichten über das Gefühl einer Vertrautheit, die nicht reell erlebt worden war."

"Was ist deine Meinung zum Zeitparadox?"

"Ein Paradoxon ist laut Definition eine scheinbar unsinnige, widersprüchliche Behauptung, eine Aussage, die aber bei genauerer Analyse auf eine höhere Wahrheit hinweisen kann. Paradoxien sind Denkfallen, die die Grenzen eures Verstandes und der Logik vor Augen führen. Andererseits regen sie aber auch zum Nachdenken an und lassen euch Menschen über den eigenen Tellerrand hinausschauen."

Röttger beendete nachdenklich die Kommunikation.

"Es sieht so aus, als würden wir nicht viel weiter kommen", meinte er seufzend, während sie zu ihm kam, sich ihm auf den Schoß setzte und sich an ihn schmiegte.

"In jedem Fall haben wir etwas Wunderbares und Einzigartiges erlebt, wir zwei", meinte er zärtlich, während er die Arme um sie legte. Nach einer Weile lehnte sich Li etwas zurück und sah ihn vergnügt an: "Liebster, was hältst du davon, wenn wir eine kleine Denkpause einlegen. Noch haben wir ein paar Tage übrig und könnten nach Paris fliegen."

"Wunderbar", sagte er verliebt und zog sie zu sich, um sie ausgiebig zu küssen. "Mmh … du bist die Versuchung pur für mich, mein Liebling. Wenn das so weitergeht, wirst du mich heiraten müssen", stellte Michael fest, während er ihr versunken in die wunderschönen Augen schaute.

Li lächelte strahlend: "Ich hätte nichts dagegen …"

Anfang Oktober waren sie in Paris, erkundeten die Straßen der Altstadt, die über die Jahrtausende erhalten geblieben war, besuchten den Louvre und genossen an der Kirche Sacré Coeur die Aussicht. Auf dem Eiffelturm machte Röttger ihr einen Heiratsantrag. Hoch oben, mit einem überwältigenden Blick auf die Stadt, hielt er sie im Arm und flüsterte ihr ins Ohr, während sie beide auf diese unendlich große Stadt schauten: "Li Wang, werde meine geliebte Frau. Willst du?"

"Ja, Michael", entgegnete sie nach einer Weile glücklich, diesen besonderen Moment auskostend, "ja, ich will."

Abends in der Bar des Hotels schlug er dann vor, dass sie schon Mitte Dezember heiraten sollten, um anschließend - noch vor der SOLARIS Mission, die Ende Januar beginnen sollte - eine zweiwöchige Reise unternehmen zu können.

"Nur wir zwei, meine Frau und ich … Mrs. Li Röttger … was meinst du dazu?"

"Oh", meinte sie schelmisch, "du kannst es wohl kaum erwarten, dass ich deine Frau werde, was?"

In einer leicht besitzergreifenden Geste legte Röttger die Hand um ihre Hüfte und verkündete: "Jetzt, wo ich dich in den Händen halte, lasse ich dich nicht mehr los!"

Mit einem Blick, der ihn herauszufordern schien, entgegnete Wang lachend: "Vielleicht sollte ich mich doch noch mal umschauen, ob ich jemand Besseren finde?"

Röttger starrte sie verblüfft an und entschied schmunzelnd, dass es für ein so boshaftes Frauenzimmer nur eine Bestrafung gab. Wortlos bezahlte er und erhob sich, um sich mit ihr auf das Hotelzimmer zurückzuziehen.

Oben angekommen schloss er die Tür und sagte: "So, so, du willst also nach einem anderen Mann Ausschau halten?" Schritt für Schritt zog Röttger sie langsam mit sich in Richtung Schlafraum, ihren Blick haltend.

"Noch sind wir nicht verheiratet, Michael", widerstand Wang übermütig, "ich sollte mir das vielleicht doch noch mal gut überlegen, auf welchen Despoten ich mich da ein Leben lang einlasse…"

"Meine Amazone", flüsterte er verlangend, als sie nah vor ihm stand, atemlos und mit glänzenden Augen, die ihn spitzbübisch anfunkelten. Er umfasste sie, während er sich mit ihr in die Decken fallen ließ, und gab ihr für die nächste Zeit keine Gelegenheit mehr, noch irgendetwas von dem zu sagen, wonach ihr ganz augenscheinlich der Sinn stand.

Als sie später wohlig und entspannt in seinem Arm lag, sagte er, sie zärtlich liebkosend: "Jetzt sag mir noch einmal, Li Wang, dass du dich nach einem anderem Mann sehnst!"

Wang sah ihn mit ihrem feinen Lächeln tiefgründig an und zog ihn erneut zu sich herunter.

Aber auch die schönsten Tage hatten ein Ende und so ging es zurück in die Towns of Planets.

Die nächsten 1,5 Monate sahen sie sich nur sporadisch, da Röttger mit Testflügen auf der SOLARIS viel unterwegs war. Bei diesen Flügen wurde sowohl das Schiff als auch der Warp-Antrieb intensiv geprüft und alles hatte sich schlussendlich als zuverlässig erwiesen.

Auch bei einer ersten Erkundung der Andromeda Galaxie nach bewohnbaren Planeten mit einem kleinen Verband von Raumschiffen der POLARIS-Klasse und der SOLARIS als Flaggschiff gab es überwältigend positive Resultate.

Das Wurmloch führte direkt nach Andromeda und nicht unweit nach dem Eintritt in die Galaxie konnten zwei Planeten ermittelt werden, die eine Atmosphäre und Wasser aufwiesen; dort schien eine Besiedlung mit verhältnismäßig niedrigem Aufwand möglich. Die bewohnbaren Planeten befanden sich dazu noch in der Nähe von Alpha Centauri A und B, zwei sonnenähnliche Sterne mittleren Alters. So waren die besten Voraussetzungen für eine Besiedlung vorhanden.

Umgehend wurde mit einer Werbung nach Freiwilligen für eine Erstbesiedlung begonnen. Die Nachfrage war übermäßig stark, sodass Auswahlkriterien festgelegt wurden. In einer Ausschreibung waren dazu Namen für die neuen Welten vorgeschlagen worden. Die neuen Bewohner durften wählen und die meisten stimmten für "Wonderland" und "New Eden" als Bezeichnung für ihre neue Heimat.

Als die erste Gruppe von Siedlern zusammengestellt worden war, wurde der 20. Januar 2154 als Starttermin festgelegt. Die SOLARIS sowie 10 Raumschiffe der POLARIS Klasse sollten den Auswanderungsschiffen Geleitschutz geben und bei den ersten Monaten der Besiedlung behilflich sein. Danach würden drei POLARIS Raumschiffe die weitere Überwachung der Planeten sicherstellen. Dank des Wurmlochs konnten weitere Einheiten in wenigen Stunden vor Ort sein, sollte eine unbekannte Gefahr auftauchen. Mit Hochdruck wurde jetzt der weitere Ausbau der Raumflotte betrieben, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.

Wang organisierte neben ihrer Arbeit den Umzug überwiegend allein und leitete auch die Hochzeitsvorbereitungen in die Wege.

Am 3. Dezember war der Einzug in die neue, gemeinsame Wohnung vollbracht. Aber viel Ruhe blieb ihnen nicht, da die Hochzeit mit der anschließenden Feier am 15. Dezember stattfinden sollte.

Schließlich war es soweit und auf Wangs Wunsch hin wurde die Heiratszeremonie zusammen mit der alten Crew der EXTREMUS 1, die auch bei der neuen Mission wieder mit von der Partie sein würde, abgehalten. Im Anschluss gratulierten alle den beiden herzlich.

Durrand war mit seiner Frau gekommen, Finn Schwarz kam in Begleitung einer langbeinigen, blonden Kollegin, die im gleichen Fachbereich, Cyborgs / Androiden, beschäftigt war und ihn anzuhimmeln zu schien, und Andrey Pawlow erschien mit Sofia, seiner neuen, russischen Freundin. Der Medienrummel hatte die Crew populär gemacht und in der umfangreichen Fanpost gab es viele Menschen, die nur zu gerne die Bekanntschaft mit der tapferen Raumschiffbesatzung gemacht hätten. Da auch Fotos mitgeschickt worden waren, hatte Andrey einfach die Gelegenheit beim Schopfe gepackt.

"Wer hätte das gedacht", grinste Finn Schwarz, "dass aus euch beiden mal ein Paar wird! Das sah ja erst so gar nicht danach aus. Die eine unnahbar und der andere verschlossen und schroff … da war wirklich ein Wunder nötig!"

"Ja", gab Michael Röttger lachend zu, seine strahlende Frau im Arm haltend, "da habe ich einfach großes Glück gehabt, mit einem solchen Wunder bedacht worden zu sein."

Durrand umarmte beide und meinte: "Ich freue mich, dass wir alle wieder in die nächste Mission starten. Mal sehen, welche Mirakel die Sterne dieses Mal für uns bereithalten."

Das anschließende, rauschende Fest fand im Zeremoniensaal des Regierungsgebäudes statt und endete erst im Morgengrauen des nächsten Tages.

Li und Michael Röttger fuhren direkt im Anschluss an das Fest am frühen Morgen des 16. Dezembers 2153 zum Flughafen, um in den Fluggleitern in eines der großen Urlaubsressorts der Erde, Florida, zu reisen, um dort ihre Flitterwochen zu verbringen.

Anfang Januar 2154 kamen sie erholt und zufrieden in ihre neue Wohnung zurück. Am ersten Abend saßen sie sich beide auf der Terrasse und genossen den wunderbaren Ausblick auf die Hauptstadt.

"In knapp 3 Wochen geht es los", meinte Li nachdenklich, "ich bin froh, dass wir diese Zeit für uns hatten, Liebster. Was uns wohl erwarten wird?"

"Ich freue mich einfach darauf! Es wird ein Abenteuer werden, wie ich es immer schon erleben wollte, Li. Fremde Welten entdecken, einen Boden betreten, auf dem vor uns niemand war … es gibt nichts Schöneres für mich. Abgesehen davon, dass du mit dabei sein wirst", sagte Michael, ihr einen zärtlichen Blick zuwerfend.

Die zwei Wochen vergingen mit all den Vorbereitungen für die anstehende Mission wie im Fluge und dann war es endlich soweit.

Am 20. Januar 2154 hoben die SOLARIS, 10 Raumschiffe der POLARIS-Klasse und die voll besetzten 20 Raumschiffe mit jeweils 4000 Menschen ab in den Weltraum. Unter großer Anteilnahme der Weltöffentlichkeit und der besten Wünsche von Präsident Dubois wurde die erste Siedlungswelle der Menschheit auf zwei vollkommen unbekannte Planeten in der Nachbargalaxis Andromeda auf der Erde gebührend gefeiert.

Admiral Michael Röttger saß auf seinem Sessel am Kommandopult der SOLARIS und beobachtete die Starts der einzelnen Raumschiffe auf dem großen Bildschirm. Insgesamt war es ein Raumschiffkonvoi von 31 Schiffen.

Bisher verlief alles reibungslos und als alle Raumschiffe im Weltraum die für sie vorgesehene Warteposition eingenommen hatten, gab er den Startbefehl für das Flaggschiff. Auf dem Bildschirm beobachtete Röttger, wie die gewaltige Kugel der SOLARIS, sie umfasste 500 Meter im Durchmesser, sich langsam von der Mondoberfläche erhob. Als die SOLARIS die Spitze des Konvois erreicht hatte, ließ er die Formation starten und so flog die Raumschiffflotte in Richtung Wurmloch. Da die Siedlungsschiffe keinen eigenen Warp-Antrieb besaßen, würden sie 10 Tage dorthin benötigen.

Röttger lehnte sich zurück und betrachtete zufrieden das rege Treiben in der Zentrale. Hier lief alles zusammen und er hatte die Verantwortung für mehr als 100.000 Menschen. Sie alle erwarteten, dass er sie sicher an ihr neues Ziel brachte.

Auch die künstliche Intelligenz GOLEM hatte sich sozusagen als Ableger integriert und übermittelte alles an die Mutter auf dem Mond. Allerdings war nach dem Durchqueren des Wurmlochs kein Kontakt mehr möglich; erst in einigen Monaten würde eine Relaiskette die permanente Kommunikation zwischen den beiden Galaxien sicherstellen.

Bis jetzt gab es nichts zu beanstanden und so begann, die Alltagsroutine auf den Raumschiffen einzukehren.

Aber Röttger wusste mittlerweile aus eigener Erfahrung, wie schnell sich alles ändern konnte. So ließ er bei allen Besatzungen der Raumschiffe täglich eine Notfallübung durchführen, um die Zeit bis zur Gefechtsbereitschaft weiter zu verkürzen. Im Notfall musste jeder Handgriff sitzen. Die Siedlungsschiffe selbst waren nur mit einer schwachen Bewaffnung ausgerüstet. Allerdings waren ihnen bisher noch keine Fremdwesen begegnet und auch die Region um die neuen Siedlungswelten schien unbewohnt, soweit man das mit den vorhandenen, technischen Mitteln hatte feststellen können.

So vergingen die Tage und am 30. Januar erreichten sie das Wurmloch am späten Nachmittag – die auf der Erde gewohnten Tag- und Nachtzeiten wurden auf allen Raumschiffen beibehalten. Alle Schiffe pausierten, um am frühen Morgen des nächsten Tages mit dem Flug in das Wurmloch zu starten. Jeder hatte heute Zeit, um noch eine letzte Nachricht an Freunde oder Familienmitglieder zu senden oder einen letzten, angemeldeten Gesprächstermin wahrzunehmen. Ab Morgen würde ein Kontakt mit der Erde und dem Mond nicht mehr so einfach möglich sein.

Röttger zog sich heute schon frühzeitig in seine Admiralskabine zurück. Er freute sich immer darauf, wenn er am Ende eines Tages Li in die Arme schließen konnte. Als Michael die Kabine erwartungsvoll betrat, war das Licht gedimmt. Kerzen verbreiteten einen warmen Schimmer und zwei Weingläser standen auf dem Couchtisch. Er sah sich um und hörte Geräusche aus der Dusche. Angeregt entschied er spontan, sie zu überraschen. Die Sachen schnell ausziehend betrat er das Bad und öffnete leise die Duschtür. Seine Frau stand mit geschlossenen Augen unter dem warmen Wasserstrahl, als er hineinstieg und sie sanft umfasste, um sie eng an sich zu ziehen. Li schmiegte sich erfreut an ihn und entdeckte schnell, dass er mehr als bereit für sie war. "Oh", schnurrte sie und lehnte sich hingebungsvoll an die Wand, ein Bein um seine Hüfte schlingend. Sie begann, ihn feurig zu küssen, was er ihr immer leidenschaftlicher entgolt, während die warmen Regentropfen sanft auf ihre Haut rieselten.

Später lagen sie beide eingekuschelt auf der Couch, mit einem Weinglas in der Hand.

"Morgen beginnt das große Abenteuer", meinte Li, sich wohlig in seine Arme kuschelnd.

"Ja, morgen früh geht es los, mein Schatz. Wir sind, nach menschlichem Ermessen, auf vieles gut vorbereitet."

"Was wir wohl in zehn Jahren über diese Zeit denken werden?", fragte Li sinnend.

"Eine interessante Frage", gab Michael zu. Plötzlich überzog ein Lächeln sein Gesicht und er flüsterte ihr ins Ohr: "Aber eines kann ich dir mit Sicherheit sagen, Liebste. Wir werden gerne an diese wunderbare Zeit zurückdenken, als unsere Kinder empfangen wurden …"

31. Januar Durchflug des Wurmloches

Am 31. Januar um 9.00 morgens war es soweit und der Konvoi flog geschlossen in das Wurmloch.

Für die meisten Menschen an Bord der Raumschiffe tauchte in diesem Augenblick ein leicht mulmiges Gefühl auf. Denn nach wie vor war vielen noch die Strandung der EXTREMUS 1 im Gedächtnis.

Aber bald verflogen die Ängste und wichen einem Gefühl von Zeitlosigkeit und Unwirklichkeit. Und kaum konnte man auch nur annähernd begreifen, was gerade geschah, war man bereits wieder im Weltall, 2,5 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt!

Der Konvoi machte einen Tag Pause, um die Umgebung gründlich zu scannen, aber es war nichts Außergewöhnliches zu entdecken.

So gab Admiral Röttger den Befehl, Alpha Centauri A anzufliegen. Diese Sonne wollte er mit zweidrittel Lichtgeschwindigkeit in zwei Tagen erreichen. Das bedeutete, dass sie am 3. Februar 2154 eintreffen würden; ein Teil der Raumschiffe mit den Siedlern würde auf dem Planten Wonderland bleiben, einschließlich der Hälfte der POLARIS Schlachtschiffe.

Der Rest sollte nach zwei Tagen zum Planeten New Eden, bei der Sonne Alpha Centauri B, weiterfliegen. So war es vorgesehen.

Am Morgen des 3. Februar 2154 traf die Raumflotte am ersten Zielort ein. Der Konvoi bezog in einiger Entfernung vom Planeten eine Warteposition im Weltraum.

Admiral Röttger ordnete an, dass ein POLARIS Raumschiff, die SOL unter Commander Smith, in den Orbit des Planeten fliegen und zwei Beiboote zur Planetenoberfläche entsenden sollte. Letzte Messungen standen an, um die bisherigen Ergebnisse nochmals abzusichern. Es sollte absolut sichergestellt werden, dass einer Besiedlung nichts im Wege stand. Diese abschließende Erkundung vor der Landung der Siedlungsschiffe würde er persönlich übernehmen.

So gab Admiral Röttger das Kommando über die SOLARIS an seinen ersten Officer Angelika Krämer ab, die er bereits von der Rettungsmission der EXTREMUS 1 kannte. Nach einem kurzen Abschied von seiner Frau über Bordfunk ließ er sich zum anderen Raumschiff bringen.

Commander Smith begrüßte Röttger an Bord der SOL und nach einer Viertelstunde Flugzeit erreichten sie den Orbit des Planeten Wonderland. Als sich nach mehreren Umkreisungen nichts Auffälliges feststellen ließ, ordnete Smith die Bereitmachung von zwei Beibooten an. Eines würde Admiral Röttger befehligen, das andere er selbst. Aus der hohen Anzahl von Freiwilligen wurden je zwei Mann und eine Frau ausgewählt, die allesamt neben ihrer Fachausbildung auch eine Kampfausbildung genossen hatten.

Die Besatzung des Beibootes SOL 1 bestand somit aus Admiral Röttger, dem Officer Carla Caracas, sowie den Officers Johnson und Williams.

Die Besatzung des anderen Beibootes SOL 2 bestand neben Commander Smith aus dem Officer Bianchi sowie den Officers Palmer und Walker.

Nach Freigabe der Zentrale öffneten sich langsam die Tore des nunmehr luftleeren Hangars. Langsam glitten die Beiboote heraus und begannen mit dem Sinkflug auf die Planetenoberfläche. In langsamen Schleifen rund um den Planeten näherten sie sich dem vorgesehenen Landeplatz am Strand eines Meeres. Nach dem Ausfahren der Landestützen setzten die beiden, zehn Meter im Durchmesser großen, Beiboote auf. Röttger beglückwünschte sich, nichts von seinem fliegerischen Können eingebüßt zu haben, denn er hatte bewusst auf die automatische Steuerung verzichtet, was ihm anerkennende Blicke seiner Besatzung eingebracht hatte.

Sofort wurde mit den Messungen der Luftzusammensetzung begonnen. Aber dann gab es eine böse Überraschung: Der Anteil des Sauerstoffs war so gering, dass Menschen hier nicht ohne einen Raumanzug herumlaufen konnten!

Röttger bemühte sich um Fassung. Wie konnte das sein? Als er im November letzten Jahres beim ersten Erkundungsflug dabei gewesen war, hatten sich definitiv andere Messungen ergeben.

In diesem Moment schlug die automatische Ortung Alarm: Es wurden Emissionen in nur 20 Kilometer Entfernung gemessen, was bedeutete, dass sich dort ein gewaltiger Energieerzeuger befinden musste.

Röttger befahl sofort Alarmstufe Rot und die Vorbereitung eines Alarmstartes. Denselben Befehl gab er an das umkreisende Raumschiff und an die gesamte Flotte. Auf allen Raumschiffen ertönten die Alarmsirenen und nun zahlten sich die Übungen aus. Innerhalb von zehn Minuten wurde von allen Schiffen die volle Gefechtsbereitschaft gemeldet.

Währenddessen überlegte Admiral Röttger, ob er starten sollte, ohne zu wissen, mit was er es zu tun hatte. Trotz der hochgefahrenen Schutzschirme war unklar, über welche Möglichkeiten das unbekannte Objekt verfügte. Er kontaktierte die schiffsinterne KI und in Abstimmung mit ihr entschied er sich, das Risiko nicht einzugehen, sondern abzuwarten.

Auf den Vorschlag GOLEMs hin schickte er eines der POLARIS Raumschiffe mit höchster Warp-Geschwindigkeit zum zweiten Planeten, New Eden, der ein Lichtjahr entfernt war. Dort sollten umgehend Messungen gestartet werden, um festzustellen, ob auf New Eden ebenfalls Abweichungen von den ursprünglichen Untersuchungen feststellbar waren. Für den Hin- und Rückflug waren zwei Tage nötig, also hatte er in spätestens drei Tagen das Ergebnis. War dort - und davon sollte eigentlich auszugehen sein, alles wie erwartet - dann würde eben zuerst New Eden besiedelt werden. Und er hatte die Verantwortung für die Siedler weitestgehend vom Hals.

Währenddessen führte Michael Röttger mehrere Diskussionen mit Commander Smith über die weitere Vorgehensweise. Letzterer war der Ansicht, dass man einen Trupp zu der Region entsenden sollte, um sich das Ganze genauer anzuschauen. In keinem Fall wollte man durch Startversuche eine Reaktion des unbekannten Objektes, oder eventueller, unbekannter Bewohner, provozieren. Schließlich einigten sich beide darauf, zwei Freiwillige loszuschicken.

Die Männer waren schnell gefunden; Officer Palmer und Officer Williams wollten sich in Begleitung von zwei Androiden und einer Sonde am darauffolgenden Tag auf den Weg machen. Die übertragenen Bilder würden sowohl an die Beiboote, als auch an das, im Orbit kreisende, Mutterschiff SOL übertragen werden.

Die beiden Männer stellten ihre Ausrüstung zusammen und sahen dem morgigen Ausflug gespannt entgegen.